Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, July 07, 1917, Image 2

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    TöMe Lmahs Trlbine
WuslKalijche Maudcreicn.
Erinnerungen, Eindrücke und kritische Betrachtungen.
Von M. Halxerssn.
I. Große Cycr in Ciis-Amerika.
e! unS ist Große Oper" ge
genwartig noch immer in
CO Luxus, eine, je nach den
Umständen, künstlerische
odr soziale Gepflogenheit
der oberen Kasten. (5s kann kein Zwei
fei daran bestehen, daß wir hier in den
letzten zwanzig Jabrcn auch in der Po
pularistcrung der Oper gewaltige Fort
schritte gemacht haben. Ter Opernhun
ger erfaßt mit jedem Jahr weitere
kreise, was ja auch mit den anderen Gc
bieten von Frau lusika's weitem Felde
hierzulande der Fall ist. ükmz anders
in Südamerika. Taubst ist die Oper
schon längst auf eine Stufe der Beltedt
hcit, ja Unentbehrlichkcit gelangt, die
kaum übertrosfcn werden kann. Tas
Publikum von Buenos Ayrs und den
sonstigen Hauptstädten der sud-amerika
Nischen Republiken bringt der Oper eine
an Schwärmerei grenzende Liebe ent
gegen. Man kann sich dort die Existenz
ohne Oper gar nicht vorstellen. Tas süd
amerikanische Publikum zeigt darin ganz
die charakteristisckzen Merkmale der Zu
Hörerschaften in den Städten Italiens,
nur mit dem Unterschiede, daß das
Publikum in seinen Wißfallsäußerungen
-in Südamerika viel gemäßigter ist, wich
rend daselbst im Geschmack ein Konscr
datiZmus herrscht, der den der italienj
schen Zuhörerschaften weit übertrifft.
Tie italienische Melodicnoper älteren
Schlages regiert in Buenos Ayres noch
ganz 'unumschränkt, und betreffs der
neueren Produkte der Opernliteratur
geht das Publikum noch allenfalls bis
zur armen" und den Massencsschen
Opern willig mit.
Es ist kein Wunder, wenn die süd
amerikanischen Opernhäuser für die iia
licnifchen Künstler (die deutschen kam
men dabei gar nicht und die französt
schen nur recht bedingt in Betracht) einen
noch größeren Anziehungspunkt als unser
Metropolitan Opera House bilden. Wir
brauchen hier in Nord-Amerika, da bei
uns neben unserem gebietenden Metro
politan nur noch ganz wenige Opern
gesellschaften in Betracht kommen, der
hältnismäßig wenige Künstler, wahrend
man in Süd-Amerika deren viel mehr
heranziehen mutz. Tazu bezahlt Bue
nos Ayres auch noch erheblich größere
Honorare, als es bei uns der Fall ist.
Allerdings: unser Metropolitan kann
man uns dort nicht nachmachen, denn
wiz besitzen das einzige Opernhaus der
2Mt, in dem die Meisterwerke der drei
großen nationalen Schulen, der italie
nischen, deutschen und französisckcn, in
' den Originalsprachen und von' Künstlern
interpretiert werden, welche der betreffen
den Nationalität angehören oder deren
Opcrnstil sie zum min.d:sten voll mci
stern. Wir haben hift den Typus des
in-krnationalen" Gängers geschaffen
und ausgebildet, der ganz abgesehen
von seinen nationalen Eigenschaften
Vorzüge besitzen muß. die ihn zu einer
umfassenden Künstlerschaft stempeln.
- Oper in Buenos Ayres.
Wenn wir nun auf den Opern
Zenrralpunkt von Süd-Amerika über
gehen, auf Buenos Ayres und seine im
ponierende Opernbetätigung, so fällt es
zunächst auf, daß daselbst vier Opern
bäuscr existieren, vornehme und popu
lare, die allerdings kaum je gleichzeitig
Vorstellungen geben. Neben dem neuen
und gewaltigen Teatro Colon", wel
ci'es daS .Metropolitan" Süd-Amerikas
genannt werden muß, gibt es die alte,
iuhmbekränzte Opera", welche in der
Geschichte von Buenos Ayres die Rolle
spielt, die der Acodemy of Music" im
New Porker Opernleben beschieden war.
Auch ihr Stern ist erblichen, nachdem
das neuere, glänzendere, von kapitals
kräftigen Elementen zielbewußt Patron!
sierte Haus erstanden ist. Ein vor fünf
Jahren unternommener Versuch, das alte
Opernhaus zu neuem künstlerischen
Leben zu galvanisieren, schlug fehl, da
eS den Unternehmer nicht gelang. Ar
turo Tocanini zur musikalischen Lei
tung zu gewinnen. So ist das noch
immer prächtige Haus seit der Eröff
des Colon, 1.908, zu erzwungener
Mätigkeä verurteilt. Aber alle be
rühmten Sänger früherer Generationen,
deren Namen heute noch berühmt sind,
Wie die Patti, Masink, Tamagno. Mau
rel e tutti quanti haben da gewirkt.
Das dritte der Opernhäuser der
Hzuptftadt der Argentinischen Republik,
das Politeama Argentino", wird gegen
wartig nicht selten zu OpernvorstcUun
gm populärer Art, aber mit guten und
teuren Sängern verwendet. Es faßt
über 8200 Sitzplätze, wie denn überhaupt
die argentinischen Theater von gewalti
gen Dimensionen sind, denn das Colon
und die Opera tonnen über 5000 Men
sch?n fassen, ja in dem ganz populären
Seim der Opernmuse von Buenos Ayres
kann man fozar 6000 Zuhörer unter
bringen. Dieses Theater, das .Coliseo"
r -nannt, war früher ein Zirkus und die
H fast alljährlich Operndorstellungen
.it tss Volk in populärer, aber durchaus
t:'rv?z:i Aufmachung. Gewöhnlich
?- ;id in einem der argentinischen Winter,
'? gnade in unseren Hochsommer fallt,
rvn der erwähnten Opernhäuser offen,
u-',d sie erfreuen sich des trefflichsten Be
si.sl und größten künstlerischen Er
ft!z:I.
Teatra Colon".
t il Teatro Colon muß unbedingt
t.nti der prächtigste Opernhäuser dcr
jr.lt cenonnt werden. Es macht bei der
!-: N;5t;n Beleuchtung, einem Umstand.
i'n ich bei ugsenm halb dunklen Metro
f;"-Uz immer wicder schmerzlich er
'.'r-"ckM mit dem tadellos fashio
-'-a '?ub::!A einen wundervollen
Eavalicre scrvlentc" nicht zur Ver
fügung haben. Sie suchen dann zu
zweit, zu viert oder in größerer Gesell
schaft die Cazuela auf und werden am
Ende der Vorstellung von den respek
tivcn Gatten oder sonstigen Verwandten
abgeholt.
Diese Damen machen sozusagen Son
nenschein und Regen, sie bedeuten wohl
das wichtigste Moment des Erfolges
oder des Durchfalles. Sie sind ungc
mein begciflerungsfähig und expansiv;
sie schwärmen für Künstler, wie unsere
matine girls schwärmen können, es
mVtm'!f.mirjmitfi'i.itmm 7 "W m
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Thcatro Colon in Buenos Ayres.
dem lachenden Himmel, inmitten dieser
südlich-üppigcn Umgebung ein buntes
Stück romantischen Lcbcnö und Trei
bens. Wer die Eazmlcras für sich
hat, der kann betreff seines Erfolges
beruhigt sein." Das ist ein tiefer Er
fahrungssatz in SüdAmerila!
Des Geschmacks des glänzenden Opern
Publikums in Süd-Amcrila wurde be
reitö gedacht: die Leutchen, welche die
Opernoorstellungen allabendlich bis zur
Fassungskrast deS Hauses slllicn. huldi
gen unbedingt dem touserbatiustcn Kunst
geschmack. Die Bewohner der argentini'
schm sowie der übrigen Republiken Süd
Amerikas müßten nicht lateinischer Ab.
stammung sein, wenn sie nicht sür die
Oper von Natur aus ein besonderes
Faible mitbringen würden. Sie sehen
in der Oper nicht nur die populärste,
sondern direkt die einzige wirtlich mit
Begeisterung betriebene Musikausübung.
Es' ist ja heutzutage noch, so sebr man
auch in Italien, in Spanien und Portu
gcil bestrebt ist, den musikalischcn Gk
schmack des Publikums zu beben, in den
genannten Ländern in der Regel so.
Man liebt in Süd-Amerika vor Allem
die alte italienische Oper (alt im Gegen
sah zu den neuesten Bestrebungen) mit
wirklicher Schwärmerei. In eriier Linie
steht natürlich Verdi, von dessen Opern
mindestens sechs den eisernen Bestand
eines jeden Opernrcperioircs bilden, und
von denen mitunter noch drei oder vier
weitere ausgeführt werden. So ist in
Süd-Amerika z, B. die hier kaum be
kannte Oper Ton Carlos", ja sogar
La sorza del destino" (Tie Scbiäsals
macht") unbedingt beliebt. Tann gibt
es Bcllini, Donizetii. Ponchiclli's Gw
conda", den Barbier von Sevilla".
Mascagni (nebst der Eavallcria Rusii
cana" 'auch Freund Fritz". Iris",
.sabeau" u. A. m.), Lconcavallo (mit
Eindruck. Einsach verschwenderisch reich
sind die Draperien, die Logen-Tekora
tionen und Verzierungen. Die Grund
färbe ist ein goldiges Orange mit künst
lcrischen Goldstickereien und prachtvollen
Arbeiten in Stuck. Tobei baut es sich
unsagbar imposant auf in seinen vier
ununterbrochenen Loaenreihcn und den
darüber ausgcschwungenen Gallerien,
ungeheuer hoch, fast zweimal so hoch als
unser Metropolitan. Tie Sitzplätze sind
ein Muster der Eleganz und des Kom
forts. groß, breit, bequem, die Lobbics
und sonstigen Luzusräume direkt könig
lich prunkvoll. Leider' muß man den
Luzus dcr Draperien mit einer einfach
infamen Akustik bezahlen. Das hcrrlichc
Haus ist unberechenbar, es gibt da eine
Menge toter" Punkte, Plätze, auf denen
man entweder nichts hört oder direkt
Eckowirkungen studieren kann.
Nicht f gut ist 'es mit den Aröcits
lokalitäten des Theaters bestellt, nament
lich mit den Künstler-Garderoben, die
viele Wünsche unerfüllt lassen. Die
Bühne ist dagegen vollkommen in jcder
Beziehung, in jedem Detail Zgrnior cri.
Die Drehbühne ermöglicht überraschende
Effekte, die Beleuchtungswirtungen sind
ganz einzigartig.
Die große Opernsaison im Colon
dauert 12 Wochen, von Mitte Mai bis
zum 10. August, woran sich dann eine
große Tournee durch andere große
Städte Süd-Amerikas schließt, wovon
später die Rede sein soll. Das Perso
nal des Colon umfaßt zwei erste und
drei Ersatz-Kapellmeister, einen Chor
meister. je 100 Personen an Orchester
und Chor, ein Corps de ballet von 48
Tänzerinnen, die aber nur in Tiver
tissements" in den Opern und nicht zu
selbständigen Balletten verwendet wer
den. An "Sängern gibt es einen drama
tischen, zwei lyrische und einen leichten
Tenor, zwei erste und zwei zweite Bari
tons, zwei Basse, einen dramatischen,
zwei lyrische und einen leichten Sopran,
eine sogenannte Tioa", (in dieser Sai
son Frau Barrientos), zwei Mezzo
soprane und Alt. im Ganzen etwa drei
Dutzend Sänger.
Tie Preise sind sehr hohe, ein Mo
ment, das im Verein mit der großen
Kapazität des Opernhauses der Jmpresa,
die ganz ohne Subvention arbeitet, die
Bezahlung der einfach enormen Sänger
salare ermöglicht. Ein Orchesteisitz
kommt im Abonnement auf etwa neun
Dollars pro Vorstellung, die Logen wer
den mit 17 Dollars pro Vorstellung
bezahlt. Tie geschäftliche Unternehmung
des Colon ruht auf absolut gesunder
finanzieller Basis? die Jmpresa genießt
das vollste Vertrauen, und ein Falli
ment ist im Colon noch nicht vorgekom
men.
Publikum nd CIaqiik.
Tie Oper ist in Süd-Amerika ebenso
sehr ein soziales Ereignis als hier. Tas
Publikum präsentiert sich in dem lich!
durchfluteten Teatro Colon in vollem
Glänze. Die Damen in Balltoiletten
mit tiefstem TekolettS und glänzendstem
Schmuck; die Herren durchweg in Frack
und mit den landesüblichen großen Llu
mendekorationen im Knopfloch. Es
spielt sich in dem Opernhause das bun
teste soziale Leben ab, und die Besuche
der Herren in den Logen der vornehmen
Damen während der Vorstellungen sind
ebenso an der Tagesordnung, wie etwa
in Italien.
Jeder nur irgendwie wünschenswerte
Sitz ist in den Händen der Abonnenten;
es ist daher nur natürlich, daß diese
Abonnenten die unumschränkten Herren
sind und über die Schicksale des Thea
ters sozusagen entscheiden. Ter Beginn
der Vorstellungen ist sehr spät, gewöhn
lich auf ein Viertel nach g Uhr onge
setzt; dafür dauern die Vorstellungen
natürlich auch entsprechend lange. Die
vornehmen Damen in den Logen sitzen
in voller,, aüsxanischer Grandezza da
und lassen sich nie zum Applaus hin
reißen. Die Herren geben ihrem Bei
fall oder ihrer Unzufriedenheit offen
Ausdruck. Oft kommt es zu förmlichen
Schlachten mit der unerträglich auf
dringlichen Claque, welcher leider die
meisten Künstler tributpflichtig sind.
Natürlich sind diese Vcrbältniffe die
Schuld der Künstler selbst. Häufig
läßt sich das Publikum durch die Claque
in' Schlepptau nehmen, zudem man
anerkennen mutz, da& die Claque in
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, 7 V 5 - ' v S V (- , Vvä 5 "5""' ?
Thcatro Municipal in Rio de Janeiro.
Süd-Amerika trefflich organisiert und
geradezu künstlerisch" gedrillt ist. Ha
ben Sie in unserem Metropolitan schon
den rohen, ja brutalen, plötzlich ein
setzenden Beifall der Lohnk'atscher un
angenehm verspürt? Ter !ilatscher, die
immer, als ob es absichtlich geschähe, im
ungeeigneten Moment einsetzen, ja den
Cänger womöglich nicht zu Ende singen
lassen? Terlci kommt in Süd-Amerika
nicht vor. Es sind musikalisch trefslich
durchgebildete Persönlichkeiten, diese Her
ren Elaqueure, deren Chef sich direkt
rühmt, der feinste Kunstkenner im Hause
zu sein. Ihr Beifall ist in seiner an
steigenden Wärme ein kleines Meister
,s!ück impressionistischer Claqueurkunst.
Kein rohes Tazwischenfahren, kein Bei
fall nach einer weniger dankbaren Rum
mer. Tabei kennt die Claque gewisse
Schwächen ihrer Sänger; ein CIaqueur
hat mir in Buenos Ayres vor Jahren
erzählt, daß er es immer merke, wenn
einer feiner schutzbesohlenen Sänger
Atemnot habe; dann lasse er den Bei
fall plötzlich einfallen, um dem Sänger
Zeit zu lassen, seine Kräfte wieder zu
sammeln.
Da wir gerade von der Claque fpre
chen, so sollen auch über die Kritik, welche
man in Süd-Amerika als so eine Art
schreibender Claque bezeichnen 'muß,
einige Worte gesagt werden. Es heißt.
daß"es auch in Buenos Ayres nicht nur
sachverständige, sondern sogar ehrliche,
unbestechliche Kritiker geben soll, und ich
will das nicht bezweifln, weil ich keine
Beweise für das Gegenteil zu erbringen
vermag. Soviel ist ober sicher, daß die
Zahl dieser uneigennützigen Herren eine
sehr, sehr kleine sein muß, wenn man
den übereinstimmenden Versicherungen
der Künstler Glauben schenken darf.
Viele dieser Beruf-kritiker haben direkt
ihren eigenen Tarif, und man berichtet
mir. daß einige von ihnen diese Neben
einnahmen mit der Leitung der beires
senden Blätter teilen müssen. Soviel
ist sicher, daß man in argentinischen
Blättern nur recht selten eine wirklich
fachmännische musikalische Kritik zu
lesen bekommt. Tie Sänger und Sän
gerinnen, die in Süd-Amerika singen,
sind sich darüber vollständig einig. Ar
turo Toscanini hatte einmal eine hef
tige Szene provoziert, in dem er 1903,
als er an der Opera" dirigierte, einen
Kritiker im Foyer des Theaters asino"
Efel) nannte. Auf den Protest des
Zeitungsmannes erwiederte er, er möge
froh sein, daß er ihn nicht einen ganzen
Stall von Eseln" genannt habe.
Tie Fazuelerss".
Ich habe früher konstatiert, daß die
vornehme Damenwelt in , den Logen
nicht applaudiert. Tas gilt aber nicht
von der Tamen-Galeric. .Cazuela"' ge
nannt, welche mchl die originellste unö
interessanteste Einrichtung des süd-ame
kikauischen Opernlbens bilöet. Sie
kennen hier m den meisten populären
Restaurants die tableö reserved fok
ladies". Nun denn: man hat in den
süd'amerikanischen Theatern für die
Tamen eine eigene Galerie oder einen
Teil davon reserviert, in der sie unge
zwungen verkehren und ihrer Meinung
Ausdruck gcben können. Tas sind die
Cazueleras". Man darf sich darunter
ober ja nicht etwa eine Art musikalischer
Suffragetten vorstellen, emanzipierte
Geschöpft, die sich tüchtig ausleben wol
len. Tiefe Cazueleras rekrutieren sich
im Gegenteil hauptsächlich aus Tamen
der besten Familien, der vornehmsten
Gesellschaft. Im Teatro Colon ist ein
großer Teil der ersten Galerie für sie
reserviert, der etwa 800 Sitze enthält.
Zum großen Teil sind es die vornehmen
Logcninhaberinnen, welche gelegentlich
die Cazuela aufsuchen, d. i. wenn sie
leine Lust haben, große Toilette zu ma
chen, oder wenn sie ihre Loge oder einen
kommt ihnen aber auch nicht darauf an.
auch Künstlerinnen zu verehren. So sind
z. B. neben Caruso, dem Tenor An
selmi. dem Bariton Titia Ruffo u. A.
m. Lumzia Bori und Rosina Strchio
besondere Fadorits der Cazueleras. Tie
Tamen schreiben Briefe, drücken ihre
Bewunderung in den glühendsten Aus
drücken auS, schicken Blumen, 'Zrüchte
und Konfekt und ersuchen ihrerseits
ganz ungeniert um sutograplüsche Pho
tographien, gelegentlich auch um solidere
Andenken. 'Das hat einmal .Herr De
Segurola erfahren, als er vor Jahren
in einer Oper des bekannten Dirigenten
Panizza ''II medlo evo lalino" (Das
lateinische Mttelalter") mit den drei
Unterabteilungen Liebeshöse", Tie
Kreuzzüge" und Inquisition" im ersten
Akt einen Chevalier d'amour darzustel
len hatte. Er erschien ia Trikots, das
linke Bcin mit einem prächtigen, gold
durchwirkten Garter" geschmückt. Eine
Gruppe von jungen Damen erbat sich
dieses Strumpfband ' in einem wohlge
setzten Trieft nach der letzten Vorstellung
der Oper als Andenken, und der galante
Chevalier d'amour schickte den ersehnten
Gegenstand mit einem prachtvollen Blu
menstrauß. "Ilonni soit qui mal y
pense".
Zu einer wahren Qual hat sich die
Sucht nach Autogrammen entwickelt,
und jeder berühmte Künstler ia Buenos
Ayres kann ein Lied davon singen. Jede
Post bringt ungezählte Briefe mit Bit
ten um autograxhierte Bilder, diese
Bitten gehen"in die Hunderte, in die
Tausende! Caruso hat mir erzählt, daß
er während seiner letzten dreimonatigen
Wirksamkeit im Colon im verflossenen
Sommer nicht weniger als 13000 seiner
Bilder mit s.'ier Unterschrift versehen
habe, womit er, da er für jede Unter
fchrist einen Pcso berechnete, wohltätigen
Zwecken 6000 Pesos zusühren konnte.
Mitunter warten die begeisterten Cazue
lcras aus ibre Idols männliche oder
weibliche Künstler vor der Türe des
Theaters, und dann entfaltet sich unter
zwei oder drei Odern), Franch'tti, Ca
talani, mehrere Opera oo Giordano
und vor Allem Puccini, . der auch in
Süd-Amerika fabelhaft populär ist. Da
zu kommen einige ältere französische
Opern, vor ollem Faust", Carmen",
Romeo und Julia", gelegentlich Ham
let" und Mignon", Massenet mit dem
König von Lahore", Thais", Ma
non", Ccndrillon" und einigen anderen.
Eine Vorstellung von .Ariane und Barbe
Bleu" von Tukas, die Toseanirii durch
gesetzt hatte, fand das Publikum, einfach
hilflos. Man tat, als ob man an die
scr hypermodernen Musik Interesse
sände, allein die gelangweilten Mienen
sprachen beredt vom Gegenteil.
Von deutschen Opern begegnet man
einigen Wagner Vorstellungen ziemlich
regelmäßig. Bor Allem gefallen die äl
leren Opern, namentlich der Lohen
grin" und .Taiinhäuser"; gelegentlich
gibt man eine der Ring"-Opern, am
liebsten Siegfried" und sodann die
Walküre". Einige gute Vorstellungen
von Tristan und Isolde" sind Tcsca
nini zu verdanken, und der Parsifal"
hat in einer szenisch eindrucksvollen Bor
stellung das davongetragen, waö man
einen hmcä d'estirnn nennen kann. Alle
diese Vorstellungen sinden jedoch in itali
enischcr Sprache statt. Auch die sranzö
fischen Overn werden mit ganz wenigen
Ausnahmen auf italienisch gesungen.
?!assenet's Manon" mit Caruso als
Des Grieuz bat zwar in der verflossenen
Saison in französischer Sprache einen
starken Erfolg davongetragen, das be
deutet jedoch eine Ausnahme. Im All
gemeinen kann man sich die Oper in
Südamerika nur in italienischer Sprache
denken. Das große Gastspiel der Pariser
Opöra Comique hat vor sünf Saisons
unter Leitung von Direktor Carr in
einer aussckließlicb französischen Nach
saison mit einem Defizit von Vo Mil
lionen Francs geendet.
Es wird hier namentlich' den energi
schen Verfechtern einer Oper in engli
scher Sprach zu denken geben, daß alle
Versuche, die n Buenos Ayres unter
ncmmen wurden, der Oper auf spanisch,
also in der Nationalsprache, zu einem
Erfolge zu verhelfen, bisher gescheitert
sind. Namentlich in einer sehr ambi
tiös ausgelegten Opernsaison im präch
tigen Teatro Colon selbst, hatte man
den Versuch gemacht, die populärsten Re
pertoireopern auf spanisch mit sehr au
ten Künstlern auszuführen. Die San
ger waren wirklich bemerkenswert, und
in Maestro Goula erwuchs den Vor
stellungen ein Dirigent von bedeutenden
Mafxn. Das Publikum blieb jedoch dem
spanischen Lohengrin", der BohSme",
Tosca", .Aida", Rigoletto" und den
sonstigen Lieblingsopern in der spani
schen Ausgabe respektvoll ferne.
Ein italienischer Parsifnl".
Tie süd-amerikanische Ausgabe de!
Parsifa!" wird mir von H?rrTyroler,
dem verdienten HilfZ-Tirigenten ves
Metropolitan, welcher vor drei Saisons
als Dirigent und Pianist der süd-ameri
kanischen Tournee Carl Jörns in Ar
gkntinicn, Brasilien, Uruguay etc. gc
weilt hat. al szenisch sehr anspruchsvoll
und gelungen geschildert. Die ganze
Vorstellung unter Maestro Marinuzzis
temperamentvoller Leitung scheint aber
sehr, sehr lateinisch gefärbt gewesen
sein. Zwar, der Mavstro brachte manche
Partie zu bedeutender Wirkung, dage
gen nahm er nur allzu häufig ganz
merkwürdige Tempi, fast immer nach
der Richtung des Accelerierten hin. Der
Walzer der Blumenmädchen hätte eine
wirklich flotte Walzertour ermöglicht,
und das Glaubenkmotiv nahm er so
schnell, als ob seine Aehnlichkcit mit
dem Beginn des bekannten Walzers au!
OScar 'Strauß' Walzertraum" aus
drllcklich zu demonstrieren gewesen wäre.
Von den Sängern wird nur der hier
wohlbekannte Bariton Herr De Luca al
Amsortas als vorzüglich bezeichnet.
Vom Sänger des Parsifal, dem Tenor
Gallctti, wird mir eine eigenartige
Nuance berichtet, welche ich unbedingt
als originell bezeichnen möchte. Wie Herr
Tyroler mir nämlich erzählt, hüpfte der
betreffende Sänger, als er den Grals
tcmpel in Gesellschaft des alten Gurnc
manz betritt, neckisch zu den für die
Gralsritter bestimmten Tischen und
überzeugte sich, durch Aufheben und
Umwenden, daß die Becher wirklich noch
leer seien. Und zum Schlüsse, kurz be
vor Gurnemanz ihn unsanft aus dem
Graletcmpel hinaus befördert, da lief
er wieder hin und überzeugte sich durch
dieselbe Prozedur, daß die Becher wie
der leer seien. Offenbar hatte der geist
volle Sänger einmal vom berühmten
Worte des GefchichtsschrciberZ Tacitus
gehört, daß die alten Teutschen immer
noch eins tranken und immer austran
kcn.
(5orme KönstlerHonorare.
Daß in Buenos Ayres, wie in Süd
Amerika überhaupt bedeutend höhere
Saläre an die Künstler bezahlt werden
als selbst an unserem Metropolitan, ist
eine Tatsache, der man hier, wie ich
weiß, vielfach ungläubig gegenüber steht.
'Und doch ist es die reine Wahrheit, wie
man bei jedem unserer großen jiunstlcr
erfahren lernn, welche in Slld-Amenla
mitgewirkt haben und noch daselbst aus
treten.
Man hat in Buenos Ayres seit meh
reren Jahrzehnten schon Sängcrgagen
zahlen können, die ans fabelhafte grenz
ten. Die sensationellen Riescnsaläre
begannen jedoch eigentlich erst im Jahre
18:0, als der Impresario Ferrari den
berühmten spanischen Tenor Gayarrc,
der namentlich als Alfonso in der Toni
zettischcn Oper La Javorita" in der
Opcrngefchichte fortleben wird, durchaus
zu einem Gastspiel an der Opera" ge
winnen wollte. Ec hatte die nicht leichte
Aufgabe seinem gewandten Sekretär
Bcrnabei übergeben, der spater selbst als
Impresario gewirkt hat. Bernabei be
mühte sich aufs äußerste, den berühmten
Sänger, der weilen Reisen jedoch sehr
abholn war, zur Fahrt nach dem fernen
Goldland zu bewegen, und eines Abends
übergab er ihm ein Kontraktformular,
mit dem Ersuchen, der Tenor möge das
Honorar nach seinem eigenen Ermessen
ausfüllen. Tags darauf übergab Gay
re dem Sekretär den ausgesüllien
Kontrakt. Dieser siel fast in Ohnmacht,
als er sah, daß der Sänger sür die
Saison die Gesamtsumme von einer
Million Francs eingesetzt hatte. Natür
lich hatte Gayarre nie an die Annahme
dieser Bedingungen gedacht, sondern er
wollte den Verhandlungen ein und für
ollemal ein Ende bereiten. Ferrari ober
dachte anders: er setzte dem Kontrakt
seine Unterschrift bei. und so hätten die
Opernbesucher von Buenos Ayres den
großen Sänger fast zu hören bekommen.
Fast denn Gayarre starb, bevor der
Kontrakt zur Ausführung gelangen
konnte '.
Seit damals wurden die sensationel
len Kontrakte Ereignis, die das Erstau
nen aller Welt erregten, jene ungeheuren
Preise, welche eben nur das Opernhaus
der opernliebendrn und namentlich durch
den Weizenczport so rasch und sabelhaft
reich gewordenen argentinischen Republik
zu gewähren in der Lage ist. Und man
vergesse!' nicht, daß eS dort kein Tirekto
rium von Milliardären gibt, welche für
ein eventuelles Defizit aufkommen. Die
Jmpresa arbeitet in Süd-Amerika auf
eigene Rechnung ohne jede Subvention.
Als einer der riesigsten Kontrakte, der
allerdings nicht zur Annahme gelangte,
muß das Anerbieten an Ärturo 2oca
nini gelten, dem man für die Spielzeit
in Buenos AhreS und die übliche Tour
nee ein Honorar von 75,000 Francs p.er
Monat anbot, was für die offerierte
Kontraklbdauer von drei Saisons zu
sammen eine Million Francs ausge
mach hätte. Hier müßte Toscanini
auf Grund seines hiesigen, gewiß nicht
geringen Saison-Honorars von 3S,000
Dollars fast sechs Spielzeiten wirken,
bevor er eine Million Francs seinem
Habenkonto überweisen könnte. Der be
rühmte Maestro kann wirklich von ganz
sensationeller Erhöhung feiner Bezüge in
einem Jahrzent sprechen; denn es ist
interessant, festzustellen, daß er an der
Skala in der Aera Gatti.Casazza mit
einem Jahresgehalt von 12,000 Francs
angefangen hatte, um es in dem Jahre,
bevor er mit Gatti hierher kam (1908),
auf 3(1,000 Francs per Saison zu
bringen.
Wenn man aber dem berühmten
Maestro eine Million sür drei Spiel
zeiten vergebens angeboten hat. so wurde
ein anderer, noch sensationellerer Ver
trag in der letzten Saison im verflösse
nen Sommer wirklich ausgeführt und
voll eingehalten. Caruso hat nämlich
für 23 Vorstellungen zu 33,000 Francs
pro Abend in drei Monaten die Riesen
summe von fast einer Million erhalten.
Dafür hat er vier Partien gesungen,
und zwar die Tenorpartien in Aida",
.Pagliacci". ,Maon" von Massenet
und Manon Lescaut von Puccini.
Caruso hatte früher bereits vier Sai
stnZ in Buenos Ayres n der Opera"
gesungen, und zwar von 1300 bis 1904.
1003 sang er daselbst zum ersten und
lktz'enmal in seiner giriere den
.Lohengrin', atürlich ia italienische
Sprache, eine Partie, die er ungemein zu
lieben zugab. Schade, daß wi,r ihn hier
nicht als Schwanknrittcr werden hören
tonnen; denn gesanglich müßte das ein
Treat" seltener Art sein. Doch hin
dert daS am Metropolitan streng durch
gesübrte Drei-Sprachen-System ein sol ,
ches Experiment,
Alcssandro Vonci hat in BuenoS
Ayrcs zuletzt 0000 Francs pro Vorstel
lung erhalten, Maria Barricntos in der
letztjährigen Saison des Colon 11.000
Franc sür jedes Auftreten, also nicht
viel weniger als Caruso am Metrvpo
litan erhält. Titta Ruffo, ein ganz be
sonderer Favorit des südameritan'schkN
Publikums, wurde in der letzten Spiel
zeit mit 15,000 Francs pro Auftrete
honoriert, welche Summe allerdings ihre
kleine beschichte hat. Der berühmte
Bariton hatte nämlich einen etwas kom
plazierten Kontrakt abgeschlossen, der ihm
7000 Francs pro Vorstellung sicherte,
falls die Gesamteinnahmen des Abonne
mrnts mindestens eine halbe Million be
tragen sollten, welches Salär auf 10,
000 Francs steigen sollte, falls die Cub
fripii..'n die Million-Marke erreichen
und auf 13,000 Francs emporschnellen
sollte, Zur den Fall, daß das Abonne
ment die Summe von einer Million
übersteigen würde.
Aussichten
schienen für Titla Russo nicht eben
glänzende zu sein; denn das Abonnement
hielt sich knapp an der Halbmillion
Grenze. Als abcr das Engagement
Carusos bekannt wurde, da schnellte die
Subskription innerhalb von zwei Wo
chcn auf 1,200,000 Francs, woraus der
Bariion nach dem Wortlaut des Kon
traktes feine 15,000 Francs pro Abend
einstreichen konnte. So bat Titta Ruffo
von Carusos unvergleichlicher Anzieh
ungskraft Profitiert.
Nndre siidamrrikanische Opernhäuser.
Die Jmpresa des Teatro Colon ver
anstaltet. nachdem sie schon während
der zwölfwöchigcn Spielzeit in Colon
alle zehn Tage eine Vorstellung in La
Plata. der alten Hauptstadt der argen
tiiiischen Republik, gibt, zum Schlüsse
der Saison eine auc-gevekmte Tournee,
welche gewöhnlich acht Wochen währt
und nebst den Opernhäusern von Ro
sario und Santa F5 in Argentinien
noch die großen Opern von Monte
didco in Uruguay, Rio de Janeiro und
San Paulo in Brasilien einschließt.
Die Impresarii dürfen da aber beileibe
keine mindere Vorstellungen geben,
denn das Publikum in allen diesen
Städten ist ungemein streng und bc
steht auf seinem Scheine, nur das Beste
und Teuerste zu bekommen. Aß beson
dcrs gefälilliel, oilt das Publikum in
Rio uiid San Paulo, woselbst nicht se!'
ten förmliche Thcater-Standak statt
finden, wie etwa in den italienischen
Mittelstädten, deren Publikum wegen
seiner besondere!! Strenge bekannt ist.
In all diesen (ni'd noch anderen)
Städten gibt es die prächtigsten Opern
Häuser, und die Preise der Plätze sind
dieselben überaus hohen von Buenos
Ayres. Ja, in Santiago. Chile, werden
die Logen und Sitze öffentlich vcrstci
s,ert, und ein Orchestersig kommt sogar
auf zirka $11 per Vorstellung zu stehen.
Santiago (Chile) ist übrigens, was
die Oper anbelangt, keineswegs von
Buenos Ayres abhängig, sondern leistet
sich den Lurus einer eigenen dreimonaii
.n:n Opernsaison mit Künstlern und
Dirigenten, sowie szenischer Ausstat
tung, welche den Vergleich mit dem
Teatro Colon in den hauptsächlichsten
Punkten aufrecht erhalten können. , Ich
habe vor mehreren Jahrzehnten mehre
ren Opernvorstcllungcn in Santiago so
wie Valparaiso beigewohnt und kann
konstatieren, daß sie ganz vorzüglich
waren. Tasselbe war in den Hasen
städten Antosagasia und Jquique der
Fall. Die erstgenannte Stadt leistet sich
sogar den enormen Luxus, neben dem
Opernhause einen Park" zu haben.
,Mit mitleidigem Lächeln sah ich auf die
kleine Nasenanlage, mit einigen wenigen
Bäumen, welche kaum die Höhe größerer
Sträucher erreichten. Mein Respekt vor
'dem Part" stieg aber, als man mir
erklärte, daß man infolge des natron
lzaltigen Bodens jede Sck.olle Erde unter
großen Kosten von weit, weit her zu
bringen habe und all'.s aufwenden
müsse, um die 'paar Zargen Bäume und
Sträucher am Leben zu erhalten. Es
unterlag aber damals keinem Zweifel,
daß die guten Einwohner von Anto
fagasta auf ihren Park noch stolzer wo
ren als auf ihre trefflichen Operr-Voi
stellungen.
(finst und jcitt in der Technik. Die
deutschen Waffen, ihr: Wirtschaftet!
gung unterstützen nicht zum geringsten
die Fortschritte der Technik. Wie daS
Februarhejt des jiosmoö mitteilt, läßt
den ungeheuren Fortschritt der Technik
auch ein HO Zentner schweres Schmiede
stück erkennen, das als ein interessanter
Vcrgleichsgegenstand im Teutschen Mu
seum zu München seine Ausstellung ge
funden hat. Aus der rechten 6eitc die
ses Eisenkolosses befindet sich eine Bei
ticfung, die der im Jahre 1861 in der
Kruppschen Schiniedehalle aufgestellte
Dampfhammer Fritz" geschlagen hat
und der jahrzehntelang wegen seiner ge
nauen Arbeitsweise als ein derartiges
Wunderwerk der Technik galt, daß ihn
auch Kaiser Wilhelm I. zu sehen be
gehrte; der Kaiser vertraute damals dem
Koloß seine goldene Uhr an, als man
ihm bei Erklärung der genauen Ham
merführung sagte, er könne ruhig seine
Hand auf den Amboß legen. Wie Dr.
M. im Slosmos berichtet, blieb dann der
aus 3 Meter Höhe herabfausende 1000
Zentner schwere Jallblock haarscharf
über der Uhr stehen, die der Monarch
dann zur Erinnerung dem Werkmeister
schenkte. Und doch, wie gering ist die
Leistung dieses Dampfhammers, der mit
feinem, einer großen Schnellzugslokomo
tive gleichkommenden Gewicht von 5000
Kilogramm nur einen Z Zentimeter
tiefen Eindruck in das Schmiedestück
schlagen konnte, währen eine der neuen
großen Schmicdcp reffen mit ihrem unge,
hcuren Druck von I Millionen Kilo
gramm eine Vertiefung von einem hal
te Meter prägt.