Ife fcpci Die W nilJTsrijc Ifciife? Von "einem ehemaligen Generalstabssffizlee. Tie russische Offensive eine Ucbcrraschuug dcS FeldzugeS 1917. Momente, welche den Zusammen halt des HecreS bewirkten. Cinfluß des Kriegsministers Kerensky uud deö Obcrkommandantcn -Bnissilow. Beleuchtung der Gründe für die jetzige Offensive. Waren mehr politischer als mili tarischcr Natur. Erwägungen für die Wahl der Angriffsfront. Resultat der Offensive mehr auf moralischem als militärischem Gel'ict. Unzciftlhaft bildet d!e fefet in gro ßem Maßstabe im , Gange befindliche offensive Betätigung dcr Russen an der g, ttizifchcn Front eine mehr oder minder bedeutend: Ucberraschung in dcr Weiter entwicklung des sich nun schon dem vier ten Jahre nähernden KriegSdramas in Europa. Noch bor einigen Wochen war die Ansicht, selbst unter sachverständigen Beobachtern, ziemlich allgemein verbrei H daß in diesem Iahn mit der russi schen Hecresmacht als einflußreichem militärischen Faktor nicht mehr gerechnet werden tönne. Viele, ja die Mehrzahl derselben, erhoben die These, dafz die Revolution Unbedingt einen zersetzenden Einfluß auf den Zusammenhang und die Schlagfertigkcii der russischen Streit (raste ausüben würde, beinahe zur un umstößZich feststehenden Tatsache. Man sah bereits das langsame aber unauf Kaltsame Abbröckeln der Wehrkraft Rußlands, das völlige Einschlafen jeder kriegerischen Aktivität auf dem östlichen Kriegsschauplätze und ein endgültiges Ausscheiden der jüngsten Republik auS den Reihen der 'Kämpfenden. So grofj auch dieser Irrtum, wie , sich jetzt her a,!si'tellt. war. ist er jedoch ziemlich leicht erklärNch. Die pessimistischen Kommen tare der alliierten Presse über die un sichere Position, dcr provisorischen Re gierunz und den Parteienhadcr in Pe trograd, ferner die Meldungen per das bäufige Fraternisieren dcr beiderseitigen Truppen an der Kampffront ließen di rett keine anderen Schluß zu. als daß da innen Gefüge der Armee zweifellos gelitten haben mußte. Diese Annahme gewann noch durch die Erwägung, daß das russische Scer aus ungleichartigen h, 'tcrogencn Völkcrelemcnten zusammen gesetzt ist. bedeutend an Stärke. Außen- Ziehenden mag auch die offenkundige Zerfahrenheit der innerpolitischen Lage, die Beteiligung der Soldaten an der Entscheidung politischer Fragen und der häufige KommanZowechsel als ii.ntriig lichkZ Anzeicben des Zersetzungsprozesses erschienen sein. Hinsichtlich des Stern des der Schlagfcrtigkeit der russischen Truppen berechtigte vie in oen eriKii N''vo?uiionS-Mon'ateu eingetretene, bei nahe völlige Stockung des Transport wefenS ebenfalls zu keinen besonderen Erwartungen hinsichtlich eines baldigen aktiv Auftretens des angeblich auch ni.:..r:-1r.i.:i kk!. durch usirett'noe isjip!iliiv,L Uj, zierten? Heeres. Es ist aber anders gekommen. Und es flies; Vogelstrauß-Politik betreiben. wollte man die Tatsache, verkleinern, daß die russische Armee hcutzulage noch einen, wenn auch nicht in ezkichem Maße wie früher, recht formidablen Gegner der Zentralmächte vorstellt. Die Hoss nung, daß ein Separatfrieden zustande kommen und die Zentralmächte noch in diesem Jahre ihre an dcr Ostfront ge bundenen Streitkräfte zu Bekämpfung ihrer westlichen Gegner verwenden tön n'en würden, muh scheinbar endgültig zu Grabe geiragen werden. Von einer Entblößung der Ostfront kann keine Rede mehr sein, die Zentralmächte miif fen sich vielmehr mit dem Gedanken der traut machen, an ihrer jetzigen Haltung der strategischen Defensive an allen Fronten für längere Zeit noch ftstzu halten,- Untersucht man die Gründe für die seg ziemlich unerwarteten Beweis der ungebrochenen militärischen Kraft Ruß lands, so kann man deren mehrere so woh! in historischer als politischer Hin ficht' schon jetzt herauskrystallisieren. Wie schon im Frühjahre wiederholt her roigehoben. weist die russische Revolu tion viele verwandte Züge mit der fran zösischen am Ende des 1. Jahrhunderts aus. So auch, wie sich jetzt gezeigt hat, hinsichtlich der militärischen Leistung! fähigkeit des Heeres. Die Sanskulotten der ersten französischen Republik waren ebenbürtige, wenn nicht sogar überlegene X Gegner der stehenden Heere der Monar Sien, der damaligen Zeit pnd, hielten trotz mangelnder Ausrüstung Und Cr ganisatwn dem Ansturm ihrer zahlrei, chen Feinde nicht nur wacker stand, son drrn gingen selbst zum Angriff über. In der Weltgeschichte kann überhaupt kein Präzedenzfall gefunden werden, daß eine Armee während einer Revolution einem äußeren Feind gegenüber ent schiede versagt hätte, wenn ein solcher Krieg dolZstümlich war. Und dafz der jltz'ge Weltkrieg mit vielleicht nur we nig Ausnahmen sich zu einem Ringen der Nationen ausgestaltet hat und nicht nur lediglich ein Kampf herrschender 5'cwaZteis vorstellt unterliegt heute wohl keine Zweifel mehr,' Der ruffischen Kirnt ist tan den jetzigen Machthabern in Petrograd und von ausländischen Einflüssen in geschickte? Weise das C ::'-Tfrt suggeriert Word', daß der KsNpf flegen die Zenttalmackte zur D?rteid'aung der neugeborenen Freiheit cei ruffischen Volkes notwendig sei und kr Jzubertlanz des Wortes scheint den kickitiam Ltkerd in der russischen Sol ssteiifo'e angeschlagen, damit dem Zu lammcnhalt der Wehrmacht den erfor a'iNianl Litt aeaeben und dem m Unskwisse tavvenden Betätiauna :rs?ge"k!kd eine bestimmend Tire! Ken gewusk zu haben. Ein weiterer Grund, daß sich die Htz Mf d,s unvermeidliche Ausammen de Wehrkraft RunZandk it r.""-:rfsii,t bat. mag vielleicht - so rr'wrtfa bkl uZz klingt gerade iVw rf.tSrenficit der innerdoWsche !-L-n werden kennen. Tk neugewonnene Freiheit und dcr beinahe mühelose Sturz des verhaßten Zaren Regimentes berauschte die Gemüter, fand aber die große Masse des Voltes und der Armee unvorbereitet, in ziel bewußter Weise an den Ausbau eines neuen Staates hcranzutreten. Daß sich infolgedessen die weitgehendsten Mei nungsvcrschiedcnhciten bezüglich der Ge staltung der Zukunft ergaben, war selbst verständlich, umsomehr, als die neuen Männer in Petrograd in den ersten Zei ten der Revolution den auf das immense Territorium Rußlands verteilten Böl kerschaften im Allgemeinen noch ziemlich unbekannte Größen waren. Interessen Gegensätze zwischen den drei großen Ständen den Intellektuellen, den Ar bcitern (Soldaten) und den Bauern führten, wie bekannt, zu einem Chaos und es machte sich, nachdem der erste Freudentaumel vorüber, das Bedllrnis nach einer energischen populären Per sönlichkeit geltend, welche mit kräftiger Hand in das politische Wirrwarr ein zugreife imstande war. In dem Kriegsminister Kerensky scheint nun Rußland der Mann erstanden zu sein, welcher zu dieser Rolle berufen ist. Da die Stimmungen im Lotte sich, wie selbstverständlich, in der Armee wieder spiegelten, war sein erstes Bestreben, wie das alle großen Führer in der Ge schichte getan haben, sich derselben' zu versichern. Seine Agitationsleisen an den Kampsfronten sind, wie jetzt erficht lich. von Erfolg begleitet gewesen und feine Mahnung zur Einigkeit gegen den äußeren Feind offenbar auf fruchtbaren Boden gefallen. Als geschickter Schach zug behufs Wiederherstellung der Schlagfertigkeit des Heeres kann auch die Talfache angesehen werden, daß Ge neral Brussiloff, dcr einzige soweit er folgreiche und daher unter den Soldaten populäre militärische Führer, von der provisorischen Regierung als Oberkom mandierender in den Vordergrund gc schoben wurde. Diesen beiden Männern ii't es, wie die Ereignisse dcr letzten zwei Wochen gelehrt haben, gelungen, den weitaus größten Teil des Heeres für sich zu gewinnen und denselben zu einer umfangreichen Offensive zu befähigen. Kerensky begnügt sich während der ge genwärtigcn Operationen augenschcin lich mit der Rolle des Agitators und enthält sich jeder Einmischung in die Anlage und Durchführung der neuesten russischen Offensive. Für Vermehrung nncr Popularität hat er icdoch durch die moderNkwestlichen Anschauungen ver wunderlich erscheinende, aber aus die empfängliche russische Volksseele zuge ckmittene theatralische Inszenierung des Offensiv-Unternehmens Indem er in den vordersten Graben persönlich den Befehl zum Angriff gab gebührend' gesorgt. Ob aber die Harmonie des Zweigespannes Kerensky Brussiloff auch in Zukunft bestehen bleiben wird, sei dahingestellt. Gelingt es Brussiloff. im Lause des Sommers einen dem Jahre 1316 ähnlichen Erfolg zu erzie len, fo scheint die Voraussetzung nahe liegend, daß er nicht geneigt sein dürfte, den Löwenanteil des Ruhmes dem ju .endlichen Kriegsminister zu überlassen. sondern darnach tracbten wird, aus die Armee gestützt, die führende Stellung in Rußland an sich zu reißen. Ueber das politische Glaubensbekenntnis des jctzi gen russischen Oberkommandierenden liegt noch keine authentische Nachricht vor und dcr Umstand, daß er aus der Schule des Zaren-Regime s heröorgc gangen ist, laßt seine Umwandlung zum waschechten Republikaner noch etwas problematisch erscheinen. Andererseits wird man Kerensky kaum zumuten tan ncn, etwaige Napoleons-Abnchtcn des eventuell sicgreichen .Generals gegenüber widerstandslos das Feld zu räumen. In der Möglichkeit eines militärischen Erfolges liegt daher anscheinend der Keim eines gefährlichen Konfliktes zmi fchen den beiden, jetzt Hervonagenden Persönlichkeite Rußlands. : Schlägt hingegen die russische Offensive in Ga lizien unter großen Verlusten fehl, oder hat, unter großen Verlusten fehl, oder ergibt sie kciu nennenswertes Resultat, fo mag der leitende Geist der provisori fchen Regierung zwar Brussiloff als Sündenbock hinstellen und abfetzen las fen, der Geist der Armee aber dürste unter dem neuen Schlage abermals lei den und die Rolle Kerensky's als Be. fllrworter der Fortsetzung deS Krieges beim Volke ausgespielt sein. Auch die Idee der Verteidigung der russischen Freiheit durch eine Angrisfs-Kampagne dürfte durch ein Mißlinge deS Unter nehmen! wen: Anklang bel den jetzt einigen Parteien mehr finden und vor aussichtlich wesentlich modifiziert wer den. Offensive durch politische Gründe veranlaßt. Mit der Feststellung der Tatsache. daß die Heere Rußlands wieder als ge wichtiger Faktor in den Weltkrieg ein gegritien haben, tauchen zunächst mcy rere Fragen auf, welche sowohl die poli tische als militärische Tendenz des neue sie 'Offensiv-Unternehmens tangieren. Dieselben lassen sich zusammenfassend. die solgi, formulieren: a) Zu welchem Zweck traust die Of fensioe unternommen b) Waren hierfür politische oder le diglich militärische Gründe maßgebend? r) Wurde sie im Einklänge mit dem t'.:i'.n KsnixasnePla in Entente eingeleitet oder stellt sie eine isolierte Aktion vor? d) WaS bestimmte die Wahl dej Zeit Punktes und welches militärische Ziel wird mit dem Angriff angestrebt? Eine vollständige Beantwortung oller dieser Fragen ist naturgemäß erst mög lich, wenn diese jüngste russische Kam Panne einen deutlich tonstaticrbarcn Abschluß gesunden hat. Vorläufig soll hier nur auf gewisse Umstände, teils politischer, teils militärischer Natur, hingewiesen werden, welche Fingerzeige für das Wesen der Gesamt-Aktion ent halten. Nachdem Kriegsminister Kerensky, wie aus neueren Nachrichten erhellt, schon bor mehreren Wochen den alliierten und der Washingtoner Regierung mit- geteilt hatte, daß Ansangs Juli eine Angrisss-Aktion Rußlands zu erwarten fei. wäre eigentlich die Voraussetzung berechtigt, daß die Gegner dcr Zentral machte die Gelegenheit benutzt oaben würden, einen gleichzeitigen Angriff an allen Fronten zu'machen und derart im Sinn des ursprunglichen FcldzugS Planes für 1.917 zu handeln. Dies ge schah icdoch nicht und das russische Un ternehmen trägt daher vorläufig dcn Eharakter einer isolierten Operation. Man darf seiner dem Fldhcrrn-Talent eines Brussiloff nicht den irrigen Kalkül zumuten, daß er imstande zu sein glaubt, nach den Erfahrungen der letz ten drei Kriegsjahre allein mit der ruf sischen Armee die Front der mitteleuro paischen Verbündeten zu durchbrechen, während letztere nicht wesentlich auf den anderen Kriegsschauplätzen engagiert sind. Umsomehr als er über die Kräfte Gruppierung des Gegners wahrscheinlich soweit orientiert war, daß trotz der an scheinenden Gefahrlosigkeit keine um fangreichen Verschiebungen deutscher Ctreitkräste von Osten nach Westen platzgegrjsfcn hatten. Als einzig an nehmbarcr militärischer Zweck der rs sischen Offensive kommen vernunftgemäß daher mir Schwächung der feindlichen -treiikrafte an dcr Ostfront und die Entlastung der britisch-französisch-ita lienischcn Fronten in Hinblick aus eine geplante zukünftige Aggression aus hen selben im Rahmen des großen Entente Kampagne-Plancs in Betracht. Es ist aber fraglich, ob obige Zwecke überhaupt eine Lssenstv-'ktion ui dem großen Stile wie sie die Russen einleiteten, rechtfertigen würden. Denn es liegt aus der Hand, daß die russische Heeres! tung viel größere Erfolge zu erzielen vermöchte, wenn sie ihren Angriff zu einem spatere Zeitpunkte gleichzeitig mit den übrigen Entente-Miigliedern ansetzen würde. Alle bigeik Ermägun gen zusammengefaßt lassen daher die Vermutung logisch erscheinen, daß mit der Ansehung des russischen Unterneh menZ mehr gewichtige politische als mi mansche Zwecke verbunden waren. Eine nüchterne Beurteilung der mo mentancn politischen Entwicklungen in Rußland bietet genügend Tatsachen zur Begründung dieser Behauptung: Tie durch die Bemühungen Kerensky's und der alliierten Emissäre bewirkte vor läufige Beseitigung der prinzipiellen Partei-Differenzen bedürfte einer be deutungsvolleren Tokumcntirrung als lediglich schöner Reden und Proklama tionen, allein schon um die Stellung der provisorischen Regierung zu festigen. Ein bedeutender militärischer Erfolg war zu allen Zeiten das wirksamste Mitte! zu letztgenanntem Zwecke, umso mehr als durch kriegerische Betätigung die Aufmerksamkeit des Volle! von der inneren Lage abgelenkt wird. ' Kamps gegen einen äußeren Feind stellt am ehe sten Einigkeit im Innern her. Im spe ziellen Falle Rußland's bildeten die sich mehrende Separations-Tendenzen dcr beherrschten Fremdvolker, hauptsachlich der Ukrainer, Finne und Kaukasier, eine ernste Gefahr für den Fortbestand des großrussischen Reiches. Schließlich wird durch eine Engagierunq der eig? nen Streitkrafte mit dem Feinde ein Einflußnahme des militärischen Elemen tcs auf die Entwicklungen im Inner fo gut wie ausgeschaltet und damit bil det sich der provisorischen Regierung eine weitere Gelegenheit, ihre politischen Gegner tn den Hintergrund zu drangen Wahl der Angriffsfront. Auch die Wahl des anzugreifenden Frontabschnittes scheint mehr von poli tischen als militärischen Gründen diktiert worden zu sein. Zwar muß diesbezüg lich zugestanden weiden, daß wahrschnn lich die Argumente General Brussiloff'? ebenfalls ausschlaggebend mitgewirkt haben. Wahrend des oesammten rieas Verlaufes hat der Genannte, soweit be kannt, nur aus dem südlichen Flügel der russischen Heere tn Verwendung gestan den. Seine Vorliebe für und seine prak tischen Erfahrungen aus diesem Teile der Front möge daher vielleicht eine Faktor vorstellen. Naheliegend scheinen zedoch folgende politische Erwägungen der Kampf findet beinahe ausschließlich aus gegnerischem Territorium statt, der Eindruck'der Verluste unv Schaden au das Volk ist daher nicht unmittelbar, wie anderswo; mit einer Eroberung ganz Ost-Galizieni wäre die Vereini gung dcr Ukraine unter russischer Herr fchast bewirkt; eine Besetzung Lemdergs wäre unter den kgenwartigen um tan den einer der bedeutendsten, wen nicht der bedeutendste politische Erfolg im , iste Europa, Militärische Gründe für die Wahl de, Abschnittes östlich und südöstlich von Lemberg zur Angrifssfront können nur wenig inS Treffen geführt werden. Avsr ist die Terrain-Konfiguration dort der Entwicklung großer Massen günstiger als beispielsweise i den Karpathen. Diese Rücksicht sviclt aber im modernen Grabenkriege und der Durchbruchs chlacht mit ihren Tiefstassclungen keine olche Rolle mehr wie früher. Anderer scits sind von einem eventuell gelingen dcn Durchbruch in Ost-Äalizicn feine so weittragenden strategischen Jolgewirkun gen zu erwarten, wie in Wolhynien, den Karpathen oder in Rumänien; ferner sieben den Streitkiastcn dcr Zentral mächte In Galizien vielleicht da im Osten dichteste Vrrbindungsnetz zur Heranführung von Reserven unv m& terial zur Verfügung, so daß notwen digerweise eine Reaktion derselben aus inen russischen Angriff dort viel ra,cycr zu erwarten ncyi, ais noüvY. schließlich gestaltet sich die allgemeine 'tratecnsche Situation der russischen Ar meen, je weiter letztere gegen Westen in Galizien vorkommen, infolge der Kar pathkn-Flankicrung wieder bedrohlicher. Beurteilt man den Verlauf der nun zwei Wochen andauernden Offen swe in Ost-Galizien vom rein miMäri chen cianopunile, so saui vic nimität der von Brussiloss angemanb ten Angrisss-Taktik mit jener in dcr zweiten Phase des russischen Sommer cldzuaes 1916 sofort ins Auge, nach dem damals der auf der ganzen Front zwischen den Pripet-Sümpscn und Kar pathen gleichzeitig angesetzte strategische Angriff zeitweilig ins Stockn geraten war. versuchte er es mit der Verlegung des Druckes abwechselnd an einzelne Teile der Kampffront und erzielte da mit bekanntermaßcn auch recht nennens werte Erfolge in dcr Bukowina und Wolbynien. Diese seine Taktik ist. wie die Ereignisse des Frühjahrs bewiesen baben. von den Entcntc-JUHrcrn an dcr Wesisront nachgeahmt worden, ohne ic doch ähnlich? Resultate zu zc,li?en. Nichtsdestoweniger hat der ruNische Obcrkommandant bei seiner gegcnwär tiaen ONensire wieder aus das Versah ren der Truckverlcgung zurückgegriffen. Als Unterschiede gegenüber dem Vok iadre wären nur die bedeutend geringere Breitenausdehnung der gewählten An grisss-Obiektk, ferner Tas bezüglich o dengewinnes ebenfalls kleinere foweitige Resultat des ganzen Unternehmens her vorzuhcben. EZ ist jedoch nicht ausgc- schloffen, sondern eher sehr wabrschnn lich. daß sich die Osscnsiv . Betätigung dcr russischen Truppen im Verlause des Sommers nicht nur aus das galizüche Kriegstheatcr beschrankn, sondern ve. stimmt auch auf die Karpathen und den rumänischen Schauplatz und meglichcr weise auf Wolhynicn ausdehnen wird. Schon der wiederholte Bericht über die durchgeführte Reorganisation der rumä Nischen Armee laßt eine baldige Akuvi, tät in jener Richtung vorausahnen. Daß die bisherigen Ereignisse der ruf sischen Angrissslampagne Im Verhältnis zu früheren Operationen geringer sind, mag mit dem Umstände erklärt werden, daß das strategische Ucvcrraschungemo ment diesmal beinahe ganzuch wegsicl und die Tesensiv-Linien der zentraleuro paischen Verbündeten aus Grund der Erfahrungen der Vorjahre noch um ein Erhebliches stärker ausgebaut sind. Tie Frage, warum es den Rusien unter die fen Umständen geZungen ist, überhaupt Gelände Gewinne von 35 Meilen Tiefe mit ihren Allgriffen zu erzielen, kann mit dem Hinweis, daß im modcr nen Grabenkriege die vordersten Sie, lungen infolae der ungeheuer verstärkten gegnerischen Artillcrie-Aorbereitung ein fach nicht zu halten sind, ftrner dag vie russischen Kommandanten unverriickt an dem bekannten Verfahren der rücksichts losen Aufopferung von Menschenmassen zur Erreichung des angestrebten Ziele! festhalten, leicht beantwortet werden. Offenbar macht sich dabei auch die Tat fache geltend, daß die russischen Streit fräste, wie auch von dem amerikanischen General Scott l.Iont wurde, diesmal in technischer Hinsicht besser ausgerüstet sind, als früher. Brussiloff's Entschluß, die Breiten ausdehr.ung dcr Angriffäobjektk geringer zu wählen, dcr Abschnitt zwischen Brzezany und der Eisenbahn Tarnopol Lemberg ist nur 20 Meilen breit, jener zwischen dem Tniestcr und dem Ober lauf der Byftrytza Svlotwina auch nicht diel großer, mag aus den Umschwung der Ansichten moderner Strategen be züqlich der Möglichkeit der Durch; brechung starker Vcrteidigungsfronten zurückzuführen sein. Die jetzigen Ope rationen stehen ossenkundig unter dem Zeichen zwar ausgedehnter, ihrem We fen nach aber nur als lokal zu dezeich nendcr Turchbruchsversuche, welche für leichter ausführbar gehalten werden und eher den Charakter einer Ausreißung als einer Turchstoßunq der gegnerischen Front annehmen. Die Ereignisse beim Torse Komuchy. wo die Runen ansang lich eine nur wenige Kilometer breite Bresche in die verbündete Front schiu, gen und hierauf diese Bresche zu erwei tern versuchten, scheint ein Beweis für obige Annahme zu fein. Auch die ste tig zunehmende Tiefen-Staffelung der Angrinstruppe, welche das konstante Vorsenden sukzessiver Angriffswellen auf verhältnismäßig beschränktem Raume nach sich zieht, spricht für das Austreten der neuartigen Bresche, lcgungs-Theorie. Wie bekannt, haben die Russen die erste Woche zu dem Anstürme zwischen Brzezany und der obenaenannten Eisen bahn, die zweite zum ossenswen Auftre, ten im Raume zwischen Tniester und den Karpathen verwandt, roße nxa tegische. Ziele konnten diese Teilangriffe allein ihrem Wesen und ihrer Ansehung nach nicht haben, da jedem Einsichtigen klar ist. das, eine Erreichung Lembcrg's, deS angeblich großen Objektes des an ze Unternehmens nicht durch eine iso licrte Aktion zu bewerkstelligen ist. so lange die andere Frontteue der Ver viindeten zwischen dem Polesie und den Karpathen erschüttert geblieben sind. Zit bisherigen Unternehmungen , der Lindrücke eines Feniralen aus Denijchall!). Von Theodor Lehman, Diplom-Ingenieur. Berlin. Mitte Mai. Der Reiseverkehr von der Schweiz ins Ausland dürfte in den letzten Mo iialen wohl aus ein Minimum zurück gcgangen sein. Der Dampfer, dcr uns Ende Januar von Rorschach nach in bau führte, beförderte sechs Passagiere, ein Dampscr, der auf ebensoviel Hun dert berechnet ist. Man hätte un samt dem Reisegepäck auch hinübcrgondcln können. Allerdings die llcberschrei tung dcr Grenze wird einem nicht leicht gemacht. Hat man doch mit Einlieft rung von fünf Photographien samt Leumundszeugnis ein halbes Nutzen Amtsstellcn zu passieren, wobei der Zweck der Reise, dcr nur ein rein gc schästlich.'r oder amtlicher sein darf, dem deutschen Konsul absolut einwandfrei erscheinen muß. Ferner darf man mit Ausnahme von Geld und dcn Ausweis papieren knncilei Schriftstücke und Bü. cher persönlich mitnehmen, damit keine Möglichkeit besteht, die Zensur zu um gehen. Wenige Schritte von dcr Hasenmauer in Lindau entfernt ist ein kleiner Holz bau errichtet worden für die Revision der Reifenden. Nach der Gepäckvisita t,on, die in den meisten Fallen rascy erledigt ist. wird man in "einen winzig kleinen Raum geführt, in dem man sich kaum rühren kann und der ring! von dunklen Vorhängen begrenzt ist. Von einem der Beamten wird man nun examiniert, von zwei ander beobachtet. Dabei wird manche unerwartete Frage gestellt, die sich gar nicht auf dcn Zwcck der Reise bezieht. Hat man keinen Grund, über irgend etwas zu schweigen, so gibt man gleichwohl fließend Aus kunft. Wer einen Moment stockt, um sich auf eine passende ausweichende Antwort zu besinnen, oder wer gar dabei die Farbe wechselt, ist verdächtig und wird einer noch minuziöseren Prüfung unter worfcn. So gibt S hm und wieder Leute, die sich ausziehen, und andere, die sogar ein Bad nehmen müssen, um etwaige, mit chemischer Lösung aus die Haut geschriebene Schristzeiche aulzu decken. Wer aber unverdächtig aussieht und vbn? Zogern aus Verlangen auch seine Taschen leert, wird hcslich und zuvorkommend behandelt und nicht ein mal abgetastet. Tritt man endlich nach Erledigung aller Formalitäten ins Freie, so ist der erste Eindruck, den man in Deutschland gewinnt, nicht gerade ein bielversprc chender. Man sieht dann nämlich direkt vor d:m unvollendet gebliebenen neuen Lahnhof. Zwar im Rohbau ist er fertig Russen stellen vielmehr Teiloperationen im Nahmen des Gciammiplanes vor, welche anscheinend lediglich die Ein drückung der gegnerischen Linien an verschiedenen Teilen der galizischen Front bezwecken. In den letzten Tagen, nachdem der Angriff bei Brzezany miß lungen ist, iid dcr Welt von London aus die Behauptung oktroyiert, daß die Einkreisung des Tnikster-BrückenlopfcS Halicz. als wichtigsten Schlllssclpunkics zu Lcmverg. nie Vauxiaviieyr mr neue den russischen Unternekmuna sei. Tat sächlich hat Halicz, auf Grund einer Be urteilung des strategischen Verlaufes der verbündeten ront in !taiizicn yeui zutage keine größere Bedeutung als ir aend ein nnderer Ucberaanasvunkt über den Tniestcr. Ncbslbei ist es noch sehr fraglich, ob eine glaniicrung der narten deuisch-LstkireichischkN Narajowka-Linie durch einen Ucbergang russischer Streit kräfte bei Halicz angesichts der Terrain Konfiguration am nördlichen iDmeuer User besondere Erfolgs-Chanzen aufzu weisen hat. Auf dem südlichen Tniester-User, im Raume westlich und nordwestlich von Stanislau ist eS den Russen in der letz ten Woche elunacn. eine arößeren lo kalk Eisolg als nördlich von Brzezany zu erringen, und näher an die Lomnica Linie beranzurllckkn. Der Abschnitt zwischen Tniestcr und Karpathen hat stets o!S ein wunder Punkt m ver e kammtkront oeaolten. da die Verbin dunaskerbältnisse mit demselben wegen dcr oroken natürlichen Flankenhinder Nisse deS Tmesters unv der arpaiaen nie' besonders glänzende waren. Es ist daher erklärlich, daß es dem mit bedcu tend überlegenen Massen auftretenden russischen Angreifer jedesmal gelungen ist, in jenem Raume im ersten Anstürme die verhältnismäßig größten Fortschritte zu machen, da die Heranbringung ersor derlich starker Sieserve unv uniernug ungsgruppen durch den obenerwähnten Umstand verzögert wurde. Dafür ist aber vom strategischen Gesichtspunkte je der russische Erfolg im bezeichneten Ge bietsstreifen von beinahe gar keiner er lieblichen Bedeutung, da sich einer ru, sischen Offensive kein große! strategisches Objekt bietet, und ein zu weitgehende Vordringe ohne gleichzeitige Koopera tion am nördlichen User de Tniester und ohne vorhergegangene Besitznahme und ehne vorhergegangene Bksgnalmk der KarpathenÜebergänge die Vor marsch-Gruppe bald in eine sehr schwie rige Situation bringen würde. AIS Ganze betrachtet liegt da so weitige Resultat der momentanen russi schen Offensiv.Vkiion mehr aus mvrali fchem als aus militärischem Gebiet. Die große Lage auf dem östlichen Kriegs schauplatze ist durch sie vorläufig nicht im Geringsten geändert worden und ftra tkgifche Fernwirkunge auf die Ereig Nisse an d'en westliche Fronten hat sie ebenfalls nicht gezeitigt. Die letzthin ge meldete ,erhhte Artillerie Aktivität der Russen an der Karpathensront gestattet zwar die Voraussetzung, daß sie wahr scheinlich eine Ausdehnung ihrer Beiäli gung in jener Richtung planen, ei ist ober kaum anzunehmen, das, dieselbe auf den Ausgang der Ereignisse in Galizien tksondk.it tinslußübend wirken dürsik. gestellt, aber in den öden Fensterhöhlen wohnt das Grauen Im Bahnhos ist wenig Verkehr Lindau scheint eben momentan eine verlorene Ecke zu fein im Deutschen Reich. Im Zuge nach München Wird'S aber bald lebendig. Feldgrau herrscht vor. Meist Urlauber, die sich Zivilisten gegen über mit einer gewissen Reserve bench men. Sicht man doch in allen Bahn Höfen Anschlage: .Soldaten, schweigt über militärische Angelegenheiten! Spio nengcsahr!' Immerhin über einen Punkt, dcr jetzt im Vordergrund dcS Interesses sieht, erfährt man doch man mei: über die Ernährung der Armee. Das gute Aussehen der Leute gibt in den meisten Fällen schon die Antwort aus diese Frage. Blasse und kranke Ge sichtcr sind allerdings auch darunter wie könnte es auch ondcrS sein! Sehr gut gclebt zu haben scheinen die Glück lichen, die vom Vormarsch durch Ru mänien kamen. In manchen kleinen rumänischen Törscrn sei es der Bevölke rung nicht klar gewesen, ob sie die ein ziebendcn Deutschen ick . nie gesehenen Uniformen als Freund oder Feind be trachten sollen; jedenfalls hätten die Leute von den früliir durchgereisten Rußki" nicht viel Gutes erzählt. Sehr reichliche Verpflegung muß auch die Armee in Polen genießen; eine Dame wußt, von regelmäßigen Fleisch fendungen zu berichten, die sie von ihrem dort im Felde stehenden Vater erhielt. (Daß fosche Sendungen von der Front nach Haufe eher Regel als Aus nähme bilden, wurde mir später noch oft bestätigt. Einen guten Freund an der Front zu haben, bedeutet jetzt bei nahe so diel wie ein guter Freund auf dem Lande.) Im Waggon-Rcstau rant wurde für 2 Mk. 50 ein zwar fleischloses Mittagessen allsgetragen, das ober wenig zu wünschen übrig licß, mit Kaiserschmarren als. Nachtisch, bci denen weder das Fett noch die Eier gespart worden waren. München. In dctr Korridoren der Hotels und Theater fallen vor allem rote Plakate auf mit der hinweisenden Aufschrift: .Zu den Kellern". Im ersten Moment ist einem der Sinn nicht klar, denn wer wollte sich bei der Fülle der Kriegsereignisse gerade daran erinnern, daß im September ein französischer Flieger die Stadt heimgesucht hatte. Von einer Lebensmittelknappheit spür! man in Bayern wenig; bis in die jüngste Zeit ist von hier auS noch eine Menge von .markensreicn" Lcbensmittcln nach dem nördlichen Deutschland fortgc hamstert worden. Im übrigen empfin det man die Rationierung durch die Karten schon nach ein paar Tagen als etwas Selbstverständliche. Da heißt es einfach: Haben S' Fleischmarkerln und Brotmarkcrln? Auch dcr Biergenuß ist limitiert, wenn auch noch nicht mit Kar ten. Die Kellnerinnen im HosbräuhauS laufen aber auch entsprechend niederge schlagen herum, denn sie finde es doch zu unerhört, einem Gast zum Mittag essen nur noch einen halben Liter, zum Abendessen nur noch anderthalb Liter Vier vorsetzen zu dürfen, ein solch' lächerliche Klcinkinderquantum! Sehr ausfallend ist die Tendenz, mit Fremdwörtern und allem dem abzufah ren, waZ an das feindliche Ausland er innert. DaS Hotel, in dem ich abgcstic gen, hat den allerdings wenig zeit gemäßen Titel Russischer Hof' abge legt und nennt sich Eden". Direktor ist ein blutjunger Schweizer, den die Kriegsverhältnisse unerwartet rasch von untergeordneter Stellung zu diesem lei tenden Posten habe avancieren lassen. Statt Auto fährt man Cd. h. den Wenigen, denen daS noch gestattet ist) .Kraftdroschke", und sitzt im Theater in einer Laube" oder .Saalplatz". Außer dem geheiligten unantastbaren .Ponr le mörite" findet man nur noch ein Fremdwort erhalten, da? sich dazu noch besonderer Beliebtheit erfreut: daS PralinS". DaS ist nämlich die einzige Form, in der im freien Handel hin und wieder noch ein Mundvoll Schokolade erhältlich ist. Sehr wohltuend be rührt e, daß im Deutsche Museum die französischen und englischen Verhak tungsvorschristen und Weisungen nicht entfernt worden sind: denn e läßt doch daraus schließen, daß man nach Jahr und Tag die jetzigen. Feinde doch auch wieder als Freunde und Gaste empsan gen will. Besonderen Interesses erfreuen sich jetzt auch die Kriegsausstellungen, die sich in allen größeren Städten Teutsch landS aufgetan haben. Tiefe Ausfiel lungen muten einem eigenartig an diese verrostete, verstaubte Kriegsbeute von alle möglichen Fronte macht den Eindruck. akS stamme sie au einer um Jahrzehnte oder Jahrhunderte zurück lugenden Zeit her. Man hat beinahe Mühe, zu denken, daß man sich in einem Gegenwartsmufeum befindet. Einzig die von Kugeln und Granatsplittern durchlöcherten Automobile und Flug zeuge drücken diesen Schaustellungen da Siegel der Gegenwart auf. Gra, rmtsplitter kann man für wenige Psen riige erstehen und bekommt dazu eine amtliche Beglaubigung Übn die .Echt beit". Diese Granatsplitter durften die Briefbeschwerer der nächsten Jahrzehnte werden. Leipzig. Von dieser Stadt wird man gleich mit kiner europäischen Sehenswürdigkeit empfangen: ES ist der neue Heuptbahnhaf, der mit feinen 26 nebeneinander liegenden Perron unter fechl mächtigen Hallen punkto Umfang und Uebersichilichkeit zugleich in unserm Erdteil unerreicht vgsteyi. Ei KoLege, dessen Sympathie ich gleich gewonnen hatte durch ein halbe Pfund der .mitgenommenen Echokolade. verschaffte mir schon am ersten Son, tag meine Hiersein die Möglichkeit, tg Gefangenenlager, betreten zu könne Die Russen und die Franzosen zu fammen mit den Engländern sind in getrennten Holzgebäuden untergebracht, deren innere Einrichtung an die Aus wandererräum von große Dampfer erinnert, immerhin mit dem Unterschied, daß sie viel besser gelüstet werde tön nen und ordentlicher aussehen als ei Zwischendeck. Bei den Gefangenen, die besonders bei den Russen die vcrschie dcnartigsten Typen ausweisen, macht sich zwar eine gewisse apathische Stimmung geltend, unglücklich sehen sie aber keines wcgs aus, und sie beklagen sich auch nicht. Die Engländer, Aristokraten wie sie sind, scheinen sich von einem Verkehr mit den Bundesgenossen möglichst fernzuhalten. Hingegen freute cS sie sichtlich, so uner wartet von einem Neutralen in ihrer Sprache angeredet zu werden. Nach vollendetem Nundgang ließ ich mir in der Küche daS Gefangcnen-Mittagcssen reichen, eine ausgezeichnete Suppe, be tehcnd auS Gerste, Kartosfeln, Kohl rüben und feingehacktem Fleisch. Wenn neutrale Delegierte hochossiziell Gesanaenenlaacr besuchen, so ma die Möglichkeit naheliegen, daß vom Kam Mandanten aus dafür gesorgt wird, dag da Alltagskleid des Lagers da und dort ein wenig zurecht gezupft wird. Daher haben manche Kreise gegen solche osfi zidle Berichterstattungen ein gewisse Mißtrauen. Hier in diesem Falle war das ausgeschlossen, denn der Leiter dk LagcrS hat mich für einen Deutschen ge halten, der zufällig hierhergekommen war; erst beim Abschied habe ich ihn über meine Nationalität aufgeklärt. Vom 5. bi; 10. Mär, hat in Leipzig die Frühlings-Engros-Messe stattgefun dcn. Wer eine solche Messe nicht selbst gesehen hat, wird sich kaum einen richti gen Begriff davon machen, namentlich dann nicht, wenn er dabei an unsere hei matlichcn .Markte" denkt. Dieser Markt spielt sich ab in ettva zlvanzig Mcnpa kästen, meist modernen Eiscnbetonbauten, bci deren innerer Ausstattung unter an denn geschmackvoll abgetönter Marmor eine bei oiwcnderifche Verwendung ge funden und deren Komfort demjenigen erstllassigek Hotels entspricht. Dabei dienen diese Paläste nur im Frühling und Herbst je eine Woche ihrem Zweck fünfzig Wochen im Jahre stehen sie leer. Das gibt schon einen Begnsf von dem Umsatz, der in diesen zweimal scchS Tagen errcimt werden muß, denn trotz dieser kurzen Mictdauer erzielen die Be sttzcr dieser Millionenbauten eine glaii zende Verzinsung. Schlangelte man sich in jenen Tage in dicscn lichtvollen und wohlig durch wärmten Prach.raumen durch all d:t Musterkollektionen, durch das Gedränge der Käufer und Fabrikanten, so mußte man sich unwillkürlich sagen: dieses Teutschland, das nun schon mehr als 22 Jahre lang den enormen feindlichen Druck an allen fronten aushakt, das von aller Rohstoff und Lcbensmiltelzu fuhr abgeschnitten ist und gleichwohl im Innern diese industrielle Arbeit leistet, dieses Teutschland kann überhaupt nicht besiegbar sein. Auch scheint die Kaus kraft des deutschem Volkes ungebrochen; schon am dritten Tage der Messe begeg nete man da und dort einer Aufschrist:' .Neue Kunden können nicht mehr angc nommen werden" oder .Jahresprodu! tion 1917 ausverkaust." Stark vertreten waren vor allem die, Porzellan und Glasindustrie, Korbslech teiei, Lenchikörpcr, Spielwaren, Schmu.k u.s.w. Tann die Ersatzstoffe: Autorei fen aus Leder oder federndem Stahlge bilde, Tranömissionsriemen aus einem Gewebe von Hanf, Netze und Tasche aus Papiersasergewcbe usw. Und all diese Ersatzstoffe erfüllen ihre Aufgabe kxou ?j uzqiscu UZzizainF 'quZöguzS mit geeigneten Chemikalien imprägniert, mit irgend einem .Tauerfol" bestriehen. Tann die Nahrungsmittclmesse. Man staunt, was da alles auf den Markt kommt: Buttcrol" und Zoniz", ein Menge von .Sülzen", .Käscgcschmack" und .Hcr'ulcskrast", .Kasfcersatz" und .Kasfeersatz-Ersatz", wobei die erste Potenz" Malzkafsce bedeutet. .Herkules, krast" ist eine wohlschmeckende Brühe, auf der die Fettäuglein ganz lustig he rumtanzcn, ivorauf der Fabrikant mit besonderem Stolz aufmerksam macht. Deutschland hätte in diesen drei Kriegs jähren mehr gelernt al vorher in eben foviklen Jahrhunderten, behauptete dieser bewegliche Berliner Fabrikant. Im übrigen war es eine gewaltige or ganisatoiische Leistung für Leipzig, zu dieser Zeit die 28.000 Meßbefucher eine Woche lang mikzuernahren. und zwar nicht zu knapp, sondern reichlich. E! waren sogar markenfreie Brötchen er hältlich während jener Woche. Recht ansprechend fand ich die Act und Weise, wie jetzt die Familienfeste gefeiert werden: mit einem ruhigen Ernst, gepaart mit fröhlicher Zuversicht, mit einem gewissen Aufwand, der doch ohne üppicj zu werden. Tie Hochzeitsge fellschaft einer Kriegstrauung. zu der ich als einziger Neutraler geladen war. trug schon äußerlich da Gepräge deS Kriege durch die Anwesenheit inizer Offiziere mit dem Eisernen Kreuz und einer Krankenschwester. Auch der Bräutigam selbst erschien feldgrau. Der Geistliche redete herzergreifend von der Großen schweren Zeit" mit all ihre Verlusten (ein Bruder, dcS Bräutigams war vor kurzem gefallen) und do den Pflichte der Ucberlebenden. Dem erste Teil der Feier folgte der fröhliche, bei dem die nimmer zurückzukämmende Lebens freude der Jugend auch zu ihrem Rechte kam. .Gehungert" wurde dabei auch nicht; der Inhaber dc Hotels Häufst hatte da Kunststück fertiggebracht, uiii Leckerbissen auS der Schweiz, aus Däne mark, Holland, Normegen nd sogar auf Rußland auf die Tafel zu zaubern, eil Vorläufer ine solide deutschen Gänse braten.