Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, October 19, 1918, Image 6

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Sin Diplomaten streich.
Novcllctte von F..v. Zlapff-Essettther.
In einem abgesonderten Salon beS
feinsten Restaurant der Residenz war
tine Gesellschaft von jüngeren Arifio
Katen versammelt. Die Herren waren
sltis Anlaß einer Zeitungs-Notiz. welche
die Verlobung eines hochgcstclltcn Aristo
traten mit einer Schauspielerin antiin
dizte. in eine lebhafte Unterhaltung ge
raten. Eine Reche von fragen ward ausge
worfen und in verschiedenstem Ginne be
antwortet. Warum sind die Theater
Heiraten- jetzt förmlich Mode? Handelt
z sich dabei nur um eine Modetorheit
oder um ein demokratisches Prinzip, um
eine zeitgemäße BokurteilslosiIkcit? Bie
ten diese Heiraten eine Garantie für
häusliches .CSilüct Erfordert die Rück
sicht auf dieses und daS aristokratische
Prestige, daß die Bühnenkünstlerin ihrem
Berufe entsage, und wenn sie entsagt, ist
diese Entsagung aufrichtig, vollständig,
dauernd? Man sprach darüber hin
und her.
Ein junger Rittmeister, welcher das
große Wort führte, behauptete, glückliche
Ehen mit Cchauspiclcrinnen seien im
möglich, und alle Beispiele aus der Er
fahriiYtg,- die man dagegen anführe,
wären nach seiner Ansicht nicht glaub
würdig. Ti'eseZ Ter-Biihne-Entsagen." rief
er, ist ja immer eine bewußte oder un
bewußte Komödie. Da wird eine stier
lichc Abschieds-Vorstellung veranstaltet;
die junge Frau lebt einige Zeit in Zu
rückgkzogenhcit, dann geht die erfreuliche
Meldung durch die Zeitungen, daß die
schmerzlich vermißte Künstlerin sich ent
schloffen habe, zu einem wohltätigen
Zweck ihn Glanzrolle zu spielen. Diese
Wohltätigkeits'Vorstellung welche einen
ungeheuren Erfolg erzielte, wird wieder
holt, und zum dritten Mal wird eine
andere Glanzrolle hervorgeholt. Tann
folgt die Künstlerin einer dringenden"
Einladung zu einem kurzen" Gastspiel.
, welches irr- Anbetracht des großen Erfol
ges verlängert wird, und auf einmal
hört man, daß die Künstlerin für die
nächste Saison "
Der Redner brach plötzlich errötend ab
und wandte sich mit einer verlegen ge
stammelten Entschuldigung an" einen
Herrn, der während des Gesprächs un
bemerkt eingetreten war und den Schluß
desselben lächelnd angehört hatte.
Es war ein Vierziger von stattlichem
Körperbau, strammer Haltung, hüb
schem, offenem, gesund gefärbtem Ge
sicht und schönen blauen Augen.
Seien Sie versichert, Herr Baron,
daß ich kine Ahnung hatte " sagte der
junge Rittmeister. .
Der mit .Baron" Angeredete lachte.
Ich mutz, nun wohl gute Miene zum
bösen Spiel machen. Sie haben da
zwar ganz kurz die Geschichte meiner
Theater-Heirat entwickelt, aber ja doch
nicht mehr gesagt, als was alle Welt
weiß."
Ja, aber es war ganz allgemein und
ohne jede persönliche Beziehung gesagt,
Herr Baron.".
Ich glaube Ihnen. Herr Rittmeister,
aber das Unglück ist nun geschehen. Ich
stehe nun, einmal da. und im Stillen
vergleicht. tha ' den eben erlassenen
Steckbrief gegen Theatcr-Heiraten mit
meiner Ehe. Ich denke, es ist nun am
besten, ich sage Ihnen auch meine Mci
uung über 2heater-He!raten. Niemand
wird mir bestreiken, daß ich dazu be
rufen, bin." ' , , ,
Lauter, allgemeiner Beifall begleitete
diese in , scherzhaftem Ton gesprochenen
Worte. ,
Und da ein Jeder von Ihnen sich in
eine Theater-Prinzessm verlieben und
dieselbe auch zum Altar führen kann."
fuhr der Baryn fort, so will ich Ihnen,
zu Nutz und Frommen lieber gleich er
zählen, was 'es nch meiner Theater-Heirat
auf sich hatte.
Nachdem die lauten und lebhaften Be
zeigungcn der Teilnahme und des In
teresses zum Schweigen, gebracht waren,
begann der Baron: ' : . . .
Ich war ein junges Leutnant und mit
Beibehaltung meiner Charge beurlaubt,
um mein väterliches Gut zu verwalten,
wahrend mein Vater in diplomatischer
Sendung im Ausland weilte. Den'Som
mer verbrachte ich also auf der, Besitzung
draußen, den Winter ober in der' Rest
denz, die hauptsächlichsten Vergnügungen
mit 'einer gewissen Mäßigkeit genießend,
die nun einmal in meinem Charakter
lag. Ich besuchte gern das Theater, und
da ich nicht musikalisch war, meist das
Schakspiel, besonders das Lustspiel. Auf
unseren Vorstadt-Bllhnen. wo jetzt aus
schließlich die Operette-und die Posse
herrschen, waren damals noch vielfach
das französische Sittenbild und die Pa
liser Komödien heimisch.
Da sah ich nun wiederholt eine junge,
anmutige Schauspielerin, welche weniger
wegen ihrer Schönheit als wegen ihres
heiteren, lebendig natürlichen Wesens der
Liebling des Publikums war. Sie spielte
stets die Heldin in jenen französischen
Verwickelungs-Komödien, denen zu fol
gen mir stets einiges Kopfzerbrechen der
ursachte, in jenen leichten Einaktern, wo
die Verlobung eines jungen Paares mit
so lustiger Eile vor sich zu gehen pflegt.
Oft hatte die Heldin dabei wenig zu
tun: sie mußte den strengen Papa um
girren, irgend eine Tante betrügen, gegen
den Erwählten etwas schnippisch fein.
Am Schlüsse aber mußte sie ihm selig
in die Arme fliegen, und damit hatte es
mir die stleirn. angetan, Sie . macht:
das reizend, sie konnte in dem Moment,
da der Vorhang fiel, so glückselig aus
sehen, daß tS mit ordentlich in' Herz
ging. Mir gefiel sie so sehr, daß ich
den ganzen Abend in freudiger Span
Nllng auf di'sen Augenblick wartete, und
dann dachte ich immer: Ist da! bloße
pomödie oder stellt sie sich das Liebes,
glück so schön vor? Und glücklich Jenr,
den sie einmal so selig anblicken wird,
ohne Komödien spielen!" Mir wurde
ganz eigen zu Mute bei diesem Gcdan
kcn.
Ich erkundigte mich nach ihr. Schwer
zugänglich sollte sie nicht fein, auch recht
kokett, aber etwa Schlimmes wußte man
ihr nicht nachzusagen. Nach und nach
hatte sie sich meines ganzen Denkens be
mächtigt. Am Sonntag versetzte mich
das ausgegebene Wocken-Reperioire in
Aufregung: wird sie spielen oder nicht?
Mein erster Weg des Morgens war zum
Theatenettel; vielleicht spielt sie doch
oder spielt sie wirklich? Ich fehlte in letz
terem Falle nie und konnte nicht begrei
fcn, daß .die Leute auch on anderen Za
gen in' Theater gingen. Eines
Abends war ich mit einem Freunde im
Theater, welcher mein Interesse bemerkte,
sich wohlwollend meiner bemächtigte und
mich hinter die Koulissen schleppte. Er
kannte Fräulein Geißler so hieß
meine flamme und' war bereit, mich
inr oorzuneuen. .o geschah es. . Plötz
lich stand ich ihr gegenüber, hörte ihre
süße Stimme, der ich so oft in respekt
voller Entfernung gelauscht hatte, in un
mittelbarer Nähe. Ja, nun merkte ich
erst selbst, wie hestig ich verliebt war.
denn ich wußte gar nicht recht, was ich
vorbringen sollte, alles Blut schoß mir
zum Herzen.
Von nun ob sah ich das Fräulein
öfter. Ich wurde zu ihren Empfangs
Abenden zugelassen, wo sich auch Her-ren-Gesellschaft
zahlreich cinfand. Ich
hatte nun selbst Gelegenheit, mich zu
überzeugen, daß Fräulein Geißler kokett
war. Sie fpieltc mit jedem der Herren
eine eigene Komödie: mit dem einen war
sie schnippisch, mit dem anderen etwas
sentimental, wieder einem anderen gegen
über zuvorkommend und liebenswürdig,
und einen vierten behandelte sie en.
baceatelle; ein Jeder von ihnen aber
bildete sich ein, begünstigt zu sein. Nur
mir gegenüber schien sie gar keine Rolle
zu spielen, da war sie ganz gerade und
einfach wie ein guter Kamerad. Ich
dachte: Sie bat es eben gleich weg, daß
in mir eine Bären-Natur steckt, weZchc
schwer zum Tanzen zu bringen ist."
Dabei aber wuchs meine Leidenschaft
für sie, und eines Abends, als sie reizen
der denn je als glückliche Braut erschie
nen war, konnte ich wich nicht länger
bezwinge. Ich marschierte geradeweas
in ihre Garderobe. Als mich die Die
nerin einließ, stand das Fräulein in Hut
und Mantel da, bereit zum Fortgehen.
Ich fragte sie einfach, ob das vorhin
Komödie gewesen, als sie so schön die
glückliche Braut gespielt. Sie erwiderte:
Nein, nicht ganz; ich stelle mir das
wirklich so sckiön vor."
Nun. Fräulein, so spielen Sie doch
einmal diese schöne Rolle in Wirklichkeit.
Entschließen Sie sich der Komödie zu
entsagen und das Weib eines ManneS
zu werden, der Sie von Herzen liebt!"
Sie war einverstanden, und wir ver
lobten uns noch an demselben Abend.
Aber das glückselige Gesicht bekam ich
nicht zu sehen; meine Braut wurde sen
timental und weinte, als der große Mo
ment gekommen war.
'Ihr Verbleiben an der Bühne war
gar nicht zwischen uns zur Sprache ge
kommen, die Prinzipienfrage gar nickt
gestreift worden. Mir schien es selbst
verstänldich, daß sie nicht weiterfpielte,
und ihr auch; wir redeten gar nicht dar
über. Sie freute sich auf den eigenen
'Hausstand, auf die Zurllckgezogenheit,
vielleicht auch ein Wenig auf die Frau
.Baronin".. Wir waren sehr glücklich;,
die Notiz ging durch die. Blätter, ihr
Rücktritt wurde sehr bedauert. Sie schien
das gar nicht zu beachten, aber ich machte
mir Ausschnitte aus den Zeitungen und
verwahrte sie. Die Leute, die zu uns
kamen, bedauerten ebenfalls den Rück
tritt meiner Braut von der Bühne im
Interesse der Kunst. . Tann lachten wir
wohl oder ich sagte auch: Hol' der
Teufel die ganze Kunst, wenn ich nur
mein Weibchen habe!"
- Lotte so hieß sie gab ibre Rol
len ab und verschenkte ihre Kostüme,
alles heiter, Deichte. Herzens. Tann
kam die Abschicds-Vorstellung mit den
üblichen' Ovationen, die sich natürlicher
weise verdoppeln, wenn es sich um eine
junge Braut handelt. Mir wurde bei
dieser Gelegenheit etwas bange; ich saß
in meiner Loge und sah, wie die Leute
applaudierten, Blumen warfen und
meine Lotte endlos vor die .Lampen
riefen. .
Jetzt fängt das Bedauern, die Neue
an, sich in ihr zu regen!" dachte ich.
Nachdem der Vorhang gefallen war.
eilte ich in die Garderobe; aber Lotte
flog mir entgegen mit jenem glücklichen
Brautgesicht, das ich an ihr' zuerst ge
liebt hatte; nun war ich ganz ruhig,
ganz beseligt.
Bald darauf fand unsere Trauung
statt; Za gab es eine von Menschen ge
füllte Kirche. Gaffer. Zeitungs-Bericht-erstatter
die letzten Ausklänge der
Berühmtheit. Wir reisten nach der Zere
monie auf unser Gut ab. wo wir die
glücklichsten, heitersten Flitterwochen der
lebten. Eines Abends es ist mir noch, als
wäre es heute langweilte ich mich
und gähnte. Lotte machte niir Vor
würfe darüber; ich berief mich auf die
Einförmigkeit des Landlebens. Auf ein
mal begann sie einen langen, patheti
schen Hymnus auf dieses Landleben mit
eingestreuten Ausfällen auf Unempfind
lichkeit und moderne großstädtische Bla
siertheit. Ich hörte ihr mit offenem
Munde zu, denn solche allgemeine Be
trachtungen waren nicht meine Sache.
Endlich lachte ich, während sie erst recht
in Eifer geriet; zum Schluß ärgerten
wir uns Beide.
Sonderbark Mit einem Mal-schien
ein fremdes, mir unverständliches, un,
ruhiges Element in unser jisammeit
leben gekommen. Lotte begann an seit-
samen Einfällen zu leiden. Am folgen
den Tage machte sie. trotz der gestern
gerühmten Herrlichkeit des Landlebens,
die Entdeckung, daß ihr Leben doch
eigentlich leer sei. Sie wollte sicb der
Armen im Torfe annehmen, die ttron
ken besuchen, Wohltaten ausstreuen.
,?as ist ein unschuldige Vergnü
gen," sagte ich., .streue Wohltaten aus,
streue!"
Aber ihr Hauptstudium war doch die
Toilette, die sie dabei tragen wollte, die
durchaus derjenigen einer alten Chate
laine ähnlich sein sollte. Nun, die 2oi
leite war fertig, faß und kleidete vor
trefflich, und dem Wohltun stand nun
nichts mehr im Wege. . Lotte suchte sich
also .Hütten" auf, verteilte Wein und
Fleisch an alte Leute, Obst und Gebäck
an die Schulkinder. Natürlich spielten
ihr die Leute bald richtige Komödien
vor, denn Lotte war besonders freigebig,
wenn man ihr eine recht ergreifende"
Geschichte erzählt hatte. Besonders gern
ging sie in die Strickschule, verteilte S3e
lohnungen on die Fleißigsten, bielt kleine
Anreden und ließ sich Hocbs ausbringen.
Dann kam das Kirchweihsest; dazu
wurde wieder ein besonderes Kostüm an
gefertigt, und sie spielte "die Hercrbla
sende, tanzte mit den Aauernburschen
um den Tanzbaum und nippte von
ihrem sauren Wein.
Aber auch der Kirchtag ging vorüber
und Lotte begann plötzlich ihr Leben
unertrlich leer" zu finden; sie wollte
nach der Stadt zurück.
Mein Kind. Du mußt Dich gedul
den. bis die Kartoffeln herein sind,"'
sagte ich harmlos,
Tcshalb würdest Tu mich hier ein
kerkern?" rief sie. wegen der Kartof
feln?" Einkerkern!" sagte ich ärgerlich, was
das für Redensarten sind! Aber ge
wiß. das Geschäft geht vor dem Ver.
gnügen. die Kartoffeln vor den Winter
kicken Amüsements."
Nun folgte eine jener Szenen, an die
ich mich späterhin gewöhnen lernte, die
mich aber anfangs in die größte Bestür
zung versetzten. ' Lottchen weinte nd
deklamierte und rief den Himmel zum
Zeugen an, daß sie in unwürdigen Ban
den schmachte, nd fcereifrichen mehr. Icch
olaube. ich mackite ein sehr dummes E5e
sickt zu dem Allen. Ich liebte meine
Frau, ibre Tränen und Klagen schn'.t
ten mir in's Herz.
Sie ist jung, schön und lebenslustig,"
dachte ich. find das vielleicht doch un
würdige Bande, d. h. diese Kartoffel
Ernte, wegen der wir hier fitzen bleiben?
Und langweilig ist es, weiß Gott!"
Also ich sagte kleinlaut die Ucbersicd
lung in die Stadt zu und erklärte mich
bereit, die weiteren Geschäfte dem 23er
Walter zu überlassen. In aller Gelas
senheit machte ich mich daran, die, ersten
Anordnungen zu treffen, da konimt
meine. Frau mit einer wahren Värty-
rermiene: Wir bleiben hier, Karl, ich
bin nun einmal Dein Weib und will
meine Pslicht standhaft erfüllen. Nein,
widersprich mir nicht, es ist das Los des
Weibes, zu entsagen" u. f. w eine lange,
feierliche Rede; etwas vom Kelch" und
letzten Tropfen kam auch darin vor. Ich
war nun ebn entschlossen gewesen, meine
Kartoffeln im Stiche zu lassen, und es
behagte mir gar nicht, wieder einen Ent
schluß zu fassen; ich war froh, daß ich
den alten fertig gebracht hatte. Also
jetzt wollte ich fokl, und nun wollte sie
nicht. Ich traute ihr angeblich kein?
Entsagungsfähigkeit zu. keine Festigkeit,
keinen Charakter es gab eine "neue
Szene, und wir blieben.
Aber nicht lange. Lotte fuhr fort die
Märtyrerin zu fpielen, klagende Blicke
zu werfen, von EntfaPing 'zu sprechen,
und da ich mich nur in heiterer Gesell
fchaft wobl fühle, so brachen wir auf.
eben als die Kartoffel-Ernte im besten
Zuge war. Aber es wurde nicht viel
besser in der Stadt. Meine Frau ent
wickelte ziemlich viel Vergnügungssucht
und einmal in Gesellschaft, begann sie
ordentlich zu kokettieren. Sie wollte im
mer etwas Neues, etwas Ansregendcs
und umgab sich mit einer eigentümlich
unruhigen, wirbeligen Atmosphäre, die
mir täglich unbehaglicher Wut.
Ich bin vor allem kein Freund von
großer Gesellschaft. Aber alle meine
Versuche, unsere Lebensweise zu ändern,
hatten nur eine jener Szenen zur Folge,
die ich wie das Feuer fürchtete, obgleich
sie mich nicht mehr überaschten.
Meine Frau weinte und dcllamierte.
Vielleicht weil ich ihren Gedankensprün
gen und Ezklamationen nicht recht zu
folgen vermochte, erzielte sie immer eine
gewisse Wirkung auf mich. Ich rechnete
immer ganz gewissenhaft nach, ob sie
denn nicht doch Recht habe, aber gleich
diel, zu welchem Resultat ich kam, ich
gab immer nach, -denn ich fürchtete im
mer, Lotte würde in. Ohnmacht fallen.
Ich weiß zwar nicht, warum ich mich
gerade so sehr davor fürchtete, aber ich
fürchtete mich eben.
Uebrigens deklamierte Lotte auch mit
dem Stubenmädchen und mit dem Tie
ner. , Ich hörte sie häusig den Tienst
boten Szenen machen und wich ihr dann
ängstlich 'aus, um nicht selbst in eine
solche verwickelt zu werden.
Ich war nach halbjähriger Ede zu der
Erkenntnis gekommen: B!eine Frau ist
gut und reizend, und ich wäre glücklich,
wenn sie nur keine Schauspielerin
wäre. O, nur keine Schauspielerin hei
raten! Sie war manchmal sehr lieb
und süß. aber ich wirde dieser Augen
blicke nicht recht froh, denn ich fürchtete
immer nur, die freundliche Stimmung
werde in irgend eine gespannte oder gar
pathetische umschlagen. Ich hatte lein
Ruhe, keine Rast mehr im Hause, denn
nine Frau sie iest eigentlich nicht
böse, ober ich wußte nie recht, woran
ich mit ihr war; jeden Augenblick war
sie bereit, in irgend eine aufgeregte De
klamation zu versallen, der zu folgen, ich
nicht im Stande war. Es war zum
Verzweifeln!
Endlich hatte ich 'auch ' Anlaß zur
Eifersucht, denn Lotte kokettierte bald
mit Diesem, bald mit Jenem; sie hatte
immer einen Bcrehrer in ihrer Nähe,
und mir schien es, als betrachte mgn
mich mit gewissen mitleidigen Blicken.
Mein Blut begann zu sieden, mein Kops
war eingenommen, mich verließ meine
heitere, unbefangene Stimmung. Wie
soll das nden?" dachte ich. Ich stellte
meine Frau energisch zur Rede, meine
Furcht vor einer zene kam zum
Echireigkn.
Lotte lachte mich aus. Das ist ja
nur Cpicl." sagte.su, ich mache mir
nichts aus Tiefem und weniger als
nichts aus Jenem." -
Tas klang wahr und natürlich, oder
Ilaiig es nur so? Exiclie sie nicht Ko
mödie mit mir ' Ich hatte längst den
Maßstab dafür verloren, was ' Ernst,
was Spiel bei ihr war.
Ein andreömal, als ich sie zur Ver
ontwortung zog, meinte sie: Du machst
Dir ohnehin nichts aS mir; ich weiß
nicht einmal mehr, bin ich noch hübsch,
bin ich noch begehrenswert? Ich muß
Dir doch beweisen, daß ich Eroberungen
machen kann, muß niir das selbst bcwci
sen. O, olle Ehemänner sind ja so!"
Tu mein Himmel, was sollte -ich nun
darauf erwidern? Da saß ich wieder
mit einer langen Nase war das ernst
gemeint? Wie sollte ich mich nun ver.
leidigen?
Inzwischen wurde die Lage immer ge
spanulcr; meine Frau liebäugelte, fast
immer unter meinen .Augen, mit einem
Husaren-Leuteant; dennoch leugnete sie
geringschätzig und spielte die beleidigte
Unschuld. Ich war wohl überzeugt, daß
sie nicht eigentlich sinken, daß es bis zu
keinem Treubruch kommen würde, ober
sie war es schon fähig, sich in irgend eine
Geschichte hineinzuphantasicren; denn
wenn sie in einc ihrer Launen oder
Stimmungen verfiel, wurde sie geradezu
unzurechnungsfähig.
Eines Tages entdeckte ich ein Billet in
einem an sie gesandten Bouquet; es war
ziemlich harmlosen Inhalts und ohne
Unterschrift, dennoch war ich überzeugt,
daß nur jener Leutnant der Schreiber
sei, und die einfache Tatsache, daß meine
Frau mit dem Frechen heimlich korre
spendiere, machte mit halb wahnsinnig.
Ich stürze zu ihr. halte ihr das Bil
lct unter die Augen. Sie stößt einen
kleinen Schrei aus, so eine Art Theater
schrei; sonderlich ersckroclen war sie nicht.
Tann änderte sie Plötzlich den Ton und
bat mich emphatisch um Verzeihung.
Es ist also wahr wahr!" schrie
ich außer mir.
Nun erschrak sie ernstlich, als sie meine
Aufregung sab. Aber es ist mir doch
kein Ernst mit diesem Leutnant," be
teuerte sie. Tu mußt das doch selbst
einsehen es ist ja nur ein Spiel."
Und wie weit sollte das Spiel eigent
lich gch.'n?" fragte ich bebend.
Ich wollte, daß er Dich zum Duell
fordere." sagte sie kleinkaut, natürlich
hätte ich den Zweikamps verhindert."
Tu liebst mich nicht!" sagte ich euer
gisch. 'Nun geschah das Gefllrchteie: sie
fiel in Ohnmacht. Wer ich ertrug es
mit Fassung.
Der Leutnant verschwand gänzlich
vom Schauplatz, aber nicht auS meiner
Erinnerung: ich konnte den Zwischenfall
nicht verwinden.
Eines Tages kam meine Frau zu mir
und erbat von mir die Erlaubnis, einer
dringenden Aufforderung folgen und bei
einer Wohltätigkeits-Vorstellung mitwir
ken zu dürfen. Ich sagte natürlich Ja.
denn welche Szenen hätte ich riskiert,
würde ich Nein gesagt hoben! Lotte fiel
mir ganz glücklich um den Hals, und
diesmal wußte ich bestimmt, daß es keine
Komödie war.
Noch am selben Tage begann sie ihre
Rolle zu spielen; nun deklamierte sie
auch, aber mit sich allein und vor dem
Spiegel. Tann kam sie heiter, vergnügt
und uiibesLnaen zu mir: es ginge ganz
gut. Ten Rest des Tages keine Spur
mehr don einer Szene, einer Dellama
tion. Die folgenden Tage verliefen in
ähnlicher Weise. Lotte deklamierte zwar
sehr eifrig, aber nur ibre Rolle. Im
Hause herrschte der tiefste Friede und
Alles wickelte sich so einfach und natür
lich ab. als gäbe es gar keine häuslichen
Szenen.
Tann kamen die Proben. Meine
Frau war mit ganzer Seele bei ihrem
Theaterspielen, und darum schien sie gar
nicht mehr daran zu denken, im Hause
eine Szene zu spielen; das Haus war
für sie keine Bühne mehr.
Bei der Aufsühruncf feierte Lotte
einen ungeheuren Erfolg, natürlicher
Weise, denn bei solchen Voistellungen
geht es imm so. Uebrigens. fpieltc sie
wirklich besser, als sie je gespielt hatte,
mit wahrhaft hinreißendem Feuer. Noch
während der Vorstellung mußte sie eine
Wiederholung versprechen. In der Gar
derobe umarmte sie mich mit jenem seli
gen Lächeln, in das ich mich einst der
liebt hatte. Und das Alles war so ganz
natürlich, so selbstverständlich; mir
wurde ganz sehnsüchtig zu Mute. Mein
Gott, wenn es doch so bliebe! .
Als wir in später Abendstunoe nach
Hause käme' und ich das Zimmer mei
ner Frau verlieh, hörte ich das Stuben
mädchen zum Diener sagen: Unsere
Gnädige ist wie umgewandelt ach,
wenn sie doch immer Theater spielte!"
Ich blieb wie kiebannt stehen und
plötzlich fiel es mir wie Schuppen von
den Augen. Ich rannte spornstreichs zu
Lotte zurück. Weißt Tu etwas Neues.
Lotte Tu sollst ganz zum Theater
zurückkehren!"
Sie stieß einen Schrei aus, einen ganz
natürlichen Schrei des Schreckens. Tu
willst mich verlcsien?"
O, wie glücklich mich dieser Schrei
machte!
Nein, nein." sagte ich, ich gehe mit
zum Theater als Dein Sekretär, Dein
Beschützer als der Mann meiner
Frau! Es muß rbk, so sein s? sei
eS denn!"
Und meine Frau khrte ' zur Bühne
Das Mcijt
Uovcllotte von
Tann werde ich sie töten." Sie sagte
die kalt, mit geradezu unheimlicher
Ruhe. Nur aus ihren dunklen Augen
blitzte ein feindseliger, lpßersUllter
Strahl, der die Worte nicht als leere
Drohung deuten ließ.
Gnädige Frau, ich beschwöre Sie.
lassen Sie sich z keinem unüberlegten
Schritt hinreißen."
Ein billiger Ral, Herr Polizeidirek
tor, der meinen Gang hierher nicht lohnt.
Glauben Sie mir, daß mir derselbe
schwer genug geworden ist. Nur meine
verzweifelte Lage hat mir dazu den Mut
verliehen. Ich habe Ihre polizeiliche
Macht für größer gehalten und sehe mich
nun enttäuscht."
Leider, gnädige Frau, ist unsere
Macht beschränkt durch die Gesetze '
Und die Gesetze wurden von Man
nern geschaffen die menschlichen we
nigstcns. die göttlichen glauben die Her
ren der Schöpfung ohnehin nicht befolgen
zu müssen." Unsäglich bitter klang' ti
von ihren Lippen. Ich war um eine
Antwort verlegen. Sie wartete dieselbe
auch nicht ab. Sie reichte mir die Hand.
Ich glaubte die Kälte derselben durch den
feinen Lederhandschuh zu fühlen.
Leben Sie wohl. Herr Polizeidirektor.
Ich habe Sie genug Ihrer kostbaren Zeit
beraubt. Wenn Sie Schlimme? von mir
hören sollten, verurteilen Sie mich nicht
zu strenge."
Mit tiefem Bedauern blickte ich der
schönen Nrau nach. Die Schilderung
ihres Unglücks hatte mich lebhaft ergrif-
sen. E5 war zwar kein ungewöhnliches,
vielmehr ein alltägliches. Und doch kein
alltägliches. Vor fünf Iabren hatte sie
an dem Tage, an welchem sie ihre Voll
iährigkeit erreicht, ihr Vaterbaus verlas
sen, 'um dem Manne der Wahl ibres
Herzens zu folaen. Ein wohlbabendcZ
Heim hatte sie kür ein sorgenvolles Da
sein an der Seite des Geliebten hinqege
ben. der Einerseits die Offiziersunikorm
abgelegt und :ir Feder eieeiriffen hatte,
um feinem Weibe und Kinde eine Er!
stenz zu verschossen. Nach Iabren bitte
r"i 5ntb'5runaen war es ibm elunaen.
in der R'd"k!ion eines bieüaen Li!kal
blttes ständiae fftfTftini zu finden und
fich einen verböltniZmäsia nnoenebmen
fteius'wnd u 'gründen. Und nun war
T dies schwer errunci'ne bescheidene
mt ciesü'Krlich bsdrobl.'dnrch ein Weib
b'drobt. ds rfoM;fi am Ballttbimmel
unseres kjr Malsimo auetaut.
mit d'N Reizen ibrer fr"ndländ'sckn lr
sch'inuni und des Flittergoldes der
m-;(,V( fcfn unnfrt Ipimenrfen in ibre
Asseln aesl"gen bitte. Inez M"ndez
nant' sie sii und ibre swgralttn
dn ""n jb? fpenMirvmeS Porten
beinr straften ibre Angabe, eine 7kc5!'s
Fp!?tz vt in, nicht ?!!?. Von all
d'n Schmetterlingen, die diese rothes
!imme umflatterten, war es t'mn der
b-sdensten, der K'instreferent Tullio
Monti gewesen den sie bevorzugt- batte.
AuS welckem Grunde. wu,te niemand
Wok kriat auch d' ?r, eine? Weibes
rech Gründen? Vielleicht batte auch
Inez Mondez kein Herz, sondern nur
Launen und ibre gea'nwärtige Laune
bieß Tullio P?cnti,' Wi kümmerte es
datz erWeib und Kind ktte. taß
dieses Weib der verzehrenden Eifersucht
zum Ovker fiel?
In ihrer Verzweiflung hatte Eesira
Monti den Schritt zu mir unternommen,
sie hatte Hilke bei der Polizei gesucht,
welche die Störerin ibres häuslicben
(Wicke? b'itte au der Stadt verweisen
sollen. Ihre Hoffnuni war eitel. Inez
Mondez hatte ein festes Engagement, ihr
gesichertes Einkommen und war klua ge
mia, durch ihr Betragen nickt jenes
össentlichk Aergernis zu erregen, das der
Gesetzparagraph zur Begründung einer
Ausweisung unfiedimi! verlangt. Des.
halb bitte Eesira Monti unzufrieden
und vielleicht schlimmes Unheil brüiend
mein Biireau derlei ssen.
. '
Kaum acht, Im später wurde mir in
früher Morgenstunde gemeldet, daß im
Villenftiertes'ein Mord begangen worden
sei. Die Tänzerin Inez Mondez war in
ihrem Schlafzimmer mit einer liefen
Tolchwnndk in der Brust tot ausgesun
den worden. Ueber den Mörder, das
Motiv der Tat, deren nähere Umstände,
herrsche vollständiaes Dunkel., So lau
tete die kurze Meldung auf Grund der
ersten Borerbebungen am Tatorte. Ee
sarine Monti hat ihre Trohunq eniillt.
war mein erster Gedanke und ich beschied
sosrrt den Oberkommissär Berti zu mir.
um ihn mit dem ftifl? Mondez zu be
trauen und ihm gleicbzeitig meine Ner
dg'tkgründe mitzuteilen. Oberkom
missär Berti bemächtigte sich mit großem
Eifer des interessanten Falles. Bereits
mittags berichtete er mir, daß er zur
Verhaftung der fkrau Celarink Monti
geschritten sei. Schwerwiegende- Ver
dachtsmomente hätten dieselbe begründet.
Wie die Errungen ergaben, sei gestern
um acht Uhr abends In's Monden von
einer Probe ollein nach Hause zurückeie
kebr! und habe ihre Tienerin. eine ölt
liche Frauensperson, mit dem Bemerken
in ibr unter dem Ticke der V'lki qekeae
ne8 Manlardenzimmer fortgeschickt, daß
sie ihrer Dienste n'cht mehr bedürfe. Die
illei. in der die Mondez zwei abzelchlof
sene Zimmer mit vollständig separiertem
Eingänge gemietet hatte, fei nur von
i '
zurück. Ich habe es nie bereut, diesen
Schritt veranlaßt zu haben. Meine
Frau macht keine häuslichen Szenen
mehr, denn sie spielt ja ihr Tempera
ment auf der Bühne; sie macht sich nichts
auS großen Geselllckiasten, denn sie
glänzt ja auf der Buhne; sie kokettiert
nicht, denn sie erprobt ja dort die Wir
kung ihrer Person. Sie ist eine gute,
treue, verständige, sich natürlich gebende
Frau geworden..
Ties, meine Herren, ist die Geschichte
meiner Theater-Heirat; ich überlasse es
Ihnen, die Nutzanwendung daraus zu t
pichen."
der Jrcm?
Zssef Crler.
einem alten Ehepaar bewohnt, da ke!
nerlei besondere Wahrnehmungen weder
abends noch während der Nacht gemacht
. hatte. Allerdings habe e sich auch nicht
um den Verkehr der Mieterin, die Be
suche zu jeder Zeit empfangen habe und
öfters sehr spät in der Nacht nach Hanse
zurückgekehrt fei, gckümincrt. ' Tie Hilfe
rufe der Dienerin, welche die Tänzerin
in ihrem Blute tot aufgefunden hatte,
hätten sie erst heute früh von dem schreck
licken Ereignis in Kenntnis gefetzt. Tie
Tür der Wohnung der Tänzerin war un
verschlossen gewesen, der Mörder hatte
durch dieselbe nach vollbrachter Tat daS
HauS unbehelligt verlassen, nirgends
zeigte sich die Spur eine gewallsameif
Einbruches, der Schmuck und die Geld
börse der Mondez fanden sich unberührt
vor. Der fein ziselierte Dolch, mit dem
der Mord verübt worden war, wurde von
der Dienerin' als Eigentum ihrer Herrin
erkannt. Er hatte als Sckiaustück ans
dem Schreibtisch gelegen und war von
der Tänzerin ls Brieföffner benutzt
worden. Alle Umstände deuteten mit
voller Bestimmtheit auf einen Racheakt.
Nach den von mir erhaltenen Mitteilun
gen war es dem Oberkommissär nicht
schwer gefallen, die Spur zu verfolgen.
Und dieselbe wurde noch dadurch erleich
tert. daß er einen wichtigen Zeugen fand.
Während er ndch mit der Tataufnohme
beschäftigt war. meldete sich ein Lobn
kutscher. der von dem Morde gehört hatte,
mit der schwerwiegenden Aussage, daß
er gestern gegen neun einbalb Uhr abendß
von dem ihm bekannten Redakteur, Tullio.
Monti von seinem Standplätze nächst
dem Villenvrtel geholt worden uno nii
ihm zur Villa, in welcher der Mord ver
übt wurk. gefahren sei. wo an der Gar
tentür eine verschleierte Dame gewartet
babe und in de Wagen gestiegen sei.
Monti habe ibm den Auftrag gegeben,
nach seiner Wohnung zu fahren. Dort
sei das Paar, da? ihm durch seine sicht
liche große Erregung aufgefallen war.
ausgestieaen und habe gemeinsam das
aus betrten. In der Dame glaube er
die Frg M"nti erkannt ?u haben. Ober
kommiss'sr Berti begab sich vom Tatorte
unver'üalich in die Wobnung dcZ Ehe
pggres Monti und. fand dort die Frau
Nein vor. Dieselbe bebauvtete. den ge
striaen Abend zu Haule verbracht zu
aben. gestand aber schließlich, von den
Tranen dkS Oberkommissärs in die Enge
a-tri"bl'n, zu. um neun Ubr abends in
die Wobnuna dter Tänzerin Mondez a
gangen m sein, um ibren Mann, den sie
dort m!t B'stin'mteit vermuthe, in
ii sen! Wen. "tatsächlich babe T( ibi
giirfi netrpff'n und bewogen, mit ibr ngch
Hiule ?eur!!k!ukebren. Gegen neun ein
halb Ur bitten sie zusammen die Mob
nun? der ?än'ei-!n verlassen. Bei der
i'rtentür d'r Villa ogb sie. w"brsch.e:n
lich infolge ibr'r b'greisZichen 'Erregung,
ein HnWcM Nnwoblsein erkokt, wes
bglb sie ibren nn gebeten babe. einen
Wag'n zur Rückfahrt ?u besorgen, was
er auch n-tan babe. Etwa Z'bn Minu
ten lang habe sie. auf einen Ste'nvfcHer
gekauert, aus die Ankunft des Waaens
wgrten müssen. Etwa zebn Minuten!
Ein genügender Zeitraum, daß während
desselben der Mord von ihr beggngen
werden komste. So schloß wenigkiens
Oberkommissör Berti und ouch der Un
tersuchiingsrichter keilte dessen Ansou
un". so daß die Nerbaftung der Frau
Eesira Monti aufrecht crbalten wurde
und der Statsanwolt gegen sie die An
klage wegen Mordes erhob.
'''
Bei der Schwurgericht-oerhandlung
nahm aber der Fall Mondez eine sensa
tionclle Wendung. Tie alte Dienerin der
ermordeten Tänzerin änderte, als Zeugin
unter Eid vernommen, olle ihre vor der
Polizei und dem Untersuchungsrichter ge
machten Angaben. Es sei nicht wahr,
daß sie in der kritischen Nacht des Mor
des nichts wahrgenommen habe.,S!e habe
im Gegenteil beinahe, olles miterlebt.
Ihre Herein habe sie allerdings bereits um
acht einhclb lllir abends entlassen, aber
vom Fenster ihres Mansardenzimmers
aus habe sie genaugesehen, daß gegen
neun Uhr Herr Monti und bald darauf
dessen Frau die Wohnung der Tänzerin
betreten hätten. Aus ' den geöffneten
Fenstern habe sie den Ton erregter Stim
men gehört und dann habe das Ehepaar
Monti gemeinsam das Haus verlassen.
Frau Monti sei keinesfalls mehr in das
selbe zurückgekehrt, sondern habe am
Gittertor des Gartens die Ankunft eines
Wagens erwartet, in welchen sie mit
ihrem Gatten stieg. Kurze Zeit darauf
aber fab ein Mann die Villa betreten,
den sie im fahlen Lichte des Mondes zu
erkennen glaubte, dessen plötzliches Er
scheinen aber da sie denselben mit aller
Bestimmtheit in Mailand wähnie ihr
unerklärlich war. Eine eigentümliche
Angst erfaßte sie und sie lauschte auf
merksam zu ihrem Fenster hinouS, ver
mochte aber in der Etage der Tänzerin
nichts zu hören, da dieselbe inzwischen
die Fenster geschlossen haben mochte.
Plötzlich glaubte sie einen dumpsen Hilfe
ruf zu vernehmen. Sie eilte die Trep
pen hinab. Unter der Tür der Woh
nung der Tänzerin trat ihr ein Mann
entgegen. Sie hatte sich nicht getäuscht
eS war wirklich der Kunstreiter Et
tore Tolpi. der Gotte der Tanzerm Inez
Mondez, ein roher, gewalttätiger Mensch,
dabei in einem Grade leidenschaftlich
und eifersüchtig, daß Znez, m seinen
unerträglichen Quälereien in entgehen,
mit Vorliebe Engagements suherkzalb
feines jeweiligen Aufenthaltsortes suchte.
Er zwang die Dienerin zu einem
Schwur, über seine Anwesenheit tiefste
Schweigen zu bewahren und schickte sie
unter schweren Drohungen in Ihre Man
saioe zurück. Nach einer in entsetzlicher
Angst verlebten Nacht wagt sie sich erst
nach Anbruch deS TageS in DaS Zimmer
ihrer Herrin, die sie wie sie befürchtet
tot in ihrem Blute fand. Der Gitte.
ver ne zweitens ermordet hatte, war
spurlos veMwunde.
Nachdem die Schmurgerichtsverhand
lung infolge dieser Zeugenaussage einen
so unerwarteten Abschluß gefunden
hatte, traf ich Frau Eesira Monti im
Zcugknzinimtt, wohin sie sich zurückge
zogen hatte, um abzuwarten, bis sich d',e
Menge deS neugierigen Publikum? zer '
streute.
Gnädige Frau.' sprach ich sie an. ich
tcdeiure unendlich, daß Ihnen durch das
Zusammentressen unglücklicher Umstände
fc, peinliche Stunden bereitet wurden."
Ein bitteres LäeMn glitt über das
blasse Gesicht der schönen Frau. Sie
faßte mich nm Arm nd zog mich in e,e
Fensternische.
Es ist ja nicht Ihre Schuld. Herr
Polizeidirektor. schließlich war doch
ich eS, welche die Mondez getötet hat."
Unwillkürlich fuhr ich zurück.
O, erschrecken Sie nicht. Es war t
nicht meine Hand, die den Todesstoß ge !
führt, ober ich habe den Arm des Rä
chers feiner Ehre zu meinem Werkzeug
gemacht. Ich war es. die Ettore Tolpi
von der Untreue feiner Frau in Kennt
nis gesetzt hat."
Ja, aber wie wußten Sie '
Daß Inez Mondez einen heimlichen
so eifersüchtigen Gatten hatte? Sehr
einfach. Jede Tänzerin hat ihr Ge
heimnis und ich habe daS Geheimnis der
Tänzerin' Mondez von ihrer Dienerin
erkauft. Ein entsprechend abgefaßtes
rekommandiertes Schreiben nach Wai
land tat das übrige."
Wie? gnädige Frau vermochten "
Einen 'solchen Schritt zu unterneh
men? O. ich habe nur Ihren Rat be
folgt und mit Ueberlegung gehandelt.
Die Mondez wollte mir mein höchstes
Gut. meinen Mann, rauben und ich habe ,
mich dagegen zur Wehr gesetzt. Dies
!vor mein volles Recht. Notwehr ist dock
'nach dem Gesetz erlaubt. Herr Polizei
direktor?" Stolz aufgerichtet verließ sie am Arme
ihres Gatten, sich eng an denselben
schmiegend, das Gerichtsiebäude.
Sinnend blickte ich der schonen Frau
nach.
Der glückliche Faulpelz.
Von Peter Nansen, dessen Tod vo,
Kurzem aus Kopenhagen berichte!
wurde, hat Hermann Bang in eine?
kleinen Skizze, die vor einigen Jahren
veröffentlicht wurde, sehr hübsch erzählt.
Er nannte den Tichter, ver so bedeu
tende literarische Erfolge erzielt uny als
Leiter des Glzldendalfchen Verlages eine
für die dänische Literatur so, wichtig
Iliolle gespielt hat, einen glücklichen
Faulpelz". Und er schilderte nun, wie
er trotzdem zu seinen großen Leistungen
gekommen ist. Nie heibe ich geglaubt,"
so schrieb ex. daß aus dem faulsten
Menschen der Erde der fleißigste Mensch
des Erdballs werden könnte. Und doch
kann dies geschehen; mit Peter Nansen,
ist es geschehen. Er war in seiner Ju .
gend der elendeste Faulvelz seiner Stadt
und feines Landes. Mehr war er: er
war der, Faulheit lebendiges Wunder.
Wir wohnten in demselben Hause. Zcna
ich nach dem Frühstück in mein Redak
tionsbureau gehen sollte, klingelte ich bei
ihm an. um um 12 Uhr mittags ihm
Guten Morgen" zu sagen. Ter Bur
sche saß in Teppiche gehüllt in einem
Sessel, unbeweglich, vor dem Kamin
seuer. Er sprach nicht, er nickte nur
zum Sprechen war er zu faul. Ich ging
ob. Wenn ich um 1 Uhr wieder nach
Hause kam, klingelte ich wieder bei Herrn
Peter Nansen an. Er saß im selben.
Sessel, in Teppiche gehüllt, unbeweglich,
vor seinem laminfeuer. Er hatte sich
don der Stelle überhaupt nicht gerührt.
Ich fragte: Was hast du gemacht?" Er
antvortete: Gar nichts," Ich fragte:
Bist du krank?" Er antwortete: Aber
nein." Nach dieser Anstrengung, seines
Tages dinierte er mit dem Hunger eines
Zwanzigjährigen. Nach dem Diner aber
faß er wieder da. im selben Sessel, un
beweglich, vor seinem Kaminfeuer. Tas
war die Arbeit, seines Tages. Bis ich '
eines Tages nach .Hause kam und sah.
daß er feinen Platz geändert. Er faß
nicht, vor dem Kamin, sondern an seinem
I (ZriirtiMi!!. I! W..u,i:sf. r.i.
"m uiviicriuiucii, ragie
i, was machst du denn da?" Ich
schreibe ein Lustspiel." war feine Ant
wort. .Es ist in einer c?t,,nk? 1,-rKn "
In einer Stunde war es fertig. Und' er
las es mir vor. Es war sehr talentvoll.
!Kach der Anstrengung aber ruhte er
wieder ein Jahr vor feinem Kamin
(doch ohne Teppiche). Bis er eines
Abends zu mir kam und auf 'der
Schwelle stehend sagte: Ich habe einen
Novellenband geschrieben." Ach. und
das weiß ich nicht?" meinte iw. Nein,
das Ding wurde erst eben fertig. Ich
habe drei Nächte geschrieben." Ticse
Novellen machten ihn in' Tänemark be
rühmt als den anmutigsten Stilisten
unserer Sprache. Und seitdem war Pe
ter Nansen fleißig." Tie Werke, die er
so schrieb, haben feinen Namen weithin
bekannt gemacht; seine Nomone wie auch
sein Trama Eine glückliche Ehe" hat
ten einen großen Erfolg. Tarüber hin
aus aber schilderte Bang auch NanscnS
Stellung in der modernen dänischen Li
teratur: .Als Direktor des mächtigen
Gyldendal entfaltet er den mächtigsten
Fleiß feines Lebens: .hilft ollen, er
ordnet die Geschäfte sür alle Welt, er
liest die Bucher von allen scmen Freun
den. er ändert sie. er gibt Ratschläge, er
besorgt die Korrekturen. Er schafft dein
einen Geld, dem andern eine Anstellung,
dem ' dritten !kt , vm. s.:.
er," , " v-.z t
3ie. r Ist der eipige Vermittler und ,
vn immer vevorzugte dichter. Es gibt
In der Literatur keinen Streit, den a
nicht beilegen soll.' in den Kulissen .-!.
rien Krach, dem er nicht nachhelfen muß.
Peter Nansen ober findet die Zeit zu
ollem, wahrend er gutmütig lächelt.
Gutmütig mit einer halb verborge
nen Ironie. Denn er hat vicl Ir
sehen.
Ztt Widerspruchsgeist mancher SJirn.
scheu ist so groß, daß sie sogar ihr Un.
recht einsehen, wenn man ihnen recht
gibt.
i Trrj'T "
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