Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, September 25, 1917, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    4 I
1 (
..-,.
ia - r ti iis'! ii ri 'tn iMfc m
., ftaf KftJJ?w?tII
A:
unte Ariegs-CKroni
ffliSiaffll
aus deutschen Banden
?
?vi
j
7
lt$i?$.4t;4.4t.T..f
Aer Kampf um die Jlosowen.
5cl;o;t vor dem Kriege war ein Zusammenfasszn des toi
nialen Besitzes geplant.
j i
??
'i
I'J
f
Aus Berlin wird Ende Juli gefönt
ton: Von dcn deutschen Cchutzqebicten
leistet heute-, am Ende des dritten .ricas
Wahres, nur eines. DeutschOstafrika. der
uiigehcnicn Ucberzahl der Feinde noch
rsolgrcichen Widerstand. Die wehr, und
waffenlosen Besitzungen in der Südsee
mit ihren Paar hundert weißen Siedlern
nd Beamten wurden schon bald nach
, KriegSbcginn eine Beut der Japaner
und ihrer britischen Verbündeten. Tsing
, tau ist nach monatclanger ruhmreicher
Berteidigung am Ende des ersten ftriens
, jahns in Ehren gefallen. Von Deutsch
lands afrikanischen Kolonien mußte das
k.cine Togo zuerst dem mit großer Ueber
tracht anrückenden Gegner iichen. Hcl
teilhast und zäh wehrten die Kameruner
sich gegen die von Norden und Süden
einbrechenden Kräfte der Engländer und
Jranzofen, um schließlich, als es mit der
Munition und den Vorräten zu Ende
fling, sich mit den Waffen dcn Ucbertritt
uf spanisches Gebiet zu erzwingen.
Nicht minder bewundernswerte AuL
dauer legten die Südweftafrilancr, deren
schwache Streitkräfle ein ungeheures
wasscrarmes Gebiet zu schützen' hatten,
im Kampfe gegen Engländer, Südafri'
kerne und Portugiesen an den Tag. die.
schon ehe ihr Land sich offen auf die
Seite der Entente geschlagen hatie, die
Neutralität brachen und für ihren Ueber
fall deutscher Unterhändler eine empfind
liche Züchtigung bei Haulika erfuhren.
yjcanga an Munition und Lebcnsmit-
tan zwang Mretziicy auch o,e Berteidi
(ter von Südwest zur Aufzabe des aus
sichtsloS gewordenen Kampfes. Es war
nicht, wie manch: wohl am Anfang mein
ten, sinnlos, daß sie dcn hoffnungslosen
Kampf überhaupt annahmen und durch
führten, so lange es ging. Ganz abgc
seden von der moralischen Wirkung so
tapferer Pflichterfüllung, fiel doch nicht
wenig der Umstand ins Gewicht, daß
von der Ucbermacht der Entente starke
Kräfte zu Land und zur See auf lange
Zeit hinaus gebunden wurden; so schütz
ten die Kolonialen auch in der Ferne ihr
Mutterland.
In einsamer Größe behauptet sich noch
heute Tcuisch-Ostafrika gegen britische,
: südafrikanische, indische, belgische und
portugiesische Ezpeditionstruppen, die,
mit allen Kampfmitteln moderner Krieg
fuhrung aufs reichste ausgerüstet, von
vielen Seiten in zwölffacher Uebcrzahl
iis.Lana gedrungen sind. Daß es den
. 5000 Mann der ostafrikanischen Schutz-
, truppe unter ihrem Führer v. Lettow
Vordeck möglich war, sich drei Jahre lang
der feindlichen Angriffe zu erwehren und
den Angreifern zu wiederholten Malen
schwere Schlappen zuzufügen, erscheint
-fast wie ein Wunder; waren sie doch
völlig von jeder Verbindung mit dem
Mutterlar.de abgeschnitten und gänzlich
auf eigene Kraft angewiesen. Zweimal
haben freilich deutsche Schiffe die er
staunliche Leistung vollbracht, die bri
tische Secfperre zu brechen, die englische
Kustcnwllcht in Ostaftrika zu täuschen
und den Verteidigern die sehnlich er
wartete Zufuhr von Waffen, Munition
und Heilmitteln zu bringen; diese See
mannstaten reihen sich würdig denen
der Möwe" uns der deutschen Aus
landkreuzer an, deren einer, der ,Kö
N'gZberg", nach seiner Einschließung im
, Rufidjiflusse die Cchutztruppen mit sei
neu Mannschaften und Geschützen der
stärken half.
Widerwillig haben auch die Gegner,
hat auch der Vurenaencral Cmuts, dem
die Bezwingung Teutsch Ostafrikas
nicht gelungen ist, dem Heldentum seiner
Verteidiger höchste Anerkennung zollen
muffen? wie viel mehr ist ihnen, die in
drei Jahre des Kampfes in tropischem
Klima keine Erholung, kein Ausruhen
kannten, keine seelische Stärkung durch
Kunde von daheim erhielten, die eigene
Heimat zur Bewunderung und Tank
darkeil verpflichtet! Ter Tank gebührt
ixe allem auch den Eingeborenen, die
den Hauptbeftand des kleinen Häufleins,
der 'Schutztruppe bilden. Ihre treue
Anhänglichkeit liefert das beste Zeugnis
für die deutsche Kolonisation und wivcr
legt schlagend die gegen Deutschlands
kolonisatorische Arbeit gerichteten aebäs
fiqen Verleumdungen von gegnerischer
Seite. Tie Bevölkerung des deutschen
Schutzgebietes, von dessen Blüte und
mustergültigen Einrichtungen sich die
Eindringlinge überzeugen konnten, zeigt
augenscheinlich keine Neigung, die
deutsche Schutzherrschaft mit den Seg
nunaen britischer, belgischer und portu
giesischer Zivilisation zu vertauschen.
Eoensowenig ist Deutschland gewillt,
den afrikanischen Boden, den es in kaum
einem Vierteliahrhunderi muhevoller
Arbeit zu verheißungsvoller Entwicklung
gebracht hat und den ihm die Blutopfer
dieses Koloniattrieaes doppelt teuer ge
macht babm. den Feinden beim Frie
hrs-schluß etwa im Austausch gegen
kr.'dwelcke Zugeständniffc anderer Art
Vi überlassen. Bielrncbr ist sich erst jetzt
lt teutsch Otsfenilichtttt des Weries
il.ru Kolonien recht bewußt geworden
ir'9 firirci der Notwendigkeit des
S?.H'.cl solcher Rohstoffgebiete das nötige
L'iständnis entgegen. Tas gilt euch
:i jenen Kreisen und Parteien, die
l.:-r-,edr.kZang dem Programm Klo
rv.; r Erwerbungen feindselig abweisend
1 "7ÜSergrftaden hatten.
Wie die leitenden Kreise In Teutscb
I.-rS davon denken, darüber eist die
rrcft? Rede des Kolonialstaatssekretärs
Zt. Seif in der Deutsche Kolonialge
hzfr sä Leipzig Ausschluß.- Was
tt bct Tcuttchlands kolonial: Politik
ej tan Kkk oulIiiSrit jtsfi
V
erhöhte Bedeutung durch die Bemerkung
des Vorsitzenden Herzog Johann Albrecht
zu Mecklenburg, baß der Staatssekretär
im 'Auftrag des Reich!anzler ge,
sprochen habe. Einleitend setzte sich Dr.
Solf mit den englischen Staatsmännern,
namentlich mit Lord Robert Ccäl und
dem Burengcneral Smute, auseinander,
von denen jener in ' unzweideutigen
Worten Englands Absicht auf Ancig-
nung der deutschen Kolonien aucge
sprachen hatte, mit der Begründung, daß
England die befreiten" Eingeborenen
nicht mehr ihrem früheren Herrn über
antworten dürfe. Tas gehört zu den
britischen Eroberungsmetdoden, die der
von Dr. Solf zitierte Bernard Shaw
mit beißender Ironie gekennzeichnet hat.
Taß die Teutschen wie jedes Volk in
den Anfängen seiner 5lolonialpolitik
Fehler begangen und Mißerfolge gehabt
haben, räumte Tr. Solf ohne weiteres
ein. Aber unser Sündenregister (so
fuhr er fort) ist bei weitem nicht so
lang und so schwarz wie das englisebe.
Und jeder koloniale Saöwcrständige
weiß, daß mit dem Amtsantritt deS
Staatssekretärs Dernburg die deutsche
Kolonialpolitik den ehrlichen Weg der
Reform gegangen ist. Wie hätte sich Ost
afrika drei Jahre lang verteidigen kiin
nen. wenn die Neger nicbt treu zu unS
gehalten hätten? Sie waren treu, weil
wir sie gereckt und human behandelt
haben Wi sehr sich England durch
Uebertragung des Krieges auf afrika
Nischen Boden und durch die Art seiner
Kriegführung nicht allein gegen die
Kongoakte, sondern auch gegen die
Solidarität der weißen Rasse überhaupt
vergangen hat, wies der Staatssekretär
in eindrucksvollen Worten nach und kam
dabei auf die in London gehaltene Rede
des Burengenerals Smut's zu sprechen.
Wenn dieser fordert, die Ausbildung
schwarzer Armeen zu verhindern, so
fragt Tr. Solf mit Grund: .Wen
trifft diese Anklage? Uns, die wir den
Kongovertr-ag halten wollten und immer
für den Frieden in Afrika eingetreten
sind? Oder die Engländer, Franzosen
und Belgier, die Tausende von Farbigen
oller Schattierungen auf die europäi
schen Schlachtfelder entsandt haben und
die, wie die Franzosen, die Einführung
der allgemeinen Wehrpflicht unter dcn
Eingeborenen planen? Merkwürdiger
weise erwähnt General Smuts mit
keinem Worte die ZNilitarlsierunaspläne
in Afrika, die die Entente seit Beginn
deS Krieges in die Tat umsetzt, sondern
wendet sich in diesem Zusammenhang
nur gegen die Errichtung eines ofrikani
schen deutschen Kolonialreiches, mit der
Begründung. Telitschland plane mit
dort zu bildenden schwarzen Armeen den
afrikanischen und europäischen Frieden
zu bedroben Es ist", so fuhr der
Redner fort, längst kein Geheimnis
mehr auch in England nickt , daß
wir bereits vor dem Kriege den Plan
hatten, auf dem . Wege friedlicher Ver
einbarunz zu einer "Zusammenfassung
unseres afrikanischen Besitzes zu ge
langen. Aber nichts würge uns eine
bessere Bürgschaft für die Sicherheit
solchen Besitzes gewädren als die Turch
setzung der Smutsschen Forderung, die
Militarisierung der Eingeborenen zu
verbieten. Allerdings können wir uns
nicht mit der Vernichtung des Militaris
mus in Afrika in der Form befreunden,
daß der deutsche Kolonialbesitz wehrlos
sein soll, während die Entente ibren
Kolonien die allgemeine Wehrpflicht
aufzwingt."
Nus-land träumt. '
Wie die überreichen Früchte '
Fallen Städte dir um Städte,
Tie ein Sturmwind dir von Westen
Unaufhaltsam niedermähte.
Deiner Krone schönste Perle
Ist für immer dir entglitten;
Tief in deines Stammes Wurzel
Hat die fremde Azt geschnitten.
Deiner wilden Horden Kräfte
Sind gebrochen und zersplittert,
Und des Bären Atem, weidwund
Schon des Todes Nähe wittert.
Ja. ein Hcibststurm, rauh und brausend
Ueber deine Fluren fegte.
Alles vor sich niederwerfend
Was sich ihm entgegenlegte.
Und noch immer an der Newa.
Wie ein 5iind, als ob es schliefe.
Träumt dein Geist von einer neuen,
Einer starken Offensive.
Jrremiade.
Taß sie die Moral verbessern", '
Tiefe Not der Zeit rundum
Wer das glaubt, der mag sich's leisten,
Hochverehrtes Publikum.
Sebiebcr, Gauner und Spione,
Wucherer auch im kleinsten Stall
Ach, an den geplagten Kleinen
Parasiten überall!
Lustig leben die und mästen
Sich an all der Not der Zeit
Für die Sckufte sind die Tage
Tage der Glückseligkeit.
Taß wir's tragen und erdulden,
Frag', o Christe, nicht warum
Halr' den Mund und laß' dich schröpfen
Hochverehrtes Publikum.
Für die Schelme und die Schufte
Blüht der Weizen in der Rund
Tu: erfüll' du deine Pflichten,
Schind' dich ab und bleib' gesund.
Und kannst du trotzdem nicht leben,
Lasse dich begraben, Christ.
Weil dir. Freund, in feiern Tagen
Ander; kaum zu lLelsea $
Der Spion.
wie il?n die killer Kriegszeitung beschreibt.
Wie stellt Ihr Euch solch einen Kerl
eigentlich vor . . . So fragt die Lillcr
Kriegszcitung" unsere Soldaten . , . .
Etwa wie Franz, die 5tanaille, in
Schillers Räubern"? Rothaarig, mit
schiefem Blick, katzcnartiger Haltung?
Hier in Lillc sieht er ganz anders
aus. Kürzlich haben, wir wieder ein
paar Stücke dieser Sorte in einer Feld
gerichtöverhoiidlung keinen gelernt. Und
wir hätten vielen, vielen leichtgläubigen
und gntmüligen Kameraden gewünscht,
die Bekanntschaft dieser jugendlichen
Spionicrbandc zu machen. Es waren
Bürs,b!cin von kaum 18 Tiabrc darun-
ter: aufgeweckte, hellhörige Bürsäilein,
die sich leidlich mit der Lage ausgesöhnt
zeigen, plaudeilustig und gefällig sind
und die dummen, zuerst fchwcrfälli
gen, allmählich aber immer schwatzhaf
ter werdenden .Boches" gründlich übers
Ohr zu hauen versichern
Es wird ja der französischen Bcvölke
rung von vielen Kameraden so oben
teucrlich leicht gemacht, Nachrichten über
unsere Einteilung, über unsere Trup
penbcwegungen zu sammeln. Ter Re
servist Fritze I. hat sich natürlich schon
tausendmal die ernstesten Ermahnungen
mit angehört, vorsichtig in allen Mit
teilungen über unsere Stellung zu sein.
Aber in scincr Tuselig'.cit sagt er sich:
Na. wenn die Franzosen nu wirklich
erfahren, daß der Reservist Fritze
morgen in den Schützengraben bei A.
kommt, was das s.bon an der allgemei
nen Kricgslage ändern kann'." Und so
gibt er denn dem Franzosen, der ihn
xhotograpbicrt bat. oder dem Uhrma
et), der seine Taschenzwiebel verarzten
soll, ganz scelcnruhig die Feldpost
adrcsse, an die ihm durch irgendeine
Vermittlung die Sacke geschickt erden
soll. Und ahnt gar nicht, daß die Nach
richt, wohin sein Regiment kommt, vor
allem, in welchen Tivisions und Korps
verband es eintritt, von großer Wich
iigkeit für den französischen Spionage
dienst ist.
Ter französische Spion braucht nicht
wie ein schwarzvermummter Manolescu
auf schwarzen Socken heimlich durch die
Nacht zu schleichen er braucht beim
Photographen, im Estaminet. beim
Käsehändler nur lKn csTnernsta" von
ein paar lcicbtfertig törickten Landsern
zu werden. Tie plappern alles aus, was
er wissen muß. um die Nachrichtensam
melstclle, die zwischen Kellern und Bel
eiagen, Feimen und Landsiraßenkneipen
ffiffi.4ffi$&&&ffi?
Ms, Kamerad!"
von Erich von Sahmann, militZrischem Mitarbeiter der
vofsischen Zeitung".
in dem ganzen von unS besetzten Gebiet
rastlos und geräuschlos tätig ist, auss
glänzendste zu, bedienen.
Ja, ein paar Urlauber bcsinden sich
Wohl auch noch darunter, die sich sehr
wichtig vorkommen, indem sie bei dem
beliebten Thema la xnorrv, iin praml
malhenr, poiir nous, pnur vrnis,
pour tsiut lo moniio" auch noch über
die Verhältnisse daheim Auskunft geben
und zu unserem eigenen Schaden wohl
gar tüchtig aufschneiden: D, die Teue
rung sei schon sehr zu spüren, ja
wohl. Mangel an Oel, Fett. Fleisch sei
längst fühlbar Und was derlei
dumme Uebertreibungen noch sind, die
dann stark aufgebauscht weitcrgetragen
werden!
Mund halten? TiefeS Gcbot ist im
Stellungskrieg fast ebenso wichtig, wie
das einer immer bereiten Wakke. Ein
Schussclsritze ist, wer aus Lcichisinn sich
verplappert. Ein Wicht, wer aus Prabl
sucht mit seinem Wissen sich ins Licki
setzen will. Ein Scdurke. wer bei sei
ner Vernehmung, falls er das Unglück
erlebt, in Feinde-Hand zu geraten, auch
nur eine Silbe darüber aussagt: welche
Truppe rechts, welche links gestanden
hat, welche in der Reserve war. und was
man ihn sonst noch fragt. Einige
Ctrolckie haben sich bei den gefangenen
Franzosen stets gefunden, die für ein
paar Zigaretten solchen Verrat übten.
Wir haben ihre Mitteilungen natürlich
benutzt aber sie selbst verachtet.
Gedankenlose Gutmütigkeit versührt
unbewußt den deutscben Soldaten zu
weilen, der französischen Spionage
Dienste zu leiste: indem er nämlich die
Übermittlung von Briesschskten zwi
schen seinen Quartierleuten und Stcllen
in der Heimat oder im neutralen Aus
land übernimmt. Es sind dafür jetzt ja
strenge Strafen angeätzt worden, die
dem Unfug rasch ein Ende machen wer
den. Aber der deutscb? Soldat, der so
tapsir und unerreicht dasteht in allen
krieaerischen Eigenschaften, müßte doch
auch so lebensklug sein, daß er s,,ch nicht
von sentimentaler Giitmüiiakei! zu
Handlungen bewegen läßt, die seinem
eigenen Volke schaden! Er überlege sich
doch ja: wir sind und bleiben für die
Franzosen die Boches", ob sich einige
auch ins Gesicht hinein verstellen. Was sie
mit Boches" bezeichnen, ist gleichgültig.
Wenn es kein .Schimpfioort wäre, wür
den es die Franzosen nicht auf uns an
wenden.
Aeutjche Aaßnen in Acittdcssand.
Ein Stück Urieasarbeit, die nur von wenigen gewürdigt
wird.
Wir lesen im .KriegZEcho": Schon
im Frieden geben sich nur wenige, die
im Fahrplan blättern. Ncchensaft über
die Unsumme stiller Arbeit, die in ihm
sich verkörpert. Anders im Kriege. Ein
dringlich ist die Sprache des kleinen
Büchleins, das betitelt ist: .Amtliches
Kursbuch für die Eisenbahnen des reut
schen Militärbetriels auf dem weltlichen
Kriegsschauplatz." Wie unser Kamps
unerhört großartig war und ist, so bat
auch kein anoeres Volk bisher in gleicher
Weise besetztes Gebiet hinter seiner
Front ausbauen und verwalten können.
Neidvoll müssen es auch unsere Feind:
anerkennen, wie gut wir gearbeitet,
neiddoll, denn uns darin g'eichzukom
men, wird wohl keinem unjer ihnen je
gelingen. Tie Züge rollen durch Fciiidcs
land mit vorher nie gekannter Pünktlich
keit, deutsche Zeit verkündet auf den
Bahnhofzuhren, was es für die besetzten
Gebiete geschlagen hat. Von der Front
bis Berlin, Hamburg, Leipzig, Stutt
gart oder München ist kein Wagen
Wechsel mehr nötig, Speise- und Schlaf
wagen sorgen dafür, daß die Beurlaub
ten auf dein Wege zur 5)cimat. die Ver
tretcr unserer obersten Behörden auf der
Fakrt zur Front keine Beguemlick keit zu
entbehren brausen. Kriegsserpflegungs
anstalten versorgen die Mannsebafien.
ErsriscbungSstellen des Roten Kreuzes
helfen über die Bcschwerlitkeiten dcs
langen Reitweges in den Heimatgait
hinweg. Mancher Wagen der sranzösi,
schen Luzuizüge sieht heute Boches"
vergnügt in seine Polster gesunken, bei
Kommißbrot und Speck, Gesang und
Raucbtabak der Heimat zueilen, und
doch ist er dabei sauberer, als er im
Frieden war, wenn die Reichsten Frank
reich in ihm dem Mittelmeer und der
Riviera zueilten. Wir haben im Frieden
manch liebes Mal über unser Vermal
tungswesen geseufzt, uns schwer zu
schicken vermocht in eine vermeintlich
harte und unbequeme Maßregel, welche
es unS aukerlegte. Tas Büchlein ist. wie
die Kölnische Zeitung" mit Recht sogt,
ein Loblied ans unsere zopfigen" Be
amien. auf ihr Organisationstalent und
ihre stilltreue Pflichterfüllung. Zahlen,
mäßig bringt es uns zum Bewußtsein,
welch eine gewaltige Arbeit draußen ge
tan wird, für die vielleicht keine Aner
kennung gegeben werden kann ols der
Tank unseres ganzen Volkes.
Fast 1Z00 Eisenbahnstationen und
Haltestellen sind in den besetzten Gebieten
des Westens von uns in Betrieb genom
men worden. Und auf jeder arbeiten
Fahrdienstleiter. Stcllwcrksbeamte, Tele
grewk",, ' Schaffner und der ganze
ijim Eisepchnbetrieb ssrinliit St
amtenstab. Auf im Eisenbahnlinien
sino sie verteilt, die zum größten Teil
von unsiren Eisnbahniruppen erst wie
derhergcstellt werden mußten. Brücken
sind eugebaut: nicbt über Noterzeugniffe
mit mächtigen Pfahlgerüsten, über Eisen
uno Beton vonncrt heute wieder wie im
Frieden die lange Zugschlange mit im
verminderter Geschwindigkeit. Tunnels
sind von den Spuren der eisten Cpren
gung gesäubert; wo dies nicht möglich,
Umgehung-bahnen von beträchtlicher
Länge gebaut. In 14 Turchgang?zuo
paaren finden 'wir Speisewagen, in 10
dagegen ermöglichen Schlafmagen den
Reisenden die Nachtrube. Im ganzen
verkcbren fahrplanmäßig seit Miite
August auf dem westlichen Kriegssckiau
Platz täglich über ifJO Zugpaare. Zum
Teil dienen sie nur dem Militarismen
Verkehr, zum Teil aber ist auch drk Be
völkerung in ihnen zugelassen. Und
neben diesen VWJ Zügen rollen die un
zähligen Güterzüae durch das Land, das
wir unserer 'Volksernährung, unserer
Industrie nutzbar gemacht hoben. Ver-Mundeten-,
Kranken und Lazarettzüge
bringe in sorglich langsamer Fahrt die
Opfer des Krieges in heimatliche Pflege.
Munition uns Verpflgungemittel, Lie
besgaben uns Krieg?uiotrial werden
den Truppen zugebracht, TruppeniranZ
Porte rollen von Osten ncrch Westen, von
Frankreich nach Rußland, frischer Nach
schub füllt die Lücken an unserer Front
sie alle fahren sicher und pünktlich
ihrem Beitimmuna-orte zu.
Wer heute durch das südliche Belgien
fährt und hinter den breiten Spiegel
scheiben das vorüberziehende Land be
trachtet, dem scheint der Krieg fast wie
ein Märchen. Rauchend und qualmend
künken die Fabrikschlote von nie rasten
der Arbeit. Tie Räder der Fördertürme
drehen sich in lustigem Wirbel. Hange,
babnen schweben spielend und leicb,t über
den Häuptern der staunenden Reisenden.
Hammcrschlag und Arbeitslärm tönen
heraus, Kinder spielen in den engen ver
räucberien Straßen, und schwarze, dc
rußte Gestalten ziehen müde nach ge
laner Seticht, nach Hause. Doch schreck
haft erinst das Kriegsgespentt ia dieses
friedliche Bild, zersebossene Häuser stehen
in der Landschaft. Soldatengräber win
ken mit weißem Kreuz, geisterhaft dro
hend ragen die Eifensparren einer leer
gebrannten Werkstatt, einer zertrummer
ten Fabrik neben der Bahn, müde liegen
die Massen der gesprengten Brücke in
den fchwarzen Wassern eines kleinen
Flüßchcns. Aber sie bemmen die rastlose
Arbeit nicht mehr. Ueber ihren Ersatz
donnert der Zug an ihnen vorbei zieht
bie weiße Rauchfahne htl fleißigen
Schleppers, der eine große Schiffslaft
MÜöltM fci&iti klck fceuiiit.
Stiller Heldenmut wird seltener ge
ehrt, als das Herangehen an dcn Feind,
kfonders mit der blanken Waffe oder
der Handgranate, vom Aiil,iltni, im
neuzcitlichei, Trommelfeuer natürlich erst
gar nicht zu reden. Und doch zeigen
jene, die ohne Wasse in der Hand Tag
für Tag ihr Leben fürs Baterhind wa
gen, so 'viil Scelenstärkc und so viel per
sönlichen Mut. daß ihrer gedacht werden
niuß. Tas sind die Kranlenträgei, die
Leute der Saiiitätskoinpagnie, unsere
Aerzte, die in der Gefcchtliic den Ver
wundcten Hilfe und Rettung bringen,
und die Kolonnen, die oft genug bis in
die vorderste Linie fahren müssen.
Hilf, Kamerad!" Wie oft bat man
es gehört, fast nie laut, aber deswegen
doch nid. t weniger eindringlich. Es
schncidct stets ins 'Herz, denn ost genug
kann man die Hilfe nicht bringen, die so
notwendig ist. Untere Verwundeten
schreien nicht Es ist sehr selten, daß
sie einen Laut des Schmerzes oder der
Klage von sich geben. Sie liegen fast
immer blaß und still, mit großen er
sbrockenen Augen, verbeißen sich dcn
Schmerz und hoffen, daß der Arzt und
die Kameraden sie aus dem furchtbaren
Feuerbeieich wegtragen und zur Ver
bandsskelle bringen werden. Teutsche
Kameraden lassen den Kameraden nie im
Stich, wenn es nur irgend möglich ist,
dann helfen sie; fei es, daß der Musle-ticr-Kraiikcnträgcr,
deren jede Kom
pagnie Zwei bis vier hat, den Muekcticr
mit harten, arbeilsgewohnten Händen
mit dem Verbandspackchen die Wunde
verbinde! und das rinnende Blut zu ftil
len versucht, sei es, d,iß der Arzt und
unsre famosen Sanilätsmannschaften
und Krankenträger ohne Scheu vor dem
schrecklichen Trommelfeuer in die vor
berste Linie gehen, um ihr Sainaritcr
werk zu volllringen.
Die Kiigcl ist sag: und llind," sagt
man, nur das Bajonett ist sehend und
tapser." Dieser alte Coldatenspruch ist
richtig und hat einen tiefen Sinn. Tie
Sinne i. weiß im Getöse der Cchlaebt nH
wohin sie fliegt, die Granate weih nicht,
wen sie zerreißen wird. Tas Bajonett
in der Hand des Gegners sieht, wen es,
trifft, und die weiße 'Bind: orn'A'rra
mit dem roten Kreuz schützt im allgemei
nen dcn, der sie trägt. Aber das Geschoß
rafft die Samariter hiuioeg wie ander:
Sterbliche auch, und die Verluste unse
rer Sanitätstompagnicn sind oft er
schreckend hoch. Gerade diese Verlustzif
fern sind ein eindrucksvoller Beweis für
die Tapferkeit und die außerordentliche
Seelenstärke deutscher Männer.
Man mag noch so oft im Gedröhn
und Toben der modernen Schlacht ge
standen haben, es ist doch iinmr eiwaS
anderes, od man selbst handelnd, mit
dem Gew.,hr in der Hand, mit dem Griff
an einer Vorrichtung des Geschützes, mit
dem Spaten oder der Handgranate sich
wehren kann, oder rb man hilflos nur
mit der Bcrbandsiasche dorthin eilt, wo
es sicherlich mit am fäilimmst, ist, denn
nur dort liegen die Verwundlieii, und
nicht dort, wo vielleicht gerade ein Süll
stand eingetreten ist. Tamit meine ich
im besonderen die 5tranicnträaei der
Kompagnie und die Truppenärzte in
der vordersten, Linie, denn diese sind es
ollein. die, solange das Tagcsgestirn am
Himmel sich!, vermögen, den armen
Verwundeten eine meist notdürftige
ärztliche Hilfe zu bringen.
Unter der furchtbaren Wirkung des
feindlichen Trommelfeuers ist es dcn
Aerzten, den Unterosfiziercn und den
Mannschaften der Sanitätekompagnien,
von benen jede Tivistcn eine bat, nicht
möglich, ibre segensreiches Wer! anszü
führen. Sie können nur bei sinkender
Nacht vorkommen, um die Verwund.'ien
aus dcn Gräben und Unterständen zu
bz?n, um sie nach rückwärts in die
Hauptverbiiidestellcn und Lazarette zu
schaffen. Ihr Werk ist auch dann och
besonders schwer, denn sie müssen auf
ihrem schnellen Wege hin und dem oft so
langsamen Wege zurück, jenen furchtbo
reu Feuerriegcl durchschreiten, den das
gegnerische Sperrfeuer darstellt. Dieser
Feuerriegcl liegt nachts auf allcn rück,
wärtigen Verbindungen, mit der au'nt
sprochencn Absicht, gerade die Vcrbm
dung zwischen hinten und vorn auch un
ter dem Schutz der Nacht unmöglich zu
machen.
Tas Werk der Sanitätsmannschaften
ist schwcr. aber auch dankbar. Sie ge
nießcn die höchste Achtung bei der
Truppe. Freiwillig sind sie selten zu
ihrem Amt gekommen. Ter Teutsche
ficht lieber mit der Waffe in der Hand,
aber sie tun ihre Pflicht auch so, daß wir
hier hinten in der Heimat nur von die
sen Helden sagen können: Hut ob! Ein
Krankenträger hat 'selten nicht den
Schmuck d.s schwarz-weißcn Bandes.
Mancher trägt daS schlichte Kreuz der
Ersten Klasse auf der linken unteren
Brusifeite, Taß Teutschland einen so
außergewöhnlich hohen Prozentsatz aller
Verwundeten wieder ins Feld schicken
kann, verdankt es neben unserer so hoch
stehenden arztlichen Kunst zum großen
Teil der aufopfernden Pflicbttreue un
serer Sanitätsmannschaften. Hoch klingt
das Lied vom braven Mann.
Schr selten dndallt das Hilf fla
rnerad" gehört. Es gibt einen Ruf
im Gedröhne der modernen Schlacht, der
stets von Mann zu Mann weitergegeben
und dem auch stets ebne Rücksicht uf
da! gerade ans der Stellimg lieg'ndt
Fcuci entsvrochen wird. Das ist der:
Krankenträger nach links. Krankcnträ
ger zum mittleren Zug. Krankenträger
larn KsNxsitsükMrrnikrLagd. tl
ist tt dann da, der Graue mit der
Kreuzbinde und der großen Tasche, um
zu helfen, Schmerzen z lindern und
auch manchem Sterbenden Trust zuzu
sprechen, dort, wo er, der Geübte, schnell
erkennt: Menschliche Hilfe kommt zu
spät.
Der Krankenträger Im Felde ist ein
wahrer Held, heute mag manchem von
ihnen die Tankbarkeit der Kameraden
der Ausgleich für den kameradschaftli
chen Spott sein, der ihn früher zu Frie
denszcitcn oft als den Pflasterkasten"
bezeichnete. Ob im Schützengraben, wo
der Mann mit merkwürdig konstruier
ten Tragbahren meist bei Nacht heraus
getragen wird, oder ob er nur in eine
Zeltbahn eingewickelt wird, um in einem
Unterstand gebracht zu werden: Nie
verläßt ein Deutscher den Deutschen.
Sogar die Toten werden, wenn es ir
gcnd geht, mit zurückgenommen, um von
treuen Kameraden begraben zu werden.
Die Stellen werden bezeichnet, damit
man später weiß, wo der Held liegt, der
sein Leben für da? Vaterland ließ.
Und nun zu den Kolonnen. Es ist
ein belebendes und anfeuerndes Bild,
wenn die Kolonnen mitten im Grana
tenhagel ins Feuer hintrabcn. Hier
stürzt ein Pferd, dort reißt die Kugel
einen Mann herunter; macht nichts,
vorwärts geht's. Nie stutzen sie. Sie
fahren heran an die Geschütze, on die
Unterstände, wo Munition abgeladen
werden soll. Im Galopp geht es schließ
lich vorwärts, wenn nötig wagenweise.
Wenn dcr.Boden tiefer wird, saust die
Peitsche auf die Pferde, der scharfe
Sporn sticht, sie müssen vorwärts, der
Befehl ist das. und dem Befehl des
Vorgesetzten wird in den deutschen Li
nie noch immer so gehorcht, wie am
ersten Tage, als der Krieg begann. Noch
nie ward eine Kolonne gesehen, die nicht
auch im schwersten Feuer ihren Platz
erreicht hätte. Es ist, als ob unsere
Leute einen besonderen Ehrgeiz darein
legten, gerade dann an den befohlenen
Platz zu kommen, wenn das Feuer am
schlimmsten ist. Tag und Nacht geht es
so hin und her. Sicherlich ist es ein
befreiendes Gefühl, wenn die Deichsel
wieder vom Feinde abgekehrt ist und
widerum im Galopp die leeren Wagen
aus dem Feueibercich heraussaufen.
Abet trotzdem ist eS ein Hochgefühl,
wenn die Nerveminspannung am größ
ten ist und die Deichsel feindivärts zeigt.
In früheren langen Fricdensjahren
war tl die Angst dcs Frontoffizier,
bei Kriegsausbruch in die Kolonnen ge
steckt zu werden. Aber gerade die Ko
lonncn brauchen tüchtige, sogar sehr
tüchtige Offiziere zu ihrer Führung,
denn ihr Dienst erfordert ebcnfo vicl
physische wie moralische Kraft, und ei
solcher Kolonncnführr versügt 'meist
über eine nußcrordentl, h hohe Zahl von
Menschen und Zieren, für deren Er
Nahrung, Kleidung, Disziplin und alle
Drum und Trans deS, alltäglichen Ta
seins er verantwortlich ist, und besonders
dafür, daß seine Kolonne zur richtig, n
Zeit am richtigen Fleck ist. Wer bei
KricgSbeginn in der Kolonne war,
wünschte sich on die Front. Heute sind
wohl alle schon an der Front gewesen,
die damals Kolonnen fiihrtcn oder in
dcn Kolonnen fuhren. Hunderte, tau
sende, die bei der Kolonne das harte
Kriegswerk anfingen, deckt der grüne
Rasen; sie sind abmarschiert zur gro
ßen Armee da oben im Schlachtenhim
mel. Wtere Hunderte, Tausende sind
an die Front gewandert und haben den
Sprung nach vorwärts gemacht, dort,
wo die Entscheidung in erster Linie
fällt. Immer wieder wurden die Ko
lonnen aufgefüllt, immer wieder sind
sie bereit. Neue Männer mit neuem
freudigen Pflicht und Vcrantmortungs
gefühl traten ihren Ticnst an, und im
mer wieder sind die Kolonnen da, wg
sie hingehören. Tag und ?!acht rollen
ihre 'Räder.
So arbeitet in unserer großen Hee
resmaschine olles innig zusammen, und
der lange Krieg bringt es mit sich, daß
jeder, meig er st.hen, wo er wolle, an
seinem Platze ein wichtiges Rädchen in
dem gewaltig' Niiocriverk unserer wun
derbare Kriegsmaschine geworden ist.
Sanitäter und Kolonnenbrüdcr" haben
sich ihre ruhmreichen Namen in der
Geschichte dieses Kriege S gesichert.- Sie
find ci Teil der fechtenden Truppe wie
diese selbst. Sie sind stolz, daß sie eZ
sind, uns legen besonderen Wert darauf,
daßman es anerkennt. Wir hier hinten
könne sagen, sie babcn sich diese Aner
kennung schwer verdient. Wo einstmals
in goldenen Letter auf Denkmälern die
verzeichnet weiden, die ihr Leben für
die große Sache dahingaden, da wciderk
auch viele von denen stehen, die' ohne
die blanke Waffe in der Hand im
Dienste des Vaterlandes stärkn. Ibrsg
Namen wird gleicher Nachruhm sich':
sein.
Kirchenglocken und IZraukejlel.
Von kirchlicher Seite wird der Frank
furtcr Zeitung geschrieben:
In kirchlichen Kreisen macht sich eine
wachsende Erregung geltend gegenüber
unscrcr heutigen Braupolitik. Es sind
nicht nur die Pfarrer, ein, gerade auch
die vornehmlich von Laien getragenen
Gemeinschaften" ländlicher wie städti
scher Herkunft, die schon lange gegen den
andauernden Gebrauch von Gerlic zur
Bicrbereitung in Reden, Bcschiüssrn und
Eingaben protestieren. In dieses glim
niciide Feuer hat das KriegScrnahrungs
ernt Oel gegossen, als es unter dem 3.
Februar dcni preußischen Oberkirchcnrat
aufklärende Mitteilungen zugehen ließ,
die beruhigend wirken sollten. Der Ober
kirchenrat, der sich bis dahin von Amts
wegen mit der Frage Alkohol ,und
Volksernährung" noch nicht befaßt hatte,
gab das Batockische Schreiben an die
Konsistorien weiter mit dem Auftrage, es
sofort zur Kenntnis der Geistlichen zu
bringen, die nun ihrerseits die 'Gemein
den aufklaren sollten. Er verkannte, in
welche schmierige Gewissenslage er damit
viele seiner Geistlichen brachte. So ist
denn auch charaktervoller Widerspruch
nicht ausgeblieben. Besonders der
Reichsbote" hat ihm Raum gegeben.
Neuerdings ist die Entrüstung noch höher
gesiie?cn, als man erleben mußte, daß
die Braukessel von der Behörde einen
größeren Schutz genießen als die Kirchen
glockcn. Wer unser Volk kennt, weih,
wie es on feinen Glockcn hängt. Das
geht bis ticf. in die unkirchliche Menge
hinein, vollends gilt es von der kirch
lichcn Landbevölkerung. Nun beobachten
zu müssen, daß die schweren kupfernen
Kessel in den Brauereien unangetastet
blieben, während die Glocken auf dem
Turm in Stücke zerschlagen und fortge
führt wurden, war eine starke Belastung
der Volksseele. Der Verein abstinenter
Pastoren hat frühzeitig seine warnende
Stimme erhoben und protestiert. Im
..Reichsboten" und in anderen kirchlichen
Blättern wird rückhaltlos Kritik geübt;
tapfer geben die einsendenden Pfarrer
ihre Namen preis. Es ist kein Mangel
an starken Worten. Noch eben hofft man
Glocken zu retten und dafür Kessel ins
Feuer zu liefern. Wenn nicht, dann
treffe wenigstens beide das gleiche Los.
Kommen wir ohne Kirchenglocken aus,
so wahrlich auch ohne Braukessel. Jetzt
rächt es sich, daß die Kirche nicht im
Interesse der Volksernährung für ein
völliges Brauverbot energisch eingetreten
jst. Es wird darauf hingemiesen, wie
der Schnapp in ganz Deutschland der
schmunden ist ohne Auflehnung und
ohne Aufregung. Tas Bier, in der
Front auch fast unbekannt geworden, ist
nur noch Etappen-Pridilegium; daheim
können wir so gut entbehren wie an der
Front. Wir müssen unbedingt fordern,
daß von der neuen Ernte aber auch kein
Pfund Getreide zum Bierbraucn finge
geben werde.
Kein Zweifel, die Fragt gcht kem
Volksempfinden on die Wurzel. ES find
nicht mehr nur pietistisch-askctisch gerich
itl K::is.t, die sich mpören. ,S fr
die Erzeuger des Getreides selbst, die nfC
den protestierenden Pastoren und Kir
chenlcuten ihren Mund gesunden haben,
Nicht unerwähnt soll bei dieser Gele
genheit bleiben, daß das Angebot vork
Prämien für frühere Lieferung dee
Glocken iTernii war der :). Juni; 1
Mark für das Kilogramm), so gut ti
gemeint gcwisci, sin mag. ebenfalls in
den Landgemeinden Anstoß erregte. Ein!
Glocke von fünf Zentnern bringt so 250 .
Mark ein, i.eicrt die Provinz 0001
Glocken, so gibt das 2 'Millionen Niarf,
Tas Volk urteilt mit Sk,cht. daß es ZU
solchen Dingen die Kriksisanleihen nicht ,
aufbringe. Und der echte Patriotismus
will nicht be zanit st in. ' Wenn das Va
lerland die Glocken nötig hat, dan:r
schon lieber umsonst. Aber erst die Brau,
kcsscl!
Man wird bei all dergleichen Maß
nahmen ein wenig herzhasier auf dnt
besseren Saiten der Volksseele spielen
müsse.
?zg Gleiche.
Unter Führung des UntcrofsizierZ
Kaslatlercr gingen zwanzig Mann zu
Erkundigung Lor. Nach sechs Stunden
kamen sie zurück: sie brachten vierzz
Franzosen mit.
Diese hatten ebcn eine Sau am Spteß
gebraten, als sie von dcn Teutschen
überrascht und umzingelt worden wa
ren. Ta eine Verteidigung nutzlos ge,
Wesen wäre, hatten sie sich ergeben. Nach
dem der Unteroffizier 5iaslattcrer mit
der Meldung diescö Sachverhalts fertig
war, meinte der Hauptmann lobend:
.Zwanzig Mann feid ihr gewesen unii
der Feind vierzig'"
Zu 'fehl, Herr Hauptmann!"
Und seid ohne besondere Anstrengung
damit fertig geworden!"
Zu 'fehl, Herr Hauptmann."
Ta fiel dem Herrn Hauptmann d!ö
rbeutcte Sau ein.
.Und was ist es mit der Sau?"
.Tas Gleicke. Herr Hauptmann!"
.Tas Gleiche? Wieso?" '
.Mit der san wir auch ohne beson
dere Anstrengung strtig worn, Herr
Hauptmann!"
J
Tie Unschuld vom Lande.
Bei den jungverheiratcien Hubers isk
große Festtafel gewesen; alles, ist tadel,
los verlaufen und Frau "Annemarie
strahlt in ihrem jungen Hauösrauenstolz,
als sämtliche Anwesende ihr versichern,
wie reizend ett es bei ihnen gewesen.
Tie Herrschaften rüsten zum Aufbruch,
Plöklich erscheint Lina, das alte, von
Mama übernommene Landmädchen. Sie
hat, als nicht gewandt genug, nicht fer
viere dürfen; als besondere Ehrung
wurde ihr dafür die Obhut über das
Silber übertragen. Also Lina erscheint,
stellt s! mit ausgebreiteten Armen voe
die Ausgangstü' und verkünde!: Otiä
dige Frau, ich wollte nur sagen, ebe V.i
Herrschaften gehen, es sohlen zwei sil
ierne'L""
3