Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, September 11, 1917, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    V
.
V
i
Tägliche Omaha ?rlbe
'?
i
, i
k
$
i
' " . .....a.. .... .im ......a-.jim
50
?2VÄllij'tS'j?
'
$:
i 1
! I
i
w w
liClCO
s-CbroniK aus deutschen Mnden
v
J .',
J A.-A----A.A..AAJ.,4VJi
2(X?ifciKttfrrfrf'iittJf
Kaijer Karks Anlnestieerkalz.
Die Politik des paffes und der vcraettung wird durch die
Politik der Versöhnlichkeit ersetzt."
Die Wiener Ztg." vom 3. Jn!i fc:r
vffentlicht nachstehendes Handschreiben
Iti österreichischen Kaisers:
Lieber Ritter von Scidler! Es ist
, ' mein Uittrschütterlichr Wille, die durch
. eine göttliche Vorsekunz mir anvertraa
ten Rechte und Pflichten i,i bet Weise
auszuüben,daß ich die Grundlagen schasse
für eine gedeihliche und segensreiche Ent
wickelung aller meiner BSUcr. Die Poli
iit dcS Hasses nnd der Aergeltuna, die.
' ' durch unklare Verhältnisse genährt, den
Weltkricz ausloste, wird nach dessen
Beendigüng unter allen Umständen und
- iibersll ersetzt werden müssen durch eine
Politik der Versöhnlichkeit. Tiefer Geist
- MuH auch im Innern des Staates vor
alten. Es gilt, mit Mut und Einsicht
und in wechselseitigem Entgegenlominen
die Völkerwünsche zu befriedigen. In
diesem Zeichen der VersöKnlichlcit will
ich mit Gottes mächtigem Beistand mein
Regenknpflichten üben und will, als
erster, den Weg milder Nachsicht beirc
tend, Cber alle jene bedauernswerten
politischen Verirrungen, die sich vor und
. während deZ Krieges ereigneten und die
- zu prafgerichtlichen Verfolgungen fuhr
. im, den Schleier der Vergessenheit
. breiten. Ich erlasse den Personen, die
von einem Zivil- oder Militärgericht
wegen einer der folgenden im Ziviloer
hälwiss begangenen strafbaren Hand
hingen verurteilt worden sind, die ver
hängte Strafe: Hochverrat (J 58 V2
Strafges.). Wajestätsbeleidigung ( 03),
Beleidigung der Mitglieder des kaiser
, lichen Hauses ( 64), Störung der es
'fcntlichen Ruhe ( 65), Ausstand 6
, 72). Aufruhr ( TA IS), gewalt
sames Handeln gegen eine von der Re
aierung zur Verhandlung öffentlicher
Angelegenheiten berufene Versammlung,
gegen ein Gericht oder eine öffentliche
Behörde ( 76, 77, 80), ferner die straf
baren Handlungen nach Artikel I, II,. IX
des Gesetzes vom 17. Dezember 1862,
R. G. Bl. Nr. L v. Jahre 1863, Vor.
schubleisiung zu einem der angeführten
Werbrechen '( 211 bis 219). Erfolgte
die Verurteilung nicht nur wegen der
inen der -bezeichneten strafbaren Hand
lungen, so will ich die Strafen nachsehen,
wenn die andern strafbaren Handlungen
entweder verhältnismäßig geringfügig
sind oder einen vorwiegend politischen
Charakter haben. Ist das Ctraföer.
fahren noch ich rechtskräftig beendet,
sg verfüge ich ' Einstellung ur$ Ab
brechung des Verfahrens, wenn es nur
fötgsit der eingangs bezeichneten straf'
baren Handlunaeneingeleitet ist.
Von dieser Gnade sollen jedoch alle
Personen ausgenommen sein, die sich
der Verfolgung durch Flucht ins Aus
' land entzogen haben, zum Feinde über
gegangen oder nach Ausbruch des Krieges
nicht in die Monarchie zurückgekehrt sind.
Zugleich mit der Strafe erlasse ich die
traft gesetzlicher Vorschriften als Folge
: der Verurteilung eingetretene Unfähig
keit, bestimmte Rechte, Stellungen und
Befugnisse zu erlangen, sowie den Ver
lust des Wahlrechts und der Wählbarkeit
: in öffentlichen Körperschaften. Ich er
warte mit Zuversicht, das; alle meine
Völker, dem Beispiele folgend, das ins
besondere die Teutschen und ihre Ver
treter durch ihre maßsolle Haltung auch
bei den jüngsten parlamentarischen Ver
Handlungen zu meiner lebhaften Befrie
digung gegeben haben, sich in gemein
samer Arbeit zur Lösung aller jener
großen Aufgaben zusammenfinden, die
zur Heilung der Wunden, die der Krieg
geschlagen hat. und zur Neuordnung der
Tinge'on der Schwelle der neuen Zeit
an uns herantreten. Für die dank der
unerschütterlichen Haltung meiner tapfern
braven Soldaten glücklich erfolgte Ab
wehr der letzten Offensive an der Süd
Westfront meines Heeres glaube ich meine
Dankesschuld an die allgütige Vor
sehung und an meine Völker nicht besser
abstatten zu können als durch diesen
.. Gnadenakt. Ich wähle hierzu den beu
ihm Tag. an dem mein innigsigcliebter
altestkk. durch Gottes Gnade mir ge
schenk! Sohn die Feier seines heiligen
NamknSvatronS begeht. So führt die
Hand eine Kindes, das berufen ist,
dereinst die Geschicke meiner Völker zu
leiten, Verirrte ins Vaterland zurück.
Lazenburg. 2. Juli 1517,
Karl m. p.
DaS Abgeordnetenhaus unter dem
Eindruck des Amnesticerlasses.
Wien. 4. Juli. Der gestrige Tag des
LbZevrdnetmhauses stand unter dem
unmittelbaren Eindruck deS kaiserlichen
Amnestiecrlasses. In allen Gruppen der
deutschen Partei wurde die Frage disku
t-ert. ob der Ruf nach Versöhnlichkeit.
hr in htm Amneitieerlak ausaesvrochen
ist, bei den Tschechen auch wirklich die
Anpassung an die Etaatsnotwendig
leiten und die Bereitwilligkeit zu ae
meinsamer Arbeit bewirken werde. Tie
Ansicht? über diese rage waren ver
schieden. Am lebhaftesten War die Tis
Zussion in der deutsch-böhmischen Ver
inigung. Man einigte sich auf folgen
den Antrag: .Der Nationalverband wolle
beschließen, dem Ministerpräsidenten zu
erklären, daß er mit Rücksicht auf die
wssün des Amnestiecrlasses in der :ut
scheu Bevölkerung herrschende Erregung
nicht in der Laae sei, die Regierung fer
ne? zu unterstützen." Tcr Antrag hat
ursprünalich noch eine Zusatz, nach wel
ehern, falls der Antrag vom Nationaler
basd abgelehnt würde, die deutsch
böhmische' Vereinigung, ohne Rücksicht
cnf fcceS Verhzl'en der übrigen Mit
fl'ieder des deutschen Nationaloerbar.de :
lern Ministerpräsidenten die jn dem An
trzg enthaltene Erklärung e.nqevcn
werde. Tie Abstimmung über diesen
Antrag wurde in der deuisch-böhniischen
Vereiniflung bis zur Entscheidung deS
deutsch chöh, nifchen Nationalverbandes in
nivnso gelassen, Angeiionimen wurde
ferner der Antrag: Tie deutschböhmi
scheu Abgeordneten mögen sich mit der
deutsch-böhmischcn Vereinigung des Her
reiihauics über die weitere lattik in Ver
bindung fetzen." tu Antrag, eine Te
pulation zum Kaiser zu entsende,,, wurde
abgelehnt. Es wurde auch angeregt, den
Abgeordneten Pros. Tr. Waldner wegen
der gestrigen Erklärung im Justizaus
schufz zur Nicöcrlcgung seiner Obmann
stelle in diesem Ausschuß ausiufordcrn.
Man einigre sich scdlichlich dahin, die
Entscheidung darüber der deutschen
Agrarpartei zu überlassen, deren !!l!it
glicd Prof. Tr, Waldner ist.
GIcich'.eilig mit dir deutsch böbmiscbcn
Vereinigung hatte sich auch die deutsche
Arbeitsgemeinschaft mit der neuen Lage
befaßt. ' Es wurde durchweg die Mei
nnng vertreten, daß es mit den Anfckau
ungen einer freiheitlichen Partei in keiner
Weise vereinbar wäre, sich gegen eine
politische Amnestie auszuspreeben. Tie
Entscheidung über das Verhalten, das
die deutschen Parteien einzunehmen ha
den, lag bei der Volksversammlung des
deutschen Nationalverbandcs, die gegen
6 Uhr abends zusammentrat. Tie
deutsch böhmische Vereinigung stellte
einen Antrag, der die überwiegende
Mehrheit fand und dabin ging, daß der
Antrag der deutschchöhmischen Abgeord
ncten im gegenwärtigen Moment zu
weitgehend sei. Man einigte sich auf die
Mittellinie. Ter Obmann des deutschen
Nationalöcrbandcs wird im Namen des
Verbandes eine Erklärung abgeben, in
welcher die Stellung der im deutschen
Nationalvcrbande vereinigten Parteien
scharf präzisiert und bis zu einem ge
wissen Grade auch der unter den deutsch
böhmischen Abgeordneten herrschenden
Stimmung Rechnung getragen wird.
l?!n Absacie an die Regierung dürfte
die Erklärung nicht enthalten. Ter
deutsche Nationalverband hat einen Aus
weg gefunden, den auch die deutsch-böh
mischen Abgeordneten annehmen konn
ten. Die Ehristlichsozialen haben bisher
zur reuen Lage noch nicht Stellung ge
nommen.
Das Abgeordnetenhaus sehte am 4.
Juli die Debatte über die Aufhebung
der Verordnungen betreffend temporäre
Einstellung der Geschworenengerichte und
Unterstellung der Zivilpersonen unter
die Militärgerichtsbarkeit fort. Ter
Tscheche Körner feierte dabei den Am
nestieerlaß des Kaisers als klug?, konsti
tutionellc und menschliche Tat und ver
teidigt: das böhmische Volt gegen die
Anschuldigung des Hochverrats. Ter
deutsch-nationale Tobernig spricht fein
Befremden aus. daß der Winisterpräsi
dent als Berater der Krone nicht seinen
Einfluß zur Geltung gebracht habe. Tie
Teutschen könnten dem weitern Verha!
ten der Regierung nur mit Mißtrauen
entgegensehen. Es sei zu befürchten, daß
die 'Herzensgute des Kaisers übel belohnt
werde und daß dem Staate neue innere
Kämpfe bevorständen. Tie Teutschen
lehnten daher die Verantwortung für die
unabsehbaren Folgen ab. Tr christlich
soziale jjir.ke wünscht, daß die edle Tat
des Kaisers dem Reiche und seinen Völ
kern zum Segen gereiche und nicht mit
Undank gelohnt werde.
's Porti im Kricg.
Drei Häuser hat's TLril.
Tiei Buam sein im Je!d,
Im ganzen san 's neune,
A jed's hat drei gestellt!
A Kegelspiel: Neune
San furt in Gott'snam'.
Im Törfl kam s' g'stritt'n
Und draußi halten s' zlamm.
Zmoa san Schroolianer
Und zwoa Pionier',
Der Lois is Ulaner,
Ter Sepp Kanonier.
Ter Michel is Jäger.
A Leiber" der Hans.
Hornist is der Kaspar.
Ter blast eah zum Tanz.
So wunderschön z'samm.
In Frankreich san drauß'.
Seitdem gibt's im Wirtshau!
Koan' Stritt und koan Strauß.
Aa bat der Krieg einz'stellt
Tie dumma Prozeß,
D' Instanzen ham oufg'hön.
Es gibt koan Regreß.
T' Avakat'n, die Lump'n,
San selm alle draußt.
Jetzt kennen 's erst d' Bauern
Mei, die ham uns g'laust!
Jetzt hÄ'.en r im Törfi
So wunderschön z'samm.
Beim Biiesschreib' n. beim Tresch'n
Geht all's in Goit'snam'.
Und d' Buam dreschen draug n,
Tua! jeder sein Best's.
Von dahoam schicken s Schinken:
So. Drescher, da eßt s!
Ja, is dös net g spaßi':
T-r Krieg über d' Nacht -1-bt
An Leutekn im T?rsr
Den Frieden erst bracht!
mm
Ilanlen und Wallonen. ÄS I
r. r. w' i w:. e. i itmt vf,.. k,:. Trfrir.,
Verrieyasi, oit iiamcniTj auu; v,c
ptachenftagen und Sprackienkämpfe
spielen eine große Uicile in der inter
nen Gespickte. Tie Einmischling in die
inneren Verhältnisse anderer Staaten,
zum angeblichen Schutze gelräiiÜ!!
sprachlicher Minderheitor ist ein inter-
alionalcs KampZmittct gccocseu, da
besonders die Gegner unseres Verbün
beten Oesterreich-Ungarn mit aroß.r
Viriuosität handhaben. Es spricht ta
t,tr , .; iM.r-f,;i;,f..,.it nr Mtiiffon
ij Iufc tv vtu;iutiu,.ui v- v fc.'H'
Mackiba'der von 1S30 bis 1914, daß sie
es verstanden haben, fast gar nichts über
die Grenze drmgen zu lassen von dem
Kampf, den in Belgien nicht eine spra.ii
licke Minderheit, sondern die Mehrb.it
um ihr gutes Recht führen mußte. Mit
aroNier .solaerickitiakeit wurden die
Schlsgworte von der kiiikeitlichen bel
gesehen Nation, dem belgischen Natio
nalgeiit uns der belgischen VoilSieeie
bei allen Steiatskundacbungen, in allen
Schulbüchern und all. französisch ge
schrielxnen Zeitungen Belgiens die
flämischen dranaen ia nicht ins Aus
land festgehalten. Seltsam ging es
dann dem remdrn, der nach Belgien
kam. Er entdeck: zroei Volksstämme,
deren verschiedener Rassetyous unocr
kennlar nar und diren Srrachk so
gänzlich verschieden w'k das Deutsche
nd talieniiek in Sud. Tirol! Beide
Volksltamme, die Flamen wie die Wal
Ionen, gehören zu den degadtciten tf;,
ropas. Die Wallonen im Südwesten
Belgiens, um Lütiich und Namur. sind
die alteren im Lande; sie sind die Nach
kommen der keltischen Belgier, die Ju
lius Cä ar a s ::nde kennen lernte
und denen er das Zeugnis gab. sie seien
von au den tapteren kcltiicycn oirs
stZmmen der teisrerLe. Ihre Eorache
ist ein französischer Dialekt, der in der
Schrift durch Beibeyaüung ver im
Franzopscken fehlenden Buchstaben H
iiiid Sri ausfällt. Tie sflütnen. die die
Nordwesthälsie Belgiens mit Gent.
Brügge und Antwerpen oewoonen,
stammen von den ebenso tapferen ger-
manischen Eroberern der Völkermande
rungszeit, den Mannen Ehlosevigs und
Karls des Großen ab. Mit ihren hol
ländischen Nachbarn und den Buren in
Südafrika haben sie bei allen Abwei
ckungen der Mundart die niederländische
Schriftsprache gemein. Ihre nächsten
Stammesverwandten außerhalb der nie
derländischzn Sprachgemeinschaft sing
die deutschen Niederfronken" um Kre
feld, Tusseldors und Wesel; aber auch
ein .Mittelfranke" aus Aachen oder
Köln kann sich noch leicht in der Mund
crt seiner Heimat mit ihnen verstän
digen.
Gemeinsam ist beiden Volkssiämmen
die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche
und vas Staatswefen, zu dem sie schon
im Mittelalter zusammenwuchsen. Für
dieses haben allerdings die Flamen, im
Kamp? gegen Frankreich, das Beste ge
tan. Die Bürger Flanderns waren es,
die in-der berühmten Sporenschlachi von
Kortrisk IM, unter Führung Wil
Helms von Jülich,,die französische Rit
terschast bis zur Vernichtung schlug'n.
Toch darf man nicht etwa bei den fcal
Ionischen Bauern und Kohlenbrennern
irgendeine Hinneigung zum französi
schen Staate vermuten. Unter den
Habsburgern waren vielmehr g'rade die
wallonischen Regimenter durch ihre Lan
des und Kaisertreue berühmt.
Nicht von den wallonischen Nachbarn
kam dem Flamentum die Gefahr, seine
Sprache und Siamme-art zu verlieren.
Dies? Gefahr entsprang in seiner eige
nen Mittel' Die französische Lebens
art, die französische Eourtoisie" und
damit auch die französische Sprache galt
bei Hose und beim Adel als die eigen!
lich vornehme. Tie Flamen, die so
wacker gegen die Franzosen kämpften,
waren von französisch erzogenen Edel,
leuten befehligt, welche die Sprache ib
rer eigenen Leute kaum verstanden. Tie
Grafen und Herzöge von Brabant und
Flandern, welche die Unabhängigkeit
von Frankreich ihren flämischen Unter
tanen verdankten, regierten diese durch
ihre Zntralvereiealtung in französischer
Sprache. Tie Bürger mußten sich da
gegen zur Wehr setzen; 1405 erreichten
sie" von Herzog Johann die erste belgi
sche .Sprachverordnung". wonach der
böchste Gerichtshof, der Rat von Flan
dern, auf Wunsch der Parteien nicht
französisch, sondern flämisch verhandeln
mußte. 1477 wurde der Herzogin
Maria, der Gattin Kaiser Maximilians,
ein Privileg abgetrotzt, das jeder künf
tigen mißbräuchlichen Anwendung des
Französischen einen Riegel vorschieben
sollte.
Tann aber deurden die flämischen
Bürger selbst voN der vornehmen fran
inmcbfn Mode erarif'en. Alles, was
Reichtum. Bildung und politischen Ehr-
geiz besaß, begann das amiiqe zu
n.-s,,tkn. Ter belgische Philosoph
Geulinez erklärte 1W Flämisch für
eine Provinzialiprache, gut genug, in
' der Küche und in der Kneipe' gesprochen
zu' weiden. Ein französischer Jesuit
schrieb 3671, das bessere flämische Bür
gertum verachte die flämische Sprache.
T.it Brüsseler Damen." sagt er. .sind
nickt weniger auf unser: Bücher als
auf unsere Moden begierig. 2gar
das niedere Volk teilt, so roh es auch ist.,
hierin den Geschmack der anständigen
Leute," Die Hadsburgischen Regenten
d"s Landes änderten bieran nichts: sie
sprachen ja alle französisch und waren
frvb. nicht noch Flämisch lernen zu
1 müssen. Auf die yadeoarger so,gic
I von 17S4 bis 1L1Z die sranjöstsche
zösische Sprache begiinsligt. 11", bis
'M war Belgien mit Holland vereinigt,
das dec Herrschaft des Nildeiläudisch'
Flämischen in den flämischen Provin
zen und seine Gleichlvrechtigung in den
wallonischen durchzusehen suchte.
1S,"() wurde durch den Abfall von
Holland das moderne Belgien" geschaf
i,'n. Seine Verfassung sprach die
Gleichberechtigung der französischen und
der flämischen Sprache aus. Abcr diese
stand lediglich auf dem Papier. Tat
fächlich drohte dem Flämischen gerade
irM drr völ! ine Untcraana, Tie fran
zösiscke ?.'!ode, die Schwärmerei sllr die
franzoii'che Zwetisation die gegen
tranig dieselbe Rolle spielt wie im Mit.
telalt.r die französische Eourtoisic"
erreichte in dem Jahrzehnt von 1830
bis 40 ihren Höhepunkt. Gegen die
Oclleae isianzonerung der nlamen ,n
2i;te. ttestnnuna uno Sprache, in Ge
sebglbuna, Rechtsprechung und Schule
erhob sich seit 18-40 die flämische Be
wegung. -Getragen von einer kleinen,
abe"r stetig wachsenden Schar zielbewuß
ter Wännn. suchte sie Schritt für
Schritt erst die Zulassung, dann die
Gleichberechtigung des Flämischen zu er
kämpfen. Je starker die slamilche e
vcguna wurde, desto stärker erhob sich
auch der Widerstand der wallonischen
Führer und erst recht ihrr Verbünde
ten.' der verwelschten Flamen, der
,Franzöl!nge" oder Fransülions".
cri't iSsi8 wurde die erste flämisch:
Rede im belgischen Parlament gehalten;
erst 873 der Gebrauch dcs flämischen
in den Gcrichtssälcn der flämischen Pro
vinzen für zulassig erk.art; eril
cina die Bestimmuna durch, dan die
Beamten in den flämischen Provinzen
die flämische Landessprache verstehen
mußten.
nblei'merkt: Es ,'t nich die Min
derheit. fondern die Mehrheit, die sich
solche AVIchlagezaylung'en von der liMn
derheit erkämpfen mußte.
Es sprachen nämlich nach der Volks
Zahlung von:
1vs0
2 47 000
nur flamüch
nur französisch
fläm. u. franz.
424 000
im
2220 MO
2 m OsjO
871 000
Aber freilich, diese Mehrheit bestand
fast nur aus Bauern, Arbeitern uns
Handwerkern, nur vnier dem .niederen
Volk", nicht unter den anständigen
Luten , nur in Küche und Kneipe ,
nicht im Salon. Tie Führer der Fla
men erkannten deshalb bald, daß es da
rauf ankomme, den ihrem Bolkstum
treuqebliebenen Stammesaenossen den
Aufstieg durch alle Stufen der Bildung
zu ermöglichen. Sie setzten durch, dag
auf allen mittleren und höheren vsch'u
len zwei Unterricktssäcker in flämischer
Sprache gelehrt werden mußten, und
daß diese Bestimmung auch auf die
Volkischulen der zweisprachigen Lan
desteile, also vor allem dei'Hauptstad!
Brüssel, ausgedehnt wurhe. Tie Sache
aber, die den Flamen am meisten am
Herzen lag. war von Anfang an die
Vlaamsche Hoaeschool, die- Universität
mit flamischer Unterrichtssprache 1840,
als sie eine solche zum erstenmal im
Parlament verlangten, gab es in Bei
gien zwei französisch Universitäten;
1912, a!s sie ihren Antrag zum letzten
mal wiederholten, bereits vier. Trotz
dem erregte die Forderung, daß ein:
einzige Universität, die in der rein flä
mischen Stadt Gent gelegene, nieder
ländische Vorlesungssprache erhalten
sollte, die Entrüstung der Franslil
jcnl". Der französische" Genter Pro
fessor de Wetter erklärte die geplante
Umwandlung für ein ,barlrisches
Lllerk," 1014 aber nnckte der Blinister
Präsident de Braqueville. um sich nicht
durch die Erbitterung der Flamen die
Wahlen zu verderben", das verhaßte
Zugeständnis machen. Er versprach
wahrend der Wahlbewegiiiig, daß die
Regierung sich mit einer Neuordnung
der Lehrsxrache an der Universität Gent
befassen wolle". Bei ehrlicher Aus
legung des Verbrechens konnte das nur
beißen, daß ollmählich statt der fran
zösischen die flämische Borlesungssprache
eingeführt werden sollte. Tie Flamen
jedoch trauten dem Frieden nicht ganz.
Tenn bisher hatten sie immer wieder
die Erfahrung machen müssen, daß die
schönsten Gesetze und Verordnungen
ihnen nicht viel nützten, da die Frans
kiljons" immer wieder verstanden, sie
durch die Art der Auslegung und Aus
fiihrung in ihr Gegenteil zu verkehren.
So wurde das Gesetz ütvr die zwei flä
mischen Unterrichtsfächer in vielen Schu
len dadurch vereitelt, daß man dein
Flämischen die technischen Fächer zu
wies. Das heißt, die flämischen Kinder
mußten Lesen und Schreiben in fran
zöstscher Sprache lernen und durften
dafür in ihrer Muttersprache turnen
und zeichnen!
In dieser Lage hat nun die deutsche
Regierung Wandel geschafft. Sie tat
weiter nichts, als daß sie in Belgien den
geltenden belgischen Gesetzen Achtung
verschaffte und sie ihrem Wortlaut und
ihrem Sinn gemäß ausführte. So hat
sie sich schon im Herbst 1014 mit der
Durchführung des kurz vorder erlassenen
Volkestula-setzes den Tank aller und,
faneeenen Flamen erworben. Nun hat
sie "einen weiteren Schritt getan, der
den Wunsch der Flamen seiner Ver
wirklichung entgegenkübrt. Sie hat das
Versprechen des Ministeriums de Broe
auebille eingelöst. Am lji). Tezember
1915 ist durch den Generalgouverneur
v. Bisfing angeordnet worden, daß in
den Etat "des Jahres 101 die Summen
eingestellt werden, die erforderlich sind,
um die Umwandlung der Universität
Gent in eine flämische in die Wege zu
leiten. Zugleich sollen die für die Reu
gkstaltung des Unterrichts notwendigen
organisatorischen Maßnahmen von fach
kundiger Seite in Angriff genommen
werden.
Die Franzoslinge wissen die Gefahr,
die ihnen droht, richtig einzuschätzen.
Sie haben den Schlag zu vereiteln ae
sucht, indem sie aussprengten, die deut
sche Regierung beabsichtige, in Gent hoch
deutsch,? Vorlesungen halten zu lassen,
um die Flamen zu germanisieren. Der
plumpe Trick ist mißlungen, die flämi
sche Presse hat den großen Erfolg ihrer
Sache mit unverhohlenem Jubel be
grüßt. Eine Freudennachricht von
größter Bedeutung" hat die Gazet van
Brüssel" die Anordnung des General,
gouüerneurs genannt, und mit ihr ha
den Het Vlaamsche Nieuwe" und De
Vlaamsche Post" dem Teutschen Reiche
den Tank des flämischen Volkes ausge
sprochen, denen nationale Zukunft durch
diese weile Tat gesichert werde.'
Es ist eine alte Ueberzeugung der
Flamen: was sie einmal bekommen hät
ten, das ließen sie sich unter keinen Um
ständen wieder nebmen. Wie darum
auch der Ausgang des Krieges über Bel
gien entscheiden möge, eine Wiederkehr
der Epoche, wo eine führerlose Mehrheit
durch die dem eigenen Volksiume ent
fremdeten Vorkämpfer einer fremden
Zivilisation in Unmündigkeit erhalten
wurde, ist für immer ausgeschlossen.
Sie ist es dank der gerechten und staats
mannischen Maßnahmen eines deutschen
Eieneralgonverneurs. W. II.
per Mtchjlaöe des Kelches.
Wir lesen in der Vofsischcn Zeitung"
vom 2'j. Juni:
Ter Ingenieur Scharnom klagte
einem neben ihm sitzenden, unb.?an:',ten
Herrn in einem Restaurant, daß er mit
seinen Brotkarten nicht auskomme, so
daß er mit seine: Familie zuweilen nicht
genug Brot erhalten könnte, um sich satt
zu essen, Ter Herr erwiderte, er erhalte
von seinen Schwiegereltern aus Ost
Preußen öfters Lsbensmittel und sei da
her in der Lage, ihm eine Brotkarte, die
er nicht benutzen wolle, zu verehren.
Ter Ingenieur nahm die Brotkarte mit
Tank an. Der Vorgang gelangte zur
Llenntnis der Behörde; die Folge war,
daß sich der Ingenieur Scharnom vor
der 130. Abteilung des Schöffengerichts
Berlin-Milte wegen Hehlerei zu der
antworten hatte. Tcr Staatsanwa't
beantragte vier Wochen Gefängnis, der
Verteidiger Freisprechung, da, wenn der
Angeklagte weeien Hehlerei bestraft wer
den solle, ihm nachgewiesen werden
müßte, daß er bewußt oder den Um
ständen nach hatte annehmen müssen,
daß die Brotkarte durch eine ftraibar?
Handlung von dem unbekannten Herrn
erlangt worden sei. Der Gerichtshof,
unter Vorsitz des Amtsgerichtsrais
Transchewski, erachi.te jedoch den An
klagten der Hehlerei schuldig und v?r
urteilte ihn zu siebcn Wochen Gesang
nis. Der Verurteilte will, wie uns mit
geteilt wird, gegen dieses Urteil Bern
fung einlegen.
Der uns dorli'g'nd, hier wieSige
geben Bericht scheint nicht ganz voll
ständig zu sein. Tie Verurteilung r.
folgte wegen Hehlerei"; danach muß
man voraussetzen, das Gericht habe an
genommen, der erste Besitzer der Brot
karte sei zu diesem Besitz unrechtmäßig
gelangt und der Empfänger habe hier
von getöußt. Sollte es sich um die ein
fach: Annahme einer Brotkarte vom
rechtmäßigen Besitzer handeln, so müßte
man das Urteil ganz ungeheuer,
lich hart finden. Tie Weitergabe
ebener Brotkarten und die Benutzung
solcher Abschnitte ist zwar unzulässig,
da die Uebertraqung verboten" ist und
die Abtrennung von Teilabschnitten nur
vom Verkäufer erfolgen soll.
Aber Hand aufs Herz: Wer hat denn
gegen diese Bestimmungen noch nicht ge
fehl:? Tas werden sehr wenige im
Teutschen Reick sein. Und in der 'Zeit
der Brotknappheit, der Fleischknappheit
denkt sich auch niemand etwas ArgeS da
bei. derartige Gefälligkeiten entaegcnzu.
nehmen oder zu erweisen. In manchen
Fällen des prakiischen Lebens sind solch
gegenleiiigen Aushilfen so notwendig,
daß es sinnlos wäre, sie nickt zu erwei
sen. Es wird dadurch auch kein Wesen!
li,ser Schaden angerichtet, denn auch der
er'ie Besitzer würde die Marke bei den
heeriben Verhältnissen kaum verfallen
las:. so daß der Bestand an nationa
len Lebensrnitteln durch ein solches
Weiterzeben rechtmäßig besessener Brot
marken nicht ceschmälert wird.
Diese hier 'dargelegte Ansicht ist die
im Publikum allgemein verbreit,,'.?, und
es war deseregen unpraktisch, die ein
faS.e WeiterZab oder Entgegennahm
rechrmaßigir " Brotmarken mit bohe
Streis n' zu belegm. Eine im Volks
bewnß'.fein sußnde Rechtspflege kann
nicht aus den "'Äbivea . raten, naliezu
die ganze Ration straffällig zu machen.
Der geheime Kseillkrieg.
Vernichtung der Ernte in Veutschland durch die Uriegs-
gefangeiiött.
!'
i
Aus Berlin wird am 21. Juli ge
schrieben: Schon im März war davon die
Rede, daß nach einer Reihe von Beob
achtungen, die man an den Zusendungen
an französische Kriegsgefangene anstel
len konnte, feststeht, daß von Frankreich
aus ein organisierter Dienst zur Ver
nichtung der deutschcn Ernte und zur
Zerstörung deutscher Jndustriewerke tä
tig ist. Der Dienst soll von den in
Teutschland befindlichen Kriegsgesange
nen vollzogen werden. Heute werden
von zuständiger Seite einige weitere
Einzelheiten bekannt gegeben. Hiernach
hat die französische Organisation
wirklich inen fruchtbaren Boden
gefunden, 'es sind sogar auch
russische, belgische und englische Kriegs
gefangene auf solchen Verbrecherspuren
entdeckt worden. Vielfach haben die Ge
richte bereits ihr Urteil gesprochen. Wäh
rend der Trockenheit sind nun die
Brandfälle besonders häufig. Im Be.
zir! von Stettin brannte eine Scheune
nieder, die über WO Zentner Stroh
enthielt. Auch 70 Zentner Kartoffeln
sind derbe! umgekommen. Kriegsgefan
gene sind als Täter ermittelt wirden.
Dasselbe war anfangs Mai bei zwei
Bränden der Fall, von denen der eine
im Großherzogtum Baden, der andere
in Oberbagern sich ereignete. Wieder im
Siettiner Bezirk wurde ein Maidbrand
angestiftet; viele gefangene Nüssen kom
men als Täter in Frage.
Äon Frankreich aus werden immer
noch an die Kriegsgefangenen Pakete ge
sandt, die in allen möglichen Formen
Zündschnüre und Heizkörper, die als
Zeitzünder zu gebrauchen sind, enthal
ten. Einige Blätter anscheinend aus
einem landwirtschaftlichen Lehrbuch
stammend waren vielen Sendungen
beigegekn. Sie enthalten nichts ande
res als Anweisungen zur Vernichtung
von Saat und Ernte. Turch Unter
suchungen konnte festgestellt werden, daß
einmal ei Gefangener eine Menge von
Kartoffellochern ousgrub,. die meisten
ober ohne Saatkartoffeln beließ und
diese alle dann in ein Loch warf. Ein
anderer hat irrtümlicherweise" ein mit
Spinat angepflanztes Stück Ackerland
niit der Egge bearbeitet, statt dieses
Jiistrument über den benachbarten Bo
den zu führen. Gefangne Franzosen,
die nach der Schweiz entlassen worden
sind, haben sich geriihmt. daß sie schon
auf eigene Veranlassung hin die Kar
toffelaugen ausgeschnitten hätte. Es
ist auch mehrsach festg.sstellt worden, daß
Gefangene, die bei der Aussaat der
.ffartojfeln verwendet worden sind,
dann, wenn sie sich unbeobachtet fühl t
ten, das Wachstum auf irgend eine Art J
verhinderten. Vielfach siid die land
wirtschaftlichen Maschinen der derschie
densien Art vernichtet worden. Eisen
tücke sind in die Getriebe hineingewor
en worden, Treibriemen pno zericynii
ten worden. In einer Marmeladesen
düng an einen Kriegsgefangenen befand
sich in einem verschlossenen Gummibeutel
unter anderem auch ein Eeuchenpräpa
rat zur Verseuchung des Viehs. Es war
in Glasröhrchen abgefüllt. Tiefe waren
wieder in Zigaretten verborgen. Somit
war es sehr schwer, hinter die Lift zu
kommen. Eine bakteriologische Untere
siichiing hat ergeben, daß es sich um
eine Mikrobenkultur handelt. Ten Ge
sanaenen.iff in einem Schreiben, das
natürlich in Geheimschrift abgefaßt ist,
mitgeteilt, daß das Seuchengift nur
langsam wirkt. Es könne also der Tä
ter 'nicht leicht ermittelt werden. Dieser
Hinweis soll offenbar zum Verbrechen
aufmuntern. Schließlich ist auch fest,
gestellt worden, daß die Gefangenen Nä
gel unter das Vtzehfuttcr mischten.
.' I
i
i
1 ei
i
i
Y:
;
i t
i
H
t i
Ur
Jas Wahlrecht in Mußen.
In einem deutschländifchen Blatte le
sen wir:
Nunmehr läßt sich aus den Stimmen
der Presse eine ziemlich klare Uebersicht
über die Stellungnahme der einzelnen
Parteien zu dem Wahlrechtserlah gewin
nen. Tie sortschn!iche Freisinnige
Zeitung" begrüßt die Verheißung des
gleichen Wahlrechts und schreibt im An,
fchluß daran:
In den fortschrittlichen Kiindgkbiin
gn war auch stets von der Neueintci
jung der Wahlkreis! die Rede. Der neue
Erlaß spricht hiervon ebensowenig wie
die Osterboischaft. Aber wir halten es
für selbstverständlich, daß mit jener radi
kalen Reform auch diese minder radikale,
doch in gleichem Sinne der Gerechtigkeit
dienende Reform durchgeführt weiden
wird. Soll doch auch im Reiche nach
dem Versprechen des Staatssekretärs
Helsferich für die größeren Wahlbezirke
eine gerechtere Verteilung, d. h. eine El
hobuiig der Mandatzahl in Verbindung
mii der Verhältniswahl eingeführt wer
den, durch die auch die Minderheit be
lücksichtigt werden."
Tie nationalliberale Berliner Bor
senzeitung" Lui-ert sich in einem längeren
Aufsatze u. a. wie folgt:
Welche Haltung die nationalliberale
Partei einnehmen wird. läßt sich ebenso
wenig mit Bestimmtheit sagen, wie man
etwa über die Stellungnahme des Zen
trumö etwas Feststehendes prophezeien
kann. ' Tie nationalliberal Partei hat
auf dem Boden des Pluralwahlrechts ge
standen, und sicher wird der Gedanke
eines gleichen Wahlrechts in Preußen
auch heute noch innerhalb der national
liberalen Partei viele Gegner haben. Wir
sind ober sicher, daß ein erheblicher Teil
d'r Mitglieder und wir stehen nicht
an. zu behaupten, daß es die Mehrheit
sein wird heute dem gleichen Wahl
recht in Preußen seine Zustimmung nicht
versagen wird."
Die .Germania", das Berliner Zen
trumsorgan. erinnert daran, daß daS
Zentrum sich von jeher für ein gleiches
Wahlrecht in Preußen ausgesprochen
habe, und erklärt:
Herr b. Bcthmann dürfte sich freilich
selbst kaum der Täuschung hingeben, daß
durch die Ankündigung des gleichen
Wahlrecht! in Preußen unsere gesamte
innerpolitische Lage nunmehr geklärt sei.
DaS ist zweifellos nickt der Fall, aber
nach diesem guten Anfang wird die
Krön auch eine befriedigende Losung der
anderen noch drängenden Fragen zu fm
den wissen."
Tie freikonfervative .Post laßt sich
von dem Abgeordneten Freiherr v. Zed
litz über die Aussichten einer solchen
Wahlrechtsvorlage im Landtage das Fol
gende schreiben:
Wenn nicht äußere Umstände, ins
besondere der Zusammenhang mit dem
Allsgange des Weltkrieges, die Entschei
dung beeinflussen, diese vielmehr aus
schließlich nack der sachlichen Beurtei
lung der Einführung des gleichen
Wahlrechts vom preußischen Stand
punkte aus erfolgt, darf mit einiger
Sicherheit angenommen werden, daß
beide Häuser des Landtages sich gegen
über der Einführung dvs gleichen Wahl
rechts ablehnend Verhalten werden. Es
erscheint mehr als wahrscheinlich, daß sie
sich zu Beschlüssen vereinigen werden,
durch welche zwar eine weitgehende De
ivkratifierung des aeltenden Wahlrechts
unter Beseitigung seine Klassencharak
ters herbeigeführt werden, zugleich aber
auch eine ausreichende Berücksichtigung
derjenigen Werte gewährleistet wird,
welche bei dem gleichen Wahlrecht dem
Staate verlorm gehen. In diesem Falle
würde die Staateregiernnq wie die An
Hanger des gleichen 'Wahlrechts sich vor
die ernste Erwägung gestellt sehen, ob
nicht eine solche Ordnung des preußi
schen Wahlrechts, welche als eine bedeut
same Abschlagszahlung auf ihre weiter
gehenden Ziele und als ein Zwischen
stadium zur Erreichung derselben gelten
kann, nicht schmcr'n inneren Kampsen
mit zweisilhaskem Ausgange vorzuziehen
sein würde."
Tie konservative Presse verhält sich
gegenüber dein Erlasse des Königs völlig
ablehnend. So schreibt die Deutsche
Tageszeitung" unter anderem:
Nur eine kurze Reihe von Wochen
ging ins Land: dann wi,rde die Öfter
botschaft wie ein wertloses Stuck Papier
unter den Tisch geworfen und wäh ,
rend unsere Tapferen draußen in den
gewaltigsten Kämpfe begriffen sind
und wir bitterer als jemals inmren
Frieden nötig haben, ist diese innere
Neuordung j,tzt im vollen Gange und
weit radikalerem Zuge, als die Regie
rung selber früher iraeud geplant hatte.
Schritt für Schritt ist Licrr v. Beth,
mann Hollweg zurückgewichen, immer
wieder hat er feinen eigenen, feierlich
verkündeten Standpunkt aufgegeben, um
der radikalen Strömung weiter ent
gcgenzukominen. Aber nicht nur das:
er selber hat diese Strömung durch seine
Reden immer von neuem angeheizt;
seine Rede vom 12. März hat sie gerade
zu mit Sicbenmeilcnstiefeln vorwärts
getragen. So sind wir dahin gekom
men, wo wir heute stehen; so konnte der
König bon Preußen in freier Ent
schließung" den gestrigen Schritt tun."
Kann noch irgend jemand glauben,
daß die Regierung des Herrn von Beth
mann Hollweg noch die Autorität hätte,
auf diesem Weste irgendwie einen sesten
Halt zu finden? Ihre Stellung im In
nern, im Parlament, beruht ja nicht auf
ihrer Stärke, sondern auf ' ihrer
Schwäche, von der die Parteien immer
neue Zugeständnisse zu erlangen hoffen.
Im Augenblick steht ja vielleicht der
Kaiser schon vor freien Entschließun
gen!" Die schwerinoustrikllen Berliner
Neuesten Nachrichten" sind in ihre?
Kritik um noch einen Ton schärfer.
Wir fürchten." schreiben sie, spätere
Gcschichtsschreiber werden einst den 11.
Juli 1017 als den Tag bezeichnen, an
dem ein preußischer Ministerpräsident
den König von Preußen mitten in den
gewaltigsten Siegen, die die Geschichte
kennt, zu überreden vermochte, den rsten
Eckstein auS dem stolzen Bau seiner
Monarchie mit eigener Hand zu nt
fernen, und daß vom 11. Juli 1017 ab
die Herrschaft der Demokratie, ständig
gewachsen ist und der Niedergang des
deutschen Volkes begann. Und der Name
Bethmann Hollweg wird für alle Zeiten
in der Geschichte des deutschen Volkes
genannt werden, als der Name des
Kanzlers, der es verstand, die Einigkeit
des deutschen Volkes, dos in dem Welt
krieg durch Blut und Eisen innig und
fest zusammengeschmolzen war. wieder
in Parteigruppen auseinanderfallen zu
lassen, weil er aus der Geschichte der
Volker !$eSis gelernt hatte und die Zei
che der Zeit nicht erkannte, weil er
kavituliert vor dem Kampf
ö
y
; 1
m
v n
i
l
s
. '