Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, February 09, 1918, Image 7

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    ?ZMr CntU TrlllM
rr
I.
i!MieiH ei Vre i-nur'i.1 it.!; Vtn.fi:.
M-l Vrtf j1 (Vlti(f 4,In,if (f fitl
f.. '!. Cw;h.r.. Jn i:nrn l!,d!,,?:n
!df lifab ui tin Myn tt,l
'''fjl-lt !i,:'.kN. t i.-l'l fl (it( VlnMi.t,
:K jft'f, ter ' te t-r Feine I rtt.rl.
!,-!. i i im Wenden wt!iü' wird. tK
i;(t Nw dir C tadt in1. Kf.iit jm'.irnf,
ndd dK tirt nur gute 6 eiueHutt
JJfüh!'!! irehrtn Ibnnttn.
'JJi.n jet, im ganzen war t.i4 Leben
in G'.i!,kjleki. sewett fl die UtiPoStcm
ncnbeit d't Menschfiidaseini .uU'ß. kr
ygl', dir Gkgknd war ctthabtitb,
.rtiö die Cimn-tmet Inllrrt ibr cnteS
.1iitornnun. Ai.tr i diesem Äoftstik
hn I.iuftte dch och eine Schlangt, bis
t-t Dasein trübte die Grenze, tue sich
t) i . r zwischen zwei eitos'.fn i'tcieben hin
z,'g. 'Ißan mußte sich allen !!ft immun
r,ni imfrrti'erfen. DU bisse üiiitUMiina
ms erlegt. Gif tctfd;lof) beis jenseit
liegende Reich und Ufrteuerte boS ilchcn,
ba jeder iMeeienftanb, ber übet die ber
liänanitolIe Linie hin oder her ging,
mit einem K?h,'n Zoll belegt treu.
Da kränkte die brauen Bürger sehr,
besonders da es kein Mittel dag'gen gab.
Nun. es hätte schon eines gegeben.
. aber das war mit Gefecht verbunden,
weil ti berboicn war, und wer schmne,
gelte, der mußte Strafe zeihlcn und
konnte schließlich eingesperrt werden.
Die Zollbeamten in fölüuftnbt weiren
ja geinz netto Leute, was bnsj bürgerliche
Leben betraf, eiber olS Beamte waren
sie nur auö Paragraphen und Borschrif,
ten zusammengesetzt, um die Einwohner
am Echmilggetn zu verhindern.
Wer jemand hindert, seinen Vorteil
jn suchen, der kann natürlich nicht der
langen, bufe er seht gern gesehen wird.
So ging cö also auch mit den Zollbe
amten in ÖliielfteiM; als Menschen leb
ten sie zwar ungestört unter den anderen
Bürgern, aber als Beamte mußten sie
mambes ertragen. Zeigten sie sich in
ßlesellschast. so pflegte man sie gern mit
Schmneigelgeschichten aufzuziehen, und
wenn sie auch so klug waren, mit den
anderen darüber zu lachen, so konnten
sie doch nicht Gleiches mit Gleichem bei
gelten, denn sie wußten leine komischen
Geschichten, durch ihre Berichte wehte im
wer nur der Geist der Gewalt und der
Autorität.
Ja sie hatten wirklich hübsche Geschieh
ten, die Ehrenfchmuggler don Glück
stadt", wie sie sich selbst nannten. Ta
erzählte einer, wie er einen Mann ge
lannt habe, der sei im Winter mitunter
iin Schlitten nach Oesterreich gefahren
u:d habe mit warmem Wasser gefüllte
Vettflafchen mitgenommen. Trüben aber
in Oesterreich wurde dann das warme
Aassei ausgegossen, guter Ungarwein in
die Äcltflaschen gefüllt und auf diese
Weise glatt über die Grenze geschafft.
Ein anderer gab eine Geschichte zum
besten, wie ein Freund von ihm eine
Ziege in ein Pudelfell eingenäht und
Über die Grenze geschmuggelt habe; so
gar einen Maulkorb habe die Ziege um
gehabt nicht etwa wegen des BeißenZ,
sondern damit der Pudel nicht anfange
zu meckern.
Wieder ein anderer erzählte eine Ge
schichte bon einem Warenhausbesitzer, der
Wiener Schuhe aus Oesterreich herein
schmuggeln wollte und sich dabei einer
ganz raffinierten List bediente. Er lief,
die Schuhe an einen Freund schicken
dierundzwanzig Paar waren es der
in einem österreichischen Grenzdorfe
wolnite.
Nun mietete er zwei Dutzend Schul
kinder aus Elückstadt; die mußten bar
fuß über die Grenze gehen in jene Dorf,
in dem der Freund wohnte, dort die
Schuhe anziehen und nach Glückstadt zu
rücklaufen. Das taten sie auch, an ihrer
Spitzt ging der Warenhausinhaber, eine
Fahne in der Hand und mit ebenso lau
tet Stimme wie die Kinder das Lied
singend: Heb' immer Treu und Redlich
keit bis an dein kühles Grab". Als die
Beamten die vielen Kinder mit den neuen
Schuhen sahen, wollten sie dieselben nicht
passieren lassen, aber der Warenhausin
ha ber behauptete mit Necht, es könne nie
mand verweigert werden, in seinen
Schuhen über die Grenze zu gehen.
Das war nicht zu bezweifeln, und die
Beamten waren genötigt, sich zufrieden
zu geben. Sie lachten schließlich selbst
über den Streich. Nur einer ärgerte sich
darüber, das war der Zollinspektor Ner
g. der erst vor kurzer Zeit die Lor
sieherstelle des Glückstadter Kollamts
übernommen hatte, und zwar ti?!,erte er
sich weniger über die Schmugzierftreiche
selbst als über die Art, mit der die BUr
g'r den Steuerbeamten sie erzählten. Er
war ein stolzer, hochmütiger Mann, der
in dem Beamten die Berkörperung der
StaatZautorität sah. Die Burger soll
ten Respekt vor ihm und seinen Beamten
haben; diese! behagliche Zusammenleben
der Einwohner der Stadt und der Be
amten war ihm ein Dorn im Auge.
Da mußte anders werden.
Und es wurde anders. Die größte
Strenge wurde eingeführt, Frühst wa
ren die Bürger, die au Oesterreich zu
riieklamen, wenn sie mit leeren Händen
oder bloß mit kleinen Paketen am Zoll
haue? vorübergingen, mit einem Kopf
nicken seitens der Beamten abgefertigt
worden, jetzt mußt jedes Jäckchen vor
gezeigt werden, und wer etwas hervor
siebente Taschen hatte, dein wurde der
Nock hinten und vorn befühlt. Wehe,
wenn einer dann dreizehn statt nur zwölf
Zigarren bei sich führte!' Er wurde wie
ein Raubmörder behandelt natürlich
mir, wenn der Herr Inspektor Nergei
silbst bei der Untersuchung zugegen war.
Vor allem die Stammtischler vom
Blau! Ochsen", wo er seine. Meinung
oft in recht großsprecherischer Weis? zu
besten gab, waren wenig entzückt über
sei Art uns beschlossen, ihm einen
Denf,)?!!?! zj verabreichen.
Zlt hatten gmi noch keinen rechten
Plan, aber sie hofften, daß sich schon
Ans HcmMßchcn
i: dmuyrf$tdllU. Vcn lunl panli.
ein PMettKll s!nZe weide.
, :t U.' I ch.
( w,'k ein 'l'iem !!t,;,'trptiiitttß
l:.t 7i'-.!-,'lk. ;.!. ttrr.liVfeil k t
H.'nrka'.irrki tvn t;ü,1!MM tVun yr!ik
!!.!,!' tsiim!', uni.-f ihnen auch
dir ,Vi!j'l!it Aergrk. der sih iWn wie
der ixt seine C'tfeMe IN UJIarUMM
0 .Iv .l. ß.
Ta unterbrach i! n Vt Baumeister
5Un!-etft, bet reden ihm siß. tu.t den
li'etten: m?'t ich' Prraep, ich feiere
am Ireeil.iji bis lause mein Ängsten.
Wein g.mzer Hos ist feierlich giLide,,!'
kr umfing mit einer Heinbl'erveauna
den ganzen Ilrei der um ihn it;en
den.
Bor herz war in Glückstabt die ange
sehenste Persönlichkeit, er war, wie man
so zu sagen pflegt, ei Mann, der in
die Welt 'paßt, fein Berulögen erlaubte
ihm ein bekngliche Leben, und es blieb
aueh noch etwa siir seineuten Freunde
übrig. Dabei war er ein schlauer Kopf,
in allen Sätteln gerceht, deislxilb hatte
ihn jeder gern, und da alle wußten, daß
er ein gastfreie! Hau führte und für
das Wohlsein seiner Gäste sorgte, so sah
man rings freudige Gesichter, und die
Zuruse klangen von allen Seiten.
Sie kommen doch auch, Herr Infpek,
toi?" wendete sieh Borberg an ilierger,
der sich noch nicht geäußert hatte.
Dieser hatte nicht die Absiebt gehabt,
die allgemeine Einladung auf sich zu
beziehen; als aber der Baumeister so
höflich fragte, konnte er nicht umhin zu
er!Ie,ren, daß er gern kommen werde,
.Also gut. ich reekrne auf Sie," sagte
der Baumeister. Sie werden e nicht
bereuen, denn ich habe mir da ein Faß
chen Giiinpoldslirchner kommen lassen
was Delikates!"
Hoffentlich doch geschmuggelter!"
rief der Lederhandler Albers lachend,
So weit sind wir noch nicht." gab
der Baumeister zurück. Das Faß liegt
noch drüben.
Du wirst Ihn doch nicht verzollen?
fragte Albers.
Nerger saß stocksteif da. Jn seiner
Gegenwart wagte einer eine solche Frage
zu tun!
Aber eZ sollte noch besser kommen
Natürlich wird der geschmuggelt!" rief
es von allen Seiten. Versteuerter
würde uns gar nicht schmecken!
Nein, nein," erwiderte Vorberg, das
geht gegen mein Gewissen!
Ach was," schrie Albers. Angst hast
du. zu feige bist du, du wagst'S jetzt
nicht mehr
Wagen? WaS ist denn da zu wa
gen? Du weißt doch, wie oft wir schon
zusammen
Ja ja, das waren eben andere
Zeiten. Aber jefet hast du Furcht, jetzt
wagst du'S nicht mehr! Ich gehe jede
Wette ein, daß du es nicht wagst!"
Jeßt wurde Borberg ernst. An mti
nein Mute lasse ich nicht zweifeln."
Nun, so beweise ihn doch!" rief Al
berS. ..Hab' Ich nicht recht?" wendete
er sich an die anderen.
Gewiß!" rissen einige Herren. Er
solls beweisen!"
Erst wettet!" rief der Apotheker
Schindler. Der eine sagt, er habe den
Mut, der andere behauptet das Gegen
teil. So wettet doch, da wird man ja
gleich sehen, wer recht hat."
Einverstanden!" rief AlberS. Wenn
du das Fäßchen unverzollt über die
Grenze bringst, gebe ich ein zweites!"
Angenommen!" gab Vorberg zurück.
Aber, warnte der Pfesserlüchler
Wagner, ihr könnt doch hier, vor dem
Herrn Inspektor, nicht eine solche Wette
abschließen!"
Ach wa," sagte Vorberg, der Herr
Inspektor ist hier Gast und nicht Beam
ter. Uebrigens gebe ich ihm volle
Willensfreiheit. Wenn Ich mich über
hanpt auf die Sache einlasse und das
Fäßchen pasche, so muß ich ja hoch auf
alles gesaßt sein. Wenn keine Gefahr
wäre, hätte die ganze Wette ja gar sei
nen Sinn! Was ich gesagt habe, da
bei bleibt's!"
Vom Rathaus läutete d!e Mttags
glocke, rind die Herren standen auf und
gingen. Der letzte war der Inspektor
Nerger. Er sah mit schlauem Lächeln
den Gehenden nach und murmelte vor
sich hin: Ja ja, ich bin hier nur
Mensch, nicht Beamter, aber wartet nur,
der Beamte wird euch schon packen!"
Zwischen Glückstadt und dem nächsten
österreichischen Ort erhebt sich ein hoher,
steiler, langgestreckter Berg, dessen
Kamm sich wohl eine Stunde weit zmi
schen den beiden Grenzländern hinzieht.
Ueber diesen Berg führen von Gluckstadt
nach Oesterreich hinein zwei Straßen.
Eine davon ist eine moderne Kunst
straße, in Serpentinen angelegt, die sich
in vielfachen Windungen bis zum Gi
pfel schlängeln und von dort, an dein
neugebauten Zollhause vorbei, den Berg
auf der anderen Seite wieder hinabfüh
ren. Das Zollhaus steht genau auf oer
Grenze. Außer diesem Wege, der erst
vor kurzem angelegt wurde, gibt es aber
noch ein alte Straße, die früher die
Verbindung zMchen beiden Ländern
herstellte, diese ist, da sie als Fahrweg
nicht mehr benutzt wiro, ziemlich der
fallen, voller 'Löcher und daber im Som
wer fast unpassierbar; höchster im
Winter, wenn der Schne.e die schlimm
Pen Unebenheiten ausgeglichen hat, keknn
ein kühner Fahrer auf einem Schlitten
die Straße wählen.
E war eine bitterkalte Nacht, al
Nerger, hinter einem Felsblock versteckt,
auf dieser Straße Borberz erwartete.
Zwei Nächte hatte er schon hier gewacht,
lati Nächte klappernd vor Frost hinter
Felsen und Hecken gestanden aber
hier mußte er ihm In die Hände laufen,
es gab keinen anderen Weg nach Glück
stadt. Er überlegte, wie Borberz da
Fäßchen wohl transportieren würde
r.uri, ,k tr,i:df ji i 1 Hn 'e n- J t
tt k.'mm,,,. d,, i, ti mt d k ( v 's
it j.'i)ii Kni mn jjittk M -,tr(
la kttm, tu fa!, A.i.i. r n,n !!.!,
CtliW, der vkn lv:n Kam, t.n;j.
).irn und dkifl.!!g her.i;?jm.
eist Her, , : ! . b, r r 8 iv.i
st! ök lief itn also, wie kk ei deink
g'atjul. gnadee in. die t.inSe,
'Jieraa schlich. gg j.3c lulm
rer.iitrr.b, bet !;,. , iMiiet lind litlüe
sich mit schuf! :vt(iiem oicwrhk hinter
einem eilten Baurnslunipf aus. Hiek
mußte Bpuvtg vor ki. hier wcVAt ti
tiiMrten,
Aber et kam nicht. Wo blieb tt denn
n.itf
Borsichüg streckte Nerger den Kops vor
und sah. daß der Schlitten hielt, eine
verhüllte Person denjelden verließ, ein
Stück die Ctraße I'etu,itetstl,lich, eine
Ülleilc nach allen Seiten Umichau hielt.
dann zum Schlitten zurückkehete. einen
oiegenstand hetaun,ihm und danii! im
Straßengraben verichwand.
Jetzt sah der Inspektor klar. Vor
berg. der siiechieie, überrascht z wer
den. hatte daö Fäßchen versteckt, um c!
vurch einen anderen abholen zu lassen
Jetzt konnte cr ruhig sich abfangen las,
sen. der Schlitten war leer.
Aber er, der Inspektor Nerger, würde
ihm diesen schonen Plan gründlich ber
salzen.
Borsichlig schlich cr naher, und es qe
lang ihm auch, unbemerkt bis zur Stelle
zu kommen, wo der Baumeister der
schivunden war. Nichtig, wie er gemußt,
war bic er damit be chcutiqt. ui ffas.
chen in eine gemauerte Ablaufröhre zu
Mcoen.
Mit höhnischem Lächeln beugte er sich
nieder, legte dem kauernden Baumeister
die Hand auf die Schulter und sagte
freundlich: Ei. ei, Herr Baumeister,
was machen Sie denn hier?"
Borberg, der den Zollinspektor längst
gesehen, schon ehe er sein Pferd ange
halten hatte, fuhr mit einem lauten
schrei in die Hohe, ergriff die Hand
des Inspektors und zog mit einem so
heftigen Ruck an. daß der Beamte in
den Graben taumelte. Dabei starrte er
ihn entsetzt an, chrie mit ana tverzerr
ten Mienen: Hilfe Räuber! Mör-
der!" und war, ehe sich der Taumelnde
aufrichten konnte, mit großen Sprüngen
im nahen Walde verschwunven.
Verdutzt schaute Nerger dem Ent,
fliehenden nach. Er wollte ihm folgen,
aber er fay wohl ein, daß er ihn zmi,
schen den Bäumen und Felsen nicht er
reichen werde, auch war das ja gar nicht
nötig, denn er hatte, ihn erkannt, das
gepaschte Fauchen war in feinen Han
den, Vorberg konnte sagen, Ivas er
wollte, er war übersührt.
Ein froher Stolz schnellte seine Brust,
er hatte gesiegt! Wie stand er jetzt da!
Nun mußten die Glückstadter einsehen,
daß mit dem Inspektor Ncrger nicht zu
spaßen war!
Er holte das Fäßchen aus dem Wer
steck hervor, nicht ohne Seufzen und
Stöhnen, denn es war von detn
Schlamm und Wasser, in dem es gele
gen. naß und schlüpfrig, er mußte hin
knien, um es fassen zu können, und a,s
cr eS endlich in den Händen hatte, be
merkte cr zu seinem Aerger, daß es über
und über mit Schlamm besudelt war.
Aber er berbiß seinen Aerger, denn das
Schlimmste war ja überstanden, dort
hielt noch geduldig das Pferdchen bnr
Vorbergs Schlitten. Es war eine schvere
Arbt, und der Schlamm, mit dem das
Faf; bedecke war, besudelte ihm die ganze
Uniform. Aber es gelang.
Nun ging er hinüber zum Zollhaus
an der neuen Straße und holte sich
einen Zollbeamten, mit dessen Hilfe er
den Schlitten zum Zollamt in Elückstadt
brachte. Dort würbe das Fäßchen mit
Beszlag belegt, während er den Schlit
ten zu Vorberg schickte.
Dann suchte er, zwar erfchöpsl und
zerschlagen, aber doch stolz und befiie
digt, sein Lager auf.
Schon früh am anderen Morgen er
schien er wieder auf dem Amt. Jetzt
wollte er Gericht halten. Er ließ alle
Beamte in die große Halle kommen, da
mit sie Zeugen seines Triumphes wer
den sollten, und schickte einen von ihnen
ab, um Botberg hrlviznholn.
Aber dieser kam eben von selbst. Mit
ausgestreckten Händen ging er auf Ner
ger los und rief mit bewegter Stimm?:
Tausend Dank, mein lieber Herr Jn
spektor, für Ihre Freundlichkeit, mir
meinen Schlitten zurückgebracht zu haben,
und zugleich meine Entschuldigung für
mein Ihnen wahrscheinlich ganz under
siäns.'ches Be":b!,,en sestcrn. Denken
Sie nur, ich habe Sie für einen Räuber
gehalten! Nur deshalb ergriff ich die
Flucht. Als Sie mich anfaßten, glaubte
ich tatlachlich, mein Leben sei m Ge
fahr wir hatten uns nämlich drüben
in L. den ganzen Abend von Näubern,
die früher hier im Gebirge gehaust ha
den, unterhalten, und der etwas reich-
lich genossene vorzügliche Vöslaiier wird
wohl auch daS Seinige dazu beigetragen
haben. Erst als ich ein ganzes Stllek
gelaufen war, merkte ich, ekcl?e Dumm
deit ich gemacht hatte. : kehrte um,
aber ich konnte mich nicht gleich zurechl
finden und kam erst wieder auf die
Stelle unseres Zusammentre ens, als
Sie schon so?! weren."
.Ach. Sie Armer!" sagte der Jnspek
tor mit spöitisibem Lächeln. Müssen
da in Nacht und Nebel im Wald herum
irren und noch dazu das gepaschte Wein j
saßmen in meinen Handen hlien!
.Gepaichtes Weinfaß '? swaie
Vorberg verwundert. Wa meinen
,e damit?"
Da meine ich!" erwiderte der In
spektor, die Hans auf das Wein fäßchen
legend, dis mitten in der Halle fiand.
Tiefes i,aßchen hzn wie geiln nacht
ii'xt die Grenfe geschmuggelt und in.
einem Versteck untergebracht, um es dort
:! ' ii !-!!,. C t ei l'if
; il.üi' '. " rf. rt?t
h i .?;,! ,1 s :i :;.-tft i, um
.cW fi.v; ?.'crg x ?..'!,!!..;.
!ll dez-.n ?,',!
' H lk Jii'Ii.-k. tuuel
au! ,'tt.ik M Z'a:,!p.r.
(ir d't Biamt.n :'.t ii-jVi'.ch.
eti'fn fchiM Ki:t ! i. ! ,? h,-.l,,:-,
O ,1 li ."i.il.-te . c i'ii .tl, I ','( die!k
(t t!, Huf, und jti eil'-t ?':-i!i-ir.!drtan(
h f Ifsrllich l!.iti. !' si.i "i'.i'iit ist da
w:h i '.wKiiiene !xi!iii.
Taä da, ti ist ji !ii!l;ch
''.ylkZ" slaiiimkl'.e d t Iü'p'ü. k. um
k!gie,s,i,d und ,.Z.N Ut
ball : d.
.Ich !i,.!k ,Z Ihnen ji alq,!'
Und n l jti stauch, ii wie denn ein
n iß Ü!!',sit iil!k die l'inn-k zu k'iin
gens
eckt et' dat'iniet!"
.Dutifiaii nicht, ui jnsftftut. Ich
will f Jlmen geii, " ii. U",'zu ich tä
brauche, 'lai ist Tsuswasstk! Ich bin
Oesterreich t. und alle meiue Kmk'er sind
mit stett.ichiichem .'asjer get,iist, Daj
ist c i ii alter Brauch in meiner ijamilie,
Tietkunirbniet iiiuch!" fagie der
Jnspeliot spöttisch, .'arnm Uerfir die n
Sie bann fcaü Fäßchen f Wasser ist doch
steuerfrei!"
Aber Borberg ließ sich nicht anS der
Fassung dringen. Das Tansivasser
muh über Nacht im Freien bleiben, sonst
verliert es die Kraft. DaS ist natürlich
ein Aberglaube, den ich ja al ansgellär
ter Mensch nicht teile, aber dech mit
mache, weil es ja auch nichts schadet.
Mein Kutscher sollte das Iäßche heute
morgen abholen. Jetzt muß ei min hin
über nach Oesterreich, denn da ist nicht
mehr zu brauchen."
Der Inspektor hatte aber noch eine
Frage. Und die Welle r rief et. Was
ist damit? Ist die auch zu Wasser ge
worden V
Ach ja, lieber Herr Jufpeltor, die
hab' ich verloren! Den Schaden muß ich
tragen und trage ihn gerne, denn die
Geldstrafe, die ich hätte zahlen müssen,
wenn Sie mich beim Weinschmuggel er
wischt hätten, wäre doch noch größer ge
Wesen. Das Fäßchen mit dem Wein
steht noch drüben in Oesterreich, ober es
wird uns biesen Abend doch nicht seh
len, mein Kutscher ist schon hinüberge
fahren. Ich hofse also, daß wir heute
recht vergnügt ein Gläseben zusammen
trinken werden, denn daS sind Sie niir.
Sie stolzer Sieger in diesem Strauße,
schon schuldig!"
Es war eine sehr gemütliche Feier,
der Tanfschmaus bei Borbergs. Es
wurde gut gegessen und noch besser ge
trunken. Auch der Inspektor, der noch
immer in seiner Siegerlanue war, hatte
das Glas öfter geleert, als ct's sonst ge
wohnt war.
In bester Laune trat er an Borberg
heran und sagte: Der Wein ist famos!
Und wissen Sie auch, warum er so
gut schmeckt? Weil er versteuert ist
und das haben Sie mir zu verdanken!"
Ta miiß ich wibersprechen," gab
Vorberg zurück. Der Wein ist doch ge
pascht!" Nerger lachte, er wußte ja das Gegen
teil zu genau. Da wäre ich doch neu
gierig, wer ihn gepascht haben sollte!"
Das sollen Sie sogleich crsahren,"
antwortete Vorberg. Sie selbst, mein
lieber Herr Inspektor, hatten die Güte,
das zu tun. Ja, Sie! Sie! Sie!"
Jetzt kommt wohl wieder eine Räu
bergeschichte?" antwortete der Inspektor.
Äanz und gar nicht," sagte Vorberg
ruhig, nur ein streng sachlicher Bericht,
der Sie über alles aufklären wird. Auf
dem Schlitten befanden sich nämlich
zwei Fäßchen, eines mit Wein, das an
dere mit Wasser gefüllt. Das mit Wein
stand unter dem Rücksitz des Schlittens,
das andere auf demselben. Eines der
beiden mußte ich Ihnen zum Opfer
bringen. Sie werden begreifen, daß ich
das nnt dem Wasser wählte. Es war
der Köder, den ich auswarf und Sie
nahmen den Koder an.
Sagen Sie doch nicht immer Köder,"
rief der Inspektor ärgerlich, ich bin doch
kein Fisch!"
Verzeihung, der Vergleich war viel-
leicht nicht ganz passend. Jedenfalls
aber gelang es mir. in Ihnen die Ueber-
zeugung zu erwecken, daß das Fäßchen
das vielbesprochene Weinsäßchen wäre.
Das war es, was ich wollte, und meine
Scnlußfolgetunq, daß Sie nunmehr eine
weitere Untersuchung des Schlittens nicht
vornehmen würden, erfüllte sich. Ja.
noch mehr. Es erfüllte sich auch meine
Vermutung, daß Sie mir mit dem
Schlitten auch das gepaschte Fäßchen
Wein .ins Haus schicken würden,"
Alles lachte, und der Herr Inspektor
erwies sich als ein kluger Mann - er
lachte mit.
So ist ! rech!, sagt: der Baumeister.
Und alle meine Gäste werden schweigen
über den Streich, zumal ja jetzt das
Fäßchen leer ist. Aber bleiben Sie nur.
meine Ocrrsckiaftcn, ich höre eben einen
Schlitten klingeln. Das ist mein Kut
scher mit dein zweiten Fäßchen, Von dem
können auch Sie ruhig trinken. Herr
Inspektor, denn daS ist beisteuert
nicht von mir. sondern bon meinem
Vcttgegner. Kommen Sie, wir trinken
ein Glas auf unsere Freundschaft und
die Hoffnung, daß Sie uns in Zukunft
ein milderer Richter sein werden. Tann
soll das unser letzter Schmugglerstreich
gewesen sein."
Hell klangen die Glaser zusammen.
Frei hat Gott die Menschen er
schaffe,!, damit diese sich selbst ihr
Schicksal bereiten.
Nur wer einmal unter den geiu-
k.'lnden Bilden der Nackt dahingegangen
ist und einßkaft a:if die eli'ime Mah
nung- seine Innern aelaeisit hat. nur
der versteh! bdllici. wie andern zumute
war, die in ähnlicher Lage den Ausweg
Die Liebe i't durchaus egsisiisch.
und dies macht sich nur darum nick!
fühlbar, weil hier wenigstens ein Egoie
mu mit dem anderen zuszimiientrifft.
dTn, wenn bet eine, wie bet andere,
auf den Bes' entbrannt ist, kann von
F.-isel l:.iw 7uH i-;n, .
Wcr iic Ailjl ljal
stiiit lusiic'., i' i'ii'i'dk ? der ..Prwrsitttig" zx Aussljlnnq brr rrnr
.idlknnncn.
iVn vit 5chm!k).
In tW-.i,- bkk ,z,-,.-,,j!tt,k.-,'li,
!,!,I,,r.z ?i( ri.-iVal Mit dem
:-!,d:i;irriirn isi,rn:t.teii 0 :f den
Zi'.d. C'e jnV.le die Aüwkl.nd.'
eins, ziit Clsnna z !'i;;n0i, rtflfich
ii b i,icmid nordc!i!!.f! UW.'.(, eidge
Mini l'c-n mel iet,'n 'Jil.iMetiniitn, die
p' wlplvnden Ftbiii der Fa
.b.iirm'n" eii'er beißenden Kritik ''
Ierzrin und feitsieilKii, daß die eber
noch füm Gcüinnerliiit nnb die Faccn
an einem vorlchljahrigen Naumiingz
t'er?,s sl,iu,m!c. Aber anck, diese Kritik
s ? lies bei dem Nus zur Ordnung ein.
und neich noaliiialigeüi Klobfen war nur
niebr biß Klingen und Klirren nge
schickt g.banbli.ibter Str!e!,iabeln, sowie
das eiwiirlnnnsoollc lüäuspetn inänn
licher Kehlen vernehmbar.
Wir kl'inmen jetzt zur Taa'?ord
nung." erklärte die Borsitzenbe. Einine
Herren in den erste llieiiien zi'ge sich
mit kräftigem Nuck die Westen fttamm,
setzten sich straff in Positur und lianien
mit der überlegenen Miene alter Faeb
Männer der Dinge, die von den neuen,
unerfnhrenen Wählerinnen kommen soll
ten. Es waren derschiedeuc Typen von
Herren zugegen. Da saß der kleine,
dicke öleruegtoß mit einem tnartialifehen
Sttups'elschimnzer ans der geblähten
Lippe und blickte wie eine bissige Bull
dogge drein. Ihm ging der ganze
FrauenstimmrechtLkram gegen den Strich!
Was wollten überhaupt diese Weiber?
Am liebsten hätte er mit der Faust
dreingeschlagen und gebrüllt: Die Frau
gehört ins Haus! Sie soll Kinder ver
wahren, Strümpfe stoppen, das Essen
zeitig auf'n Tisch stellen und dem mit
Schlafrock und Plüschpantofseln durch's
Haus schlürfenden Gatten nicht die Ge
miitlichkeit verhunzen!"
Den Gegensatz zu diesem Haustyran-
neu bildeten die Vertreter deö angeblich
stärkeren Geschlechts, die wie wohldres
sierte Schoßhiindchen ihren energischen
und meist etwas üppig geratenen besseren
Hälften in jede Versammlung folgen,
dort wie Opferlämmer alles geduldig er
tragen und auf höheren Befehl ihrer
unterdrückten Frau" rauschenden Bei
fall spenden, der ost durch einen wohl
gemeinten Tritt auf die Hühneraugen
oder einen liebevollen Ellenbogenstoß in
die Rippen etwas aufgestachelt wird.
Dann saßen da die Verehrer alleS
Weiblichen, die jeder Schürze nächste!
gen. Diese Herren dachten mit kaltem
Schauder an die Bilder gewisser Stimm
rechtsFllhrerinnen und bejammerten die
verheerende Wirkung des Wahlrechts auf
die weibliche Schönheit, die jetzt noch im
Blütenreiz und kurzen Nöckchen um die
windigen Eckcrt des Broadway trippelt,
oder in köstlicher Reife majestätisch ein
herschreitet. Zu dieser Sorte gehörten
abgetakelte Jubelgreise mit grauen Ga
maschen und einem unerschöpflichen Re
pertoir don Schmeichelphrafen. Ferner
grüne Jünglinge mit ausgemergelten
Totenkopfgesichtern. Sie trugen lächer
lich enge Affenjäckchen und hatten die
Hosenbeine bis in die Kniekehlen hochge
zogen. Und wenn von einer Dame ge
sprochen wurde, dann lächelten sie ver-ständnisinnig-gemein
und taten so, als
ob sie sämtliche Früchte des Baumes der
Erkenntnis genossen hätten, obgleich sie,
was aber niemand wissen durfte und
ihren größten Weltschmerz bildete, zu
einer asketischen Solidität verdammt
waren.
Auch die unverbesserlichen Freiheit
und Gleichheitskerle waren da, kaltnasige
Weltverbesserer, die die Erde aufteilen
lind MännleiN und Weiblein immer nur
als sachliches Ding betrachten, das zum
System gehört, sich aber gleich ist, und in
dieser Gleichheit die zauberischen Gegen
sätze verliert, in denen das wundersame
Geheimnis der Weltratsel schlummert.
Klopp, klopp, klopp, machte das Harn
merlein.
Die Tagesordnung der heutigen Ber
sammlung ist eine Besprechung der Er
richtung von Schulen, in denen die neuen
Wählerinnen des Staates über die Jn
ftitutionen dieies freien Landes und über
Bürgerpflichten unterrichtet werden, da
mit sie von dem ihnen zuerteilten Wahl
recht bernünftiaen und nützlichen Ge-
brauch machen können."
Drei Stimmen aus dem Publikum:
Ich bitte ums Wort!"
Klopp, klopp, klopp! Frau de Black-
barn bat das Wort."
Die Angerufene erhob sich. Ihre
üppigen Formen preßten sich eng in das
mollig.weiche Pclzwerk eines $1439.98
Kolmsty-Mantels. Sie verneigte gru
ßend das von Massageexperten und
Kopfputzkünstlern vorzüglich konservierte
Hanpt und machte eine leichte Geste mit
der wohlmanukierten Hand, daß die
großlaratigen Brillanten Blitze zuckten.
Alles an jhr war eine Schmelgerei von
Reichtum und Ueberfluß, die in krassem
Gegensatz zu dem Bilde stand, das sie
rnii ihren Worten malte.
Sie sprach von abgerissenen, in Tene
menthöhlen hungernden und frierenden
Weibern, von siebenköpfigen Familien
müttern", deren unterernährte Kinder
immer nach Brot schreien. Und das ge
kietzte, geplagte Weib schindet sich von
früh bis spät, rutsebt auf den Knieen
herum, schuftet ohn' Unterlaß und kann
doch die knurrenden Mägen der sieben
Wölflein nicht zum Schweige bringen.
Natürlich kann diese Frau sich nickt um
das ösfenüicke Leben und die Politik
kümmern. Vielleicht ist sie sogar einae
wandert und k'nnt die Landessprache
nickl einmal. Ihr einziger Wirkungs
kreis ist Ut Familie, und sie bat gir
keine Ähnung vom Nerfsisungs, und
Vetmaltungslvefen. Ihr Mann dige
N'n steh! mitten im Leben, wählt seit L7
Jaht'n und k-nrt diese Dinge wie seine
i; iuier! i VV. :'t M U
'.vie bi, e;'.!
ivn r. 'e iUtii linier!
.:-! tvn dem ll:tf!s,k.i,d
al.'l, ti. tit,s vt, 3:ünn
.,'!'! Iü d sn:r!re!;un.ilt!t und biill
d;!M!iMb.if,N;inln1i d'ii an Ut iui.Hku
Me rr'li.eMi Plijjten für die edelste
'.s'iit.
Diese Frauen miisien wir aufklären,"
lies die Yi dneriii mit slauimender Be
ge;s!en;i!g. jie miissen den Betwal
tiiiiiiZbf trieb lernen und (in klare Bild
ton unseren Institutionen erbalten, da,
mit sie durch diese !7rZennlniZ zum elge
nen und zum Borteil der ganzen Mensch
heit bester toäbl'n können!"
Biausender Beifall! 2enn Frau de
Black',irn spricht, wird immer Beifall
geze'llt; denn selbst ihre Widersackerin
neu befüieliten, daß ihnen sonst die Gunst
der großen Gesellschaftsdame verloren
gehe. Noch drei andere Damen ergrif
fen das Wort" und sprachen ganz im
Sinne der Vorredner,, was sie gehötig
betonten, um der ersten Neducrin z
schmeicheln und von ihr eine Einladung
zum Tee zu erhallen.
Tann trat eine Frau aus dem Volke
vor, die etwas männliches und robustes
an sieh hatte. Doch die derbe Herbheit
wurde durch dralle Korpulenz obge
schwächt. Es war eine Frau mit Haa
ren auf den Zähnen, die sich kräftig in
den Hüften wiegte und in jeder Debnttc
ibren Mann stand, zumal wenn sie die
Fäuste in die Seiten stemmte, tief Atem
holte und loslegte.
Wählerinnen und Wähler," derbes
serte sich die Rednerin aus dem Volke,
nachdem ihr gewohnheitsgemäß die An
rede (Genossinnen und Genossen" ent
fahren war. Tarauf behauptete sie in
schmucklosen Worten, daß die geplante
Uulerrichtiing der Frauen des Arbeiter
standes höchst überflüssig und ein Zeit
vertreib rellamcsüchtiger Gesellsehafts
damen sei.
Mit einer pelzgekleideien Modedame,
die etwas von Legislatur, Korporations
aktien und Ezekutivpflichten erzählt, ist
der Frau, die um ihr tägliches Brot
ringt, nicht gedient!!!"
Durch die Anwesenden wehte eine steife
Briese des Unwillens und Widerspruchs.
Man hatte doch schon Komitees ernannt,
die Arbeit eingeteilt, eine Bewegung"
eingeleitet, sowie Bilder und felbstge
fchnebenc Interviews der fuhrenden
Damen an die Zeitungen geschickt. Als
die Rednerin die Opposition merkte,
wiederholte sie hartnäckig ihre Behaup
hing und bot Beweise für die Richtig
keit ihrer Ansicht an.
Beweise! Beweise!" rief eS auS der
Menge.
Gut! Sie sollen Beweise haben," er
widerte die Rednerin hart und rüstete
sich, ihre höchsten Kunsttrümpfe auszu
spielen. Mit freundlichem Lächeln, das
nicht die List des Weibes verriet, wandte
sie sich an die Herren und fragte sie der
Reihe nach, seit wieviel Jahren sie ge
wählt hätten. Die Gefragten antwor
teten weithin vernehmbar mit elf, ein
undzwanzig, neun, vierzehn usw. Jahren
und reckten sich stolz als Veteranen die
ler Wahlschlachten und Triumphatoren
der Politik.
Es trifft sich ja ausgezeichnet, daß so
tüchtige Wähler anwesend sind," rief die
Rednerin. Die Herren, die das pfiffige
Leuchten aus ihren klarschauenden Au
gen nicht bemerkten, schmunzelten selbst
bewußt über diese vermeintliche Schmei
chelei. Nun werde ich den langjährigen
Wählern einige Fragen vorlegen. Ich
bitte darum, sie nach bestem Können zu
beantworten!"
Und nun ging der Spaß los!
Die erste Frage lautete: Auf wieviel
Jahre wird ein Bundessenator gewählt?"
Ter Wahlveteran, an den sie gerichtet
war, schnitt ein dummes Gesicht, grinste
verlegen, zuckte die Achseln und schwieg.
Tann ging's dem zweiten Experten
der Politik an den Kragen: Wieviel
Siabträie haben wir in New Fort?" Der
Angeredete fühlte die Blicke aller auf sich
ruhen und sein Herz biibbern. Er rang
nach Atem. Sein Ruf stand auf dein
Spiel. Er wußte es nicht, aber als for
scher Jankee versuchte cr, sich mit einem
kühnen Bluff" aus der Affäre zu zie
hen, indem er schlankweg bebauptete:
Neunzehn". Falsch!" Sieben
unbzwanzig" Wieder falsch!"
Einunddreißig," riet er nochmals dreist,
Gestehen Sie doch ruhig ein, daß
Sie keine blasse Ahnung balien," rief die
Rednerin höhnisch, worauf der große Po
litiker beschämt ans seinen Stuhl sank.
Sein Nachbar, der wenig Lust der
spürte, durch seine Ignoranz zum Ge
spött der Frauen zu werden, hatte bei
diesem Frage und Antwortspiel fchleu
igst seinen Hut ergriffen und fehlängelie
sich geduckt mit vierter Geschwindigkeit
dem Auegang zu. Aber ehe er die rct
tende Pforte erreichte, hallte es hinter
ibm: He! Sie da! Nicht kneifen! Wollen
Sie uns vor Ihrer plötzlichen Abreise
nicht noch schnell erzählen, wer iin Aun
dessenat das Präsidium fiihrt?"
"A.k l).nl, Iif know.!" lachte der
Ausreißer, und schwupp, war er hinter
der Klappliir verschwunden.
Eine allgemeine Nervosität hatte die
Vertreter der Spezies maaeiilini gow
im befallen, denen die Sache ungemütlich
wurde. Sie rutschten bin und her, als
ob sie auf glühenden Kohlen säßen. Meh
rere Geistesgegenwärtige rißen die Tol
lat.Uhr aus der Tasck,?. sprangen be
stürzt auf, murmelten etivas von Berab
redung. Begräbnis der Tante oder dem
nächsten Zuge und strebten in Cilmeir
schen aus dem Lokal. An'tw: vrkn'i
melten sii) heimlich still und leise wie
Z-chpreller. Eine allgemeine Stampede,
die auch die zLvknden Hasenfüße rniige
W,ch!,!,'.Ii!
M in Kr .
IU ttnn
Cie we'ß :
.i r !' n Je;
'".! i :. .'.i"..1 t
,''5 b -.!i, dv.re ,.!;,?". tritn b!e
fUtvtf'.'riHsf T t i't n;1t leit
d't C f-rl ibtfl liVn C ?! tn, tVn
,Vnf s'I l t ..!'f ? f ,' ', t t
ii".rt l '!". in" in M J-!'t '. hu
de'id i' k ?'..,,wk d.' U'n v ."rfit !,.
d,k ß,, ,!!?.,, ?j!d, z'i'ie,,?
i.-.tf,-, e!l d, t C.k'..t.,n!M.M.:,'.-.'n f e
t f ,";i:,t1 zu ftri.ffi ind ii u
n-iüde lütt K,' k ii? d i'fti ivi'tvi!
j .i f bau
!,
,n r.!i U
Ijr.ni,;I:t:,VH i fitilir
.'.t.il i,M;';f.
Un de V.abir.-.l:! ,:ch d r V.'Ii,
f.ttif bis yj.bnetiU fiii !, 't ' d ';.'if
tUi',itb!..f.nf Vii'n ka! ii sie i.ch d!'M
dkeilt I't, it geni.i.dt und i,bet Ue .Un
tennti'.i der unftf.iknencn ' ! !. ti'i"
nutlnbiej flc!o.lieH. Aber wen man an
die Türe de Hauleini ibfS Berüandek!
klopsk. dann ist niemand dabnm!
.Sprecht do,, i t.r; iiiebtiei'n Wähler
und aiifgeiei.? neten Poliliter! Cagl
mir, ltvnii'4 itt wißt, auf i diel
Jabre ein Assiwblbmitglied gewäblt
wird, wer einen Bude!i'btricker in
Amt fehl, wie groß die Zahl der bon der
Stadt New ?ork nach Albany geschickten
Senaloren ist.
.Jl,r schweigt? Jhr wißt'S also nickiU
Na, dann sagt mir wenigstens. In wel
ifiem Koiigreßdistrilt Ihr wohnt! .her.
ans mit bet 6 Pracht, niemand braucht
sick, zu genieren!"
Totenstille!
Die tüchtigen Wähler, Bürger und
Politiker schnitten ellenlange Gesichter.
Einige erkannten die traurige Komik der
Situation und fanden den Mut, über
ihre eigene Dummheit verlegen zu lachen.
Andere kauten wütend an 'Schnurrkrt
spitzen und Unterlippen. Alle standen
da wie begossene Pudel und gebadete
!iater und wünschte, sie wären nie In
diese unselige Versammlung gekommen,
oder daß sich die Erde aufläte. um das
gräßliche Weib auf dem Podium zu ver
schlingen. Aber die sonst so gütige Mut
ter Erde tat ihnen den Gefallen nicht,
und die Rednerin blickte das gottsjäm
merlickze Häufchen Elend mit einem ver
ächilichen Blick an und brach dann im
wohlberechnelen psychologischen Moment
in ein so herzliches Lachen aus, daß ein
Zucken und Wiehern durch die ganze Ver
sammlung ging. Aber ehe ein toller, die
Rippcn zu brechen drohender HeiterkeiiZ
stürm das lustige Finale der Versemirn
lung blies, rief sie noch: Glauben Sie,
daß es nötig Ist, dem iclgeplagten Ar
beitcrweib Bürgerkunde einzutrichtern,
wenn die Herren der Schöpfung, die seit
Jahren durch ihre wohlweifen Kenntnisse
die Geschicke von Land, Staat und Stadt
lenken, keinen schwachen Schimmer davon
haben?"
Tableau!
Vom leipziger MeMmt.
Die Jahrhunderte alten Messen, die
Leipzigs Weltruhm begründet haben,
wurden vielfach von den verschiedensten
Seiten angegriffen. Nicht nur, daß
man es im Auslande versucht hat, sie
nachzuahmen, nein, auch im Inlands
hat man mehrmals den Versuch gemocht,
Leipzig den Rang als Weltstadt abzu
laufen. Alle Versuche 'sind gescheitert,
aber man sah die Messen stets nur als
eine Privatangelegenheit der Stadt,
Leipzig an und wollte ihnen keine orö
ßere Bedeutung zukommen lassen.
Auch hier hat der Krieg helfend ein
greifen müssen. Wie so oft, sah man
erst im Augenblick der Gefahr auch den
Wert der Leipziger Messen mit anderen
Augen an, und nun begann ein reges
Treiben, um den Bestand der Messen zu
sichern und sie zu verteidigen. Den re
gen Bemühungen ist es gelungen, nicht
nur die Kreise der an den Messen betei
liglen Industrien aus die Gefahr auf
merksam zu machen, die öem Bestände
der Messen drohte, fondern auch der
fachsische Staat und sogar die Reichs
Verwaltung konnten dazu bestimmt wer
den, den Messen endlich den Charakter
zu verleihen, der ihnen schon feit Jahren
gebührte. Der sächsische Staat, die
Stadt Leipzig, Handel und Industrie
haben sich bereit erklärt, jährlich große
Summen zu einem weiteren Ausbau der
Messen zur Verfügung zu stellen, und
nach den Verhandlungen des deutschen
Reichstages ist zu erwarten, daß sich
auch das Reich mit einer größeren
Summe an den Kosten beteiligen wird.
Damit ist da Bestehen deö neuen Meß
amtes sichergestellt, dessen Budget sich
auf weit über eine Million Mark im
Jahre belaufen wird. Diese Summe
wird sicherlich ausreichen, um durch eine
umfangreiche Propaganda im In und
Auslande für genügenden Besuch von
Einkäufern und Ausstellern zu sorgen.
Das Meßamt besteht aus einem Auf
sichtsrat von zwölf Mitgliedern und dem
Vorstände. Dem Aufsichtsrat gehören
an: je ein Vertreter des Rcichsamts des
Innern, der sächsischen Regierung, je
drei Vertreter der Stadt Leipzig und der
Handelskammer zu Leipzig und vier '
Mitglieder der Zentralstelle für die Jn
teressen der Leipziger Mustermessen. Den
Vorsitz führt der Oberbürgermeister von
Leipzig oder der Präsident der Han
dclskammer.
cistreichigkcitcn von Moritz
Moszkowöki. Einige ebenso amü
fante wie boshafte Aphorismen des be
rühmten Klavierdittuosen Moritz Mosz
kowski weiß der Mmestrel" mitzutei
len: Im Reich des Gesanges ist Italien
eine Zeitlang das Land des Bel Canto
gewesen; heut lxrrscht dort die Malaria
vor. Einige Komponisten von Sin
fonien in unseren Tagen haben sich Er
den Beethovens genannt. Daß sie die
Taubheit Beethovens geerbt baöen, ist
dabei die sicherste Tatsache. Man sagt,
daß der größte Teil der Musik der Ge
genwart sehr gut ist. atet daß sie ob'
feheulich kling!. Von diesem Paradox
glaube ich nur die Hälfte. Anton
Rubinftein sagte einst, fein Klaviersr-iel
ironisieren?: Mit den falschen Noten,
die ich im Lause meiner letzten sich!
Konzerte g'spielt habe, könnte ich ein
siebentes geben." N.ibinltein ist joi. a'xr
diese! siebente Konz'rt lebt noch immer."
1 i
fliiSillll
''!!'"''"!!?"'"!!'!'
M,f'II!'M,lNMN,,IiNM'l!ilnm,,,,,,',,,,, mm-mmmmmmvWMimmnm riIIII!!!!!'l!!Il!i!'1!!!N'II!',.'ciiI!I'''l'II!I'I!"II!I!?N''lIIIttII''''!lI'r''!IIII!'l!!'!I'tI''It
iF'Pi irwirii1 w
I UUr
IWSWWWWiZSWSSöRZMEWWWSWURÄ!
y : Ml" ii'ü mv w "i.f i tm tmii-'Mm
ii
btMhiiJt
du'u ti'M fcij icUiiubuüiiu huuJll stiX
y
it'ütüüfii'iüni'iii'üüf
O
üj4Uii;w