Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, July 12, 1918, Image 2

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TagNche Omaha inuim
1
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Der Seist in
Plauderei von
Tie Technik ist keia unScdingi Vor.
recht des Menschen. Wir kennen Tie.
die bei der Herstellung ihrer Bauten eine
Kunstfertigkeit entwickeln, die weit über
die technischen Fähigkeiten mancher mit
oen oilerstamm hinausgeht, Ma
denke nur an die kunstvoll geflochtenen
Nester mancher Vögel oder an die nicht
minder sinnreichen Nestbauten mancher
Fische, bei denen der Baustoff von klei
nen, mit zäher Schlcimschicht umgebenen
Luftblasen gebildet wird. Sogar Werk
zeuge in primitiver Form kennt die Tier,
weit. Äenutzen doch die großen Affen,
orten häufig einen Stab- als Stütze,
einen Stein oder eine Kokosnuß als
Wurfwaffe. Bisweilen ist diese Technik
des Tierreiches direkt vorbildlich für den
Menschen gewesen. . Tragen doch heute
noch jene gewaltigen Betriebe, m denen
Tausend von elektrisch bewegten Cvm
dcln allerlei Fasern zu Garn verdrillen.
tragen doch jene modernen Spinnereien
inen Namen, der direkt auf ein kunstfer
tige! Insekt hindeutet. Aber alle diese
Technik deö Tierreiches ist auf eine? be
stimmten Stufe stchengeblieben und wird
rein instinktiv ausgeübt. Erst der
Mensch hat den Geist in die Technik ge
bracht und dadurch den technischen Fort.
schritt ermöglicht. Bor neue Ausgaben
tKstcllt, zu deren Bewältigung die alten
Mittel nicht mehr ausreichten, hat er es
stets verstanden, neue Löstingm zu sin
den, neue Wege zu schreiten.
Bisweilen finden wir Böller und Zei
ten.' da die Technik stagniert, Zeiten, da
man das alte, einmal Erlernte rein in
stinktiv weiter übt. ohne zu neuen schöd
ftrischcn Ideen fähig zu sein. Eine
solche Periode ist z. B. die äußerlich so
glänzend Epoche des ägyptischen Pyra
midenbaueS. Die technische Kenntnisse
waren damals noch recht primitiv. Man
hatte es noch nicht gelernt, einen Bogen
zu wölben und auf diese Weise große
Entfernungen sicher zu überbrücken.
Man kannte nur die einfache Schichtung
von Steinen, und man übte diese unter
. dem Aufwand enormer Mittel beim Py
ramidenbau und schuf auf diese Weise
Denkmäler, die Jahrzehntausende über
dauern werden. Aber diese Pyramide
gleichen sich wie die Nester der Weber
Vögel. Der Fortschritt fehlt.
Der erste jener uralten Baumeister,
. der auf die Idee kam, aus keilförmigen
Stcinstücke einen Bogen zu wölben, hat
die Aautcchnik mehr gefördert als die
Konige Chesbs und Ramses. Die alten
Assyrer haben weniger prunkvolle Bau
ten hinterlassen als die Acgypter, aber
zhre Werke zeigen allenthaNen b.n Geist
' des Fortschrittes und die Anwendung
neuer Mittel und Methoden. Ss hat
man z. B. dort einen gut erhaltenen
. Tunnel in Backsteinmauerwerk unter
einem Flußlaufe gefunden. Noch heute
ist die Untcriunnelung von Flüssen ein
ziemlich riskantes Unternehmen, bei dem
mit den allcrneucfien Mitteln, insbeson
tat mit der Caisson und Preßlufttech
nik gearbeitet werden muH. Jene aUen
' Baumeister besaßen auch nicht im nt
f,T.iteftca die nötigen Erfahrungen,
Kenntnisse und Maschinen, um unter
einem wasserführenden Flusse solch eine
Tunnel zu errichten. Und dennoch ha
ben sie ihre Aufgabe gelöst, haben sie in
geradezu verblüffend klarer Weise erle
digt. Sie haben den Fluß an jener
Stelle einfach im weiten Bogen abgele
tet. Das war eine eiligst vollzogene Ar
beit, denn die Tausende von Baufklaven
konnten schneÄ ein neues Flußbett gra
ben. Nu aber lag das alte Bett trocken,
und man konnte in aller Bequemlichkeit
inen Kanal für den Tunnel aushcben
und diesen mauern. Tann würd der
Kanal zugeschüttet, der Fluß wieder in
fein altes Bett geleitet, und die Nachwelt
hatte Gelegenheit, sich den Kops über das
Kunststück zu zerbrechen.
Das Mittclalier zeigte nicht allzuviel
deS technischen FortschrittsgeiftcS. Man
entwickelte di Wolbekunft zu einer be
sonders hohen Blüte, und in den Spitz
bogen der gotische Kirche sowie in den
Moscheen des Islams finden wir Bogen
und Gewölbekonstruktionen, die durch
ihre Kühnheii noch heute verblüffen.
Jhrcn Höhepunkt erreicht diese Periode
wohl mit der Erbauung der PeterZkirche
in Rom, deren Kuppel di größte durch
Steinwölbung bezwungne Weite darstel
len dürfte. Aber cI sind nicht immer die
gewaltigsten Bauwerke, die den tcchni
schca Fortschritt verkörpern. Das gilt
nicht nur von den Pyramiden des Alter
tums, sondern auch von den Kirchen deS
Mittclalters. Erst die Neuzeit bringt
uns wieder eine Fülle neuer und vcr
bluffender Lösungen für mannigfache
Probleme und Aufgaben.
Betrachten wir den Brückenbau. Er
rreicht zur Zeit der Gewölbetechnik eine
nhebliche Höhe. Aber die Weite, die ein
Gewölb überspannen konnte, war
schließlich beschränkt. Mag mußte da
her Brückenpfeiler in großer Zahl an
wenden. Ferner benötigte das Gewölbe
bei seiner Erbauung ein sogenanntes
Leergerüst. Man mußte den geplanten
Bogen erst in kräftiger, tragsähiaer Holz
Zimmerung darstellen. Tarauf wurde
dann der Bogen gemauert, und erst denn
der Mörtel obgebundc hatte, konnte man
des Leergerüst fortnehmen, erst dann
trug die ionstrultioa sich selbst. T
neue Zeit brachte größere Aufgaben:
über breite, reifende Ströme, ja direkt
LSkk StremschneLe. die olles Lebendige,
das in ibr Brnich kam, in Tod und Ber
l:ilta hineinzogen, sollten Brücken ge
beut werden. Alle alten Mittel versag,
len. Ab ein Kinderspielzevg, der Pa
ri'rdrsche. brachte Hilfe. Bei günstigem
t:r,lt wurde er emporgelassen und
f:r:l:e sicher über die Siromfchnelle
rhin. Schon erreichte er das andere
Uf.r, und nun band man an die Schnur
pitlmU Drahtseil. Auch das wurde
i.ber den Strom gezogen, und man stand
c:n anderen Flußüfer so tief, daß man
ti erzreifen konnte. Sehnte Hände
f-'.i'rs i.t. An dem ffinni Drahtseil
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Mi h.!liit tiMli i,L;lil 'iMtli llükii hdlili ilR liXilli li'jhui
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der HecöniK.
tyans VsmmZk.
wurde ein stärkeres über den Fluß gezo
gen und an diesem wieder ein kräftiges
Brückenkabel: die erste Verbindung war
uoer oem Avgrunde yergeste. Bald
rollte ein Schwebekarren an diesem Ka
bei über den Strom, und geschickt Hand
werter spannten jene gewaltigen Stahl
drahtkabel und hingen die Brückenbahn
auf, über die heute schwere Lokomotiven
über den Strudel des Niagara dahinrol
len. So schlug man die großen Hänge
brücken über Ströme und Meeresarme.
Aber an anderer Stelle wurde anderes
verlangt. Ueber den Firih of Forlh
sollte an Stelle des schwankenden Kabels
ein schweres eisernes Fachwcrk führen.
Sonst pflegte man auch für derartige
Brücken ein Leergerüst aufzubauen. Im
Firth vf Forth hätte man für solch Ge.
rüst ungezählte Millionen ausgeben rniif
sen. Die moderne Technik fand Mittel,
um dies zu vermeiden. Man errichtete
die eisernen Brückcntürme zu schwindeln
der Höhe und baute dann zu beiden Sei
ten in wagerechter Richtung kühn in die
freie Luft hinaus. Jedes 'Feld des ge
wältigen Fachwcrkes mußte, sobald 'es
eben fertig geworden war. die schwere
Last der Baukräne aufnehmen, die so
fort wieder bis an die äußerste Spitze
vorrückten, um das nächstfolgende Jach
werk in Angriff zu nehmen. So hat
man von zwei Brückenpfeilern nach je
zwei Seiten hin Eiscnkonstruktionen in
die Luft hinau?gc!ralt, deren jede größer
ist als der Eiffelturm. Zwischen beiden
Pfeilern, einige 80 Meter über dem Mee
rcsspiegel und 200 Meter von jedem
Pfeiler entfernt, trafen die Fachwerke
von beiden Seiten auf Len Zentimeter j
genau zusammen, so daß das letzte Ver
bindungsfcld ohne weiteres eingesetzt er
den konnte Wenn heute die See im
Sturms todt und die Schiffe auf dem
Firty of Forth schwer zu kämpfen ha
ben, fahren die Schnellzüge sicher über
dem Mcensarm dahin, und die Reisen
den m erleuchteten und oehaolich durch
wärmten Eoupö merken es kaum, daß in
der Tiefe unter ihnen der Tod wohnt.
Tie Rüstung ist im Bauwesen von je.
her eine geld und zeitraubende Sache,
im Grunde eigentlich ein notwendiges
Uebel gewesen. Die Neuzeit hat es recht
gut verstanden, sich melir und mehr da
von frei zu machen. So ziemlich ohne
lkglichc Rüstung werden heute die tno.
en Fabrikschornstrine errichtet. Man
mauert sie von innen herauf und hängt.
sobald die Mauer über Bruithoh gekom
men ist. eine runde, hölzerne Plattform
ein. Tiefe wird nun einfach in dem alei
che Maße mit in die Höhe genommen.
in dem der Bau des Schornsteins fort
schreitet. In das Mauerwerk selbst wer
den dabei von innen ode? außen sofort
Steigeisen mit eingemauert, so daß such
keine Leiter mehr notwendig ist, um den
Schornstein zu erklimmen.
Besonders kostspielig wurde die Rü
ftung bei den Bauten in Naturhaustein.
Hier mußte sie derartig stark konstruiert
werden,.;, daß. sie die schweren, oft über
50 Zentner wiegenden Blöcke sicher tra
gea konnte. Beifpiel?wzise wurde die
gebundene Rüstung für den Bau .des
Berliner Toms besonders statisch berech
net und hat eine ziemliche Menge Gold
gekostet. In neuester Zeit hat man es
gelernt, mit einfachen Mitteln Säulen
kräne aufzustellen, die die ganze Fläche
der Gebaudefront oestreichen können und
den einzelnen Werkstein vom Erdboden
her sofort bis zu demjenigen Punkt, an
dem er vermauert wird, schaffen, so daß
das Gerüst feine Last überhaupt nicht zu
tragen bekommt. Daher kann man eine
leichte, billige Rüstung wählen, die nur
das Gewicht der Arbeiter und ihrer Ge
rätschaften aufzunehmen hat.
Auch für schwere Eisenkonstruktionen
war die Rüstung lange Zeit hindurch ein
notwendiges, der recht teures Uebel.
Man denke zum Beispiel an die großen
Gasometerhäuser der Gasanstalten. Das
kreisförmige Mauerwerk pflegt eine
schwere Kuppel in eisernem Fachmerk zu
tragen. Hier spart man die Rüstung in
einfachster Weise. Sobald das Mauer
werk etwa zwei bis drei Fuß über die
Erdoberfläche geführt ist, montiert man
in aller Gemütsruhe die ganze eiserne
Kuppel und kommt dabei mit sehr we
nigen Gerüstböcken aus. Nun führt man
das Mauerwerk weiter und schraubt die
ganze eiserne Kuppel mit Hilfe von Topf
schrauben oder hydraulischen Pressen in
dem gleichen Maße mit in die Höhe, in
dem das Mauerwerk ansteigt.
Eine zeitraubende und langwierige
Arbeit pflegte auch das Anstreichen von
Gebäuden, Eisenkonstruktionen und der
gleichen zu sein. Als einmal anläßlich
der Chicagoer Weltausstellung große Eile
not tat und wenige Tage vor der Eröff
nung daö Hauptgebäude noch keinerlei
Anstrich aufwies, half sich die Aussiel
lungsleitung in drastischer Weise: sie'
sprengte die Farbe mit einer großen An
zahl von Feuerspritzen über die Gebäude
flächen aus und vollendete in wenigen
Stunden eine Arbeit, die sonst Tage und
Woche in Anspruch genommen hätte.
Seit jener Zeit hat dieses Mittel in der
Technik Eingang gefunden, die pneuma
tischen Farbenspritzer werden heut viel
fach angewandt und dürften dielleicht in
absehbarer Zeit den Anstrich mit dem
Pinsel völlig verdrängen.
In Amerika hat auch eine eigenartige
Methode der Tammaufichüttung ihren
Ursprung. Eine solche Tammaufschüt
hing in schmllfließend'm Wasser ist eine
sehr heikle Sache. Nur allzu häufig
wird der Strom ellkS eingeschüttete Ma
terial mit sich fortreißen, bevor es noch
recht Gelegenheit gesunden hat. sich zu
setzen. Nun sind ober gerade in den
Stromschnellea oberhalb der Niagarasälle
solche Dammschüttungen notwendig.
Tort zweigen vom Strom die vielen klei
? Kanäle ab. die das Wasser zu den
Kraftanlagen fuhren, und es ist notwen
d:g, unterhalb eines jeden derartigen Ka
ticles eines kurze Damm in den Strom
hkNauZMbauen. damit sich das Wasser
Man geht gewiß nicht fehl, wenn man
es in erster Linie feinem seltsamen Le
benSwege zuschreibt, daß der dieser Tage
verstorbene berühmte österreichische Volks,
dichter Peter Roseggcr einet der
populärsten Dichter Teutschlands ge
worden ist. denn wir haben es ja vor
ein paar Jahren an dem Ainbrostus
Rummel wieder sehen können, welches
Interesse man den sogenannten Natur
dichter 'entgegenbringt. Aber bei No
scgger kam noch etwas anderes dazu:
man hatte es in der Tot mit einem
starken Talente zu tun. das wirtlich '
Neues zu sagen hatte, das eine neue
Welt eröffnete, die des österreichischen
Landvolkes, speziell des stcirischen Ge
oirgsvauern.
Bon diesem wußte man bis zu Ro
ftggcr sehr wenig. Wohl gab es in
Oesterreich eine stattliche Anzahl' von
Dialeltdichtern. die von den Bauern,
ihrem Leben und Treiben, ihrem Leid
und ihrer Freude sangen, aber ihre Na.
men drangen oft nicht einmal über die
Grenzen der engsten Heimat hinaus, und
ihre Lieder fanden häufig keine andere
js2 d.MKf.JC.tSir:. n
ui um t;uiiuajtinuc cciurcuung.
Auch August Silberstcin, der erste Er
zayiei von Dorfgeschichten aus den ostr
nichischen Alpen, war damals noch
nig bekannt, und zudem steckte iit seinen
Gestalten etwas von dem idealisierenden
Zuge Auerdachs. Der Naturbursche 9i
Ikgger aver. nur mit notdürftigster Bil
dungsfracht beladen, brachte aus einmal
ecyics, unversaiichteZ UJoIlstum, r stellte
die Leute dar. wie sie leibten und lebten,
wie er sie bis vor kurzem, da 'er selbst
als ihresgleichen unter ihnen gelebt hätte,
gesehen und beobachtet hatte. Frisch und
ungekünstelt klangen seine Lieder (Zi
ther und Hackbrett"), besonders die im
heimischen Dialekte, echt volkstümlicher,
umor durchpulste seine Schwanke, und
sie Klizzcn und kleinen Geschichten wa.
ren von wirksamster Naturtreue, wenn
auch in Stil und Anlag: noch etwas un
bcholsen. Tie Borbilder, an denen er
sich schulte, waren ja selbst ?anz kunst.
lose, nämlich die Geschichten ans Volks-
kalcnvern; in höhere Sphären führten
ihn erst Silberfteins und vor allem
Stifters Werke.
Ein toller Schaffensdrang kennzeich.
net djese erste Tichterperiode Rofeggers,
es war ein unaufhörliches Drauflos
dichten und -fabulieren, ohne bestimmte
Richtung, ohne bestimmt.'s Ziel: heute
ein Lied, morgen eine realistische Dors-
geschichte. udermoran sogar ine roman
nicye ?iiiiergc,azicizie. dann wieder ein
Schwank u. f. w. Um Stoff zu solchen
Arbeiten brauchte der Autor nicht ber
legen zu sem. denn er lag ,a zuhauf um
imi ouM'vreüel. uns das sinnig g?
führte Notizbuch bewahrte einen reichen
an ihm aufstaut und mit gehöriger Kraft
m den anal eindringt. Jede gewöhn
liche Methode der Dammschüttung würde
hier glatt versagen. Die Amerikaner
helfen sich m folgender Weise: sie errich
ten am User an der Stelle, an der der
Damm ansetzen soll, aus massivem Beton
einen Irastlgen Turm, der so hoch wird.
wie der Tamm lang werden soll, und
eine ganz gehörige Breite und Ticke be.
sitzt. Nachdem der vollendet ist, kippen sie
lyn durch geschickte teilweise Entziehung
des Fundamentes derartig um, daß er
zum Fluß hinfallen mutz, und mit einem
Scblage ist jetzt aus dem Turm ein
Wamm geworden, der allen berechtigten
Aniprucyen genügt.
Wir haben bisher vornehmlich die
Falltechnik betrachtet, und in der Tat
bietet gerade sie eine Fülle verblüffender
neuer Methoden. Man braucht nur an
die moderne Tunncltechnik zu denken, die
ja eigentlich erst zehn Jahre alt ist. Man
braucht nur an die Errichtung der Va
riftr Untcrgrundbahnhöfe zu erinnern.
bei denen der ganze Bahnhof fix und fer
tig uf einem Platz in Eisen montiert
wurde und dann durch Abgraben des
darunter liegenden Bodens um twa sechs
bis sieben Stockmerke in die Tiefe der
senkt wurde. Dann kam wieder Erde
über den Bahnhof, das Pflaster wurde
erneuert, und heute rollen die Wagen
über den Platz, als ob dort niemals ein
derartiger Bau existiert hätte. Wie er
sichtlich, ließen sich die Beispiele gerade
aus der Bautcchnil zu Dutzenden und zu
Hunderten häufen. Aber auch die ande
ren Gebiete der Technik sind nicht arm
an solchen neuen Wegen und neuen Me
ihoden. Man braucht nur das Mannes
manv-Walperfahren zu erwähnen, jene
sinnreiche Methode, aus massivem Rund
eisen Röhren zu walzen, die nach einer
Erklärung deö verstorbenen Reuleaux da
xin besieht, daß einer Eisenstance im kal
teg Zustande das Fell über die Ohren ge-
iogtn wird. Gerade bei der Berarbei
mä der Werkstoffe finden sich noch mehr
derartige Neuerungen. Da werden ziem
lich harte Metalle, wie Blei und Kupfer.
zu Röhren und Stangen gespritzt, wie
man dies sonst wo nur mit weichem
Teig zu tun pflegt. Freilich tritt dabei
n die Stelle der Nudelspritze ine riefen
Hastige hydraulisch Presse. Was un
sere Vorväter noch aus dem vollen Guß
schneiden oder bohren mußten, das wird
etzt aus einfachen Bleche aezoaen und
gestanzt. Die uralte Schmiedetechnik ist
heute eine Wissenschaft geworden, der
zahlreiche Tempel in der Form gewa'ii
ger Hüttenwerke errichtet wurden. Wo
früher unüberwindliche Schwierigkeiten
bestanden, da verfügt man heute gewöhn
lich über ein Dutzend anwendbarer Me
tdoden. Immer und immer wieder ist
es dem menschlichen Geiste gelungen, die
widerstrebende Natur zu überlisten und.
wenn es aus die eine Weise nicht ging.
plljlich auf einem ganz anderen Wege
zum Ziele zu kommen. Ti dabei ange
wandten unstann? sin nicht uninte
ressant und zeugen für den menschlichen
Scharfsinn.
'ff?'lMtj ,,,! !,,,,,,
!'M'!k tss's'M'!Il!!'?k!!iI ff'Wrt'HliiWmttira
HU, 4 1 .-''!,!,,:.., Ä
j.i iLiX
um umiui m,
i ml .fciii! !
-' -
i Ueter Wojegger.
2h,5 seinem Leben und wirken.'
von Aarl Vkenenstein.
Schatz zu gelegentlicher Verarbeitung
auf.
Diese unausgesetzte Studien führten
Rosegger jedoch immer tiefer in daö
Volkstum in. Zu der naive Freude
an seinen mannigfaltigen Erscheinungen
gesellte sich mit der Zeit ein immer tiefer
eindringendes Verständnis und die Er
kenntnis. daß da in der Alltäglichkeit
Kulturprobleme verborgen lagen, wie sie
vrauszen die sogenannte .große Welt
auch nicht anders hatte. Der Dichter,
,n, wie oer slurmische Bogengang der
Zeit selbst in die verlassensten Winkel
des Gebirges feine Brandung warf, und
wie sich auch hier langsam, fast unmerk
lich Wandlungen anbahnten, die das
alte Bollstum unauffällig, ober auch
unaufhaltsam zu vernichten drohten.
Diese Dinge standen dem damals jungen
wßti flrivig riiqi in oouer laryeil
Vor der Seele, aber er ahnte sie. und die
riebe zu dem bedrohten Bolkstum schlug
feste Wurzeln in ihm.
Rosegger hat zeitlebens, wie er selbst
in srlnen autobiographischen Schriften.
. ft an rvi j . u v. j .
j. . ,2ccin Weuieven , gesteht, aus
Büchern nur sehr wenig gelernt; seine
Lehrmeister waren die Natur und das
Leben selbst. Das hat nun seine Bov
teile und seine Nachteile.
Wir modernen Menschen können M
Buches nicht mehr entraten. Unser Le.
ben hat sich so kompliziert, daß es dem
einzelnen Menschen unmöglich ist, auf'
gründ eigener Anschauung einen Ueber.
blick über das Ganze zu gewinne. Wer
unsere Zeit in ihren treibenden Ideen
und Tendenzen kennen, wer mitraten
und mittaten will, der ist zum großen
Teil auf das Buch angewiesen. Freilich
hat man in dieser Richtung vielfach
übertrieben, indem man alles auS den
Büchern und nichts aus eigener An
schauung lernen wollte, und esist daraus
jene übel beleumdete Siudieistuben und
Bureauweisheit entstanden, die bei be
stem Wollen oft so kümmerliche Resultate
erreicht. Auch zeitigt das Bücherstudium
jene Richtung, die da glaubt, im Leben
sei mit dem rechnenden Verstände der
Logik alles ausgerichtet, und daher jene
oft so bedeutungsvollen Jmponderabi
lien übersieht, die das Gefühl in die
Wagschale wirft.
Bon dieser Einseitigkeit ist Rosegger
naturgemäß frei geblieben. Seine Kennt,
nis des Lebens wurzelt im festen Boden
eigener Anschauung; was er weiß, hat
er nicht nur selbst geseken. sondern auch
gefühlt, seine Welianschiiuna ist dalr
kein Gebäude von Thesen und Maxime,
die auf dem Wege der Abstraktion ge
wonnen wurden, sondern ein natürliches
Produkt seiner Entwicklung. Das ist
nun entschieden ein Vorzug für den
Dichter. Sein Werk, aus einer aus sol
chem Wege gewonnenen Weltanschauung
heraus geboren, hat Immer den Reiz der
Unmitielbarkeit und Natürlichkeit, Aber
auch der Nachteil darf nicht verschwiegen
werden. Er besteht darin, daß bei dem
verhältnismäßig kleinen Gebiet, das ein
Mensch auf dem Wege eigener Anschau
ung auszuschöpfen imstande ist. notwen
diq eine EinseitigZeit folgen muß. die
olles und jedes auS einem Gesichts-
winke! ,u begreifen und zu beurteilen
sucht. Rosegger ist dieser Einseitigkeit
nicht entgangen. Ohne desweaen reak
kionär zu sein, ohne eS an dem guten
Willen fehlen zu lassen, zu begreifen und
gerecht zu fein, hat er doch manchen Er
scheinungen unserer Zeit gegenüber nicht
den richtigen Betrachlunasstandpunkt m
Wonnen.
Roseggers Ideal ist daS einsacke, e.
sunde. auf Arbeit und patriarchalischen
Verhältnissen beruhende Bolkstum. Hier
findet er die Wurzeln staatlicker. mora
lisch und intellektueller Kraft, und die
sen Wurzeln ihren Nährboden, die freie
Scholle, zu erhalten, erkennt er deshalb
auch ls Forderung von höchster Wich
tigkeit. .Aus der Scholle sprießt Kraft
für die ganze Welt und Seaen kür den.
der si berührt!" sagt der Held des Ro
manö Erdsegen". und diese Worte
könnte Rosegger eiaentlich allen seinen
Schriften als Motto voransetzen. Ge
rade in seinen besten Schriften, von denen
neben dem genannten Roman noch die
beiden Werke: .Das ewiae Licht" und
,Jakob der Letzte". Nosegaers reifst und
tiefste Schöpfung, hervorgehoben seien,
schildert r den unheilvollen Einfluß der
modernen Ideen auf daS Landvolk. Ein
fachheit. Genügsamkeit. Liebe zur Arbeit.
Nächstenliebe. Frohsinn. Humor. Natür
lickkeit. Moral und Glauben schwinden.
und in düsteren Farben sieht er die Zu
kunft vor sich. Unter Bauern aufgewach
sen und jetzt noch viel mit ihnen verkeh
rend. weiß er genau, wo sie der Schuh
drückt, weiß, daß nicht nur die hohen
Steuerlasten deS modernen Staates, der
Militarismus und der Zug zur Groß
stadt die Ursache bäuerlichen Verfalles
sind, sondern daß auch innere Ursachen
vorhanden sind: steigender Lurus. Ge
nuß und Gewinnsucht, reaktionäre Ver
bohrtheit. Mit diesen sozialen Verhält
nissen hat sich Rosegger nicht nur dichte-
risch. sondern auch mehr theoretisch (in
seinen Bergpredigten") auseinanderge
setzt.
Neben dem sozialen ist es besonders
daö religiöse Moment, dem Noskggr ein
Hauptaugenmerk zuwendet. Die Reli
gion spielt im Leben des Bauern eine
große Roll, in Sonderheit in dem des
österreichische Gebirgsbauern. Wie oft
sieht er sich durch die Wut der Elemente
um den Lohn mugedeller Arbeit g?
bracht, und sin Leben müßte ein wig?s
Zittern und Bangen sein, wenn er nicht
se,n Hoffen und Vertrauen auf den
Schutz überirdisch? Mächte setzen könnte.
Gott und die Heiligen sich günstig g
sinnt zu machen oder zu erhalten, ist da
her sein ifrigstes Bestreben, und darum
!t er, der treueste. ftommii Sohn ferner
Kirche, darum unternimmt er Wallfahr
im ,hm,i'ii ;:r; -tf 3:;.
... MMt m mmm!. MMJ tUHtiUt fcinttUJJi LiMUM i -'
ten und Prozessionen, darum betet nd
opfert er. Die Religion ist auch fast
daö einzige, was seinen Geist über den
Alltag hinaushebt, der Prunk des katho
lifchen Kultus meist sein einzig ästhetl
scher Genuß. So ist die Religion dem
Bauern Bedur nis. ja Gewohnheit ge
worden, und weil sie auch letzteres ist. fg
hat sich auch mancher Schlendrian ein
gestellt, wie vollständig gedankenlos
ueoung religiöser löebrauche und Llp.
pengevci.
o,cgger yane nicyi unier oen Auspi
zien des österreichischen Liberalismus
feine literarische Lausbahn antreten
müssen, wenn nicht auch er in erster Li
nie die Schwächen deS Klerus und der
im Bolke allgemein verbreiteten Reli.
gionsübuna auss Korn genommen hätte,
Mit viel Witz und Humor, aber ande
rerscits auch wieder mit Ernst und Eifer
rückte er ihnen zu Leibe, und manches
rressiiche Wort wurde von ihm gcfpro
wen, manch gut sitzender Hieb ausgeteilt,
Xu stetige wach ende Erkenntnis von
der Wichtigkeit der Religion für die drei.
tn Massen deS Volkes hat ihn aber von
dieser negativen Betatigunq seiner reli.
giöfen Gesinnung abgebracht und zur
positiven geführt. In dem groß ange
legten und trotz schwächerer Stellen im
ganzen mächtig durchgeführten Roman
Die Gottsucher' hat er das religiöse
Problem an feiner tiefsten Psycholog,
schen Wurzel, dem mystische Bedürfnis,
gesasz: und gezeigt, daß kein Mensch
einen Gott stürzen kann, ohne inen an
deren auf den Thron zu setzen. Auch
seine ohnehin nie scharfe, sondern mehr
im Sinne des Volkshumors gutmütige
Gegnerschaft zu dem Klerus ist allmäh
lich einer milden, nachsichtigen Auffas
sung gewichen, und Hand in Hand mit
ihr ging eine selbständige Deutung der
ralyoli chen Glaubenssätze und Kulifor
men im Sinne der allgemein christlichen
vee. die alle cynstliaen Bekenntnisse in
sich schließt. Am klarsten hat Rosegger
diese seine Konfession niedergelegt in dem
didaktischen, aber von blutwarmer Per
fönlichkcit durchpulsten Buch .Mein
Himmelreich". Kein treuer Diener einer
bestimmten Kirche wird dieses Bekennt
nis annehmen, aber keiner wird s auch
rundweg ablehnen dürfen, denn es hub
digt inem religiösen Eklektizismus, der
aus jeder Konfession das lebendige Eini
ende nimmt und das tote Trennende
zurückweist.
Diese Grundzüae der Roseaaerschen
Gedanken und Empsindungswelt muß
kennen, wer sich zu seinem dichterischen
Werke ins richtige Verhältnis fetzen will.
Sie weisen nämlich schon darauf hin.
daß Rosegger nicht als moderner Literat.
sondern als Voltsschriftsteller im gute
sinne uszu a k ist. Als solchen kenn.
zeichnet ihn auch der pädagogische Zug
gerade seiner besten Schriften. Er lehrt
und predigt gern, oft indirekt, am lieb
ten aber unmittelbar. Aus den meisten
seiner Erzählungen guckt ein klugeS
Schulmeifterlein oder in freundlicher
Pfarrer hervor, die sich aber so out bin
ter Personen und Verhältnisse tu ver
bergen wissen, daß sie von den Leser
meist nicht bemerkt werden. In dft Art.
das Belehrend, die Tendenz in leben
dige, sinnliche Formen einzukleiden, steht
er einzig da. Er weiß sein Beispiel so
glücklich zu wählen, daß eS nicht eines
einzigen, erläuternden, aufdringlichen
Wortes bedarf, um den moralischen Kern
der Fabel dem Leser sosirt saßbar zu
machen. DaS Volk besser zu machen, zu
belehren, zu trösten, zu erleben, das ist
Roseggers Absicht als Mensch und als
Dichter, und in diesem Sinne sagt cr
auch in der Vorrede zu einem seiner Ge
schichtenbücher: Ein starke! Talent fühle
ich in mir, das jeder Mann haben muß.
der zum Volke spricht daS Talent.
an Gott und Menschen zu glauben und
den Sieg der Gerechtigkeit und Freude
zu erhoffen. Hätte jemand alle Talente,
aber dieses nicht, dann müßte er fchmei
gend sich zurückziehen in eine dunkle
Höhle, um zu grollen und zu derzagen.
Tie irdische Wahrheit ist ernst genug,
ober sie 'verträgt es recht gut. von dem
Sonnenschein der Poesie beleuchtet zu
werden, hne daß sie unwahr wird. Di
Welt ist reich an Niedertracht, und sie
ist reich an Größe und Schönheit. Nur
darauf kommt es an. waj wir Poeten
liegen lassen oder auflesen."
Daß Rosegger mit diesen Sätzen recht
hat. daß daS Volk für nackte Wahrheits
schilderung nicht zu haben ist. das hat
am besten sein Verhalten gegenüber dem
Naturalismus bewiesen. Wer auf das
Volk wirken will, darf nicht die Rolle des
teilnahmslosen Beobachters spielen, er
muß zeigen, daß er daS Volk liebt und
an eS glaubt. Rosegger hat dies immer
getan. Selbst in den Nachtgestalten. die
er zeichnet, läßt er in edles GemütS
körnlein aufleuchten, oder r zeigt ein
liebenswürdige und humoristische Seite,
die den Leser gewinnt. Er legt ja in
jede seiner Gestalten ein Stück von sich
selbst hinein, so daß ein aufmerksamer
Leser von dem etwas sentimental gerate
ne autobiographischen Roman .Heide
peters Gabriel' an die ganze Entwicklung
des Dichter! verfolgen kann, die zu einem
fiShaemuten Lebensbejaher geführt hat,
der nichts Böse? soweit a sich herankom
me läßt, daß ei ihm für die Dauer den
Frieden deS Herzens stören konnte. Mit
seinem sonnigen Humor, seinem unver
köstlichen Optimismus erhebt er sich
immer wieder über daS dunkle Meer deö
Weltleidks und steckt mit seiner echt her,
lichen und deswegen nie lärmenden Fröh
lichkeit auch die andere an. die sich mit
ihm abgeben.
Am schönsten zeigt sich Rosegger! son
nige Tichtergabe in feinen kleineren Er
zählung?!,, die ungefähr dreißig Bände
füllen. Hier liegt seiue Meisterschaft.
Er hat einen glücklichen Blick für daS
Originelle in den einzelnen Charakteren, ;
y : Mf : .
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Lm Amnmel durch an.
Ecm naht an der grojjfn ofEaflatf
He Touristeiistkaße liegt In Wunder
land. Aber da! Heer der Fremde
strömt 6 dem Tor, da! zu einem Para
die führt, vorbei nach Britisch.Jndien,
Siam. den Häfen China und Japan!
und vergißt oder weik vielleicht aar nicht.
daß die schönsten Flecken Erde östlich von
Suez im nicderländisch'indischen Reich
liegen, und dennoch kann rnaa mit aller
Annehmlichkeit und Bequemlichkeit und
unter einem vollendeten Komfort auf den
Dampfern bi! ,u einem Punkt reisen,
von wo man tn knapp zweitägiger Reise
nach Batavia gelangt.
Die Weißen, denen man auf Java de
gegnct. sind Holländer, Amerikaner und
Australler, fast nie Deutsche. Dieses
Zauderland, da die deutsch Empfin
dungswclt besonders innig errege
mutzte, ist sur die Deutschen noch unent
deckt.
Kaum haben wir unseren Fuk aus kn
dischcn Boden gesetzt, da schwindet auch
schon jede! Wertmaß der Zeit in unö
und um uns. Vergangenheit und Zu
kunft entrücken, und wir leben nur noch
dem Augenblick. Wir sehen zu viel
NeueS. Eindrücke. Erlebnisse. Genüsse.
jagen einander, uns scheint manchmal,
als wurde die tropische schwule Luft un
sere Sinne nicht abstumpfen, sondern
empfangsbereiter, fruchtbarer, dankbarer
machen, und als wären wir in einer
plötzlich emporlodernden Erkenntnis
fähigkeit den Geheimnissen der Natur
nayergeruckl.
Was unser Korper hier entbehrt, da!
wird unserer Seele doppelt geschenkt.
TagS und nachts atmen wir erhitzte Luft.
Das macht unS schlaff und müde. Dann
bedauern wir wohl sur kurze Augenblicke
die weißen Menschen, die jahraus, jähr
in unter diesem Druck leben müssen.
dann träumen wir von den frischen flat
tcrnden Herbstwinden, die dabcim über
die Ktoppelselder jagen, und vom Duft
norv! cher Walder nach einem Gewitter.
stürm. Und müde reiten wir über eine
schmale Straße im Urwald. Aber dlöd.
lich stehen wir auf einer Höhe, der Wald
liegt hinter uns. und ein gigantisches
Tal weitet sich ,u unseren Füßen. Welch
ein Tal! Jenseit! auf dem Gipfel der
gegenüberliegenden Gebirgskette zeichnet
sich das matte Grun der Palmenwipfel
gegen das Blau des Horizonts, und da
zwischen liegt in riesenhaftes Amvbi
theatcr von Reisfeldern.
DaS Maß der .!ahrc!ziten ist au!
dem alcnder der Tropenmenschen ge
strichen. Man sät nicht im Frühlina.
man erntet nicht im Herbst. daS Feld
iiegi im dinier nicht brach und im Som.
mer nicht in Blüte. Nein, das ganze
Jahr über gibt es Ernte. daS ganze Jahr
uoer givk es L?aai. Neben uns wiegt
sich der reife Reis in den Rhythmen des
leichten WindeZ, und hundert Schritte
weitr fch dak ist, ganz schüchtern
emporlugende grüne Halmchcn der glei
chen Pflanze auZ dem Wasserspiegel.
Eine einzige Frucht in einem Dutzend
von Larven, im satten Grun des win,
zigen BabypflänzchenS, lachend von Le
daS er Plastisch hervorzuheben und mit
einer entsprechenden Fabel zu umkleiden
weisz. und nicht minder glucklich zeigt er
sich in der Erfassung irgendeines Aus
schnitteS aus dem Volksleben, den er zu
einer schlagenden Pointe zuzuspitzen der
neyi. ave, geht er aber ganz unbe
lummert vor. In einem stark mundar!
lich gesärbten, mit Austriazismcn ost
nur zu reichlich garnierten Hochdeutsch,
oas ncy um orammalita i cde lÄenau a.
keit nicht besonder! bemüht, beginnt er
zu plaudern, von diesem und jenem, von
eigenen Gedanke und Empfindungen.
k C.-.CJ. ..iaj!i . .
i tu) uno riaiuriilli, rote ma int ge
mütlichen Freundeskreise plaudert; da
ran gliedert sich dann die eigentliche Ge
schichte, und unvermerkt steht man mit
ten in ihr drin und weiß gar nicht, wie
daS zugegangen ist. Durch solche Ein
kleidungen, solche gedanken und gemü!
volle Umrahmungen erzielt Rosegger oft
mit unbedeutenden Mitteln eine poetische
Wirkung, die nur dann ausbleibt, wenn
er absichtlich humoristisch sein will. In
letzterem Falle macht sich etwas Geauäl
tes bemerkbar, und trotz der aufgewende
ten Mühe, originell zu sein, verflacht sich
oie schichte ins Banale.
Aus dem Gesagten geht au hervor.
daß von dem, waS man künstlerischen
Aufbau nennt, dci RoseggerS Werken we
nig zu finden ist. Am ersten zeigen
eine solchen noch die kleinen Geschichten,
denn da kommt ihm der schon erwähnte
pädagogische Zug zusiatten, der ihn
zwingt, die Fabel stramm zu führe und
die Pointe präzise herauszuarbeiten. Für
größer Kompositionen zeigt er aber we
Niger Geschick und gerade deswegen, weil
er sich nicht enthalten kann, immer wie
der selbst dazwischen zu sprechen. AuS
diesem Grund bevorzugt r auch in sei
nen größeren Erzählungen die Tagebuch
form (Erdsegen. Die Schriften des
WaldschulmeifterS, Da! ewige Licht),
weil ihm diese ermöglicht, feine Refezio
ne einzuflechten, ohne das Gefüg deS
Ganzen zu stören. Wo er aber ine ge
fchlossene Form wählt, da zerfällt da!
Ganze entweder in einzelne Geschichten
(HeidepeterS Gabriel), oder es bilden sich
größere, abgerundete Teile (Martin der
Mann) oder auch. eS läßt sich stellenweise
ein vollständiges Erlahmen der poetischm
Kraft bemerken, wie im .Wirt sa der
Mahr". Auch die dramatische Form
blieb dem Können RosegserS berlagt.
und fein einzige! Schauspiel Am Tage
de! Gericht!' ist nur in einzelnen Sze
nen dramatisch. Nur ein großes Werk
hat Rosegger geschaffen, vor dem jeder
Tadel verstummen muß: .Jakob der
Letzte".
Die Mangel In künstlerischer Hinsicht,
sowie die Beschränktheit seine! Gesicht!
kreise! lasse Rosegger an di Höhe gro
her, zeitloser Kunft nicht herankommen:
doch sind sie andererseits auch nicht Im
stand, feine Bedeutung als DoUsschrist
stell herab zudrücken. A!S solcher nimmt
er in der Poetengeneration hrc Ggen
wart zwnfello! eine erste Stelle in.
!''!'M.,''Mk!j''''s?MZk
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bn!!rafi wie die paü!bZckige Röte elrns
wohlgenährten Kindskopfes, da! hellere
Grün der schon emporgeschossene Halme,
da! Hellgelb der beginnenden Reife, das
Schwefelgelb der Erntebereitschaft. Und
dazwischen daS Braun der zum Schlamm
durchwässertcn Erde, der aufblitzende
Widerschein de! In der Sonne sich spie
oeluden Wassers. , Ud IIJJ gauze RLc
sen seid ist mit so feinem architektonischem
Geschmack angelegt, als hätten ästhetische
Triebe und nicht der nackte Vorteil der
möglichst praktische Bewässerung beim
Werk gewaltet. ES gibt nicht! in de,
europäischen Landschaft, wa! dem An
blick der von Berg zu Tal angelegt.
Reisfelder vergleichbar wäre.
Wir nähern un! einem Torf. Immer
häufiger begegnen wir den leichtgckleide
ten, barfüßige Menschen, die an zwei
Enden einer Bambusstange ihre Lasten
über di Straße schleppen. Unter hun
dert Menschen sieht man kaum einen, der
feinen Korb, seine Feldgeräte, seine
Flasche in der Hand trüge. Die Java
ner haben ebensowenig Taschen in ihren
Kleidern wie die Japaner, wie die mei
len braunen oder gelben Menschen des
crnen Osten!. Und sie halten Ihre Hände,
mmcr frei und transportieren die Zeich
testen wie die schwersten Lasten, halbe
Pfunde wie Doppelzentner, auf schweren
oder leichteren BambuSstsngcn quer über,
der Schulter. Nur ihre Kinder tragen
die javanischen Frauen in breiten, bunten
Hüftcniüchern schräg bor den Leib ge
bunden.
Noch bevor wir die rste Hütte er
reichen, reiten wir auf der Landstraße
an den fliegenden Restaurants vorbei, die
sich hier vorgelagert haben, um den ,Re
staurateurcn" des Dorfes die Kunde
abzufangen. Auf zwei Körben, durch
deren obere Henkel die BambuZstange
gezogen wird, und die beim Transport
leicht balanzicrend vorn und hinten an
ihrem Besitzer auf und nieder schaukeln,
ist der ganze Vorrat geschichtet: Fruchte,
getrocknete Fische, in Palmcnblättcr ge
wickelte!, gekochter, kalter Reis und auf
Kohlen gewärmter Tee. Tie ganze Fa
milie. Weib und Kind und Brüder d?Z
glücklichen Eigentümers dieser Herrlich
leiten, hockt neben ihm im Staub der
Landstraße und wartet geduldig auf die
Wanderer, die für ein oder zwei Eent
etwas von den Kostbarkeiten erstehen
werden.
Im Dorfe selbst gibt ! ein fkest. eine
Hochzeit. Da geht es hoch her. Sovicl
Menschen kann das armselige Torf sonst
gar nicht beherbergen. Aus der ganzen
Gegend scheinen Gäste zusammengeströmt
zu sein. Die Braut tragt schwere Kci'
tcn um den Hals, goldene Ringe um den
Arm und die große Biautkrone auf dem
Haupt. Und auf der Erde hockt unter
freiem Himmel die Musikbande, die dein
Fest zusammen mit den Schatten oder
Menschenspiclen erst die richtige Weihe
gibt. .
Nicht weniger als elf verschieden In
ftrumente gehören zu einer richtige Mil
sikkapeUe. Nicht die Melodie., sonder
der weich und harmonisch instrumen
tierte Rhythmus ist es, durch den d.?
malaische Musik - gefangen nimmt utö
em wundersam wehmütige Stimmuni
auszulösen vermag. Das klappert un)
klimpert so lustig und doch mit so weh
mutigen Untertönen durcheinander, daß
e! schon von fern sich unverkennbar als
malaische Musik von aller andern Musik
der Welt unterscheidet.
Die Sonne neigt sich dem Abend zu.
Noch steht sie über dem Horizont, aber
schon in einer Stunde wird eS Nacht
sein. Denn weder Morgen noch Abend
dämmeruiig mildert hier am Aequaior
di Härten von Hell und Dunkel. Schon
jetzt aber ist die stärkste Sonnenglut ge
wichen, und wir empfinden dreißig
Grad im Schatten beinah als Kühlung.
AuS den Häusern der vereinzelten Hütten
kommen die Frauen hervor und tragen
auf Bambusstäben über der Schulter
oder auf ihren Köpfen Körbe voller
Wäsche.
Wie Tiere, so sind sie mit der Natur
verwachsen und huschen behend obne Sin
dernisse durch daS Dickicht der obschiissi
gen Ufer zum Wasser. Mit in paar
Griffen sind die Lendentücher gehoben
und festgestcckt. und bis über die Knie
stehen die schlank Frauen im Fluß. ,
schlenkern die Waschsetzen im Wasser ge
gen die Strömung, ringen sie aus und
schlagen dann die nassen .Tücher gkg?n
die Steine deö UferZ.
Zwischendurch losen sie den Haarkno
ten. tauchen ganz unier, ringen ihr Her
aus und lassen es im letzten Schein der
Abendsonne trocknen. Nirgend aber
steht ein neugieriger Mann oder Jüna
ling. um den badenden Frauen zuzu
sehen. Man ist hier keuscher alö in man
chen europäischen Seebädern.
Auch im Ort selbst wird eö jetzt blök,
lich lebendig. .E! ist. als ob jetzt erst,
plötzlich, eine Ahnung über die Menschen
gekommen wär, daß da! Auge de! 2a
geS (wie die Sonne auf malaifch heißt)
letzt gleich nachholen, was sie am Tage
werk in Stunden verträumt und ver
säumt haben.
Noch bevor di Männer und Frauen
do der Feldarbeit heimkehren, ilcn alle,
die daheim geblieben sind, mi tikrer Ar
beit vor die Tür. um in der Stunde Br
.Abkühlung' noch bei Tageslicht mit dr
Arbeit ein wenig vorwärts zu kommen.
Da weben sie Tücher, da färben sie mü!i
silig die Batiken (die bunt Lende- ,
und Kopftücher) mit Pslsnzensästen, 'i
schneiden sie Marionettenpuppen für ihi?
Schattenspiele, da wird der Reis gedro
schen und ntkülst. die Fische, die lcc
über in der Sonne brieten, gewasch-n.
entgrätet, mit Mehl vermengt und' i .
'X
K: chen verwandelt.
Vielerlei Heimiätigkeit haben die
lasen und Javaner freilich nicht, c- :
WaS geschehen soll, das geschieht j t
schnell, noch In der letzten Stunde : .
TageS. Denn schon setzt sich am Hi.
zont ein leichter roter Streifen aa. ft, i
schwindet ein Teil der Sonnenku!, '.
Scho wird es Abend und Nacht.
Wandel do wenigen Minuten,
lllü"i'H,'HHfi.HI
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