Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, September 28, 1918, Image 7

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Die frotnxne
(l1! us der Geheimmaxpe eines, polizcibeamtcn.
Unsere Polizeidircktion, war in sieb' I
hafter Aufregung Bai dicS Bedeuten i
JoiH, Kirn nur t-tt cuncssen. tr selbst
einmal al ßilieb diesem großen Sicher
heitsapparate angehört hat. Vom ober
sten Chef bis zum letzten AmkSdicner hat
leinet mehr ine ruhige Stund?. Die
Luft ist wie vor einem Gerollter Mit
Elektrizität gefüllt, Blitze zucken, dumpf
tollt de, Donner. unZ, jeder fühlt, daß
nur unhcilschwanqcre Wollen iiber sei
nein Haupte schnoben. Vorgesetzte und
UnterAbene besinden sich unausgesetzt ir.
nervöser Erregung. kclner vermag den
andern zufriedenzustellen:- Tadel nach
unten, Murren gegen oben.
Wenn ein großes Verbrechen begang'n
wird, bringt die Anzeige desselben wohl
ebenfalls große Aufregung hervor; die
selbe aber ist vorübergehend, sobald die
ersten Erhebigen gepflogen, die Dis
Positionen erteilt sind, arbeitet deriAppa
rat regelmäßig weiter, Die Polizei
sahndit nach dem Täter, oder ist demscl
den auf der Spur", berichten di, Tages
bläiter. Anders aber kst 8, wenn die
selben Verbrechen in gleicher SBcije wie
derholt, also zweifellos von denselben
Tätern ausgeführt werden und der SU
chcrheitsbchörde deren Entdeckung nicht
gelingen will Da tritt dann jener un
leidliche Zustand 'ein, den ich oben ge
schildert habe. ; - , '
In einem solchen Falle befanden wir
lins. LZ war uns eine Nuß zum Aus
knacken gegeben worden, deren Härte
selbst den, spitzigen Zähnen unserer der
sierteften Polizeiorgane Widerstand bot.
Seit einigen Wochen waren in unserer
Stadt falsche Notenscheine, auf fünfzig
und hundert Kronen lausend,, in Zirku
lation gesetzt worden. Außerordentlich
gelungene Falsifikate, deren Entdeckung
nur dem geübtesten Auge möglich war.
Dadurch war es begreiflich, daß sie bei
dem regen Geschäftsverkehr unserer gro
ßen Stadt durch verschiedene Hände lie
fenehe sie beanstandet und uns Borge
legt wurde. Zu Beginn waren nux'
einzelne Exemplare aufgetaucht, dann'
aber mit jedem Tage neue.und in große
rer Zahl, so daß wir zur Ueberzeugung
gelangen mußten, daß die Erzeugungs
oder doch die Ausgabestelle dieser Fälst
fikate sich in unserer Stadt befinden
müsse. Diese Nachricht von dem Auf
tauchen der falschen Notenscheine gelangte
selbstverständlich in die Öffentlichkeit,
das Publikum, speziell die Geschäftswelt,
ward, als die Menge derselben bekannt
wurde, lebhaft beunruhigt, die Presse
verlangte energisches Einschreiten der
Sicherheilsbchörde.
Unser Entdeckungsbureau arbeitete mit
Anspannung aller Kräfte. Bei den ur
sprünglichen Recherchen hatte man den
. durch die Natur deZLcrbrechens gewicse
nen Pfad (ingeschlagcn. Sobald ein
Falsifikat vorgefunden wurde, hatte man
streng die Spur von dessen Zirkulation
, verfolgt. Dieselbe verlief aber entweder
Die KoWrtftcrtiMn.
GrHstadt-Skizze von Gerirunt v. Veaulieu. ,.
Wahrend eines WinicrS muß! lch
. stets um dieselbe Stunde die Pferdebahn
lutzkn. welche vom LUtzowplatze nach
Rm Lkupfergrubcn. qlso in das Innere
- von Berlin, geht. ,
, Anfanz? beachtete ich nicht, daß ich
immer mit derselben Dame zusammen
tras; sie war so-unscheinbär, daß sie
nicht auffiel. Eines Abends aber be
fanden wir uns beide ganz allein, in
dem großen wohlgeheizten Gefährt.
Draußen wirbelte ein Schneesturm, der
die kahlen Bäume 'des Tiergartens er
Kittcrn ließ; der Wagen man nimmt
zu dieser nicht viel benutzten Strecke
wohl nur solche ältere Jahrgänge
Zlchpcrte betäubend. Das Wirbeln deZ
Schnees und das Rasseln deS Wagens
machten mich ' förmlich seekrank. Ich
lehnte den Kcp ln die Ecke und schloß
die Augen.
Da berührte mich mein Gegenüber an
der Schulter: .Sie sehen so blaß auS.
Sind Sie unwohl, kann ich Ihnen hel
W ' ,
Ich richtete mich empor? .Danke.
nein." Dcbe: sah -Ich die Dame un,
' willkürlich cnaüer an. als ich eS ii
j'tzt getan. Run kam eS mir erst zum
Bewußtsein: sie war immer grau ge
kleidet gewesen, davon hatte sie wohl
eiiich das Schattenhafte. Unauffällige
Ihr, Gesicht wor blaß: nicht gerade ver
aramt. ollci,eZ besaß inen resignier
ten, Müden, welken Zug. j
D welkes Wort, das einst nach Re
seit roch!" DieS Wort Nietzsches siel
mir bei dem Anblick ein. .
Auch sie hatte wohl einst hcsend ,n
die Zukunft geschaut, Träum? gehegt.
Und nun geilte sie ,u den zahllosen
alleinstehenden Frauen, welch in der
Großstadt ngekannt. ungeliebt, unbe
schüfet hindämmern. . '
S war nicht verbeiratet. daS sah
man enf d-i ersten Blick. Vielleicht
eines jener Mädchen auS vornehmer Ja
milie. dknei man verwehrt. Clattin und
Mutter yi weisen, weil dai Gespenst
.standesgemäß dies ParadicS mit kno
'e.nmm, unerbittlichem Finger vor
ihnen derschlicßk. ,Cie Karren und ha r
,en aus das FreurgZück. sür da sie.u
nicht and'rm passend, erzogen wurden.
bis die Znt der Rosen verstiegt, ver
flatternd fcie ein Vlütenblatt. und daS
Llter kommt. - '
' Aber auch dann noch bleibt sie da
liiT-g Mädchm in den Augen ibrer An
- gehörigen, fcii in rührendem Verbauen
sich selbst und damit ihr zugleich ein
reoen. sie w:rd, tlötz ihttr Almut, trotz
ttrS Alters doch nvch den Erlöser, den
Verssraer. dn Mann siuden. Und
tang stclbk.l dies? Ang-iöriaen. und v!?
klltgcwcrd-ne steht, in iürst!ichf Kind.
jit erhalten, einsam da. dem ampse
Im Sande oder endete bei crsönlichkci
ten. die wegen ihrer Stellung und ihres
gesellschaftlichen JluiißcS über jeden
Verdacht erhaben schienen.
. Mir siel es zu. unseren Chef darüber
detaillierten Bericht zu erstatten, und auch
kr schüttelte sein im Langjährigen Sicher
heilsvienst bereits ergrautes Haupt.
.Es scheint geradezu unmöglich,
Unsere Organe müssen sich aus falscher
Fährte befinden. Es läßt sich gar nicht
denken, daß bei so vielen inhibierten Fal
sifikaten Nicht die ursprüngliche Ausgabe
stelle konstatiert werden konnte
.Entschuldiaen, Herr Direktor, wie
Sie gehört, ist dies ja in einer nicht ge
ringen Anzahl von Fällen gelungen. Hier
ist die Liste jener Persönlichkeiten, bei
welchen lije Nachforschungen geendet
haben." -
Baron k., Graf F., von noch höher
gestellten Persönlichkeiten gar nicht zu
reden. Die Herren werden , doch selbst
nicht glauben, daß wir in dieser Sphäre
die Fälscher zu suchen haben "
Ich zuckte die Achseln. .WaS ich
Ihnen berichtet habe, Herr Direktor, ba
ert aus Tatsachen. Um noch weiter zu
gehen, müssen wir allerdings Ihre be
sonderen Befehle abwarten."
.Aber dies ist eine heikle Sache, Herr
Kommissär. Ein einziger Fehltritt kann
mir alles kosten, während Sie und Ihre
Herren Kollegen nichts riskieren, da Sie
sich eben nur auf meine Weisungen beru
sen.. Ich habe keine Lust, mich nahe dem
Ende einer bisher, Gott, sei Dank, ehren
vollen Lufbahn zu kompromittieren.
Schassen Sie mir Beweise oder doch An
Haltspunkte, und ich werde dann sehen,
waS zu machen ist. Bis dahin aber bleibe
ich bei' meiner Ansicht, daß unsere Or
gane die rechte Spur verfehlt und so alle
Recherchen in einer Weise, erschwert ha
den. die nur mit großer Mühe wieder
zu sanieren sein wird."
Es war ein bitterer Vorwurf, der da
mit unserem Bureau, das stets mit gro
ßem Pflichteifer und peinlicher Exaktheit
gearbeitet hatte, gemacht wurde, und er
traf mich um so tiefer, als ich am besten
ermessen konnte, daß er kein verdienter
war. Um dieö zu beweisen, galt eS nun
mit erneuter Anspannung aller Geistes
Iiäfte wieder an das Werk zu gehen.-
Alle Recherchen wurden von vorn be
gönnen, jedem die vollste. Unbefangenheit
zur strengen Pflicht gemacht. Das Re
sultat aber blieb dasselbe, nur hatte sich
die Zahl der "Fälle noch vermehrt, welche
auf jene Gesellschaftsphäre wiesen, vor
der unser Chef seine Scheu so unverhoh
len zum Ausdruck gebracht hatte. DicS
veranlaßte mich, meine Nachforschungen,
ohne weitere Instruktionen einzuholen,
auf eigene Verantwortung auszudehnen.
Ich wendete mich daher in streng vertrau
licher Weise an einige mir persönlich be
kannte Herren unserer Societa, deren
Namen in 'Verbindung mit den in Zir
kulation gesetzten Falsifikaten auf unse
rer Liste standen. DäS Resultat war ein
umö Dasein nicht gewachsen. Sie hat
nichts gelernt, nur Unnützes, nur daS
eine, anmutig Haustochter und künftig
.einmal, wen, es gut geht. Hausfrau zu
sein. Womit soll sie Geld verdienen?
Sie hungert, lieber, als daß sie eS ver.
sucht; um Geld zu arbeiten, wäre nicht
standesgemäß. Es lebt ja noch ein
Oheim oder Vetter, dem es peinlich sein
könnte, wenn sie ein paar .Groschen er
würbe ' ;
So träumte ich vei dem Schneegestöber
und bei dem Rasseln deS Wagens.
.Sie schauen mich noch immer oh
und starr an. und Sir sehen so traurig
auö; Ihnen ist gewiß schlecht zu Mute?"
sragte sie wieder.
Sie war die Mitleidige. - Sonderbare,
verzwickt, Welt!
Ich raifte mich.as: , .Onein, mein
Fräulein."- ' .
Woher wissen Sie. daß ich nicht ver,
heiratet bin?" sagte sie, lebhaft werdend.
Ich schwieg verlegen. - - '
Wahrscheinlich, weil ich so moger und
blaß bin." bemerkte sie mit einem sans
ten, stillen Lächeln um den schmalen,
ntiitfen Mund. .Ja, die Glücklichen
sehen anders ' aus. Und doch bin ich
eigentlich nicht unglücklich, nein, wirklich,
das müssen Sie mir glauben. Es wäre
undankbar gegen den lieben Gott, wenn
ich mich bctlazle. Ich habe so viele
Freunde, die nett zu mir sind. Aber
natürlich, feinen Beruf hat man nicht
ersülU.das, wozu man erzogen worden
isr. We schwer wurde es meinen lieben
Eltern, mich allein zu lassen; sie starben
beide bald nacheinander. Wa wiro in
jungeS Mädchen wie du allein ansän
gen?" sagten sie. Lieber Gott, in ihren
Augen blieb ich jung, obwohl ich damals
Ichon anfangs der Vierziger war."
. .Sie leben allein?"
.Ja. icb habe eine kleine Wohnung ge
nommen. nur Stube und Küche; eS ist
anaenebmer oll in einer Pension und
auch billiger. Nämlich in einer gewöhn
lichen Pension mit Krethi uttd Plethi
zusammen, möchte .ick nicht sein. Sie
wundern sich dirüber?" fuhr sie errötend
fort Sie finden eS hochmütig, nicht
wahr? Gctt. man ist daS nun einmal
nicht gewöhnt. Lieber gar keine Men,
fchen sehen alS einen, der schlechte Ma
nizren hat. Mein Vater war General.
Sie werden den Namen durch den 1870er
Krieg kennen. Ek?ellen, von N . . .
Unser Geld gz alle für meine BrS
der hin. die drn doch fielen, zwei im
großen Kriege, und ei dritter er hatte
Tummheitkn gkmach! und ginz schlikß
lich ,r Sckiuirup?e nach Asrika
konnte daS Trovenklima nicht vertragen
uns starb am FlebrrA Natürlich wollte
mich niemand ieiratenj weil ich so arm
bin und nicht hübsch, urd doch in gwisser
Wcrrchescl.
' c , : ) .
" von Zssef Erler.
merkwürdiges, beiäahe alle gaben' die
Möglichkeit zu. daß sich die betreffenden.
Nqtenschcine in ihren Händeg befunden
hatten, keiner wollt sich aber erinnern,
bort wem er dieselben erhalten habe. Be
träge von fünfzig und hundert Kronen
seien keine so hohen, daß man ihrer Pro
denienz irgendwelche Beachtung schenken
zu müssen glaube, wurde mir von meh
reren Seiten beschienen. Die Glücklichen
gehörten eben der Klasse der oberen
Zehntausend an, welche bcstenflls dort
z rechnen beginnen, wo lvik gewöhnliche
Sterbliche längst aufgehört haben. Die
sen Umstand mußten die Täter benützt,
auf dieser Basis ihr kühnes Betrugs
gebäude aufgeführt rjaben. ES war dieS
ein Gedanke, der mir. plötzlich wie eine
Eingebung gekommen war. der mir auch
überzeugend genug schien, um alle meine
weiteren Nachforschungen davon leiten
zu lassen. "
Ich war mir wohl der Schwierigkeiten
bewußt welche polizeiliche Erhebungen
km Highlife der Gesellschaft boten, abet
dieselben erschienen mir unvermeidlich
und machten mir die Ausgabe besonder!
interessant. Vor allem war größte Vor
sicht und verschwiegenes taktvolles Vor
gehen geboten. Von den mir zur Verfü
gung stehenden Polizeiorganen wählte ich
ein einziges aus. daz mir für die erfor
derlichen Dienste am geeignetsten schien.
ES" war dies ein- noch junger, geriebener
Bursche namens Fantin. ein ehemaliger
Kammerdiener, den wir über besondere
Verwendung seines Herrn. deS Grafen
ist m uni Mtcrüvkorpz ausgenommen
hatten. ' ,
Ich beschied Fantin zu mir, verpflich
tete ihn zur Wahrung strengsten Ge
heimnisseS und machte ihn dann mit der
Sachlage so weit bekannt, als eS mir un
Umgänglich nötig schien. Die erste Auf
gabelvelche ich ihm stellte, war die Er
Hebung, vi die von mir bezeichneten Per
sönlichkeiteg unter sich oder mit einer
dritten Person in solcher Verbindung
standen, welche die Tatsache erklären
kminte, daß die falschen Notenschiine in
so auffallender Zahl in deren Hände ge?
langten. ( -
Üntek Benützung der Verbindungen,
die er noch immer mit der Dienerschaft
der vornehmen Welt unterhielt, war dieS
Fantin nicht schwer. Schon am dritten
Tag, nachdem er den Auftrag erhalten
hatte.,ineldete er sich zum Rapport.
.Sämtliche Herrschaften, die Sie. mir
bezDchnet haben, Herr Kommissär, bcsu
chen das Haus der Marchesa Dallariva".
berichtete er.
Und waS weiter? DaS ist so viel,
als ob Sie mir erzählen würden, daß
samtliche Mitglieder der Societa ihre
Besuche bei der Fürstin Z. machen", er
widerte ich enttäuscht.
Doch nicht so ganz, Herr Kommissär.
Zu Marchesa Dallariva kommen die
Herren m i t ihttn Damen bei Tage,
ohn Damen nach der Sverrstimde."
.Unmöglich, Fantin. Marchesa Dal-
Weise verwöhnt. AlZ ich meinen liebm
Enzelspapa verlor, bewilligte "Majesat
mir eine Pension; nun, davon kann ich
ja zur Not leben ... Ach, schon so weit
sind wir!"
In dem Augenblick rief der Schaffner,
der uns bis jetzt ziemlich unserem Schick
sale überlassen, das heißt die Haltestellen
nicht ausgerufen hatte, mit plötzlicher
Schneidigkeil: Fricdrichstraße!" in den
Wagen hinein.
.Ach. schon so weit? Ich' habe eS gar
nicht bemerkt, das kommt vom Plaudern.
Ich weiß nicht, warum ich gleich solches
Vertrauen zu Ihnen hatte. Mir ist eS
freilich gar nicht, als wären Sie mir
fremd? ich sehe Sie ja auch schon ein
paar Monate täglich. Wissen Sie, waS
nett wäre?"Jhr blasses Gesichtchen rö
tete sich und ihre Augen blickten mich er
vsrtungsöoll freundlich an.
.Nun?" ,
-Mnn Sie sich einmal, meine kleine
Häuslichkeit ansähen. Ich möchte Ihnen
Leweisen, daß man doch ganz behaglich
leben kann, ohne verheiratet zu sein,
wirklich. Sie schienen eS vorhin zu be
zweifeln und mich ZU bedauern. DaS
dürfen Sie nicht. Ich bemitleide im Ge
genteil die Menschen und möcbte Sllen
helfen. Nein, wirklich Sie müssen sich
meinen Palast anseben."
Wo wohnen Sie denn, LnädigcZ
Fräulein?"
.Kursürstendamin 230." -
.Ah!"
.Sie wundern sich, daß ich in einer
so vornehmen Straße wohne? Es ist
ja nur Gartenhaus, also eigentlich Hof,
vier Treppen hoch, rechter Flügel. Und
leicht erreichbar muß ich sein, meiner Be
kannten 5egen'wenn sie schnell zu mir
schicken wollen Ich hab,? nämlich so eine
Art Beruf. Doch das erfahren Sie erst,
wenn Sie mich besuchen." setzte sie mit
einem Anfluge von Schalkhaftigkeit
hinzu und war, ehe ich ja oder nein ge
sagt, bei lil Singakademie verschwun
den,
Am näckiten Abend schaute ich unwill
kürlich nach meiner grauen Dame auS
sie kam nicht.
Ss war es auch an den folgenden
Taaen. -
Vielleicht ist daS arme Wesen krank
geworden, dort oben in ihrem Nalast,
vier Treppen hoch auf dem Hose? Diel
leicht liegt die verwöhnte Tochter de?Er
zellenz. die der liebe Engelspapa sg un
gern dem Kampfe umS Tosein über
lassen, n dem er sie alles andere als
fähig gemacht, nun einsam und allein in
ihrem Dackistübchen!
Der Gedanke, ließ mir keine Ruhe, und
Ich ieiaS micki am nächsten Morgen nach
dem Kilkfürslend-zmm 'J'V. Vorn an
der Straße ein Hau! mit kein prctzizen
inriua erneut Iicy wahren 0a wc,g,n
Mona! ihres diesigen Aufenthalts ineS
vorzllalichen Ruf? und wird In den
ersten Häusern empfangen. Ihre Mit
teilung beruht entlchieven ur aus ce
re, Dienstbotengcschwätz."
.Ich war zuerst derewcn Anjichk, err
Kommissär, seit heute früh bin ich jedoch
vom Gegenteil überzeugt. ES hat mich
eine Nachtwacht Okostet, dasllr aber habe
ich mit eigenen Augen geiehen, baß bei
nahe alle jene Perjönlichleiten, die Sie
mir bezeichnet haben, zwischen zehn und
zwölf Uhr nachts die Villa d Marchesa
betreten unl, erst kurz vor Morgengrauen
verlassen haben."
.Und zu welchem Zweck V
Um dort Hasard zu spielen
.Wohcr wissen Sie dai. Fantin?"
, .Meint Quelle sollte ich eigentlich auS
Diskretion verschweigen. Um aber Herrn
Kommissär von der Wahrheit meiner
Angabe zu überzeugen, will ich Ihnen
gestehen, daß ich der kleinen Jusietta,
dem Kammermädchen der Marchesa, aiS
ich gleichzeitig mit ihr bei der Gräfin 5t.
iu Diensten stand, nicht gleichgültig war."
.Und diesen Umstand haben Sie be
nützt?" .
.Nur im Interesse des Dienstes.. ES
-fiel mir nicht schwer, die früheren Be
Ziehungen wieder anzuknüpfen. Gestern
abend hatte ich im Park hinter der Villa
daS erste Rendezvous, mit Ihr und
heute wissen Herr Kommissär, was für
Ihre weiteren Schritte nicht ohne Be
deutung sein dürfte."
Es ist gut, Fantin. aber Ihre Ent
deckung kommt mir, offen gcstandenso
unerwartet, daß ich die Sache einer reif"
lichen Erwägung unterziehen muß. n
zwischen bleiben Sie hier und erwarten
meine weiteren Dispositionen.
Bei Marchesa Dallariva fand sich die
Herrenwelt des Highlife, bei dieser srom
men, anscheinend so zurückgezogenen
Danie der Aristolratie wurde hasar
diert? Es schien beinahe unfaßbar. Vor
mehreren Monaten schon war sie hierher
gekommen, hatte die Villa Bellaria im
Parkviertel d Stadt bezogen und daii,
wie.man allseitig gehört, trotz ihr?r
Schönheit und Jugend sich nur mit men
schesreundlichen Werken und religiösen
Uebungen 'beschäftigt. Täglich besuchte
sie die Mitiagsmesse der leganten Welt,
allen Humanitären Vereinen war sie un
ter Zeichnung bedeutender Beträge bei
getret und hatte jenen Wohltätigkeits
anstalten, die von adeligen Damen ge
leitet und protegiert wurden, ihr beson
deres Interesse zugewendet. Dies hatte
ihr auch rasch dieonst ezkluswsten Kreise
der Gesellschaft erschlossen, man hatte sie
empfangen, ohne nach ihrem Gemahl zu
fragen, der einem Gericht zufolge irgend
wo in transatlantischen Diensten stehen
sollte. ,Es war wohl ein Geheimnis, an
das man diskrete-rweise nicht rühren
durfte, ohne die Marchesa zu verletzen.
Daß es trauriger Natur war, dafür
sprach der Umstand, daß sie sich nur
mehr dem Dienste der Menschheit wi
mete und auch in ihrer schwarzen Klei
dung ihren Abschluß mit den Freuden
der Welt zum Ausdruck brachte. Aber
gera.de "diese schwarze, so gesucht einfache
Toilette war Z, die ihre Gestalt zu Zu
nonischer Geltung brachte und ihrem wei
ßen, vom blonden Lockcnaolde umrahm
ten, feingeschnittenen Antlitze einen eige
Luxus -aus der Gründerzeit Berlins.
Mächtige Löwen, die daS Portal Zlankie
ren. viel Gold, diel Stuck Prunk,
hinter dem lein echter Geschmack steckt.
Neben dem eleganten Treppmhaust,
wo die drohende Mahnung .Nur sür
Herrschasten" auf tintt Tafel steht, be
findet sich eine einfache Tür, hie zum
Hofe führt. Dieser ist sauber gehalten,
aber düster; er gleicht, da Mauern ihn
von allen Seiten einfassen, dem Schachte
ines, Bergwerkes. ' .
Ich wandte mich' ach rechts und er
klomm tine kahle, teppichlose, schmale
Stiege, welche die Hintertreppe ,des vor
nehmen Vorderhauses bildet. An je eine
Votber und Luxuswohnung schließt sich
ein Seitenflügel ein Quartier für
kleine Leute so lautet be! Berliner
Wirten der Ausdruck für arme Leute.
Die Tochter der Exzellenz befand sich
unter ihnen, und zwar an ihrer Spitze,
dmn sie hatte die billigste, weil höchste
Wohnung inne.
Oben angekommen, sah ich guf einer
schmucklosen, braun angestrichenen Tür
eine Visitenkarte: .Viktoria. Freiin von
N . . ." Daneben hingen ein gelblackier
ter, klecherner Briefkasten und eine Schic
fertafcl, an der ein Griffel befestigt war.
Auf der Tasel stand: Bestellungen
bitte auszuschreiben."
Ich klingelte.
Hrnter einem Glasguckloche, welches in
der Tür angebracht war, wurde von -in
nen eine Holzklappe vorsichtig zurückge
schoben. Durch die kleine Scheibe sah
ich ein helles, graues Auge. Ja. auch
ihre Augen waren grau uun fiel es
mir ein die Augen meines Gegen
übers in der Pferdebahn.
DaS Auqe verschwand blitzschnell,
dann hörte ich leise Schritt forthuschen.
Unschlilisiq. ob ich gehen oder bleiben
solle, ( stand ich vor der verschlossenen
T.iir'-
Da öffnete sie sich. Die Freiin .trat
heraus und streckte mir herzlich ihre
schmalen mageren Hände entgegen. , (.-
Sie schien hasttg Toilette gemacht zu
haben, denn sie trug dasselbe graue
Kleid, welches ich ftetS unter ihrem
Abendmantel gesehen; sie nestelte und
rückte noch ein wenig am . Gürtel der
Bluse, der etwa! schief saß.
Wie lieb von Ihnen!" rief sie erfreut.
.Ich empfange sonst morgens nicht Be
such, eigentlich überhaupt niemand, nur
mit Ihnen mache ich eine Ausnahme.
Wissen Sie, warum? Ick schäme mich
so. daß ich neulich Ihr Mitleid erregte.
Ja. sa, leugnen Sie eS nicht, ich sah et
Ihnen an. Sie blickten mich ss tiefernst
und traurig an. als ich lgte: di Glücks
lichen sehen anders aus. Und das war
unrecht von mir. Run wollte Ich Ihnen
doch zeigen, wie behaglich ich es habe.
Sonst erhalte ich keinen Besuch, weil
meine reichen Bekannte? e! nicht gewohnt
sind, so hoch zu steigen. Auch möchte ich
es gar nicht, ek ist solch ein Kontraft für
sie; die anderen nämlich würden die
Schönheit hier oben gar nicht erkennen.
Die Bestellungen lasse Ich unten beim
Pkortner abgeben oder hier eben aus
schreiben."
eil,, tiiic ii'iuauinai utuufiCuu, y.
radezn raffinierten Reiz verlieh, der
durch daS geheimnisvolle Dunkel, daS sie
umhüllte, nur noch erhijht wurde.
, Ich beschloß, die weiteren Recherchen
aus eigene Faust vorzunehmen und erst
mit dem Ergebnisse derselben wieder vor
meine Chef zu treten. Im Lause des
Tages erhielt Fantin meine weiteren ge
nauen Weisungen, und wenige Minuten
vor Mitternacht traf ich ihn pünktlich an
dem von mir in der Nähe der Villa Bel
laria bestimmten Platze.
.AlleS durchgeführt?? fragte ich ihn.
.Jg)vohl, Herr Kommissäkaber eS ist
schwerer gegangen, als ich vermutet habe.
Julietta wollte durchaus nichts von der
Ausgabe wissen, die wir ihr zugeteilt ha
den, sie sah voraus, daß si ihre gute
Stelle verlieren würde."
.Und auf welche Weise haben Sie
selbe dann bewogen, FantinZ"
.Durch Anwendung des wirksamsten
Mittels, dem kein Mädchen zu wider
stehen vermag ich habe ihr als Preis
ihrer Mitwirkung die Ehe Verspro
chen."
, .Ah und Sie werden dak Verspre
chen auch halten?"
.Ich glaube ja, Herr Kommissär, Iu
lietta ist ein sauberes, und was die
Hauptsache ist, auch bradeS Mädchen.
Nur hoffe ich, daß mir meine Vorgesetz
ten zur Erlangung einer Aussteuer be
hilflich sein werde. -Ich habe ja auch
daS Heiratsversprechea nur im Interesse
des Dienstes gegeben." '
Sie sind ein Schlaumeier, Fantin,
soll? sich aber nicht verrechnet., haben.
Falls unser Plan gelingt, sichere ich
Ihnen eine hübsche Remuneration als
Aussteuer zu."
.Tausend Dank, Herr Kommissär,
nun freut es- mich doppelt,'. "Ihnen gute
Nachrichten zeben zu können. Was mir
Julietta als Liebchen nicht vertraut, hat
sie niir als Braut gestanden. Im Hause
der Marchesa scheint nicht alles in Ord
nung zu sein. Sie hält einen jungen
Mann namens Baldini, einen Stockita
liener, als angeblichen Sekretär der ihr
aber allem Anscheine nach weit näher
stehen dürfte. Er ist es auch, der an den
Spielabenden die Bank hält, -und sein?
Hände dürften dabei nicht rein sein. Die
Marchesa hat dem ganzen Spiel einen
geheininisvollen Nimbus gegeben, nimmt
an deckselben persönlich -nicht teil, hat
aber ihrer Angabe nach den eventuellen,
Reingewinn der Bank einem humanen
Zwecke, dem Bau ineS ZusluchtshauseS
sur gefallene Mädchen bestimmt. Jeder,
der ihre Villa betritt, um sich am Spiel
zu beteiligen, muß zuvor sein Kavaliers--wort
verpfänden, niemanden dies auch
nur durch die leiseste Andeutung zu der
raten." -
Zu meiner Freude ersah ich, baß ich
mit Fantin eine vorzügliche Wahl getrof
sen hatte.' Bessere Dienste hätte mir
wahrlich keines unserer Polizeiprgane zu
leisten vermögen. Alles war tadellos
vorbereitet. Mittels einer bereitgehalte
nen Leiter war eS uns leicht, den Balkon
der Villa Bellaria zu ersteigen, von wel
chem Flügeltüren in den Salon, der als
Spielzimmer diente, führten. Dieselben
schienen geschlossen. Julietta hatte aber
gesorgt, daß sie es nicht waren. Ein
Faltenwurf der schweren Damastportie
ren war so geschickt arrangiert, daß ich
Bestellungen? WaS mochte sie damit
meinen?
- Sie hatte mich inzwischen durch einen
hellen Korridor an einer mit einer wei
ßen Gardiene verhängten Glastür vor
beigeführt. Wahrscheinlich befand sich
hinter dem Vorhange die zur Schlaf
stubf umgewandelte Küche.
Ich bringe Sie gleich hin," sagte die
Freiju, .Si sollen mein ganzes Reich '
sehen. Aber erst kommen Sie in meinen
Salon." f
Es war wirklich ein Salon, trotz sei
ner Lage unter dem Dache. Alte Ma
hagonimöbel, auS einem vornehmen
Hause stammend, grüne Plüschsessel.
Efeugiiter, die kleine Nischen bildeten,
gute Kupferstiche und vor gllem in schö
ner Flügel. ,
.Run?" fragte sie mich triumphierend.
.Wirklich überraschend. Baroneß."
Sehen Sie. wie unnütz Sie mich be
dauert haben! . . , Nun nehmen Si
aber Platz."
Ich setzte mich auf einen der grünen
Plüschstühle; man sank ganz tief ein. so
daß man glaubte, sich auf einer Fußbank
zu befinden so ausgesessen waren die
Sprungfedern des Polsters.
Ich komme," begann ich ziemlich un-
geschickt, weil ich fürchtete, Sie könnten
krank sein. Ich traf Sie einige Tage
nicht in der Pferdebahn." '
,O nein!" Ihr blasser Mund lä
chelte. Ich hatte im Bechsteinsaale zu
tun, daher suhr ich nicht .nach dem
Kupfeigraben."
Ab so!" (ich warf einen Dlick auf
den Flügel) natürlich, Sie sind musi
kalisch, BaoneßZ"
.Ja. ein wenig."
Geben Sie Unterricht im Klavier
spiel?" O nein!" Sie errötete wieder DaZ ,
würd meinem Onkel von N . . . und
.meinem Betler von I... niazi ange
nehm sein, wenn ich etwas für Geld
täte. Nie haben Damen aus unsrer
Familie daS getan."
Ja. aber' ich kam mir sehr plebe
jisch vor, doch eS mußte heraus
.wenn Sie diesen Verwandten zu
Ihr Leben sa einrichten, gibt man Jh'
nen auch den notigen Ersatz? DaS
wäre doch nur gerecht und in der Ord
nung." . '
Fast hätte ich ihre Gunst verscherzt.
Sie verstand micr, sogleich, ihre
schmalen . Lippen schlössen sich abwch
rend: .DaS nicht nötig. Ich erzählte
Ihnen ja schon.-vaß ich durch die Güte
Seiner Majestät soviel habe, um existie
ren zu können. O, verzeihen Sie einen
Augenblick "
Ein drenzlicher Geruch .durchzog die
Wohnung, die Baron.ß eilte hinaus.
DieS Intermezzo diente mir zum Vor
teile. Sie hatte darüber meine Aeuße
rung, in iyren Augen eine grobe Takt
losigkeit, vergessen.
Etwas erhitzt kam sie wieder.
Es waren nur meine Oats, sie droh
tcn anzubrennkir. Ich bereite sie mir
nämlich selbst."
,.,t.w,i vvu va.uii -Uno ums, luai Darin
vorging, überblicken tonnte. '
An einem großen Mitteltische konzen
lriertt sich die Gesellschaft. Auf den
ersten Blick sah ich. daß Roulette gespielt
wurde., , Ein etwa dreißigjähriger, bei
nahe bartloser, chagerer Mann mit mar
kanten Zügen hielt die Bank. Dieö war.
wie mir Fantin zuflüsterte. Baldini, der
Sekretär der Marchesa. Si selbst be
wegte sich von einer Gruppe der Spieler
zur anderen, schien sich über die Varia
tionen deS Spieles zu unterhalten Und
vielleicht auch zu erhöhten Sätzen anzu
feuern, nahm aber selbst an demselben
nicht teil. In dem schwarzen, schweren
Seidengewandedas ihre hohe Gestalt
knapp umschloß und ihren entblößten
Nacken in blendendem Weiß erscheinen
ließ, war sie von sinnverwirrender
Schönheit. 1
;,Mt5ssieurs, votre jeu!" tönt kö
gedämpft nuS dem Saale.
Die Kugel rollte, der Bankier, hatte
einen großen Satz gewonnen und strich
das Geld voir allen Seiten ein.
Dies schien mir ein günstiger Moment.
Nasch öffnete ich die Tür und war mit
einem Satze neben dem Bankier.
.Im Namen des Gesetzes erkläre ich
die hier befindlicheBeträge mit Be
schlag belegt!" '
- Ein Moment der Aufregung, dann
unheimliche Rulje. Der Bankier war
aufgesprungen und stiert mich mit ver
znrten Zügen an. "Er wollte die vor
ihm liegende Summe an sich raffen,
Kantsn, der mir gefolgt war, hielt ihn
jedoch am Arme zurück. .
Da rauschte Marchesa Dallariva stolz
erhobenen Nackens herbei. . i
. Was berechtigt Sie, mein Her, in
meine Privat gemächer einzudringen? Ujch
erkläre dicS sür eine Verletzung meines
Hausrechtcs unli fordere sämtliche anwe
senden Herren zu Zeugen auf."
Ueber mein Vorgehen, ' Frau Mar
chesa, werde ich mich an anderer Stelle
zu verantworteirlvissen. Ihnen muß hier
meine amtliche Legitimation genügen.
Was die verlangte .Zeugenschaft dieser
Herren betrifft, so bin ich überzeugt, daß
sie mir danken werden,' wenn ich ihnen
dieselbe an anderem Orte erspare. Zu
meinem Bedauern sehe ich mich aber ge
zwungen, 7 die Herren einzuladen, diese
Räume allsogleich zu verlassen, um mich
nicht in meiner Amtshandlung zu stören,
die ich besser. Frau Marchesa. mit Ihnen
allein und diesem Herrn, den ich IS
Ausländer für verhaftet erkläre, dorzu
nehmen habe." - "..
Die ruhig gesprochenen Worte erseht
ten ihre Wirkung nicht. Sämtliche Her
ren empfahlen sich kurz oder auch gar
nicht von der Marchesa. und schneller als
Ich gedacht, war der Ealon geleert.'
. Und nun, mein Herr?" fragte die
Marchesa, bebend vor Aufregung und
Wut.
Nun werde ich tun, was meines Am
tes ist, Sie aber, Frau Marchesa, ersuche
ich in Ihrem eigenen Interesse, fair kei
rnrlet W' and bereiten zu wollen."
Die Ergebnisse meiner Recherchen
übertrasn meine Erwartungen. Wir
fanden die falschen Notenfcheine Paket
weise im Besitze des Sekretärs Baldiiii.
der. als er sich so schwer kompromittiert
sah. die Hauptschuld auf die Marchesa
wälzte, von der er verleitet worden zu
Oats,, Hafergrütze, zum. Mittag
essen?" . . ;
.Ja, natürlich."
.Und das ist alles, Baroneß?" -
Sie sind eigentlich recht ungezogen;
ich müßte böse werden, wenn ich nicht
wüßte, daß Sie s gut .einen. Ich
sehe es an Ihren Augen, die können
nichts verbergen, obwohl sie sich manch
mal Mühe dazu geben. Sagen Sie
selbst: warum soll ich mehr' essen? Der
Mensch braucht gar nicht so viel. Und
dann hab. ich noch die Aepfel; was
in solch einem Apfel für Kraft steckt,
davon ahnen Sinichts; besonders wenn
man .kein Fleisch' dabei ißt, siiid die
Aepfel so nahrhaft. Darin beruht eben
das Geheimnis. So geht es auch, daß
ich in meinem Schlafzimmer auf Gas
koche. Die OalS sind so reinlich. Na
türlich ist es nicht das Ideal, oder nian
muß sich eben bescheiden."
Und Sie tun alleF selbst, Baroneß.
mit diesen Händen?"
Sie lächelte stolz. Nicht wahr, man
sicht ihnen nichts an? .DaS dürfte man
auch nicht, meine Verwandten würden,
eS nicht mögen, wenn ich verarbeitete
Hände pt. Daher gebrauche ich
Creme Iris und ziehe nachts Hand
schuhe an. Nämlich, ich werde deS
Sonntags manchmal von meinen V
wandten zu Tisch gebeten; wenn die
Dienstboten nachmittags ausgehen, ha
ben sie .S gern, daß ich bei den Kindern
bleibe, um auf die lieben kleinen Dinger
zu achten."
Was tun Sir nun so den ganzen
Tag. Baroneß?" -
), wenn ich t, 'eine Wirtschaft be
sorgt habe und daS dauert eine
ganze Weile dann lese ich. nichts
Schweres, lauter Romane. Sie glau
den nicht, wie ich mit den Menschen in
.den Büchern lebe, mich mit ihnen freue
und mit ihnen leide. Die Nächte" zu
Sonntagen, wenn ich den folgenden
Teil des NomaneS nicht in der Leih
bibliothek bekommen kann., schlafe ich
manchmal nicht, weil ich nicht weiß, was
aus meiner lieben Heldin wird. Und
ganz zuwider sind mir die Romane, in
denen sie sich nicht kriegen. Die Men
fchen sollen wenigsieps in den Büchern
glücklich sein, das Zkeben ist ja schon so
traurig! Dak heißt." verbesserte sie sich,
.ich meine eigentlich nicht traurig, ich
meine "
Ich kam ihr zu Hilfe: .Und de
AbendS. Baroneß?"
.Nun, da gehe ich Za immer inS Kon,
zert."
. .Ah'.'
.Ja. Wissen Sie, eigentlich bin ich
ein richtiger Konzertstatist. EZ muß
die Ctas.fage in einem Konzerte sein,
nicht wahr? Nun, ich kenne in reiche
Dame, welch junge Musiker unterstützt,
indem sie zu deren Konzerten Eintritts
karten kauft nd an ihre Freund der
teilt. Und da bekomme ich auch immc
ein Billet; in der Hochsaison fast jeden
Tag. hauptsächlich zur Singakademie.
Dem verdanke ich eS ja auch, daß wir
uns kennen lernten."
s.in vorgab, im Lause diS Spiele die
echten Banknoten der Mitspielenden durch
die Falsifikate zu ersetzen.. Ein raff;
niertcr Plan, dessen Entdeckung durch
das Kavalicrswort strengster Berschwie
? cnhcit der Spieler beinahe unmöglich
chien. - - -.v'
Noch Im Lause der Nacht wurdcMar.
chesa Dallariva mit ihrem Sekretär in
unsere Untcrsuchungsarreste eingeliefert.
-(
Die gerichtliche Uktersuckjiiiig förderte
noch überraschende Tatsachen zutage.
Der Gatte und das Adelödiplom der
frommen Marchesa lagen im Monde. Sie
entpuppte sich als eine ehemalige kleine
Schauspielerin des Apollo-Theatcrs in
R.. welche mit ihrem Liebhaber, dn an
geblichen Sekretär Baldini, in unserer
Stadt als Hochstaplerin mit so großem
Erfolge debütiert hatte. Daß da sau
bere ,Paar mit einer großen internatio
nalen Gaunerschaft, von welcher es das
nicht unbedeutende Kapital zurJnsze
Nierung der Komödie behufs leichterer
Verbreitung der Falsifikats erhielt, in
Verbindung stehen mußte, lag außer
Zweifel, konnte aber nicht erwiesen wer
den, da die Angeklagten hartnäckig leug
neten und auch eine Spur, die nach der
.Schweiz wies, kein bestimmtes Resultat
ergab. Für uns blieb die Hauptsache,
daß die geheimnisvolle Ausgabestelle in
unserer Stadt entdeckt und unsere Bc
völkerung und auch die Polizeibehörde
von einem schweren Alp befreit war.
WaS der Herr Direktor dazu sagte?
.Seien wir froh, daß die Affäre einen
so günstigen Ausgang genommen hat,
sonst'. , z Nun für die Polizei ist nur
eines maßgebend der Erfolg, und die
seh haben wir glücklicherweise für uns.
Fantin hat sich übrigens sindig und der
wendbar erwiesen, ich werde ihn dafür
für eine außerordentliche Remuneration
in Antrag bringen." x
Und die Gesellschaft?
Ah, tont le rnonde war im geheimen
langst darüber einig gewesen,, daß bei
Marchesa Dallariva , irgendein dunkler
Punkt vorhanden sein müsse. Ihr gan
zes Austreten habe ja darauf hingewie
sen.. Eh bien, was lag weiter daran?
Wenn man 'in. der Gesellschaft lebt, darf
man nicht skrupulös sein und muß mit
Vorurteilen brechen.
Di fromme Marchesa endlich? '
Sie wußte den Zauber ihrer berücken
den Schönheit auch noch vor den Schran
kcn des Gerichtes in vorteilhafter Weise
auszunützen. Ihr ökechtsfreund hatte
einen liichten Stand, der Ankläger selbst
sprach zu ihren Gunsten, und die Richter
zogen alle Milderungsumstände tn Be
rücksichtigung, während gegen den Sekre
tär Baldini die volle Strengsdes Ge
fetzeS angewendet wurde. ,
" Wenn es aber auch nur wenige Jahre
Zuchthaus waren, zu denen die falsche
Marchesa 'verurteilt wurde fand damit
doch ihr -Debüt als. Salondame für
immer seinen Abschluß. Aus der S.traf
anstatt .entlassen, wird sie voraussichtlich
nur mehr ein unwürdige Rolle in dem
traurigen Boulevardstücke spielen könne,
dessen Schauplatz so nahe an die Gosse
grenzt. , . -
, , , .... .
. Ordne. weise alles ein.' . . , .
Bring' die Schätze in d:n Tchrcin,
Lerne treu im Kleinen sein! -
-Wie schwiegen beide eine Weile.
Sie kreuzte tie weißen Hä.'.de, auf.
diren Zartheit sie so stolz war. über
dem Knie und blickte sinnend zum Fen
stet hinaus. Nur auf Dacher und den
Himmel ging der Blick.
Ich tät wieder eine Frage sie war
unter den Umständen fast Arausum und
wurde mir doch nur von meiner Teil
nähme für 'ein Dasein eingegeben, daö
mich nicht allein rührte, sondern mir
inS Herz schnitt. ' i
' Und wenn Sie einmal krank werden,
wer sorgt dann für Sie?"
' 0,- ich 'bin nie krank," antwortete sie
mit einciß Lächeln, welches wie ein Blitz '
der Wintersonne crnf oder Landschaft
erschien. Ich darf eben nicht krank
werden.. Krank wird man nur, wenn
man 'es sich erlauben dars. Bei meiner
Kost kann ich tKübrigenS gar nicht wer
en. die ist ein .vahret Talisman; - Und
schließlich" sie sah wohl, daß ich
nicht überzeugt war gibt es ja das
Hospital; die barmherzigen Schwestern
-bort sind so gut, und ich habe so viele
nette Bekannte, die wurden mich gewiß
besuchen."
Währeizd wir so sprachen, ertönte
draußen ein Geräusch. Wir vernahmen
es deutlich, denn die Freiin hatte vor
hin, als sie die Oats so schnell gerettet,
die Tür. de Salons zum Korridor
offen gelassen. Es, nahten schwere
Tritte, dann hörte man in Kratzen des
Griffels auf der Schiefertafel, das Nie
derfallen eines Gegenstandes in den ble
chernen Briefkasten, und endlich entfern
ten sich die Schritte die Treppe hinab.
.0, eine Bestellung! Entschuldigen
Sie michinen Augenblick."
Sie kan wirklich nach einer Minute
schon wieder, einen Brief in der Hand,
aus dem sie'eine rote Karte nahm.
.Ein Billet?" fragte ich. , ,
.Ja, ausnahmsweise heute zar Ma
tinee, doch wenn Sie hier bleiben "
Aber selbstverständlid, gehen , Sie
hin, Baroneß."
.Ich muß eigentlich." sagte sie erleich
tert, .ich hab noch nie ein Billet unbe
nutzt gelassen, darum bekomme ich im
mer welche. Frei dürfen die Plätze nicht
bleiben. Und ich bin do, kein schlcch
ter Statist, nicht wahr?"' schloß sie mit
einem Ansluge von Koketterie.
Ein sehr aristokratischer," cntwor
tete ich,
- DaS war eS, was sie hatte her
wollen. Doch sie wehrte bescheiden ob- ,?.' ,
ja, ich bin immer ccinrne il saut r
kleidet. Grau, daS fällt nicht auf v. i
ist immer modern. Ein gutes K!is
muß ich nämlich haben, dieser Luxus
muß sein, daS gehört zu meinem Buf.
Also aus Wiedersehen, aus Wiederszhcn.
nicht wahr?"
, Ich bejahte.
- Ihr Beruf? AlleS. waS ihr dak Le
ben n Beruf gegeben bat, ist t'9
Knzertstatift zu sein.
'
,
f
.r ...