Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 15, 1918, Image 2
J. 3 -U"XXj JJUwjimÄ .4W. -Wi-.l-S.l"sW'SÄ'b- A.Jaua-i.Xilii f jii4-4-1-n-'-J--a-' eilt M Zllc. Erzählung vo C. Hirundo. I. In den blühenden Kamcliengkbü scheu im Park der Billa BoneUa am lioinetfee schlugen die Nachtigallen ihr sehnendes Lied. Die hellerleuchleten Fenster der Villa wurden dunkel, die Gäste hat ten sich teilS zu Wagen entfernt, teils trugen sie Mit Lampions beleuchtete Schiffe über den leise wogenden See. ES war das Lerlsbungssest der jungen Gräfin Elfe, der verwaisten Nichte des Hauses gefeiert worden, mit all dem Glanz, welcher der Stel lung und dem Reichtum der Familie Bonella gebührte. Still lag jetzt daZ HauS, der Lärm der Gäste war verstummt, Hand in Hand stand das Brautpaar aus der Hatmorteriatfe. Herr von Wollen war ein Deut' scher. Sein umfangreicher Besitz lag on der Nordsee; nach seinem Rücktritt vom Militär widmete er dem Erbe seiner Ahnen seine ganze Kraft. Seine herkulische Gestalt mit dem schönen blonden Haupte neigte sich herab, um der zierlichen Braut m die Augen zu schauen, welche, das seine Kopfchen an seine Brust ge schmiegt, träumerisch den Schiffen nachsah, die sich wie Glühwürmchen aus dem See verloren. .Endlich!' und Herr von Wollen atmete lies auf. Endlich, den ersten Augenblick, seit ich dich mein nenne, mit dir allein! Komm Elfe, wir wollen zum Ufer gehen!" Er zog den zarten Arm Eises m den seinen und führte sie hinab durch dm Garten zu einer Steinbank. .Else, mein Lieb, mein Kind, mein alles, fühlst du mein Glück?" Statt aller Antwort schmiegte sie ihre volle Wange in feine Hand, daß die dichte Flut der Haare über ihren Nacken und ihre Brust herabfloß. Die starke M'ännerhand bebte. O Elfe, sprich ein Wort, ein ein ziges Liebeswort, nun sind sie ja end lich fern, die vielen beobachtenden Menschen, allein sind wir das erste Mal, nur einmal jetzt nenne meinen Namen!" " ' t .t Elfe richtete sich auf, sah ihn mit den rehbraunen Augen schelmisch lg. chelnd an und flüsterte: .Mein EnäM ,ü, mein Lieb, wie oft hab ich Zeit fahren diese Stunde im Traum ge sehen, wo ich dich für ewig mein hal ten darf! Elfe, nicht wahr, du weißt, daß ich dich nicht seit den kurzen Ta gen meines hiesigen Aufenthalts erst liebe? Ich halte dich in meinem Her zen, feit :ch zuerst dich sah. ein halbes Kind noch, im Klostergarten zu Co mo, wo ich von Marchefe Paolos Pa last aus hinabsah! Immer und im nier wieder trieb es mich von meiner nordischen Heimat zu jenem Kloster garten! Tein ganzes holdes Wesen tranken meine Blicke in jenen Tagen, du wurdch meinen Gedanken, was mir noch nie ein lebendes Wesen war. ), Else. Elfe, könnte ich zählen, wie oft ich dir damals vom dunkeln Bo genfenster aus ganz wonnetrunken zu genickt habe! Weißt du noch?" Elfe sah erstaunt zu Erich auf. .Ich kann mich nicht erinnern, sagte sie zögernd, fast ängstlich ge macht durch seine heißen Blicke. ' , du Schelmin'. Ich begreife, daß deine mädchenhafte Schüchtern heit dir bisher, vor den Verwandten verbot, mir einzugestehen, daß auch du schon damals in der klösterlichen Zurückgezogenheit in Liebe an mich dachtest, aber jetzt, hier an meinem Herzen. Elfe, gestehe ein. was mir deine lieben, schönen Augen schon da mals so oft verrieten, daß du mein bist mit jedem Pulsfchlag deines We sens, denn das Schicksal hat uns für einander bestimmt! Laß dich mahnen. HerzenZlieb, an jenen Mandelbaum. der seine rosa Blüten an der Wand des Palastes so hoch gestreckt hatte, daß du sie nicht erreichen konntest; ich brach sie ab und warf sie dir vom Steinerker mit heißen Küsfen zu! O, wie selig machtest du mich da, denn seit jener Minute wußte ich. daß du mich liebst, wie ich dich! Das gestehst du mir nun doch zu. nicht wahr?" , Er sah khr verneinendes Kopffchüt jeln nicht mehr, denn er umschlang die seine Gestalt in heißer, ungestü wer Liebesglut und küßte ihr Augen. Stirn und Mund. Lachend entwand sich die Kleine der stürmischen Um armung, und halb fchnzend, halb zmnend sagte sie: .Aber Herr von Wollen, was würde da die Tante und der Onkel, och. und meine Ilse saaen!" Wie sie c?n Namen ihrer Schwester nannte, sprang sie auf. und ? ging wie leises Schluchzen durch ihre eben noch so helle Stimme. Nasch faßte Erich ihre Hände, zog die leise Widerstrebende zu sich auf die Ban! zurück und begann in ern stein Ton: 0, Else. nur jetzt denke einmal nicht an die Schwester, an mich al lein lenke, denn mir gehörst du nun ;Ü Leib und Seele, vn) jeder Ge dsiikk. Mr Pulsichlag muß mein, nur r e:.i sein. Ich kann nicht teilen, ich ehrt und würdige die Gefühle, welche du für deine einzige, deine Zwil lingsschwester hegst, aber du mußt lernen, diese Empfindungen zu tren nen. Deine Liebe zu mir darf nicht beeinträchtigt werden durch, durch...." er zögerte den Namen der Schwester nur auszufprechen. Else hatte ihre Hände srei gemacht und sah in größtem Erstaunen zu Erich auf. So hatte noch nie je mand zu ihr gesprochen, und wahr V. Erz., 5. Januar 1918. llch. dieser blonde Teutsche, dem sie sich zu eigen geben wollte, den sie liebte mit den schwärmerischen Ge fühlen ihres kindlichen HerzenS, von dem geliebt zu sein ihr Stolz war vor der ganzen Welt, der Wann sah so ernst, so fest entschlossen auf sie herab, daß sie sich zitternd gestand: nicht deinem, seinem Willen mußt du fortan folgen! Else von Bonella war auf den Hohen des Lebens erblüht. Obwohl als kleines Kind schon der Eltern beraubt, hatte sie deren Liebe nie vermißt, denn jeder, der ihren Le bensweg kreuzte, mußte dem reizen den Mädchen gut sein. Sie wurde mit ihrer Schwester in einem llester lichen Institut erzogen, wo sie durch ihre Stellung, ihre Schönheit und ihre seltene Herzensgüte sich die Liebe aller Menschen gewann und von Bor steherin, Lehrerinnen und Mitschüle rinnen in gleichem Maße verwöhnt worden war. Erst seit einem halben Jahre war sie in die Welt getreten unter dem Schutze ihres Onkels und Vormundes. Tie reichste, hinge bendste Liebe war ihr überall zu teil geworden, was sie begehrte, wurde ihr zu eigen, und ouch bei der Wahl des Gatten war das kaum erwacht: Seh nen ihres Herzens ohne jede Schwie rigkeit erfüllt worden. Sie hatte sich bei dem ersten Blick Erichs gesagt: mit diesem Mann will ich durch? Leben gehen, und kaum war der vielbegehrte Deutsche ein paar Tage in der Villa ihres Onkels mit ihr oneint,.als er ihr auch schon feine Hand anbot. Aber der gebieterische Ton in sei nen Liebesoersicherungen war ihr fremd, sie fühlte neben der Glut sei ner Leidenschaft die unerschütterliche Macht seiner Herrschaft über ihren Willen, und halb unbewußt trat sie dieser entgegen. Erich," begann sie, ich verstehe dich wohl, aber ehe du weiter sprichst, mußt du mich anhören. Was mich mit Ilse verbindet, ist nicht die ge wohnliche Geschwifterliebe, seit ich denke, war sie mir, trotzdem sie meine Zwillingsschwester ist, Führerin. Pflegerin, ja mein Schutzengel! O, Erich, wenn du sie kennen würdest, ich weiß es gewiß, du müßtest sie liebe! Wir ergänzten uns so dollstän dig, daß wir nie andere Freundinnen begehrten. Und gerade jetzt, da mein Herz sür das Lcbm entschieden hat, jetzt mußte sie, mein besseres Ich, fern fein! Kannst du mm verste hen, Liebster, daß ich mich nicht ganz in dich verlieren kann, ist mir doch oft zu Mute, als sei die Hälfte mei ner Seele fern, ich lausche deinen Worten und denke: ach, könnte doch Ilse sie auch hören!" Hatt ein. Else! DaS darf nicht sein, was zwischen uns ist. muß dir heilig sein, niemand, auch sie darf nicht davon erfahren!" In sehnsüchtigem Verlangen sah er in die klaren 5iinderaugen, ein Sei chen des Derstäkdnisses, ein Auf flammen der gleichen Glut dort zu le sen, aber kühl, säst scheu blieb ihr Blick. Nähe? zog er sie an sich und slü sterte leise in ihr Ohr: D, Else. warum bist du heut so ka.lt. warum willst du heut die Liebesworie nicht verstehen und wußtest doch gestern bei deiner geheimnisvollen Fahrt auf dem Dampfschiff jeden . Blick zu er widern, in heißer Liebe zu deuten?" Aengstlich bog sich dos Mädchen zurück. Erich, du irrst dich, gestern, auf dem Schiff, du warst ja allein fort den ganzen Tag. den herrlichen Schmuck für mich zu holen!" Kleine Bersiellungskünstlerin! Weil ich dein Geheimnis beut vor den Fremden so gut wahrte, willst du es mir nun gar nickt erklären! Ist das der Loh für meine Berschmie genheit? O. Else. was soll das Spiel?" forschte er halb lächelnd, halb besorgt. Großer Gott! Erich, besinne dich doch! Bist du denn krank! Weißt du denn nicht, wie ich dich hier mit Tante Kamitla und Rosine war jete? Denke doch, ich stand auf der Brücke, als der Dampfer landete! O. nicht wahr, an diese Blicke dach kt du Erich? Ja. ja. ich hatte mich ja sehr auf dich gefreut!" und ver schämt senkte sie das Auae. Nasch sprang Erich aus. alles Blut schoß ihm zum Kopf, seine Pulse flogen. Was war das gewesen? Elfe hatte recht, sie harrte seiner, als er von Coma kam und doch, doch, er hatte sie auf dem Simse gesehen, trotz bei Tammerscheins des Abends, mit seinen Augen aeselxn! Wie selig war er aus sie zuzeeilt. da hatte sie rasch den Finger auf den schönen Mund gelegt, und mit der feinen Hand auf die fremde Beqleiterin deu send, welche neben ihr faß, ihm zu gewinkt, sich zurückzuziehen. Stumm hatte er ihren Wunsch befolgt und war zurückgetreten, denn ihre Bcrlo bung war noch nicht veröffentlicht und er wollte sie nicht in Verlegen heit setzen, und mit welch' heißem Dankesblick hatte sie sich abgewendet! Aber später, als er im Monden schein behilflich sein wollte, den we henden Schleier zu fassen, da hatte er sogar den zärtlichen Druck ihrer Hand zu fühlen geglaubt, und ihre Augen halten so sehnsüchtig, so heiß, so flehend zu ihm aufgeblickt, wie er es sonst vergebens ersehnt. Ihm schwindelte bei dem Gedan ken. War er krank? Oder war es doch ein Geheimnis seiner Braut, und sie wollte es nicht gestehen? Aber es war ja nicht möglich, sie stand wirklich auf dem Landungsplatz, als er ankam! Gestern hatte er gedacht, sie sei von Bellagio aus, wo er ihrer Spur umsonst' gefolgt war, unter dessen mit einem sriiheren Schis hierher zurückgekehrt, jetzt bei tieferem 'Äachdcnten war es ihm klar, daß er dann selbst das erste hier landende Dampfboot benutzt hatte. Großer Gott, war das ein Trugbild semer Phantasie gewesen, dann war sein Geist krank! Aber nun wußte er es ganz genau: die Mandelblüte, welche jie in den Locken getragen hatte, war vom Wind zu ihm hergeweht worden, er hatte sie aufgenommen, er trug sie noch auf der Brust. Nasch suchte er sie hervor und zeigte sie Elfe im Mondschein. Else, Else. sieh diese Blüte, kennst du sie denn nicht?" forschte er erregt. O Erich, wie kannst du fragen, es ist eine Mandelblüte! Bitte, fei ruhig, ich fürchte mich ja. du bist so seltsam, so hastig, komm', laß jrns ins Haus gehen!" Und du trugst gestern keine Man delblüte in den Locken?" fragte er orinalicher. Nein, Erich, deine Rosen, die du mir morgens gabst, trug ich den gan zen Tag." Das junge Paar wurde gerufen, und als sie zur Familie traten, brachte Erich geflissentlich das Ge sprach auf Elfe. Immer und Im mer wieder ließ er sich erzählen, wie der gestrige Tag, da er fern war, verbracht worden war. Er forschte nun jede Viertelstunde, was' Eise ge tan, wo sie geweilt hatte, bis ihm zur unumstößlichen Gewißheit wurde, sie war keinen Schritt vom Hause fern gewesen. Tann strich er leise mit der Hand über Stirn und Augen, als wollte er dort ein Bild verwi schen, griff in die Brust und warf die we'ke Wandelblüte weit weg in das Gebüsch, wo die Nachtigallen schlugen. Heiß und sonnig lag die Juni Sonne auf dem Comerfee. Die Luft über den blauen Wogen schien zu vibrieren in der Hitze. Die Nachti fallen waren verstummt, statt der Mandeln und Kamelien blühten' die Nosen zu Tausenden in dem Park der Villa Bonella. Die Terrasse, der Balkon, die Fenster waren mit dicken Girlanden geschmückt, in wel chen die Orangen- und Myrtenblüten durch die gerade herabfallenden Son nenstrahlen schon zu welken began- I!kN. , Es war Eises Hochzeitstag. In dem großen Empfang-salon, welcher festlich für die Ankunft der Gäste dekoriert war, stand ein junges Mädchen am weinumrankten hohen Fenster, den Arm gegen die Scheibe gestützt, den Kopf auf die Hand ge lehnt, wodurch die herrliche Gestalt, schlank und doch üppig zugleich, sich frei in ihren edlen Formen, zeigte. Sie trug ein Morgenlleid von wei ßen Spitzen, und die langen, rot braunen Locken fielen offen über Nacken und Schultern herab. Da öffnete sich die Tür, das Mäd chen wandte sich nicht, aber ein leises Beben flog durch den schönen Korper, als sich ihr Männerschriite näherten und Erich von Woltens Stimme rief: O mein Lieb, so darf ich dich doch noch sehen, ehe dich der Brautkranz schmückt, laß dir danken für diese Huld!" Er wollte sie umfassen. Da wandte sich das Mädchen und sah ihn stumm bittend mit ihren gro ßen braunen Augen an. Rasch trat Erich zurück. Was ist das?" rief er , in höchstem Erstaunen, denn vor ihm stand Else, und es war doch seine Elfe nicht. So hatte es nie in ihren Augen geleuchtet, so sehnsüchtig nie um diese herrlichen Lippen gezuckt, in solchem Kampfe hatte nie ihr Busen gewogt so vergeistigt war ihm nie d weiße Stirn erschienen .... nein, das war Else nicht! Das ist die gehaßte Ilse!" kam es nun langsam und wehmütig von ihren Lipen, sie hob leicht die feine Hand ihm entgegen, als sie aber das starre Entsetzen in Erichs Antlitz sah. ließ sie sie wieder fallen. Langsam kehrte Erich die Fassung zurück. Weshalb gehaßt?" fragte er förmlich und halb unbewußt. Er hörte auch nicht, wie sie leise antwor ete: Ich weiß nur, daß es so ist, das Warum kann ich nicht heben!" Seine Seele vertiefte sich in des Mäd cl?en ha'brerdeckte, wunderbare Au gen. die sich mit Tränen füllten. Wo lf.tr t er den .Blick, schon gesehen? Seine Gedanken flogen pftilge schwind in seine K'nderjohre zurück. So hitie die Melujine gebückt, die er als Knabe im Trcian gesehen, wie Tägliche Omaha Tribü?. sie aus kalter Märchenluft zum liebe glühenden Weibe ward. Er war der erste Begrisf von Frauenschönheit, der ihm damals geworden war. Und dieser Blick hatte ihn verfolgt sein Leben hindurch, er hatte ihn gesucht, mit heißer Sehnsucht, und hatte ihn zu sinden geglaubt in jenen Tagen, da er das Kind im Klostergarlen zu Como sah, ach, wie vieltausendmal Umsonst halte er ihn dann im Auge seiner Braut zu erspähen gehosst... umsonst, umsonst .... Bis damals auf dem Schiff vor seinem Berlo bungstage! Großer Gott, jetzt konnte er nicht mehr zweifeln, wie ein Dolch stich traf die Gewißheit seine Seele; das war Else nicht gewesen! Weshalb .... weshalb sind Sie nicht eher gekommen?" sagie er nun fast tonlos. Sie wissen wohl .... ich .... ich .... durste nicht .... Else .... ich war krank!" sagte sie erleichtert. Dann aber setzte sie hinzu und ihre Stimmt zitterte: Erich, ich habe eine Bitte!" Sie ist gewährt!" Ich danke Ihnen. Sie werden nie, nicht wahr, niemals Elses Wün. schen nachgeben und mich nach Schloß Wollen einladen?" Wie Sie befehlen!" antwortete Erich, dem ein Rieseln über den Kör per lief. Darf ich fragen weshalb?" setzte er verletzt hinzu. Sie blickte ihn vorwurfsvoll an, als wollte sie sagen: hättest du mir diese Frage nicht ersparen können? Ich stürbe dort, ich kann , die NoiKlandöluft nicht vertragen!" ant ortete sie dann verhalten. Ich glaube, in Ihren Adern fließt mehr vom nordlichen Blut Ihrer Mütter als südliches. Sie mahnen mich an eine germanische Gestalt..." Er hielt inne und fuhr dann ruhi ger fort: Und doch bangen Sie dort so sehr für Ihr Leben?" Mein Leben?" und es klang wie Hohn. Ja, Sie haben recht, es ist nicht schön, so feige zu sein," fügte sie dann lächelnd bei. Doch nun. Erich, leben Sie wohl.' Ich spreche Sie heut zum ersten- und letztenmal im Leben! Machen Sie Eise glücklich!" und sie reichte ihm tie Hände. ; Er erfaßte sie und wollte sie küf sen, sie entzog sie ihm rasch. Gehen Sie, Erich, und machen Sie Else glücklich!" wiederholte sie leise, dann verschwand sie hinter den Portieren der Saaliür. Lange noch stand Wollen und starrte auf den Fleck, wo sie gestan den, immer hörte er die Worte: und machen Sie Else glücklich!" Wie das klang! Es wurde zur Melodie in seinen Ohren, er hörte ein Lied zu Orgeltönen, es war ihre Stimme gewesen, die es gesungen, damals in dem Klosiergarten zu Como, als er die Mandeldlüte brach, die er geküßt, die sie dann an die Lippeil gepreßt hatte! Wie oft hatte er in der Kirche dieser Stimme gelauscht, wenn sie anschwoll zu mächtigem Siegesrau schen! Wie hatte sein Herz sich dann gesehnt, Worte der Liebe dereinst von dieser Stimme zu hören! Und jetzt. Großer Gott habe Er barmen!" stöhnte er und faßte wie in einem Taumel nach seiner Stirn. Wie lange er stand und träumte, er wußte es nicht. Endlich wurden die Türen geöffnet, und Graf und Grä fin Bonella traten ein, um die Gäste zu empfangen. Zuletzt kam die Braut, reizend und kindlich. Da war es Erich wie Erlösung aus schwerem Bann, als Else so ver trauend zu ihm aufsah, einen Himmel von Reinheit im Auge. Neben ihr stand Ilse. Als Erich die beiden verglich, war es ihm, als sehe er den Mond neben der Sonne. Hier alles Glut und Licht dort nur ihr blasser Ab glänz. Mit inniger Herzensfreude sagte Else: Sieh. Erich, das ist meine Ilse!" Stumm verbeugte sich Wolten. Elfe schien über die steife Begru ßung wenig erbaut, aber sie war gu sehr in Anspruch genommen, um ih rein Empfinden Ausdruck geben zu können. In der Hauskapelle wurden sie ge traut. Rechts neben dem Altar stand Ilse, ruhig und bewegungslos, die Augen gesenkt, wie eine schöne Mar l.iorstatue. Als die Ringe gewechselt wurden, schlüpfte der feine Goldreif aus Eises Hand, fiel zu Boden und lief bis zu Ilses Füßen, die ihn rasch ergriff und der lächelnden Schwester zurückgab. Erich sah bebend auf und traf Ilses Blick, er spiegelte das Lebe wohl der Melusine. Nach dem Hochzeitsschmauß wurde getanzt und musiziert. Auch Ilse mußte singen, viel und immer wieder, heitere Liebe'lieder. Scherze, Hochzeitslieder, man bekam nicht genug. Ihre Stimme war voll und schön, sie sang, daß man mit lachte und weinte. Erich drängte zum Allsbruch. Nur ein einziges Lied laß mich noch zum Abschieo hören!" bat Else. Ich bin zu Ende, ich weiß keine fröhlichen Lieder mehr!" O, nur das eine sin mir noch. mein Lieblingslied, wenn eS ouch tief traurig ist! Einmal noch für mich ganz allein! Ich höre dich jetzt so lange nicht mehr, lasse eS mich mit nehmen in die Ferne alS deiner Seele schönsten Klang!" Else. was verlangst du daZ kann ich nicht!" Schlagen Sie der Schwester am Hochzeitstag keine Bitte ob!" bestand Erich. Wollen Sie. daß ich es finge?" fragte sie ihn bebend. Ich bitte darum." Und sie sang: .CS war unterm blühenden Mandel bauin. Wir ist wie im Traum l Er küsste die Vliue. so rot, so fcin Und sprach: Willst du nickji meine Liebste sein? Mir ist wie Traum .... ch süßte die Bliue so fcin. so rot, ii3 war nicht mein Liebster .... es war der Tod! DaS war unterm blühenden Mandel- bäum, Mir ist wie im Traum . . . . l Leise, im Nebenzimmer, fern von den Gästen hatte Ilse gesungen. Nur Else und Erich hatten es gehört. Sie war blaß bis in die Lippen, als sie vollendet hatte. Else schmiegte ihr Köpfchen an ihre Brust. Erich stand starren Auges. Der starke 'Mann bebte, als stände er. ein Verbrecher, vor feinem Richter. Tod liche Stille herrschte im Gemach. Ilse faßte sich zuerst. Leise hob sie der Schwester Haupt von ihrer Brust und sagte: Komm. Else. keine Ab schiedstränen. du mußt jetzt fort!" Stumm umarmten sich die Mäd chen. Ilse drängte die Schwester zur Tür hinaus, dann folgte Erich. . Lebe wohl für ewig!" hauchte Jlf. Dann war sie allein. 111. Jahre waren vergangen. Ncvem berpürme brausten ourch die Eichen im Forst von Schloß Wollen. Die See donnerte ihre gewaltigen Wo gen gegen das User und schleuderte die kreischenden Möwen in tollem lanz gleich einzelnen Schneeflocken gegen die schwarzen Wolken. Die Windsahne auf dem Erkcrlurm des alten Steinbaues pfiff in den höchsten Tönen. In dem hohen Cchlafgemach ober, das landwärts lag, waren die festen Holzladen und die dicken Vorhänge so gut verschlossen, daß man von dem gewaltigen Kampf in der Natur nichts vernahm. Still war's m dem spärlich erleuchteten Gemach, unheim lich still. Bor dem großen Eichen bette saß eine schwarze Mädchenge statt, das schöne Angesicht angstvoll auf die Kiffen gerichtet, wo ein jun ges Menschenleben mit dem Tode rang. Ilse," sprach die Kranke mit schwacher Stimme, hab' Dank, daß du endlich kamst, die Trennung war lang, die Frist, die mir bleibt, ist kurz, denn ich habe dir viel zu sa gm!" Darfst du denn sprechen, liebes Herz?" forschte Ilse besorgt. Die letzten Stunden seines Da seins dars der Mensch wohl alles, was er kann! Also höre. Wo ist das Kind?" , An meinem Herzen, Else," sagte Ilse, das kleine Wesen, das sie aus den Armen hielt, der Mutler zeigend. Da soll es bleiben, Ilse, nicht wahr?" Für's ganze Leben. Else!" kam es freilich von den zuckenden Lippen. Habe Tank! Aber verlaß eZ nicht, wie du mir getan, denn Ilse, höre wohl, die Trennung von dir war der Anfang meines Endes. Jetzt, da seltsame Klarheit meinen Geist erhellt, sehe ich mein Leben wie vom Himmel herab. Ich war die Mu schel nur und du die Perle, gehalt los war ich, als du mir gefehlt, ich bedürfte deiner, um leben zu können, und ohne dich zerbrach ich in den Stürmen des Lebens." O, Elfe, denke an Erich!" f Erich, armer Mann! Tu weißt nicht, wie traurig und einsam sein 9then war. Er aina aus der Höbe. hm Blick aufwärts zu den Sternen ,ch suchte Blumen tief im Tat! O, Ilse, ich wußte nicht, an welchen großdenkenden Mann ich armseliges Geschöpf mich gefesselt hatte, bis ich ihn wirken sah, hier in seinem Reiche. Mein Leben ist ein Spiel gewesen, ein siegreicher Kampf ist das feine!" Else hielt inne, ihr Auge verklärte sich. So warst du. liebe, süße Schwe ster, doch nicht glücklich mit ihm?" forschte Ilse mit tief verhaltenem Schmerz. Ja meiner Liebe war ich das glücklichste Kind der Erde, aber jetzt weiß ich erst, was ich nie gesuhlt: sein Glück war ich nicht!" So ruhig und klar kamen die Worte von der sterbenden Frau Else, wie reine Glockentöne, die vom 5im mel schallten. In JlseS Herz ab'' wogte der Sturm, und ein leises Stöhnen enlang sich ihren Lippen. O, Ilse, weine nicht! Mir ist ja wohl, ich durfte sterbend dem gelieb ten Gatten dies Kind schenken, er wird es lieben, wie er mich liebte, uns ich bin mit dir vereint, o Ilse! Ich scheide ja nicht von euch, denn weine Seele lebt in dir und der kleinen Else!" O, meint heißgeliebte Schwester!" flüsterte Ilse unter Tränen. . Weshalb nimmt Gott mein Op fer nicht an. weshalb darf ich nicht für dich sterben, wo ich mich doch so sehr danach gesehnt habe!" Und sie kniete an dem Lager nieder; der schöne Körper bebte in Jammer. Du mußt leben für mein Kind. Grüße mir Erich und lebe, lebe glück lich!" Stille ward eZ in dem dämmert gen Gemach, die sanfte Stimme war verstummt für immer. Ilse wachte schlaflos die Nacht am Totenbett der geliebten Schwester. Erst der Morgen fand sie in dem hohen Schreibzimmer Erich?, dessen Fenster hinaus sahen auf Park und Meer, und schrieb die traurige Bot schaft an den fernen Gatten ihrer Schwester. Als sie den Brief beendet hatte, schritt sie an die Wiege des Kindes und legte die kleinen zarten Händchen Elses auf den Briefbogen: Daä sei dein erster Gruß für deinen Bater." Dann nahm sie ein Kuvert und adressierte den Brief. Er war an Erich von Wollen ge richtet, der als Hauptmann der Re serve mit dem deutschen Heere in Frankreich stand. Der Winter war vorüber, der Frieden geschlossen. Der Schloßherr von Wollen kehrte nicht heim. Erwartet mich nicht vor dem Herbst," hatte er nach Hause geschrie ben und war nach Aegypten gereist. Ilse blieb bei der kleinen Else. Die bestürmenden Bitten der Fa nulle Bonella konnten sie nicht über reden, an den Comerfee zurückzukeh ren. In ernstem Schaffen vergingen ihre Tage. Erst hatte sie einen Teil des Schlosses für verwundet zurückge kehrte Soldaten eingerichtet und sie sorgsam peflegt. Als aber der Frub ling in das Land zog und mit ihm viele Arbeitskräfte heimkehrten, da hatte sie den Verwalter Baumann kommen lassen und mit ihm die Plane Erichs zur Vergrößerung der mit dem Gute verbundenen Fabriken durchgesehen. Dabei fand sie auch Entwürfe zur Befestigung des Ufers, um die Bewohner ihres Bezirks vor den Verheerungen des Meeres zu schützen. Rastlos hatte sie, von dem alten, braven Verwalter unterstützt, diese Uferbauten zur Abwehrung des Meeresandrangs ausführen lassen. Als der Weihnachtsmann an die Türen pochte, da waren die großen Bauten fertig. Mit Ruhe sahen die Betvshner des flachen Ufers den Stürmen entgegen. Sie waren ge sichert gegen die Wogen des Meeres. Ihr Eigentum, das jahrhundertelang dem launischen Element zum Spiel dall diente, war gerettet durch Ilses Tatkraft. Aus jeder Hütte stieg ein Dankgebet für sie zum Himmel auf. Am Christabend selbst aber besich tigte ein in Pelz gehüllter Herr mit dem alten Baumann die Userbauten, und auf alle seine Fragen erhielt er von dem Verwalter, dessen Antlitz in Stolz und Freude strahlte, nur die eine Antwort: Das alles ist unsrer Gräfin Werk!" Der Fremde verstummte bald und es ging ein Beben über seine herkuli sche Gestalt. Je näher sie dem Schlosse kamen, desto leiser sprach Baumann. In der großen EinfahrtLtllr verschwand der Herr im Dunkel der Treppe. Oben im Saale hatte Ilse den Christbaum für Klein-Els geschmückt, und als sie sorgsam die Kerzen ent zündet, verließ sie das Zimmer, um das Kind selbst zu holen, ihre Freude ganz zu genießen. Als sie mit der jauchzenden, zap pelndcn Else auf dem Arm wieder eintrat, stand neben der hellstrahlen den Nordlandsianne ein rosablühen deZ Mandelbäumchen, und ein grc ßcr, blonder Mann trat ihr entge gen, breitete die Arme aus und rief mit Tränen in den Augen: Ilse, meine Ilse!" Der Gürtel. Der Gürtel ist ein sehr altes Schmuckstück. Er kommt sogar nicht nur im klassischen Altertum, son der auch schon in der vorgeschichtli chen Zeit vor. Man hat z. B. Gär tel aus Birkenrinde aus der jüngeren Steinzeit gefunden, und wahrschein lich war er früher, als man noch nicht so zugeknöpft war wie eine mo derne Dame mit Hinterhalt", noch viel wichtiger alS heute. Aber auch als Schmuck diente der Gürtel; der Aphrodite verlieh er ihren Reiz. In der Hallstattzeit trug man Schmuck zürtcl, die mit Gold- der Bronze blech belegt waren. Ferner würd: der Gürtel in der vorgeschichtlichen Zeit als Träger benutzt. Im Sed diner KonigZgrab fand man z. B. eine Trinlschale aus Bronze mit ei nem Haken, mit dessen Hilfe der Kö nig sein wichtigstes Hausgerät am Gürtel befestigte, um es auch ja stets bei der Hand zu haben. Beim mann lichen Geschlecht hat sich der Gürtel vcrwieaend aus Nützsichkeitsgeunden bis in die neueste Zeit erhalten. Seilbahnen af Madeira. Verhältnismäßig selten wird die Insel Madeira von den großen Dampfern angelaufen. ES hat das seinen Grund wohl in der großen Unsicherheit deS einzigen Hasens der Bai von Funchal. Dem Besucher ober bietet die Insel wunderbare landschaftliche Reize, besonders wenn er die Höhen in der Umgebung von Funchal. die in dem 1L50 Meter ho. hen Pico-Ruivo ihren höchsten Gipfel besitzen, ersteigt. Bisher war das landesübliche Beförderungsmittel in Madeira der Schlitten, der entweder von Menschen oder Tieren gezogen wurde. Er stellte die bequemste Art des Fahrens auf den mit kleinen Strandkieseln gepflasterten Straßen der Insel dar. Heute besteht auf der Insel aber auch schon eine Zahnrad bahn. Die Lokomotive bringt den Reifenden keuchend in viertelstllndi ger Fahrt anfangs durch Gärten, später durch malerisch verwilderte Parkanlagen mit .Gruppen wohlbe kannter Nordlandsbäume neben üp pigen, echten Tropenkindern, zur, Seite einer tiefen, bebauten Schlucht nach dem beliebten Monte hinan. Die Bergfahrt zeigt uns die Natur der Insel in ihrer ganzen Schönheit und zugleich die Flora in ihrem ganzen Umfang. Goethe unordentlich. Ueber Goethe erzählte Böiticher in seinem Tagebuche aus Weimar, der selbe hätte in seiner Wäsche sehr un ordentlich gewirtschafiet und oft ge nug zu Madame Bertuch geschickt, um sich ein reines Schnupstuch aus zuleihen. Das Schönste aber sei ge Wesen daß er es niemals zurück gab. , Tie Unschuldigen. Bei einem Besuch der Feste Tpandau sragte Friedrich der Gro ße jeden der Gefangenen nach der Art seines Vergehens. Alle beteuerten, unschuldig iahas. ticrt zu sein. Einer allein war aus richtig und gestand dein König, er sei unter allen den Verbrechern in der Strafanstalt der vettuorsenste, und schloß ganz zerknirscht znit den Worten: Meine Straft ist noch viel zu milde. Majestät!" So steht eö also mit dir?" herrschte ihn der König an. Was machst du elender Kerl dann unkt diesen braven Leuten? Packe dich hinaus i" Weitleuchtender Mcteor. Eine große Feuerkuge.' wurde am 3. September 1916 im östlichen Deutschland, und besonders in Wer lin beobachtet. Aus den vielfachen Berichten, die darüber bei der Zeit schrift Sirius" einliefen, ergibt sich, daß die Erscheinung von Berlin Rostock bis an die russische Front und von der Ostsee bis nach Schlesien sichtbar war. Die Bahn ist cerech net worden. Das Meteor leuchtete etwa in ZOO Kilometer C'H in der Nähe von Kalmar im süvlichcn Schweden auf, überschritt die Ostsee und erreichte die deutsche Küste bei Leba. Er slog dann nahezu durch die Scheitelpunkte der Orte Stargard und Jablonowo, bis es nördlich von Plozk zerplatzte. Es trat in die Erd atmosphäre mit einer Äeschwindigleii von über 60 Kilometer ein, hatte aber am Ende seiner nahezu MI Kilometer weit beobachteten Bahn in folge des Luftwiderslandes schon über 20 Kilomeier davon einge büßt. Eine Clemcnfean'Änki'dotk. Als Clemenceau, der kluge Poli tiker, vor Jahren zum erstenmale Ministerpräsident mar. kam eine e!e gante und reizende junge Dame zu ihm und bat um die Forderung ihres Gatten. Minister haben na türlich auch kein Herz von i Stein, besonders reifenden jungen Damen gegenüber, die verführerisch ,u lä- cheln verstehen die Bitte wurde fast unverzüglich erfüllt. Kurze Zeit darauf traf Herr Cle- menceau den beförderten Beamten und fühlte sich veranlaßt, ihn nach dem Befinden seiner entzückenden Frau zu fragen. Meiner Frau?', erwiderte der Beamte höchst erstaunt. Ich bin doch ein Junggeselle. Herr Mini ster!". Ei glänzendes Weihnachisgeschcnk. Ja. Herr" saate der .fidlm-r. leh rling in freudiger Crmarlung ei ner guten Weihnachtögratiiikaiion, ,ich glaube, ich habe iinmcr nidm: Wicht getan. Tos da t dll. Mein ftiitiif er. widerte wohlwollend der Chef, und darum werde ich dir alles das schen ken, was du mir im kauje des Jah reS gestohlen hast." Der Junge lieft kick seine Eiii tauschung nicht werfen, sondern er. widerte mit strahle dein Lächeln: vielen Tant. Acre! Und niök alle Ihre Freunde und Bekannte sie in gleicher Weise bedenken!"