Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926 | View Entire Issue (Sept. 6, 1917)
Tägliche Omaht TrlSune Fiomere. Erzählung von Zllerander Castell. HCS war fast lcin Geräusch In der Mt. Der Mono stand oib eine ichmaie ;l Sichel neben einem Haufen geballter ?! !hsoi?cn am Himmel. Die Kanonade gälte. nt aat Avenoe aroiiajcn z,r ,w ti? dauert, aber es war lein Nacht "griff gefolgt. ' Sanders kroch jern langsam im laacn ho ir mir i 'j i 11 roiirn innren ;V;nqS um daS Hochplateau stasfelsörmig ausgeführt, weiter ooen Dqanoen iiaj ltnrk Artilleriestellungen. Nur in der Talfenkung, deren Durchmesser hundert fünfzig Meter betrug, fchien nacu oen Meldungen der Patrouillen nur ein Drahtverhau zu sein .der von oben beid sciiig unter Artilleriefcucr genommen werden konnte, s? finttt not ,wki Taaen noch ae schneit, aber der Schnee war im Siegen der vorigen Nacht wieder obgeicymoizcn. ! und der Bach ging zmiiazen ocm w sträuch ziemlich hoch. Sanders watete langsam im Wasser vorwärts. Er hatte das Gewehr schußbereit im Arm. eine Drahtschere seitlich hangen, das Werk zeug und die Lydditbombe in einem Nucklack auf den Rucken geschnallt. Ring war es dunkel, nur seitlich auf der Wicse waren grobe Schneeflecke. Von oben aber hörte er jetzt plötzlich Stimmen. Es mußte auf halb eins gehen. Etwas vor zwölf war er auf gebrochen. Er hatte die äusserste Linie der feindlichen Posten schon hinter sich. - Er stieg bedächtig aufwärts, horchte nach . jedem zweiten Tritt und stand Minuten lang füll. Er hatte das schwerste vor sich: rMe durch die feindlichen Linien die Hohe zu erreichen, also eine Strecke zurückzulegen, die ungefähr ein Kilome ier ' betrug. Tarauf auf, der anderen Seite immer auf dem vom Feinde dicht besetzen Terrain zwei Kilometer weit in die Talsohle nicderzusieigcn und die Brücke bei B. zu sprengen; denn in der Nacht noch sollten die vom Feinde seit Wochen gehaltenen Stellungen auf dem Hochplateau von Eh. gestürmt werden. Der Angriff war auf halb vier angesetzt. ES hatten sich sür diese Mission drei Freiwillige gemeldet, und Sanders schien dem Abschnittskommandeur die größten Fähigkeiten zu haben. Er war Maschi ven,Jngenieur eines großen Elekirizi . tätswerkcS in V. in der Schweiz gewesen und erst bei Kricgsansang zur Truppe gestoßen. Dreißigjährig, sehnig, mager, im Sport trainiert, mit vorzüglichen technischen Kenntnissen, hatte er es be um zum Unteroffizier gebracht und war vls Ossizicrsstcllvertrctcr vorgeschlagen. Da war gestern der Befehl zur Sprengung der Brücke vom Armeekorps kommando gekommen, und die Aufgabt . hatte ihn sofort gereizt. Etwas fast fiMirnrfiMrS hatte dabei den Ausschlaa gegeben. Er hatte zum Obersten gesagt: Jet) habt die Ueberzeugung, daß ich das wachen kann, und wenn ich an etwas laube, dann ist eS mir noch selten vor fceigelunaen . . ." Der Oberst hatte die klare helle In V lelligenj aus feinen Augen blitzen sehen lund ihn angestaut, wie man einen an kieht. der schon fast in der anderen Welt sieht, und hatte gesagt: .Tann versuchen ÜSie es..." Er hatte noch einen Brief an Marga Beschrieben, mit der er seit dem Früh jähr verlobt war. nachher etwas gc schlafen. Gegen Mitternacht hatten sie ihn geweckt, und dann war er rasch draußen gewesen. Er hatte den Plan der Postenstcllun gen, so gut man ihn hatte mitteilen kön ren, klar im Kopf. Da war erst eint Rinne gewesen einem kleinen Wäldchen , entlang.' Die äußerste Feldwache hatte er drei Meter von sich entfernt plaudern hören, aber er war mit atemloser Brust dorbeigekrochen, die Hände bis zu den - Ellbogen in Lehm und Sumpf. Das Vewchr war ihm äußerst hinderlich, aber H bot ihm die einzige Möglichkeit, einen Posten im Notfall anzurennen. Denn der geringste Laut war Gefahr. Er siand jetzt wieder still und hielt sich neben einem Busch ans Bachbett ge kauert. Bis zu den Knien war er im Wasser, das seine Wadenbinden ganz durchtränkt hatte. Seine Füße brannten ihn schon wie Feuer, ein leise? Frösteln zog ihm das Rückgrat hinauf, aber er , unterdrückte den Atem, um ruhig und deutlich hören zu können. Bon Osten kam ganz fern her daS dumpfe Brummen schwerer Geschütze, Lon oben hörte er einen Laut, als ob ein Karren über Steine führe, sonst war nichts zu vernehmen. Er hatte bis zum Sattel noch etwa dreihundert Meter zu steigen! er wußte auch, daß er in ein paar Minuten den zweiten Posten zu passieren hatte, daß dann die Senkung de! Baches sich vergrößerte und daß ganz vben zu beiden Seiten ein langsam an steigender waldiger Hang war. Er fühlte den Druck dcS SackeS auf dem Rücken und die Kanten der Spreng Patrone. Er dachte: Wenn mir einer die Wni hurArrtirfit und die Laduna trifft. rilieae ick, in tausend Fcken ... in tau end Fetzen . . . wiederholte er in seinen kannst. IM lab er vlvklick, Mar ani Gesickt. Er hatte sie vor der Ab reise nicht einmal mehr sehen können. Sie war mit ihren Eltern in Grindel. Wald gewesen und er für seine Fabrik in Berlin. Von einem Tag zum andern war da! alles gekommen. Er dachte: Am Sonntag vor einem Jahr haben wir in Arosa geschüttelt... Er sah deutlich ihr gerötetes, vergnügtes Gesicht. Es war fast zu oval, fast zu ebenmäßig. Wenn ihr Teint von der Sonne Und dem Sport nicht immer braun gewesen wäre, hätt sie für eine Schönheit gelten tön tu. Aber er Nebte sie, wie sie war. Sie hatte so viel mehr Rasse. Wenn sie. lachte, zeigte sie eine kleine, kaum milli mcterbreite Zahnlücke. Er hatte sie beim Tennis kennen gelernt. TaZ war alle! seht fern. Tie' Hände finaen ihm jetzt an zu brennen. Die Rechte mußte tr an einem Kiesel geschürft haben. Und doch war er ja nur erst am Anfang. Er spähte hinau. Aber er konnte nicht sehen. Da klang kaum zwanzig Meter von ihm entfernt eine Stimme. Eine andere antwortete. Tritte tönten, die im Schmutz stapsten. Er hielt sich wieder an den Bachrand gekauert. Wie eine heiße Welle stieg ti ihm aus dein Herzen ins Gehirn. Dann atmete er auf. Jetzt mußte der Posten kommen. Er war nicht zu umgehen. Er stellte die Wache dar zwischen den hundert Meter auseinander liegenden Gräben. San derö ging geduckt wie jemand, der zum Sprung bereit ist. Das Gewehr, das von oben bis unten voll Schlamm war, hielt er mit beiden Händen. Vor ihm schwirrten zwei Bögcl aus einem Busch. Es fing plötzlich leise zu regnen an. Jetzt stand er zehn Meter vor der Bie gung, aber fein. Blick prallte an der grauen schmutzigen Dunkelheit wie an einer Mauer ab. Aus dem Bache wagte er sich nicht heraus. Er war ihm die einzige Richtlinie, die er hatte. Er er innerte sich eines FallcS. wo sich zwei feindliche Patrouillen direkt vor die Gräben verirrt hatten und in der Dunkel hcit fast in die Stellung gefallen waren. Da war ein Busch zur Linken. Dort endlich die Biegung. Und irgendwo dort mußte der Posten stehen. Wie eine Katze fcblich er sich heran. Oben tönte östlich Pferdegetrappcl. Deutlich hörte er die Hufe von zwei Tieren. Da stand ihm schier der Atem still. Vor dem Busch war eine schwarze, unbe wcglickie Gestalt. Klar unterschied er ihre Silhouette. Er hielt sich still. Hatte Ihn der andre gesehen? Er hörte keinen Laut. Nur ein dumpfes Brausen klang ihm in den Ohren. Es war ihm jetzt auch, als ob der andre mit dem Arm eine Bewegung machte. Und dann ge schah das Unwahrscheinlichste. Die Gc statt löste sich plötzlich aus, verschwand langsam und war weg. Er verlor vor Erregung fast den Atem. Nach einer Weile kroch er weiter. Er fühlte kalte Schauer, die das Rückgrat niedcrrannen. Hatte er Fieber? War alles nur eine Halluzination? Der Schweiß perlte ihm über die Stirne. Aber er mußte ja vorwärts... Da sagte plötzlich eine Stimme neben ihm in der Dunkelheit, während ein Gc sicht fast vor dem seinen war: Qu'est-ce que tu fais lä?" (Was machst Du da?) In zwei Sekunden war alles ge schehen. Statt jeder Antwort hatte er ihm das Bajonett in die Herzgegend ge stoßen. Der andre seufzte nur leise röchelnd und lag ihm direkt mit dem Körpergewicht auf dem Gewehr. Vor sichtig löste er ihn ab und legte ihn jen scitö ins Gestrüpp. Dann nahm er deS andern Käppi und setzte es auf. Mit siedendem Gehirn ging er weiter. Für Sekunden vergiß er, daß Krieg war, daß er eine furchtbare Aufgabe zu lösen hatte. Einzig die Idee, daß er einem Menschen, den er nicht kannte und dessen Gesicht us dem Dunkeln gckom men war, das Bajonett ins Herz gesto ßen hatte, war ihm grauenhaft. Da war er aber schon am Drahtver hau. Er legte vorsichtig die Schere mit den Jsolicrgriffer. an, um zu kontrollie ren, ob die Drähte elektrisch geladen wa ren. Es war nicht der Fall. Sie zu durchschneiden schien ihm nicht ratsam. Wie er den ganzen Verhau näher Prüfte, dachte er sich: Er ist sehr schlampig gc macht. Langsam stieg er hinüber. Plötzlich fuhr ihm ein Stich durch? Vein. Er hatte den Eindruck, daß er blutete. Er kam sehr langsam vorwärts. Drei Verhaue mußte er nacheinander über kriechen. Der Vach lief jetzt nur noch ganz schwach. Allmählich trat er in den bewaldeten Bergsattcl ein. Aber da war die neue Gefahr. Hart der Schlucht entlang ging die Straße. Sie war jetzt kaum mehr als vier Meter über der Rinne. Sanders mußte im kal ten Bachbctt kriechen, um nicht gesehen zu werden. Er empfand eine furchtbare Müdigkeit in sich. Die Augen schmerz ten ihn, die Hände waren zerschiindcn, die Arme von der Anstrengung wie ge brochen. Dabei lief ihm da! Schnee Wasser über die Glieder. Oben nahten feste Tritte. Ein ganzer Zug Ehasseurs alpins marschierte vor bei. Endlich konnte er weiter kommen. Er war jetzt zur Höhe deS Sattels ge langt, wo der Bach nach rechts abbog. Im Gestrüpp arbeitete er sich weiter, kns ei .unten vereinzelte Lichter sah. Das ikAtzte B. sein, daS an der Eisenbahn linie lag. Bon V. bis zum Fluß und bis zur Brücke mochten es noch fünfhun dert Meter Distanz sein. Es ging nun dcrgab. Die Straße entfernte sich auf einer kurzen Streckt von der Schlucht. Er atmete auf, als plötzlich Zweige neben ihm knackten und Stimmen laut wurden. Er glitt sofort nieder und legte sich platt hin. Er konnte nicht sehen, wer aus dem Dickicht trat. Den Stimmen nach mußten es drei Mann sein. Sie wandten sich nach oben. Auf der Straße wurde es lebendig. Wohl drei Kompagnien zogen den Berg hinan. Als er wieder ein paar Schritte ge macht hatte, gewahrte er, daß weiter un ten in hundert Meter Entfernung eine Lichtung mit einem Haus war, um das sich ein ganzes Zeltlager befand. Da 'war nicht durchzukommen. Die Straße zu überschreiten, konnte er kaum riskieren, und wenn er es riskierte, dann kam er jenseits den Verghsng hinan und nicht hinab zum Fluß. Mit fliegendem Atem siand er da und wußte einen Augenblick lang keinen Rat. Sollte hier olle! zu Ende fein, sollte ek es nicht voll Tringen können? Eine leise Wut erfaßte ihn bei diesem Gedanken. Feine stechende Schmerzen gingen ihm durch die Schlafen. Ek Fnißte sich setzen; denn oben kam neues Geräusch. Deutlich drang das Hämmern eines Motors den Acrg her auf. Sander horchte. Sein Gehirn konstatierte ganz mechanisch, das; es eine gute Maschine war.' Der Wagen fuhr oben vorbei. Seine Gedanken irrten unvermittelt wieder zu Marga. Er hatte zuletzt oft nächtelang mit einer brennenden Unge duld an sie gedacht. Wie ein lockendes, wundersames Ziel kam sie ihm vor und zugleich wie etwas fast unerreichbares. Alle Hoffnungen seiner Ezistenz harten sich wie nie zuvor in ihr wie in einem Phantom vereinigt, dem seine Phantasie unaufhörlich nach jagt:, das ihn beschäftigte und quälte... Während ihm da durch das Gehirn zuckte, kam von jenseits der Schlucht ein Geräusch. Man mußte die tote Wache entdeckt haben. Man war ihm auf der Spur. Hastig schlich er bergab. Zwischen dem Zeltlager und der Straße war kaum ein Zwischenraum von zwanzig Metern. Dort schien auch Bewegung zu sein. Aber es gab jetzt kein Besinnen. Dem Hang nach kroch er auf allen vieren. Seine Hände glissen in Dornen, in Lehm und Steine; es gab kein Halten mehr. Jede Minute war kostbar. Das Gewehr war ihm wieder sehr hinderlich. Dabei dachte er: Wenn ich den Mantel de toten Soldaten genommen hätte, könnte ich ruhig vorbeimarschieren." Bon oben horte er nun deutlich Stimmen. Es waren Mannschaften, die den Wald absuchten, sich gegenseitig Zeichen gaben. Neben den Zelten war ein Feuer, um daS ein paar Soldaten saßen. Auch Pserde standen da. Der ganze Zwischenraum lag im Lichtschein. Er konnte nicht durch. Von oben wa ren sie wie Hunde hinter ihin her. Er kroch jetzt den Hang hinan. Er mußte über die Straße und jenseits hundert Meter im Graben vorwärts kommen, dann wieder überqueren und dann war vielleicht ein neues Hindernis da... Als er oben war, schien es ringsum ruhig zu sein. Auf allen Vieren ging er hinüber. Kaum war er in der Mitte, als das Auto von oben zurückkam. Wie ein Stich fuhr es ihm durchs Herz. Ein Sprung und er lag jenseits im Gestrüpp. Eine Staude hatte ihm die ganze Wange ausgeritzt. Zugleich fühlte er: Sie ha den mich gesehen. Schon glitt ihm auch der Lichtschein 'über daS Gesicht aber der Wagen sauste bergab. Eine" Minute lang glaubte er, daß ihm der Kopf zerspringe. Er war nicht mehr fähig, einen Gcdan ken zu fassen, aber er mußte ' bergab. Der Rücken tat ihm jetzt so weh, daß er aufrecht im Gesträuch marschierte. Da kam ein Hang. Es war alles ganz dunkel. Er rutschte hinunter. Jetzt erst suhlte er, wie ihm das Blut warm über die Wange rann. Da war fünfhundert Meter vor ihm der Bahndamm. Er fühlte sich zer schunden, zerschlagen aber er mußte vorwärts . . . Fernher tönte eine Kirch turmuhr. Er glaubte daß es ungefähr drei Uhr wäre. Oben glitt das Licht eines Scheinwerfers den Hang entlang. Er legte sich in einen Graben jetzt suchte man mit dem Licht die ganzen , Wiesen ob. Es dauerte wohl eine Bier ' telstunde. Dann überkroch er den Damm. Da war zur Linken ein vereinzelter Hof mit Licht. Dort war wohl ein Kommando. . Er drückte sich östlich da von vorbei. Wie etwas himmlisches kam es ihm vor, daß er bis dahin ge langt war. Dreihundert Meter oberhalb der Brücke1 mußte er in den Fluß. Auf der Straße gegen B. sprengten Rcir. In der ganzen Gegend wurde es un ruhig. Der Lärm pflanzte sich fort den Berg hinauf. Manjchien fieberhaft zu suchen. Nun glitt er ins Wasser. Er hatte das Gewehr am Ufer versenkt und den Rucksack vor die Brust gebunden. In den Gliedern hatte er fast kein Gc fühl mehr. Die Beine wurden ganz steif. Der mittlere Pfeiler der Brücke war beim Rückzug von der Marne her schon einmal angebohrt worden, aber die Sprengung hatte nicht mehr voll zogen werden können. Langsam trieb er darauf zu. Zu beiden Seiten sah er die schwarze Silhouette eines Postens stehen. Bis zum Hals war er drin und fühlte den Krampf in den Waden. Da bei hatte er noch immer das Käppi auf. Lautlos kam er unter die Brücke, glitt um den Pfeiler herum. Ringsum war es still. Er konnte kein Geräusch wa gen. Mit beiden Händen zog er sich hoch und fand noch die Bohrlöcher. Die Ladung war herausgenommen. Er zog die Lydditbombe heraus, die aussah wie eine Weinflasche, und steckte sie hinein. Tnn zog er das Uhrwerk auf, das an der Zündung war. Der Zeiger war schon gestellt. Er glitt jetzt ins Wasser zurück und sah die Silhouetten der Brückenbogen wieder in der Nacht vcr schwinden. Er war schon weit weg, und immer zeigte sich noch nichts. Er hatte das Gefühl, als ob seine Beine jetzt ge frören ... Wie ein leiser Schmerz ging es durch fein Gehirn: Wenn alles um sonst gewesen wäre . . . wenn die Explo sion nicht erfolgte... Er dachte an die beiden Posten, die links und rechts von der Brücke standen. Die Leute taten ihm leid... Er wurde zusehends mü .der . . . Da ging ein weiße Stichflamme hoch. Eine starke Detonation ... mehr war in der Nacht nicht zu sehen. Er fühlte, wie sein Gesicht siedend heiß war und seine Glieder ganz starr. Er hatte noch eine Stunde im Wasser zu treiben, bis er zu der Stelle kam. die von Jägern besetzt war, wo er ans Land kriechen konnte. Würde er es aushal ten . . . Es war sa auch fast gleichgültig. Er sah wieder die Augen seines Ober sten, der ihn etwas traurig und iummer voll ansah und daraus sagte: Dann versuchen Sie tS..." Er dachte: Der hat auch die ganze Nacht nicht geschlafen. Es war, als ob das alles schon Jahre, her sei... Langsam trieb er im Was fer weiter... halb im Traum hörte er Kanonenschläge. Da! war ein Zeichen zum Eturm auf die Höhe von S. M Novelle von Audslf Stratz. An der Tafelrunde der pensionierten Exzellenzen in Wiesbaden lachten sie und protestierten. Aber der weißköpfige kleine General, der bisher das Wort ge habt.blicb ernst und sagte: Doch! ... ES ist wahr: Ich hab' mich 1870 einmal gefürchtet ..." .Vor wem denn?" Da weih ich bis heute noch nicht! . . ." Und da er die ungläubigen und ge spannten Gesichter sah, setzte er hinzu: .Wenn Sie wollen, erzähl' ich es! ... Die Sache ist sonderbar, ab:: nicht lang ... Es war im Winter. Bor Orleans. Sogar der Name des verschneiten NesteS, in das wir Dragoner ins Quar tier kamen, ist mir augenblicklich entfal lcn. Vor uns waren Bayern in dem Dorf gewesen. Als die abmarschierten,' zogen wir gleich in die noch warmen Stuben und Ställe ein. Nur das kleine Schloß mitten in der Ortschaft, der Kirche gerade gegenüber, blieb unbelegt. Tort hatte sich, in dem Abendgefecht, das der Einnahme des Dorfes voraus ging, ein Trupp abgeschnittener Frank tireurS festgesetzt gehabt. Die unseren wollten nicht wieder unnütz Blut bei einem direkten Angriff opscrn. Sie hatten die Hintergebäude in Brand ge schössen. Schließlich drangen sie von da ein. Es mag da wilde Szenen gegeben haben kein Pardon auf beiden Sei ten der Gutsherr selber, ein ausge dientcr napoleonischc. Eolonel, und fein Sohn, die sich am Kampfe beteiligten, fielen ... und zuletzt wurde alles still nur die Flammen knisterten der größere Teil des Schlößchens brannte, in der kalten Wintcrnacht nieder. Das Herrenhaus vorn blieb stehen. Da hätte man sich bequem einrichten können. Aber die Bayern verspürten in den vierzehn Tagen, die sie da lagen, keine Lust dazu. Der Ort weckte doch düstere Erinnerungen. Blut überall, Haarbüschel .an den Wänden im Handgemenge eingeschlagene Türen im großen Saal dos wie Strob, auf daS sie den . Schloßherrn und seinen Sohn und eine Reihe Frcischärler, wohl ein Dutzend stumme Leute, gebettet, ehe der- Eurö und die Bauern sie auf dem Gottesacker zur Ruhe brachten. Es war denen ja allen nur geschehen, wie sie selbst gewollt sie hatten sich mit be waffneter Hand gegen un? zur Wehr gesetzt also ... aber immerhin ... daS unwirtliche Haus mit den zertrllm werten Fensterscheiben stand leer, als wir kamen. Oder doch! Einer der Bayern war darin gewesen! Es hatten sich in der Stille der Nacht, wie manche behaupten wollten, sonderbare Laute aus dem Ge bände vernehmen lassen ... viclstimmi ges, gedämpftes Lachen Tritte Türenschlagkn ein irrendes Licht längs der Fenster natürlich dachte man zuerst an FranktireurZ aber daS war ganz ausgeschlossen, mitten in diesem von Deutschen wimmelnden Dorf. Und gerade dies Geheimnisvolle reizte einen Zungen Leutnant von den bayrischen Ehevauzlegers. Er erklärte, . kr würde einmal eine Nacht in dem Spukhause zubringen, und siedelte gegen Abend mit Matratze und Revo! der dorthin über, , Aber die anderen Herren waren noch nicht schlafen gegan gen, da erschien er, so gegen zehn Uhr nachts, wieder in ihrer Mitte und setzte sich still zu ihnen. Warum er drüben nicht hatte bleiben wollen, darüber war nicht ein Wort aus ihm herauszubekom men. Er lies; sich ruhig hänseln und schwieg unverbrüchlich und ritt schließ lich mit feinem Regiment weiter. Und bei unZ. den Nachfolgern, war nun schon ein . Sagenkreis um das Schloßchen. Die Mannschaft erzählte sich die dümmsten Geschichten. Das ärgerte unseren Adjutanten. Er wollte sie Lügen strafen. Und am dritten Morgen, den wir da waren, sagte er zu unZ ganz obenhin: So, Kinder ... ich hab' die ganze letzte Nacht dort drüben zugebracht!" Ein paar Zeugen bestätigten dn5. Und alles fragte: ,Na und ...?" .Ich hab' geschlafen und von Mut lern geträumt . . . weiter g.,r nichts . . ." Er lachte dabei. Ein wenig bleich sah er aus. Aber er war ganz guter Dinge. Gegen Abend ritt er zum Befehls empfang in das Brigadequartier drei Dörfer weiter. Er ist nie wieder zum Vorschein gekommen. Sein Pferd fand man ein paar Tage später halb verhun gert auf freiem Fcld. Gott weiß, wo ihn die Franktireurs eingescharrt haben. Und wieder einen Abend darauf saßen wir sehr nachdenklich beisammen und sprachen von dein verschollenen Ka i?ercden, und daß er gerade die Nacht vor seinem Tode in dem Hause gewesen, dessen dunkle Fcnsterhöhlen in dem Mondschein deutlich über den Schnee zu uns hcrllbergähntcn. Und allmählich trat ein allgemeines Schweigen ein. Jeder fürchtete, sich lächerlich zu machen, wenn er irgend etwas sagte, als ob er an Geister glaubte, und ein unbestimm tcs Unbehagen hatte doch auch wieder jeder, wenn er das Schlößchen drüben im Vollmond sah. Nun hatte ich an dem Abend einigen heißen Notwein getrunken. Denn mir war schon ein paar Tage gar nicht gut. Ich fror fortwährend, und mein Kopf war schwer. Aber jetzt stimmte mich der jtcüt bhu wieder so unterneh mungslustig. wie ich sonst als junger Leutnant mit meinen fechsundzwanzig Jahren war, und ich rief: .Der Sache muß auf den Grund ge gangen werden! Ich werde heute nacht einmal dort drüben mein Hauptquartier aufschlagen." .Du gehst doch nicht hin!" Das sagte einer meiner besten Freunde neben mir, und ich dagegen: .Was gilt die Weiter?" .Ich scd' den arabischen Schim I mel.. Diese Stute hatte er von einem ge fallenen französischen Offizier erbeutet. Es war ein schönes Tier. Schon allein die acht Stunden in dem Geisterschlöß chcn wert. Und er fügte hinzu: Für mich ist der Gaul ohnedies zu leicht! Morgen früh gehört er dir!" .Top!" Ich ließ mich nicht lange bitten. daS anzunehmen. Ich war voll Taten drang. Ich wollte mich durch etwa? Ungewöhnliches aus dem unerklärlichen Trübsinn aufrütteln, der in der letzten Woche auf mir lastete, und gegen zehn Uhr abendS wanderten ich und mein Bursche über den knirschenden Schnee zu dem stillen Haus hinüber. Er trug ein paar Bcttstücke. Die legte er vor dem Kamin in dem großen Saal hin, dem einzigen Raum, dessen Fenster noch ganz waren. Feuer hatte er schon vor her angezündet, rückte noch ein paar Holzscheite zum Nachlegen zurecht, machte auf mein: Na nun ab!" kehrt, und kaum war er aus l:: Türe hinaus, da hörte ich ihn laufen, was er konnte. Der dumme Kerl hatte wohl Angfi, eS möchte irgendwo in diesem Zimmer, wo vor kurzem so viele Men schen ihr Leben aelasscn, etwas aus der Finsternis heraus nach ihm rufen oder gar greisen. Und dann wurde alles siill. und ich war allein. Meine Stimmung war Zeh! ange nehrr? erregt, beinahe heiter. Ich streckte mich behaglich auf der Matratze aus mit dem Kopf gegen die Wand denn immerhin es war doch nicht gut, wenn plötzlich etwas hinter einem stand, und rauchte meine Zigarre. Uniform. Stiefel, Säbel alles hatte ich anbe halten den Revolver zur Hand. So lag ich und schaute vor mi hin. Der Saal war groß, die Ecken dunkel. Der Schein der Kerze und das Geflacker des Kaminfeuers reichten nicht bis y ihnen. Die erhellten nur die Mitte, und eben auf die fiel auch der grelle Mansche, an? der weißen Winternachi draußen. An den Fenstern war eS beinahe taghell. Man konnte dort deutlich noch einzelne Strohhalme und sonderbare dunkle Flecken auf dem zerschürften Parkett boden erkennen. Die Flecken waren Menschenblut. DaS war mir gleich. Ich dämmerte allmählich immer mehr bor mich hin, und eine tieft, sonderbare Müdigkeit lähmte mich. Ich hatte sie schon die ganzen Tage empfunden. Aber nie so stark wie jetzt. Jetzt erzeugt: ie in mir nur noch den Wunsch, die Augen zu schließen und mich nicht mehr zu rüh ren. Und das war ja auch ganz gut. Am Ende verschlief ich so die Nacht, und am nächsten Morgen war der Schimmel mein . . . Und wirklich schlummerte ich allmäh lich ein. Das heißt: es war ein un ruhiger Halbschlaf, in den die Wirklich kcit immer wieder hineinschaute mal mit ein paar blechcrnen Schlägen vom Turm der Dorflirche drüben, mal mit Dragoncrstimmen von der Gasse her die Wachablösung, die ein Posten an rief und dazwischen kamen vcrwor rene Träume von zu Haus viel leicht gab es bald Frieden ... ein Ge nuß war der Winterfcldzng nicht ... wenigstens nicht diese Katzbalgereien mit Garibaldianern oder mit Frankti reurs, wie hier im Saal, wo sie sich 6n den Gurgeln gewürgt hatten und ein ander die Schädel mit dem Kolben ein geschlagen und wo es jetzt so still war so totenstill ... Und kalt dazu! Ich fröstelte unter den dicken Woylachs, die ich über mich gelegt, und blinzelte verschlafen in den Kamin neben mir. Natürlich da glimmte die Glut nur noch und flackerte in ersterbenden Flämmchen. Da mußte man nachlegen. Ich richtete mich auf dem Ellenbogen auf und schob mit dem anderen Arm ein paar Holzstllcke in das Feuer, Dann streckte ich mich wieder aus. Ich war jetzt ganz wach geworden und sah mit offenen Augen vor mich in daS mondhelle "immer hinein. Und dabei bemerkte ich mit Erflan nen: dort am Fenster stand jemand. Ein junger Offizier. Er hatte mir den Rücken zugewandt und schien nachdenklich in die Winter nacht hinauszuschauen. Er rührte sich nicht. Aber er war von Kopf bis zu Fuß deutlich erkennbar. Und eben dadurch wurde mein erster Gedanke zunichte: das ist einer von denen, die sie hier umgebracht haben. Der Sohn des Schloßherrn vielleicht . . . Doch der am Fenster trug deutsche Uni form. Die Uniform meines Regiments. Das beruhigte mich sofort wieder. Da war einfach, während ich schlief, ein Kamerad gekommen, um Nachtischen, wie es mir ginge, und ob ich überhaupt noch im Hause sei. Natürlich. Gern verliert niemand eine Wette und solch einen Schimmel dazu. So sagte ich denn ganz gemütlich und halblaut unter meiner Decke her: Na wer ist es denn von euch?" und in der Stille hallte eZ förmlich wie ein Echo an den leeren Wänden des großen Saales wider: .Wer ist es denn von euch?" abct eZ kam keine Ant wort. Ich wiederholte die Frage lauter ein zweites und ärgerlich untz, ungedul dig ein drittes Mal . . . immer hörte ich nur meine eiqene Stimme . . . sonderbar in der lautlosen Nacht Die Gestalt am Fenster kümmerte sich gar nicht dar um. Sie siand da, ganz ruhig, und wandte sich nicht nach mir, sondern schaute nach den verkohlten Trümmern und dem Schnee draußen vor den Scheiben. Und plötzlich wurde mir klar: da! ist ja unser Adjutant! ... Oder ctwaS von ihm ... etwas, was noch übrig ist, nachdem sie ihn selber hinterrücks irgendwo im Walde erschossen habe:, und wie mir das durch den Kopf fuhr, fing mein Herz an, gewaltig zu häm mein, und ich lag unbeweglich, um nicht die Erscheinuni am Fenster auf mich aufmerksam zu mach'.n, Dabei dachte ich doch weiter: Wenn es der Adjutant ist. dann ist ti doch mein Kamerad, mein guter Freund. Der tut dir doch nichts! Der kommt doch höchstens noch einmal fixM, um dich vor etwas zu warnen oder dir zu verraten, wer seine Mörder find, damit ihr euch morgen die Kerle holt imd sie füsiliert und ihre Gehöfte ansteckt ... Das alles war ja eigentlich verrückt aber die Gedanken wirbelten mir nur so in meinem Kopf, der dumpf und schwer war wie von Blei. Ich mochte den gar nicht von dew Polster heben und vcr wandte kein Auge von dem stillen, mondbeschiencnen Leutnant am Fenster. Der Regimentsadjutant war ein mit tclgroßer, brünetter Herr gewesen. Der Leutnant dort aber hatte blonde Haare. Das fiel mir auf. Das konnte nicht stimmen. Das war doch ein anderer. Aber wer nur. der zugleich die Uniform meines Truppenteils trug? Da sah ich etwas an sich ganz Un scheinbares. Ein Flöckchcn Watte. Das klebte dem geisterhaften Kamera den da drüben unter dem rechten Ohr. auf dem kleinen Stück Wange, das er mir zuwandte. Und zugleich erfaßte mich der fürchterlichste Schrecken, den ich je in meinem Leben verspürt den überhaupt wohl ein Mensch fühlen kann. Wann war es denn?- Bor zwei nein, drei Tagen: da hatte ich mich morgens mit vor Kälte steifen Fingern rasiert und dabei gehörig geschnitten hinten an der Backe unter dem rech ten Ohr. Der Stabsarzt, der gerade da war, hatte einen Bausch Verband Watte darauf ge'an. Da haftete der noch. Ich konnte ihn mit der Hand fühlen. Aber drüben, am Fenster, war er auch, genau an derselben Stelle. Und wenn dem so war, dann war ich überhaupt jener fremde Offizier im Mondschein. Dann war ich doppelt hier im Zimmer. Alle sprach dafür auch die Größe die Gestalt ollcS an dem Schattengänger drüben und in meiner Unvernunft dachte ich: wenn er sich zu mir umdreht, dann weih ich es! Beinahe im selben Augenblick, so, al hätte ich es befohlen, wandte sich schon der Leutnant im Mondschein zu mir hin, und ich sah mich an . . . Blitzschnell steckte ich den Kopf unter die Schlafdecke und hörte das Tosen meiner Herzschläge und sprach mir in meinem Zittern gut zu: Du bist doch hier! . . . Was du da drüben geschaut hast, das bist nicht du! . . . Das hast du dir überhaupt eingebildet in deiner Aufregung! Draußen war es dabei ganz still. Und eine leise Hoffnung sagte mir: Wenn du jetzt wieder aus deinem Dun kcl herauskommst und die Augen auf machst, ist da Zimmer leer und es war vorhin nichts, soidern ein Traum ... Aber jetzt träumte ich jedenfalls nicht mehr im Gegenteil ich wa: ganz wach und hörte deutlich draußen die Turmuhr schlagen und in der Ferne einen verfrühten Hahn krähen und trotzdem ... als ich wieder Umschau hielt, stand der Leutnant immer noch den Rücken gegen mich, am Fenster und schaute gleichgültig hinaus in den Schnee. Und eine krankhafte Ncugierde reizte mich: Er muß sich umdrehen . du mußt dich noch einmal sehen! und zugleich geschah es schon, und ich merkte: Was ich hier am Kamin dachte, das tat der drüben am Fenster sofort. Mein Wille war hier und dort lebendig ... dadurch hingen wir beide zusammen und schauten uns an und nun er kannte ich mich ganz deutlich ... und bebte: Wenn der andere bloß nicht noch zu lachen anfängt! und da lachte er da drüben auch schon, daß ich die weißen Zähne, unter dem Schnurrbart sah, und ich hatte kalten Schweiß auf der Stirne und mußte mir einbilden, ich mochte wollen oder nicht: Gottscidank, daß ihr zehn Schritt voneinander seid! . . . Laß ihn dir nicht zu .iahe! Sich, daß er nicht etwa auf o!ch zukommt! Und im selben Augenblick setzte der sich am Fenster auch schon in Bewegung und ging mit raschen, langcn Schritten auf die Matratze zu, auf der i lag, und ich sprang auf und stürmte wie ein ge scheuchtcr Hase aus dem Zimmer, den mondhellen Flur entlang, dem offenen Haustor zu und hinter nir lief es hastig und elastisch, mit leisem Sporen klirren, und ich rannte noch mehr und verlor den Halt auf den vereisten Trep penstufcn deS Ausgangs und stürzte hinunter, mit dem Kopf in den Schnee. Der kühlte. Allmählich kam mir die Besinnung wieder. Ich lag da und sah in der klaren, kalten Lust die Sterne über mir, aber sonst nichts. Der Top pelgänger war weg und ich ein gebroche ner Mann. Langsam erhob ich mich und stapfte durch den Schnee davon nur fort von dem Hause und drehte mich immer wieder verstört um. Aber eS folgte mir nichts. Nur jetzt niemanden fchcn von niemandem gesehen werden! Ich hatte eine Todesangst vor Menschen, die mich nach dem fragen konnten, was ich erlebt. Man konnte wohl erzählen, daß man die Fanktireurs oder gar einen Geist ge schaut. Aber daß man sich selbst ge schaut nein das war unmöglich. Darum wollte ich nicht In mein Quar tier zurück. Da hätten die Kameraden mich bemerkt und ausgelacht. Aber ganz in der Nähe war der Stall mit meinen Pfcrden und denen anderer Leutnants. Da brannte ein: Laterne, und ich stieß die Türe auf und stieg über den erstaunten und verschlafenen Burschen am Boden hinweg und kauerte mich in der Ecke auf ein paar Futter säcke nieder und erwartete so, mit einem fortwährenden eiskalten Geriesel über den Rücken, obwohl es warm zwischen den Gäulen war, den Anbru'', des Ta gcs. Jetzt begriff ich, warum der bayeri sche Eheveaulegcr durchaus nicht hatte sagen wollen, was er in dem Schloß bei Nachts geschaut, und warur.. unser Adjutant des Morgens bei der Rückkehr von dort gclacht, um seine Blässe und sein Entsetzen zu verbergen. Und am selben Abend war schon alte Sage kam mir In den Sinn: Wer sich selbst sah. der mußte sterben ... Es dämmerte bereit um mich. Aul der Ferne hallte e dumpf. Einmal, zweimal . . . weiter in regelmäßigen Abständen ... Kanonenschläge ... Sie verstärkten sich allmählich. Heute gab es ein Gefecht. Wi.r kamen an den Feind. Und dann ... Ich war überzeugt, daß ich den nach sten Tag nicht mehr erleben würre. Ich tützte den Kopf in die Hand und chaute in tiefer Traurigkeit auf das chmutzige Stallpflastei ' und den chnarchcnden Burschen. So jung zu terben fort aus der schönen Welt ... ,aheim hatte ich die Eltern . . . und cnst noch jemanden, an dem mein Herz hing ... das wak nun aiti zu Ende ... bald ... und eigentlich war ti gut denn ich graute mich zu sehr vor mir selber . . . 'seit dieser Nacht . . . ' Draußen schmetterte . es hell. Die Trompeter ritten durch die verschneiten Dorfgasscn und bliesen Alarm. In der Eile des AussitzenS achtete keiner auf mein AusfthenI Nur mein Freund rief mir zu: Na ich gratuliere ... der Schrm mcl ist dein!" Und ich winkte hastig mit der Hand ab: Behalt' ihn! ... Behalt' Ihn!" und trabte, ohne auf seine erstaunte Miene zu achten, hinter der Batterie her, der nieine Schwadron als Deckung zugeteilt war. Wir gerieten an diesem Tage gehörig in das Feuer. Gerade hinter mir hol ten sich die Chasscpotkugeln drei, vier Dragoner aus den Sätteln, und in den Nachbarzug schlug eine Granate, und in dem Knäuel von Menschen und Gäulen 'auf dem Boden lag unser jüngster Leutnant tot ... mich traf eS nicht . . . und ich fragte mich immer wieder: Wann kommt eS nur endlich? aber gegen Mittag verstummte daS Geböller ganz ... daS Scharmützel war aus ... Wir waren abgesessen, und ich hatte mich auf einem Meilenstein an der Straße hingekauert und hielt wieder den Kopf zwischen den Händen und starrte vor mich hin, und als der vor beircitcnde Stabsarzt mich anrief: .Na was machen Sie denn für ein Ge sicht?" da erwiderte ich ganz mecha nisch: Ich muß doch sterben! . . ." Daraufhin hielt er, stieg ab. stapfte auf mich zu und fragte gedämpft: .Wo stht denn der Schuß?" denn er sah kein Blut und ich antwortete: .Noch nirgends" . . . und das kam wohl etwa verworren heraus meine Zunge war so schwer wenigstens sah er mir for fchend inS Gesicht, kriegte meinen Puls zu fassen, wurde sehr ernst und fragte: .Hm ... seit wann fühlen Sie sich denn so elend, Herr Leutnant?" .Ungefähr seit einer Woche ... Und heute Nacht Ich brach ab. Er hörte auch gar nicht mehr zu, sondern knöpfte ' mir kurzer Hand den Waffenrock auf. Da war meine ganze Brust voll roter Flecke. Das hatte ich selber noch gar nicht ge sehen gehabt, und er sagte: : .Da haben wir's! WaS fällt Ihnen denn nur ein, seit acht Tagen mit einem derartigen ausgewachsenen Typhus in der Welt herumzureiten? Warum mel den Sie sich um Gottes willen nicht krank?" Ich hab' eS nicht bemerkt!" " Auch heute nacht nicht? Da müssen Sie doch schon sehr hohes Fieber gehabt haben! Sie haben jetzt noch, des Mittags wenigstens neununddreißig ... Haben Sie da wirklich nichts gespürt? Keine Delirien? Keine Trübungen deS Bewußtseins? DaS Ware fast undenkbar" ... Ich schwieg. Der Doktor rief seine Lazarettgehilfen. 'Die packten mich gleich auf und brachten mich fort. Was dann von dem Abend ad geschah, da weiß ich nicht mehr. , Und als ich wieder soweit Mensch war, da waren drei Monate ins Land gegangen und der Krieg schon aus. Es war ein schwerer Typhus gewe scn. Er hatte mich bis an den Rand des Grabes gebracht. Aber immerhin wenn ich zurück denke ... mir war d:es-''"r,de it schrecken doch lieber--sviist der Schrecken ohne Endt ..." Trr verwehte Schleier. Den Frühling hab' ich heute achtle sehen: Es war ein Knabe, blaß und blendend schön. Und einen Schleier im Vorübergehen Warf er mit Jauchzen in den warme Föhn. Ein Schleier rosig, ein gar zart Gewebe, Wie Wolkenflaum, den Frührot liber fliegt. Daß spielend er in lauen Lüften schwebe Und hängen bleibt, wo sich ein Wipfel wiegt. Der Südwind hat den Schleier aufgehe ; den Und trug ihn weit inS FrühlingZland hinaus. Und ließ ihn, schon von kühlem Taü durchwobcn, Hernicderfallcn auf das- ärmste Haus. Und wie daS nun mit seinem alten, grauen Gebälk von solchem Morgenhauch er wacht. Da ist es ganz in Flor gehüllt z schauen Und steht erschauernd in der Blüten Pracht. Abschied ist das Ziel. Was ist aller Liebe Ende? . Letzter Druck der kalten Hände Und ein Doppelpfad. Aller Früchte, die da glühen. Aller Wiesen, die da blühen, Schicksal ist die Mahd. Aus der Dinge tiefstem Grunde, Aus dem todcrstarrte Munde Sprich! daS Rätselspicl; ' Sehne, suche, finde, fasse. Stürme, schwelge, liebe, praff Abschied ist das Ziel. statt raij