Xürtlidie Omnkia Xnfifir. $j$jMm$m-mxmsi(mimmMf ZUachzlvanzigIahrcn Bon I. W. Nylnder, ES liegt mir fern, hier einen alten, abgetriebenen Droschkengaul schmä hen zu wollen, der mit dem besten Willen nicht imstande war, mehr als ein steisbeiniges Trotteln jertiz zu bringen, aber ich muß doch ge stehen, daß diese lange Droschken fahrt vom Zentralbahnhof bis zum Dampfschisskontor am üai van Tyck und von da zu den Tocks hinunter mich in Berz'veislung brachte. Hier darf ich wohl gleich einschalten, daß eS in Antwerpen war, wo wir, meine Frau und ich, auS Italien kommend, eben mit' dem Exprch zugs von Paris anlangten, und das daS wöchentliche Boot nach Norme gen zwei Stunden und drciund zwanzig Minuten nach Ankunft d?3 Zuges abgehen sollte. Indessen will ich dem freundli chen Leser all die Unruhe ersparen, die für unö der Gedanke niit sich brachte, das; wir zu spät daZ Tanipjschijs erreichten und dadurch gezwungen wären, eine volle Wo che in Antwerpen zu bleiben oder das Geld sür die Billelis schwinden zu lassen. Tarum sage ich lieber gleich, dasz das Schiff glücklicher weise sich verspätete. Aber für den, der diescZ nicht im voraus wissen kann, sondern mit der Uhr und dem Stadtplan in der Hand jede fünfte Minute wieder eine Möglichkeitöberechnung macht, bei der aber die Möglichkeit schliesz lich verschwindend klein wird, für ihn wird diese lange Fahrt zu einer wahrhaften Tortur. Man vergißt es, sich auf einem der statt, lichslen Bahnhofsplätze Europas umzusehen. Kaum beachtet man all die Statuen und Monumente, ob wohl man dicht darunter herfährt. Tas Gewirr der Straßen, das ftas feelebcn auf den Trottoirs, die Prachtbauten und Geschäftshäuser, Kirchen und Museen, Anlagen und Pavls, alles gleitet an einem vor iizer, ohne daß man irgendivclche Tctails aufsaugt, die machen könn ien, oai vie tcnnniTung an oieie Stadt sich in irgend einer Weise unterschiede von der an unzählige andere Großstädte, in den unter schädliche Weltteilen", um mit dem Steward auf der alten Esmerolda zu reden. Nicht einmal die Kathedrale ver mag meine Aufmerksamkeit zu fes sein, obwohl sie ein Meisterwerk der Bildhauerkunst sein soll. Ich höre kaum den Kutscher sagen, daß das bewundernswerte Glockenspiel vier zig oder sechzig Glocken hat. Selbst seine Behauptung, die größte Glocke des TurmeZ sei so groß, daß acht zehn Mann dazu gehörten, um sie in Bewegung zu setzen, macht nur einen sehr schwachen Eindruck auf mich. ,Auch nicht seine Mitteilung, daß die Turmspitze 123 Meter hoch ist, kann mich auS meinem Bemü lzen reißen, die Zeit sür unsere end liche Ankunst beim Tampfschiss voraussagen zu wollen. Tiefer hohe, spitze Turm, dem ich unter anderen Umständm sicherlich gebührende (.' runderuna gesollt haben würde, er gert und belästigt mich nur. denn wie weit wir auch fahren, an jeder neuen Straßenösfnung taucht ' er wieder auf.. Es scheint unmöglich, ihm zu entgehen, immer wieder .blickt er irgendwo hervor zur Rech ten des Wagens. Der Kutscher zeigt mit dem Peit schenstiel auf das Rathaus. Mar mortreppe", sagte er. Schön, schön. Aber fahren Sie doch rasch I' , Der Peitschenstiel zeigt der Reihe nach auf die Börse, daZ königlich: Schloß .Ausgezeichnet! Aber fahren Sie, bitte! Wir trotteln weiter. RubenS' HauS, die Bibliothek, der Justizpa last .Aber fahren Sie doch! Schnell, schnell!- Wir haben noch eine 'halbe Stun U, als wir endlich an den Hafen kommen mit seinem verwickelten System von Tockbassins, die durch schmale Kanäle mit Brücken verbun den sind. Dampfschisf an Dampf schiff in endlosen Reihen. .Segel schisse von aller Welt Erden, ganze Wälder von Masten. Rasseln und Klopfen von Dampfwinden, Krä nen und Hißwerk. Rusen und Psei fen. Dröhnendes Gestampse von kolossalen flämischen Pferden, die reihenweise vor Wagen gespannt sind, so groß wie Eisenbahnwag. aonö. Seeleute cm aller Herren Länder. Brot und Obsthändler. Tagediebe mit oder ohne blanke Knöpfe, die sich über daZ Geländer der Kanalbrücken hängen. Mit ei nem Worte, das ganze bunte- Tret den eines großen, lärmenden Welt kzafenö braust um uns her, ober wir sehen nichts, hören nichts. Das ganze Interesse konzentriert sich nur auf das eine: erreichen wir's? er reichen wir's nicht? Noch zwan zig Minuten. Ja. wir erreichen es! Aber cli wir darßt endlich so na UlaxJücljai Jj&cnJlxM fcjc lich den Weg von der Kette deß BrückenwärterS gesperrt finden, hin ter welcher, sich der Abgrund unter der eben zur Seite, gewundenen Drehbrücke auftut, da werden wir in der Tat von' Verzweiflung, ergriffen. Wären wir eine Minute frühe? gekommen, fa hätten wir 'noch üver die Brücke gekonnt," sagt der Kut scher ruhig und wendet sich um, als das Pferd vor der Kette plötzlich anhält. Und, seine Pfeife heraus ziehend, fügt er hinzu: Nun müs seit tvir vielleicht eine halbe Stun de warten." Ich erwähnte ja schon, daß unser Schisf sich zum Glück verspätete. Uebrigens hat daö nichts mit dieser Erzählung zu tun. Ebensowenig die Kathedrale oder Rubens' Haus oder irgend etwas von all dem an deren. Genau genommen sängt die Historie erst bei der Drehbrücke an, und hier schließt sie auch. Es könn te darum scheinen, daß die Hand lung wenn in einer so kleinen Episode überhaupt von Handlung die Rede sein kann streng kon zentriert sein müßte. Leider muß ich den Leser dieser Illusion be rauben.' Tatsächlich umfaßt die Er zählung mehr als zwanzig Jahre. Und ihre ftädm umspinnen in ge wisser Weise alle die unterschiedn chen Weltteile", wenn ich noch ein mal meinen Freund, den Steward, zitieren darf. Aber eS ist höchst: Zeit, diese Parenthese abzubrechen! Die Brücke hat sich für einige tiefgeladene Lastprahme geöffnet, und der erste von diesen zeigt schon sein viereckiges,, bunt gemaltes Bor derteil am Ansang deS Kanals. Der Schiffer und zwei frische junge Frauen, vermutlich seine Töchter, stoßen geschickt mit langen Boots haken den großen, schweren Prahm durch den Kanal weiter, und am Ruder steht die Frau des Schiffers selbst, ruhig und sicher in blauem Kleide und , weißer Jacke. Ein zehn Jahre alteö Bürschchen in weißen Hosen und enornten Holzschuhen schießt (Aufschießen heißt ein Tau in regelmäßigen Windungen auf Deck legen) geschäftig eine Vertäuungs trosse auf Deck, und zwei kleine Mädchen stehen, jedes auf einer Seite, klar mit Korkfendern. Durch daZ aus dem Kajütendache hervor ragende Blechrohr dringt der stark Geruch von Torfrauch, und in einem weit geöffneten Fenster zei gen fich zwischen üppigen Topf pflanzen ein paar strahlend ver gnügte Kindergesichter, von weißen Häubchen eingerahmt. Ich steige vom Wagen herunter, um mir diese Arche mit ijjnfi; ge mütlichen Bemannung mehr in der Nähe ansehen zu können. Eine große Anzahl Menschen, die ebenso wie wir durch die geöffnete Brücke aufgehalten sind, hat sich schon aus beiden Seiten des Kanals angesam melt und drängt sich hinter den Ketten. Man ißt, schwatzt, raucht und liest Zeitungen, und jede? scheint die Sache mit Ruhe . zu nehmen. Nur ein bissiger Schissö pudel auf dem Kai uns gerade ge genüber bellt nervös auf einen viel trauriger fituierten Bruder ein, der vor einem schwer beladenen Hand karren gerade neben unserem Wa gen gespannt ist. Ohne auch nur eine Antwort zu knurren, legt sich der Ziehhund auf die Pflastersteine direkt vor die Füße unseres Ren ners nieder, dessen ähnlich Unglück liches Schicksal wahrscheinlich ver brüdernd aus ihn wirkt. DaS Pferd beugt sich so weit nieder, wie daS unbarmherzige Geschirr es gestattet, und seufzt tief. .Die ganze Reihe muß erst durch sein," sagt der Kutscher. Winde stenS eine halbe Stunde müssen wir hier bleiben." Acht Prahme, das kann doch unmöglich so lange Zeit nehmen. Einer ist ja schon klar," wende ich ein und versuche mir Hossnung ein zureden. In dem Augenblicke ertönen einige kurze, energische Pfiffe im Tockbassin. Da kommt ja auch ein großes Schiff," sagt meine Frau, die im Wagen sitzen geblieben ist. Mit einem kleinen Bugsierboot dicht unter dem Bug zeigt sich ein altes abgetakeltes Segelfahrzeug hinter der Reihe von hellen, blank geputzten Prahmen. ES ist jämmer lich kreuzlahm, fein Vorderteil so wohl wie das Achterschiff scheint fast herunterzuhängen. Jedenfalls hat es feinen Todesstoß bekommen und sieht aus. als trauerte es über sich selbst. Alles ist schwarz: der Rumpf, die kurzen Masten, die La debälime, einige aufgehängte Per senningen oder Segelreste, die Se geltuchfliigel der Windpumpe, alles gleichmäßig schwarz. Das ist eine alte Kohlenholk. aber da sie leer ist, wird sie schnell durchgehen." sage ich, sehe noch . ein mal auf. die Uhr und falte den Stadtplan zusammen, cbe ich mich wieder bequem in den Wagen setze. Wie heißt dieses Bassin hier?" wende ich mich an den Kutscher. LescbvreTock," entgegnet er. Hier ist die Mündung zum Fahr Wasser." LkfebvreDock. LekebvreDock. lucks lanzs U mein innerungen, muß aber weit in die Vergangenheit zurückgehen, um den Namen wiederzufinden. Heute ist der zehnte," wende ich mich endlich an meine Frau. Heute vor zwanzig Jahren und vier Mo aten. also am 10. Januar 1839, kam ich hier gerade bei diesem Schuppen an Bord des besten Fahrzeuges, auf das ich je meineit Fuß gesetzt habe, du entsinnst dich wohl der deutschen Bark, von der ich dir so oft erzählt habe." Vor zwanzig Jahren!" ruft sie aus. Ach, da sah wohl vieles a;t ders aus." ' Ja, daS war die Zeit der Sorglosigkeit. Alles, was ich be saß, sand Platz in einem solchen Segeltuchsack," sage ich und , zeige mit meinem Stock auf einen von den Seemannssäcken, mit denen der Handkarren beladen war. Und mit dem Sack auf dem Rücken sprang man an Bord und war sroh und wohlgemut, ohne etwas von der Zukunft zu ahnen und ohne mehr von seinem Schisse zu wissen, als daß es deutsch ist und segelklar sür La Plata liegt. Heutzutage hat man mehr Bedürsnifse, Hutschach, tcl, Handtasche und Plaidrieinen," fahre ich fort und zähle unsre neun Kolli Reisegepäck über, wenn man auch nicht weiter will als nach Stockholm oder Kopenhagen. UcbrigenS war der 10. Januar ein beißend kalter Tag mit Eis nadeln in der Luft. Tas Wasser sror, und die Vertäutrosscn wa ren wie glasiert, wenn sie durch d:? Lippen kamen. Zwei Mann genüg ten kaum, um sie festzuhalten, wenn wir am Gangspill hievten. Aber so etwas sühlt man an seiner Haut! Tas läßt Merkmale fürs Leben." sage ich und sichre ihre seinen Fin ger über die alten Schwielen in meiner Hand. Und als wir dann endlich herauskamen und das Bugsierboot verließen, hatten wir gleich in der ersten Nacht einen steifen Südwcst. In dieser Nacht bei meinem Nudertörn erwachte meine große Liebe zu dem schön stm" ich beeile mich hinzuzusü gen Fahrzeuge der Welt. Ich merkte sofort, daß ich auf ein selte nes Fahrzeug gekommen war. Es war schwer beladen, aber seetüchtig und geschmeidig wie ein Fischerboot. Und wie leicht trug es seine Segel, wie scharf lag es auf im Windq und vor allem wie steuerte es!" Aber diese Fahrzeuge hier sehen doch auch sein und prächtig auS. Und wie wunderbar, daß sie von Frauen gesteuert werden können," sagt mei ne Frau und nickt einem neuen Prahm zu, der mit einem blühen den jungen Mädchen am Ruder durch den Kanal gebracht wird. Die sind nichts anderes als flachgrundige Prahme im Vergleich mit meinem scharfkicligen Fahrzeu ge," erwidere ich. Einmal sah ich es im Trockendock, als es in Balti more neu mit Kupfer beschlagen wurde, zwei Jahre, nachdem ich an Bord kam. Es war fast unmög lich, den Blick von ihm loszureißen. Es glich einer Najade, dem Meere entstiegen. Eines Abends hatte endlich das Aufnageln ein Ende, und ich war Wachtmann die lange, stille Nacht hindurch. Wir hatten Vollmond, und nie kann ich verges sen, wie eS dastand, als wäre es ganz in glänzendes Gold gekleidet, und wie es, je länger man hinsah, gleichsam im Mondeslicht zu schwe ben schien. Eine Stunde nach der anderen saß ich wie verzaubert. Kein Bauwerk kann doch auch so herrliche Linien und Proportionen haben, wie solch ein vollendeter Schisfsrumpf. Seitdem habe ich mich nie mit diesen modernen,, viereckigen, rau chenden Plattladern befreunden ton nen," sage fth, und zeige auf die Dampsbootflotille hinten im Tock bassin. Auch bei einer anderen Gelegenheit entsinne ich mich seiner. Wir kamen nach Sidney herein in einen der schönsten Häfen, die ich je gesehen habe. Hunderte von Ties wasserschifsen aus allen Erdteilen. Selten habe ich mich stolzer gefühlt, als in dem Augenblick, wo wir in der Gigg uns in die Riemen legten, tim den Schiffer an Land zu ru dern. Im ganzen Hafen war nicht ein Fahrzeug mit schöneren, schlau, keren Linien. Lsie schmale, weiße Rollen lagen'ie Segel an den Ra hen. Alles an Bord war so weiß, als wäre eben Schnee gefallen über Teckhaus, Boote und Recling, und darunter der Rumpf dunkelgrün. Kaum konnte ich meine Augen von ihm wenden, solange ich im Kai ru derte." War Dein Schiff denn so groß, wie dieses hier?" sragt meine Frau und zeigt auf die Kohlenhiilk, dis jetzt näher gekommen ist und nicht mehr vom Schuppen verdeckt wird. Diese schwimmt ja so schön auf dem Wasser, wie einer von unseren schwarzen Schwänen in der Villa Borghese." Vielleicht war es etwaS kleiner, als dieser Schwan hier," antwortete ich. Aber indem ich fortfahre, zu erzählen und mich immer mehr in die alten Erinnerungen hineinlebe, kann ich eS nicht lassen, die Kohlen hulk zu betrachten, die jetzt näher kommt. ' . LrnMriMnd .Hebt . M .fes flöft Rumpf über olle Prahmen den Kai entlang, und das stöhnende Bug fierboot unter feinem Bug gleicht einem kleinen Spielzeug. Es liegt noch immer etwas Majestätisches über dieser schtvimmcnden Schisfs ruine. Die Lkontur vom Kranbal ken zum Wasser, die reizvollste und schwierigste Linie, mit der . ein Schifssbauer zu ringen hat, ist noch wunderbar schön, wie sie sich da scharf und klar gegen den Hinter gründ eineS großen Frachtdampfers abzeichnet, dessen ündesinierbare Farbe man auf diese Entfernung hin für ein Gemisch von Erbsen suppe und Schokolade halten könn te. Jetzt fängt die Kohlenhulk an zu gieren. Die Bogenlinie wird verdunkelt. Tas Majestätische ist fort. Man sieht nur noch den kreuz lahmen alten Havaristen in seiner traurigen Gebrechlichkeit und Ver fallenhcit. AIs sie in den Kanal kommt, ist sie so hoch, .daß ihr Deck in gleicher Höhe niit dem Steinpflaster des Kais liegt. Vom Roof ist nichts mehr zu sehen, und das ganze Deck ist aufgehauen, um Löschen und La den zu erleichtern. Einige breite, schwarze Planken, über die Deck balken gelegt, bilden den Ueberganz vom Vorder zum Achterschiff. Ganz achteraus findet sich noch ein Teil der sriiheren Kajüte, verstümmelt und geflickt, mit einem hohen Ka minrohc schräg durch baö Skylight gesteckt. ' Wir hatten ein unvergleichlich schönes Deck." sage ich, aber eS war auch keine kleine Arbeit, eö immer in Ordnung zu halten. Je den Morgen, den Gott werden ließ, ob im Hasen oder auf See, im Sturm oder bei gutem Wetter, wur de das Deck gespült und einmal auf jeder weiten Reise mit Steinen ge scheuert. Ein niedliches Geschäft! Die ganze Besatzung liegt in einer Reihe auf den Knien und reibt mit abgeschliffenen, mittelgroßen Stei nen hin und her auf den Schifsö Planken. Dabei ist das Teck mit feinem Sande bestreut und wird immer naß gehalten, ein ordentlich feuchter Kram. Schließlich merni man, daß die Schultern aus den Gelenken gehen und die Lknieschei ben springen müßten, dabei aber ist es äußerst stärkend besonders sür die Rückenmuökeln und gibt außer dem Appetit und guten Schlaf. Ei ne volle Woche pflegt dieses Scheu ern zu dauern. Aber wenn dann schließlich aller Sand wcggespül: und das Deck, nachdem es wieder trocken, mehrere Male mit Leinöl eingericben ist. bekommen die Plan ken einen herrlich warmen, gelben Ton, und jede Ader im Holz kommt zum Porschein. Es ist eine Freude zu sehen, und mir l,t s nnmer vor gekommen, . als würde der Schritt leichter auf einem solchen Deck. Sieh nur, wie elend man diesen hier behandelt!" sage ich. alZ der alte Schi sss rümpf, ohne daß man auch nur an einen Fender denkt, knirschend und knackend in den Kai einbiegt. Ein schwarzer Mann oben auf dem Vorderteil winkt mit der Hand: Backbord! Backbord! Und ein anderer schwarzer Geselle achteraus am Ruder dreht träge das Rad nach Backbord. Die Galle könnte einem überlaufen bei einer solchen Tölpel haftigkeit. Hier war doch rasches Handeln nötig! Ich hätte nur da stehen sollen! Ter Mesfingbeschlag des RadeZ glänzt in der Sonne. Es ist ein seines Rad, sicherlich noch ein Ue bcrrcst aus besseren Tagen. Uebri gens liegt eine gewisse Vornehmheit über all dem wenigen, was sich noch vom Achterdeck findet mit seinen ge drechselten Barrierstützen und hüb schen Ornamenten. Aber es ist Vor nehmheit unter Kohlenstaub und aufgenagelten Bretterstückchen. Die hat einen gehörigen Scha den weg." sage ich. vom Wagen her unterspringend und mich zu der Kette vordrängend. Durch einen eisernen Bolzen oder eine scharfe Steinkante ist die alte Hulk an der Seite zerkratzt und die Farbe abgeschabt. Das weiße Holz scheint durch in einer langen, Hand breiten Schramme. Aber wo die Stöße leichter gewesen sind, geht die Farbe nicht gleich in den schwarzen Kohlenteer über, dort schimmert eine schöne, dunkelgrüne Farbe durch. ' Ich bemerke jetzt an den' Rüsten, daß die Hulk ihrerzeit ein Bark schiff gewesen ist. Viele vergessen; Details tauchen plötzlich vor mir auf. Die eingebaute Kajüte mit dem Niedergang an Steuerbord. Der schmale Raum zwischen Rad und Kajüte. DaS Komvas'.bäuScken auf dem langeii Kajütendache ein Kompaß ist nicht mehr vorhanden, aber es muß ja einer dagestanden haben. Auf der Achterseite des Ra des das kleine Teckhaus mit dem Niedergang zur Segelkoje. Manch liebes Mal ist daS ein guter Schutz gewesen während der langen Stun den, die man am Ruder stehen muß te. Wieviele Stunden mögen es sein, die ich da verbracht habe? Trei Jahre nacheinander in der Nacht zum 11. Januar schnitt ich ein Kreuz oben in die Teckleiste vom Teckhause, gerade über der Achse deS Rades, Welche unzähligen Erinnerung'?, weckt nicht schon dieser kleine Fleck, gewissermaßen das einzige, was sich noch von meinem alten Jahrzeugs findet! Wie habe ich nicht hier von Hitze und Oualm gelitten unter aem Aequator, und von der durchdrin genden Kälte in den Schnecftürnien des Eismeeres unterhalb Kap Horn! Aber auch welche stillen, wunderba ren Nachtstunden mitten zwischen den Millionen strahlender, sich spie gelnder Sterne habe ich hier mvl träumt! Ja, kein Zweifel. eS muß das al te Schiff nieiner fröhlichen Matro sentage sein! Und so behandelt man dich, seit du abgenutzt bist! Da muß man erleben, daß der Rudersmann mit der Pscife im Munde steht, ja, sogar seine Pfeise auf das Maha goni der Kajütenkappe ausleert und auf Teck spuckt! Nicht einmal dei nen Namen hat man dir gelassen! Tas Namenbrett ist abgerissen, und an seiner Stelle flehen ein paar fußhohe Buchstaben und einige Zis fern. Ein numerierter Kohlen Prahm von irgendeiner Tampfschiss gcseltschast. Welche Erniedrigung! Jetzt hat die Kohnhulk uns pas siert, und die Männer haben schon angefangen, die drücke an ihren Platz zu winden. In einer Minute ist die Pasjage frei. Aber jetzt habe ich unsere Abgangszeit und alles um mich vergessen. Ich folge dem alten Fahrzeuge den Kanal entlang. Halloh!" rufe ich dem Manne am Ruder zu. Halloh!" Er sieht mich wohl, bemüht sich aber nicht, die Pfeise aus dem Mun de zu nehmen, um zu antworten. Kapitän! Halloh, Kapitän!" Daö zieht. 'WaS gibt's? fragte er höflich. Finden sich auf Ihrem Fahrzeu ge einige Zeichen unter der Tach leiste des Teckhauscs gerade über der Nadachse ?" rufe ich. Er neigt den Kops herunter und scheint lange zu suchen. Dann nimmt er die Pfeife aus dem Mun de und sagt etwas. Kamt nichts hören!" antwortete ich mit der Hand hinter dem Ohr. Da tritt er einen Schritt vom Rade fort und malt mit seinem Fin ger in die ußschicht der Wand drei große, schräge kreuze. Es ist mein alles Schiff," sage ich, als ich wieder im Wagen fitze. Also wirklich!" rust meine Frau erfreut. Sie will noch etwas sagen, schweigt aber, als sie meinem Blick begegnet. Tann schnalzt der Kutscher mit der Zunge, um unseren Gaul in Bewegung zu bringen, und schwel gend sahren wir zum Schiff, i billiges Ssbl. Humoreske vor Adolf Thiele. Ein freies Leben führen wir, ein Leben voller Wonne! Wem .liegt" dies Lied mehr alS den Handwerks burfchen, die auf der Walze" sind? Fürwahr, ein freies Leben, aber mit der Wonne ist'S manchmal doch noch auszuhalten. Das mußte auch der Schriftsetzer August Kühlemann erfahren. Auch er hatte sich, mehr des Spasses . halber , denn die Eisenbahn machts ja viel billiger auf die Wanderschaft be geben und dippelle" nun als ftun de" schon ein paar -Wochen in der Welt herum. Solange er außer den üblichen in den Städten erhaltenen Berufsunter stützungen noch ein. paar eigene Nik sei im Beutel hatte, war das Reisen ja auch eine ganz famose Einrichtung, zumal wie es durch das schöne Thu rinzerland ging, aber bald kamen Tage, die Kühlemann durchaus nicht gefallen konnten. Zum Fechten war der Gutenberg jünger zu stolz. nein, das macht ein reputierlicher Schwarzkünstler" nicht, wenigstens nicht gern. Darum marschierte er eifrig darauf los. um so bald als möglich nach Leipzig und wieder unter Dach und Fach zu kom men; hatte cl dann doch wenigstens einmal geschmeckt, wie es ist, wenn man sich draußen den Wind um die Nase pfeifen läßt. Zunächst befand er sich jedoch noch nicht am Plcißestrand, sondern trot tete auf der staubigen Landstraße da hin. so wenig vergnügt, als ein hung riger und durstiger Mann nur sein kann. - Zt&ien fataler Gedanke, wenn er nur das nicht brauchte, wenn er nur noch 'ein anderes Mittel fände, seinen Maaen. diesen ungestümen Mahner zur Ruhe zu bringen. Na. wenn jetzt ein hungriger Wolf aberkäme. der könnte sich aratulie- ren!" murmelte Kühlemann mit Galgenhumor, indem er sich seufzend aus einem Steinhaufen nieoeriieiz. Er verfiel in trübes Sinnen, plötzlich aber leuchteten seine Augen auf, und machte einen vergnügten usl rung. Mit frischen Kräften schritt dann dem nächsten Dorfe zu und machte vor dem Wirtshause halt. Nald fand er. was er suchte, die von früher daaewesenen Kunden" gemachten geheimnisvollen Zeichen. '. DaZ muß ein schöner Geizdrache sein!" brummte er vor sich hin. daS Ä ja ine Mord! A5n nr los!" Keck trat er xn die Wirtestube ein. Hier in dem großen Zimmer sah er zunächst einige Tiche voller ,Gäs!e; daß er wenig beachtet und sein Gruß kaum erwidert wuroe, daran hatte er sich in der letzten Zeit gewöhnt. Hinter dem Schanktisch erblickte er eine ältliche Frau, die den Mutigsten hätte erschrecken können; daß dieser Drache ebenso zänkisch wie geizig war. sah man nur zu deutlich. Die Wirtin hatte kaum unseren Kunden" erblickt, als sie mit durch dringender Stimme rief: Hier wird nichts gegeben!" Kühlemann erbebte, dann ober Not bricht Eisen nahm er sich zu sammen, ging auf die alte Hexe zu und sagte hoflich und leise: ,Ent schuldigen Sie, junge Frau, ich will ja gar nichts haben; ich wollt Sie nur fragen, ob Sie etwas von Edel steinen verstehen." Von. Edelsteinen?" fragte die Wirtin erstaunt. Ra, ja," fuhr Kühlemann halb laut fort. Können Sie mir nicht vielleicht sagen, was ein Diamant in der Größe na, so wie hier meine Fingerkuppe, wert ist?" Dabei deutete er auf seinen kleinen Finger. 5t,ühlemann hatte alles dies so leise gesagt, daß die Gäste ihn nicht hören tonnten, aber trotzdem siel ihnen der wunderliche Mann auf, der vor der Wirtin gestikulierte und fich dabei einige Male scheu umsah. Der Wirtin, die ihn mit einer hab gierigen Miene durchdringend an blickte, schien diese Aufmerksamkeit unangenehm zu sein. Erst war sie anscheinend unschlüssig, dann flüsterte sie: Sagen Sie keinem was davon! Die brauchen es nicht zu wissen," und fügte laut hinzu: Sie wollen essen, na, was wollen Sie denn essen? Ich habe Rindfleisch und Gemüse, es ist auch noch Schweinernes da und But ter und Käse." Ich danke, ich habe keinen Hun ger," sagte Kühlemann bescheiden, aber vernehmlich. Na, setzen Sie sich nur!" forderte die Wirtin ihn auf und brachte ihm ein Glas Bier. Ich danke, ich bin gar nicht dur stig," wehrte der Gast ab. Trinken Sie nur," sagte die gü tige Spenderin und ging in die Kü che; bald darauf erschien sie mit emer tüchtigen Portion Rindfleisch und Gemüse. Aber ich bin ganz satt," sagte der Wandersmann, was ihn jedoch nicht, hinderte, wie ein Wolf über das Essen herzufallen, ebenso wie über das Schweinerne und schließlich noch über Butter und Käse, wobei noch zwei weitere Glas Bier ui feinem unersatt lich scheinenden Magen verschwanden. Die schlaue Hexe, murmelte Kuh lemann. Die weiß ganz gut, daß mit einem sattes Menschen besser handeln ist als mit einem hungrigen. Sie rauchen doch auch?" Mit die sen Worten bot die Wirtin dem Gaste eine Zigarre an, Nicht viel, aber Ihnen zu Gefal len!" erwiederte der Gutenbergjünger mit dankender Verneiguna. Die Wirtin setzte sich nun zu ihm. Na," sagte sie mit teuflichem Grinsen, wie ist es denn mit dem Diamanten? Ach so, mit dem Diamanten! Den habe ich ganz vergessen. Wo haben Sie ihn denn?" fragte die Alte gespannt. Haben?" erwiederte Kühlemann ruhig. Haben tue ich keinen, ich habe nur vor ein paar Tagen in Erfurt einen im Schaufenster gesehen, und da war ich neugierig, was er wohl kosten konnte. Die Wirtin starrte ihn sprachlos an. Kühlemann erhob sich, nahm Hut, Bündrl und Wanderstab und sagte mit lauter Stimme: Leben Sie wohl, Frau Wirtin, und besten Dank für die freundliche Bewirtung!" Sie zahlen mir die Zeche!" fauchte ihn die, Hexe an. ' Bitte," fuhr Kühlemann fort, die Herren haben alle hier gesehen und gehört, daß ich nicht essen und trinken wollte, und daß Sie mich dazu gmö tigt haben." Hol Sie der Teufel!" kreischte die Here. Bitte, nach Ihnen!" sagte Kühle mann freundlich, und dann ging es ins Freie, wo die Sonne viel heller schien als vor einer Stunde, lustig weiter auf die Walze. Entrüstung. Frau (die eine Kaffeegesellschaft gibt, zu einer intimen Freundin): Schauen Sie nur die unverschämte Person, die Meier, nimmt nun schon das sech,te Stück Torte und hat ine einzige lumpige Neuigkeit gebracht! Gegenseitiger Vor wur f. Der Zug dampfte gerade aus der Halle, als ganz außer Atem ein Ehepaar den Bahnsteig betrat. Der Mann machte seiner Frau daru der heftige Vorwürfe. Siehst du." sagte er, hättest du nicht so furcht bar lange für deine Toilette gebraucht, so hätten wir auch diesen Zug nicht verpaßt." und hattest du , gab die Frau zurück, mich unterwegs , nicht immer so angetrieben, so brauchten wir nicht so lange aus den nächsten zu warten!" TaS Klavier im rirgk. Bcdrutknde Tlcigcn dr Prise nd Äl alinie drS rralö. Die Wiener Zeit" schreibt: Wer jetzt in der KriegSzcit einen Flügel oder ein Pianino laufen will, wkrö über die Preije ver angebotcncn ftl' viere erstaunt sein. Der , billigste Aösendorfcr, der vor dem Krieg lbuo Kronen gekostet hat, ist jetzt nicht un ter 3000 Kronen zu habe'-.. Billigere Marken sind bis um 1U0 Prozent teurer geworden. Ueberspiette, 2 Jahre alte Klaviere, die vor tm Krieg 600 7ÜÜ Kronen kosteten,' werden jetzt um Z200 1400 Krynen verkauft. Die Nachfrage nach ZUa. vieren , t so grok, van viele erue iy" men, wie Bösendorser. zahlreiche Äe stellungen ablehnen muien. i,i geradezu erstaunlich, wie rasch' zu nächst die vielen billigen, überspielten Klaviere verschwunden sind. Wie von fachmännischer Seite mit geteilt wird, hängt dies mit dem Krieg zusammen. Der Krieg hat eine große Verschiebung der Vermögen herbeigeführt. Viele sind etzk zu ei. nein weit höheren Einkommen ge langt, das ihnen die Anschatsunz et nes Klaviers ermöglicht; überdies sind viele- der überspielten Kurviers gegen Monatsmiete an Familien, die ; durch den Krieg nach Wien verschla gen wurden, ausgeliehen. Der Man gel an neuen Instrumenten ist auf die verminderte Produktion, zurück zuführen. Klavierfirmen, . die sonst im Jahre 100 Klaviere , erzeugten, 1 bringen jetzt kaum 40 oder 50 Kla viere in den Handel, weil es an allen Materialien fehlt. Das Holz ist um 500 Prozent im Preis- gestiegen, Schellack lostete früher 1 K. 75 pro Kilogramm, jetzt 50 Kronen, Elfen, dein für eine ganze Klaviatur jo; stete früher 26 Kronen, jetzt 70. Kro. nen. Viele Bestandteile, wie z. B. die Mechanik, die vor dem Kri?z häusig aus Frankreich bezogen wur den, müssen jetzt um teures Geld aus Deutschland eingeführt werden was, übrigens auch mit Schwierigkeiten) verbunden ist. Auch der Wollfilz für die Hammerköpfe und Kissen ist' schwer zu beschaffen und sehr, teuer j Schließlich spielte auch die Berrin' gerung der Arbeitskräfte und die Er höhung der Löhne eine große Rolle. Manche Klavierfabriken in der Pro vinz haben den Betrieb ganz einge stellt. Nicht vergessen darf werden daß durch den Krieg viele Taufende Klaviere verloren gegangen sind. In Fachkreisen schätzt man die Zahl der. Klaviere, die allein in Galizien vo" den Russen demoliert oder abtransi portiert wurden, auf , 4.5,000, . Der BahnHobo" verduftet. , Wo sind sie eigentlich hingekommen, die amerikanischen Stromer oder. Ho bos, welche sonst allsommertch Frachtzüge oder sonstiges Eigentum der Eisenbahnen unsicher, zu machen , pflegten? Sie sind wie durch Zauber Worte verschwunden; wenigstens su chen sie kein Quartier mehr in den Seitentür-Pullmans", lagern nicht mehr an Eingängen von TunneU und lassen nicht mehr unter Bahn brücken oder im trockenen Bett eine.4! Baches, direkt neben dem Geleise, um ter überhängenden Baum-Aesten ihr! Frühstücks-Feuer brennen. Doch hat ihr Verschwinden nichts mit ' einen, Zauberbann zu tun, sondern eZ is. eine Folge des Eintritts der Äer. Staaten in den Weltkrieg eine der vielen beiläufiaen Folgen, sn welche wahrscheinlich niemand im voraus ge dacht hatte. Nicht als ob die Niitcr der Heerstraße etwa selber in den Krieg ziehen wollten; daZ fäll! ihn so wenig ein. wie' den Munitions,, und sonstigen Prozent-Patrioten,' Aber der Kriegszustand brachte es mit sich, daß sehr strenge Verordnungen bezüglich des Aufenthaltes an'Brü! ken, Tunnels, Terminal , Statione? und irgendwelchen, für den Bahn-Be. trieb besonders wichtigen Stellen er' lassen werden mußten. An allen Zugängen zu derartige, Stellen wurden Soldaien-Wachm p. stiert, und jede Person, die auf eine Bahn-Wegerecht dahingeht, muß ohn Verzug beweisen können, daß sie über allen Verdacht erhaben . ist. Det Aramp hat jedoch kein Äankbuch. keine Visitenkarten, Pässe. Empfeh' lungsbriefe und dergleichen sufzuwei sen. Daher sind ihm seine oeliebtcn Tummelplätze, wenigstens die o-v-. merlichen. gesperrt. Für jede unte fugte Person ist eZ direkt lebende . fährlich; sich zu irgend einer Zeit :? dem Wegerecht einer Eisenbahn rnif zuhalten, ausgenommen an solchen,, Uebergängen, welche ausdrücklich olr freie öffentliche Wege anerkannt Die stärkere Beförderung von M tion und die Bewegungen von 2i penzügen nach MobUmachunas- gern ,usw. verlangen immer schärf Auspassen. Und so ist in wen: Wochen erreicht worden, waS ke Anti-Hobo-Gesetze und keine nungs-Anschläge in Jahren zum bnngen konnten, und überdies ist eZ ganz von selbst gekommen! Die Trägheit ist ein gch."! Reiz für. die Seele, welcher uv-u heftigstes Streben' und ik' cr.::. VorM Mmt.