Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, July 16, 1918, Image 6

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    Tägliche Omaha Tribune.
GtOGOGOOOGchOOOchOkchO4chO
p Das Glück M'BlOhcim.
Roman von
; (30. Fortsetzung.)
i Welche Spur haben Sie? fragte
toiernftlö wieder.
Wir haben die Waffe, mit der Sie
verwundet worden sind, an Ort und
Stelle gesunden, und es mg sich da
rauf hin leicht ermitteln, daß der R
dolver in einem Geschäft Unter den
. k. . - . . . Vi -tv . rn
Aiinoen gerauft woroen aki er
Täufer hat uns eine genaue Beschrci
bung des Käufers gemacht, und da Sie
Ihren Angreifer während oder kurz
vor der That doch wohl gesehen haben
dürften, wenn auch flüchtig, so möchten
wir Kissen, ob der Käufer der Wafs
nach Ihrer Beschreibung auch der Tha
ter des Mordanfalls gegen Sie ist, rb
Ihre Beschreibung sich mit derjenigen
des Waffenhandlerö deckt oder nicht.
Wieder trat ine kurze Pause in.
Ich kann Ihnen keine Beschreibung
meines Angreifers geben, Herr iom
missär, antwortete Herr Sternfeld
dann wie nach kurzer Ueberlegung.
Sie haben ihn nicht gesehen? fragte
der Commissar erstaunt.
Nein.
Nach den vernommenen Zeugen ha
den Sie eine Bewegung mit dem
Schirm nach dem Mörder hm gemacht,
fuhr der Commissär fort. Demnach
mußten S,e ihn doch auch gesehen ha
ben.
Ich weiß nicht mehr. Ich besinne
mich auf nichts, erwiderte Herr Stern-
ftld wieder m feiner apathischen, w
somnambulen Art.
Aber Sie haben vielleicht sonst S3er
dacht gegen irgend Jemand, dem Sie
einen solchen Ueberfall zutrauen wür-
den? fragte der Commiffar weiter.
, Nein, ich wüßte Niemand. '
! Besinnen Sie sich, Herr Director!
redete ihm der Beamte immer eindring
licher zu, vielleicht haben Sie Streit
mit Ihren Verwandten gehabt oder in
folge Ihrer sonstigen gesellschaftlichen
oder familiären Beziehungen einen
helMichenFeind oder einen abgew:ese
gen Freier Ihrer Tochter, an denen es
wohl nicht fehtt, oder in geschäftlicher
Beziehung Jemand, dem Sie ein Dar
lehn verweigert oder dessen Geschäfts
Verbindung mit Ihnen fönst übel aus
gegangen ist. Fällt Ihnen nichts ein?
Nein! erwiderte Sternfeld wieder in
seiner traumhaften Art.
DerCommissär sah, daß er hier bor
läufig nichts mehr ausrichten konnte
und verließ grüßend das , Zimmer.
Frau Director Sternfeld hörte, wie er
gleich darauf durch die Corriiiorthür
und die Treppe hinunterging.
Ist er fort? ftagte der Director.
Ja, willst Du mir nun sagen, was
ich schreiben muß, Arnold?
Setze Dich, Lieschen, und schreib:
Sehr geehrter Herr Doctor!
Einen Brief? .
Ja doch. Eile nur. Es hängt an
den Minuten dielleicht ein Menschen
leben und Glück und Unglück einer
ganzen Familie.
Um'S Himmelswillen. Also weiter,
Arnold.
Schreibe: Kommen Sie sofort, wenn
Sie dies erhalten, zu mir in meine
Wohnung. Ich bin verwundet und
kann mich nicht rühren, fönst würde ich
zu Ihnen kommen. Das .Kommen
Sie sofort" unterstreiche recht dick,
Lieschen. Dann schreibe noch: Es
handelt sich um sehr Wichtiges. Thei
len Sie aber Ihrer Frau Mama noch
nichts mit. Hast Du das alles, Lies
chen? , Ja. Was noch?
Weiter nichts. Unterzeichne: Ihr
ergebener Arnold Sternfeld. Im Auf
trage nachDictat: Elisabeth Sternfeld.
Bist Du fertig?
Gleich, gleich.
Nun stecke den Brief in ein Couvert,
das gut schließt. Hörst Du, Lieschen?
und adressire ihn an Herrn Doctor
Felix Sellentin in Pankow. Friedrich
soll ihn sofort hintragen und persönlich
abgeben. Wenn er Doctor Sellentin
nicht mhr in Pankow antrifft, so
muß er ihn im Laboratorium vonGün
tber & Söhne fuchen, und ihn fofort
mit hierherbringen. Schärfe ihm das
ja ein. Er darf nicht ohne Doctor
Sellentin zurückkommen, und das fo
bald wie möglich.
Friedrich war der Kutscher des Di
rectorö Sternfeld, der ihn fchon feit
einer langen Reihe von Jahren hatte
und sich unbedingt auf ihn verlassen
konnte. Der Kutscher war denn auch.
Dank seinen flinken Pferden, in einer
ül-crrasckend kurzen Zeit rsn Pankow
zurück und brachte Doctor Felix Sl
lentin, der über die Botschaft nicht we
r:i erstaunt war, mit sich. Es war
reich nicht einmal sechs V.':t, also für
Berlin eine noch sehr frühe Morgen
stunde, als Felix Sellentin das noch
immer mit Lampenlicht erhellte Kran
kenzimmer des Tirectors Sternfeld U
trat. Er erschrak, als er Siernftld
leichenblaß und in diesem Zustand lie
nen sah und wußte von den Vorgängen
s.oHnichtZ.
WaS ist denn geschehen, Herr Dir
ior? fragte er ernst und mitleidig, wie
in aller Welt kommen Sie in einen sol
chen betrübenden Zustand?
Wollen Sie sich hierher setzen. Herr
Toctor. und mir ruhig zuhören, was
ich Ihnen zu sagen habe? fragte Stern
fn leise.
b!ne?5stsMndl,ch zu Ihren
Woldemar Urban.
!
H
1 P!lTti?fn &pty 3Mrrtnr fiift fvi-rf
jfj iv i t.wi VV fc vvp vttiv if t vuyv t
Sie, antwortete Doctor Sellentin, in
dem er Plad nahm.
Sind wir allein? fragte Sternfeld
nochmals.
Wir Beide und Ihre Frau Gemahl
lin sind im Zimmer, sonst Niemand.
Lieschen, begann der Director wie
der nach einer kleinen Pause, wirst Du
es mir übel nehmen, wenn ich Dich
fortschicke? Und wenn eS nur wäre,
damit Du Acht gibst, daß uns Nie
mand belauscht.
Ich gehe, Arnold. Habe keine Sorge
um mich. Ich werde schon Acht geben.
Es ist nicht Mißtrauen, Lieschen,
aber ich will Dir nicht auch noch Un
ruhe verursachen. Es ist besser so.
Gehe.
Doctor Sellentin war auf's Aeu
ßerste betroffen. Was hatte daS alles
zu bedeuten? In sein mitleidiges In
teresse an dem bedauernswerthen Un
fall, der den Director betroffen, mischte
sich eine ängstliche Spannung.
Wir sind allein, Herr Director, sagte
er, sobald Frau Sternfeld das Zim
mer verlassen hatte, jetzt sagen Sie mir
um alles in der Welt, was das zu be
deuten hat?
Sternfeld lag regungslos still und
fuhr mit seiner leisen, ruhigen Stimme
fort: Ich weiß, Herr Doctor, daß Sie
eben rst von einer schweren Krankheit
aufgestanden sind und noch fehr der
Schonung bedürfen. Gleichwohl bin
ich aezwunaen.?lbnen eine sebr Mim
liche Mittheilung zu machen, damit
nacy Möglichkeit, größeres Uebel der
hütet wird. Wollen Sie mir derspre
chen. meine Mittheilung mit der richt
gen Kraft eines Mannes aufzunehmen,
der sich der Schwere des Lebens be
wußt ist?
Herr Direktor, erwiderieDoctor Sel
lentin ernst und aufrichtig, ich muß
aus der Art und Weise, wie Sie mich
zu sich rufen und zu mir reden, anneb-
men, daß es sich um etwas Fürchterli
cyes handelt.
Ja. das ist es. EtwaS XÜT&hrti
ches. Die Leute von Rang und Stand
haben unter sich eine gewisse Familien
Ehre erfunden und verbrämen diese
mit allerlei Äußerlichkeiten, vielleicht
in der Meinung, hak es andere oäht.
die von dieser Familienebr nichts wif
sen, oder in diesem Gefühl weniger zart
empfinden als sie. 3ch kenne Sik.
Herr Doctor Sellentin. in dieser Hin
ticht zur Genüge, um zu wissen, daß
Sie darin nicht weniair emvfind'lick
sind, als wenn 5kbrem Namen ellen-
lange Titel voranständen. Eben des-
halb lieg ich Die rufen. Wollen Sie
mich hören?
5ich bitte Sie tnfiSnbtaft darum in
sagen, um was es sich handelt.Herr Di
rector, antwortete '"Doctor Sellentin
mit fester und bestimmter Stimme.
Nun denn, so erfabren Sie. dcfc ifir
Bruder Gustav an mir zum Verbrecher
geworden ist. ...
Vollstandm beweaunaslos. mit ru-
higer, gleichmäßiger Stimme sprach
Herr Sternfeld diese Worte, gleichwohl
machten ne auf seinen Zuhörer den
Eindruck einer wilden Emvöruna. Kr
sprang mit einem Schreckenslaut von
leinem (fein aus und verhüllte das
bleiche Gesicht mit den Händen, als ob
er einen Schlag empfangen hatte, der
ihn ichande.
Was waZ wollen Sie sagen?
stammelte er entfetzt.
Sie baben mir versdrocken. fubr Di
rector Sternfeld mit immer gleichblei-
bender Ruhe und eintöniger Stimme
fort, daß Sie meine Mittbeilunaen wie
ein Mann aufnehmen wollen, der weiß,
wie schwer das Leben fein kann. Se
hen Sie doch mich an! Ich muß auch
stille balten. obwohl ick dem Tode so-
eben nur durch einen Zufall entlaufen
bin.
Reden Sie weiter. Shnt Director.
sauen Sie mir Alles! Mas bat M
zwischen Ihnen und meinem unglückli-
cyen rüder zugetragen!
In seiner monotonen Art erzählte
nun Sternfeld. waS sick estern Nack-
mittag und Abends im Bankgebäude
und spater vor demselben ereignet, von
den finanziellen Verlegenheiten Gu
sta Sellentins. von den Irrthümern.
in denen er befangen war, wenn er an-
nahm, daß Sternfeld rn irgend emer
Weise am Verluste seines Vermöaens
Schuld trage, und von den Nachfor-
schlingen der Ponzn. deren Gegenstand
der frühere Gutsbesitzer jetzt sei.
Für Felix Sellentin war diese Er
zählung ein Martyrium und so sehr ei
sich auch zu beherrschen, suchte, o
&lu&xlt er dock von Zeit m Zeit auf.
als ob er von den verzweifeltsten Qua-
,en befallen sei.
Nun tbun Sie das 3h. 6err Doc
tor, schloß der Director seine Mitthei
lunaen. Ich habe Ihnen gesagt, was
ich wußte, damit Sie weiteres Unheil
verhüten und vor allen Dingen Ihre
alte Mutter vor dem schweren Schlage,
den sie vielleicht in ihrer Kränklichkeit
nicht überstehen würde, bewahren kön
nen. Suchen Sie die moralische und
physische Katastrophe, die über Ihren
Bruder hereingebrochen ist, zu mildern.
davn thun rann. ou geize
hen. Ich werde natürlich kemenSlisf
antraz stellen und alles thun, am o'
a4e zu vertuschen.
Aber w ist denn der u?ziuckl!A
nun? Wie stelle ich es an. wettcrem
Unheil vorzubeugen? schluchzte Felix
Sellentin.
Ja. DaS ist die Hauptsache. Da
rauf wollte ich den kommen, fuhr Di
rector Sternfeld fort. Sie müssen Jh
ren Bruder suchen, dielleicht mit Hilf
eineS PrivatdetectidS oder wie immer.
Genug, Sie müssen ihn finden, auch
um zu erfahren, wie denn seine pecu,
niären Verhältnisse eigentlich sind
Wir müssen doch zu verhindern suchen,
dak das Gut. die einzige Zuflucht Jh
rer Mutter für ihre alten Tage, unter
den Hammer kommt.
(Fortsetzung folgt.)
Streikend Musikanten.
Ausstände, d. h. Arbeitseinstellungen
ganzer Berufskrcife als sociales
Zwangsmittel zur Erlangung oder
Behauptung gunstigerer Arbeitsver-
Haltnisse, smd keine der Neuzeit eigen
thümliche Erscheinung, sondern fast so
alt als die Welt selbst, wenigstens fast
so alt als die Theilung der Arbeit du
die menschliche Cultur. Wenn wir den
Auszug der Jsraeliten aus Sgypten
nicht schon dahin rechnen wollen, so
treten solche Ausstände geschichtlich zu
erst bei den Römern besonders hervor;
wir brauchen da nur an den verhält
nißmäßig wohl größten Ausstand des
Alterthums, die Auswanderung der
römischen Plebejer nach dem heiligen
Berge, zu denken.
Von einem ebenso, ergötzlichen als
erfolgreichen Aus stände, der ebenfalls
in Rom einst gespielt hat, weiß ein &t--,'chichtsschreiber
des Alterthums wie
folgt zu erzählen:
Das Colleaium der Flötenbläfer, zu
dessen Obliegenheiten es gehörte, bei
den öffentlichen Opferfesten zu musi
zieren, hatte in Rom von uralter Zeit
her das Recht, an einem bestimmten
Tage des Jahres im Tempel des Ju-
piter bewirthet zu werden. Als es
nun eines Tages den Censoren (dem
Finanzministerium) einfiel, ihnen dies
Recht streitig zu machen, waren die
Flötenbläfer entschlossen, sich das nicht
gefallen zu lassen und wanderten
in corpore nach der lateinischen Nach
barstadt Tibur aus. so daß aus Man
zel an Musikern die staatlichen Opfer
feste in Rom ohne Musik gefeiert wer-
den mußten, was den römischen Se
nat und wohl auch noch andere Leute
in Rom in helle Verzweiflung zu brin
qen geeignet war. Wenigstens ließ er
sterer durch eine Gesandtschaft den
Magistrat vonTibur ersuchen, daß der
selbe doch die Flötenbläser zur Rück
kehr nach Rom veranlassen wolle. Da
eine Vorladung der Uebelthäter von
eiten des MLaistrats von Tibur naui
dem Rathhause und die daselbst an sie
ergangen Mahnung, nach Rom zu
rückzukehren, keinen Erfolg hatte, und
man doch auch nicht gut offene Gewalt
anwenden konnte, so luden verschiedene
Bürger von Tibur die. widerspenstigen
Flötenbläser an einem Festtage unter
dem Vormunde, diesen durch Flöten-
spiel besonders feiern zu wollen, zu
sich ein, machten sie mit Wein, den diese
Art Menschen fchon damals sehr ge
liebt zu haben scheint, trunken und Kg
ten sie, in tiefen Schlaf versenkt, auf
Wagen, um sie nach Rom zu bringen.
Erst, als das helle Tageslicht die vom
Weine schwer Berauschten auf den auf
dem Marktplatze in Rom zurückgelasse
nen Wagen überraschte, merkten diese,
was mit ihnen vorgegangen icar, und
daß sie Gegenstand neugieriger Be
trachtung für einen sie umstehenden
dichten Volkshaufen waren. Gleich
wohl verstanden sich unsere Flötenblä
ser rst dazu, in Rom zu bleiben, als
man ihnen zugestanden hatte, drei
Tage im Jahre coftümirt und mit der
noch später üblichen Freiheit unter
Flötenspiel in derStadt umherziehen
zu dürfen, und ihnen das Recht, wie
früher in dem Tempel bewirthet zu
werden, wiedergegeben worden war.
in 3uft ul um Insekten.
Unter den Spinnen gibt es ein:
Art, bei der merkwürdige familiär
Beziehungen beobachtet werden. Es
ist die Wolfspinne, deren Weibchen
die eben erst gelegten , Eier mittelst
ihrer Trüsenorgane in einen seiden
artigen .Spinnstoff' einhüllt. Wo-,
bin sie nun geht, schleppt die Spin
nenmutter ihre Eier, und nach dem
Auskriechen auch die Jungen, mit
sich herum, füttert sie. und ließe sich
eher töten, als daß sie die Eier öd.
die Spinnenbabies Preisgabe. Die
Jungen lassen sich die mütterliche
Fürsorge gefallen, bis s?e fast ebenso
groß geworden sind wie diese. Dann
aber scheinen sie ganz plötzlich sich
ihrer Kräfte bewußt zu werden, sie
fallen über di Mutter her, töten sie
und fressen sie auf. Vielleicht ist ti
nur das erste Hungergefühl ihres Le
bens, das sie veranlaßt, das erst: We
sen zu attackieren, das ihnen begegnet,
und zu spat erst merken sie, daß st:
die sorqenöe Mutter aufgefressen ha
den. Tief zerknirscht behalten sie daS
Geheimnis der Untat für sich, und
der Vorgang wiederholt sich Tiere
sind ja sehr konservatia seit unge
zählten Ewigkeiten. Ein tragisches
Schicksal, das kein Ende findet.
Schlimm. A.: Jh? Kind
scheint sehr aufgeweckt zu sein. B.:
Ja. aber leider GotteS nur Nachts.'
DerAngeber. Seppl (dein
Concert auf zwei Musiker zeigend, dit
Pause haben): ,S. Hm Eapelluui
s:er, d zw da blafe nit atf!"
Geschichtliches
von öer (5nns.
Bon Theo. Seelmann.
In dem alten Pyramidenlande galt
die Gans als heilig. Sie war Seb.
dem Gott der Zeit, geweiht. - Das
Ganseei war das Sinnbild des Welt,
eies, aus dem die Welt hervorging,
Man aß daher die Gänseeier nicht,
wohl aber die freundlichen Legerinnen
selbst. Denn höher noch als feine
Gotter stand dem Menschen die eigne
liebe Person jeder Zeit selbst. Die
Gänsezucht war , im alten Aegyptcn
sehr ausgedehnt. Auf den Grabge
mälden 'werden große Gänfeherden
dargestellt, und von dem vornehmen
Würdenträger Ti wird in einer Grab
inschrift gerühmt, daß er Tausende
von Gänsen besaß.
Seit uralten Zeiten ist sie auch in
allen Teilen Indiens ein Gegenstand
der Verehrung gewesen. In engster
Beziehung stand und steht sie hier
mit der Schlange. Aus allen Tem
peln Indiens, die mit Schlangenbil
bern geschmückt sind, sind man mit
dem geheimnisvollen Ärlechtier auch
die Gans vereint. Bei den Buddhi-
sten steht die Hansa, wie man die
Gans bezeichnet, noch hrute hoch in
lehren, well angenommen wird, baß
sie auf ihren Wanderzügen nach dem
mythl chen See Manaja fliege, a
lidafa hebt in einem seiner Gedichte
hervor, daß sie Sehnsucht habe, den
heiligen See zu erreichen. Wie der
Löwe als König der Vierfüßler, fo
wird die Ganö als das höchste aller
gefiederten Tiere erachlct. Sie war
das ursprüngliche Symbol Brahmas:
erst später trat der Schwan an ihre
Stelle.
Ihre Würde behauptete sie auch
noch im Zeitalter der Griechen und
Romer. ei . den Griechen war sie
der Persephone. der Herrscherin der
Unterwelt, heilig. Mm schätzte sie
hoch, weil sie ihren Jungen eine auf
opfernde Fürsorge erweise, und be
wunderte sie wegen ihrer Schönheit.
Schon die vielumwordene Penetope
besitzt in der Odyssee eine kleine Herbe
von zwanzig Gänsen, die aber mehr
zum Schmuck für den Hos, als des
Nutzens wegen gehalten werden. In
Rom war die Gans Juno geweiht.
In ihrem Tempel auf dem ttapitot
pflegte iilan jene geheiligten Gänse,
deren Vorfahren einst bei dem Ein
fall der Gallier unter Arcnnuö durch
ihr Geschrei die Besatzung geweckt
und die Burg gerettet haben tollten.
Voller Anerkennung äußern sich die
klassischen Schriststeller. Aristoteles
ertlärt sie für ein scharfsinniges Tier,
Äelian loo: sie als mutig und dem
Menschen zugetan, und Ooid bchaup
tet, sie fei an Klugheit dem Hunde
überlegen. Mehr kann selbit die
größte Gans nicht verlangen.
Aus deutschem Boden hat die Gans
einjlmals eme ganz ähnliche Stel
lung bekleidet. Man hat an oerschie-
denen Orten kleine Bronzewagen aus
gegraben, auf denen eine Anzahl von
coycn Figuren die Götter mit ihrem
Gefolge und ihren heiligen Tieren
darstellt. Sie erinnern an jenen hei
ligen Wagen, auf dem nach dem Be
richt des Tacitus die Erdgöttin Rer
thus, gezogen von Rindern, durch
das Land fuhr. Diese kleinen Bron
zewagen, die man jür ein Kinder.
pielzeug halten tonnte, haben zwei-
ellos ats Kultusgegenstände bei den
Götterfesten Verwendung gefunden.
Die Vögel, mit denen sie verziert
ind, dunen tur Ganfe angesehen
werden. Die Gans als Wasservogel
war denn auch der Schutzoogel des
Gewittergottes Thor. Man bereitete
aus ihr die Festspeise am Ende der
regnerischen Jayreszeit in der sym
botischen Bedeutung, daß, wenn der
Wafservogel gestorben sei, das gol
oene Ei gefunden erde, d. h. die
onne alsbald wieder höher steige,
lls später der alte Gott Thor durch
den heiligen Martin ersetzt wurde,
trat die Gans auch zu diesem in Be
lehung, und so verwandelte sie sich
chließlich in den allwillkommenen
Martinsoogel.
In ihrer Eigenschaft als Haustier
hat die Gans gleichfalls eine Wechsel
volle Vergangenheit hinter sich. Es
hat den Anschein, als ob man noch'
im 5. und 4. Jahrhundert o. Chr.
die Gans mehr der Eier als des
Fleisches wegen gehalten hat. In
den Fabeln des Aesop wenigstens ist
die Gans und nicht das Huhn die
fruchtbare Eierlegcrin. Daß dieGrie
chen ihre Schönheit rühmten und sie
als Schmuckvogel schätzten, wurde be
reits erwähnt. Als verständnisvolle
Freunde des Gänsebratens erscheinen
zuerst die Römer. Sie hatten zwar
die Gänse zu den heiligen Wächtern
des Kapitels erhoben, das hinderte
aber diese skrupellos praktischen Her
ren der Welt nicht, die Gans auch
auf ihren inneren" Wert zu prüfen.
Ja den Zeiten des Kaiserreichs besaß
man große Anstalten zur Zucht für
die Tafel. Gleichzeitig trat die Go-'
als Eierlieferantin mehr und mehr
in den Hintergrund, und diesen Platz
nahm jetzt erst das Huhn ein. Be
sonders beliebt wurde ein .kleiner
Schlag, der von den Morinern, einer
germanischen Völkerschaft an den
heutigen belgischen Küsten, gezüchtet
wurde. Zu PliniuZ' Zeitez trieb;
man große Herden nach Rom. Lecker
mäuler, wie die römischen Großen
waren, verstanden sie bereits die tress
liche Kunst. Gänse mit Mehl. Milch
und Feigen zu mästen, um große
und fchmackhaste Lebern zu erzielen,
Horaz rwähnt in den .Satiren' die
Leber der mit sastigen Feigen gema
steten weißen Gans.
. Die germanischen Bärenhäuter
wußten die GanS wohl zu würdigen.
Im gegensatzoollen Mittclalter ent
spann sich auch über sie ein hitzig ge
suhrter Kamps der Meinungen. Vor
wiegend galt , ihr Fleisch als unge
fund. Der gelehrte Zoologe Aldro
oandus, im Jahre 1531 Lehrer der
Arzneimittellehre m Bologna, erklar
te, Gänsefleisch mache hartnäckig.
'jach dieser eigensinnigen Behauptung
muß er selbst sehr viel verzehrt ha
den. Aber das eigentliche Karnickel
des wilden Streite war weniger die
Hausaans, als vielmehr die Ringel
gans, oder, wie sie bezeichnet wurde,
die Bernatelgans. Man sing sie. wie
heute noch, an den holländischen und
deutschen Küsten mit Hilfe von Lock-
gänsen, wenn sie aus dem hohen uiot
den eintrasen, und mäste sie mit
Getreide zu fehr schmaahasten Hap
pcn. Mit diesen Bernaleigänsen hatte
es nun eine ganz sonderbare Be
wandtnis. Nach dem Zeugnis weil-
gereifter Manner und den Forschun
gen tiefgründiger Naturkundiger ent
slanden die Bernatelgänse mcht auf
die QCMint Art aus Eiern, sondern
aus faulendem Holz von Bäumen.
Dieses saulende Holz fiel in das
Meer und wurde hier m em Krebs-
geschlecht, die Entenmuschel, oerwan-
oe. Die Entenmuschel war der Ju
gendzustand der Bernatelgänse, aus
oem sie allmählich zu leibhaftigen
Gänsen heranwuchsen. In unserer
wunderbaren Welt ist ia alles mög-
lich, und so lieh die glaubige Laien-
weit diesen erstaunlichen Enthullun-
gen der aufklärenden Wissenschaft
em williges Ohr. freilich hatte der
Glaubenseifer eine sehr materielle
Grundlage. Denn waren die präch-
tigen Bernatelgänse nicht aus ge-
wohnliche Weise entstanden, stammten
ie im letzten Ende von Bäumen ab,
so waren sie in ihrem innersten Kern
nur Früchte in Gansgestalt, und
daher als Fstenspeise erlaubt. Jahr
Hunderte hindurch hat denn auch die
Bernatelgans wirklich zum Fasten-
zeitmenü gehört. Erst mit dem 17.
Jahrhundert errang die nüchterne
Beurteilung die Oberhand. Trotz
dem bedürfte es noch mehrerer tirch
licher Verordnungen, bis endlich b.ie
BernakelganS ihres falschen Ruhmes
entkleidet, zum naturgemäßen Ad-
tommling wunderloser Eier erklart
und vom Fastentifch abgesetzt wurde.
Von den anderen Taselgenllsjen,
die uns die Gans außer dem fajti-
gen Braten beschert, stehen woht ein-
stimmig an erster Stelle die Leber-
Pasteten und die geräucherten Brüue.
Kenner und Würdiger der Gänse-
leber waren, wie wir wissen, bereits
die Römer. Aus der Zeit, wo sie
das Rheintal zu ihrem Weltreich ge-
schlagen, und es mit Landhausern
und blühenden Gemeindewesen beoöl
tert haben, ist die Kunst, große, sette
Ledern zu gewinnen, wahrscheinlich
hier hatten geblieben. Es ist daher
kem Zufall, wenn die janieleber
pastele von Stiaßburg aus ih'.en
Siegeszug auf die Tische der Fein-
schmecker unternommen hat. Im
Jahre 176! wurde der Marschall o.
Ccntades als Mtlitarzouverneur nach
Straßburg versetzt. Sein Mundloch
Close lernte hier die landesübliche
Mästung kennen und bereitete die er
sten Gänseleberpasteten. AIS er spä
ter nach Pans zurückkehrte, wählte
er als Spezialität die Pastetenbäcle-
reu Em anderer Kochvirtuofe,
Doyen, fügte die Tlüffelung hinzu
und schuf so eigentlich erst die Krone
des Pastelengeschlechts. Auch Paste
ten haben ihre Geschichte. Geräu
cherte Epiclganse werden in Nord
deutschland seit langem hergestellt.
Aber noch im vorigen Jahrhundert
räucherte man die Gänse ganz. Spa
ter ist man dazu übergegangen, aus
schließlich die Brust und die Keulen
zu räuchern.
Die Gans hat zwei kulturgeschicht
liche Umwälzungen hervorgerufen.
Noch am Ende des ersten Jahrhun
oerts kannte das Altertum die Gan
sedaunen als Polstermaterial nicht.
Man stopfte die Kissen mit Hafen
haaren und Rebhuhnsedern. Da
lernte man die nordischen Moriner
gänfe schätzen, und nun kamen in der
römischen Kulturwelt die Federbetten
aus. Besonders die Frauen, die ja
eine angeborene Vorliebe für da
Weiche und Mollige haben, begrüß
ten die damaligen Reformbetten mit
Freuden. Aber ein noch bedeutungs
vollerer Fortschritt entsprang der
Gans. Sie brachte den Schnstkun
digen die Schreib jeder. Bis dahin
chrub man entweder mit Grrneln
auf Wachstäfelchen oder trug den
flüggen Farbstoff mit einem Rohr
auf. Der Esel, der das Pergament, j
und d:e Gans, die die Schreibfeder
lieferte, sind mehr als in Jahrtau
end mit der Wissenschaft in enger
Fühlung gewesen. Ein Spötter
könnte meinen, daß die Verbindung
mit diesen beioen geistesstarten Tie-
ren auf die mittelalterliche Gclehr
samkcit nicht ohne bestimnienden Ein-
fluß gewesen sei.
Rorzrttliche Feüerbrftattnng
Von H. Singer.
Die Sitte der Leichenverbrennung,
deS .Leichenbrandeö", reicht weit in
die Urzeit zurück bis in die neolithi
sche (neusteinzeitliche) Periode, aber
älter ist doch die Erdbestattung mit
ihren , verschiedenen Formen. Die al
ten Aegypter legten ja entscheidenden
Wert gerade auf die größtmögliche
Erhaltung der Leichen und erfanden
deshalb die Einbalfamierung und
Mumifizierung. Völker primitiverer
Kultur gaben bei der Erdbestattung
wenigstens dem Gedanken Ausdruck,
daß der Tote irgendwie forteziftiere,
deshalb nicht vernichtet werden dürfe
und mit den ihm dort nötigen Din
gen: Nahrungsmitteln, Geräten,
Waffen. Schmuck, ja fogar mit Die
nern und Frauen ausgestattet wer
den , , sse. Daher die Grabbeiga
ben dic,er Art, zum Teil in Natura.
zum Teil in verkleinerten Nachbil
düngen. Schon das älteste uns er
halten gebliebene Skelett, das des
paläolithischen .Homo Mousteriensis
Hauferi" zeigt Grabbeigaben. Wo
die Feuerbestattung zuerst entstanden
sein maa. wissen wir nicht: wahr
scheinlich hat sie sich von nicht einem'
Mittelpunkte aus verbreitet, sondern
ist ein Ausfluß des sogenannten Völ
kergedankens (d. h. überall unter
gleichen Bedingungen entstanden),
wohl aber können wir gelegentlich
noch feststellen, wie sie die Erdbestat-
tuna beschrankte oder verdrängte od"
auch nur vorübergehend ersetzte.
Die Vorstellungen, die rn der Ur
zeit zum Leichenbrande geführt ha
ben, können wir nur vermuten. Die
eine Vermutung geht dahin, daß der
Glaube Eingang fand, erst durch
Feuer würde die Seele gänzlich vom
Körper freigemacht. Sie haftete an
ihm zunächst auch nach dem Tode:
nur die Flamme konnte sie lösen, da
mit sie Zugang zum Ort 'der Abgc
schiedenen fände. In Jlias und
Odyssee tritt diese Vorstellung uns
mehrmals entgegen, da irrt die Seele
ruhelos umher, erscheint den Leben
den und bittet um schnelle Verbren
nung des Körpers, damit sie zum
Hades gelangen könne. Aber diese
Vorstellung ist schon die eines Vol
ke's von gewisser Kulturhöhe, die der
ionischen Griechen; sie kehrt auch bei
den Indern wieder, von denen das
selbe gilt. Aelter ist wohl der Be
weggrund der Furcht vor den Toten,
die es ratsam erscheinen laßt, ihn
gründlich zu beseitigen, unschädlich
zu machen, so daß er nicht wieder
kommen und die Lebenden als Wer
wolf oder Vampir oder in Albträu
men schrecken oder .belastigen kann.
Diese Vorsicht ist möglicherweise auch
die Ursache für die Hockerbestattung,
die Belastung der Leiche mit Steinen
und ähnliche Gebräuche gewesen. Von
ästhetischen Bedenken kann für die
Urzeit wohl nicht die Rede fein, ob-
wohl auch dieses heute von den An
Hängern der Feuerbestattung mit in
den Vordergrund gerückte Argument
gelegentlich , schon früher begriffen
worden ist. So erzählt O. Schröder
in seiner kleinen Schrift .Begraben
und Verbrennen nn Lichte der Neu-
gions- und Kulturgeschichte' von ei-
nem arabischen Reisenden, der 911
n. Chr. der Verbrennung der Leiche
eines heidnischen "Russen beiwohnte
und sie nicht begrif . Die stuf en
erklärten sie ihm: Ihr Araber seid
doch recht töricht. Ihr wer t den ge-
liebtesten und geehrtesten Mann in
die Erde, wo Wurmer und kriechen-
des Getier sich von ihm nähren. Wir
Russen aber verbrennen ihn im Au
genblick, und er geht sofort ins Pa
radies em.
Wie oben angedeutet, verbrannten
schon einige Griechenftämme der äl
seien Zeit ihre Toten; aber nicht alle
taten es, wie die Grabfunde von My
kenä lehren. In klassischer Zeit be
standen in Griechenland Crd- und
Feuerbestattung friedlich nebeneinan
der, und die Philosophen scheinen der
Ansicht gewesen zu sein, daß die Be
stattungsart die Unsterblichkeit der
Seele gar nicht berühre: sie äußern
sich darüber nämlich überhaupt nicht.
In Rom war es ebenso. Der Lei
chenbrand gewann auch hier Eingang,
aber lange hielt sich neben ihm die
ursprüngliche Erdbestattung, und erst
gegen das Ende der Republik wurde
jener herrschend.
Die ältesten europäischen Feuerbe
stattungen reichen bis in die jüngere
teinzeit zurück: man kennt sie, auS
nordischen und südrussischen Funden,
die überdies zeigen, daß jene Neo
lithlker teilweise die Leichen einfach
in eine Grube gelegt und darin, also
im Grabe selbst, verbrannt haben.
Für die jüngere Bronzezeit, die
etwa um 500 v. Chr. ihren Kultur
Höhepunkt ereicht hat, ist namentlich
das bekannte Gräberseld auf dem
Salzberge oberhalb Hallstatt von
großem Interesse. Die Funde leh
ren nämlich, daß man dort gleichzel
tig verbrannt und beerdigt hat. und
zwar ohne Rücksicht aus die soziale
Stellung und das Geschlecht der To
ten. Ja, noch mehr: aus einigen
Funden geht hervor, daß man in
einzelnen Fällen die Leichen halbiert
und die eine Hälfte verbrannt, die
andere unverbrannt beerdigt hat,
gleichsam, altz hätte es schon hier un
ter . den Hinterbliebenen Anhänger
und Gegner der Feuerbestattung ge
geben und als hätten sich diese auf
ein Kompromiß geeinigt, damit der
Anschauung ' beider Teile ' Rechnung
getragen würde. AuS späterer Zeit,
als die Bronze durch die Eisenpe
riode abgelöst worden war, berichtet
Tacitus, daß die Germanen ihre To
ten verbrannt hätten, und zwar mit
großem Pomp; so hätte man mit
dem Krieger sein Pferd den Flam
men überantwortet. Aber die Eisen '
zeit kommt im allgemeinen doch wie
der auf das Skelettgrab zurück. Also'
Schwankungen in den Sitten und
Anschauungen der Vorzeit; man
könnte fast an Wechsel der Mode
denken.
Anhänger der Leichenverbrennung
waren, wie aus dem oben Gesagten
hervorgeht, die heidnischen Russen.
Noch länger als sie waren eS die Li
tauer, deren Heidentum ja erst im
14. Jahrhundert schwand.- Ueber
das Leichenbegängnis des litauischen
Großfürsten Gedemin im Jahre 1341
wird berichtet: Es wurde ein Schei
terhaufen aus Fichtenholz errichtet
unl darauf der Leichnam gelegt, in
den Kleidern, die der Lebende am
meisten geliebt hatte, mit dem Säbel,
dem Speer, dem Köcher und Bogen.
Dann wurden je zwei Falken und
Jagdhunde, ein gesatteltes lebendiges
Pferd und der Lieblingsdiener un
ter Wehklagen der umstehenden Krie
gerschar mit verbrannt. JndieFlam
men wurden Luchs und Bärenkral
len geworfen, fowie ein Teil der dw
Feinde abgenommenen Beute, endlick
auch drei gefangene deutsche Ordens
ritter lebendig verbrannt. Nachdem
die Flamme erloschen war, wurde
daS Gebein des Fürsten, des Die
ners, des Pferdes, der Hunde u. f. w.
gesammelt und in einem Grabe an
der Stelle, wo die Flüßchen Wilna
und Wilia zusammenfließen, nieder
gelegt und mit Erde bedeckt.
Die Sitte deS LeichenbrandeS hatte
sich also der alteren Sitte der Erd
bestattung insofern angeglichen, als
man mit dem Leichnam allerlei Bei
gaben verbrannte. Aus der Bronze
und Eisenzeit zeigt es der Inhalt
der zahllosen Aschenurncn, die zuni
Teil Gesichtsurncn sind. Zum Teil
haben sie auch die Form von Häu
fern mit Dach und Türen und der
Nachbildung des Giebelloches. Durch
dieses entwich aus den Wohnungen
der Rauch und bei Todesfällen die
Seele. Solche Hausurnen sind die
Nachbildung wirklicher Grabwohnun
gen aus der Steinzeit.
Kinderleichcn scheint man zu kei
ner Zeit verbrannt, sondern stets be
erdigt zu haben. Es erklärt sich das
wohl aus der Anschauung, daß Kin
der im Jenseits noch nichts zu suchen
hätten und deshalb auch nicht dorthin
zu kommen brauchten, oder aus der
anderen, daß man die Seelen von
Kindern nicht zu fürchten habe.
Die christliche Kirche ist auf orien
talischem Boden und aus semitischen
Anschauungen erwachsen. Die semi
tisen Völker aber wollten im allgc
meinen von der Feuerbestattung
nichts wissen, wenn auch die Juden
mitunter die Leichen vornehmer
Leute eingeäschert haben. Deshalb
forderte die Kirche von jeher die Erd
bestattung und sie mußte die Feuer
bestattung, auf die sie in Rom und
Griechenland, im germanischen und
slavischen Europa stieß, bekämpfen.
Sie tat es auch mit Rücksicht auf die
Opferungen und sonstigen heidnischen
Gebräuche, die mit , der Leichenver
brennung verbunden waren, und vor
allem ja deshalb, weil diese sich mit
dem Dogma der Auferstehung der
Toten anscheinend nicht vertrug. 'Als
folgerichtig kann man es deshalb
wohl bezeichnen, daß die Ketzer der
brannt wurden, eben weil sie Heiden
waren und der Auferstehung nicht
teilhaftig werden durften. Die Hexen
Verbrennung mag sich zum Teil aus
derselben Erwägung erklären.' Der
Feuertod für böse Zauberer ist noch
heute bei manchen Naturvölkern üb
lich, wobei aber der Gedanke zu-'
gründe liegt, man müsse diese gefähr
lichen Leute gründlich vernichten, da
mit ihre Wiederkehr ganz ausgeschlos
sen sei.
Mode. .
Ein Berliner kommt zum ersten
Male nach Wien. Als Geschäftsrei
sender, der anständige Neiscspese
bezieht, spart er nicht mit den Trink
geldern.
Er kommt in ein Caf6. Ter Ober
kellner nennt ihn .Herr Baron".
Er läßt sich seine ttoffer zu den
Kunden transportieren. Ter Tienst
mann nennt ihn .Herr Baron".
Er läßt sich rasieren. Ter Fri
seur nennt ihn Herr Baron".
Gegen Abend sitzt er im Grii
chenbeißl' und kommt mit einem
Wiener ins Gespräch. Tiefer ,jc
ein städtischer Beamter und vermu
tet in dem eleganten Norddeutsche,
zum wenigsten einen Offizier in Z!
vil.
Sagen Sie mal," fragt der Ber
liner, wie kommt denn das, dos;
man hier sberall Herr Baron"
tituliert wird?"
Ja Wissens. Herr Baron.' sagt
der Wiener, .'s ist nur so oh:
Hier nennt man eben cm jede Limi'
pu Herr Baron"!'