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About Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926 | View Entire Issue (Aug. 24, 1917)
I V m n&m V y ev die. Parlaiiientariperting euiIÄsn as. I f tln die noch immer hochgifch fJF I lenben, donnernden Wogen . et Wciiilieges nwajien wieder Brücken von Land zu Land. Hände recken sich au dem Dunkel von Haß und Lügt In Licht der Wahrheit einander zu. Neben tote politische tritt die große In ternationale deS katholischen Glaubens und die Botschaft de 2M)sten Nachfol. gerS Petri verlündet wie der Kanon der Kirche quod ubique, quod semper, quod t Omnibus creditum pst" und was die Sehnsucht einer leidenden Welt bildet: baldigen Frieden. LouiS Napoleon träumte einst davon, hundert Millionen Katholiken Frank reichs, Oesterreichs und Italien! wider Preußen zu Feld zu führen und die Welt zu beherrschen. Benedikt XV. will als Lehrer, Priester und Hirt seiner 275 Millionen Gläubigen die Menschheit vom Fluch deZ Krieges erlösen. Und eZ ist merkwürdig, wie in der ernstesten Priifungsstunde der Welt zwei einander feindliche Bewegungen, die nahezu gleich zeitig vor einem halben Jahrlzndert aus fliegen und ein Weltbürgertum verkün beten, daS olle nationalen Bande zu spnngen drohte, heute Hand in Hand die Führung auS dem gegenseitigen Be kämpfen zu einer Verständigung i!lr nommen traben: die internationale Ar ttitergemeinschaft und das Papsttum, Verwirklicht sich der Traum Joseph de Maistre's von der katholischen Kirche als der Führerin zu jenem großen Welt bund der Menschheit, der heute Sehn sucht und Ziel aller Kreaturen ist? Rich jet sich auf den Ruinen moderner Mo narchicn die mittelalterliche Theokratie von neuem auf? Sucht der fünfzehnte Benedict die von Leo XIII. nach seiner Encyclica gegen die Sozialisten in seinen letzten Jahren eingeleitete Annäherung an die Massen weiter auszubauen oder im Sinne der Worte ,De civitatum constitutiont christiana" den wankenden Bau deS Gottesgnadenums durch einen schnellen Frieden zu stützen, weil die In teressen deS Throns und Altars identisch sind? Niemand vermag mit Bestimmtheit zu sagen, was die wahren Absichten des hei ligen Vaters find, aber die Wahrschein lichkeit spricht dafür, daß nur das liefe Mitgefühl mit einer leidenden Welt ihn zu feinem Schritte veranlaßt hat. , Was werden die Folgen sein? Seit dem Verlust der temporalen Gewalt ist die spirituelle des Papsttums unleugbar siewaltig gestiegen, hat der von klein lieben Rücksichten auf eltlichen Land besitz losgelöste Pontifex gegenüber den großen politischen Weltproblemen eine diel größere Bewegungsfreiheit als ehe dem und mit seinen Direktiven" denn auch in nahezu olle Ländern einen ftar ken, stetig wachsenden Einfluß ausgeübt, vor einem Vierteljahrhundert in Frank reich zu Gunsten der Republik, heute, da die Ereignisse gezeigt haben, daß bürger liche Republiken freigeistiz sind und keine Autorität anerkennen, vielleicht wieder u Gunsten einer starken Monarchie. Auch sin Vismarck mußte nach Ca flösset, und wenn auch seinerzeit nt gegen der Weisung aus der Engelsburg ns tlcttori. nö tletti" Italiens Katholiiken den Staat anerkannten und ihre Vertrete! für die Kammer der Te Mutierten wählten, wenn auch 1866 ent gegen dem von Rom aus in Wien gc schürten Wahn preußische Katholiken auf die Truppen Seiner Apostolischen Ma jestät schössen, der vom Papst aus kichende Einfluß auf die Geschicke der Wölker ist doch tief, nachhaltig und oft xntscheidend. Frankreich zählt 38, Oesterreich-Un Horn 86 Millionen Katholiken, Italien L2, Rußland 2i'2, Deutschland mnd 24, Nord.Amerika 14, England 5.6 und Süd-Amerika zusammen über 88 Mil , lionen. Wcxden diese 212 Millionen Menschen dem von Rom auS gangenen Winke folgen, oder weiter in engem Na tionalismus sich gegenseitig um nie er ichbarer Siele völkischen Ehrgeizes willen zerfleischen? DaS ist heute die große Frage, und nach drei Jahren deS fürchterlichsten, blutigsten Krieges, den die Welt je gesehen, dürfte ihre Bnt wortung nicht mehr schwer fallen. Die Majorität der Katholiken der Welt steht in ihrer Fricd?nösehnsucht beute bereits hinter der Botschaft deS Papstes und diese Sehnsucht wird sich unter dem Einfluß eines mächtigen, eint ?' en Klerus langsam aber stetig zu dem esten Willen verdichten, der im Zusam angehen mit der sonst befehdeten roten Internationale, den von nationalen Schlagworten nicht geblendeten Mensch heitlfreunden und den gleichfalls schwer unter dem Krieg leidenden Neutralen einen allen ehrenvollen Frieden er r zwingt. ' Die Richtlinien eines solchen Friedens bat Präsident Wilson als erster im Frühjahr 1016 mit seiner denkwürdigen Rede vor der League to enforce Peace entworfen. Sein Grundgedanke ist der einer wahrhaft demokratischen Gesin nung: daß die Völker an sich, ganz gleich wie groß die Schuld ihrer Regierenden an dem AuSbruch deS Krieges ist, diesen Krieg nicht gewollt und nicht verursacht haben, daß ihnen also zu den furchtbaren Lasten und Opfern deS über dreijähri $t Ringens nicht noch neue aus den Friedensbedingungen erwachsen dürfen, sondern daß dieser bevorstehende Friede, soweit da möglich ist. wenigstens für die Zukunft den Massen des Volkes die Bürde erleichtern muß. indem er 1. jide Kriegsentschädigung aus-, lchließt, . t , 2. einen Wirtschasiskneg nach dem politischen Kriege vkibietet, 3. die finanziellen Lasten durch teil fcxtfe Abrüstung etc vermindert. von Martin w. vethkö. 4. durch internationale Uebereinkom men, hinter denen nicht allein das tte wissen, sondern die Kollektivmacht der Welt sieht, eine Wiederholung der gegen wältigen Katastrophe verhindert. Während die Anregungen Präsident WilsonS notwendigerweise etwa! vage gehalten sein mußten, ist jetzt der Papst kch einer weiteren Klärung der Lage kraft seiner Freiheit von politischen Rücksichten mit detaillierten Friedens vorschlagen hervorgetreten. Sie legen beiden Seiten Verzichte auf und ver heißen beiden Seiten Gewinne. Eng land, gewährt die Freiheit der Meere und erhält sie in der künftigen Sicher heit feines Handels gegen Tauchbootan griffe. Teutschland gewinnt seiner Wirtschaft freie Ausfalltore nach den Enden der Welt, schafft sich das Mittel, europa feiner Bestimmung, sichert die Ostgrenze durch ein selbständiges Polen und soll dafür im Westen alten Sehn suchten Frankreichs in gewissem Umfange Rechnung tragen. Frankreich verzichtet auf den Revanchetraum und den Wirt fchaftskrieg gegen Grenzregulierungcn, die eS eventuell noch durch Konzessionen in Afrika bezahlt. Rußland erhält durch die Internationalisier der Meerengen Konstantinopels den immer osfencn Zu gang zum Weltverkehr und gewährt sei nen Fremdvölkern Autonomie. Oester reichUngarn wird die Vormacht am Balkan und opfert dafür, was es Jta licn schon in den 60er Jahren bei den Verhandlungen zwischen Beust, Rouher und Manabrea und wiederum vor zwei Jahren freiwillig als Preis der Neutra lität zu geben bereit war. Amerika aber gewinnt, waS allein von Anfang fein Ziel war, Gewähr und Sicherheit gegen eine Wiederholung des Weltkrieges, all geineine teilweise Abrüstung und die Vil düng eines internationalen Gerichtshofes zur Schlichtung von Streitigkeiten zwi sehen den Völkern. In den von Haß und Pulverrauch blinden Augen der Kombattanten wird allerdings das Opfer weit das zu Ge winnende überschatten. Schon kommen von London, Paris und von anderswo die Stimmen, daß es ein deutscher Friede sei, den der Papst anstrebe, und insofern die Rückkehr zum atatm qno ante bellum, die Rückgabe alles deut schen Bodens gegen den von den Zen tialmächtcn in Feindesland gehaltenen, die Freiheit der Meere und das Verbot eines Wirtschaftskrieges in Betracht kommen, hat man Recht, denn das war das Ziel Deutschlands und seiner Ver bnndcten Anfang an, das war der Sinn des deutschen Friedensangebotes im letzten Dezember und der fpezifizicrt durch den Grafen Bernstorff im Januar Präsiden,! Wilson überreichten Friedens bcdingungen. der Sinn der in der Siaais-Zeiiüng veröffentlichten Weih Nachtsbotschaft des deutschen Vertreters in Washington und auch der Sinn der kürzlich! Antrittsrede deS neue deut schen Reichskanzlers Michaelis. Allerdings enthielt seine Rede diese Bemerkung: Mit einem Gegner, der Reichsgebiet fordert, können wir nicht verhandeln. Wenn wir Frieden machen, müssen wir in erster Linie erreichen, daß die Grenzen des deutschen Reiches für alle Zeiten sicher gestellt sind." Aber daran knüpfte sch jene verheißungsvol lere andere: Wir müssen im Wege der Verständigung und des Aus gleiches die Lebensbedingungen des Deutschen Reiches auf dem Kontinent und über See garantieren Und wenn auch die gesamte Nation mit Einschluß der Sozialisten gestützt auf ihr histori schcZ Recht einig scheint in dem Gedan, kcn, daß eZ eine elsaßlothr!ngische Frage nicht gibt, mag man doch durch kleine Grenzregulierungen, die nicht das Wirtschaftsleben Deutschlands bedrohen und durch Gewährung einer Autonomie für die Reichslande im Nahmen deS Bundes Entgegenkommen zeigen, um einen dauernden künftigen Frieden zu sichern. WaS Bismarck 1870 auf unznrei chende französische FriedcnSöorschläge dem britischen Botschafter Sir Edward Malet antwortete: TicZ ist der 27. Krieg, den im Lause von 200 Jahren die Franzosen gegen Deutschland gc führt haben, und würde jetzt eii' Friede geschlossen, der den Franzosen ihr bis heriges Gebiet beließe, so wäre dies ein fach ein Waffenstillstand, der nicht län get dauern würde, als bis sie die Lücken ihrer Streitkräfte ergänzt und Verbün dete gefunden hatten" hat heute keine Geltung mehr. I einem letzten, gro ßen. heroischen Aufflammen hat Frank reich seine Volkskraft eingesetzt und der zehrt gesehen, und Jahrzehnte werden vergehen, bevor die heutigen Wunden notdürftig vernarbt sind. Der Welt frieden aber wäre gesicherter, könnte Deutschland durch Großherzigkeit wie 1866 Oesterreich fo diesmal den .Erb feind' im Westen sich versöhnen und für die gemeinsamen europäischen Ziele ge winnen. Wilhelm I. klagte in jenen Julitagen nach Königgrätz, daß sein Mi nister präsi deut ihn vor dem Feinde im Stich ge lassen und so, da auch der eigne Sohn sich für die Pläne Bismarcks erklärte, gezwungen habe, nach den glänzenden Siegen der Armee diesen 'machvol len Frieden anzunehmen." Aber hat die Geschichte dem Weitblick deS eisernen Kanzlers nicht Recht gegeben und wäre bet oller zugestandenen Verschiedenheit der Lage und deS in Betracht kommen den AolkscharakterS nicht vielleicht auch mit Frankreich eine Verständigung, die alte Wunden heilt, möglich und fegens reich? Allerdings am Kronprinzen hätte der neue Kanzler heute für solche Plane iaum einen Halt. Vielleicht aber beim Kaiser, der weitblickender ist alS sein Großvater und sich auch in der Verfas sungskrise entschlossener gezeigt hat als fein Vorfahr zur Konflikiszeit, da Bis marcl ihn am Portepee fassen und erin nern mußte, daß der Tod auf dem Schaffott ebenso heldenhaft sei. wie der auf dem Schlachtfeld, weil nan beide mal sein Leben für eine Sache, die den Preis wert, einsetze. Auch jene! andere Wort Bismarcks, daß ein neuer Krieg die Vernichtung Frankreichs oder Deutschland! bringen müsse, gilt nicht mehr, da beide Seiten sich diesmal, Frankreich allerdings unter furchtbaren Opfern, behauptet haben. Drei Jahre Kampf gegen eine Welt von Feinden haben Deutschland nicht nieder zuzmingen vermocht. Der Koloß, dessen Füße nach dem Wunsch PiuS deS Neun ten ein Stein von oben zerschmettern sollte, steht noch immer, aber auch der wahnsinnige Traum einiger Pan-Ger manistcn hat sich nicht ersüllt. Schild an Schild, zu Tode erschöpft aber auf recht und unbesiegt stehen sich beide Sei ten gegenüber. Soll weiter auf eine Entscheidung gewartet werden, während Europa sich langsam verblutet oder gibt' es einen Weg zur Verständigung zu einem Frieden mit Ehren für alle Par seien? Die Botschaft deS Papstes sucht die sen einzigen Weg zu weisen und die nächsten Wochen müssen lehren, ob man ihn gehen will. Deutschland und 'Oester reich, heißt es, seien bereit, allerdings sicher mit Einschränkungen, die Entente ober gestützt auf Amerika, will angcb lich von Frieden nichts wissen und er hofft einen Sieg im Verlauf des kom wenden Jahres. Der Ehrgeiz der Bei. Staaten meldet sich und verlangt Be tätigung amerikanischer Kraft, bevor an Frieden gedacht werden .kann. Unver antwortliche reden von einer persönlichen Animosität deS Präsidenten gegen die deutsche Regierung und daher der Un Möglichkeit, ihn zu einem Verstand! gungsfriedcn zu bewegen. Man wolle den Kopf des Kaisers. Natürlich ist das albernes Geschwätz. Wegen persönlicher Antipathien opfert ein Mann wie Wilson nicht daS Blut von Millionen, aber das mag wahr fein, daß man hier kein Vertrauen zu Deutschlands gegenwärtiger Regierung hat und als Preis des Friedens einen Wechsel der langt, einen Wechsel, der gleichzeitig auf einem andern Wege das Ziel der En tente, Deutschlands enorme Macht für die Zukunft zu schwächen, näher bringt. Denn darüber braucht man sich keiner Täuschung hinzugeben, daß eine Parla mentarisicrung Deutschlands im engli schen Sinne seine wirtschaftliche und -o litische Schlagkraft schwächen, die Stetig kcit seiner Politik aufheben und das Reich den selbstischen Interessen der der schiedenen Parteien ausliefern würde. ' Die militärische Vernichtung Deutsch lands ist bis jetzt nicht gelungen, die Bildung eines starken Mitteleuropa läßt sich njcht mehr verhindern, weil sie auf der Linie der logische.,, naturnotmendi gen Entwickelung liegt, bleibt also nur als einzigste Hoffnung, Zwietracht im Innern, ein Verzetteln der Kräfte, Partei gegen Partei und das Ziel, das sich Deutschland gesetzt, rückt in weitere Ferne. Diese Gesahr hatte man drüben er kannt und sie beschwor die jüngste schwere innere Krise in der Reichsleitung herauf. DieS scheint ihr Sinn: daß an der Spitze ein Mann stand, der weit davon entfernt, ein Unverantwortlicher zu sein, an einem Uebermaß von Verantwortlich keitsgefühl krankte, in jeder Frage zwei Seiten fah. das Ziel richtig erkannte, fortschrittlich im Laus der Zeiten sich zu einem echten Liberalismus durchgcrun gen, die abseits stehende große Partei der Sozialisten zu positiver Regicrungsarbeit herangezogen hatte, aber die angeborene Farbe der Entschließung sich stets von des Gedankens Blässe ankränkeln ließ, alle versöhnen wollte und dadurch alle verfeindete, als Wahrheitsfanatiker in den Verdacht der Doppelzüngigkeit kam, wie Schmoller ihn nannte, Fabius Cunc tator, der große Zauderer, in einer Zeit war, die nach Taten verlangte. Wie weit diese unselige Veranlagung des Philosophen von Hohcnfinow" bc reits zu Beginn des Krieges in die Er scheinung trat und den Lügenfeldzug ge gen Deutschland ermöglichte, wird eine spätere Zeit entscheiden, daß aber dies selbe Zaudern, dies selbe Zurückschrecken vor einem offenen Farbebekennen, dies selbe Schwanken zwischen der öffentlichen Meinung daheim und jener im Ausland, das Hinziehen von Krisen, wo ein fchnel ler Sckritt, eine offene Aussprache Hülfe gebracht hätten, den unglückseligen Aus gang der deutschen Amerikapolitik mit verschuldet hat, daS soll hier auS der Kenntnis der Ereignisse offen zugegeben Werden. Während man hier alles tat, um Präsident Wilson für die Friedens Vermittelung zu gewinnen, spielte man drüben den starken Mann, der den Eng landfreund" ablehne. Während man Gerard offiziös und offiziell bunte Rede guirlandcn wand, verhandelte man 'ins geheim mit Mexiko jenen kindischen Plan eineS Angriffs auf die Ver. Staaten. Während man in allen Noten beweglich und zwar berechtigt daS Opfer schilderte, daS man der Freunschaft der Ler. Staaten mit der Beschränkung deS TauchbootkriegkS gebracht, erklärte nach der Entscheidung B.'Ihmann. daß man auf den Augenblick nur gewartet, da man gerüstet war, zieh also offen Deutsch lands Regierung der Unaufrichtigkeit und des Doppelspiels. Man hatte den wun dervollen Mut zu jenem ersten dcnkwiir digen Friedensangebot und verkroch sich dann auS Furcht vor der öffentlichen Meinung daheim hinter Halbheiten, Phrasen, Wo daS Letzte.Konskquenzen Ziehen zum Ziele geführt hätte. Auch drüben hat man bereits begon nen, dies einzusehen und zu erkennen, das daS amerikanische Fiasko nicht dem Grafen Bernstorff zur Last gelegt werden kann, der weiß Gott einen gähcn Kampf mit seiner Regierung geführt hat. fon dein dem Regime Bethmann, dai der Berleumdllngs'Kampagne gegen Deutsch land ja auch den setzen Papier" gelie fcrt hatte. In Washington spricht man heule mit Bitterkeit über die Pcrfidie Dcutsck lands, das, während eS scheinbar die Hand zum Frieden bot, heimlich die Wasse zu einem neuen Streich wider den Gegner schärfte. Ich möchte, waS in ienen Januartagen geschah, anders deuten. Die Alliierten hatten für den Früh ling 1917 eine alles vorhergehende über steigende große Offensive angekündigt. In Deutschland kämpften die Friedens freunde unter Bethmann gegen die Kricgspartet, die zur Vereitelung des geplanten OffcnsivstoßeS des Gegners den rllcksichtlosen Tauchbootkrieg zu ent fesseln gedachte. Bethmann, von Bern storff beraten, sah die Gefahr und ver suchte in einem letzten kühnen Zug der Welt den Frieden zu bringen. Die Po litischen Wahlen Amerikas verzögerten ein Vorgehen Präsident Wilsons, der al lein den Vermittler zu spielen vermochte. Gedrängt von den Heißspornen verlor man in Berlin die Geduld, trat selbst mit einem Friedensangebot vor die Welt, zwang den Präsidenten damit zu einpn Zug, der notgedrungen jetzt einen pro deutschen Schein annehmen mußte und löste jene Antwort der Entente aus, die alle Hoffnungen mit einem Schlage ver nichtete. Die deutschen Friedensbcdin gungen, die Herr Wilson erhielt, waren maßvoll, eine Verständigung hatte mög lich geschienen, aber die Bewegung war zu spät in Fluß geraten. Die einer Vernichtung Deutschlands und Oester-reich-Ungarns gleichkommenden Bcdin gungen der Entente und gewisse Aeuße rungen im Staatsdepartement zu Wash ingion hatten der Kriegspartei in Ber lin die Oberhand gegeben, wollte man die letzten Vorbereitungen für die gc plante Offensive wirkungsvoll stören, mußte man schnell vorgehen, vor allem verhindern, daß die Diplomaten wieder die Frage verschleppten. So erzwängen Hindenburg und Ludendorff zur Siehe rung deutscher Heere gegen Bethmann, die Entscheidung, und während Präsi dent Wilson noch einen neuen Schritt im Interesse des Friedens vorbereitete, kam als schlag ins Gesicht die Ankündigung des unbeschränkten Tauch bootkrieges. Eine unglückselige Ver kettung von Umständen, nicht die inala fi.les des deutschen Kaisers und Kanz lers trieb zwei Völker in den Krieg, die bestimmt scrienen, Seite an Seite für den Fortschritt der Menschheit zu wirken. Dieses scheint mir aus einem intimen Miterleben der kritischen Zeit heraus die Erklärung für daS Unerklärliche. Aber es ist eine Erklärung, die beiden. Seiten Recht gibt und die tiefe Bitterkeit bei ständlich erscheinen läßt, die man hier ob der vermeintlichem Doppelzüngigkeit BethmannS empfand, eine Bitterkeit, die wahrscheinlich auch den Frieden verhin dert, bis man Gewähr hat, ihn nicht nur mit einer unverantwortlichen Re gierung, fondern mit dem gesamten deut schen Volke schließen zu können. Nicht Landerwerb pd Entschädi gung, sondern die Parlamentarisierung Deutschlands ist heute die Friedensbe dingung der Entente und des mit ihnen, verbündeten Amerikas. Und Deutsch lands sechster Kanzler hat diesem Ziel in seiner Antrittsrede ein entschiedenes Nein" entgegengesetzt. Abweichend von der Politik Bethmann Hollweg's, im Reich und in Preußen zwischen den Par teien das Schiff zu lavieren, scheint Michaelis nach dem von Bismarck oft erprobten Rezept arbeiten zu wollen, libe ral fortschrittlich in Preußen, konser vatig im Bund. (Ich bin nicht wil lenZ, mir die Führung aus der Hand nehmen zu lassen!") Bereits krönt ein erster Ersolg seinen Kurs, die Spren gung deS liberalen Blocks, von dem das Zentrum sich zurückzieht. Die Ger mania" schreibt: Was das Zentrum unter Parlamentarisierung versteht, heißt Herbeiführung einer innigeren Fühlung zwischen Regierung und Par lament unter Wahrung des bundes staatlichen Charakters deS Reichs". Und der Traum eines verantwortlichen Mi nisteriumS ist damit vorläufig vorbei. Man spricht von Aufhebung bei Je suitengefetzes. von einem Frontwechsel in. der unglückseligen Polenpolitik. Das Zentrum regiert, und über Wien ge winnt man den Papst sür eine neue Aufrollung der Friedensfrage. DaS ist der Schein. Man denkt an den dritten Napoleon, der zwischen Li beralismus und Autokratie hin und her schwankend, um seinem Sohne die Nach folge zu sichern, der katholischen Macht hohen Preis zahlte, und fragt sich, wie derholt Aehnliches sich heute in Deutsch land? Wie damals klingen die Rufe von rechts und links: Friede und Freiheit, Krieg und Des potismus." Friede und Revolution, Kriegsruhm und Ordnung." ' Wie damals in den Julitagen von '69 beantwortet man den Ruf nach Mini sterverantwortlichkeit mit kleinen Ge schenken, räumt im Staatsministerium auf. beläßt eine kleine Gruppe in ihrem Amt, besetzt den und jenen Posten mit einem liberaler Denkenden und berust zwei A'geordnete in die Leitung der Geschäfte. Die Parallele ist überraschend und die Beantwortung der Halbheit beidemal von Seiten des Liberalismus dieselbe: Kamps. Wird Michaelis ihn. gestützt auf Zen trum und Rechte, aufnehmen können, darf er ihn aufnehmen angesichts der überall steigenden Not ' der Massen? Das ist eine Frage, die von hirr aus nicht sich entscheiden läßt, weil man die Stärkt der Opposition drüben nicht kennt. Nur auf daS eine sei hier der wiesen, daß dieser Kampf ein nahezu ebenso alter ist wie der um die Nefor mierung deS preußischen Wahlrechts, die jetzt endlich erfolgen soll. Der leitende Gedanke in diesem Kampf ist, da der Kaiser unverantwort lich. eine Instanz zu schaffen, die dem Volk in seinen bestellten Vertretern Rechenschaft legt. Die Verfassung deS Deutschen Reiches sieht allerdings vor, daß der Kanzler durch die Gegenzeich nung der Anordnungen und Aerfügun gen 'des Kaisers die Verantwortlichkeit übernimmt, aber diese Verantwortlich itlt ist juridisch so wenig umschrieben, so vage, daß sie nicht als Handhabe für eine parlamentarische Regierung benutzt erden kann. DaS Reichslagswahlrecht ist daS wertvollste Erbe der Frankfurter Natio nalverfammlung, der deutschen Einhrits bestrebungen, wie Vismarck sagte, und erfüllt in dem gleichen, direkten, gehe! men Wahlmodus alle Forderungen wah rer Demokratie. Die Rückständigkeit der Wahlkreis-Einteilung, die insolge der Bevölkerungsverschiebung zwischen Stadt und Land einem Kreise mit 12, 000 Bauern und Herren dasselbe Ber tretungsrecht gibt wie einem städtischen Kreis mit 2.100.000 Bewohnern, ist nicht Schuld der Regierung, die im Ur Entwurf eine Neueinteilung alle drei Jahre borsah. sondern Schuld der Libe ralen, die durch Lasker die Bevölkerungs Verteilung im Jahre 1864 als Norm auch für die Zukunft nahmen und fo Ungerechtigkeiten schufen, wie sie aller dings und noch schlimmer auch unter englischem , System seit Jahrzehnten und länger laut nach Abhülfe schreien. Für Mitglieder deS Heeres und der Marine ruht" im Gegensatz zur Ver fassung Preußens das Wahlrecht während der Dauer des Dienstes, da man das Heer, die Schutzwehr gegen eine Revolution, nicht zum Herd aufrühren scher Bestrebungen werden lassen wollte, wie Moltke einmal erklärte. Diese Tatsache erschwert jetzt eine Lö sung; denn der gegenwärtige Reichstag spiegelt in seiner Parteizusammensetzung die Zeit vor dem Kriege und nicht den gegenwärtigenWillen des Volkes. Eine glatte Parlamentarisierung könnte also Elemente, die das Volk nicht will, bis zum Friedensschluß an die Regierung bringen, da eine Neuwahl mit allen Männern im Heeresdienst ausgeschlossen erscheint. Das ist daS eine, daS wichtigere Hin dernis aber der bundesstaatliche Cha rakter des Reichs, den die Versassung Nit tausend Sicherungen umgibt, und schließlich rein technisch der Par teipartikularismus der Deutschen, die Unmöglichkeit, eine wirkliche Partei-Re-gierung zu bilden, und daher die Not wendigkeit zu ewigen Kompromissen, Halbheiten, Kämpfen usw. In England hat das von den.nor mannifchen Baronen gegen den König gegründete Parlament den Staat ge schaffen. In Deutschland ist umgekehrt, wie BiSmarck immer betonte, das Par lament die Schöpfung deS Staates, ein Argument, daS allerdings nicht ganz stichhaltig erscheint, wenn man zur letz ten entscheidenden Instanz herunter steigt dem Volk. Denn dieses Volk hat sich in Kampf und Not das Recht der Selbstbestimmung erworben. Hinge es allein vom Kaiser, von Preußen ,ab, die Verantwortlichkeit der Minister könnte vielleicht schnell erreicht werden, aber der gesamte Süden, ja nahezu alle anderen . Mitglieder des deutschen Bundes sind gegen eine solche Aenderung, in der sie eine Schmalerung ihrer Macht, eine weitere Zentralisierung der Reichsgewalt und eine allgemeine Bedrohung der - monarchischen Form sehen. Die Bayerische Staatszeitung", das Organ des Grafen Hertling, hat die Losung ausgegeben, und alle reaktiv nären Mächte sammeln sich um die Op Position des Südens. Wir sind ihnen jetzt schon viel zu libe ral, klagte Bismarck einst im Reichstag des Norddeutschen Bundes, als Miquel das Recht der ' Strafverfolgung gegen Beamte der Reichsschuldenverwaltung forderte, und Reichensperger, Hänel, Twesten, Münster und ihre Gesolgschaft weitergehend auch die Verantwortlich keit der Bundesministcr des Auswärti gen, Kriegs, Handels, der Marine und der Finanzen verlangten. Und dann fragte er. ob sie vielleicht einen Kreisrichtcr als eine Art konstitu tioncllcn Hausarzt über den Kanzler stellen wollten. Windhorst sah die Gefahr für die Selbständigkeit der Einzelstaaten und stimmte gegen Ministerverantwortlichkeit im Reich. Waldeck donnerte, der Staat, der auf Freiheit verzichtet, verdient nicht zu leben, aber Lasker fand daS Palriotische Wort: :,3en ich nur die Wahl habe zwischen der Schädigung des Vaterlandes und dem Aufgeben eines Freiheitsrechtes, so stimme ich heute und werde stets so stimmen: für das Vater land. Das Heidelberger Programm Miguels hat schließlich den Nationalliberalismiis in dieser Frage ganz umschwenken lassen und auch in der jüngsten Krise nahm die Partei nicht selbst definitiv Stellung, sondern überließ diese dem Gewissen ihrer Mitglieder. Und wie damals Camphausen den vermittelnden Vor schlag einer Ernennung mehrerer Reichs tagsmitglicder in eine Schuldenkommis sion für die Marinebewilligung fand, so auch diesmal Michaelis mit der Ernen nung SpahnZ, Krauses und Müllers zu seinen Helfern. Der Verfassung nach gibt eZ nur einen Bundesminister, den Kanzler, der gleichzeitig preußischer Ministerpräsident ist. Als solcher und nicht alS Bundes beamter stimmt er im Bundesrat, wo er den Vorsitz führt. Als solcher müßte er. würde er dem Reichstag verantwortlich, dort diese Verantwortung allein, In Preußen dagegen alS primus inter" pures mit feinen Ministcrkollegen tra gen. Bismarck erkannte olle diese aus der Verfassung entspringenden Schwierigkci ten, die sich einer Parlamentarisierung entgegenstellen, auS der eigenen Erfab rung in Preußen kannte er auch den Dornenweg eine Ministerpräsidenten; der feine Kollegen für die notwendige gemeinsame Aktion vorher zu bearbeiten und zi überzeugen hat. 'lud so sträubte er sich mit Händen und Füßen gegen eine Einführung deS englischen Systems im Reich. Die Aentralisiernng ist mehr oder weniger ein Gewaltakt. Wir kön nen weder die Geschichte der Vergangen heit ignorieren, noch die der Zukunft machen. Und er dachte vielleicht auch an daS, waS an bitterer Kritik über feine RichtungSlosigkcit, feine unnütze Vergeu dung an Kraft Herbert Spencer von dem parlamentarischen System seiner Heimat gesagt hatte. Vielleicht würde er, ein Lebender, heute auch darauf ver weisen, daß alle parlamentarische Macht, wie das Beispiel Englands und Frank reich? zu Beginn des gegenwärtigen Krieges zeigt, den Vertretern des Volkes keinen Einsluß auf die letzten Entschlüsse über Krieg, Frieden und das Abschließen verstrickender Bündnisse gibt. Der Parlamentarismus ist eben kein Allheilmittel, sondern nur eine autokra tisch veranlagten Regierungen ans Rad gelegte Bremse. Das reaktionäre Wahlrecht in Prcn ßen mußte fallen. Was die Thronrede von 1908 verschwommen versprach, waS der Bethmann'sche Entwurf vom Jahre 1910 mit kleinen Mittelchen nur zu kurieren gedachte, ist jetzt durch die ra dik'ale Operation der Osterbotschaft vom 7. April und die Königliche Verfügung vom 11. Juli vollendet, der entscheidende Schritt zur Demokrutie in Preußen, wie der Vorwärts" eingestand, von dcr Krone getan. Bleiben der deutsche Kaiser und seine Nachfolger diesen Grundsätzen treu," schreibt das sozialistische Hamburger Echo", so wird in den kommenden Zei ten die Monarchie Deutschlands auf den Schultern der Millionen werktätiger Ar beiter fest und sicher ruhen. Denn die deutsche Sozialdemokratie ist unbeschadet ihrer demokratischen Grundsätze nicht darauf erpicht, aus Deutschland eine Re publik zu machen, am allerwenigsten eine bürgerliche Republik nach 'französisch amerikanischem Vorbild." Hier ist die Antwort an jene gegeben, die das deutsche Volk gegen seinen Wil len und gegen sein Bestes durchaus von den Hohenzollern erlösen wollen. Nicht deren Absetzung tut not, fon dern eine modifizierte Parlamentarisie rung, die unter Berücksichtigung deS bundesstaatlichen Charakters dem Volk durch seine Abgeordneten die letzte Ent scheidung über Krieg, Frieden und alle Bündnisse gibt. Die Krone hat diesmal Konzessionen gemacht. Den seit Borusscntagen in Bonn dem Kaiser befreundeten Kanzler geopfert und bei der Neubesetzung ein! ger Aemter die großen Parteien berück sichtigt. Die Wahl Michaelis aber er folgte ohne Zurateziehen des Parla ments, denn die Besprechungen des Kronprinzen mit Partciiührern galten nicht dem kommenden, sondern dem fal lenden U'ann, und in den Konferenzen mit Hink nburg-Ludendorff wurde der Kanzlers ge überhaupt nicht Erwäh nung ge l. Man -rzichtete. um Rußland nicht vor den, opf zu stoßen, auf den tüchti gen Hintze. der sich zur Revolutionszeit 1905 zaristisch kompromittiert, und wählte, als ersten Schritt der Versöh nung mit England, Kühlmann. Das Bürgertum des neuen Kanzlers ist eine Konzession wie jene, daß er im schlich ten Zivil vor dem Reichstag erschien. Aber ist nicht schon seine inzwischen er folgte militärische Beförderung" ein Schritt zu einem System zurück, daS man für überwunden ansah, zu jener militärischen Maskerade, die des hoch ften Civilbeamten unwürdig ist, weil sie ihn auf die Stufe der Platznrajore und Bezirkskommandanten stellt? Wie der alte Volk anno 70 im bayri schen Parlament den AntiDeutfchen des ultramontanen und sozialistischen Flü gels möchte man heute den Zauderern drüben zurufen: Es ist Frühling ge worden in Deutschland, und eine neue Sonne schmilzt Euch die Schneebälle Eures kindischen Sträubens aus den Händen. Wie an der Kapuziner Gruft der habsburgischen Kaiser klingt dem Gottesgnadentum der Könige auch heute ein "ignosco" entgegen: ich kenne Dich nicht, öffnet sich aber die Tür weit dem demokratischen Königtum. Nicht mebr durch Eisen und Blut, sondern durch Reden und Mehrheitsbe schlüsse der Volksvertretung werden heute die großen Fragen der Zeit ent schieden. Der Wille der Könige und Kabinette hat diesen furchtbaren Krieg begonnen, der Wille des Volkes, der alle Opser tragenden Massen muß ihn be enden. Wo sind, die einst Freunde waren und vor den Heeren, angetan mit der Rüstung, jetzt den Mut haben, von dieser alten Freundschaft zu sprechen, Glaukos und Diomedes?! Die Demokratisierung Preußens ist durch seinen König vollendet, der letzte Schritt zu einem Volksreich muß von Seiten des Bundesrats erfolgen, und die Welt wartet auf ihn. Mit Schlegel möchte man rufen: Ich glaube, daß unter unserm Wolt Dinge geschehen werden, wie nie iinter einem menschlichen Geschlecht. Allenthalben sehe ich die Spuren des Werdens. Schleiermacher ahnte den großen all gemeinen Kampf, der kommen mußte und den nicht Könige mit ihren Heeren, sondern die Völker mit ihren Königen führen würden, die große Krise von ganz Deutschland: und Deutschland ist doch der Kern von Europa". Fichte aber sah in prophetischer Klar heit über diesen Kampf hinaus das leuchtende Ziel: Ein wahrhaftes Reich des Reckits. wie es nock nie in der Welt erschienen ist, in aller der Begeisterung für die Freibeit des Burgers für Freiheit gegründet auf Gleichheit alles dessen, was Menschengesicht trägt. Nur von den Deutschen, die seit Jahrtausen den für diesen großen Zweck da sind und ihm lanqsain entgegenreifen: ein anderes Element für diese Entwicklung ist in der Menschheit nicht vorhanden." Der Erfinder des Sspe. ranto gestsrben. In Warschau starb der Erfinder del Esperanto. Dr. Ludwig Zamenhof. Un ter allen Weltsprachen-Erfindern hat dc, polnische Augenarzt, der 185.0 in Bia. lystok geboren wurde, den größten Er folg gehabt. Vor dreißig Jahren trat er mit der aus Bestandteilen einiger ro manischen und germanischen Sprachen hergestellten Kunstsprache hervor. Wen man berücksichtigt, daß schon eine ganze Reihe mißlungener Versuche auf diesem Gebiete vorlagen und jeder ehemalige Anhänger einer solchen verunglückten Bewegung sich als .Ilonzeuge gczcu au dcre Unternehmungen ähnlicher Art auf wirft, so muß man sagen, daß die Kunstsprache ZamcnhofS trotz aller Vor urteile eine starke Anhängerschaft ge Wonnen hat. Die Ursache dafür liegt in ihrer leichten Erlernbarkeit und in der Möglichkeit für jedermann, der schon eine romanische und eine germanische Sprache beherrscht, sie zu verstehen. Bei des mag noch stärker zu ihrer Verbrei tung mitgewirkt haben, als das Bedürf nis nach einer allgemeinen intcrnatio nalen Verkehrssprache, das natürlich seit der babylonischen Sprachverwirrung le bendig ist, dessen Befriedigung aber auch das Esperanto selbst bei stärkstem Er folg nur sehr bedingt und nur für eine Minderheit der Völker erreichen könnte. Zamenhof sah jedenfalls feine Schö pfung gedeihen. In zahlreichen Län dern entstanden . Esperantistm-Vercini gungen. es entwickelte sich auch eine esperantische Presse und eine ausgedehnte Literatur. Die zahlreichen Anhänger der Weltsprache traten um so eifriger für sie ein, je öfter sie durch Auslands, reisen, Teilnahme an interntionalen' Kongressen und ähnliches Gelegenheit hatten, die Annehmlichkeiten der erlern ten Berständigungsmöglichkeit zu erfah ren. Man suchte der Kunstsprache auch dadurch Achtung zu erwerben, daß man bekannte Dichtungen in sie übertrug; der umstrittenste Versuch nach dieser Rich tung war die Jphigenie"-Auffllhrung in Esperanto anläßlich eineS Kongresses in Dresden, Wenn damit auch eine ge wisse Anschmiegungsfähigkeit der Kunst spräche ermiesen schien, so mußten und müssen solche Sprachspiclereien vom ei gentlichen Ziele Zamenhofs. dem zunächst nichts anderes vorschwebte, als eine in ternationale Verkehrs- und, Verständi gungs-Erleichterung, doch wesentlich ab lenken. In Deutschland sind gegenwär tig Bestrebungen am Werke, die Kunst spräche, in den Schulen einzubürgern. Die Hauptgefahc bei ihrem Gelingen be stände in der Vortäuschung einer Lei stungsfähigkcit des Esperanto, die dieses zweifellos nicht besitzt, und die in der Erwerbung anderer heute noch dringlich notwendiger Sprachkenntnisse lässig machen könnte. Vielleicht ist Dr. Za menhof, dessen sympathische Persönlich keit auch von den Gegnern des Espe rantc anerkannt worden ist in dem Augenblick gestorben, in dem die Espe rantobcwcgung ihren Höhepunkt erreicht hatte und sich durch Ueberspannung ihrer Ansprüche selbst den Untinq gräbt. Die Lebenskraft neuge bildeter Wörter. In seinem Deutschen ' Volkstum wünscht Turnvater Iahn eine Leidens ,geschichte der neugcbildeten deutschen Wörter, die man erst als Ketzer in Acht und Bann tat. späterhin für an rüchig hielt, allmählich in gute Gesell schuft zog. wo sie jetzt tonangebend wal ten." So sind Preußentum, Deutschtum uns ganz geläufige, geradezu vornehme Wörter. Und doch konnte vor ziemlich hundert Jahren ein Sprachgelehrtcr. dem die Verdeutschung, Menschentum für Humanität nicht gefiel, ihrer mit folgen den Worten spotten: Warum nicht auch Anhalt-Köthentum und ähnliche tum heilen, die man ebenso füglich mit einem v hätte schreiben können!" Aufs schärfste wandte sich KloPstock, der doch selbst un sere MuUersprache um viele Wörter be reichert hat. gegen daS Wort Schrift steller", das heute ein Ehrenname ist. Es ist ja leicht einzusehen, daß neue Wörter zunächst etwas Fremdartiges an sich haben; daß aber unsere Volksge nossen oft gute Erfatzwörter ablehnen, ist bezeichnend. Herrn EampeS Stell dichein" für Rendez-vous ist komisch," meinte man im 18. Jahrhundert, und als er für responsabel verantwortlich vorschlug, wurde er ausgelacht. Heute gilt responsabel für' lächerliches Deutsch, verantwortlich aber ist ein gehaltvolle? Wort geworden. Im 95. Bande der Preußischen Jahr, büchcr kann man nachsehen, wie ein Ge lehrter absprechend über die Verbeut fchung Mundtuch" urteilt; vor kurzem stand in einer Kundgebung, mit der sich sächsische Wirte an ihre Gäste wandten, das Wort Mundtuch, als ob wir schon immer vom Mundtuch und nie von der Serviette gesprochen hätten. Der Lei densweg des Schriftleiters, der Schrift lcitung ist sicher vielen Lesern bekannt. Sie wissen, wie man den Redakteur hätschelte, aber das gute deutsche Wort Schriftleiter in Acht und Bann tat, wie es dann aber von Jahr zu Jahr mehr gebraucht wurde, bis es im Kriege an fing, tonangebend zu werden. Solche Be trachtungen müssen manchen, der vor, eilig die Lebenskraft neugcbildeter Wör ter bestreikt, zur Vorsicht mahnen. Nach Anerkennung bei den Menschen streben, Bei Widerspruch sich gleich zum Streit erheben, Und, fällt ein Stein vom Dache, gleich erbeben Das heißet doch fürwahr nicht würdig leben. Der Gedanke an d',5 Ewigkeit sei dir stets nahe. Verglichen mit dem 2TI wird dir alles gleichwie ein Körnlein er scheinen, und mit der Ewigkeit wie ti Handumdrehen. "