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About Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926 | View Entire Issue (Feb. 13, 1917)
lh4HHH$"M'MMS I 1 .3te HKKevösws.' 1 1 ? i V - ,, ,, . ., , , , . , I l I ' ' Z , Roman van Horst Sabcrn, X 2 i , Roman van (20. Fortsetzung., Nu. ins Bockshorn läfet sich der Baron nich jagen! Da barg Anna ihr Haupt an dem umsangrncyen Busen ihrer Mutler. HUj mir! Hilf mir! Ich hab ihn doch so lieb!" Anneken, mein Anneken! . Nu ja Es iZ 'n Mann, nich von Pappe! 'n Mann mit Haare o) ve Zahne! Elemnt versteht er Vätern zu neh inen! Und wenn die beiden heute zusammen Mittag essen, et soll mir lar nich wundern! Da tat Anna das Klügste, was sie tun konnte, sie parkte ihrer Mutter daS Rückarat. (53 kommt doch nur aus Dich an auf Dick!" Nee. nee! Ick will for die Zu. kunst nicht allein die Verantwortung übernehmen!.... Aber laß et man jut fein, is die Auskunft nich hun demiserabel, hat er off die Dauer nischt dagegen!" Stürmisch küßte sie die Mutter ab und die ließ es sich gern gefallen. ... Eine 'halbe Stunde später tele- bhonierte Ernst. Und als Anne ihm agte, die Aktien standen nicht ganz chlecht, der Bater habe es aber vor gezogen, oai Mittagessen nicht zu Hause einzunehmen, brüllte er: .Schluß" und erschien zehn Minuten später auf der Vildfläche.... Haar lein erzählte ihm Anne die Unter redung, während er, wie wild durchZ immer lief,... Und dann blieb er mit überlegenem Lächeln vor der Schwester stehen. Der Schlauberger!" Wie meinst Du das. Ernst?" .Na, wie es auf der Hand liegt! .... Spielt sich auf den Nötleiden dm auf! Damit er sage kann, wenn der Vater Geschichte macht und anfängt von Leichtsinn zu f feln: Mein Gott, Herr Hallerksm, daS stimmt nicht! Ich hab über Haupt keine Schulden! Wollte nur mal sehen, was Sie für ein Gesicht machen!" DaZ glaubst Du doch selbst Nicht!" .Aber ja! Ich hab zufammenae rechnet, waS seine Pferde in diesem Jahre bis jetzt, wir haben Anfang August, verdient haben! Fünf Pferde fiebenundzwanzigtaufend Mark! DaS ist doch ein Wort! Wenn auch na türlich viele Unkosten von, dene. winnen abgehen, es bleibt doch ein hubscheS Sümmchen ubng,! Die Mutter hatte es gehört, die Tür zum Nebenzimmer war nur an gelehnt. Sie hielt den Augenblick für sehr passend, ihrem Sprößling einen Nasenstüber zu geben. .Ueber Dir hat er sich nich jrade schmeichelhaft ausjelassen, der Herr Baron! Un bat hat Vätern im mir unjemein an ihm jefallen." Ernst wars sich in die Brust. .Was hat er denn gesagt? Das möcht ich doch wissen, damit ich meine Maßnahmen treffen kann!" .Ach Du jrüner Bengel! .... ' flüchtiger Händedruck, juten Tag und juten Weg. dat is allens! Das war zuviel für den Gerne groß. .Taktisches Manöver! Er hat Va tern beim richtigen Ende angepackt! Wie eng wir befreundet sind, das weiß doch Anne!" Nun, nun, Du bist ihm doch von Herrn Solemacher erst vor wenigen Tagen in meiner Gegenwart vorge stellt worden!" .Schaf,' sagte er., .Schaf" und verließ daö Zimmer. Frau Christine hatte sich ihren Nenn. schon längst gemacht. Ernst hatte sich für Anne nicht ins Zeug gelegt aus purer, brüderlicher Liebe, der verfolgte seine eigenen Zwecke: Der Herr Baron als Schwager war eine sehr annehmbare Empfehlung. Sie fand das ganz selbstverständlich. Er war doch ein schlauer Bengel! .... Und dann kniff die Mutter die Augen klein. .Sage mal. Anneken, wer is denn dieser Herr Solemacher?" Ein Freund von Nalstow! Wie es um seine Freundschaft mit Ernst aussieht, weiß ich nicht genau!" .Hm", sagte Frau Christine, wei ter nichts. Und Anne war auch nicht danach zumute, jetzt ein langes Gespräch zu führen. ES , kam dabei höchstens Peinliches heraus. Die Mutter brauchte sie in den nächsten Tagen unbedingt, also der nur immer di rett vor den Stürmen in den Ohren gelegen. Sie mfa, auf die Weise kam sie am weitesten. Herr Solemachcr hatte sich nicht geirrt Am Nachmiüage lief die Antwort auf seine Anzeige ein , Schlau war der Kerl! Ihm lag daran, Zeit zu gewinnen. Das Hei ratsprojekt sollte erst etwas weiter ?ediehen sein. Deutlich fl.i'-d es ztri schen den Zeilen. Der Kerl schrieb! .Ich wußie giinj genau, bis: Sie die Anzki-ze einsken würden, .... Ich muß vttikifen. Also lj,,ben Sie die Öüie, nächsten l'Jitt; Horst Sabcrn, woch noch einmal zu annoncieren in gleicher , Zeitung. Und zwar folgende Worte: Abchluß kann je derzeit ersolgen. Aaronchcn.... Und ob Ich' für fünf Taufender mache, weiß ich noch nicht. DaS .Geschäft", läßt sich ja auch noch nach der Verlobung ordnen, denn ich möchte die Pferdeschmeißel nicht um ihr Geld bringen.... Ich wün schc. daß Sie heute abend um . neu im Casi! Josty sitzen. Tun Sie es nicht, hat, morgen früh Herr Hallerkow eine Warnung von mir." Lange - überlegte Solemacher. Sollte er den Kerl hinziehen? Sollte er es auf Biegen und Brechen an kommen lassen?.... Da ließ sich erst ein Urteil fällen, wenn er von dem Baron gehört hatte, wie die ,Ver tobung" abgelaufen war. Punkt sieben Uhr war er bei dem. .Na?" fragte a kurz. Der kleine Kerl durste nicht auf den Gedanken kommen, daß ihm irgendwelche Be wegungsfreiheit" gestattet war. Ralstow sagte vorläufig gar nichts, schmunzelte nur. Hören Sie, ich will wissen, wie Sie bei den HallnkowS abaeschnit ten haben!" Ihr schönes Geschäft hänat neck, total in der Luft! Vorläufig will er ich uöer uns beide erkund aen!" Herr Solemacher fuhr hoch. .Was hab denn ich mit Ihrer Ler lobung zu tun?" Nalstow zog dre Schultern hoch und schob die Unterlippe vor. Xa tragen Sie mich m viel. mein Lieber!" Jetzt hieß es tücktia lügen. Denn wurde aus der Heirat nichts, mußte er versuchen, den Sals. abschneider aus purer Angst bor etwa kommenden Ungelegenheiten ans seine Seite zu ziehen. Ich hab mich na türlich gehütet. Ihren Namen zu nen nen, denn Staat kann man mit Jh nen jct doch nicht machen. Es muß also wahrscheinlich von dem gnädigen tau:, geeycn i,ein: .... und über die halbe Million ist iiberhauvt gar nicht zu reden, meinte der Herr Schwiegerpapa 1" Solemacher brauste crafv Schön dumm werden Sie sich be nommen yaoen! Wahrscheinlich! Das darf Sie nicht wundern! Denn säßen wir beide uns denn gegenüber, wenn ich Nicht mordsdämlich wäre? Und daß Sie und Frau von Prahms ringk ein bißchen heftiger für mich arbeiteten und ich nicht alles allein zu machen brauchte, das könnte ich eigentlich bei dem hohen Honorar auch verlangen!" Saß dieser leichtsinnige Bursche auf einem hohen Pferde! Von dem mußte er schleunigst heruntergeholt werden. .Sie vergessen, daß es nun von meiner Gnade und Barmherzigkeit abhängt, wie lange Sie sich frei be wegen dürfen!" . , s .Oh ja. das weiß ich! Dann greis ich eben zur Pistole! Sag aber dem, der kommt, um mich zu verhaf ten: in meinem Schreibtisch liegt ein sehr niedliches Schriftstück, für das sie als Kriminalbeamter sicher reges Interesse haben werden.... Es ist nebenbei in Tagebuchform, sehr aus führlich bis zu meinem heutigen Be suche bei Hallerkows songefetzt!" Herr Solemacher wendete feine Taktik an. Er antwortete überhaupt Nicht auf den langen Erguß. .An welches Auskunftsbureau hat sich Herr Hallerkow gewendet?" srag te er barsch. Ja, woher soll ich das wissen? Ich bin mit dem alten, dicken Knaben zusammen weggegangen. Es scheint, als ob in dieser Familie sehr heftige Meinungsverschiedenheiten ausgefoch ten würden! Und die Frau Schwie germama, sie ist auch ganz ausge zeichnet im Futter, hat die Hosen an! In acht Tagen wr 'ich mein Urieil empfangen. Bis dahin üb ich mich im Pfeifen!' Herr Solemacher schwieg sich ziem lich lange aus. Dann erhob er sich, nickte dem Baron nur zu und ging Ter rieb sich mit der Faust den Hinterkopf. Ihm kam's vor, als läge der Strick um seinen Hals nicht mehr ganz so fest, wie heute früh . . . Dem Halsabschneider fiel es, nicht ein, nach dem vnzs Jony zu gehen. Er wanderte nach dem nächsten Prst.r" ' ' " J lr nh mt und telephonierte an Frau o ' R 'Jtrnhmarinnf , Gut! Treffen wir ,,n w.' "cht Punkt Zwölf Uhr am Viktoria.,'"'' . fi.nh, . .... Luiseplatz! fe! Ich komme a die Ecke!.7 Mohsiraße, Richtung dorsplatz. in einem Auto angefahren, in das steigen Sie ein!" Paul Hallerkow war wieder erst sehr spät nach Hause gekommen. Er hatte sich festgekneipt. In einem Auskunftsbureau war er noch nicdt gewesen. Das hIe noch Zeit. Erst wollte er sich vergewissern, wie die Stimmung zu H.-ufe war. . . . Am nächsten Morqen, beim Früh' siiiä. brauste der erste Sturm über der Monsiraße, Richtuna NolkN'!... ' 1U 1 ?UZ3 lT ihn hin. Er ertrug ihn gelassen. Mit einem behäbigen Schmunzeln. Nur ab unv zu schielte er nach seinem Sohne, der merkwürdig still war. Dem war natürlich die Aeußerung des Barons, daß die gegenseitige Freundschaft gar nicht so dick war, in die Krone gefahren. Anne bettelte so wunderschön. DaS gefiel ihm. Das war er von dem Mädel gar nicht gewöhnt. Da schürte er das Feuer. .Anneken, wir werden ja sehen!" Ernst hob den Kops. Warst Du schon bei einer Aus kunftei?" 1 .Jeht Dir nischt anl....Anmken! Annetcn.' 'ne halbe Million, da is doch teen Sedanke dran!.... Wenn wir erst wissen, wie er dasteht, dann wud er die Antwort krregen.'..,. Und nu möcht ich acht Tage um Dihe gebeten haben , verstände?" Wenn ihr Paule energisch, wurde, wußte Frau Christine, eö war nur Theaterdonner. Die zweitägige, an haltende Kneiperei hatte ihn schon halb und halb mürbe gemacht. Er hat Dir janz jut jefallen, in doch ich so, Vater!" : Und als sich Man und Frau gerade sehr ernstlich stritten, wem der Baron eigentlich .jut jefallen" hatte, brachte das Dienstmädchen eine Visitenkarte, .'ne Dame. Se möcht sich de Wohnung nebenan im ersten Stock ansehen!" Die war das Schmerzenskind Hal lerkows. .Schon zum dritten Male stand sie leer. Zuerst hatte sie ein General bewohnt, der versetzt wor den war, dann ein Obekverwaltungs gerichtsrat, der starb, und zuletzt ein Bankdirektor; dieser hatte sich eine eigene' Villa in Nikolassee gebaut. Pauk Hallerkow drückte das Kinn an den Hals, hielt die Visitenkarte auf halb Armlänge von sich und kniff die Augen klein. ,'ne Frau von Prahmsringk!.... Emma, in den Salon mit ihr! Ick käm jleich!" Und dann ging der doppelte Haus besitze? und Millionär in Begleitung seiner Frau erst einmal in sein Schlafzimmer, um sich Kragen und Schlips umzubinden.... Die elegante Frau von Prahms xingk. die Lorgnette an den Augen, musterte unterdessen den Salon. Ein bißchen sehr protzig alles, keine Gemütlichkeit in dem großen Raume .... Als aber Paul Hallerkow mit seiner Christine das Zimmer betrat, ging sie mit liebenswürdigem Lächeln auf die beiden zu und reichte ihnen die Hand. Auf solche Weise ließen sich diese Art Leute am besten ein wickeln. Darin hatte sie Uebung. Kann ich mir die leerstehende Wohnung im Nebenhaufe einmal an sehen? Eine gut Freundin von mir, eine Gräfin, sucht neun Zimmer mit Zubehör! Sie zieht von aus warts zu. In meiner Nähe will sie sein, ich wohne keine zehn Minuten von hier aus der Regensburger Straße.... Natürlich verfügen Sie über alle neuzeitlichen Einrichtung gen!" Paul Hallerkow machte einen Die ner. Jawoll, gnädige Frau! Jeder Komfort der Neuzeit is' vorhanden! Und natürlich bin ick erbötig, allen Wünschen der Frau Jräfin nach Möglichkeit nachzukommen! BorauS jefetzt, sie macht 'nen längeren Kon trakt mit mich!" .Aber daran liegt ihr gerade, lie ber Herr Hallerkow!" .Da fall die Frau Jräfin ooch ta dellos mit -mich zufrieden sein!" , Und dann gingen . die drei die Wohnung besichtigen.... Frau v. Prahmsringk hielt die Lorgnette fortgesetzt an die Augen, nickt zu den Erklärungen, an denen sich auch Frau Christine außerordent, lich lebhaft beteiligte, und sagte schließlich mit einem tiefen Seufzer: Nein, wie bin ich froh, ss schnell etwas Passendes gefunden zu haben! Aus Wohnungssuche gehen, ist das Greulichste, was ich mir überhaupt vorstellen kann! .... Nan hat die Sache aber noch einen Haken! Jetzt haben wir Anfang August,, vor Mitte September wird die Frau Gräfin schwerlich die Wohnung besichtigen können. Sie hält sich nämlich au genblicklich noch in Tirol auf!" Paul Hallerkow versicherte, daß dies ohne Belang wäre. Aber er halte es doch für nötig, gleich den Mietspreis zu nennen. .Ach, darüber werden Sie schon mit der Frau Gräsin .einig, lieber Herr Hallerkow. Sie lebt in sehr ,1. m:. i r.x.i t,:r.t l"M "v" reizende, kinderlose Witwe, in am! iyc.it utqiuuu. jLiun nir yiuu una sin mietete totsicher, wenn ihre Freun bin die Wohnung lobte. Und ein ordentlicher Preis würde auch her ausspringen. (Fortsi,'i)iiiig folgt.) Grob. .Was. Sie wollen Ihre Stellung als Pauker in meiner ltapcllk ausgeben?" Jawohl! Lassen Sie sich pauken von wein Sie wollen.' 7 ' - Em Ewschttt. Von Fritz Ebersolö. Den lieblichen Gestaden des Sees entlang wandelten glückliche Menschen. Eingebettet im jungen Grün "des Frühlings lag das breite stille Wasser, essen Purpur unke? der untergehen den Sonne langsam erblaßte. Glückliche Menschen wundelten in diesem Frühlingsparadies, junge und alte, alle in frohem Geplauder, la- c,. miö ,.ngen, als yätte für die Erde ein ewiger Lenz feinen Anfang genommen und als wären die Schat itn der Aagessorgen für immer ver funken in die Tiefe des Sees. Auf einer der grünen Bänke hatte ,ch mich stille zurückgezogen. Ich frag te mich, was ich inmitten dieses all gemeinen Frohsinn zu tu habe, tver das ttflück der andern griff 'mir nicht ans Herz. Längst schon hatte ich mich in mein Schicksal ergeben. Ich war seit einer Stunde wieder in meiner Vaterstadt. Meine Hoff nung. mich bei meiner Rückkehr hoch erhooenen Hauptes zeigen zu dürfen, kam nicht zur Erfüllung, Ich blieb was ich war. Lch blieb em vom Schicksal hart mitgenommenes Menschlein, das froh fein durfte, das Brot derer zu essen, die glücklicher waren, als ich. Man hatte mir einst eine glänzende Zukunft vorausgesagt md meine Vettern und Basen wur drn damals nicht müde, den intelli g.nten und lerneifrigen Jungen zu bewundern. Sie täuschten sich, wie ich mich in mir selber täuschte. Es lag etwas Geheimnisvolles auf mir, das kein frisches Entfalten, kein fröhliches, mutiges Aufleben erlaubte. Dann erhob ich mich, und wie ich nun also steuerns und apatisch da hinseg'lte, den Blia zu Boden g ?ich te!, gebeugt und zerschlagen, stieß Mei ne Nase auf ein glattes, steifes Et was. das bei den Glücklicheren dieser Welt als Herrendrusthemd eines so hohen Ansehens sich erfreut. Der Besitzer des entweihten Klei nodes, ein wohlgenährter, sehr statt licher Herr, trat tiefbeleidigt einen Schritt zurück, stürzte dann aber so fort auf mich zu. : .Du. Jeremias Du lieber, alter Junge! Wo kommst denn 'du her?" Mit einer Zärtlichkeit, der ich mich beinahe schämte, faßte mich mein alter Schulfreund Johann Samuel HLppli am Arm und zog Mich stürmisch aus dem Gedränge der Lustwandelnden. Wie blieben an jcaem Abend , nur kurze Zeit beisammen. Mein Freund war anderweitig in Anspruch genom, men. ( Am Morgen daraus stand ich vor einem großen, n:utn Renaissancebau. Ein Palast wars. Neben 'em hohen Erngang eine einzige kleine, schwarz i glänzende Firma.afcl. Darauf stand ; i vmen gvtvcnen neuern eingegraven: Johann Samua Hopplt und Co. Der Mann hat es mit seinem Schneiderberufe schon weit gebracht, dacht, ich. Aber in der breiten Halle sah mein Auge weder Schneider noch Bügler, wohl aber ein halbes Dutzend Kassiere, wohlgrschlltzt hinter Gittern, und diese Kassiere standen mit einem zahlreichen Publilum in regstem Ver kehr. Mein Jooann Saniuel ist also Bankier geworden. Nun saßen wir im luxuriös ausge statteten Privatbureau meines alten Schulfreundes, und nun sollte ich er zahlen. Ein, sehr zweifelhaftes Ver gnügenk Und er, mein alier Schulkamerad, der fo selbstzufrieden mir gegenüber saß? Er, der in seiner Jugend doch herzlich wenig versprach, einer der er ften Bankiers des Landes. Ich berichtete von meiner Bergan genheit, was m'r gerade einfiel. Ich suchte mich zu beherrschen, aber es war doch nur ein Jammer und Kla gelied. Es sieht nun einmal in den, Ster nen geschrieben, daß...". Unwillig unterbrach mich 'mein Freund., .Was steht in den Sternen ge schrieben? Nichts, als die eine alte Wahrheit, daß jeder seines Glückes eigener Schmied ist." .Du hast allen Grund, hievon über zeugt zu sein," erwiderte ich bitter. .Und was gedenkst du jetzt zu tun?" .We dir bekannt sein wird, habe ich seinerzeit mit einer versichcrungs technischen Arbeit doktoriert. Es wäre längst mein Wunsch gewesen, auf dem Gebiete meines Spezialstudiums tätig sein zu könn.m. Nun wäre in der Bundesstadt eine solche Stelle vakant und eben bin ich im Begriffe hinzu .eisen und mich den Herren persönlich vorzustellen." .Im Begriss" war zwar etwaK diel gesagt. Denn vorher galt es, das nöti ge Reisegeld aufzutreiben. Der Bankier antwortete nicht gleich. Sein scharfer Blick schien mein In nerftes erforschen zu wollen. ' .Ich würde nicht hingehen", sagte er dann trocken. " .Warum denn nicht?" Weil's dich wieder nichts nützen wird." Ein sehr billiger Trost!" erwider t.' ich unwillig, .Tu verstehst mich wohl nicht recht, mein lieber Jeremias. Ich meine nur, in deiner gegenwärtigen Gemiitsver fassung v-.üßte eine persönliche Bor stellung dir mehr schaden als nützen. Merke dir's, was dir vor ollem not tut: du mußt dich vorher emS deiner Armensunderstimmung , herausarbei ten. Man muß ic den armen Schlu cker nicht schon auf zwei Meilen Distanz sehen, schon aus dem Grunde, weil du in Wahrheit gar kein armer Schluck bist. Ich erinnere viich noch sehr gut, es fehlte dir von frühester Jugend an an Selbstver trauen. Du warst gar nicht ein Jun ge, wie wir andern. Du gefielst dir förmlich darin, "imbos zu sein, wah rend man es in diesem Alter doch lie ber mit dem Hammer hat. Hättest du in den Zeiten des ersten Christentums gelebt, du wärest ohne Zweifel ein be rühmter Märtyrer geworden, und alle Kirchenbücher wären des Lobes voll über den heiligen Jeremias. Nun aber, mein Lieber, da du für eine so glorreiche Nolle ?u spät aufgestanden bist, wirft du dich doch einmal daran erinnern Kassen, daß die heutige Zeit Männer braucht, Manner, die flugs bereit sind, den empfangenen Backen streich zurückzuzahlen. So lange du deine Fähigkeiten und deine Person lichkeit so gering einschätzest, daß du es als selbstverständlich betrachtest, die Rolle des Prügeljungen zu spielen, wirft du ebe lZrügeljunge bleiben. Also vor allem: fasse Mut und Selbstvertrauen! Bilde dir ja nicht ein, du seiest minderen Wesens und Wertes als andere, weil du zufällig oder aus Gründen nicht dazu kamst, dir Schätze zu erwerben. Kopf hoch! und alles wird besser' werden. Kops hoch! leicht gesagt. Für den Mann, der durch Besitz und Vermö gen gegen die schlimmsten Edentuau täten geschützt ist und der sich unab- hängig gemacht hat, mag ein starkes Selbstvertrauen keine so große Kunst sein." Du glaubst also, mein guter Jere mias. daß der Besitz zur Stärkung des Selbstbewußtseins beitrage?" er widerte Samuel HLppli lächelnd. Da magst du recht haben. Es aäbe sonst nicht so viele unerträgliche Pro tzen auf der Welt. Aber da du ein gebildeter Mann bist und dich einer normalen Phantasie ,erfreust, so stelle dir einmal vor, du tragest ein Ver mögen mit dir herum, und wenn du dich in diesen Gedanken hineingelebt hast, so eile nach Bern und stelle dich den Herren vor. Ich war empört über diesen dilli gen Spott. Ich begreife '.n der Tat nicht, wie du meine Lage zum Gegenstand dei Nes Witzes machm kannst. Uebrigens verfüge ich nicht einmal über soviel Phantasie." Ich wollte mich erheben. .Nur nicht so eilig, meiu Freund. Wie wäre es, wenn man deiner Ein "ildungskraft zu Hülfe käme?" Und einem drolligen Einfalle fol gend trat der Bankier an die Reihen der Sprachrohre, welche die verschiede nen Abteilungen des Bankgeschäftes mit dem Bureau des Direktors ver band. .Herr Binder!" Herr Prinzipal?" antwortete es gurgelnd zum Rohre heraus. Halten Sie mir zweihundert Tau sendfranlscheine zur Verfügung. Ich werde sie gleich in Empfang nehmen." Der Bankier ließ nich jetzt allein. Nun begann mich die Sache doch zu interessieren. Bald trat Johann Samuel Höppli mit einem vollgefüllten und bersiegel h.. gelben Couvert zurück und legte & vor mich hin. .Zweihundert Noten zu tausend Franken 200,000 Franken" stand in dicker Schrift auf dem Couvert ge schrieben. Nimm das und stecke es zu dir. Verwahre das Ding recht forgsam in deiner Brusttafche. Gebrauch wirst du nicht davon machen. Der Inhalt soll dir wenigstens für einen Tag den Wahn nehmen, du seiest ein armer Schlucker". Jetzt gche und bist, du glücklich von Bern zurückgelehrt, so stelle du mir mein Eigentum wieder zur Verfügung." Die Komödie wollte mir nicht paf fen. Tue jetzt, wie ich dir sage," erwi derte der Bankier ruhig. So stelle, ich dir wenigstens in aller Form einen Empfangschein aus." Absolut unnötig. Du bist ein bra ver Mann, das genügt mir. Und hier noch etwas Bargeld auf die Reife. Bitte keinen Dank. Es ist mir wirk lich eine Freude, dir dienen zu kön nen." Ich fuhr nach Bern, zweite Wagen klaffe selbstverst'ind.ich. Wieder war's ein wundervoller Maienag, der an mir vorüberflog, und diesmal war mir die Reise ein freudiges Erleben. Unterwegs fanden sich drei gesprächige Herren im gleichen Coupe ein, deren temperamentvolle Diskussion sich über alle möglichen Tagesfragen verbreite te. Und auch ich brachte meine Mei vung zur Geltung, präzise, überlegt und mit - der Ueberzeugung eines Mannes, der ,ich nicht durch jeden windigen Einwand über den Haufen rennen läßt. Aus der linken Brustta sche strömte ein eigenes Gefühl der Sicherheit durch den bisher schllchter nen Jeremias. Sonst war man mit meinen bescheidenen ' Einwänden und Ansichten, die ich wir etwa bei sol chen Anlässen zu machen erlaubte; bald fertig. Nun aber kam eine ande r.' Betonung in das Lied. Diese Zuversicht, die mit jetzt als etwas Selbvcrsiäildliches vorkam, der s ließ mich nicht, als ich vor dem ge strengen Herrn Präsidenten stand. Es schien mir angemessen, den nicht sehr günstigen Einöru, den mein vor ei ; er Woche eingereichtes und in mei ein zur Ueduna gewordenen devoten ; Stil abgefaßtes' Anmeldungsschrerben wachen mußte, wenigjlens einigerma ßen durch eine männliche und wür dige Haltung gu zu machen. Der ; Gedanke an das unbegrenzte Ver j trauen, das mir mein Freund schenk te, hatte in mir ein Gefühl des Wohk ' behagens und des Stolzes erweckt, das , mir keine allzu großen Verbeugungen erlaubte. i Der Herr Präsident lud mich zum i Sitzen ein. Das war mir oei solchen ' Vorstellungen no q nie passiert. Er i sprach mit mir u durchaus freundli ; chem Tone. .Es fragt sich, ob dieser I Herr Präsident jemals so viel Geld relammen hatte, wie ich da der mrr trage," dachte ich und nahm den mir zugewiesenen Platz tttit einer Ruhe ein, als stünde ich vor einem Herrn Kollegen. Die Zahl der Bewerber ist aller dings eine ziemlich große," bemerkte der Herr Präsident. Allein wir wer den uns redlich oeftreben, den tüchtig slen herauszufinden, und es sollte mich freuen, wenn die Wahl auf Sie sal len würde". Ich hatte ja stets mit einer Un Masse von Konkurrenten mich messen müssen, und ich glaubte dann meiner sache am besten dienen zu können, daß ich alles mögliche und unmögli che versprach, die Zufriedenheit mi ner Herren Boresetzten zu erwerben. " Diesmal versprach ich garnichts. Ich sah offen in die v ugen meines Gegen übers und erklärte es als eine selbst verständliche Sache, daß ich meine Pflicht tun würe und daß ich glaube den Ausweis geleistet zu haben, dem Amte in jeder Beziehung gewachsen zu sein. Treue und Diskretion betrachte ich kür jeden Mann, der diesen Namen verdient, als eine selbstverständliche Sache. Ich sei zwar unbemittelt, aber es seien mir schon Hunderttausende anvertraut worden, ohne daß diejeni gen, die mir ihr Vertrauen schenkten, mehr Garantien gehabt hätten, als meine Ehrlichkeit. Ein flüchtiger Blick des Herrn Pra sidenten streifte meinen schon etwas stark mitgenommenen schwarzen Geh rock. Doch hatte ich so vräzise und mannhaft gesprochen, daß der Herr mir unzweifelhaft glauben mußte, wenn er in mir nicht einen durchtrie benen Spitzbuben erblicken wollte. Damit war die Audienz zu Ende. Der Herr Präsident reichte mir die Hand. Morgen ist die Wahl, wir wollen das beste hoffen." sagte er und begleitete mich bis zur breiten Treppe ein für mich ganz, unerhörtes Ereignis, daS allerdings .das beste hoffen" ließ. Nun gedachte ich aber sofort wieder heimzureisen, um die schwere Berant wortung baldmöglichst von mir abzu wälzen. Ich war guten Mutes, guter Zuversicht, wie feit vielen Jahren nicht mehr und gönnte mir in einem ersten Restaurant ein 'echtschafsenes ämnag essen. Dann begab ich mich langsam zum Bahnhof. Immer dichter wurde das Gedränge und immer häufiger griff ich in meine linke Brusttasche. Durch das Menschengewühl mich windend er reichte ich endlich meinen Eisenbahn zug und wählte mir einen Platz aus, der dem Inhaber einer Fünftelmillion würdig war. Wieder griff nach meiner Brust tasche, und zu meinem namenlosen Schrecken entdeckte ich, daß mein gel ber Briefumschlag mit seinem Inhalt verschwunden war. Ich flog hinaus, mehr tot, als le bendig. Ich stürmte '.vie ein Tobsüchtiger fort,, rief nach den Wächtern des Ge setzcs. Ein Herr Polizeihauptmann, dem ich endlich Bericht geben konnte, examinierte über das Woher und Wo hin mit einer für mich fast tätlichen Ruhe. Ein Mensch, der nach Bern kommt, um sich eine Stelle zu bewer den. trägt Hunderttausende mit sich herum, wie einen wertlosen Brief in der linken Brusttasche! Und diese Hunderttausend? gehören selbstver stündlich nicht ihm, sie sind ihm von einem Freunde nur so zugesteckt wor den! Auch gut! Wir gerieten scharf aneinander und das Ende vom Liede war. daß der Arzt kam. um meinen Seelen und Geisteszustand zu untersuchen. Währendöieser peinlichen Unter fuchung hc " s Polizei doch von der Glaub!. meiner Aussa- gen eine etwas bessere Ansicht bekom men und es begann ein eifriges For schen nach dem Taschendiebe, was auf mich diel beruhigender wirkte, ßl alle Medikamente des Arztes. Des andern Tages konnte mich nichts mehr zurückhalten. Es drängte mich, meinem Freunde von dem furcht baren Ereignis Kenntnis zu geben. Nie in meinem Leiben vergesse ich die se Rückreise, die mir wie ein Gang zum Richtbeil vorkam. Am Bahnhof meiner Vaterstadt stieß ich auf meinen Bankier, der eben von einer andern Richtung eingetrof fen war. Ja. was ist denn Entsetzliches ge jchehen?" fragte er erschrocken, als er in mein geisterhaft blasses Antlitz schaute. Ich antwortete nicht, ich konnte nicht antworten. Ich glaubte jeden Augenblick ersticken zu müssen. Ich eilte auf das Telegraphenami bti Bahnhofes. Kein Telegramm für JeremiaZ Pechvogel?" .Soeben ist es. angekommen." Ich riß es mit zitternden Händen auf: Bis jetzt keine Spur. Polizeikom' mando." Der Bankier war mir erstaunt nachgerannt. Was hast du denn mit der Poli zei in Bern zu schaffen, du armn Pechvogel?" Dann nahm er mich am Arm. Komm, du bist krank. Fahr mit mir nach Hause. Unterwegs- kannst du nur alles erzählen. Nur eines jezt: beruhige dich." Der Bankier schob mich in den ele ganten Landauer und fort ginzs zur Villa meines Freundes. Lange war ich keines Wortes mäch tig. Endlich gelang es mir, in abge brochenen Sätzen von dem Enffetzli chen Mitteilung zu machen. Ha, daS ist aber wirtlich sehr inte refsant", begann jetzt der Bankier in einem ganz sonderbaren Tone. Willst du mir erzählen, wie das alles zu und hergegangen ist." Ich sagte alles, was ich wußte. Ich war dem Weinen nahe. Inzwischen waren wir vor der Billa des Bankiers angekommen. .Mag jetzt die Sache sein, wie sie wolle. Heute dinierst du doch mit mir. Wer weiß, ob sich hiezu sobald wieder Gelegenheit bietet!" ; .Ich glaubte den Sinn dieser Wor te sehr wohl zu verstehen. .Ich mag jetzt nicht essen", sagte ich unwirsch. Der Bankier nahm meinen Arm und zog mich fast gewaltsam in sein Junggesellenheim. , Wir setzten Uns zu Tische. Meine Henkermahlzeit!" dachte ich. Bevor wir unser Diner beginnen, hub jetzt mein Bankier in feierlichstem Tone an, wollen wir die Angelegen heit, die dich so sehr beschäftigt, noch mals kurz besprechen. Also, lieber Jeremias, es ist dir etwas gestohlen worden?" .Etwas! Etwas! Deine zweimal hunderttausend Franken, die du mir unklugerweise und gegen meinen Wil len anvertraut, aufgedrängt hast, sind verloren, gestohlen Ich habe dir ja alles erzählt. Warum mich noch lern ge foltern?" Ich habe dir zweimalhunderttau fend Franken aufgedrängt, ander traut? Wie foll ich das verstehen?" Das ist so zu verstehen, daß einer von uns beiden verrückt ist," antwor tete ich wütend. ' Der Bankier blieb rulg,' wie im mer. Ich glaube, du bist im Irrtum. Ich kann dir nur sagen, daß ich bei deinem letzten Besuche allerdings eine solche Summe von meinem Haupt kassier erhob, aber ebenso sicher vin ich. daß ich diese Noten eine Stunde später nach St. Gallen trug und sie dort geschäftlich verwendete." Aber die Summe, die du mir gabst"... .Davon weiß ich nichts" ... Der Inhalt der gelben Briefta sche..." Der bestand, mit Verlaub, aus vier alten Zeitungen." Und jetzt erscholl ein Lachen, das noch heute mir in den Ohren gellt. Einen Augenblick, einen sehr langen Augenblicks saß !ch mit offenem Mun de da. Dann war's mir, als sei ich plötzlich vom tiefstem Höllenpfahl in den siebenten Himmel getragen. Dann lachten wir beide aus vol lem Halse. In der Ueberwallung meiner Ge fühle umarmte ich stürmisch meinen allezeit praktischen Freund. Und nun, wie ist deine Reife aus gefallen?" Hattest du Erfolg?" Das kann ich augenblicklich nicht beurteilen. Aber ich bin zufrieden, zum erstenmal mit mir selber." Und du wirst zugeben, daß diese Illusion, unter der du standest, hiezu beigetragen hat. Du trugst vier alte Z-itungert mit dir herum, du glaub test das Geld zu besitzen, und diese bloße Einbildung hat dir über die Schwierigkeit, die früher dein Ver hängnis war, hinweggeholfen. Kannst du, Jeremias, noch einen Augenblick daran zweifeln, daß in noch viel höhe rem Grade die sichere Gewißheit von deinem Wert und deiner Tüchtigkeit dich mit demjenigen Vertrauen erfül len soll und muß, das allein den Er jolg zu sichern vermag?" - Dankerfüllt, erleuchtet, reichte jch meinem Freunde die Hand. Nun aber, lieber Jeremias Pechvo gel, leeren wir das Glas auf das Ende derjenigen Periode deines Le bens, die deinem Namen leider zu viel Ehre machte. Und das zweite Glas, hurra! dem armen Taschendie be, der eine so grausame Täuschung erleben mußte." Erst spät trennten wir uns. Wie ich meine Wohn mg betreten vollie ein Liedchen summend, hielt mich der Te peschenträger an. Herr D. Pechvogel, ein Tele gramm!" Und ich las bei dem Scheine der Laterne: Sie sind gewählt. Gratulation." Der glückliche Einfall meines Freundes und dessen Folgen bedeute ten für mich das Erwachen zu einem . eilen Dasein.