Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, August 16, 1918, Image 2

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    5i
xi
Die Mierin.
- Humoristische Szene aus , dem Artistenleben,
von Martin Verend.
Scit etwa drei Woche besaß ns
ZirkuS eine grobe ÄttraktionSKast in der
' . Person einer Jndierin. welche all
SchZanaenbändinerin auftrat
SS war jedoch wenig ihre Kunst,
welche eine so grobe Anziehungskraft auf
r, m ff . M i . . a ! V ! .
oas PU0IIIUM QU8U0IC, 013 Dicimcijl Bit
eigenartig?, vom Zauber iti Geheimnis,
vollen umwoben PerfönUchZeit der In,
dierin. ' '
Sie sprach nur die Sprach ihn
Stammes und inige venlg Worte eng
lisch. Eine Lerftändigung. mit ihr war
also nahezu auSaeschlonen.
Und doch hätten dir fast alle, wenig.
stcns so weit wir zum männlichen Ge
schlecht gehörten, un sehr gern mit ihr
unterhalten; denn Pansa. so hieß d In
dienn, war ein? Schönheit.
Aber so schön Pansa war, so stolz war
sie auch, und diese! wohl deshalb, weil
sie eine lndische Komastochter war.
Ihr Impresario, ein weitgereister
Mann, der sie dem ZirZuS zugeführt
hatte, erzählte allen, die es hören wollten,
daß Pansa einen Mann heiraten sollte,
. den sie nicht liebte. Ihr Vater wünschte
es so: und demnach hatte sie ohne W?der
rede den Wunsch, respektive den Befehl
desselben, erfüllen müssen.
Aber die Prinzessin besaß eine solche
Abneigung gegen den Mann, welchen ihr
k Vater für sie ausgesucht hatte, datz sie
lieber gestorben wäre, alZ diesen Wann
zu heiraten. '
Das Sterben ist nun fiir ein jungeZ,
neunzehnjährige; Mädchen keine fehr an
genehme Sache; und kein Mensch kann
ti daher Pansa verdenken, daß sie Aus,
wege suchte, um den Sprung in das uv
bekannte Jenseits nicht freiwillig machen
zu müssen. Aber nirgends bot sich ein
Ausweg. Entweder henaten ode, per,
ben.
DaZ war nun eine unangenehme St
tuation. Heiraten wollte Pansa unter
keiner Bedingung; wenigstens den Mann
nicht, der für sie ausgesucht worden war,
und erben wollte sie auch nicht.
Pansa war ratlos. Da erschien unser
Impresario, der behufs Einkaufes von
wilde Tieren auf der Reise war, auf der
Bildfläche, und da er ein vntrauenerwe
' (sende! Sleusje hatte, so vertraute sich
Pansa ihm an und bat um seine Rat
und werktatiae Hilfe. ? -
i Der Impresario war nicht allein ei
mutig Mann, pndern er Des an auch
viel Unternehmungsgeist; und beides ge,
dachte er in diesem Falle zu einem glück,
lichen Endresultate zu verwenden.
In Indien, dem Lande der geheimniS,
vollen Künste, versteht fast jeder Einge,
borene etwas. waZ für den Europaer. den
, Reiz der Neuheit besitzt; und diesen Um
stand auszunutzen, deschlofj der Jmprefa
rio.
Er fragte Pansa daher, womit sie sich
ihre Mußestunden, wovon sie, wie er rich
tig kalkulierte, täglich dierundzwanzig
besaß, vertreibe, und erhielt die Antwort,
daß sie mit großer Vorliebe Schlangen
beschwöre.
Das war für den unternehmende
Mann genug. Er sagte Pansa, daß er
sie rette wolle, wenn sie mit ihm zu
fliehe bereit sei; und in derselben Nacht
noch entwich er mit Pansa und einem
großen Korbe voll schöner Schlangen.
auS ihrer Heimat ''.
Nach einigen Monaten verkündeten
alle Zeitunge in Paris, daß Pansa, die
indische KönigZtochter. zum erstenmal i
dem ZirkuS H. als Schlangenbeschwöre
ri auftreten werde, und als der Tag
ihre? ersten Auftretens erschien, war der
ZirkuS bis auf den letzte Platz gefüllt.
Am anderen Morgen brachten die Zei
tungen eingehende Berichte über den
neuen Zirkusstern. Man erging sich del
weiteren über die Eigenartigkeit ihreS
Auftretens. Man iesckrieb die hohe, ge
schmeidige Figur, die Pracht ihres indi
schen Kostüms, man bemühte sich, dem
, Publikum den Ton ihre, kupferfarbenen
Haut so genau wie nur irgend möglich
zu beschreiben, pries die Glutaugen in
diesem schönen Gesicht, kündete von dem
dichten krausen Haar und der perlenglei
cben Zähnen der Jndierin. und ging dann
auf ihre Leistungen über, die deut
lich erkennen ließen, daß die Schlangen
befchwörerin ihr Metier bereits von frü
hester Jugend an getrieben habe.
Aus dem oben Gesagte ersieht man
daß der Impresario sein Geschäft mei
stcrhaft verstand.
Ueberall, wohin er mit seiner indische
Prinzessin kam berichteten die Zeitungen
das gleiche; nur daß man in betreff der
Hautfarbe PansaS mitunter' abweichende
Schilderungen gab. Der eine Berichtn
stattn sprach von der dunkle Haut, wäh
rend der andere von dem leichten schoko
ladenbraunen Ton bnichtete. Ein ande
rcr teilte wiederum mit. daß Pansa eine
, leichte kupferfarbene Haut besitze, wäh
rend ein anderer wieder von einer dunkel
roten Hautfarbe schrieb. Sonst aber
ware die Berichte übereinstimmend.
Dann und wann ging die Nachricht
durch die Blattn, ' wonach irgend ei
reicher junger Mann um die Hand der
indische Prinzessin eAgehalte habe, von
dies jedoch abschlägig beschicken worden
sei.
Daß daher die Aufregung unter unS
Zirkusleuten groß war, als eS hieß, daß
die Vielbesprochene zu unS komme, war
ziemlich selbstversiandlich. Daher machte
Di Juan, ei durch seine Unausstehlich
Kit bekannter Clown, der i Wirklichkeit
nie, dafür aber in seiner Einbildung n
zahlige Erfolge bufzuweise hatte, ganz
besondere Vorbereitungen, um die indi
sch Prinzessin unglücklich in sich verliebt
machen, während wir andnen, Damen
sowohl wie Herren, unsere Meinungen .
btt den bevorstehende Zuwachs unserer
SeftNchLft t lebhafter Weise au.
fcfchi?n,
Endlich war die VielSespttchkn da.
SS wahrlich, sie machte eine äuh:rft.
dmtZiÄaftea Eindruck.
Pczz hatte nbeding! all Herze
sämtlicher Kollege durch ihre Srschei
r.ung und ihr Wesen eingenqmmen, wenn
sie nicht einen Stolz besessen hätte, der
gnavez,, ad tieft. Ihre Leistungen wa
re durchaus nicht über das Niveau deS
Gewöhnlichen hinausgehend. Vo einer
indischen Prinzessin, die sich von frühester
Jugend a mit Schlange beschäftigt
hatte, hätte man sogar mehr erwarten
können.
Nichtsdestoweniger machte Pansa auf
mich eine ganz besonder! wohltuenden
Eindruck, der sich sogar fehr bald zu einer
starke Leidenschast entwickelte.
Ader alle Versuche, mich Pansa zu
nähern, scheiterten an ihre, Eiseskalte.
Sie tat, al sah sie mich nicht; und,
befremdete mich die Kälte, mit welcher sie
mich behandelte, weil sie Jndierin war
(denn die Jndierinnen haben bekanntlich
heißes Blut) einerseits, so fand ich ander
seiti ihren Stolz als bei einer Königs
tocht vollkommen angebracht.
Diese Kälte und der Stolz entwaffne,
ten mich keineswegs. Ich wollte dieses
herrliche Mädchen nicht so leichten Kau
feg aufgeben, und zwar beschloß ich, durch
Beharrlichkeit und Vorsicht zum Ziel zu
gelangen, den ein ungestümes Vorgehen
hätte mir leicht ein Fiasko zuziehen kön
nen. wie unserem Don Juan; der selbst
verständlich im Gefühle seiner Unwider
stehlichkeit bereits den Versuch gemacht
hatte, die Festung im Sturm zu erobern.
Er hatte ein klägliches Ende mit seiner
Liebeswerbung genommen: vor dem Ver
schlag, in welchem Pansa ihre Schlangen
untergebracht hatte, hatte er Aufstellung
genommen, und als sie dann heraustrat.
sich heftig gestikulierend zu ihren Füßen
geworfen und mit der flache Hand bef
tig auf fei Herz klopfend, ihr den Weg
verixenk.
Sprachlos vor Verwunderuna war
Pansa stehen geblieben, und versuchte an
dem Bon Juan vorbeizugehen. Doch
dies ließ es nicht zu, sondern umfaßte
ihre Kniee.
DaS war der Königstochter jedoch zu
viel, und resolut, wie alle Jndierinnen
sind, erfaßte sie einen in der Nähe stehen
den, mit Wasser gefüllte Stalleimer
und goß ihn über den Liebeglühenden
aus.
T Don Juan verschwand und Pansa
hatte fteie Bahn.
Daß ich mich wohl hütete, in gleicher
Weise meiner Angebetete meine Ge
suhle zu verstehen zu gebe, wie der Don
Juan eS getan, war. nachdem dessen Ab
fall bekannt geworden war denn auch
die Zirkuswände habe Ohre selbst,
verständlich.
Aber ich kam mit meiner stillen Hul,
digung auch nicht weiter.'
WaS nutzte es. da ich. wen sie des
Morgens mit ihren Schlange übte,
schweigend dabei stand und sehnsuchtS
volle Blicke zu ihr hinüber warf. Nichts.
Ich kam nicht weiter!
Als sei ,ch für die schone Jndienn
- Luft, so sah sie über mich hinweg.
Ich ging einen Dchritt weiter; und
als Pansa eines Morgens auf die Kisten
zuichrttt. wortn ihre Schlangen lagen.
fand sie auf dem Deckel der einen eine
hübschen Blumenkorb, in dessen Mitte
statt der üblichen Visitenkarte mein Bild
sich befand.
ES mag etwaS eiaentumlich klingen.
daß ich mein Bild in den Blumenkorb
hinein praktiziert hatte,. Aber was sollte
ich anders machen? Meine Visitenkarte
hätte sie nicht entziffern können. Also
mußte ich. wollte ich mich als Svmder
bezeichnen, schon zu diesem Mittel greifen.
Auf Pansa machte diese Huldigung
jedoch wenig Eindruck. Sie beugte sich
zunst erstaunten Blickes auf die duftende
Mde, eckte ihr feines Naschen hinein
und sog gierig den Tust ein. Dann
faßte sie jedoch mein Bild, und ohne eS
guch nur mit einem Blick zu streifen, zer
riß sie eS und warf die Stücke fort.
Die Blumen jedoch lien sie dittch einen
dienstbaren Geist, der sich besonders gut
auf die Zeichensprache verstand, in 'ihr
Zimmer tragen.
Als ich die Mikhandlung sah. welche
sie meinem Bilde angedeihen ließ, zog ei
heftiges Weh durch mein Herz und durch
meinen Körper. Der letztere wurde des
halb in Mitleidenschaft gezogen, weil ich,
um sehen zu können, wie meine Gabe
aufgenommen werde, mich oberhalb deS
Verschlage!, auf einige Latte gelegt
hatte, die sich förmlich in meinen Körper
gegraben hatten.
Acht Tage lang ging ich betrübten
SinneS umher. Doch geheilt wurde ich
nicht von meiner Liebe. Meine Neigung
war im Gegenteil so gewachsen, daß ich
sogar beschloß, mich Pansa zu erklären.
Ich mutzte mich mit meinem Vorgaben
beschleunigen; denn in wenigen Tagen
verließ Pansa uns. um ein Engagement
i B. anzutreten.
Ich nahm daher allen mernen Mut iu
samme und entdeckte mich eines TagkS
dem Impresario, den ich beschwor, mir
ein Liebeserklärung in indischer Sprache,
ledoch mit deutschen Buchstaorn nieder
zuschreiben, damit ich meinn Erkorenen
da? sagen könne, was mein Herz be
druckte.
Ein eigentümliches Lächeln umspielte
den Mund d Mannes, al! er mir ver
sprach, meiner Bitte nachzukommen.
Am anderen Tage hatte ich daZ Ge
wünschte: Königin der Blumen, son
nengleiches Wesen. Krone aller Mädchen
blüten. die du einherschreitest wie dal
schlanke Reh. daZ sanstäugig sich in die
Herz: aller Kreaturen siieht. höre deinen
Sklaven an. der dich bittet, dich bittet
mit ausgehe denen Händen, aus ihn der
abzusehen mit einem Blicke deinn Augen,
eiaje o:e Aögei in iiieoe fingen lasse,
wenn du sie sauft ansiehst, und welche
allek m dich, erzittern machen lassen,
wenn sie im Zorne blitzen.'
Es fing meine Werbung an. die sich m
gleiche blumiger Sprache noch eine gut
iiXiit weiter ergötz.
Drei Tage lernte ich an diesem ,
ES war ine stürmische Nacht, eine' je
ner Nächte, die wir Polizeibeamte in,
teressante zu nennen pflegen. Wenn vom
fternenbe säeten Himmelszelte der Voll
mond seine silbernen Strahlen aus die
Erde niedersendet und dieselbe bi in die
verborgensten Winkel erleuchtet, haben
die Organe des öffentlichen Sicherheits
diensteS sin leichtes Spiel. Ungemein
schwierig wird aber ihre Ausgabe, wenn
im Winter Millionen Schneeslocken in
den Straßen der Stadt wilde Reigen
aufführe und sich drückende Nebel nie
dersenken, welche den Ausblick auf
Schrittweite unmöglich machen,' odervim
Sommer sich des Himmels Schleusen
öffnen und ein nächtliches Hochgewitter
mit all seinen Schrecken übn die Stadt
und deren Umgebung, welche den Poli
zeirayon bildet, niedergeht.
Diese stürmischen Nachte sind eö,
welche ich mit Vorliebe wähle, um meine
JnipiezierungSerkurston zu unterneh
men. In meinen Wettermantel gehüllt.
daS Haupt und Antlitz durch ie tief
herabgezogene Kapuze verdeckt, durch
wandere ich meist planlos die Straßen
und entlegensten Stadtteils dem Zufalle
vertrauend, welcher sich stet als bester
Bundesgenosse der Polizei bewahrt bat,
Vom Turme der Domkirche schlug die
zeynie Lstunve. An anderen Tage wa.
ren um diese Zelt die Straßen der
Stadt nach italienischer Sitte noch sehr
belebt, heute aber sah man nur einzelne
Personen unter schützenden Schirmen da,
hineilen. Ein feiner kalter Regenschauer
ging aus trostlos grauem Gewölle nie
der, jeder suchte so rösch als möglich
irgendein trockenes Obdach zu erreichen.
ueoer vas Plazier des TomplatzeS hall,
ten regelmäßig gemessene Schritte. Ei
waren die Patrouillen der Sicherheits
wachen, welche hier eine Kreuzungsstelle
hatten. Nach kurzem Aufenthalte setzten
sie die Runde in ihrem heute weniger
a t veneivensmerien Dienste fort.
aynungsios. vag sie so unvermutet ton
trolliert worden waren. .
Durch einige ganz verödete Seiten
gäßchen schlug ich den Wea aeaen die
Vorstadt P. ein. Dieselbe lag jenseits
oes tfiüt3, ourch eine eiserne Brücke
mit der Stadt verbunden. Gleich den
Straße der Stadt war auch diese Brücke
mittels elektrischer Glühlampe beleuch
tet. DaS Licht derselben war aber in
der nebeldurchschwängerten Luft nur ei
kärgliches, stellenweise lag die Brücke im
schatten der Nacht. Als ich beinabe
bis in die Mitte derselben gelangt war.
sah ich die Umrisse einer Gestalt, welche
sich über das Geländer aebeuat batte.
Mit einem raschen Sprunge war ich an
der E?eite derselben und faßte einen Arm.
der sich auf daS Geländer in einer Weife
gestutzt hat, daß ich keinen Zweifel
yegen isnntt. noch ,m letzten Momente
eine verzweifelte Tat verhindert ,u ba
ben.-, Erst jetzt bemerkte ich. daß eS ein
weibliches Wesen war, daS vor mir stand
uno icinen Arm meinem Vritke zu ent
ziehen versuchte.
Geben Sie mich frei, mein Herr,'
chlug eine vor Erregung bebende
Stimme an mein Ohr.
,Nur unter der Bedingung, dasi Sie
auf die Ausführung Ihres unseligen
Entschlusses verzichten.'
.Mit welchem Rechte verlangen Sie
das?' ,
.Mit dem Rechte der Humanität.'
.Dann wäre es besser gewesen, mei
nem Schicksal freien Lauf zu lassen.
Durch Ihr Dazwischentreten haben Sie
mir keinen dankenswerten Dienst elei
stet.'
mon. denn Indisch ist nicht leicht.
Endlich hatte ich alles kapiert. Ohne
Fehler konnte ich meine Liebeswerbung
hnsagen.
Es war aber auch die höchste Zeit, denn
am Abend war die letzte Vorstellung
PansaS, nach welcher sie noch mit dem
Nachtzuge abreisen mußte.
Am Morgen dieses denkwürdiaen Ta
geZ hatte ich endlich Gelegenheit, Pansa
zum erstenmal so gegenüber treten zu
können, daß ich ihr ungestört daS sagen
konnte, was mir sonst das Herz abdrückte.
Und nachdem ich mich mit verkreuzten
Armen dr:imal vor ihr verneigt hatte,
begann ich: Königin der Blumen, son
.nengleicheS Wesen, Kro aller Mädchen
bluten, die du einherschreitest wie daS
schlanke Reh. daS sanftäugig sich in die
Herze aller Kreaturen piehlt, höre '
Weitn kam ich nicht. Denn plötzlich
trat Pansa einen Schritt zurück und
ihrem Munde entflohen folgende Worte:
Oller Ouatfchkopp, wat quasseln Sie
den da? Wat soll der Mumpitz, und
wat volle Sie überhaupt von mir?
Lassen Sie mir in Ruhe und ziehen Si
Leine!'
Pansa machte Kehrt und ließ mich
stehen.
Ich war wie vom Schlage gerührt.
Sie war oar keine Jndierin. sondern,
wie ich soeben gehört hatte, eine Berli
nerin. Und ich Esel hatte drei Tage lang
Indisch gelernt, um ihr eine Liebeserklä
rung machen zu können, waS ich auf
Deutsch viel leicht gehabt hätte.
Aber danach stand jetzt durchaus nickt
mehr mein Sinn. Ich war in die Jndie
ria verliebt gewesen; die Berlinerin war
mir gleichgültig.
Al! ich bei Impresario, wütend über
den Streich, den er mir gespielt batte.
eine heftige Standrede hielt, hatte er
sogar noch den Mut, mir einzugestehen,
daß daS. was er mir oufzeschkieben. was
ich mit so rührendem Eifer gelernt hatt.
gar nicht Indisch sei, sondern irgend in
sinnloses Zeug. daS er sich auSzrdacht
hatte.
Ich habe mich ein halbes Jahr nach
diesem Vorkommnis mit einer Deutschen
verheiratet, denn an Ausländerinnen, be
sonder! an Jndierinnen. habe ich den
Geschmack verloren. ,
-
Donna Mena.
,l , , " '
Erzählung aus dem 'Leben von Zssef Erler.
Vielleicht jedenfalls aber meine
Pflicht erfüllt.' '
.Ihre Pflicht,' .
' .Gewiß.'
Ich schlug meine Kapuze zurück.
Ein leichter Aufschrei verriet mir, daß
ich erkannt worden war.
Nun werdtn Sie auch meinen Namen
Wissen wollen, Herr Polizeidirektor?'
Ich werde Sie wohl darum ersuchen
müssen.'
.Und sollte e! Ihnen nicht genügen,
zu wissen, daß Sie eine Unglückliche vor
sich haben?'
, .Da ich für Sie Lorsorge zu treffen
verpflichtet bin, nein.'
.Wen sch aber jede Angabe derwei
gern würde?' .
.iarni wa ich leioer . zu einem
Schritte gezwungen, den ich in Ihrem
eigenen Interesse gerne vermiede fehe
mochte. - j
Ich vernahm einen tiefen Seufzer,
Dann wendete mir die weiblich Gestalt,
wie einem raschen Entschlüsse folgend.
ihr yinllilj zu und schlug den dichten
kschleicr.-der Z verdeckte, zurück.
Ei Ruf der Überraschung entfuhr
meine Lippen. Donna Elena
Sie?!
Nicht wahr, Herr Polizeidirektor.
einem solchen Debüt der gefeierten
Prima Ballerina hatten Sie nicht bei,
zuwohnen erwartet? Leider ist. eZ ein
mißglückte! seit vielen Iah da!
rite, (bie lachte bitter aus.
Donna Elena. Sie sind noch erregt,
ich bitte Sie, suchen Sie sich zu be,
ruhigen. Darf ich Ihnen meinen Arm
bieten? Wohin soll ich Sie führen?'
Wohin immer Sie wollen, jetzt kann
mir ja alles gleichgültig sein, nur an
einen Ort nicht, nicht nach Hause zu
ihm.
Zu Ihrem Gatten, wo doch Ihr
Piag wäre?'.
Mein Gatte? Dieser Elende? O.
Sie solle alle! erfahren. Herr Polizei
direkt; aber hier bin ich nicht imstande,
es zu erzählen., es fröstelt mich.. Führen
Vie micy zu nen.
Zu dieser Stunde. Donna Elena?'
Steht daZ Bureau deS PolizeichefS
nicht zu jeder Stunde für eine Unglück
liche offen?'
Mein Bueau? Sie haben recht.
Darf ich um Ihren Arm bitten. Donna
Elena?' v
Sie hatte eine Tasse heißen Tees ge,
trunken, den ich durch meinen Dienn
hatte besorge lassen. - DaS Getränk
hatte auf sie- eine wohltuende Wirkung
ausgeübt. Sie lehnte sich in den Fau
teuil zurück und schloß einen Moment
die Augen.
Ach, wenn alles nur ein Traum ge
Wesen wäre,' seufzte sie dabei, .dn Heu
tige Abend mein ganzes Leben!'
Es gibt nichts so Schmerzliches. daZ
man nicht vergesse könnte.'
Vergessen? Vielleicht, wenn nicht die
Zukunft wäre. Was nützt der Trost
dem Paria, wenn er weiß, daß die Wüste,
die er durchirrt, endloS ist? Ich habe
Ihnen versprochen, Sie den Grund mei
ncs heutigen Schrittes wissen zu lassen.
Nun wohl, dann werden Sie beurteilen
können, ob ich nicht alle Ursache habe, zu
verzweifeln! Ich bin ein Theater
kind. AuS Liebe zu meinem Vater, der
Tenor bei einer wandernden Opernge
sellschaft war, hat meine Mutter ihre
angesehene Familie heimlich verlassen
und sich dem Bühnenbeiufe als Sänge,
rin gewidmet. Ob sie mit meinem Va
ter verheiratet war. weik ick nicht, er
siarb, als ich noch ein kleines ?md war.
und der Name, den ich führtewar von
jeher ein Theatername. Ein Verföh
nungsversuch. den meine Mutter wohl
nur meinetwegen mit ihren Auge
hörigen wagte, scheiterte an bei Hort
Herzigkeit ihres Vaters, der von seiner
mißratene Tochter nichts mehr wissen
wollte. Es war dies ein bitterer Schlag,
denn meine Mutter vermochte sich bei der
mangelhaften Schulung ihrer Stimme
kein entsprechendes Engagement mehr zu
verschossen und sah sich gezwungen, um
unser Veben zu fristen, sich mit der arm
seligen Verwendung im Chorpersonal zu
begnügen. Ueber die Zeit des Elends
meiner ersten Jugend eile ich hinweg, ich
kann Sie versichern, daß ich als Kind
mehr gemeint als gelacht habe. Kaum
daß ich in die Mädchenjahre getreten
war, mußte ich daran denken, mein
Brot zu verdienen. Selbstredend konnte
eS nur die Bühne sein, die mir dazu die
nächste Gelegenheit bot. Unter der Kom
parserie von AuSstattungssllicken und
Feerien fand die Mutter für mich ein
Plätzchen, und war die Entlohnung, die
q erhielt, auch klein, so siel sie doch bei
den bescheidenen Mitteln, von denen wir
leben mußte, in Betracht. Da trat
durch eine Zufall eine Wendung i
meinem Schicksal ein. Infolge eines
Streikes unter de Tanzerinnen war
unsere Theaterunternebmung in nicht ge
ringe Verlegenheit geraten und suchte,
um nicht die Lorstellungen sistieren zu
müssen, Ersatzkräfte, wo sie dieselben nur
mmn austreiben konnte. Auch ich wurde
zu einer Tanzprobe aufgefordert und.
da ich mich gelehrig zeigte, sofort für
das Ballett i Verwendung genommen.
Wie eS kam, weiß ich nicht. Tatsache
aber ar, daß ich bei den Vorstellungen
die Aufmnksamkeit einei fremden Herrn
rregte, der meine Mutter aufsuchte und
ich eingehend nach unsnen Verhältnissen
erkundigte. Sein Interesse begründete
er damit, daß er ia mir ein besondere?
Talent sür die Tanzkunst entdeckt haben
wollte und damit seine Lneitwilligkeit
erklärte, mich in derselben aus seine Ko
sie gründlich ausbilden lassen zu wol
len. Meine Mutter war von diesem
cheinbaren Elücksfalle ganz geblendet.
ging auf alles ein. wa! der Fremde ver
lang und unterschrieb sogar, diesem
Retter in dn Not blind vertrauend,
einen Kontrakt in meinem Namen, ohne
denselben deS näheren geprüft zu haben.
or,s Nobanoss '
Robanoff?' unterbrach ich sie über
rascht. - -
Ja, die! war der Name, den er da
malS führte. Seitdem hat er denselben
in Robani italienisicrt, da er vorgibt,
sich m seinen! Vatcrlande politisch kom
promittiert zu hkben.'
,AH, dann verstehe ich, bitte, fahren
Sie in Ihrer Erzählung nur fort.'
Robanoff brachte mich in einer Mai
länder Ballettschule unter, die ich auch
mit Erfolg absolvierte. Durch die Re
kommandatio unseres Ballettmeister!
wurde eS mir ermöglicht. In einem Bal
lett an der Skala eine kleine Solopartie
zu tanzen. Von diesem Moment an
war mein Ruf begründet. Ich erhielt
sofort Engagements sür Solopartien an
größeren italienischen Bühnen, erntete
überall reichen Beifall und konnte meine
Zukunft als gesichert erachten Da aber
tauchte wieder Robanoff auf nd dies
mal mit eine, Scheine, dessen Einlösung
er erbarmungslos verlangte. Meine
Mutter hatte mich durch den unseligen
Kontrakt, den sie unterfertigt hatte, ihm
auf Gnade und Ungnade ausgeliefert
und er nützte seine Macht so weit auS.
daß er mich schließlich zwang, sein Weil?
zu werden. Für diesen Menschen war
eS kein Kunststück, eine arme schutzlose
Frau und ein unerfahrenes Mädchen zu
einem Schritte zu bewegen, der ihm vor
dem Gesetze jeneö Recht gab. da! ich
trotz aller von meiner Mutter eingegan
genen Verpflichtungen nach erreichter
Volljährigkeit ihm eine? TageZ mit Er,
folg hatte absprechen können. Erst letzt
konnte ich Robanoffs wahreZ Wesen ken
nen lernen. Er entpuppte sich als ein
Trinker und Spieln, als ein roher,' ge
walttäiign Mensch, der mich nicht als
sein Weib, sondern als seine Sklavin be
handelte, welche ihm die Mittel zu sei
nem ausschweifenden Leben verschaffen
mußte. Daß er mich hatte ausbilden
lassen, war lediglich eine Spekulation
gewesen, die ihm nur zu gut gelungen
war. Die Auslagen, die er für mich ge
macht hatte, trugen ihm nun Wucher
Zinsen. Und trotzdem sah sich seine Hab
gier dadurch nicht befriedigt; die Tau
sende, die ich verdiente, schwanden unter
seinen Händen, wie ein Vampyr wollte
er fein Opfer nicht loslassen, bevor er
nicht den, letzten Blutstropfen auS fei
nem Leibe gesogen. Meine Mutter hatte
er gezwungen, uns zu verlassen; sie lebt
in Bergamo von dem geringen Gnaden
solde. den er ihr zur Fristung ihres Le
bens ausgesetzt hat. Ich selbst, die ge
feinte Prima Ballerina, verfüge nicht
übn einen Centesimo. Und bei all die
fem Elende Abend für Abend lächelnden
Antlitzes vor einer fremdem Menge tan
zen, deren Huldigungen mit strahlenden
Blicken entgegennehmen zu müssen, wäh
rend daS Herz sich in der Brust vor Ver
zweiflung zusammenkrampft, können Sie
sich diese Höllenstein vorstellen.' Herr Po
lizeidirektor? Und doch habe ich sie er
tragen, jahrelang ertragen bis zum
heutigen Tage, wo das Maß endlich voll
wurde. . . . Vor einiger Zeit hatte ich'in
Florenz daS Unglück, die Aufmerksam
icit eines , russischen Fürsten zu erregen.
Derselbe suchte sich mir zu nähern, ich
wieS ihn ab. Seitdem folgte n mir von
Stadt zu Stadt zuletzt hierher. Er
hat Boris in feine Gesellschaft gezogen
und von da an machte mir dieser An
spielungen, die mich mit Schrecken er
füllten. Ich tat. als ob ich sie nicht ver
stände. Da kam heute Boris von einem
Besuche des Fürsten in sichtlich erregter
Stimmung nach Hause, nannte mir eine
große Summe, die mir ein mehrjähriges
Engagement ersetzt hatte, und . . hier
sehen Sie noch die Spuren feiner tät
lichen Mißhandlung, eil ich seinen
schändlichen Antrag entrüstet zurückqe
wiesen habe.' Donna Elena stteifte
einen Aermel zurück und zeigte mir zwei
dunkelblaue Streifen an ihrem zarten
Handgelenke. Wenn du aus törichtem
Trotze dein Glück verscherzen willst,
werde ich dich mit Gewalt dazu zwin
gen:' waren die letzten Worte, die er
mir, als er sich wuterfüllt entfernte, zu
rief, und da ich aus Erfahrung weiß.
daß dieser Elende jede Drohung erfüllt,
habe ich den einzigen mir offenen Aus
weg dort gefucht. wo Sie mich, Herr
Polizeidirektor, gefunden haben . . .'
Als sich Donna Elena von der Auf
regung, in welche sie durch ihre Erzah
lung versetzt worden war. etwaS erholt
hatte, zeigte ich ihr eine Phowgrapbie,
die ich inzwischen aus unserem inter
nationalen Verbrecheralbum hervorge
sucht hatte und fragte sie, ob sie die de
treffende Persönlichkeit kenne.
,TaS ist ,a Boris, wie er damals
war. als er mich ausbilden ließ!" rief
sie überrascht aus.
,Terselbt. der Sie als Ihr aeaenwär
tiger Gatte begleitet? Unmöglich!'
Gewiß, er trägt sich jetzt nur ganz
anders, kst den Bart geschnitten, die
Haare gefärbt.' '
.Natürlich, all politischer Flüchtling.
Donna Elena. Sie können bnuhigt in
die Zukunft sehen. Ich gebe Ihnen die
Versicherung, daß Sie von Ihrem Gat.
ten nicht mehr belästigt werden sollen.'
Ich trat zum Telephon und erteilte
dem Jnspektionsbeamten den Auftrag
zur sofortigen Verhaftung Robanis,
redete Robanoffs, welcher von der ruf
schen Polizei seit Jahre wegen eine
an dem Moskauer Bankier S. begange
ne Raubmordes bnsolgt wurde. . . .
Donna Elena feiert in SüdAmerika
all Prima Ballerina Triumphe. Si
reift wieder i Begleitung ihr Mutter.
Von ihrem Gatte ist sie für immer be
neit. Robanoff wurde auf der Eskorte
n feine Heimat, als er nahe der rulfi
chen Grenze einen Fluchtversuch unter
ahm, von den Gendarmen erschossen.
Lehle
von Dr.
Ei eigenartiger Hauch schwebt über
den letzten Worten eine! Menschen, nd
bedarf für den nachdenkliche Sinn
keiner besonderen Erklärung, weshalb
wir. sie im Gedächtnis bewahren al! et
wa! Lesoiiderc!. da! entweder in -enger
Beziehung steht zu dem ganzen Wesen
de Menschen, dem si gehören der alö
etwas, da! gleichsam ein Vermächtnis
fii rdi Ueberlebenden enthält. Wenn
wir un! auch sagen, daß dn langsame
ödn iahe Abschluß des Lebens dem
Menschen nicht immer gestattet, gewis
snmaßen in seinen letzten Odemzug da
hineinzulegen, wa! ihm besonders wich
t'9 erschien, daß oft geringfügige Be
gleitumstände den Inhalt dn letzten
Worte bestimmen, selbst wenn daS Be
wußjsem noch nichts von seiner Klarheit
emgebüßt hat. so hindert unS da doch
nichts namentlich bei Personen, deren
Wirke der Geschichte angehört, den letz
tcn Worten, die ihrem Munde entflohen,
eine gewisse feierliche Bedeutung beizu
weisen. Oft haben solche letzten Worte
neue Ziel gewiesen, oft hab sie auch
verwirrend gewirkt. Wir brauchen da
nur an Alexander den Großen zu denken.
b"ni,t seiner Antwort, daß er dem
Würdigsten sein Weltreich hinterlasse,
den Ehrgeiz aller seinn Feldherren ent
kesselte. Es mag wohl wenign ein Ver
machtnlS in diesen Worten gelegen ha
vielmehr die Einsicht, die so oft
die Mächtigsten der Erde überkommt,
wenn sie am Ziele stehen, daß eigentlich
niemand würdig genug ist. ein Weltreich
zu beherrschen.
In dem bekannten AuSruf Cäsar!
Auch du, mein Sohn Brutus!' ist die
ganze bitte, schmerzliche Klage über
erfahrenen Undank, der schwerer ist als
Morderhand, zusammengepreßt. Cäsar
Wtte ein Leben voller Aufregungen und
Sturme hinter sich. Ihm waren auch
die Tiefen und Untiefen der menschlichen
Natur zur Genüge vertraut ober, daß
sein liebster Freund ihm den Dolch jn
den Nacken stoßen würde diese trau
rigste alln Erfahrungen schenkte ihm erst
die letzte Stunde.
Nicht selten kommt , t fcnfi m..
schen. die in gutem Glauben, in wohlge
meintem Eifer ihr ganzes Leben lang
einem Wabnaebilde nacliakin, sink nm
chluh IhreS Daseins sozusagen Hellsich
in uno oas Berseyite ihrer' Be
strebungen einsehen. DaS war da!
Schickml deS römikck?
. . . ..v.g.M U1UII,
sich mit dem phantastischen Ge
vanken etraaen batte. tr h'nn v:
-Ü. ' ' " 'i HIHVII VI.
Ideen und Machte der Zeit steuern und
das langst entschlafene Heldentum, die
olympischen Götter wieder aufrufen zum
.! . A . m
"U"'uikn ampse gegen da! Christen
tum, gegen den GotteskkN,, gn.
lae. AIS er in einem unglückliche
Kriege gegen die Parther daS Leben ein
büßte sollen seine letzten Worte gewesen
,?un hast du doch gesiegt, du Ga
man!
Ein ,LbnI!cb, nuitrUit vn.n r..
, itrvilIV UyUIl
auS ganz andern, Ursachen fließend, gibt
(ich kund in dem AuSlbn ha mhn.a
Gregor VII.: Ich Habe das Böse ge
Haßt und die Gerechtigkeit geliebt, daher
sterbe ich in der Verbannung.' Die rö
mischen Anhänger des PapsteS mochten
mit dem Sinn dieser Worte iiberein
stimmen, ob da aber aucb di ?f,n
tun konnten, ist eine andere Frage. Die
.Gerechtigkeit'', die seinerzeit Gregor qe.
aeki Heinrich IV. geübt hat. ist nicht zum
Heil der Volker ausgeschlagen.
DaS verfehlte Unternehmen fügend
licher Unerfabrenkieit iäteatU si in h,m
Ausruf KonradmS von Hohenstauffen
auf dem Schafott zu Neapel: ,O Mut
ter, wieviel Schmerz bereite ich dir!'
Die Mutter hatte vergebens gewarnt und
abgeraten von dem K???nn?,iskss,
Zuge nach Italien, der di letzten Stau
feil ig die Hände hti 5nks?in,, s.;.s
Hauses, Karl von Anjou. lieferte. AIS
alles verloren ist. gedenkt der Sohn in
der, Sterbestunde dn einsamen Frau in
der deutschen Heimat.
Kein abenteuerliches, sondern von gro
ß Politischer Einsicht geleitetes Unter
nehmen war der Zug, per einst den
Schwedenkönig Gustav Adolf nach
Deutschland führte, aber dennoch zog er
den frühen Tod deS Königs herbei, der
,,,. naq menschlicher Berechnung, noch
lange Jahre segensreich im Heimatlande
hatte wirken können. Obschon ein
frommn Mann und mit allen Möglich
leiten rechnend, hat der König sich seinem
Ende doch nicht so nahe geglaubt. Er
war ein tapferer Kriegsheld und rmun
terte an dem trüben Novembermorgen
der Schlacht von Lützen die Seinen mit
den Worten: .Nun wollen wir dran!
Das walt' der liebe Gott! Jesu, hilf
Seiten u deines Namens
hr ! Durch seine Kurzsichtigkeit ge
rat er zu nahe an die feindlichen Reihen,
erhält einen Schuß in den Arm. dann
noch einen zweiten in den Rücken und
sinkt mit dem ngstruf: .Mein Gott
mein Gott!' vom Pferde. '
Nicht im Schlachlgetümmek. aber auch
sah und hinterrücks ereilte einen andern
Mann der Tod, der gleich Gustav Adolf
ein Hort seiner Glaubensgenossen ge
worden war: Wilhelm von Oranien.
lls die vergifteten Kugelij deö heim
tückischen Grard ihn trafen, konnte er
nur noch die Worte herausfloßen: ,O,
mein Gott, erbarme dich meines armen
Volkes!' 1 '
Mit Ernst und Bedacht konnte Frie
brich Wclhelm, der Große Kurfürst von
Brandenburg, sich auf sein Ende vorbe
reiten, das er deutlich herannahen fühlte.
Geist und Sprache gehorchten ihm bis
zur letzten Stunde, und als er von den
Seine Abschied genommeg hotte. nt
schlummerte er mit dem Bekenntnis:
.Ich weiß, daß mein Erlöser lebt!'
Friedrich der Große hat an seinem
Todestage nicht mehr viel gesprochen,
aber 'an den vorausgehenden Tagen, da
er sich aus die Schloßterrasse in Sans
souci hinaustragen ließ, hörte es seine
Umgebung, wie er mit inem Blick aus
Aorle.
5Na Nlensch.
m !mt Augustsonne murmelte:
.Halb werde ich ihr näherkommen!"
(recht sitzend wie der Alte yrid ist
auch, seine große Zeitgenossin und lang
jährige Gegnerin Maria Theresia sechs,
gestorben. Bis zum , f
Ende blieb diese Kaiserin eine hochge y
mute nd Willensstärke Frau. Hie
Schlafmittel, die man Ihr reichen toem
roic! sie zurück. Nachdem sie die Calia."
nunte kniend empfange und rührenden
Abschied von den Ihren genommen hatte,
sagte sie: .ch will nicht überfallen wer
n, ich will ganz den Tod kommen ,
sehen.' . (
AIS die Königin Luife von Preußen,
JtJ'J"?,1 a"f dem väterliche,
Schlosse Hohenzieritz weilte, auf ihr letz
teS Krankenlager geworfen wurde, war
der ganze Oraanism,, sn ...
. - - , n4
ud schöpft, um lange gegm
das Fieber Widerstand leisten zu können.
JttJül.fllUint Genesung mehr
gab, suhlte die königliche Dulderin, und
daher lautet ihre letzte Bitte: .Herr
Jesu, mache es kurz!'
Wenn e, sicher ist. daß da! letzte Wort
GoecheS Mehr Licht!' sich auf die Er.
hellung des Schlafzimmer! bezog, in
welches r das Tageslicht einlassen
wollte, so ist doch dieser Wwsch sg be
zeichnend für daS ganze Leben nd
Streben dcj Faustdichterz, daß ma
nicht anders konnte, al! es in einer tie
fcren R?k,n rir ..- n:xi
n - --"" wu .iu;i er
Äiinst der Erkenntnis dem höchste
Menschentum war all sein Streben nach
steter Vervollkommnung iunrhbrt
nJaßtnJlS letzten Satz
f'Ü tCJC" Beziehungen unterschie
ben. Auf die Frage, wie er sich fühle,
y&ttt,MiltJsntmtt: Leichter, immer
leichter! Wer möchte da nitft
rn das Abschütteln, an daZ Befreitwer
den von ollen Erdenlasten, wenn des Le
oens schweres Traumbild sinkt, wen '
r GoUdeS Irdischen entkleidet flam
mend sich vym Menschen scheidet. ...
Zu oft hatte der Dichter diesen Zu
? ptilch geschildert, um ihn nicht
selbst suhlen zu können.
Die Tragödiendichter aller Zeiten ha
ben eS sich angelegen sein lassen, ihren
sterbenden oder dem Untergang geweih
ten Helden am Schlüsse Worte in de
'Ilttnn 2,1 s. : kx. -
, vriirn iq noch ein
mal der Sinn ihres Lebens spiegelt oder
doch ein Grundzug ihres Charakters.
Mit dem Recht der frei schaffenden
Phantasie kann der Dicht weit über
die. äußere Wahrscheinlichkeit hinausge
hen. So hält sich dn Monolog Talbots
In der Schillerschen .Jungfrau von Or
kans fg wenig In den Grenzen der
Wirklichkeit wie der Sterbegesang de
Wagnerschen Siegfried. Es kommt
auch nur darauf an, daß die innere
Wahrheit sich einstellt und diese findet,
wie wir gesehe habe,; an einer Mcnae
von Ledenstatsache ihren Rückhalt und i
ihre Bekräftigung. 'jX
i
Viicher haben
ihre Schicksale.
So manche schriftstellerisch. Werk,
das längst d Weltliteratur angehört,
und das den größten buchhändlerischen
Erfolg errungen hat. ist vor seinem Er
scheinen verkannt worden, und die Auto
ren mußten mit dem Manuskript hauste
ren gehen, um ine Verleger zu sin
den. Ein derart verkanntes Buch war
z. B. der Roman .Onkel Toms Hütte'
von Harriet Brechn Stowe, der 18ö2 in
Boston erschien, und der wohl der größte
buchhändlerische Ersolg des ganzen 19.
Jahrhundnts gewesen ist. Als die Ver
sasserin, di mit einem Professor ver
heiratet war, eineS Tages zusammen mit
ihrem Mann einen Bostoner Verleger
aufsuchte und ihm das Manuskript des
Buches anbot, bessert einzelne Teile "in
Fortsetzungen bereits, ohne Beachtung zu -sinden.
in einer Zeitschrift erschienen
waren, fand sie eine sehr laue Auf
nähme. Auch Professor Stowe selbst
glaubte nicht, daß das Buch eine be
sonderen Ersolg haben würde, und er ,
glaubte, ebenso wie die Autorin, froh H
sein zu können, wenn sie kein Geld dabei t'
zuzusetzen brauchten. Der Verleger wil
ligte schließlich in die Herausgabe und
es wurde die Abmachung getroffen, daß '
die Verfasserin für den Fall, daß das
Buch in mehr als einer Auflage erfchei
nen würde, ein gewisses Honorar erhal
ten solle. Auf dem Heimwege äußerte
Professor Stowe zu seiner Frau, er
Werde froh lein, wenn das Bucb fa nies
abwerfe, daß sie sich für da Honorar
ein neues seidenes Kleid anschaffen
könne. Man weiß, daß der Erfolg des
Romans beispiellos war. Allein in
England erschienen im Laufe der Jahre
35, in Deutschland mindestens 10 der
schieden? Ausgaben, olle in zahlreichen
Auflage. Und s, schlecht dn Vertrag
der Autorin mit dem Verleger auch war,
sie bekam trotzdem insgesamt 120.000
Franken Honorar, während der Verleger
Millionen verdiente. j
Aehnlich ging e! ' mit Robinson
Crusoe', dem berühmtesten aller Kinder
bllcher, dessen Erfolg den von Onkel
Toms Hütte' noch überstieg, unv der
wohl überhaupt von keinem anderen
Buch auch nur annähernd erreicht wor
den ist. Da! Manuskript war nahe
daran, in den Papierkorb zu wandern.ß'
Daniel Tksoe, der Versasser. wurde mit
seinem Werk von ollen Verlegern Lon
dons abgewiesen, weil sie der Ansicht '
waren, da Buch werde kein Interesses
finden. Schließlich verkaufte Defoe de r
Robinson für eine unbedeutende Summe.
AlS da! Buch herauskam, rief z so
große Aufsehen hervor, daß der Ver
leger in einigen Woche etwa tausend
Pfund verdiente.
MiltonS - Verlorene! Paradies'
brachte dem blinde englische Dicht
ganze vier GuineeS ein. Der SZnlegn
verdiente an dem berühmte Gedicht ig
Vermögen.
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