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About Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926 | View Entire Issue (Oct. 5, 1917)
!" 5- In deutschem Kriegsgebiet. . Ion den Kämpfen an der Higa-Aront. Don elf Brandt. Kricgslmprovlsatlon". Die Etappe bildet zu ricgsstudicn ilx.ia luittwJlcjiJ so intttessante Ab schnitt wie die eigentliche Front, hat sie doch die ungehemmtesten Entwicklung Möglichkeiten. Unser Etappenort C. be findet sich im Gebict der Erzbcrgwerlc. In seiner Nahe, bei I.. wird Eisenerz ausgebeutet. FriihmorgenI fahren wir mit dem FLrdcrlorb ein, 2 300 Meter in die Tiefe, begrüßt von den Tetonatio tun der Sprengungm, die die Wandt zitier lassen. Deutsche Grubenarbeiter bilden den Stamm der hier tätigen Bergleute. Die rcsjzahl sind Rujlen. die richtige Löhnung beziehen. Die ma schnellen Anlagen stammen von Schnei derCreusot und vermöchten, da sie voll ständig in den Besitz der Teutsen über gingen, täglich einigt tausend Tonnen Erz zu fördern. Der reduzierte Kriegs, betrieb gibt sich mit 500 Tonnen taglich zufrieden. Eine Haupttätigkeil bfet Eppe liegt aus landwirtschaftlichem Gebiet. Sie vermag sich mit den selbstangebauten Bodenproduktcn durchschnittlich drei Mo nate dcS JahreZ selbst zu unterhalten. Eine große Leistung, wenn man bedenkt, dah sie für so und so viele Tausende Durchgangsort ist, Arbeiter und Ge fangene zu Tausenden beschäftigt, die hier in Ruhestellungen zur Ausbildung befindlichen TruPPenmachschZbe verpflegt usm. So hat sie sich denn möglichst rationell eingerichtet, sie drischt und mahlt Getreide, hat TiocknimLsanstalten für Getreide und Hackfrüchte angelegt, besitzt einen stattliche Viehstand, eine Käserei, wo sie Quark und Butier her stellt, und eine große Schlächterei. Alle diese Dinge geben, ihr ein bürgerlich be häbiges Gesicht. Die Etappe ist auch ein großzügiger Architett und Baumeister. Sie baut Brücken, füllt ausgekciraie Wege aus. verbreitert, beschottert ud walzt, biZ ein tadelloses Landstraßensetz die ganze Front umstrickt. Ei SchulhauZ in I. wurde, so klein und winklig es war. in ein mächtige Kricgslazarctt ausgebaut. Da sind nun wahre Säle und ganze Zimmerfluchten. Auszüge, Bade-EinrichtunZen. Warm-wasser-Heizungen, Licht- und Strom anlagen entstanden. Hier arbeitet die Blüte der Wissenschaft im Verein mit einem wohl organisierten Heer von Assi sienten, technischem Personal und Schwestern. Der Oberstabsarzt und La zarettchef. der uns führt, ist der bekannte Chirurg Geheimrat Wrsing aus Berlin. Der Leiter der Augenßaiion. ein Mann mit mädchenzarten Härchen, der die to,un derbarstcn Auzmoperationen aussührt und m strahlend von feinen Heilcrfol ifjaYJtvI?at sich als Dr.Musius aus Berlin vorge'fteÄA heknbclt sich eben falls um eine medizinische Größe. Der zierliche Mann besitzt, wie man sich er. zählt, eine außerordentlich starke suggk stwe Willenskraft. Da eine Narkose bei den Augcnopcrationen nicht möglich ist, im Gegenteil der Patient selbst mit sei nem ganzen Willen mithelfen muß, er fordert das Gelingen des Eingriffes eine seelische Einwirkung, der dieselbe Bedeu hing zukommt wie der operativen Kunst. Dr. Krusius kann mir in seinen Sälen zahlreiche Leute zeigen, in deren Augen weiß nur haarfeine rötliche Striche als Narben zurückgeblieben sind, die nicht er kennen lassen, daß aus dem Augapfel ganze Geschoßsplitter entfernt wurden und die Einschuhstellen vernäht werden mußten. Das Sehvermögen blieb dabei zn allermeist ungeschwächt erhalten, eine seine Kunst ohnegleichen, für die der Patient dem Arzt eine rührende Tank barkc'it entgegenbringt. Kitten unter den verwundeten Sei teien lieg! ein zehnjähriger Franzosen- junge, der mit einem aufgefundenen Zünder gespielt hatte, bis dieser platzte und ihm ein Auge raubte und schwere Arm- nd Brustwunden beibrachte. Sein erstes Wort nach der Narkose soll die echt französische Kritik gewesen sein: E3 ist doch eigentlich unglaublich, daß man so böse Dinge einfach herumliegen lassen kana und damit die Leute in Gefahr html." Seine drollige Frühreife und die Tapferkeit, mit der er das Weinen immer verbiß, hat dem Jungen die Freundschaft jede Lazarettbewohners eingetraqen. , Jeder geht einmal zn fei nem Bett, streichelt ihn. zeigt ihm Bilder oder schnitzt ihm Spielsachen. Gartenanlagen und Terrassen erlau Itn den Genesenden das Liegen im Freien, und Genesende sind hier fast alle. Wag sieht zwar gräßliche Vcrstümme lungen und wohl auch traurige, grub lnische Gesichter, aber meist nur bei den frisch Herantransportierten. Luft und Sonne im Saal, fein ausgewählter Bildschmuck an der Wand, die blüten weiße Wäsche, die gute Kost und die gleichmäßig liebevolle Pflege verwischen bei den meisten Patienten die nieder gedrückte Stimmung der ersten Tage. Sobald der Wann übrigens wieder 1 einigermaßen tauglich ist dazu, erhält er allerlei kleine Arbeiten zugewiesen, hilft er pflegen, Essen holen, oder beschäftigt er sich auch im Garten, den sich das La zarett zu diesem Zwecke angelegt hat. Das moderne Prinzip des Zur die Hei lung so wicktzgea Bergessens durch die Arbeit! Später werden die Leute nach d? LszaZettea der Heimat verbracht. Denn fest Stellungskrieg, welchen der FrsgZsbZSnitt feit den Tagen von Vdu fährt, schickt selten einmal einen Franzosen in dieses Lazarett. Sein k'.geNk Atelier hat auch der 5rt.jena.& der hier zerschossene Kiefer ergsnjt nd, wie daheim, plombiert und MKlikbe GeöMe einsetzt. Ihm siehe sLi'techmfchm Vorrichtuggen und Labe ralorie zu Gebote, gleich wie der Arzi über die wLkderosLsik Operation räume rersägt. Tcs cucs nennt sich Kr-.egIiMpred'.- S. vaas. sation! Man soll dazu den Etappen ausbau sehen. Die Bäder und Wasch einrichtungcn, Kinos und Theater, soll sehen, wie Fcldvuchhanolungcn und Lese säle für die neuesten Zeitungsinforma tionen und das literarische Bedürfnis sorgen, wie schön die Schreibstuben au gestattet find! In C. fand ich sogar einen ganzen Zeitungsbeirieb. Es handelt sich um Redaktion und Druck der vorzüglich gc schrieben? Frontzeitung Zwischen Maas und Mosel". Solche Zeitungen bestehen im Westen für jeden größeren Frontabschnitt, sozuscmen für jedes Ar meckorps. Ihre Mitarbeiter haben sie in allen Schügcngräben. und aus dem Schützengraben heraus ist auch diese Zei tung gekommen. Ihr Chcfreoatteur saß als stellvertretender Bataillons sührcr in einem Unterstand acht Meter tief unter der Erde, als er die ersten Artikel schrieb und die Korrekturbogen las. Und es soll oft vorgekommen sein, daß er in oller Hast die Feder mit dem Revolver und den Augenschirm mit der Gasmaske der tauschen mußte. Die kleinen Flachdruckmaschinen, die Falz und Schneidemaschinen, die Lettern der Setzerei und das Papier alles ist im selben Raum untcrge bracht hatte sich der Schriftleiter vor dem Beginn der eigentlichen Zeitungs arbeit auf dem Weae der Requisition in allen verlassenen Ortschaften bis noch St. Ouentin hinauf selbst zu beschaffen. Eine seiner Maschinen mußte zuerst von den Schäden eines Granattchusses geheilt werden, bevor sie, arbeitete. , Heute sitzt der Chefredakteur und Buchdrucker Ritt meisier R. bei seiner Lerlagsanstalt und Druckerei in der Etappe. Sein Personal besteht aus acht Mann, zwei Maschinen meistern, vier Handsetzern und zwei Buchbindern, alles lazarettentlassenen Leuten, die nach ihre: völligen Wieder Herstellung an die Fron! kommen und von anderen Rekonvalcszentcn abgelöst werden. Sie besorgen neben dem Zei tungsdruck auch Äkzidenzdruckaufträge jeder Art, Gratulationen. Todesanzei gen, Bisit- und Menuskirten und dergl. Das Zcitungswesen der West- und Oftfront ist ein völlig verschiedenes. Da die Entfernung der Ostfront von den großen Zeitungszentralcn eine zu große ist, als daß die Zeitungen ohne bedeu tende Verspätung in die Hände der Truppen kämen ist in Kowno eine große Nachrichtenzentrale errichtet worden, die die Frontzeitungen mit allen wichtigen Meldungen militärischer und politischer Art versorgt. Die Frontzeitung des Ostens erfüllt also den Zweck einer Ta geszeitung, wobei sie ihre besondere poli tische Färbung besitzen darf. An der Westfront dagegen treffen die Zeitungen der Heimat dank der riesigen Ausgesial tung des Eisenbahnnetzes so frühzeitig ein, daß die Frontzeitung sich daraus beschränkt, als Sprechsaal der Truppen verbände unter sich und zur Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls in diesen Verbänden zu dienen. Ganz obge sehen vom Schützengrabenhumor fördern diese Zeitungen eine fo reiche Gedanken fülle und gleichzeitig eine fo eigenartige Frontpsychologie zutage, daß die Samm lung später ihren kulturgeschichtlichen Wert besitzen wird. Eine der freiwillig von der Etappe übernommenen Ausgaben ist die Sorge um die Schule der Einwohnerschaft. Zur Schulführung werden, wenn immer möglich, die im Ort verbliebenen Lehr fräste herangezogen. Der Etappenkom Mandant von C. hat die frühere ftanzö sische Lehrerin wieder angestellt. Er honoriert sie anstandig und hält nur darauf, daß die Kinder neben dem lln trrricht in der Muttersprache auch Teutsch lernen. Das kann ihnen bei dem notwendigen Verkehr mit den Truppen jedenfalls nicht schaden. Anläßlich eines Schulbesuches hören wir Liederstrophen einmal deutsch und einmal französisch singen, Verse bald in dieser, bald in jener Sprache hersagen, den Geschichts unterricht in französischer, den Geogra phieunterricht in deutscher Sprache er teilen.- Die Unterrichtserfolge sind dank der Mithilfe des deutschen Tivistons Pfarrers ganz hervorragend. Dem patrio tischen Gefühl der Kinder wird in keiner Weise zu nahe getreten. Es wäre wohl auch zwecklos. Wenn man die Kleinen fragt: .Wo ist dein Vater?" erhält man fast durchwegs die Antwort: A Ver tun." Das will sagen: im Krieg, a der stanzösischen Front. Mehr weiß niemand von seinem Familienhaupt. Dafür sind die Gedanken immer bei ihm. so gut die deutsche Etappe für die Zivilbevölkerung sorgen mag. Von Gefangenen und Toten. Bereits als ein wahrer Segen erwIcZ sich daS Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich, da bestimmt, daß Kriegsgefangene vom L Mai an nicht naher als L0 Kilometer an die Front gebracht werden dürfen. Eine noch größere Wohltat wäre es, wenn das ganze Operationsgebiet von den Kriegs gefangenen geräumt würde und zwar nicht nur, wie dies vereinbart ist, von Teutschen und Franzosen, sondern mit Bezug auf die kriegsgefangenen Ange hörigen aller Nationen. Aus zahlreiche Aeußerungen glaube ich annehmen zu dürfen, daß man in Teutschland einer solchen humanen Maßregel wohlgeneigt ist. , ' In der Zeit vor dem 1. Mai konnte ich noch viele Gefangene, auch Franzo sen, innerhalb der später vereinbarten 30 Kilometerzone arbeiten sehen. Sie erhielten ausreichende Kost, jatten ihre Nuhezeit und zum Teil in kleinen, wohnlichen Waldblockhäusern ge schützte Unterkunft. Trotzdem! Es sind vielmebr die psychischen als die phnsischen Lebenebedingnngcn, die in solchen Fällen ungünstig auf die Leute einwirken. Nebe manchen fröhlichen Gesichtern, bei Russen zumal, immer wieder gesenkte Köpfe und stumpfe Mienen zu bemerken, obwohl ich nirgends ein rauhes Wort seitens der Bewachungsmannschaft fallen hörte. Man stelle es sich nur einmal vor: Der Kanonendonner von vorn und das unablässige kriegerische Kommen und Gehen hämmern es den Gefangenen ständig von neuem ein, daß sie ihren draußen iämpfcnden Kameraden schlechte Dienste leisten. Tas wird bei dem aus geprägten nationalen Gefühl der Deut sehen auf der Gegenseite nicht anders sein. Ich freute mich aber, daß die humanen Vorschläge von der Seite aus gingen, auf welcher ich die Kriegsgefan genen im Kriegsdienst arbeiten sah. Fast ratlos stehen die Aerzte und Ber pflegungsleute den rumänischen Kriegs gefangenen gegenüber. Im iKtimiinm läget des Etappenortes C., das etwa 600 Mann beherbergt, saßen die Gcsan genen gerade bei Tisch, als die Bcsich tigung erfolgte. Aus eigenen Beobach tungen und aus den Aussagen der Ge fangenen war festzustellen, daß die Kost ausreichend uns gut verabreicht wird. Sanatoriumskoft gibt eS allerdings nicht, und das Sanatorium niit allen Regeln ärztlicher Ueberwachungskunsi und peinlicher Tiä! wäre bei der wider stzndslosen Konstitution des Rumänen das einzig, was ihn hochbringen könnte. Diese' Widerstandslosiztcit hat ihren Grund nicht allein in der Rasse und der Frühreife, die aus 30!ähiigen 50er macht. Viele Rumänen aus sozial schlecht gestellten Kreisen sind so er zählt uns ein des Teutschen und Iran zösischen mächtiger Rumäne selbst bereits unterernährt zum Krieg-oienst eingerückt und dann, infolge eines man gelhaften Verpflegungsdienftes und der großen Strapazen in noch schlechterem Zustande in Gefangenschaft geraten. Namentlich in der ersten Phase der Ge fangenschaft hätten sie geschlungen, nicht gegessen. Jetzt noch ist dieser Hang zum Schlingen so stark, daß sie sich nach einer Stunde nach den "Mahlzeiten bereits wieder alles einverleiben, dessen sie hab hcift werden können. Sie lesen wie die Sektionen ergaben Zigarrenstum mel und Orangenschalen aus dem Stra ßenkot auf und würgen sie hinunter. Tie Folge ist Kolik, Brechdurchfall und schließlich völlige Entkräftung. Es ist grauenvoll, wie sie sich hinlegen und per ben, lautlos und in Massen wie die Fliegen", erzählte man uns erschüttert. Am Tage meines Etappenbcsuchs öffnete sich auf dem Ortsfriedhof ein Massen grab für 60 Rumänen. Tagegen sind die Krieglfriedhöfe etwas vom Versöhnlichsten des ganzen Krieges. In der Etappe werden die in der ganzen Landschaft der ersten Kämpse von 1914 verstreut begrabenen Krieger nach einem zentralen Fricdhof gebracht und Seite an Seite neben Ziameraden gebettet, die ein ganzes Jahr später vom großen Schnitter eingeheimst wurden. Mancher hat sich hier, nachdem er drei Jabre als vermißt gegolten, noch einmal legitimieren und seine letzte Nachricht r.a der .Heimat senden tonnen. Es ist herzgewinnend, wie jeder Orts kommandant und jeder seiner einsachen Helfer aus der Truppe fein Bestes auf wendet, um dem Friedhof künstlerische k'rstaltung zu geben. Bei kleineren Friedhöfen geschieht dies durch die liebe volle Ausschmückung dcS EinzclgradeZ, bei größeren durch kineZeichmäßige An ordnung. die auf die Gelamtwirtung hinarbeitet. Freund und F,ind liegen gleich gut. Zwischen beide hinein betien sich Frauen und Kinder aus der Zibil bevölkcrung. Der tote Gegner erhält sei Kreuz und seinen Grabspruch genau so schön, wie der gefallene Kamerad. Wo viele liegen, überragt ein voir Künstler Hand gemeißeltes Denkmal, dessen In schrif! auch des Gegners ehrend gedenkt, die Kreuzreihen. Im Etappenort C. setzt der Orts kommandant, ein bekannter Verleger au! Gießen, seinen ganzen Stolz darein, das Einzelgrab auch durch gärtnerische Kunst zu schmücken. Der Friedhof von B. da gegen, hart an der berüchtigten Combrei Höhe gelegen, wirkt mit seinen tausend Gräbern den Ruhestätten von Ge fallenen einer und derselben deutschen Reserdedivilion und einer Anzahl fran zösischer Linieninfanteristcn mehr durch seinen strengen Ernst:, über die ge schlössen? Kreuzreihen strebt eine monu mentale Säule empor. In Löwen wird die Strenge des steinernen Gleichmaßes durch ein großes hölzernes ChristuMreuz gemildert, dessen Stifter Lömens iunst sinniger Zivilkommissär und dessen Schöpfer der Oberammergauer Bild schnitzer Lang ist. Allen Gräbern der kampfumtobtcren Gebieie bringt die je weilen in Ruhestellung befindliche Truppe die nämliche Pietät entgegen. Tos provisorische Aussehen der in heißen Schiachttagen entstandenen Toten, Höfe weicht allmählich solider Ausstat tungökunst. so daß sie noch nach vielen Wenschenaltern von dem großen Ringen erzählen mögen, in dem die Männer fielen wie Kräuter im Waien. ... Die 5kreuze, deren Sprüche von war mer Anerkennung für die tapferen und epfermutigen Gegner zeugen, sollen über leeren Grabhöhlen stehen, während die Leiber, die sie decken müßten, in baß lichen Fabriken zu Dünger und Fett verarbeitet werden? Wer sich je im Banne der längs der deutschen Front angelegten Kriegersriedhöfe befand, weift solche 'Gedanken als ganz unerträglich und ungeheuerlich von sich und wünscht nur, daß die Grabstätten einmal Von den Franzosen mit rbensolcher Pietät übernommen weiden, mit welcher der deutsche Soldat djese schuf. Kultur der Unkultur on der Front. Auf der Rückfahrt von der Eombres Höhe und tas daraus, anläßlich der ebenso lohnende Jährt an die Mass, TMche Lmaha Tribune bot sich Gelegenheit zu manchen Beobach tunge kleiner Einzelziige, die für den Gefamteindruck einer Frontreise nicht unwesentlich sein dürften. Im neutralen Lande fragt man oft darnach, ob nicht doch der lange dauernde Krieg ein Voll auf eine tiefere Stufe herabdrücke und namentlich verrohend auf den Soldaten einwirke. Daß der Krieg im deutschen Hinterlande eine Un summe schlummernder Energien und sittlicher Kräfte ausgelöst hat, braucht nicht wirder besonders festgestellt zu werden. Daß er ich spreche nur von dem, was ich selbst gesehen und gehört habe und kann es unbeschadet aller Neu tralität offen heraussagen im ätzten Soldaten eine tiefe Pflichterfassung und ein Auslöschen vieler egoistischer Jnter essen verursachte, ist ebenfalls Talsache. Ganz neu war mir, wie intensiv sich an der Front das Gemütslcben betätigt. Gewiß, der Krieg hat in bezug auf die äußeren Eindrücke abgestumpst, aber die eigentliche gcmütsmäßige Veranlagung eher verliest. Ganz instinktiv entfaltet sich die Anhänglichkeit an Heimat und Familie. Halb sehnsuchtsvoll, halb über mutig jodelt und singt der oberbayrische Soldat oft mitten in schwerer, aufregen der Arbeit; er lebt dafcä so sehr in sei nen Erinnerungen, daß er mitunter so gar die strenge Disziplin und den gc jährlichen Posten vergißt, auf dem er sich gerade befindet. Tas tonnte ich auf dem Fort du Camp des Romains bei St. Mihicl beobachten. Vielleicht, daß dort der Luginsland den Gebirgler be fonders zu solchen Gefüh'.u-drüchcn anregte. In täglicher Kleinarbeit, wie im Kampfs ein aufopfernder Kamerad, ist der deutsche Soldat zur vorbildlichsten Toleranz gegen Andersdenkende gekom men. Das' lebt und fühlt miteinander, ist eine Armee aus einem Gusse gewor den! Achtung vor dem tapferen Gegner (mir sahen es z. B. daran, wie eben gefangene Franzosen behandelt wurden), Pietät für die Gefallenen und Vewun derung für jede männliche Leistung sind Grundzüge des deutsche Wehrmannes. Manches würde der Friede nicbt fo voll kommen erreicht haben. Versöhnt das nicht ein wenig mit manchem Granen vollen, das der Krieg in die Welt getra gen? Am reichsten entfaltet sich das Ge mütbsleden da. wo Zeit und Gelegenheit gegeben ist. sich daS Froutinilicu nach eigenem Gutfinden auezugesialien. Ich denke n manche halbzerstörte Kirche, wo Angehörige aller 5lonfcs!incn freiwillig wieder aufrichten und ausschmücken halfen und sich auch hernach friedlich in den Besuch des frommen Ortes teilten, an das geradezu kunstverständige Bloßlegen eines feit Jahrhunderten verschütteten Bischofssitzes,' samt Kreuzgcmg und Re sektorium in Haitonchütel, an die Er richtunq eines ganzen Walddorfcs bei M., das an Sauberkeit und liebevollem Busbau der Tätigkeit eines schweizer! fchen Verschönerungsvereins den Rang streitig macht, an die Jnnenausstit tung der Unterstände und Wohnräume, wo feingewählter . Bildschmuck eine große Rolle spielt, und an tausend andere Dinge. Der Geistespflege widmet der Soldat ganz von selber große Sorgfalt. Es ist, als ob das Kriegshandwerk den Mann darauf stoße, Wenn man nach dem auf moderne Geisteskultur zugeschnittenen Buchervorrat der Feldbuckhandlungen uno der Unterstände selbst auf die Feierabenddeschästigung der Leute schließt dann Hut ab vor solchen Soldaten! Freilich machen es ihnen die großen Berlag-anstalten Verhältnis mäßig leicht, sich geeignete gute Litera tur anzuschaffen; die Hauptsache ist aber eben doch, daß vorwiegend Gutes verlangt wird. Kriegsromane und der gleichen sind an der Front meist unbe liebt; das lesen die Leute zu Hause und sensationslüsterne Neutrale. Tie deutsche Heeresleitung tut alle, dem Bildungsbedürfnis nach Möglich keit entgegenzukommen. Sie fördert nicht nur billige Buchausgaben und das Heranbringen von Literatur aller Art an die Front, sondern sie unterstützt auch besonders die bildende Einwirkung der Kunst. Jedes Lager, jedes Dorf, besitzt sein Theater, in dem nichtfclten gute Bühnenkräfte aus der Heimat als Gäste wirken. Ihren großen Wert haben übrigens auch die Kinos, die sich in jedem Orte finden. Ta der Soldat hier entweder fröhliche Unterhaltung oder ernsthafte Belehrung haben will (na mentlich über das, was zu Hause vor gebt oder auch einmal über miliiär wissenschaftliche Dinge), so pflegen die Orts- und Einheitskommandanten einen regen Verkehr mit den Filmunterneh mungen der Heimat und einen ebenso regen Austauschverkehr unter sich. Ich kenne Offiziere, die ihrer Mannschaft zu den Lichtbildern sozusagen Abend für Abend Vorträge halten. Die aus Soldaten und Unteroffizieren gebilde ten Chöre streuen als angenehme Ab wechslung Liedervorträge ein, wenn ihre Rolle nicht von einer Militärmusik übernommen wird. Die Militärmusiken haben übrigens beim Stellungskrieg zu meist die nickt unwesentliche Aufgabe erhalten, auf Plätzen hinter der Feuer linie die in de Ruhestellungen zurück kehrcnden Truppen durch ernstes und heiteres Spiel zu unterhalten und was für die Nerven eine wahre Wohltat ist zu zerstreuen. Und zwar nicht nur Sonntags, sondern ouch on Wochentagen, mittags und abends. Den geistigen Bedürfnissen der Aka demiker trägt die Heeresleitung durch die Veranstaltung von Hochschulkurscn Rechnung. Diese Kurse finden in der Etappe statt und sind für Angehörige aller Fakultäten ausgebaut. DaS Pro fessorenkollegium rekrutiert sich wir da! Auditorium aus Heeresangehörigen, wenn man sich nicht für Spezialgebiete, die wahrend des Krieges eine besondere Entwicklung genommen haben (wir erinnern nur an die Chemie), besondere Dozenten aus der Heimat verschreibt. Oft steht auf dem Katheder ein ein facher bebrillter Landwehr- oder Land siukmmann, wahrend zu seinen Füßen TaS Gefecht bei Mannal. M i t a . In der Nacht ging bei ziemlich starker Kälte ein heftiges Schneegestöber über Kurland nieder. In den Stellungen vor Riga war nicht die Hand vor den Augen zu sehen. Drüben, bei den Russen, die dicht vor ihrem 2lZcihnachtöfcst standen, harschte völlige Ruhe. Man war eben im , Stellungskrieg on der stillen Front". Die Linie wird in der Haupt sache durch aufgesetzte Brustwehren von dicken Baumstämmen gebildet, dazwi fchen sind Unterstände, die durch Bai kendecken Schutz gegen Artilleriewirkung geben sollen. Hinter der Linie stehen feste und sehr saubere kleine Bluckhäu scr. Eine Rllckenwehr besteht an vielen Stellen nicht. Das Drahthindernis ist breit und dicht. So führt von der Straße Miiau Riga eine ununterbro chene Waldstellung durch den Forst und die kleinen, hcrcinragenoen Zipfel des TirukSumpses. Nordwestlich Mangal wird die Sumpfzunge breiter; dann von der Düne südlich des BabitSces kommt die feste Tünenstellung und die starke Position auf dem Kirchhof von Wis mann. In dieser etwa 30 Kilometer langen Front standen die Posten und suchten, wie jede Nacht, das Vorgelände mit den Augen zu durchgingen. Dichter fiel der'Schnee. Tie Nacht war ruhig. Nur das Fallen der Schneelasten von zu stark niedergebogenen Ziveigen war zu hören. Ta fetzte an der Straße Mitau Riga die Artillerie ein, von weither klang auch starker Gcschlltzlärm. Gleichzeitig aber waren die Russen mit starken Abtcilun gen in Schneehemden vor dem deutschen Hindernis. Alarm! Tie Eicllungibe satzung raste an die Brüstungen, die Maschinengewehre begannen zu häm mern. Die Russen verschwanden im Schneegestöber, und viele Tote und Bei mundete ließen sie vor und in dem Hin dernisdraht Zurück. An drei Stellen hatten sie aber doch in die Stellung dringen können. Bei Buobai, an einer gcsrorcncn Sumpf stelle im Wald. Das Regiment warf mit Reservetruppen im Nahkampf die Eingedrungenen aber sofort wieder hin aus. Alle neuen frontalen Angriffe schlug die Truppe gleichfalls ab. "Die Lust, nach Südosien aufzurollen, um die Straße Mitau Riga zu gewinnen, der ging den Russen vor der Haltung des Regiments, dessen Führer übrigens ein mal in einem historischen Äugenblick eine Rolle gespielt hatte. Ihm hatte der Kommandant von Nowo-Geor giewsk, Bobyr. bei der Einnahme den Degen übergeben. Alle weiteren Vor stöße von kleineren Abteilungen gegen diese Front, ebenso wie die mehr oder minder TcmonsirationScharokter tragen den Stöße gegen den Brückenkopf von Tünhof. das Gelände von Keklau und den Streifen nahe der Küste, westlich von Tchlok, wurden glatt abgeschlagen. Es blieben noch m F. miitags die beiden anderen E'rnbiuchstcllen südöstlich und nordwestlich von Mangal. Tie bei Mangal selbst stehenden Kompagnien hatten ' die etwas später einsetzenden frontalen Angriffe mit sehr schweren Verlusten für die Russen bgescklagen, als die Meldungen von beiden Flügeln kamen, daß die Russen durch seien und man bereits Flankenfeuer bekäme. Der älteste Kompaanieführer ein bekann ter Breslauer Schauspieler ließ dar auf die Flügel ein wenig umbiegen. Er holte sich seine Offiziere zusammen: Man wird uns nicht im Stich lassen. Wir haben noch genug Patronen. Un junge Frontoffiziere eifrig die Kolle gienhefte führen. Die Kurstage werden durch strenge Arbeit ausgefüllt, wäh rend die Abende fröhlichem ftudenti schem Betrieb gewidmet sind, wobei jeder Unterschied des Grades und der Uniform der Teilnehmer wegfällt. Angehörigen von Mittelschulen wer den ahnliche Vergünstigungen für das Ausfüllen der Bildungslücken zuteil. Wenn man von Kultur oder Unkul tur spricht so muß ouch die Körper pflege erwähnt werden. Schwierigkeiten bietet hier ein gewisser Mangel n Seife. Dafür aber wird das Wasser nicht geschont. Der kleinste Etappenort besitzt eine schöne Badeeinrichtung, des gleichen jedes kleine Walddorf ; im Be reiche des gegnerischen Feers ist kS bis weilen sogar unterirdisch angelegt. Ganz vorbildlich sind die Verbands platze und Lazarette damit versehen, und trotzdem die Entlausung on der Westfront infolge der ständigen Tesin, fektion lange nicht mehr die Rolle spielt, wie zu Anfang des Krieges, wurde auch in dieser Beziehung nichts versäumt. Zu olledem kommt die jeden Tag statt, sindende Körperkontrolle durch die Mi litörärzte und das an freien Geräten oder in Freiübungen systematisch ge pflegte Strecken der Im Schützengraben steif gewordenen Glieder. Es über raschle mich darum auch nicht,, wenn mir die Aerzte vom ganz ausgezeichne ten Gesundheitszustand der Truppen erzählten. Sogar in den Gräben des berüchtigten Waldes von Aillq (südlich St. Mihiel). die sich auf knappe 30 Meier den französischen Linien nähern und wo man sich gegenseitig diel zu scharf auf die Finger sieht, als daß man sich die für die rafck Blutzirku lation nötige Bewegung gönnen könnte, waren im verflossenen harten Winter nur ganz wenige Krankheitsfälle zu verzeichnen. Ein gut Teil diese vor züglichen Zustandes ist allerdings auch auf das Konto der guten Ausrüstung und der nie versagenden reichlichen Per pflegung zu schreiben. lk!u ft!.) ter allen Umständen halten! Nachmit tags um drei kommen wir wieder zu fammen." DaS Telephon nach Skangal rückwärts war noch in Ordnung. Wahrscheinlich wird Sie eine Sendung Munition noch erreichen. Tie Russen nähern sich von Südosten der Straße Diskup Mangal." Bei einem Anruf, eine halbe Stunde später, kam keine Antwort mehr. Inzwischen wurden neue frontale Angriffe abgeschlagen. 4 Uhr. .Wenn von Skangal Gewehr seiier anfängt, treten die Reserven in den Kampf." Man hörte plötzlich anschwel lendes Infantericscuer im Walde hinter sich. Tann wurde es wieder still. Man zahlte die Patronen. Es wurde 42 Uhr. Es war finster; später war vol ler Mondschein. Die Schüsse aus den Flanken nahmen zu. Von Skangal her war nichts mebr zu hören. Die Kom pagnien hatten sich schon unter dem seit lichen Trnck bei Mangal gesammelt. Durchbruch! Man kam gegen Skangal vorwärts. Eine russische Abteilung kam uS einer Lickitung. Ergebt euch! Hände hoch!" Die L? Mann wurden gefangen mitgefühlt. Inzwischen war ein Gardebaiaillon und andere Kräfte, zum Teil mit Kraft Wagenkolonnen, nach vor gebracht und zu beiden Seiten der Straße Dislup Mangal angesetzt worden. Bei hellem Mondlicht geriet man in Waldgcfecht, Mann gegen Mann, auf 20 Schritt. Die Reserven gingen stürmisch mit her vorragender Entschlossenheit vor. Der Wald bei Skangal zeigt, wie gut sie schössen, er liegt dicht voll russischer Lei chen. Um 7 Uhr waren die Brustwch ren erreicht. Tie Russen suchten sich zu halten. Es kam zum Nahkampf mit Bajonett und Handgranaten. Ein Teil der Russen ergab sich, der Rest versuchte über die Waldblöße hinter den Stel hingen, in den dichten Walo jenseits der Lichtung, zu entkommen. Maschinenge wehre und Schützen schössen die Fläch tcnden auf der weißleuchtenden Fläche zusammen. Tie meisten sielen noch im Hindernis, die anderen auf dem freien Feld dahinter. Eine Kette von Toten liegt bis zum jenseitigen Waldrand. Am 6. Januar wurde die Einbruchs stelle nordöstlich Mangal eingeengt. Tie Russen verstärkten ihre Artillerie und beschossen natürlich besonders hestig den Rand der Einbruchsstelle. Die nörd lichen Anschkußtruppen schlugen alle An griffe ab und suchten sich gegen Süden abzuschließen. So konnte am Abend des 16. ein deutscher Erfolg gebucht weiden: 1300 Gefangene, darunter 16 Offiziere, mehrere Maschinengewehre waren ein gebracht worden. Bis auf eine kleine Lücke war die Stellung wieder geschlos sen. die russischen blutigen Verluste wa ren ungeheuer. Freilich, die deutschen Truppen hatten in diesem.Gesccht bei Mangal ouch ihre Krast angespannt, und der Russe war an Stellen weit überlegen. . Am 6. morgens fuhr ich über Tiökup zu den wiedergenommenen Stellungen bei Mangal. Tief verschneiter Tannen Wald. Nach dem großen Betriebe der Ausahrtsstraße auf der Schlitten hin ter Schlitten fuhr und die großen Last autos ratterten, kommt die Waldstraße von Skangal wie ein heimliches, vcrges sencs Waldidyll einem vor. Ta liegen die ersten Gewehre am Weg. die ersten russischen Toten; sie liegen bald dicht im Walvgelände und dichter in dem schma len Graben zur Linken der Straße. Einer der vielen Totenwege. Ta liegt ein junger Russe, noch in Anschlag sitzend, gegen eine Brücke gelehnt, der Kopf ist noch gerade, als sahe er zum Feind. Von Norden her schMrt Ar tillcriclärm durch die klare, helle Lust. Näher zur Stellung liegen deutsche Tote. Sanüätsmannschaften arbeiten ihre schwere, traurige Arbeit, n der Stcl lung sieht es wüst aus. Wie die Rus sen es fertig bekommen, in so kurzer Zeit diesen unglaublichen Schmutz und Unrat zurückzulassen, ist thr Geheimnis. Tie neue Besatzung ist beim Aufräumen. Sie haben doch nun in schwerem Nacht gefecht gestanden, diese jungen Gardi sten. Aber sie find doch recht guter Dinge für die Umstände. Wir haben eZ eben geschmissen. Außerdem, hier ist's augenblicklich herrlich. Die dicke Lust fängt erst etwas weiter nördlich an Wie war'S denn?" frage Ich einen Gefreiten auS der Altmark. Das feste, frische Gesicht, altmärkisches Vauernge sicht, strahlt auf: Wir griffen an und schmissen sie durch den Wald. 20 Me ter Büchsenlicht." Tann würd das Ge sicht ernst: Schwere Nacht,' verdammig. schwere Nacht." Von einem Maschinengewehrstand kann man in das Vorgeländc sehen. Ta liegen die Russen in dichten Hocken. Ein Maschinengemehr dazwischen. Vorn be wegen sich noch ein Paar Verwundete und werden unruhig, wenn der Kano nendonner zur Linken anschwillt: Wir holen sie heute Nacht," sagt der Posten neben mir. Jetzt geht's ja nicht." Un aufhörlich peitschen Jnfantcrieschüsse durch die Luft. Tie Russen würden das barmherzige Werk an ihren eigenen Landsleuten jetzt nicht dulden. .Zumei len kommen gräßliche Schreit aus der Lichtung. Wir gehen weiter nach links. ES ist richtig, hier ist dicke Luft. Dicht neben der Einbruchestclle hauen die russischen Granaten ziemlich lebhaft In den Wald. Eine Birke fällt hinter unS über die Brustwehr. Trüben om anderen Rand der Waldfchntife hinter den dichten braun-grauen Zweigen der Gebüsche stehen fast unbeweglich braune Schatten. ES wird dunkler. Man bereitet sich vor. die Lücke ein Stück zu verkleinern. Die Artillerie nimmt zu. Der Mond Chi Aaiser, der befiehlt, und ein zweiter, der ge horcht. Kaiser Franz Josef von Oesterreich und Kaiser Wilhelm I. hatten in den achtziger Jahren deS vorigen Jahrhun dert zu gleicher Zeit die Kur in Bad Gastein gebraucht. Der österreichische Kaiser war eher fertig und verabschiedete sich mit feiner Gemahlin von dem deut sehen Monarchen. Letzterer wollte es sich nun nicht nch men lassen, daS scheidende Paar noch eine Strecke Weges zu begleiten. Franz Josef ober fürchtete, der greise Freund möchte sich dabei überanstrengen und bat ihn daher, davon abzusehen. Alles Ab, raten aber wollte nichts helfen. Da richtete er sich in seiner ganzen Höhe auf, nahm seine ernsteste Miene an und sagte, mit einem bezeichnenden Blick auf die Uniform eines österreichischen Obersten, die Kaiser Wilhelm der Be gegnung'ZU Ehren angelegt hatte, wäh rend er selbst Feldmarschalluniforin trug: Hiermit befehle ich dem Herrn Oberst, hier zu bleiben!" Da blieb Kaiser Willzelm , stehen, schlug die Hacken zusammen und sagte, militärisch grüßend und leise lächelnd: Zu Befehl, Exzellenz da bleibt mir freilich nichts anderes übrig, wie zu ge! horchen." In fröhlicher Stimmung schieden dit Monarchen voneinander. Die Cist des Zmprefarie. Christine Nilfon, die schwedisch Nachtigall", besaß in der Person von M. Stralosch einen Impresario, wie er nicht oft gefunden werden dürfte, denn Stra kosch. selbst künstlerisch fein gebildet, war nebenbei noch ein ebenso gerissener wie skrupelloser Geschäftsmann. Einmal sollte Christine Nilfon bei einer Tournee durch Deutschland auch in Hamburg ein großes 5konzert geben. Kurz vor ihr waren jedoch in der alten Hansestadt schon drei andere Sängerin nen von internationalem Ruf ausgehe ten. so daß zu befürchten stand, daS Publikum würoe dem Konzert trotz der geschickten Zeitungsreklame nur noch ei mäßiges Interesse entgegenbringen. Die Vorbestellung war auch wirklich äußerst gering: drei Tage vor dein Konzert waren kaum achlziz Plätze verkaust. Etrakosch ist in heller Verzweiflung. Geht's fo miserabel weiter, so setzt er eine Unsumme bei dieser Aeranstaltmig zu. anstatt wie bisher stets einen schönen Gewinn einzustreichen. Da kommt ihm noch zur rechten Zeit die Erleuchtung. Er geht zu dem bedeutendsten Gold, arbeiter der Stadt und verlangt einen massiv silbernen Pokal aus der Sau fensterauslag: näher besichtigen zu dür sen. Und der Preis deS Kunstwerks?" fragte er nach eingehender Prüfung. Achttausendsunshundeit Mark." Recht hoch. Trotzdem werde ich den Pokal nehmen." Uüd wo darf ich ihn hinschicken?" So weit sind wir noch ich!.- Hier ist meine Karte. Ich bin Strakosch. der Jmprcs.'.i! der großen Sängerin Chri stine Nilson. die in zwei Tagen hier ein Konzert g, ben wird, was Ihnen wohl bekannt sein dürfte," .Allerdings " Wenn wir bei diesem Konzert nun ein ausLertailftes Haus haben, wie wir's von ollen großen Städte her gewöhnt sind, so werde ich Ihr Kunstiverk kaufen. Schicken Sie's mir dann mit quittierter Rechnung in mein Hotel. Aber, wie ge sagt, nur wenn der Saal bis auf den letzten Platz süllt ist. kann ich's neh me. Adieu!" Wenige Mimitcn später wiederholt sich diese Unterredung in ähnlicher Form bei einem zweiten Goldarkiier, dann bei einem dritten, vierten und fo fort, bis Strakosch fäniiliche Juwclierläden nicht nur in Hamburg, sondern auch in dem benachbarten Altona abgcklapvert hat. Ueberall hinterläßt er eine Bestellung auf einen sehr wertvollen Gegenstand unter der Bedingung, daß der Konzert saal vollkommen ausverkauft fein müsse. Auf. diese Weise halte der Impresario eine Menge einflußreicher Acrkaufsagen ten gewonnen. Denn die Juweliere gaben sich in der Hoffnung auf den ge winnreiehen Verkauf die größte Mühe. Freunde, Bekannte und Kunden zum Besuche des Konzerts zu bewegen. Am Abend deS Konzerts strömte das Publikum in hellen Scheren herbei, und Strakosch hatte eine glänzende Ein ahme. Am nächsten Morgen jedoch erhielten die sämtlichen Opfer des geriebenen Strakosch folgende, völlig gleichlautende Briefe: Zu meinem Bedauern muß ich Ihnen mitteilen, daß ich den von mir ausgewählten Gegenstand nicht kaufen kann. Es sind leider zehn Plätze gestern unbesetzt geblieben, und die Bedingung, die ich an die endgültige Abnahm knüpfte, ist daher nicht erfüllt worden. In der Hoffnunq. daß Sie ein andermal glücklicher sind. M. Strakosch." Daß der Impresario diese zehn billi gen Plätze absichtlich nicht mitderkausen ließ, ahnte niemand der also Geprellten. Und als nach Jahr und Tag dann die Wahrheit ans Licht kam, hatte keiner der Kaufleute mehr Lust, sich auf inen Pro zeß einzulassen. kommt hoch. Tiefe, schwere Schatten liegen jetzt im Wald. Aus dem Rückweg treffen wir eine Mann mit zwei Russen. Die wim melten sich so an uns 'ran. Nu solle st wenigstens das Maschinengewehr wei tertragen." Der eine Russe, ein Hünen hafter Sibirier, trägt ein russischeZ Kavallerie Maschinengewehr über der Schulter. Er grinst' über das ganze Gesicht. , Je nun, man trägt, was man nicht ändern kann," sagte einer der Um stehenden. Der Russe trabt mit dem Gewehr und Ladestreifen weiter. Die Kälte nimmt zu. Ter Schnee schimmert blauMiß durch den Wald.