- ' : . : ' " ' r...-; ; v- Tägliche CntstlS Trlbiise. JL A "Immm- 9 . tfT 5 i Roman von fA$y4M$M$$t (25. Fortsetzung.) .So, ich danke Zehr und soll ich beute abend kommen? Bitte... Um acht... Und wir kennen uns noch nicht!... Ich hoffe, Baron, wenn olles zu Ihrer auine, denheit geregelt ist, werden Sie ein menschliches Rühren verspüren mit . einer Frau, der es an der Wiege -wahrlich nicht gesungen worden ist, sich auf solche Weise ihr Geld zu der dienen!" Rasch" drehte sich Frau Prahm5 tmak um und ging davon. Nalstow schob den Hut aufs linke Ohr, stemmte die Fauste in die ferne. sah ihr nach und sagte vor nch hin .Eigentlich kann einem die Frau lad tun. Bei Hallerlows herrschte große ffreude. Nur der Hausherr war knie tschig geblieben. Ihm ging dies alles viel zu rasch! Gestern mittag war der DeteUlv Schwert eger chon dagerct sen, hatte ihm in Gegenwart der rundlichen Frau Christine einen lern gen Bortrag gehalten ' über prompte Erledigung von Auftragen in einer reellen Auskunftei. Und da es sich um live Liebesangelegenhelt gehandelt habe, sei es doch seine Pflicht gewe sen, mit größtmöglicher BeschleunZ, vüng zu arbeiten, denn als langiähril ger Inhaber einer Auskunftei wisse er ganz genau, daß bei verliebten Leutchen die nötigen Unterlagen gar nicht rasch genug herbeigeschast wer den könnten. Denn, wenn er aus der Schule plaudern wolle das dürfte er aber nicht für alle Guter diel er ' Welt könne er, schöne Geschichten erzählen. Ein .bleibender Nachteil sei öfter zurückgeblieben, als man in seinen kühnsten Zraumen sich vor iel len könne. Das läge nun einmal an der Großstadt mit ihren vielen Gele genheiten sich hm ja an dritten Orten' zu treffen. Es käme auch noch hinzu, daß er lu ständiger Geichaits Beziehung mit dem Stammtischfreund des Herrn Hauerkow, dem Baumep ster, stände, und daß er bei schneller und gewissenhafter Bedienung hoffe, auch künftighin mit diesem Hause weiterarbeiten zu können, denn es sei doch immer gut, über jeden neu ein ziehenden Mieter Erkundigungen tvx. zuziehen. Da spare man sich manche Enttäuschungen! Frau Hallerkow hatte sehr W!g bejahend genickt, denn zweimal, Gott fei. Dank nur mit Mietern in ihren Gartenhäusern, waren sie gründlich remgesauen. Und dann hatte Herr Schwertfeger seine Auskünfte ausgepackt, die recht .zufriedenstellend" ausgefallen wa ren. Kaum war er, dreißig Mark für sne .Bemühungen in der Tasche, wieder abgezogen, , hatte ein Sturm auf Paul Hallerkow eingesetzt, daß dem ei paarmal der Atem ausge- gangen war. . .Acht Tage hab' ick jesagt acht Hegel" Aber alles Sichwehren half ihm nichts! Was nun das Warten noch für einen Sinn habe?... Und mitten in diesem feturm war Frau von Prahmsringk gekommen, hatte lachend ein Telegramm ihrer guten Nesl auf ven Tnch gelegt und gesagt: Da haben Sie es! Ich Hab's Jt nen gleich gesagt, meine Herzensrcsl tut, was ich ihr rate wenn sie auch och einen Vorbehalt macht. Lesen feie, da? Telegramm ist aus Jnns druck." ' ' .Taufend Dank. Komme Mitte September. Will selbst abschließen. Freu mich, in Deiner Nähe zu woh nen. Viele Küsse. Resl ,DaS müssen wir feiern! Morgen bend bei wirk Sagen Sie: Ja! Bit U!" Anne war ein Schlauberger gewe fen. Sie war Frau von Prahmsringk ium Herzzerbrechen schluchzend um den Hals gefallen und hatte ihr ihr Leid geklagt. - l .Trotz der guten Auskünfte will Batet immer noch nicht ja und Amen sagen!',.- '": Da hatte die Kupplerin um die Auskünfte gebeten, .falls es nicht indiskret sei." hatte die Lorgnette vor di. Augen gehalten und gelesen, was sie kaum drei Stunden vorher dem Detektiv in die Feder diktiert hatte. Und dann hatte sie ganz erstaunt den Hausherrn angesehen und den Kops geschüttelt. .Herr Hallerkow: Herr Hallerkow! Ich verstehe Sie nicht! Worauf sollen die beiden noch warten? Denken Sie doch an die Zeit zurück, in der Sie in Ihre Frau , reiten!" " .Et hat uns jo jut jetan, dat wir reichlich lange warten mußten!" Frau von Prahmsringk sagte sich, daß dieser behäbige Hausbesitzer wahrscheinlich nicht gern an die Tage der Sorge und Not erinnert sein mochte ' .Ja a, ich weiß allerdings nicht Bescheid, aber ich kann mir's bor stellen! Damals waren Sie noch nicht in so ausgezeichneten Bermö gcnDvertzältnissen, wie heule. Da werden eben Umstände mitgesprochen! JrtlKH V V ' VSMS. Horft Bsdemer. haben, die ' ein Warten gebieterisch forderten l .So war et," sagte Frau Chri stine und rückte nahe an ihren Mann heran. .Da haben wir's! Es waren eben Hinderungsgründe vorhanden! Ja, a. da liebe Geld! Jetzt aber ha den Sie es. Wahrscheinlich in Hülle und Kulle!" Paul Hallerkow saltete zufrieden die Hände über seinem umfangreichen Bauchlein und schmunzelte. .Jott! Et langt! Na ja! Aber ich muß mir doch erst noch janz jenau erkundigen, wie hoch die Schulden sind! .Und wenn dem Herrn Baron diese fortgesetzten Erkundigungen zu ,viel werden? Halten Sie das ' für unmöglich? Lesen few doch, was in der Auskunft steht! Voriges Jahr hatte er reich heiraten können eine adelige Dame und er hat's nich geian, oie runoe wlzzen wir ja nicht, aver mir scheint, der Herr m ron ist sehr empfindlich!" Ernst Hallerkow meinte, nun wüt de es Zeit, sich auch in die Unter, Haltung zu mischen. . .Das Gefühl hab' ich auch! Ich kenne ihn doch! .... Gnadige Frau. wir können Ihnen gegenüber doch mi ganz offener Karle spielen, ich weiß, warum mem Aater noch zögert. Eine anständige Mitgift muß meine Schwe ster bekommen, Mutter ist der Aw sicht. eine halbe Million wäre anqe bracht, da muß aber eine Hypothek auf eines unserer beiden , schulden freien Häuser aufgenommen Iverden und das kostet natürlich einen Entschluß!" Frau von Prahmsringk schlug vor Staunen die Hände zusammen. .Wie? Schuldenfrei ,sind die PrachtgeSäude? In dieser herrlichen age!- . .Und hunderttausend Taler haben wir ooch noch uff die Bank liegen, fiel Frau Christine stolz ein. .Mein Gott, mein Gott." wie Frau von Prahmsringk, .da wissen Sie za gar nicht, wie furchtbar reich Sie eigentlich sind, Herr Hallerkow! Der suhlte sich. Dat Jelände hier wächst in Jelo." ' ' Jetzt rückte Frau von Prahms ringk näher an ihn heran, legte ihre Hand .aus . seinen lln terarm. -' .Ich kann mich sehr gut in Ihre Lage versetzen, Herr Hallerkow! Eine halbe Million ist. doch kein Pappen mi! .... Wenn ich sie Ware. wissen Sie, was ich tät? Ich sagte zu dem Herrn Baron: Da haben Sie die halbe Million! Was vor der Ehe gewesen ist, geht mich nichts an, ich will's gar nicht wissen Aber nun sind Sie mein Schwieger söhn! Da muß ich unbedingt ver langen, daß Sie auf mich hören. Auf's Fell werde ich Ihnen selbst dend nie knien, wenn ich sehe, Sie halten mein Kind in Ehren - und arbeiten. ' DaS ist der springende Punkt. Herr Hallerkow... Also ich verlange, daß Sie sich einem Bürger liehen Beruf widmen. Hat man Geld genug zur Verfügung, eroffnen sich auch tausend Möglichkeiten, daS in einem reellen Unternehmen arbeiten zu lassen. Ein solches wollen wir gemeinsam suchen. Nach den Flitter wochen .... Sehen Sie, das wäre meiner Ansicht nach das einzige Nich tige.... Lehnt aber der Baron' die Bedingung ab, dann sagen Sie ein fach: Tut mir leid. Dann haben Sie meine Tochter nicht so lieb, wie ch s fordern muß. Und, liebes Fräu lein, dann müßten Sie überwin den." Und nun setzte ein Sturm auf Ptful - Hallerkow von allen Seiten ein, der dem den Schweiß auf die Stirn trieb. Immer schwächer wurde sein Widerstand, schließlich stöhnte er nur noch: .Er wird's ich tun. Da warf Frau von Prahmsrinak den Kopf in den Nacken. .So o? Meinen Sie? Ja. dann wird eben definitiv Schluß gemacht. . . Ich bin doch unparteiisch. Ich hab Sie wirklich liebgewonnen. Be onders Ihre Fräulein Tochter. Und chließlich haben Sie doch. Herr Hal lerkow. mir in der leerstehenden Woh nung, die meine gute Resl mieten wird, Ihr Herz ausgeschüttet. Ich bin nun einmal schrecklich m'.tküb' 'end. Aber alles hat seine Grenzen! , . Was meinen Sie, wenn ich versuchte, die ' Bekanntschaft dieses Baron Nalstow zu machen? Aber erst in Ihrer Gegenwart. Ich, hab' da einen Plan. Sie kommen ja morgen abend, sagen wir um acht. zum Essen zu mir, ich lad' ihn auch ein.' Schreib' ihm ehrlich, ich wäre mit Ihnen befreundet und Sie hätten mich gebeten, mir ein Urteil über 1 Ihren eventuellen Schwiegersohn zu bilden da wird er schon kommen. ! Natürlich teile ich ihm mit. daß Sie auch da sein werden. An drittem Ort ist so ein Zusammentreffen im wer besser.... Unverblümt sage ich! Ihnen bann, was ich von dem Ba ron Nalstow halte. Unserciner kenn sich doch in diesen Sportsleuten aus Was meinen Sie zu diesem Vorschlag?' ' Der Hausherr kam gar nicht da zu, seine Meinung auszusprechen, er wurde von Frau und Kindern so fort 'überstimmt. ' ; Da zog Paul Hallerkow die Schul, lern hoch. Dat verpflichtet ja zu nischt. E wär'n Weg .... Und Sie sind sehr freundlich, gnädige Frau.' .Herrlich. Gott, da hat man's endlich wieder einmal mit vernüns tigen Menschen zu tun!" Und ols Frau von Prahmsringk gerade aufbrechen wollte, " trat das Dienstmädchen ein. Herr Ernst wird an's Telephon zebeten. Nalstow war's, der ihm vorschlug, um drei Uhr mit ihm zusammen zu essen. , , Der schlau Bengel sagte gar nichts, sondern griff zum Hute, um die gnadige Frau nach Haufe zu be gleiten Und diesesmal lehnte Frau von Prahmsringk nicht ab... Das war ein vergnügter Nachmit tag im Weinrestaurant an der Schel lingstraße gewesen! Nalstow hatte den noch ganz aufgeregten Ernst Hallerkow reden lassen und nur ab und zu sich das Lachen verbeißen müssen. Gab das mal ein Theater Und was diese Prahmsringk für ein gerissenes Frauenzimmer war. Die und der Solemacher sollten aber noch Mund und Nase aussperren! Ge rade zur rechten Zeit war der Kerl dagewesen, der auch mitverdienen wollte! .... Nun würde sich alles mit affenartiger Geschwindigkeit ab spielen und dann kam die Zu kunft! Da reckte der kleine Baron Ralstow die Brust heraus, so viel gute Vorsätze hatten ja gar nicht darin Platz. Und als er seinen zukünftigen Schwager in Gnaden entließ, schlug er ihm vertraulich auf die Schulter und hielt ihm noch einen längeren Bortrag. Haben Sie heißen Dank! Und grüßen Sie Ihr gutes Schwesterchen herzlichst von mir! Aber im übrigen sagen Sie lieber nicht, daß Sie den Nachmittag mit mir verlebt haben., .. Ihr Herr Batcr scheint ein bißchen reichlich mißtrauisch meiner Person gegenüber zu sein. Da entsteht sonst leicyt ein ganz unbegründeter Ver dacht und wozu den erst auf kommen lassen, nicht wahr?,.., Morgen 'sehen wir uns ja wieder! Ich hoffe, ich leinn da sehr energisch zux Attacke blasen! Denn was hat ein langes Hmauszerren für. emen Sinn? Sagen Sie das Ihrem lieoen ischweiterchen! . ... . , ' (Fortsetzung folgt.) Auch eine Rechtsfrage, Tie Art der Behandlung verwundeter Soldaten betreffend. n Frankreich wuroe m den letzten Wochen die Frage eifrig erörtert, ob ein verwundeter Soldat vervflicbtet ist, zu jeder Behandlung, Kur und eventuell Operation einfach Ja und Amen zu sagen, auch wenn er in der gleichen Lage als Privatmann sich zu einem oichen Ent chlun nick. Berste hen könnte. Das Interesse des Staa tes. so lautet nun d,e offizielle Ant wort auk die Zkraae. ist es. so bicf Verwundete wie nur möglich wieder zu heilen, um sie an die Front zu rücksenden zu können. Findet der Mi litararzt. daß der Soldat auf jeden Fall für weiteren Militärdienst un tauglich ist. so hat der Verwundete selbst das Bestimmungsrecht darüber, wieweit er sich der Overation oder Kur unterwerfen will. Dieser Aus gangspunkt führt dazu, daß in allen Fällen einer etwas ernsthafteren Am putation. die den Verwundeten als Soldaten unbrauchbar macht, er d,iS Recht hat. sich zu widersetzen. In die sen Fällen interessiert die Entschei. dung nur ihn, in anderen die ganze ?catlon. Von allen Seiten wird jetzt aner kannt, daß die alte Regel, man könne durch kein Gesetz einem Menschen ei ne Körperbehandlung aufzwingen, nicht mehr gelte, und am allerwenig ten sur Soldaten ,N riegszeit. Bor allem gilt dies für eine Präventiv Maßregel, z. B. für Impfungen. Ein Soldat, der an Pocken oder TvphuS erkrankt, ist eben für seine K'ameraden gefährlich, und deshalb ist jede Jmp ung ein Prüventlvmittel im Interesse des Staates. Also der Staat hat im Kriege ein unbedingtes Necht, wennl möglich jeden verwundeten oder Iran ken Soldaten zu heilen, ob die Be Handlungsart auch im höchsten Maße chmerzvoll ist. Die Diskussion war in Fluß gekommen durch den Fall eines Zuaven. der wegen einer in ver Champagne erhaltenen Verwundung zunächst ohne Erfolg von Spital zu Spital geschickt, im neurologischen Institut zu Tours sich an dem ihn behandelnden Sanitatsmaior Vincent vergriffen hatte, weil dieser ihn zur Fortsetzung einer überaus schmerzhaf en Hat hatte zwingen wollen, und der vom Kriegsgericht von Schuln und Strafe freigesprochen worden war. AllsKohlcnsZSubchcn Von Rud. PreSber. Irgendwo an einer Station, von der ich nur noch im Vorüberhuschen die Toiletten verschwinden sah, war er rn mein Coups gestiegen. Ich hatte mich ein bißchen warm geschlafen; und als ich aufwachte, stand er am offenen Fensten Stand kerzengerade und korrett; die Hacken zusammengenommen, den massiven Oberkörper leicht vorgeneigt, und grüßte mit 'dem schwarzen Filzhut irgend jemand, der vermutlich auf dem Perron stand und mit dem Tuch wehte. Ich hatte Verständnis für den Ge fühlswert der Zeremonie; aber mir zog es auf den Kopf, und meine östirn war ein wenig feucht gewor, den bei dem Nickerchen, das ich mir nach dem Diner im Speisewagen geleistet hatte. Ich wischte mir die Stirn und dachte: sem Abschieds weh wird sich beruhigen, und er wird das Fenster Hochziehen. Keines von beiden geschah. Der Zug raste durch eine Kurve. Em kurzer Tunnel warf uns den niedergedrückten Nauch der okomo tive in grauen Schwaden ins Coupö Ich hustete. - Sie erlauben . . . sagte ich, denn es mußte etwas geschehen. Sie erlauben ich bin etwas erkaltet. Er sah mich an, als ob er mich eben erst entdeckte, obschon er doch zweifellos beim Kommen über meine Beine hatte steigen müssen, wahrend ich schlief. Ich habe da nichts zu erlauben. Es war eine Art Zurechtweisung, die er mir erteilte. Ich ärgerte mich, weil er recht hatte. Mein Satz war unglücklich gebaut; er hatte wirklich nicht zu erlauben, daß ich erkaltet war. Ich wollte sagen: es zieht," sagte ich und fetzte meinen Hut aus. Wenn Sie das sagen wollen, so befinden hit sich in einem Irrtum. Aber ich empfinde den Zug, mein Herr! ' Ich wurde etwos gereizt. Und immer, wenn, ich gereizt bin, spreche ich das ärgert mich selbst als ob ich aus dem .Kleinen Plötz" über setze. Er übersetzte aus dem Kleinen Plotz . .Es ist mcht möglich, mein Herr, daß Sie den Zug empfinden, da er nicht ezistiert. Die Tür zum Gang ist geschlossen, und nur das Fenster ist auf." Nur das Fenster!" Ich versuchte boshafte Ironie in -meinen Ton zu legen. .Nur das Fenster!" echote er kühl. Wir haben aber März!" Den zweiundzwanzigsten. Gestern war Frühlingsanfang." .Im Kalender!" , .Natürlich nicht im Kochbuch." Er hatte wieder recht, der imperti nente Kerl. Und behielt es, als er hinzufügte: - Goethes Todestag." Literarisch gebildet war er auch! Das ärgerte mich erst recht. Diese partielle Bildung bei ausgemachten Flegeln ist direkt widerwärtig, dacht' ich. Und überdies: was hat Goethes Tod vor bald hundert Jahren damit zu tun, daß es heute in diesem D Zug zieht? Ich suhlte, daß ich eregt wurde. Meine Mutter zählte dann immer ir gend etwas, ehe sie redete. Zählte die Tassen auf dem Tisch oder die Röschen an der Tapete oder die Mücken ' auf dem Streuselkuchen. Was sollte ich hier zählen? Tie vorbeisausenden Telegraphenstangen? Ich versuchte es: aber wie eine feindliche Fahne wehte im Fenster rahmen immer sein blonder Vollbart dazwischen. , , , Wenn Sie das Fenster nicht schließen, mein Herr, werde ich es tun." Er hatte sich gesetzt, streckte seine Beine aus und sah prüfend an ihnen hinunter, als ob ne ihm langer vor kämen, als gestern. Sein Ton blieb höflich, beiläufig, und er sah gar nicht auf von seinen interessanten Beinen, als er bemerkte: Ich glaube nicht, daß Sie das tun werden. Sie haben kein Recht dazu. Ich? Kein Recht? Da möcht' ich denn doch ..." . Daß S,e mochten, ,st ' möglich. Aber Sie dürfen daS Fenster nur auf der Windseite schließen. Hier ist nicht die Windseite. Wir haben Ost- wind. Unser Weg" er befragte nteressiert einen kleinen goldenen Kompaß, der neben ein paar Hirsch ranen an seiner llhrkette baumelte Unser Weg geht von Süden nach Norden, mit einer kleinen Neigung nach Nordnordwest . . . ." Ich hatte auch eine kleine Neigung. Nämlich die, den Kerl aus dem Fen ter zu werfen, n der Richtung , Nordnordwest oder in einer andern, gleichviel. Meme gute' Erziehung hinderte mich daran. So sagte ich nur: Ich -habe körperliches Unbehagen von dieser kühlen Zugluft." N Das bedaure tch er sagte wirtlich: das bedaure ich; aber es klang, als ob er sagte: hol Sie der Teusel! oder: nehmen Sie Lysol! Und er 'fügte hinzu, indem er D rostrote Handschuhe anzog, die nicht mehr ganz neu und in den Nähten etwas geplatzt waren: .Sie sind ge. wiß in Ihrer Jugend verzärtelt wor, den. Das ist bedauerlich sür Sie aber andere Menschen dürfen nicht darunter leiden. Ich meinerseits würde körperliches Unbehagen ,btS zur Uebelkeit empfinden, wenn ich bei. diesem prachtvollen Frühlings Wetter in einem . geschlossenen Ka sten -" .Heute nacht m zwei Uhr hatten wir einen halben Grad Wärme, mein Herr!" Wenn Sie allerdings gewohnt sind, des Nachts erst um zwei Uhr nach Hause zu kommen, dann brau chen Sie sich nicht zu wundern, wenn Sie am Tag nach Frühlingsanfang noch frösteln!" .ES ist nicht meine Gewohiicheit, um zwei Uhr nachts nach Hause zu kommen. Aber gestern . . . . " ,O bitte, die Intimitäten hreS Privatlebens interessieren mich nicht." Er glaubte diese Behauptung noch dadurch unterstützen zu müssen, daß er einen Engelhornband hervorzog und, ohne eine bestimmte Seite zu suchen, muten darin zu lesen begann. .Und wenn ich darauf bestehe . . ." .Pardon, auf was?" Er sah mit einem verlorenen Blick von seinem Buche aus, als mache es ihm große Schwierigkeit, sich unseres letzten Ge sprächstoffs zu entsinnen. .Das Fenster , !" Ich würgte vor Wut. Ah Sie sind immer noch bei dem Fenster!? Ich habe Ihnen schon gesagt: Sie sind im Unrecht. Ich bin Jurist, ' bitte. Das genügt wohl!" Und als ob er mich vollends vernichten wollte, wiederholte er, sei nen Vollbart mit der Linken strei chelnd: Das genügt wohl: ich bin Jurist." Jurist war er auch noch! Ich habe ein besonderes Faible für Juristen, da ich seit anderthalb Iah ren einen Bauprozeß sühre, dessen Schriftsätze' bereits umfangreicher sind, als die sämtlichen Romane Wal ter Scotts zusammengenommen, sich aber nicht so angenehm' lesen. Ich stellte ostentativ den Kragen hoch, zog meine Reisedecke bis zum Kinn und hustete so andauernd, bis ich den Hustenreiz wirklich erzwun gen hatte. Er antwortete mit Gegendemon strationen; und schien beweisen zu wollen, wie wohl die Fruhlingsluft allen gesund und bieder lebenden Leuten tut, die vor , zwei Uhr nachts nach Hause kommen. - Er öffnete seinen Paletot, atmete tief und woh lig und wechselte schließlich seinen Platz, setzte sich- ans Fenster in die Windrichtung.' so daß er auf mei ner Seite nur durch einen leeren ; Platz von mir getrennt, neben mir aß. So ging die angenehme Fahrt eine Weile. Ich hatte nichts zu leseir, bloß mich zu argern. Mir kam vor, der Zug raste wie besessen.' Draußen flogen kleine weiße Dors chen vorbei, aus denen die roten Kirch turmspitzen den niedrig hängenden Wolken kieks machten. Die Wälder lagern grau und verschlafen auf den Hügeln. Es roch nach Mist aus den Aeckern. Das geschieht dem Kerl am Fenster recht, dacht' ich! Jetzt nahm er eine silberbefchlaaene Zigarrentasche heraus. Ich freute mich schon aus den Mo ment, da er abknipsen, anstecken und rauchen würde. Dann wollte ich, mit einer großen Geste auf das idchiid an der Wand deutend, sagen: Pardon, mein Herr ich bin zwar kein Jurist leider! aber wir fahren Nichtraucher! Bitte, zu bemerken: Nichtraucher!" Wollt' ich agen. Und ich dachte das leider nach dem .Jurisien" auch das Nichtraucher so infam mamios zu betonen, daß er sich aus dem Fenster !turzen mußte. Mußte! , , Aber was war das? Er zählt die Zigarren in der Tasche; zählte ie von links nach rechts und wieder von rechts nach links nahm eine heraus, roch daran und steckte sie wieder ein. Dann verwahrte er das Ledergehäuse liebevoll wieder in der Brusttasche und sah als ob er meine Gedanken erraten hätte luchtlg nach mir, dann auf das Schildchen an der Wand, auf dem Nichtraucher" zu lesen war. und lächelte. Für eines Atems Dauer All macht, und der Mann wäre eine Leiche gewesen! Immer noch, lächelnd, näherte er den Kopf dem Fenster, ließ den Wind mit seinen Haaren spielen eine widerliche Farbe, dacht ich. kein Blond und auch kein Brünett ba bete ordentlich in Luft .... nahm den Kneifer ab, um auch den Augen die Wohltat dieses lenzigen Luftba des zu gönnen und Ja, und das war seltsam! Wie von der Tarantel gestochen. uhr er plötzlich in die Höhe auf einem Sitz, ließ den Zwicker fallen. griff sich nach dem linken Auge, rieb es, hielt es zu, suchte mit der Rechten vas Taschentuch und nahm mir abgekehrt die schwierigsten Proze duren an dem linken Auge vor. Da bei trat er, waS ich nicht ungern bemerkte, auf seinen Kneifer, erst mit dem linken, dann mit dem rech ten Fuß. Es knackte zweimal. Ein Kohlenstäubchen! dacht' ich Ein Kohlenstaubchen ms Auge. Es war einer meiner frommsten Lebensmomente, alS ich das mit Si cherheit konstatierte'. Also es gib so, etwas wie ausgleichende Gerech tigkeit, dacht' ich. Alle Schuld räch sich auf Erden in der Braut von Mcssina" stand das. Oder in der .Ahnfrau"? Gleichviel wo es stand; es war richtig, und das war die Hauptsache! Der Schaffner kam, um die Wil, leite zu fehen. Ich habe die Beodach tung gemacht, daß der Schaffner stets kommt, wenn irgendeiner der Rei senden ihn gar nicht brauchen kann und zu allen Teufeln wünscht. Mir ist da was ins Auge geflo gen. . . . stöhnte mein Fahrige nosse und reichte dem Beamten, halb blind, wie er war, erst ein Pferde bahnbilleit aus Lüneburg und dann die Quittung eines chuybasars ,n Jtzehoe hin. Beides prüfte der Schaffner sorg fältig und lehnte es dann ab. Bis der Fahrgasi, immer mit der rechten Hand das Taschentuch ins tränende Auge pressend, mit der mlen tn len Taschen das Billett gesucht hatte, tröstete ihn der Beamte: Ja, ka, das kommt nu oft vor bei uns. -Des is nämlich Kohle, ja. Aus der Lokomotive, ia. Kommt nämlich durchs offene Fenster " Hier hatte ich die Malue, thu zu unterbrechen: .Woher kommt das nämlich? Durch offene Fenster, ja. Vori, gw Monat hatten wir 'ne Russin mit nach Basel, du hatte so'n Auge davon ", er umriß mit seinen Handen emen kräftigen Blumenkohl in der Luft ja, das hatte sie nu weg. Und denn haben se ihr noch die Juwelen gestohlen, während daß sie sich in die Toilette namlich den Ge schwulst gekühlt hat." Nach diesen trostlichen Worten wandte sich der Schaffner und wollte das Abteil verlassen. Aber mein Fahrtgenosse hielt ihn am Uniform fchoße fest: Konnten &it vielleicht einmal ein bißchen in meinem Auge nachsehen, lieber Mann .... Der liebe Mann war bereit, ein bißchen nachzusehen und streckte ein paar kohlschwarze, rissige Giganten hande nach dem betranten Gesicht des Patienten aus. Ich habe mir s anders überlegt danke vielmals" sagte der Er schreckte und ließ sich resigniert auf den Sitz mir gegenüber fallen. Er fuhr nicht mehr am Fenster in der Windrichtung. Obschon es Frühling war, zweiundzwanzigster März und Goethes Todestag. Wie lange fahren wir noch bis Berlin?" Anderthalb Stunden. Aber wir halten nicht mehr. Mit diesen Worten verschwand der, Schaffner. Wenn wenigstens ein Arzt im Zuge wäre!" Mein Gegenüber stöhnte das' vor sich hin, während er das Taschentuch von dem zugekniffenen Auge nahm und die rollenden Tränen aus dem Bart wischte. , Ich ließ eine feierliche Minute ver streichen, dann sagte ich: Ich bin Arzt, mein Herr." WaS sind Sie ... ? Arzt?" Eine verhaltene, eine unsichere Freude lag in dem Ton. Allerdings," sagte ich, das heißt . . . ." Dann könnten Sie vielleicht.... ich meine, Sie könnten die große Güte haben " Ich wollte nur sagen: es ist durchaus nicht gefährlich, was Sie da haben. Boß recht unbequem und etwas schmerzhaft." .Sehr sehr schmerzhaft!" .Zugegeben. Sehr. Aber alS Mediziner kann ich Ihnen - sagen: jeder Arzt entfernt Ihnen den kleinen Fremdkörper, der unter dem oberen Augenlied sitzt und die Netzhaut reizt, ohne Schwierigkeiten." .Ich bin überzeugt. ' Danke sehr. Aber ' In zwei Stunden sind wir in Berlin." O Gottogottogott! In zwei Stunden zweimal sechzig Minu ten erst. Was für ein Tag!" Der zweiundzwanzigste März. Goethes Todestag ' half ich aus. .Danke, ich weiß " sagte er kleinlaut. .Ich meine " , Gestern war Frühlingsanfang." Die Konversation schien ihn wenig zu ergötzen. Er kniff nun auch das andere, das gesunde Auge zu und stotterte nach einer Weile: .Mein Herr, ich weiß nicht, ob... ich denke fast ... Sie sagten doch. daß Sie selber Arzt sind und ich meine, wäre es da nicht mög lich . . . Ich praktiziere nicht mehr -Ich wunderte mich selber über den kühlen Ton meiner Stimme, über die trockene Sachlichkeit meiner Aus kunfte. Nur m dringenden Fällen" referierend und doch nicht ohne ante Betonung sagte ich das , .in drin genden Fällen, wenn mich liebe M?n schen brauchen, mit denen mich wechselseitiges Wohlwollen verbunden hatte. .Ihr Zwicker ist zerbrochen." sagte ich. Sie haben ein bißchen drauf getreten." , Und ich hob den Kneifer auf, des, sen beide Gläser zerstört waren, und reichte daS leere verbogene Mctal!ge pell hinüber. .Danke danke sehr. Sie sind sehr gütig." Und er ging, immer die Rechte mit dem Tuch ans wei nende Auge gepreßt, zum Fenster. Sie gestatten, daß ich schließe ?" .Bitte, wie es Ihnen kommod ist." Ich empfand das Wort kommod" selbst alö eine Gemeinheit. Ich l,aU mich jetzt gewöhnt." Es ist recht schmerzhaft . , . .Allerdings. Aber ungefährlich. In zwei Stunden Zwei Stunden großer Gott!" Ich hob ihm den Engethorn auf. der ebenfalls am Boden lag und legte ihn ins Gepäcknetz: .Sie werden nicht lesen wollen ?" , .Lesen ich? Jetzt? Nen. Aber wenn Sie vielleicht ... es ist ein sehr hübsches Buch. Lauter kleine lustig, Geschichten ...." .Danke. Ich finde das Leben zu ernst. . Ich liebe kleine lustige Ge schichten nicht Ich hatte selten so frech gelogen. Aber es war . seltsam: so gutmütig ich sonst bin, als ob der Geist der Rache über mich gekommen wäre, so zwiebelte ich nun ihn, wie er mich geärgert hatte. So fuhren wir eine Weile. Er wischte immerzu mit dem Tuch nach der Nase. Erfolglos. Plötzlich rückte er etwas vor auf seinem Sitz, kämpfte mit einem Entschluß, rich tete dann das gesunde Auge treuher zig auf mich und sagte: Verzeihen Sie, mein Herr ich muß Ihnen ein Geständnis machen." .Wenn es Sie erleichtert, bitte." Hm - ja. Nämlich in der Sache war ich im Recht vielleicht . , , . aber hin ich 'bin gar kein Jurist." . .Oh. bitte, das macht nichts. Ich lege auf neue juristische Bekannt schaften gar keinen Wert. Ich kenne davon schon so viele." ' Gewiß, gewiß . Ich meinte auch nur Meine Eltern..." Oh. bitte, die Intimitäten Ihres Privatlebens interessieren mich nicht." Ich glaube, ich , hatte genau seinen Tonfall von vorhin getroffen. Er hatte offenbar andere Wirlun gen seines Rückzuggefechtes erwartet. Hatte vielleicht erhofft, daß dieses reumütige Geständnis, das eine Ent fchuldigung - einwickelte, ihn doch noch einreihen möchte in die Gruppe der lieben Menschen, mit denen mich wechselseitiges Wohlwollen verbindet. .Groß , Lichterselde!" l; konstatierte ,n ich, wir werden in zehn Minuten in Berlin sein." , Gott sei Dank! Ich sehe schon gar nichts mehr." Ich werde Ihnen Ihre Handta sche . . . . hier bitte. Und Ihren Engelhorn bitte." Sie sind sehr gütig. Er sagte das sauersüß und ohne den Enthusiasmus der Ueberzeugung. In den Laubenkolonien am Bahn- dämm arbeiteten schon agrarisch Fa natiker. Das Häusermeer Berlins tauchte auf. .Sie hatten vorhin, sagte ich und sah dabei zum Fenster hinaus in den freundlichen Abend .hatten vor hin die Güte, mir mitzuteilen, daß Sie im Widerspruch mit Ihrer frühere Mitteilung jei Jurist sind." Allerdings. Ich " Bitte, das aenügt. Sie haben im Zusammenhang mit dieser Mit teilung das Fenster geschlossen ..." Ja, allerdings. Und ich muß . . ." Bitte, ich bin orientiert. Ich wollte nun auch meinerseits nicht ohne das Bekenntnis von Ihnen ge hen: in diesem Augenblick, als Sie nämlich als Nichtjurist daS Fenster schlössen, hätte ich Ihnen gerne das Kohlenstäubchen aus dem Auge ent fernt. Aber ' , Aber er versuchte, bitter zu ächeln, was ihm mit einem Auge chlecht gelang aber ich gehöre ich weiß und begreife das nicht zu den lieben Menschen, die ' Ihnen durch wechselseitiges Wohlwollen ver bunden sind." .Das hatte mich nicht geniert. Aber ich bin genau so wenig Arzt, wie Sie Jurist sind." .Das ist denn doch " Seltsamerweise die Wahrheit. Aber " ich rief aus dem Fenster n die Bahnhofshalle, in die wir soeben einfuhren hierher zwei ta ... " j i i , f. cMunagrr Jiver, ja ... ctj wollte sagen: aber ich weiß, daß gleich rechts vom Bahnhof in der Königgratzer Straße ein Arzt wohnt. )llas yav' ,ch zufällig gelesen, als ich neulich ausnahmsweise einmal spät in der Nacht, so um zwei Ubr. nach Hause ging. Und dann noch eins hierher, Gepäckträger! ich habe auch darin nicht die Wahrheit gesagt: ich bm doch em Freund von leinen, lustigen Geschichten. Und dielleicht bitte, nein, Gepäckträger. der Engelhorn gehört dem Herrn da! vielle-cht schreib' ich daS Geschicht chen unserer Fahrt selbst mal. Und nenne es: DaS Kohlenstaubchen . Nenn eS nach diesem Atömcken ver moderier Pflanzensubslanz, 'daS nur n ein Auge zu fliegen braucht, nm alles in sein Gegenteil zu verwan beln einen Menschen, ein Wells bild und einen Frühlinzstag,"- ' 1