Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, April 11, 1917, Image 7

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Klndergärtcn.
ES ist der Notwendigkeit der Ein
richtung von Kindergärten schon man
cfjes Worr geredet worden, wie fit vor
allen Dingen für die Jugend der Groß,
sradt a ungemein segenbringeud sind.
Gehen wir einmal durch die Straßen der
unteren Ostfeite unserer Ctadt und se
ilen die .Kinder sich da Im Straßen
kericht tummeln, wo sie alle Krantheits
keime schlucken und den größten Gefahren
au?gcstbt find. Frau A. C. Arthur,
selbst eine Mutter von elf gesunden, fri
schen Kindern, verbreitete sich neulich in
einer Sitzung der Kindergartcn-Abtei
liing der Womcn's Municipal Leagu
über daS Thema .der Kindergarten
vom Standpunkte der Mutter aus be
trachtet." Cchr interessante Momente
führte die Nednerin aus. Sie hat die
Familien der ärmeren Distrikte besucht,
hat manches Heim gesehen, das aus nur
2 Räumen bestand und trotzdem dort die
peinlichste Sauberkeit herrschte, konnten
doch die oft zahlreich vorhandenen Kin
der dort nicht ersprießlich gedeihe, denn
Licht und Sonne fehlten.
Und oft ist die Mutter noch dazu ge
zwungen, beim Verdienen des Lebens
Unterhaltes zu helfen, wo des Vaters
Lohn nicht ausreicht, oder der Ernäh
rer auch ganz fehlt. In solchen Fällen
sind dann die Kleinen ganz und gar auf
sich selbst angewiesen oder auf die
Gnade oder Ungnade der Nachbarn.
Wäre es da nicht viel besser, wenn die
Kleinen einem Kindergarten anvertraut
würden? Manche Mutter hat schon den
Segen einer solchen Einrichtung 'ersah
ren, sie erzählt eifrig von. den guten
Einflüssen, die dort auf die Kinder aus
geübt werden, wie sie zur Ordnung,
Reinlichkeit und Pünktlichkeit erzogen
werden. Aber noch ein Gutes kommt
hinzu: die Kinder, namentlich die von
russischen oder italienischen Eltern, kr
nen ein gutes Englisch, welches sie zu
Hause wohl nie hören würden, denn die
Eltern können selten richtig ihre eigene
Sprache lesen oder schreiben, wieviel we
nietet eine fremde.
Am meisten aber wird jene Italiens
im den Kindergarten loben, durch den
ihr Kind gerettet wurde. Sie arbeitete
fürs tägliche Brot in einer Zigaretten
fabrik. Morgens wenn sie fortging,
schloß sie das kleine zweijährige Mädel
ein, nachdem sie alle Streichhölzer nt
fernt und Essen für das kleine Würm
chcn bereitgestellt hatte. Bis die Mutter
am Abend wiederkam, war die jUeine
sich selbst überlassen. Eine Zeitlang ging
alles gut; dann aber hörten die Nach
barn eines Tages ein schreckliches Ru
moren in der 'Wohnung und sie glaub
ien, da der Vater des Kindes in einer
Irrenanstalt ist. daß das Kind ebenfalls
Tobsuchtsausälle bekommen habe. - Die
Mutter ging mit ihm zu einem Arzte,
der ober da? ganze Gebethen des Kin
des auf die Einsamkeit zurückführte. Er
lieh die Kleine in einen Kindergarten
bringen, wo sie bald die Scheu über
wandt und nun fröhlich mit den übn
gen Kindern spielt.
So wird es noch viele Fälle geben,
wo der Kindergarten ein Segen für die
Kindheit wird. Denn der- Grundstein
um Guten muß in frühester Jugend
gelegt werden. Sind die Eltern hierzu
aus verschiedenen Gründen nicht im
Stande, muß eine andere Kraft an
deren Stelle treten. Für die armen
Schichten unseres ,Bolkes kommen na
türlich nur die freien Kindergärten in
Frage. Aber auch für die Kinder m
besser situierten Klassen kann der Kin
dergarten ein großer Segen sein; denn
der Geist der Kameradschaftlichkeit wird
hier gepflegt, das Kind findet gleich
vltrige Gespielen und braucht sie sich
nicht auf der Straße zu suchen. Es ist
immer unter Aufsicht und vom Schür
zenbande der Mutter fort, die doch sicher
noch genug Arbeit hat und froh sein
wird, wenn sie die kleinen Plagegeister
mal für ein paar Stunden am Tage los
i''t. Selbst die Mutter der elf schickt ihre
Jüngsten, die noch keine Schule besuchen,
in den Kindergarten, damit sie sich an
andere anpassen lernen.
Der große Mangel ist nun. daß eS
och nicht genug Kindergärten gibt, freie
sowohl w bezahlte. Darum sollte im
Interesse der Menschheit darauf hinge,
arbeitet weiden, daß diesem Uebelsfcinbe
abgeholfen wird. Und auf diesem Gebiete
können gerade wir Frauen unendlich
diel Gutes leisten.
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?r beugt sich zierlich und galant
Tief über ihre kleine Hand.
Man ahnt fast, wie sie zärtlich spricht!
.So schwarz Ihr seid, ich fürcht mich Nicht."
vom Mjen dcr Lrsumc.
In dem geheimnisvollen Wrenzlandt
zwischen Lebe und Tod das wir
.Schlaf" nennen, haben wir oft die sclt
samsten Empfindungen unseres LebenS.
Viele von uns waren aiihersiande, im
wachen Zustande solch wilde Phantasien
zu ersinnen, wie wir das unwillkürlich
im Schlafe tun. Gelehrte deö Altertum
behaupten auch, daß wir tatsächlich jede
Nacht von Sinnen feien, da die Aehn
lichkeit zwischen Traumen und Wahnsinn
so groß sei. Und erinnern wir uns des
Unzusammenhängenden, bei Ausschwci
senden, des Widersinnigen so mancher
Träume, so könnte man wohl geneigt
sein, dieser Ansicht beizustimmen.
Wir dürfen auch nicht vergessen, daß
schon manche Träume uns über Dinge
unterrichtet haben, von denen wir im
wachen Zustande keine Ahnung haben
konnten. In der Bibel finden wir viele
Berichte über solche Eingebungen und
Erscheinungen während des Schlafes,
und auck heute noch hören wir oft von
Fällen, in denen telepathische oder hell
seherische Erscheinungen im Schlafe
empfangen und zu einem Traume vcr
flochten wurden.
Fast jeder, dcr überhaupt träumt
und wir alle träumen, nur erinnert sich
nicht jeder der Träume hat selbst
schon einen oder mehrere der folgenden
sieben Traumaiten gehabt: den Traum,
in dem man fallt; in dem man fliegt;
den Traum, in dem man mangelhaft
oder ungemcssen gekleidet ist; den
Traum, in dem man einem wilden Tiere,
das uns verfolgt, oder einen Häscher,
der hinter uns her ist, nicht entrinnen
kann; den Traum, in dem man unwi
derstehlich zu einem gefährlichen Ort ge
zogen wird; den Traum, in dem uns
ein Licblingswunsch erfüllt worden ist;
den Traum, in dem wir eine Reise an
treten wollen und mit dem Einpacken
unserer Sachen durchaus nicht fertig
werden können.
Hier haben wir also sieben Verschic
dene Träume, die fast ein jeder von uns
ein oder das andere Mal gehabt hat.
Sie müssen also doch einen Grund ha
den, es muß doch ein Gesetz geben, nach
dem gerade diese Träume sich so oft
wiederholen. Was ist das aber für ein
Gesetz?
Träume werden durch die verschieden
artigsten Ursachen hervorgerufen. Eine
dcr häufigsten ist die: Die Eindrücke des
Körpers teilen sich dem Gehirn mit und
werden dort zu Traumen verarbeitet. Ist
uns das Deckbett heruntergefallen und
liegt der Körper bloß, dann haben wir
das Gefühl der Kälte. Dann träumen
wir möglicherweise, daß wir uns auf
einer Nordpolreise befinden. Liegen wir
hingegen zu warm, so werden wir im
Traume vielleicht von den Schergen des
Mittelalters lebendig verbrannt und so
weiter. Die Phantasie beinächtigt sich sol
cher Eindrücke, spinnt sie weiter aus und
verwebt sie entweder zu einem schönen
Roman oder auch zu einem sllrchterli
chen Erlebnis. In unseren Träumen sind
wir alle Schauspieler.
Wie verhält es sich aber mit den
Träumen, in denen man fällt oder
fliegt? Viele Theorien sind zu ihrer Er
klärunq aufgestellt worden; die wahr
scheinliche dürfte wohl folgende sein:
Bleibt man zu lange in derselben Lage
liegen, so stockt die Blutzufuhr auf dcr
unteren Hälfte deS Körpers. Die Folge
davon ist, daß in diesem Körperteile alle
Eindrücke schwinden, wir fühlen nicht
mehf, daß daS Blut unS hält, bald ha
ben wir aber auch die Empfindung, daß
uns überhaupt nichts mehr hält, daß'
wir Im Raume schweben, daß wir fallen
oder fliegen. So lassen sich die meisten
dieser Traume erklären.
Ein allegemein verbreiteter Glaube ist,
daß wenn wir bei solchem Falle den
Boden berühren, wir sterben müssen.
DaS ist natürlich Aberglaube. Carring
ton erzählt einen Fall, der ihm bekannt
geworden ist, von einem Manne, der bei
seinem Falle den Boden berührte, sich
vollständig in Stücke zerschmettert sah.
die Stücke dann selber aufraffte und zu
sammenfügte. Und er selber stand dabei
und sah diesem seltsamen Schauspiele
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Daß die Leute dich einen Sireber
nennen, beweist in den meisten Fällen,
daß du daö erreicht hast, wonach sie
streben.
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Schlldr!
Von Rose Naunau.
Wenn sie nur nicht immer zu zweien
gehen wollten! Als ob es keine andere
Art gäbe, das Leben erträglich zu leben!
Er lebte doch auch so, und es ging, oder
es muhte gehen. Und seine Freude an
der Natur hier, die war sicher größer so
und reiner.
Die andern da, die sehen ja nur den
Menschen neben sich, der noch schlim
mcr, wenn sie schlecht gepaart waren,
hatten sie die Augen und die Gedanken
nur aus Abenteuer aus, suchende Augen
und suchende Gedanken.
Und es lohnte schon, hier den Früh
ling und nur den Frühling sehen zu
wollen. Der Blick von den Bergen
herunter hatte abgestuft jedes Grün,
Grau und Braun, und hinten das ver
dämmernde Blau hatte alle Farben und
Lichter des Frühling in dem jungen
Laube. Und unten der blanke Fluß in
seinen Bogen und Krümmungen, die
Boote mit ihren weißen Segeln, die so
ruhig einHerzogen! Und dahinter dcr
weite See mit silbernen Wellen, auf
denen die rotbcstrahlten Wolken sich
schaukelten, blauer Himmel darüber, in
den die Sonne eben ihre letzte Schönheit
verschwendete mit tausend roten Bün
dcln roter Rosen!
Absichtlich langsam schritt er die
Wegreihe der weißen Birken am Ab
hang entlang und sah in das herab
hängende, feine Geäst, das wie Frauen
haare, wie verwirrte, weiche Frauen
haare war.
Da kamen wieder zwei halb lausend
an ihm vorüber. Sie hatten trotz des
schwierigen Abstiegs die Arme wie
Brezeln ineinander verschlungen. Wahr
haftig wie Brezeln. Wie lüchcrlich das
aussah!
Und dann ertappte er sich doch dabei,
daß er mit ein wenig Neid hinter ihnen
herblickte. Vielleicht belog er sich .selber.
Wenn eine sich so voll Vertrauen auf
ihn gestützt hätte im Leben, freudig
würde er sie am Ende gehalten haben
und kein Leid zu ihr gelassen haben.
Ohne Leid hätte sie sein sollen, sie ganz
allein ohne Leid inmitten dieser Welt,
wo alles leidet!
Aber er war ja immer einsam, er
bärmlich einsam gewesen. Und von
seiner Kindheit an hatte er nur Männer
um sich gehabt. Davon wohl war ihm
diese Scheu, fast Angst vor Frauen ge
blieben. Dann auch, natürlich weil er
wußte, wie häßlich er war, häßlicher als
man sein durfte, wollte man an Liebe
glauben.
Er besann sich noch heute auf den
Schauer, der ihn iiberlommen, als eines
Freundes Mutter, die wohl um fein
Leben bei dem Sonderling Vater wußte,
mit ihrer Fraucnhand leise über sein
kurzgeschnittenes Jungcnhaar gestrichen
hatte.
Er hätte bor ihr knien mögen und
heulen, der neunjährige, hart erzogene
Junge. Er liebte sie noch lange mit
seiner ersten Liebe. Und sie war doch,
wie er sich heute besann, nur eine kleine,
farblose Frau mit einem gütigen,
mütterlichen Gesicht gewesen. Noch ein
anderes gütiges Gesicht fiel ihm jetzt ein,
das manchmal aber er wollte kein ein
gebildeter Narr sein , das manchmal
gütig und warm zu ihm gelächelt hatte.
Sie lächelte wohl zu allen gütig und
warm, die junge, kleine Lehrerin, die an
seiner Schule eine kurze Vertretungsstelle
gehabt hatte, und die so ernsthaft ins
Leben sah. Aber mehr als mit diesem
Lächeln würde sie, die so voll mädchen
hafter Scheu war, ihm nie entgegen
gegangen sein, auch wenn, auch wenn
Gott, wie wundervoll müßte es sein,
dieses Glück, von diesem Madchen geliebt
zu sein, nein, nur sie lieben zu dürfen!
Einen Menschen neben sich, eine Frau,
die gedacht hatte, was man selber ge
dacht, die gelesen hatte, was man selber
gelesen hatte, die lachte und traurig war
bei allem, wo man selber lachte und
traurig werden konnte. Einen Käme
raden zur Frau die bewunderte und
haßte, was man selber bewunderte und
haßte, die um Ecken denken konnte, wie
er das immer ausdrückte, die allcS leitete,
z Hirn und zu Herzen leitete, was man
nur berührte.
' Tausend kleine Dinge sielen ihm ein.
Er hatte im Hose zwei Knirpsen, die
ihre Schüler waren, zugehört. D,
warum ärgerst du sie denn immer, daß
sie erst kommen muß und deinen Kopf
hochnehmen? Sitz doch schon von selber
gerade, wenn sie dich ruft.'
,Ack. du. ich habe es zu gerne, wenn
sie mich anfaßt Ja. das begriff er.
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Personal eines deutschen Lazarcttznges.
Die Zveibenevolution von Delft.
Die flandrischen Behörden, die durch
die über die Lcbensmittelteurung empör
teu Hausfrauen in letzter Zeit so stark
beunruhigt wurden, mögen sich mit den
Dclftcr Ratsherren tmd Bürgermeistern,
die in der alten berühmten Tvpferstadt
Anno 1616 regierten, und mit des wei
sen Rabbi Worten trösten: Alles schon
dagewesen! Denn als dort der Rat, um
zu dem für den Hafcnkai nötigen Geld
zu kommen, einen neuen Getreidezoll
auflegte, ohne, wie die Dclfter Frauen
schr vernünftigerweise es wünschten, den
Zoll auf Wein zu erhöhen, als welchen
die Reichen, so die Heller am besten her
außgeben können, am meisten trincken",
find am 1. August 1616 die Weiber mit
ihren Kindern zusammengelaufen und
haben mit einer großen blauen Fahne.
4? von einem Schurtz-Tuch gemacht
war", vor dem Rathaus gewaltig ge
lärmt. Der Rat verkroch sich, und als
der städtische Zollmeister sich zeigte,
wurde er übel geschlagen". Dann
stürmten die Frauen das Rathaus, zer
trümmerten Türen und Fenster, Kisten
und Kasten, Marsen Akten und Geld
zum Fenster hinaus und verübten vielen
sonstigen Unfug, Mnd obwohl der Rat,"
heißt es in der Chronik, sie gütlich tu
mahnet, sich zufrieden zu geben, und von
Lachend in dcr Erinnerung an diesen
diplomatischen, kleinen, dicken 5ttrl schritt
er weiter. Unten am See hatte der Wirt
zum Frühlingsbeginn die Tischplatten
und die Stuhllehnen und sitze alle ockcr
gelb gestrichen und alle Tisch und
Stuhlbeine mit dem grünsten Grün; das
sah nun an dcr letzten, abschüssigen Weg
biegung von weitem drollig so aus, als
ob lauter Niesenbutterblumcn in einer
grünen Wiese ständen, und in immer
fröhlicherer Stimmung, froher, als er
seit langem gewesen, lief er vorüber und
der Danipferstelle zu.
Dort warteten, stehend und sitzend,
schon zahllose Ausflügler auf das Motor
boot, das sie über den See bringen sollte,
und von einem Tische, an dem er
vorüber wollte, riefen ihn ein Kollege
und seine Frau.
Er setzte sich zu ihnen und freute sich
an dem hellen, sonnigen Kindergcsicht
der jungen Frau, die einen ganzen
Stoß Ansichtskarten in ihre Heimat ge
schrieben und neben sich aufgeschichtet
hatte. .
Was für ein glücklicher Mensch
müssen Sie fein!" sagte er. Zu wissen,
daß soviel Menschen auf einen Gruß von
Ihnen warten!"
. Er sagte das ganz ohne Ironie; wenn
man sie 'ansah, Mubte'man gern, daß
alle Menschen sie lieben und sich über,
einen Gruß von ihr freuen mußten.
Sie nahm es auch so ernst, wie er
es sagte, und dachte nur, es sei ein
wenig Bitterkeit und Traurigkeit in des
Doktors Worten gewesen.
Ja, schreiben Sie denn nie Ansichts
karten?" fragte sie nur.
.Nein, nie!"
.Wie schade! Schatz, denk nur, der
Herr Doktor schreibt nie Ansichtskarten!"
Eine Welt von Mitleid war in ihrer
Stimme ob solchem Entbehren.
Und ganz aufgeregt und eifrig setzte
sie ihm den Wert dieser Gewohnheit aus
einander.
Da weiß doch jemand, daß man an
ihn denkt," überstürzte sie sich, vnd daß
man gerne möchte, daß er auch da sein
soll, wo man gerade ist. und daß man
gerne möchte, er soll auch an einen
denken, und daß er einen nicht vergessen
darf, und überhaupt ist eS furchtbar nett,
wenn man wieder Ansichtskarten von
anderswoher bekommt und womöglich
unterschrieben von lauter Leuten, die
man noch gar nicht kennt."
.Du wirbst auch alle Tage um
welche", schaltete der Mann gutmütig
ein und amüsiert von der drolligen
Wichtigkeit, mit dcr sie die erprobte
Lebensweisheit vorbrachte.
Gerade kam der mißgestaltetH hinkende
Bursche, den alle hier kannten, heran,
und bot mit dem Stammeln des Idioten
die Karten auf seinem Ständer feil.
.Ich kann ja auch eine schreiben,
gnädige Frau", und ein roter Schein
ging über das Gesicht, das wie das Ge
ficht eines verlegenen Jungen wurde.
Und wie er aussah von der kurzen
Zeile, die er nur noch zu kritzeln Zeit
gesunden hatte, weil es schon zur Ab
fahrt klingelte, da war fein Gesicht noch
immer rot und bewegt und ganz ver
schönt, wie von einem stillen, ungewohn
ten Erlebnis.
Auf der Motorfahrt wurde er von
dem jungen Paar getrennt, erst im
Städtchen aus dem häßlichen Wege zur
Bcin, in häßlichem, lärmendem
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solchem Tumult abzustehen, mit Ver
sprechen, daß wegen ihres Begehrens
gute Resolution erfolgen sollte, lehrcten
sie sich doch wenig daran, fondern stelle
ten sich noch viel wilder, nicht anders,
als ob sie unvernünftige Bestias, odex
gar vom Teuffel besessen wären. Dar
auff ließ der Rat die Bürger ermahn'n,
daß sie ihre Gewehre nehmen, und ihre
Weiber mit Gewalt nach Hauß treiben
folten. Aber es wolte auch nicht ver,
fange. Denn etliche hatten heimlich ein
sonderlich Wolgefallcn über dem Wesen
der Weiber, uno auch solches selbst helf
fen anstifftcn, andere aber, so sich in
die Waffen begeben und hierin d,m Rath
zu Willen werden wollten, konnte nicht
zusammen kommen, sondern wurden ein
zelig von dem unsinnigen Gesindlein
überfallen, ihnen die Gewehre abgenom,
men, und wider nach Hauß gejagt, auch
etliche mit guten Stössen abgefertiget."
Nach diesem Sieg über die bewaff
nete Macht" warfen die Amazonen dem
Bürgermeister und sämtlichen Ratsher
ren die Fenster ein, worauf sie sich für
die Nacht auf dem Marktplatz in einer
Wagenburg verschanzten. Der Rath
aber hat , der Unsinnigkeit der Weiber
nachgegeben, und Alles, was sie begehret,
bewilliget."
wühl fand man sich wieder.
Am Bahnhof standen sie still, indes
der Ehemann um einen Platz am Billett
schalt kämpfte.
Hier ist ein Briefkasten; die Kqrten
müssen von hier abgestempelt sein. Sonst
haben sie nicht den rechten Wert und
Glauben. Ihre Karte nicht auch, Herr
Doktor?"
Aber dessen Gesicht war schon wieder
ein Alltagsgesicht geworden hier im
Lärm der Straße. Er zog die bunte
Karte aus dcr Tasche und sah sie eine
Weile an, als ob er nichts mehr davon
wisse.
. Es hat ja doch keinen Sinn", sagte
er, und langsam zerriß er die Karte, auf
der der Himmel so blau gewesen, daß
es ihm noch in den Augen so weh tat,
zerriß sie in lauter lächerlich kleine
Stücke. Dabei bogen seine Lippen
Winkel sich herunter und entstellten feinen
Mund noch mehr. Dann knöpfte er be
dächtig den Mantel zu. Es war plötz
lich so kalt geworden.
Der jungen, immer lachenden Frau
war es, als habe sie nie eine so trostlose,
hossnungslose Stimme gehört wie die,
die eben so komisch gesagt hatte: Es
hat ja doch keinen Sinn."
Wie schade", sagte sie nur.
Ihr Kinderhirn hatte feinen Ge
dankcnweg nicht begriffen, aber de,
plaudernde Kindcrmund verstummte.
Es hat ja doch keinen Sinn", hörte sie
immer noch.
Ganz, ganz fest hängte sie sich jetzt
an den Arm ihres Mannes und lich sich,
von ihm behütet, durch das Menschen
gewühl führen.
Gott sei Dank, dachte sie nur leise, als
sie vor dem sich füllenden Zuge den sclt
samen Freund wieder verloren hatten.
Dazu lebt man doch nicht, meinte sie.
Der konnte einen ja bloß unnötig
traurig machen. Und helfen konnte man
ihm doch nicht. Armer Manni,
Die älteste Müuchhausiade.
Auf einem auS dem Jahre 1800 bor
Christus stammenden Paphrus wird
folgende Geschichte erzählt: Es ist noch
nicht lange her, daß ein Mann aus Ber
bei sich hier niederließ, den wir alle ge
kannt haben. Eines morgens führte
ein Pferd zur Tränke an den 9!il, band
den Strick, an dem er es hielt, um sci-
nen Arm und kniete, während daS Tier
seinen Durst löschte, zum Gebete nieder.
In dem Augenblick -fegt ihn ein Kroko
dil mit seinem Schweif in das Wasser
und verschlingt ihn. Daö Pferd wendet
alle Kräfte vn, um zu entsliehcn, und
da der im Bauche des Krokodils befind
liche Arm feines Herrn, an welchem der
Strick festgeknüpft war, diesen nicht los
lassen konnt und der Strick auch nicht
riifc. so zog das entsetzte Pkerd an
letzterem das Krokodil selbst nicht nur
aus dem Flusse heraus, fondein schleppte
es auch über den Sand bis an die Tür
seines Stalles fort, wo es dann bald von
der herbeikommenden Familie gctötet
und der Verunglückte noch in feinem In
nercn ganz unversehrt gefunden wurde."
Willst meine Frucht du genießen,
Such' sie auf meinen Zweigen ie;
Zerstöre mich! du findest sie
Tan unter meinen Füßen.
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utt, reine Luft ist tU
Grundbedingung zur
Gesundheit.
Wer Gelegenheit hat, In den großen
Ofsicen und auch in Privathäusern
herumzukommen, der wird merken,
daß häusig eine entsetzlich dicke und ver
dorbene Luft in den Räumen herrscht.
Ich habe nie begreifen können, wie die
Menschen in dieser Atmosphäre zu
atmen und arbeiten imstande sind, wie
sie nicht das Verlangen haben, die
Fenster aufzureißen und die herein
strömende frische Luftwege mit vollen
Zügen einzuatmen. Ist eö mir doch
schon vorgekommen, daß in den heißesten
Sommertagen, wo wohl ein jeder ein
kühles Lüftchen willkommen heißt. ' die
Fenster der Bureauräume geschlossen
waren, weil man vor der angeblichen
Zugluft Angst hatte! Leider sind ja
viele Menschen in unserer Stadt ver
dämmt, die schönste Zeit tagsüber in dcr
dumpfen Office zuzubringen, dann aber
auch immer bei geschlossenen Fenstern,
und wenn sie abends heimkommen, fehlt
die Lust zu einem erfrischenden Spazier
gange. Und eine große Mehrzahl von
diesen Menschen benutzt noch nicht ein
mal die kurze Spanne Zeit mittags, die
wohl einem jeden zum Lunch zur Ver
fllgung steht, um frische Luft zu fchnap
pen, wenn eS nur eine kurze Viertel
stunde wäre, eS wäre doch besser als
nichts. Hat man den ganzen Vormittag
angestrengt an der Schreibmaschine oder
sonstiger Bureauarbeit gearbeitet, dann
ist unbedingt eine kurze Erholungspause
nötig, um seinen Geist ein wenig aus
zuspannen, um neue Eindrücke in sich
aufzunehmen, und die Arbeit geht nach
her um fo schneller vonstatten. Dasselbe
gilt auch für die gute Hausfrau. Ein
Stündchen wird wohl eine jede, und
wenn sie noch so beschäftigt ist, sür sich
erübrigen können, um einen kleinen
Spaziergang zu machen, denn das ist
sie sich und der ganzen Familie schuldig,
sie braucht die Erholung gerade so gut,
wie jede andere Person. Ja.wird viel
leicht manche denken, wenn ich nur die
nötige Zeit dazu hätte, möchte ich schon
gern spazieren gehen. Aber das ist kein
Grund. Bei richtiger Einteilung der
täglichen Arbeit wird schon ein Stünd
chcn übrig sein, man muß sich nur nicht
zum Sklaven der Arbeit machen. Der
Arbeitstag hat hier doch meisten? acht
Stunden. Niemand wird gern länger
als acht Stunden in einer Office zu
bringen, auch feine Lunchpaufe wird man
sich nicht gern verkürzen lassen, und so
kann ja auch die Hausfrau ihre Mit
tagspause, wenn sie bis dahin ihre Arbeit
auch noch nicht vollendet hat, zu ihrem
Erholungsspaziergange benutzen. Ist es
dann nötig, so kann der Rest der Arbeit
nachher beendet werden. Es wird dann
gewiß viel schneller gehen. Wer kann
den lachenden Sonnenstrahlen wider
stehen? Sie locken doch einen jeden
hinaus inS Freie.
Aber zum mindesten sollte für häufige
Lüftung der Zimmer gesorgt werden, es
sollte Durchzug gemacht werden, damit
die dicke, verbrauchte Luft hinausgcfegt
und frische dafür hineingelassen werden
kann. Die Räume unserer hiesige
Wohnungen sind in den eisten neuen
Häusern ziemlich klein, die Luft wird
leicht verdorben, namentlich im Winter,
wenn auch die Heizung noch dafür sorgt.
Das Atem wird erschwert, ein stetes
Schnupfcngcfühl macht sich bemerkbar
und die Nase trocknet aus und schmerzt
leicht. . Das alles sind die äußeren
Zeichen, daß die Luft im Zimmer schlecht
und zu trocken ist. Alle diese Unbe
Hagen weiden sich verlieren, wenn man
in einen anderen Raum kommt, der gut
durchlüftet ist, oder wenn man selbst ins
Freie geht. Darum ist es nicht genug
anzuraten, die Fenster öfter am Tage
zu öffnen und für gute Luft zu sorgen,
die sich auch viel leichter erwärmen läßt,
als schlechte.
Auch vor überheizten Räumen ist nicht
genug zu warnen; namentlich solche
Leute, die eine sitzende Lebensweise
führen, können eS häufig nicht warm
genug bekommen. Dadurch läuft aber,
mancher Gefahr, sich eine tüchtige Er
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JAnsfte.
befriedigte Neugierde.
Den Amerikanern sagte man einst eine
ganz besonder! ausgeprägte Nengicrde
nach. Ob das jetzt noch so ist. steht da
hin, aber zu, Zeiten Benjamin Frank
lins muß es so gewescn sein.
Als dieser och Buchdrucker in Phila.
delphia war, mußte er eine Geschäfts
reise nach Boston untrrnchüicu. i s-'i'
ner Ankunft im Hotel zu Prooidence in
Staate Rhode Island trat er ins Gast
zimmer, daS zufälligerweise leer war.
Der Wirt wollte, wie es schien, seine
Gast nicht allein lasse, ohne erst fei
Neugierde befriedigt, ihn a'sa recht au,
giebig ausgefragt zu haben.
Franklin, der dieses voraussah, be
schloß, ihm zuvorzukommen, und eS ent
stand folgendes Gespräch.
.Sie, sind verheiratet, Her, Wirt?" ,
Jawohl. war die, Antwort, .denn
ei Wirt ohne Wirtin geht nicht
Gut," fuhr Franklin fort. Jo tu
weisen Sie mir de Gefallen, mich Mit
Ihrer Gattin bekannt 31 machen.''
Der Wirt ging, sie zu rufen. '
Franklins nächste " Frage galt , der
Hausfrau., Haben Sie Kinder?"
Nicht ' weniger als fünf," erwiderte
diese stolz, drei Jungen und zwei Mäd
chen." ' - '
Seien Sie doch ss gut, kaj. Frank
lin, die lieben Kleinen rufe zu lassen,
wenn sie nicht etwa in der Schule sind."
Sie sind alle zu Hause und fUcn
sogleich erscheinen!" erklärte die Haus,
frau, ging und brachte nach wenigen.
Minuten die Kinder inS, Zimmer.
Noch ein Frage. Herr Wirt," sagte
Franklin jetzt. Wie viele Dienstboten
haben Sie?"
Vier," war die, Antwort zwei
männliche und zwei weibliche." . . -
Ich möchte sie gern hier beisammen
sehen. Ich habe meine Ursache dazu."
Der Wirt brachte auch seine vier
Dienstboten in das Zimmer.
Nun fragte Franklin: Ist daS also
Ihre ganze Haushaltung, Herr Wirt?",
Ja," war die Antwort. Sie ha
den allcä vor sich, was im Haufe den,
Mund auftun kann."
, Gut!" sprach Franklin. Wisset,
meine guten Freunde, daß ich Benjamin
Franklin heiße, von Gewerbe tiu Buch
drucket bin, in Philadelphia wohne und
diesmal nach Boston gehe, um dort eine
Papierhandcl abzuschließen. . Wen ich
damit fertig bin, kehre ich nach Phila
delphia zurück. Wollt ihr sonst noch
etwas von mir wissen, so fragt, fragt
bis ihr fertig seid, ich werde alle genau
beantworten. Dann aber hoffe ich, wer,
det ihr mich in Ruhe meinen eigene Ge
danken überlassen."
kältung zuzuziehen, wenn er dann in ein
kühleres Zimmer kommt oder gar mit
demselben Zeuge, ohne einen Mantel
oder, dergleichen anzuziehen, ms Freie
geht. Auch hier ist gemäßigte Tempera
tur anzuraten, denn bei geringerer Zim
merwärme läßt sich die Gedankenarbeit
doch auch viel leichter verrichten, als in
einem überhitzten Raume, Demjenigen,
dcr tagsüber' zum vielen Sitze ver
dämmt ist, kann dadurch geholfen wer
den, daß er sich zwischendurch manchmal
Bewegung verschafft, dann Wird der
Blutkreislauf wieder reguliert und dem
Körper die nötige Wärme zugeführt.
Aber nie sollte man versäumen, jeden
Tag den regelmäßigen Spaziergang zu
machen. Ich kcnne alte Leute, die. wenn
sie gefragt werden, woher sie sich ihre
kräftige Gesundheit erhalten hätten, mit
einem feinen Lächeln geheimnisvoll ant
Worten: Ja, wir sind nicht sa ver
hätschelt in unserer Jugend, wie daö .
heutezutage mit den Kindern geschieht,
wir mußten bei Wind und Wetter hin
aus, mußten den weiten Weg zur Schule
zu Fuß zurücklegen, und er hat uns
nichts geschadet. Wir sind dcr Theorie
treu geblieben, sind immer diel und weit
gelaufen und haben in ' Essen und
Trinken mäßig gelebt. daS erhält den
Menschen gesund." Wie diel Wahrheit in
den schlichten Worten liegt, daS beweisen
sie an sich selbst, Mäßigkeit !n allem
und versünftige Lebensweise führen
einzig, und allein zu Gesundheit und
hoheni Alter.
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