Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, September 08, 1917, Image 7

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    Tägliche Omsht Tribune
ßhamliieristische Merkmale
der Sommer-Kampagne 1917.
Vsn einem ehemaligen ÄeneralstabssffkzZer.
Einfluß der päpstlichcll FriedcuSakrion auf die KriegKlage. Militärisches Tchwergcwicht wieder an
die westlichen Fronte verlegt. Alliierter Äampagncplan bezweckt Eindrücknng der deutschen Flü
ßC. Moderne Angriffs- und Bcrteidignngö-Taktik. Neuartige' Form der italienifcheu Jfonzo
. Offensive. Situation an der Ostfront in der Schwebe.
,
ö
i
"rutCfj den Fricdensvorschlag bc8
1 Vatikans ist in den letzte
Wo,cn das politische Moment
im europäischen Kriege dem
militärischen gegenüber, unleugbar wie
der in den Vordergrund getreten. Iro
dein in Flandern, bei Lerdun, am
Jsonzo und in der Moldau militärische
Atiionen größten StilK im Gange sind,
ist deren Einsluh auf die Gestaltung der ,,
allgemeinen KriegZCituation nicht im
Entferntesten mit dem Effekt der Vor.
schlage des heiligen Stuhles zu verglci,
chen. . Nachdem sich die beiden feindlichen
Gruppen, im Ganzen genommen, noch
unbesiegt und in militärisch-tcchnischcr
Hinsicht Rußland ausgenommen
stärker als je gegenüberstehen, ferner die
vorgerückte Jahreszeit eine Fortsetzung
umfangreicher strategischer Operationen
nur usch twa drei Monate gestattet, ist
ine endgültige Entscheidungs-Hcrbci
fuhrung lediglich durch Waffengewalt in
diesem Jahre wohl kaum voraussetzbar.
Im Gegenteil scheint jedes umfangreiche
Militärische Unternehmen beiderseits nur
ine umso intensivere Reaktion der an
deren Partei nach sich zu ziehen, und
man konnte das gewiß merkwürdige
Wirkungs-Phänomen beinahe als Tat
X fache hinstellen, daß mit der Fortsekung
der Operationen die Entscheidung eher
sHinausgerückt als näher gebracht zu sem
djcheint. Drei sich tmmermchr zu Fakten
kzlrauZkrhstallisicrende Umstände, welche
, 4rn Folgenden eingehender beleuchtet wer
' den sollen, können zunächst in dieser Hin
ficht als ursächlich bezeichnet werden.
Einmal der unleugbare Vorsprung, den
'die heutige Vcrtcidigungs-Taktik der sich
:Tt0(fi im Ezperimentiei-lstadium befind
lichen, dagegen anzuwendenden Angriffs
Technik gegenüber gewonnen hat; dann
der stetig wachsende Einfluß, den die
norme Gesammtfront'Länge auf die
Konsequenzen von aggressiven Aktionen
. an wenn auch räumlich ziemlich bcdeu
tenden Fronttcilen in infolge des rapi
den Niafte.VcrbrattchZ abschwächendem
Sinne ausübt, schließlich das rein mili
täusche Kräfte-Verhältnis der Zricgfuh
nden Koalitionen, welches sowohl heut
zutage als auch für die letzten biet Mo
, nate des Jahres 1917 sich noch nicht in
ausschlaggebender Weise zugunsten einer
Partei verschoben hat. respektive verschie
,. den wird.
' Hinsichtlich der politischen Kontro
' derse. welche die Vorschläge des Papstes
79 Benedikt entfesselt haben, ist vom rnilt
lärischen Standpunkt besonders die auf
w etauchte Meinungsverschiedenheit, ob die
Wahl dcS Zeitpunktes der päpstlichen
( Aktion opportun war oder nicht, recht
interessant. Daß diese Wahl keine spon
' tane war, sondern noch sorgfältiger Er
.' ; wägung der militärischen und politischen
' Gesammt-Situation erfolgte, erscheint
zweifellos. Trotz der vorder Majori
tät der alliierten Presse verwchtcncn An
ficht, daß zuerst eine Entscheidung auf
den Schlachtfeldern angestrebt weiden
solle, bevor von Fricdensvcrhandlungen
gesprochen wird, kann die sich imincr
mehr zur Tatsache erbittende relative
Ergebnislosigkeit der diesjährigen nfli
ierten Anstrengungen an der franzö,i
sch'n und italienischen Front, anderer
scitz aber auch die voraussichtliche Rcta
blierung der Kampskraft Rußlands und
die damit verbundene bereits eingetretene
Vcrlangsaniung des Vormarsches der
teutonischen Streitkräfte in der südl,.
chen Sphäre der Ostfront als Argument
zugunsten einer jetzigen Intervention
des Mapstes in die Wagschale geworsen
' werden. Auch die Erkenntnis, daß der
unbeschränkte deutsche Tauchbooilrieg bis
jetzt nicht- das rhofste Resultat einer
rapiden Niederzwingung Großbritan
nien ehabt hat. daher noch kein un
iiberbrückbarer Gegensatz zwischen
Deutschland und England vorhanden ist.
mag den Papst zu dem Entschlüsse be
to,nn,n Tinfcfit. iebt den Versuch zu ma
chen. die Kriegführenden auf der Basis
gegenseitigei Aerzichtteisiung aus ein
schneidende territoriale oder ökonomische
Vorteile einander näher zu bringen.
Vom Gesichtspulilt der rein inilitarisesien
Lage zu Lande und zur See scheint da
kr die Opportunität des päpstlichen
riedenZavvells gerechtfertigt.
VT, Momente, teils politischen.
leils ökonomischen Charakters, gestalten
jedoch die Ausstchicn vcs pan,ii,qen um
(ArvHtntt s-inesweas rosia. Die Macht
Haber in den alliierten Ländern und die
vK,,n Pnrtfipn überbauvt haben
sicki offenbar endgültig zu der Ansicht
bekehrt, daß ein Kriegsausaang, welcher
die Zentralmächte ungeschädigt ließe.
:.,. vntcTctTut ötsotut nickt dienlich sei.
und daß eine Entscheidung nur noch auf
dem Schlachtfeld durch Vernichtung des
k,?baesllhrt werden könne.
sl t,rn , rmartendi aktive militä
rtfe Betätiauna der Vcr. Staaten auf
v ...nüisn ffrieasschauvlaken. sei
in inwp'iT" ,,,
5er das Bewußtsein, durch den Eintritt
Ehina'S und anderer anoer ein tujicc
unerschöpfliches Menschen-Reservoir für
Weiterführung c, riege, ui
iuauna zu haben, mag hiebci mit
,. i.:,m.nh ntmhn sein. Den uiolls
.iiiiw'v r 1 i . r ...
maffen der Entente erscheint angesichts
ttt, durch die lcgr oeginnenvr
hpr Ernte momentan vebesser
ten ökonomischen Situation, ferner an
ksichtS der gestörten finanziellen und
ökonomischen Unterstützung durch die
fFtt Staaten eine sofortige Beendigung
des Krieze cht mehr so drmgeno ge
X
boten, wie in den entbehrungsreichen
Zeiten des Frühjahrs 1017.
Auch die von verschiedenen Autoritä
ten aufgestellte Behauptung, daß die
Parlamente der europäischen Gegner in
ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung,
die noch auf der politischen Parteigrup-
pierung und An cliauungen vor dein
Kriege fußt, nicht fähig sind, zu einer
Vcrsiändigungsbasis zu gelangen, hat
Anspruch auf Berechtigung. Dieser
Umstand stellt vielleicht neben der zur
Schau getragenen Unversuhnlichkeit der
regierenden Kreise das größte Hindernis
ur ein momentanes Relltat der Papst
lichen Friedensidee vor, und er wurde
vom Vatikan auch anscheinend in Rech
nung gestellt, da der Appell z,i einem
Zeitpunkte ersolgte, als alle europaischen
Volksvertretungen teils vertagt, teils iin
Begriff waren, ihre sommerliche Pause
in den Sitzungen eintreten zu lassen.
Wie dieses , parlamentarische Problem
chlicßlich gelost werden wird, bleibt der
Zukunft vorbehalten. Neuwahlen zu
5iriegszc!ten werden von allen Regierun
gen aus wohlweislichen Gründen unter
Hinweis aus die enormen wahltechnischen
Schwierigkeiten prinzipiell abgelehnt.
Bei langer Kriegsdauer ist jedoch, wenn
den Völkern das Recht vorbehalten, re
spektlve eingeräumt werden soll, bei der
Wiederherstellung friedlicher Verhält,
niste mitzubestimmen, ein anderer Mo
duS zur Auffrischung der Voltsvertre
hingen durch Männer, welche den durch
den Krieg neugeschaffenen Vcrbältiiisscn
gerecht werden können und nicht durch
politische Antezedcntien gebunden sind,
undenkbar. Schließlich durste doch
nichts anderes übrig bleiben, als Wahlen
selbst im Schutzengraben trotz aller tech-
Nischen Scbwierigkeiten und politischer
Bedenken vornehmen zu lassen, falls die
Maioritat der Völker und nicht nur
einige Machthaber oder Parteien über
die zukünftige Gestaltung der Dinge in
Europa, oder vielleicht in der ganien
Welt entscheiden sollen. Vielleicht wird
der Appell des Pontifex auch in dieser
Hinsicht den Stein ins Rollen bringen.
Militärische Zusammenhänge.
Ueberblickt man die kriegerischen Ge
schehnisse der letzten Wochen und zieht
daraus ein Fazit, so muh konstatiert
werden, daß sich das militärische
Schwergewicht wieder einmal von Osten
nach Westen verschoben hat. Während
der Monat Juli zum größten Teil unier
dem Zeichen des russischen Zusammen
bruchcs in alizicn und der daran ge
knüpften Erwartung, daß derselbe eine
große Kampagne der Zentrnlmachte ge
gen SUdrußland nach sich ziehen würde,
stand, hat die strategische Initiative der
westlichen Entente-Zt!ächie wieder die
Aufmerksamkert auf den Ricscnkampf in
Belgien, Rord-Jrankreich und die Json
zo-Negion gelenkt. Umsomchr als die
jekt in Flandern und bei Vcrdun wii-
tcnde Schlacht ein prinzipielles Abgehen
der Entente -Heerführer von der schon
beinahe traditionell gewordenen Josfre
schen Idee eines Durchbruchs in mehr
zentral gelegenen Teilen der Westfront
vorstellt, wahrend die neuerliche italieni
sche Offensive an Ausdehnung der An
grifftfront alle ihre Vorgänger in den
Schatten stellt.
Bei der Beurteilung des bisherigen
Verlaufes der nun schon fünf Wochen
alten Schlacht in Flandern und ihres
bisherigen Ergebnisses taucht vorerst die
Frage auf, in wie weit der Zeitpunkt der
Ansetziing dieser alliierten Offensive un
ter dem Zivange strategischer Notwen
digkeiten stand oder ob die Wahl des
selben ganzlich von der freien Ent
schließung der Entcnte-Kriegsräte ob
hing.
Der Umfang, welchen die gegenwärtig
gcn Operationen in Frankreich und
Belgien angenommen haben, berechtigt
zu dem logischen Schlüsse, daß das ganze
Unternehmen schon Vor längerer Zeit er
wogen und Vorbereitet wurde. Zusam
mengezogen stellen diese Aktionen die
zweite groß; Phase der Kampagne des
Jahres 1917, also gewissermaßen den
Sommerfcldzug an der französischen und
italienischen Front vor. Der Beginn,
oder besser die Einleitung dieses Feld
zugcS kann bis zur Eindrückung des
deutschen Front-Vorsprunges bei Mcs
sines Wytschacte zurückverlegt werden,
Mit der Anfetzung des britischen An
griffes in Flandern hat die Durchfüh
rung des KampagneplaneZ rn der West
front praktische Gestalt angenommen
und die große strategische Grundidee
desselben hat durch die franzosische Of
fensive im Raume von Berdun die zur
vollständigen Entwicklung erforderliche
ergänzende Ausgestaltung erfahren. Auf
Grund dieser Erwägungen kann man
daher mit Berechtigung behaupten, daß
,die Wahl deS allgemeinen Zeitpunktes
für die alliierte Sommer-Offensive im
Weien nicht von Zwangsfaktoren beein
flußt wurde, sondern freiwillig dem
Fortschreiten der notwendigen Vorbe
mtnngen entsprechend erfölgte. Uebe
den Einwand, daß daS russische Debakle
in Galizien im Monat Juli möglicher
weise zu einer vorzeitigeren Jnszenie
rung der englischen Aggression in Flon
dern zwang, als dies ursprünglich de
absichtigt war. nur, m den Russen Luft
zu schaffen, läßt sich streiten. Denn daS
Argument einer beabsichtigten strategi
schen Fcrnivirkung auf eine Front durch
eine Druckausübung aus einer anderen
st in diesem Kriege des öfteren schon
ad abiiirduin ge uhrt worden, sodaß
die alliierten Heerführer in diesem Falle
woht kaum dasselbe zum Hauptmotiv
hier Atiion gemacht haben weiden.
Ferner spricht die der Flandern-Schlacht
vorausgegangene wochenlauge Artillerie
Vorbereitung, welche den Deutschen ge
nügcnd Zeit zu etwaigen Gegenmaßre
geln bot, ebenfalls gegen obige Annahme.
Schließlich hat der Charakter der all,
ierten Kriegführung im Jahre 1017 zur
Genüge dargctan, daß die Generalstäbe
der Entente im Großen auf exakte
Gleichzeitigkeit in der Ansehung strate
gischcr. AngiiifS-OperationeN nicht mehr
dasselbe Gewicht legen, wie im Vorjahre,
andern wie des öfteren schon ausge
ührt, mehr der Taktik der sukzcssiven
Truitverlegung huldigen.
Mit der Erkenntnis des o enkundigen
Mißerfolges der alliierten Frühjahrs
Ofsensive hat sich wahricheinlich ein Um-
chwuiig der Ansuchten der Entente
Hauptquartiere über die Möglichkeiten
zur Lösung des Problems, die Deut
chen aus Nordfrankreich und Belgien zu
verdrängen, vollzogen und die Idee, dies
durch einen strategischen Durchbruch im
zentralen Teile der Front zu bewirken,
ist anscheinend endgültig begraben wor
den. Durch den Wechsel im französischen
Oberkommando und die Ernennung Pc
tain's ist dieser Umschwung prattisch
zum Ausdruck gekommen. Eine voll
ständige Neu-Orientierung der strategi
suchen Gesichtspunkte für die Ucbcrwäl
tigüiig der deutschen Front scheint Platz
gegriffen zu haben und anstelle der zcn
tralen Durchbrechung wurde eine Zu
nickbiegung de: Flügel der gegnerischen
Linie, welche im Falle des Gelingens
sich zu einer doppelten Umfassung dersel
ben ausgestalten kann, zum strategischen
Leitmotiv des Operationsplanes für die
Soimner-5i,ampagiie in Frankreich ge
wählt.
Im Gcqeusake zu ihrem früheren
Verlaufe stellt die jetzige deutsche Front
im Westen infolge der im Marz borge
nommenen strategischen Ausrichtnug nur
eine einfach gebrochene Linie vor. Ter
Brcchpuutt liegt nordöstlich von Vcrdun,
wo die Front im Großen direkt nach
Süden abbiegt. Unter Berücksichtigung
der daraus resultierenden Vcrschiedenhei
ten in der strategischen Situation der
zwei Linienteile tonnte man eigentlich
von zwei deutschen Fronten in Frank
reich sprechen, die zwar örtlich unmittcl
bar zusammenhängen, ohne daß sich je
doch Rückwirkungen von Geschehnissen an
der einen sofort ausschlaggebend an der
anderen fühlbar machen würden. Unter
diesen Umständen stellt dann das Front
stück Argonnen-Wald-Vcrdun den füd
ostlichen Flügel der nördlichen deutschen
Front in Frankreich vor und die gegen
wältige englisch-fianzösische Offensive ist
daher gegen beide Flügel dieser letzteren
Front gerichtet.
Dieses jüngste alliierte Unternehmen
ist, vom Standpunkte strategischer Priu
zipien aus beurteilt, unzwcisclhaft eine
viel formidablcre Operation als alle bis
herigen Durchbruchsverfuche wcshreud der
letzten zwei Kriegsjahre, denn im Falle
eine Gelingens würden sich die Konse
quenzen diel weittragender gestalten.
Falls es zu einer Rückbiegung der deut
schen Flügel bei Vipern und Vcrdun
käme, würde nicht nur die natürliche
Flügel-Anlehnung an die Küste einer
feits und der Anschluß an die elsaß
lothringische Front andererseits verloren
gehen, sondern auch durch die drohende
doppelte Umfassung der deutschen Stel
lung in Nordfranireich eine weitgchcn
dere Rücknahme derselben gebieterisch ge
macht werden, als dies je durch einen
Durchbruch im Zentrum bewirkt hätte
Werden können. Ferner zwingt die be
deutende räumliche Entfernung der zwei
Angriffspunkte, den Gegner zu einer de
zidiertcu Teilung der für die Abwehr der
Offensive bestimmten Reserven.
Schließlich weist die deutsche Linie so
Wohl bei Apern als auch bei Verdun dir
verhältnismäßig' tiefsten und breitesten
Einbuchtungen in ihrem Verlause aus,
daher bieten diesen Stellen von Haus
aus günstigere Ausgangssituationcn für
die Änsctzung alliierter Ossensiv-Aktio
nen.
Wie aus obigem ersichtlich, ist der
alliierte Operationsplan diesmal auf
einer viel gesünderen strategischen Basis
fundiert, als je zuvor. (leine Erfolgs
Aussichten weiden jedoch durch die tak
tischen Aussührungs-Möglichkeiten stark
beeinträchtigt, wenn nicht gar überhaupt
in Frage gestellt.
Moderne Angriffs und Vertei
digungö-Taktik.
Wie schon eingangs hervorgehoben,
hat die Technik der Defensivem diesem
Kriege vorläufig einen bedeutenden Vor
sprung gegenüber jener des Angriffes ge
Wonnen. Eine Zusammenfassung der
wesentlichen Momente der modernen
Kampfmeise läßt diesen Umstand am
deutlichsten zutage treten.
Ein moderner Angriff spielt sich in
der Hauptsache wie folgt ab:
Die Einleitung bildet gewöhnlich eine
mehr oder minder lange ArtillericFcuei
Vorbereitung, welche fowohl die Zersiö
rung der vordersten gegnerischen Stel
lungcn und Vorfeldbefestigungen, als
auch die Bekämpfung der feindlichen Ar
tillerie zum Zwecke hat. Mittlerweile
wird die Gruppierung der Angriffs,
Truppen, mit starker Tiefftaffelung der
Reserven, vorgenommen, während Flie
gcrGeschwader die rückwärtigen Bei
bindungen des Gegners .ferner dessen
Reserve Stellungen und Munitions
depots nach Möglichkeit beschädige.
Znin festgesetzten Zeitpunkte gehen
dann die speziell zusammengestellten
Stoß und SturM'Gruppcn der In
santcrie ineinander aus verhältnismäßig
kurze Distanz folgenden Wellen zum An
griff über. Die eigene Artillerie umfaßt
dabei die ganze Angrifssgruppe mit einer
sogenannten Feuerglocke, um sowohl
einen krustigen Widerstand der in den
vordersten Stellungen noch verbliebenen
Acrtcidigungs'TruPpcn bis zum unmit
telbaren Nahkampf zu verhindern, als
auch eine flankierende Beschießung der
Angreifer von seitlich gelegenen Dcfen
siv-Positionen zu vereiteln. Sie legt
ferner Sperrfeuer hinter die vordersten
gegnerischen Linien, um das Eingreifen
feindlicher Verstärkungen hinlanzuhalten
und bekämpft überdies fortgesetzt die
Lcrteidigungs-Artillcrie, um deren Ge
genfcuer möglichst abzuschwächen. In
neuester Zeit begleiten auch Flieger die
Sturmwellen, um mit Maschinengewehr
seilst gegen den Verteidiger zu wirken.
Sobald der Angreifer die vorderste
gegnerische Position erreicht hat, tritt
hauptsächlich die Handgranate und das
Bajonett in Aktion. Riederbrechende
Siurmwcllen werden durch frische auf
gefüllt und der Angriff unter fortgesetz
ter Mitwirkung der Artillerie weiter
vorgetragen, bis das für den Tag vorher
festgesetzte Angriffsziel erreicht ist. In
dieser Stellung muß sich nun der An
greiser zunächst einrichten und unter
Heranziehung der noch vorhandenen Re
serven und der notwendigen Artillerie die
in kürzester Zeit einsetzenden Gegen
angrifft des Verteidigers abwehren.
Diese Phase ist gewöhnlich die entschei
dende für den Erfolg oder das Mißlin
gen der ganzen Angrifss-AItion.
Das Verhalten des Verteidigers ge
staltet sich beiläufig folgendermaßen:
Bekämpfung der Angriffs-Artillcrie
und Beschießung der voraussichtlichen
fcindliclzen Sturm Stellungen, von
welchen aus der Jnfanterieangriff zu
erwarten ist, bilden die Hauptausgabe
dr Desensiv-Artillcrie während der
Fcucr-Borbercitungspcriode. Die der
feindlichen Gcschützwirlung am meisten
ausgesetzten vordersten Positionen wer
den nur schwach besetzt gehalten, um
Verluste zu vermeiden. Da das an
dauernde Trommelfeuer des Angreifers
beinahe unausbleiblich die Zerstörung
der ausgebauten voiderstcn Stellungen
nach sich zieht, spielt die zweckmäßige
Ausnutzung und Herrichtung der zahl
reichen Geschoßtrichter zu Verteidi
gungszwcckcn für die in vorderster Linie
belassenen Truppen eine erstklassige
Rolle. Währenddem werden Reserve
gruppen in weiter hiniengclcgenen Ver
teidiguiigszonen teils zu weiterer Ab
wehr des Gegners teils siir die Gegen
angriffe, nachdem der feindliche Vorstoß
zum Halten gebracht wurde, konzen
tricrt. Lebhafte Gefechtsaufklärung
durch Flieger und Kuudschaftcr-Abtei
lungcn ist in diesem Ctadium eine ge
bicterische Notwendigkeit.
Sobald der feindliche Jnfantcric-An-griff
einseht, legt die Vertcidigungs
Artillerie Sperrfeuer hinter die gegne
rischen Stoßtruppen, um den folgenden
Reservewellen nach Möglichkeit große
Verluste zuzufügen und deren Eingrei
fen in den stampf zu verhindern. Die,
scs Sperrfeuer wirö während der gan
zen Daucr des Angriffs von den divcr
scn Batterien aufrechterhalten und aus
den' verschiedene Stellungen je nach
Bedarf in diese od'r jene Richtung diri
giert. Für die Jnfanterie-Dcscnsisive
sind das Maschinengewehr und im Rah
kämpf auch die Handgranate und das
Baionctt die Hauptwaffcn.
Gelingt es nun dem Angreifer, über
die vorderste Stellungen hinaus weiter
vorzudringen, so wird zum wirtlamsien
'.titittcl der modernen Abwehr zum Gc-gen-Angriff
übergegangen, um dem
feindlichen Vormarsch Halt zu gebieten.
Ob derselbe sofort, oder erst nach ent
sprechender Feucrvorbercitung ins Werk
gesetzt wird, entscheidet sowohl die tatti
sche Kcfcchtslage als auch die örtlichen
Verhältnisse für die rasche Hcranzie
hung der erforderlichen Reserven.
Resümiert man die charakteristischen
Merkmale der obgcschilderten bcidcrsei
tigen Kampfhandlungen, so ergibt sich,
daft der Vorteil eigentlich nur in den
ersten Attionsphafen entschieden auf
Seiten des Angreifers liegt. Solange
die meistenteils überlegene Artillerie
desselben durch Zerstörung? und
Sperrfeuer günstige Vorbedingungen
für den Angriff schaffen kann, welche
Fähigkeit besonders den vordersten Po
sitioncn des Verteivigcrs gegenüber zum
Ausdruck kommt, erscheint die Vortra
gung des Angriffs so ziemlich gttoöhr
leistet. Sobald aber die Fortsetzung
des Vormarsches ihn teilweise oder
gänzlich aus der Wirkungszone des
eigenen Artillerie-Gros bringt, da
meistens nur Feldartillcrie während des
aktuellen Gcfechtsverlaufes nachgezogen
werden kann, so schwindet dieser
Vorteil immer mehr und mehr, bis
schließlich die steigenden Verluste die rc
lative Deckungslosigkeit gegenüber dem
Abwehrfeuer des Verteidigers und Ge
aenanariffe der Fortsetzung der Offen
sive Halt gebieten. Den aufeinander
folgenden mit modernster Technik be
festigten Stellungen der gegnerischen
Aertcidigungszonen hat der Angreifer
im weiteren Verlauf feines Vordrin
aens nichts anderes alZ seine Tiefenstaf
felung der Infanterie entgegenzusetzen,
während ihn, die artilleristische Ueber
legenheit allmählich verloren geht.
Seine Stoßkraft muß daher, auch wenn
ihm überreichliche Reserven zur Bersu,
gunz stehen, nolgedningener Weise ab
nebmen.
Beim Verteidiger ist das Gegenteil
der Fall. Durch den Uebcrgang von
der Tefensivlinie zur meilentiefen Ver
tcidigungszone ist eine Bezwingung n
ner Front durch kurze Durchbruchs-Ak
tioncn zur Unmöglichkeit gemacht war
den. Trotz Zerstörung und Ueberren
kiung seiner vordersten Stellungen, wird
seine taktischt Lage bei Fortdauer einer
Offensiv Operation von gegnerischer
ereile guniriger, oa inm leine rucrivarn
gen Positionen dieselben, wenn nicht
noch stärke Defcnsiv.Möglichkeitcn die
ten und er die Pause, welche der An
greiser zur Hcranholung schwerer Artil
lerie benötigt, für eigene Initiative
ausnützen kann, ohne dieselben Verluste
zu riskieren, wie der Angreifer beim
Ansetzen feiner Aggression.
Die Ereignisse der letzten Vllochen
haben dieses Faktum deutlich erhärtet.
Die anfänglichen Bodengewinne der
Alliierten in den Kämpfen bei ?per,
Lens und Berdun weisen keine größere
Tiefe als zwei bis drei Meilen, also bis
zur durchschnittlichen WirkiingStrag
weite ihrer Artillerie.Gros auf. Ihre
eigentliche Angriffs-Operation an einer
Front dauert meistens einen, höchstens
zwei Tage ununterbrochen an, worauf
infolge der dcutsckzen Gegenangriffe und
der obgeschildcrikn Bchinderungsfakto
rcn die Offensive zeitweilig ins Stocken
gerät und sich bei ihrer Wiederaufnahme
nicht mebr über die gesamte Ursprung
liche Angriffsfcont erstreckt. Letztere
Tatsache mag sowohl ans die erlittenen
enormen Verluste und die daraus rcsul
tierende Absicht, mit dem Menschcnma
terial haushälterischer umzugcycn, als
auch vielleicht auf die .Hoffnung der
Entente-Heerführer zurückzuführen sein,
daß die Summe dieser Bodengewinne
entlang der Gesamtfront schließlich
strategische Verhältnisse schassen dürfte,
welche einen abermaligen deutschen
Rückzug, ähnlich jenem im März 11)17
involvieren würden. Anders ließe sich
dies Genügen mit derart unbedeutenden
Fortschritten in den jeweiligen An
grifsszonen vorläufig nicht erklären.
Andrerseits erscheint es aber unfaßlich,
daß sich die Entente-Gcneralsläbe mit
dem Gedanken einer derartigen Kamps
Methode, welche unabsehbar langwierig
und sehr kostspielig sein würde, und
doch nicht die Garantie eines ourcyiaiia
gendcn Erfolges niit sich trägt, im
Ernst beschäftigen sollten.
Dem ersten einen bis mehrere Tag:
dauernden Anstuem des Angreifers
folgt an jeder Angriffsfront gewöhnlich
eine mehr oder minder lange Pause in
den OffensivOperationen, welche zum
.Heranbringen der schweren Artillerie in
die neuen Positionen, Konsolidierung
der letzteren und zum Ersetzen der Ver
luste an Mann und Material ausge
nützt wird. Heereslörper, welche zu
stark gelitten haben, werden durch
irische Abteilungen abgelöst. Tuse
ziemlich unfreiwillige Opcrationspause
wird, wie die neuesten Ereigniste gezeigt
haben, von dem Verteidiger, für den die
Durchführung oberwähntcr technischer
Notwendigkeiten naturgemäß wegsaut,
meistens zu großzügigeren Gegen-
Offensiv - Aktionen ausgenützt, deren
Ziel zcdoch, soweit sich dies bis letzt fc
stellen läßt, lediglich die Zurückdrän-
aunq des Geaners von strategiich bcon
ders wichtigen Punkten oder Räumen,
keinesfalls aber die Wkdererobcrung
sämtlicher verloren gegangener vorder-
sier Stellungen ist, welche ja infolge der
geänderten taktischen Verhältnisse und
die Verwandlung in ein Kratcrseld für
eine eventuelle abermalige Defensive i
denselben militärisch wertlos geworden
sind.
Sobald der Angreifer mit seinen
neuerlichen Vorbereitungen fertig ge-
worden und die Nucksicht aus die un
Ojfensivplan vorgesehene Kooperation
der an verschiedenen Fronten tätigen
Gruppen eine Wiederaufnahme der
tivitcit geboten erscheinen läßt, beginnt
eine neue Angriffsphase, die sich im
Wesen gleichartig abspielt, wie die erste.
Nur sind die zunächst angestrebten Ziele
diclcr Oifcnstv-Aktion nicht sofort weit
tragender strategischer Natur, sondern
beschränkn sich anscheinend auf die Be
sitzcrgrcifung von Abschnitten, welche in
der ersten Phase nicht genommen wer
den konnten oder wieder verloren gin
gen. Kurz gesagt, zunächst wird eine
Abrundung des strategischen Resultate
der ersten Phase bezweckt, um damit
eine neue Ausgangssiluation für weitere
große Aggressionsakte zu schaffen.
Dieser Angriffs-Takiik gegenüber,
welche die Alliierten im Sommer an der
Westfront soweit angewandt haben, ist
die Verteidigung bisher oifcnbar über
legen geblieben. Von den im Vergleich
zum erzielten Bodengcwinn unverhalt
nismäßia großen Verlusten des Angrei
fers ganz abgesehen die Alliierten
verfügen ja über eine unerschöpfliche
Menschenrescrve bietet das System
der Defcnsiv-Zonen, welche beliebig nach
rückwärts hin verlängert, besser gesagt
vertieft, werden können, dem Verteidiger
Gelegenheit, in stets neuen starken Stel
lungen den Angreifer für längere Zeit
festzuhalten und währenddem seine
Hauptkraft in Gcgcnaiigrisfcn auf jene
Abschnitte zu werfen, die für die Aus
rechtcrhaltung der Gesamtfront von sun
damentaler Wichtigkeit sind, um dadurch
einen strategischen Erfolg des Angreifer
an der Gesamtlinie zu vereiteln. Die
deutschen Operationen an der Aisnc
Front während der letzten drei Monate
sind in diese Kategorie einzureihen, da
der Raum des berühmten Ehemin des
Dames einen strategischen Grundpfeiler
der Westfront vorstellt, welcher die gleiche
Bedeutung wie jener von Lille und
Verdun besitzt. Die Richtung der meisten
deutschen Gegenvorstöße bieten in dieser
Hinsicht die deutlichsten Fingerzeige. An
andern Stellen der belgisch-französischcn
Front verfolgten deutsche Gegenangriffe
soweit niemals den Zweck, verloren ge
gangene demolierte vordere Positionen
wiedeczuerobern, sondern hatten lediglich
die Verhinderung weiteren, gegnerischen
Vordringens im Auge.
Als besonders bemerkenswertes Detail
sei an dieser Stelle noch der Umstand
hervorgehoben, daß die Franzosen in
ihrer Offensive im Raume von Vcrdun
soweit in kürzerer Zeit mehr an Boden
gewonnen haben, als die Engländer bei
ihrer Aktion in Flandern. Der Grund
dafür ist in der besonderen Konfigura
tion des Terrains beiderseits der Maol
zu suchen, da der Besitz einiger domi
nierender Höben wie, des Hügels 304,
M Toten Manne und dc Talou
Rückens eine raschere Heranziehung der
Angriffs-Artillcrie, konzentrische Feuer
Wirkungen und infolgedessen günstigeres
Vortragen des Angriffes gewährleisten
als daS Flachland im Raume von
Fpern. Andererseits sind Gegenaktionen
des zwischen den Argonnen und dem
Ostrand der Eote Lorraine eingezwäng
ten deutschen Frontabschnittes leichter
abzuwehren als in Flandern.
Alles bisher Gesagte bezieht sich ledig
lich auf die neuesten Methoden der
Kriegführung auf dein französisch-bel
gischen Kampffelde. Denn im Laufe der
drei "Jahre hat jeder Liriegsschauplatz
seine speziell charakteristischen Methoden
der Offensive und der Defensive heran!
gebildet, die von den uiilitär-geographi
schen Verhältnissen auf demselben in
erster Linie bedingt wurden.
Die Ereignisse am Jsonzo.
Ein ganz anderes Bild bietet die
gegenwärtige Kriegführung an der öster
reichisch-italienischcn Front. Sie stellt
den reinen Gebirgskricg in modernster
iorm vor, welch letztere besonders in
der jetzigen Offensive in neuartigen
charakteristischen Merkmalen deutlich zu
Tage getreten ist. Nach zwei Jahre lan
gcn vergeblichen Bemühungen ist auch
dort mit den bisher befolgten Prinzipien
gebrochen worden und man muß der
italienischen Heeresleitung zugestehen,
daß sie sich die Erfahrungen der zehn
vorangegangenen Jsonzo-Schlachten in
geschickter, großzügiger Weise zu Nutze
machte.
Was zunächst den diesmaligen Kam
pagne-Plan für die Ofsensive anbelangt, ,
scheint sich der italienische Generalstab
bei dem Entwürfe desselben von dem
magischen Einflüsse des Namens Trieft"
zum ersten Male insoweit freigemacht zu
haben, als cr nicht mehr den kürzesten
Weg zur Besitzergreifung der Stadt
über das Zkarst-Plateau zur Haupt
Angrifssiichtiing wählte, sondern das
Schwergewicht der Offensive mehr nach
Norden in den Raum östlich Plava ver
legte, obwohl die Gebirgsfront für den
Anfang größere Schwierigkeiten als das
Karst-Platcau entgegenstellte. Im Falle
eines vollständigen Erfolges in dem Ab
schnitte nordlich des Wippach-Flusses
würde jedoch die österreichisch-ungarische
Karst-Armce von Norden her in der
Flanke bedroht fein und müßte aus stra
tegischen Gründen die stark befestigten
Vorstellungen von Trieft räumen, wo
durch die Italiener in den Besitz des
bielbegehrten Seehafens kämen. Ob Ge
neral Cadorna schon von Haus aus den
Hauptangriff gegen den Monte Santo
und das Bainsizza Heiligengeist-Pla-tcau
plante, oder ob sich diese Absicht erst
infolge des gelungenen Ueberganges der
zweiten Armee herauskristallisierte, kann
vorläufig noch nicht festgestellt werden.
Es ist jedoch unleugbar, daß die Jta
liencr mit diesem Plane bereits einen
wesentlicheren strategischen Erfolg er
rungen haben als mit früheren Angrif
fen am Karst-Platcau.
Die neueste italienische Jsonzo-Offen
sive zeichnet sich in ihrer Anfetzung und
Durchführung besonders durch folgende
charakteristische Neuerscheinungen ans:
Die Angrisfsfront ist ausgedehnter
als je zuvor und erstreckt sich ununtcr
brachen über 37 Meilen.
Verzichtlcistung auf lange Artillerie
Vorbereitung. Das Einleitungsf-ucr
dauerte mn'24 Stunden. Dieses schein
bare Manko wurde aber durch ein ricsi
ges Artillerie-Aufgcbot entlang der gan
zen Kampffront, angeblich 2000 Ge
schütze, ausgeglichen.
Konzentrierung von enormen Streit
kräftcn in einer an dieser Front noch
nicht dagewesenen Tiefenstaffelung,
welche die ununtcrbrochne Nährung des
Angriffes für längere Zeit gewährlci
stete. Anscheinend haben an der 37
Meilen Front 4 bis 5 Armeen gleichzei
tig angegriffen.
"Ununterbrochene Fortsetzung des An
griffe an der ganzen Linie für mindc
stciis eine Woche lang, was einen
Schluß auf die ahl der aufgebotenen
Strcitkräfte zuläßt.
Die noch nicht dagewesene umfang
reiche Beteiligung von Flugzeug-Gc-schwadern
am Jnfantcrie-Kamps selbst.
Laut offiziellen italienischen Berichten
haben .a. 250 Caproni-Aeroplane ge
wissermaßen die erste Staffel der In
fantcrie-Stoßtruppen gebildet und auch
feindliche Reserven direkt mit Maschi
nengcwehren und Bomben attackiert.
Die Anhäufung großer Truppenmas
sen auf engem Raume ist durch die Be
schasfcnheit des kommunikationsarmen
Gcbirgstcrrains eine nicht zu umgehende
Notwendigkeit, besonders wenn es sich
um fortgesetzte Nahrung des Angriffes
handelt. Sie ist aber bei weitem nicht
so verderblich, als im Flachlande, da
die vielen vor feindlicher Schußwirkunz
sicheren Räume eine Heranziehung von
Reserven zur Kampflinie eher gestatten.
Aus demselben Grunde ist vielleicht auch
das außerordentlich aggressive Vorgehen
der Angreiser-Flugzeuge erklärlich. Die
beschränkten Sichtvcrhältnisse gestatten
den Fliegern eine überraschende Annä
herung an die Stellungen des Verteidi
gers und die Plazierung von Abwehr
geschähen ist ebenfalls an die lokalen
Terrain-Verhältnisse gebunden.
Trotz des bisher den Italienern gc
wissermaßen günstigen Verlaufes ihrer
Offensive ist jedoch an eine stetige Vor
iiagung derselben im gleichen Maßstabe
nicht mehr zu denken. Eine Opera
tionspause muß unbedingt eintreten, da
an den Stellen, wo sie in die österrei
chisch-ungarifche Front eingedrungen
sind, sich die Nachzie,ung der Artillerie
und Munition gebieterisch notwendig
machen wird. Diese Heranziehung wird
aber wegen des gebirgigen Charakters
der Front nördlich von Görz bedeutend
längere Zeit in Anspruch nehmen, als
anderswo. Zwar dürften die Italiener
mittlerweile ihre Angriffe am Karstpla
tcau oder östlich von Görz oder bei
Tolmein, wo sie noch keine Eindrücke
auf die gegnerische Defensivstellung er
zielt haben, fortführen, aber dem gan
zen Unternehmen wird der Charakter der
Einheitsschlacht verloren gehen. ES wird
sich in Teil-Aktionen auflösen, w- h
sich die Abwehr-Aufgabe der 'österrei
chisch-ungarischca. Verteidiger bedeutend
erleichtert. Nur In dem nicht sehr wahr. ,
scheinlichen Falle, daß es den nördlich
der Wippach vorgehenden ital'nischen
Kräftcn gelingt, in einem Zuge die Hö
hen des Tarnowancr Waldes und die
nach Laibach führenden Kommunikativ
nen zu gewinnen, würde sich eine Rück
Verlegung der österreichischen - Gesamt
front im KUstenlande als geboten her
ausstellen.
Aus den mageren Wiener Berichten,
welche der britische Zensor durchläßt, ist
zu ersehen, daß die österreichische FUH- ,
rung von Gegenangriffen als Abwehr
Mittel fleißig Gebrauch machte. An
scheinend wird diese Methode nur durch
den Mangel genügender Verbindungs
Möglichkeiten in dem Gebirgs-Terrain
hinter der Kampffront einigermaßen er
schwert, infolgedessen die Bereithaltung :
starker Reserven gegenüber der feindlichen
Ucbcrmacht in jedem Abschnitte notwen
dig ist, da von einer rapiden Verschiebung ,
großer Abteilungen auf größere Di
stanzen nicht die Rede fein kann. Es
besteht daher die Möglichkeit, daß sich
der öst.-ung. Generalstab, um dem fort
gesetzten italienischen Drucke widerstehen ,
zu können, veranlaßt schen dürfte, Trup
pen von anderen Fronten abzuziehen,
um entweder die Jsonzo-Front unmit ;
tclbar zu verstärken, oder durch eine um
fangreiche Gegenoffensive im Trentino
eine Entlastung der Jsonzo-Linie anzu
streben. Ob dies bereits der Fall war,
sei dahingestellt, die ziemlich unvermit
telte Stockuna der overatidcn Aktivität
an dfi rumänischen Front legt jedoch ,
die Möglichkeit nahe, daß es den Italic
nern gelungen sein könnte durch ihre
Offensive eine strategische Fernwirkung
auf der Ostfront zu erzielen. In der
nächsten Zeit dürfte darüber ziemliche
Klarheit eintreten.
Operatiouspause an der russischen
Front.
Ueber den faktischen Stand der mili
tärischen Situation auf dem russischen
Kriegsschauplatze ist dank der wieder
aufgelebten Schärfe der russischen Zen
sur und des zurückhaltenden Tones der
deutsch-österreichischen amtlichen Berichte
rechl geheimnisvolles Dunkel gebreitet.
Die von der Welt im Allgemeinen er
warteten Konsequenzen der Wiederer
oberung Ost-Galiziens und der Buko
wina sind nicht in Erscheinung getreten
und die Aufrollung der rumänischen
Front hat sich soweit auch noch nicht
realisiert. Welcher Art die Motive wa
ren, welche die Zcntralmächte von einer
zweifellos möglichen Invasion Podo
liens und Bcssarabiens abhielten, ist
nicht bekannt und der Phantasie bleibt
diesbezüglich der weiteste Spielraum
überlassen. Die Einleitung der Aufrol
lung des russisch-rumänischcn Seiten
flügels wurde durch die Offensive Ma
ckensen's inszeuiert. anscheinend sind je
doch momentan nicht genügend Streit
kräfte vorhanden, um das dortige Un
ternehmen angesichts des versteiften ruf-sich-rumänischen
Widerstandes und der
äußerst schwierigen Gelände-Beschaffen
ycit mit der gewohnten Schnelligkeit zu
einem erfolgreichen Ende zu führen. Als
rein militärisch: Gründe für dieses Phä
nomen kann nur die Annahme, daß die
Zcntralmächte eine Offensive an einem
andern Abschnitt der russischen Front
vorbereiten, oder ihre Kräfte für die nun
mit Sicherheit zu erwartende Kampagne
des Jahres 1918 schonen wollen, oder
daß, wie erwähnt, eine strategische Fern-,
Wirkung der Entente-Offcnsive an den
beiden westlichen Fronten tatsächlich vor,
liegt, ins Treffen geführt werden. Eine
militärische Entscheidung im Osten
Europas ist jedenfalls für die nächste
Zeit nicht zu erwarten.
Die lediglich von russischer Seite ge
meldete deutsche Offensive gegen
Riga entpuppt sich immer mehr als po
litisches Manöver der provisorischen Re-
gicrung, um der Moskauer Konferenz
Schrecken vor einer eventuellen deutschen
Invasion einzujagen, und sich damit die
Unterstützung aller Parteien zu sichern.
Man könnte nicht einmal mit Gewißheit
der Behauptung widersprechen, daß der
russische Rückzug südwestlich Riga's di
rckt anbefohlen wurde, um die Deutschen
zur Besetzung der geräumten Stellun
gcn zu veranlassen und dadurch den
obenerwähnten gewünschten politische
Effekt zu erzielen.
Ziriilk der Zkritik.
Vor kurzem wurde das Stück eines
jungen französischen Autors von der
Pariser Presse zum größten Teil abge
lehnt. Da kam der Thcatcrdirckior, der
viel Zeit und viel Geld auf die Auffüh
rung des Stückes verwendet hatte, auf
den Gedanken, das Publikum und zwar
das Sonntagnachmittagspublikum, an
den Kritikern Kritik üben zu lassen.
Die Zuschauer dieser Kricgssonntag
Nachmittage" fetzen sich in Paris zurzeit
zum größten Teil aus auf Urlaub be
sindlichcn poilim" und deren Familien
zusammen, aus älteren Herren und
ganz jungen Schülern, us bejahrten
Damen, die nicht gern spät in's Bett
gehen. Dieses Publikum schien nun
von dem neuen Werk, das man ihm
vorsetzte, einen angenehmen Eindruck zu
erhalten. Als sich der Vorhang nach
dem ersten Akte geschlossen hatte, sah
man ihn sich nach einer kurzen Pause
wieder heben. Auf der Bühne stand der
Direktor mit ein paar Zeitungen in der
Hand. Er las den zuerst erstaunten
und sich ollmählich empörenden Sonn
tagnachmittagszuschaiiern die Kritiken
vor, die das Stück einstimmig verurteil
ten. Aber die Herren Rezensenten hat
ten falsch gerechnet. Das Publikum
nahm mit großer Leidenschaft gegen
die Kritiker und für den Dichter Par
tei. Direktor und Autor blieben unbe
striitene Sieger auf dem Schlachifelde,
das mit zerrissenen Zcitungen bedeckt
war. Es heißt, daß dieser hllrnane Di
rcktor schon am folgendenT'age unzäh
lige Werke unbekannter jnger Autoren
auf seinem Schreibtisch vorgefunden
habe.
ten.
Gott sorgt, wir aber sollen arbei
s t .
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