Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, February 06, 1917, Image 7

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    SsMe Quh5 Srllase
Die Linderjahre
des Vajchmenöailes.')
Hptimismus im Kriege.
Von Gciierallcutnant Frhrn. v. Frcytag'Loringhovcn, Chef des fictl
vertretenden Generalstabes der Armee. ,
Tciic imlirtimsc p(TrcsiitiMir
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Wo Sch. Rig,.Rt sc. Nlcdl.
Noch in den sechziger Jahren deg 19,
Jahrhunderts gab S iiberwieg'end nur
einen rohcn Maschinenbau; sonderlich.
hingen waren selten und wurden nur
handwerksmäßig betrieben oder waren
Nachahmung ausländischer Vorbilder.
Technik und Wirtschaft blieben in in
gen Grenzen und gingen getrennte Wege,
Alle Erfahrungen waren Fabrikaclin
Hin; nur wenige erlangten Einblick.
Werkmeister waren die Leiter, die sich ge
waltig viel einbildeten und ihre vermeint
lichen Geheimnisse hliteten. Die Ersah
rungcn" waren meist Folgen vorange.
gaiiakner Fehler, die kuriert werden mu
Un,- und die zufälligen Kurcrfahrungcn
wurocn vann wrunvlake.
Die VildungSmittcl waren schr be
schränkt: ti gab nur beschreibende Na
turwisscnschaft und etwas Technologie,
Die wenigen technischen Zeitschriften wa.
rcn sehr dürftiger Art; Rezepte spielten
wo) eine yioue, aucs war unzuverlaliig
nirgends gab et wertvolle, sichere Grund
lagen, nirgends ausreichende Wissenschaft,
liche Hilfsmittel.
Der deutsche Maschinenbau muh in
seinen Anfängen nach zwei verschiedenen
Richtungen beurteilt werden, die sich bei
egmn ves neunzehnten Jahrhunderts
vermischten: Der ältere Strom brachte
die bedeutenden Erfahrungen dek alten
deutschen Mllhlenbaus sowie deö Berg
vauS; der zweite, neue Strom wurde
durch die Kontinentalsperre veranlaßt,
Infolge deren verschiedene Industrien, die
vorher rein englische Angelegenheit waren
Nach dem Festland verpflanzt wurden; er
blieb lange unter englischem Einflüsse,
war 'iachahmung und be anders in Gas
und Wasserwerken und in Spinnereien
bemerkbar.
Im deutschen Bergbau haben die
ktunstmcister" frühzeitig und selbständig
die notwendigen Maschinen erdacht und
mit einfachsten Hil smitteln selbst ausge
führt, Leistungen, die noch jetzt unsere
Bewunderung erregen. Im ohlenbcrg
bau mit seinem mächtigen Anstieg wurde
das Alte bald rücksichtslos ausgerottet.
Alte Maschinen des Erzbergbaus, alte
Vammerwerle und Schneidcsagcn. Wind
miihlen und Wassermühlen sind noch jetzt
merkwürdige Zeugen großen Geschicks der
allen Baumeister, deren Leistungen rßot
cild geworden sind.
Der Grundzug der Maschinentechnik
war. alles, was der Betrieb erfordert,
mit eigenen Mitteln und Leuten zu bau
tu; daher wurden Maschinen aus Holz
gezimmert oder auö Eisen hergestellt, das
. der eigene Schmied formen konnte und
die euisache eigene Gieszerei.
Gußeisen war anfangs ein teurer. M
teuer Baustoff, und schon deshalb wurde
vieles auZ Holz gezimmert. Größere
Gußstücke mißlangen, die Schmelzofen
waren zu klein, die Hebevorrichtungen zu
schwach. Schmiedeeisen war nur vec-
wendbar Innerhalb sehr beschrankter Ge
Wichte und einfachster Formen. Größere
Stücke gelangen erst mit Dampfhäm-
mein, deren lnfuhrung für einfache
Werkstätten aber zu teuer war. So
wurden denn bis in die achtziger Jahre
größere Schmiedestücke selten verwendet,
überwiegend Gußteile, sogar für Trieb
werke, Wellen, Brücken usw. Die Gieße
nie konnten eben ihre Hilfsmittel ra
scher verbessern als die Schmieden.
; Die Werkstätten, die Werkzeugmasch!
ren für die Bearbeitung der Aiaschinen
'teile waren klein ünd kümmerlich.
Schwere Stücke mußten auf den unzu
reichenden Werkzeugmaschinen mehrmals
.umgespannt werden. Es war daher oft
zweckmäßiger, auf die Maschinenarbeit
zu verzichten und das Werkstück nur von
Hand mit dem Meißel zu behauen und
mit der Feile nachzuarbeiten. Gcnauig
kcit war unbekannt, war Sache der eige
nen Meinung des Ausführenden, sogar
genaue Maßstäbe fehlten, wenigstens sllr
den Werkstattgebrauch, meist wurde nur
mit dem zusammenlegbaren .Zollstock"
gemessen.
Um so mehr ist die Kühnheit der alten
Techniker merkwürdig, die mit ärmlich
sten Mitteln bedeutende Werke schaffen
konnten, .oberschlächtige" Wasserräder
von fünfzig Fuß Durchmesser, hölzerne
Feldgestänge sllr Kraftübertragung in
5kilomcterlänge. große Pumpmaschinen
usw. Ihre Werke bekunden große Ge
schicklichkeit, obwohl die Arbeiter nur ge
wöhnliche Handwerker waren und die
.Kllnstmeistcr" nur im eignen engsten
Kreise Erfahrungen gewinnen konnten.
Anfänglich dienten nur Wasserkräfte
dem motorischen Antrieb der wenigen
Fabriken. Die Dampfmaschinen fanden
erst in den fünfziger Jahren größere Wer
brcitung: sie galten als sicfährlich. wur
den wohl auch noch .Fcuerinaschinen"
genannt und kosteten mehr als das Zehn
fache der jetzigen. Deshalb gab es in et
legenen Gegenden noch in den sechziger
Jahren die ousstcrbenden .Noßwerkc"
aus der dampfmaschinenlosen Zelt. föö
Pcl", von Pferden im Kreise gedreht, mit
Pferdewechscl alle zwei Stunden, und
es gab noch .Maschineridrcher", die.
stündlich abgelöst, an Kurbeln drehend,
die Arbeitsmaschinen antrieben. Ein
zehnpfcrdiges Göpelwerk galt als groß
und erforderte Stallungen für diele
.Dutzend Pferde.
Der Bau von Maschinen wurde erst
mit der großen Verbreitung der Dampf
Maschinen ein Sondergewerbe. Vorder
gab es auch keine geschulten Arbeit?'; die
Betriebe befriedigten ihre Bedürfnisse mit
ihren eigenen Handwerkern. Geübte Ar
beitcr gab es auch in den Masckiinenfa,
triftn lange nicht,- weil die Art der
Arbkit fortwährend wechselte. Billige
) Bwaravlne hon ?m!I R a i b e
i u , brin cuiinibft der Slflgcmfiiicn liiff
in uirtlSflfIcfliduill, bon 4cl). Reg,.titt A,
fi:?s!ct crt;6cint Bfnuinrti! int üera!c Jnn
Sin lila, stiern bft titlrti Wt
i.t'iiiif tri p.'bnnfeiue.'itif!! üvrrf? ci;ui!
bft i'fifn" von iru i!klmngk alten
iit;iiffliiauc.
Arbeit fand noch keine Nachfrage, weil
die Betriebe, die ihre eigenen Maschinen
zusammenbauten, ihre Selbstkosten nicht
kannten.
Maschinenfabriken entstanden zuerst in
der Nähe' von Berg und Hüttcnlperkcn.
Spinnereien usw.; sie waren Reparatur
statten, dann aber auch Baustätten für
Maschinenteile. Ihr Stolz war, auch
einmal eine neue oder große Maschine
herauszubringen. Später begann der
selbständige Maschinenbau auch in ein
zelnen Städten, sehr frühzeitig in Berlin
um den dort aufblühenden Industrien
zu viencn.
Die Verhältnisse in Berlin waren b!
in die siebziger Jahre bescheidenster Art
die schlechten Berkehrsverbältnisse. die Ei,
senbahn vor dem Brandenburger Tor
unv der den Augen vorausschreitende glo
acnschwingende Wächter, die sandige
Girant durch den Tiergarten, die aus!
Land" hinausführte, die einfachen Lc
bensansprüche und Gewobnbeitcn kenn
zeichnen den gewaltigen Unterschied von
tinji uno icgi.
Die Maschinenfabriken waren ttüfuei
tig entwickelt, sie lagen im Norden vor
dem Lranienburger Tor, in der Chaus
seestraße. dicht nebeneinander in freier
legend, lern vom Berkehr. Die Mascht
nenbauer waren schon damals Wohl be
sannt, ja volkstümlich, auch die Bühne
yar sicy mit ihnen beschastigt.
Die älteste und größte Maschinenfabrik
war die von Egells, die spatere Germa
n,a . Einer ihrer Werkmeister machte
sich selbständig und siedelte sich in der
Chausscestraße an; es war der alte Bor
sig. Ein anderer Werkmeister war We
bcrS, der seine kleine, später von Rathe
nau erworbene Maschinenfabrik in der
Nahe der Maschinenfabrik von Hoppe,
Wöhlert und Schwartzkopff gründete,
Kühn, ein Werkmeister der Hoppcschcn
Fabrik, hat seine Werkstätten bei Stutt
gart errichtet. So haben die Berliner
Werkmeister den deutschen Maschinenbau
in vanv getragen.
Manche Leistungen dieser Fabriken
lino erstaunlich, o die großen Maschine
für Berg und Hüttenwerke, mit gußei
fernen Wellen und Gestängetcilen, die
jetzt niemand wagen würde, die aber im
tragen Aalte ihrer schilleren Glieder jähr
zehntclang arbeiteten.
Die Forderungen waren gering, Ge
nauarbeit war unbekannt; das Zim
mcrmannshaar , auf einen Zoll genau
war ipncyworuicy tut schlechte Arbeit.
WaS gedreht war oder gebohrt, galt als
runo, als genau. Eine gewallte Genau
iakcit von einem Zchlitclmillimeter bätt
als Phantasie gegolten, eine solche ron
einem Hundertstmillimeter als Verrückt
heit. Meist hatte ein Werkmeister die
Herstellung der einzelnen Smcke zu über
wachen und auch da ür zu sorgen, da
ic durcy Nacharbeit richtig zusammen.
gepaßt und die Maschine gangbar ge,
macht wurde. Bei der Ingangsetzung
großer Maschinen waren Brüche nicht
selten, sogenannte .Ninderllk.ikheltcn'
uiiu iiiaujaiBEiicn oie Negei. ANsianos
loser Lauf der Maschinen sofort nach
Aufstellung wurde nicht erreicht, war doch
fast jede Maschine anders als ihre Vor
gängerin. Wenn sich die Maschinen
drehten, einigermaßen die verlangte Ar
bcit leisteten, nicht allzuviel Störungen
w (r - y--t-.it-. t.1. tv -ri . .
verursachten, dann galten sie als hervor
ragend.
Xit Wirt chastlichen borgen waren
noch gering. Mit lediglich guter Arbeit
und gewohnlichem technischen Geschick
war auter fofoln und ßrtrnn tiifipr eifine
oie coiwenvigkeit, sich sehr anzustrengen
oder gar aufzureiben.
Die Fabrikhcrren wurden leicht Wohl
habend, denn es gab nur Wettbewerb
mit der Handarbeit, mit handwerksma
ßigen Mitteln und Gepflogenheiten. Die
ffabriklciter, wenigstens außerhalb der
, P . - - --O l'T'f
Städte, waren eine Art Gutsherren, frei
von täglichem Drängen und Plagen.
Manchem von ihnen verdanke ich wäh
rend meiner Studienfahrtcn außer Be
lehrung auch schöne Ausflugs und
Jagderlebnisse. Wettbewerb und ständige
Unrast sind erst viel später Dauergäste
geworden.
Vorausschauende wirtschaftliche Ueber
legungen tiber den AlltagSbedarf hinaus
waren selbst noch kurz vor den achtziger
Jahren wenig üblich. Die Fragen:
.WaS kostet ein Kilo Dampf?'. .Was
ostet der Transport der Werkstückes.
,WaS sind die Selbstkosten dieses Mc
chinenteils?" wurden meist nur durch
den Hinweis auf die Buchhaltung btant
wartet, die ja an der Jahreswende auf
weisen werde, was verdient wurde.
Die Gcldlcule waren Geldwechsler.
Spekulanten in Börsengeschäften und ge
wöhnliche Geldvermittler, ohne Zusaui
menhaiig mit industrieller Tätigkeit. Krc
ditaktien und andere Spielpapiere waren
hnen viel wichtiger als alle Industrien.
Diese Beispiele kennzeichnen ouSrci
chend die Zeit vom Eingreifen der
Dampfmaschine bis zur großen AuSbrei
tung des Maschinenwesen! in den sieb
zigcr Jahren, sie kennzeichnen auch die
Atmosphäre, in die Nathenau mit dem
Kauf der Maschinenfabrik eintrat. AuS
hr strebte er bald mit Macht heraus.
n diese unbegreiflich gewordenen Zu
stände muk man sich zurückverseken. um
die kommende neue Richtung zu würd!
gen.
7iu ocrn urilknium binnen nein.
L .... K. - l . jf. 1 Wi
Die Auösuhr von Schlachtvieh mit
f)sii 2tirts m frirttt ! f rt ittit- HrI 'V.'tfi
i uwnuy mv wn uu-tu uuiu giiti o
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Uti U1UCI Uli IL'UlüCll.
Mabttohme wurde vom Bestreben
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sickieiiustcllcn. Seit vielen Monaten stand
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ausgenommen.
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die d,imli inacttsiic ißciiitiiiiiicliiiid
tos Hiiguituct tliiihuiiioi uiii üiui.
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lioliutubiai ii luh'fliul der tii'u
reicn DÜtUlmaty bcrietcUiu-t
wurden, bereit Heere dem, auch
gerud ievl mit der Eroberung der
Mlilkuv und einer möglichen In
vasinn Bellarabiens auj den, besten
Wege Ichi,ie,:, auch die immer be
deullamer herburlretcnde niralnl
c mit dem Schwer,, z
wlen. lieber die Echil,nl, der
Ulruln und der Ukruiner, die
do, kurzem dem .Durchichnills.
nr,ier" uns erst recht dem
Ameriraner so gi wie ul,esniii
Weil, ,i flenn
i'uren, nnierriaiict in leslelnder
D r, TKaee h S,I fr n r t , ,.
des
VroblemS
Prvscssor der deiitsech Lileräliir
am hicligei, Sit,,.!ollre, in einem
VluffiU'i; im nlnnoiioimi", nnä
dem wir IN folgendem eiliift Ivich
tiflfi nmn le l,i deuischer
lioberfptiiinfl wiedergeben. Tie
lednllw,,,)
Wer Nussif, I s!, ...
.., a" au iu, Cl
Nhn, daß die Svracke in drei Anhu,
aetfürtt, deren jeder hauptsächlich auf
nun rr. y.x. i..K r, ..,. , 'r.'...
bv.v.ih jtcue uc anocs ceiajtar.ii jt,
ahnlich, wie .JIalt. nd Hochdeutsch die
charakteristischen Mundarten Nord und
Süddeutschlands sind. Er wird belehrt,
daß das wichtigste der drei russtschen
Idiome, nämlich Groß.Rufsisch. in den
beiden Hauptstädten, Moskau und Pe
tersburg, ferner in dem zwischen ihnen,
sowie nördlich und östlich von ihnen ge
legencn Landesteile gesprochen wird,
während sich '.ie Geltung der beiden an
deren Dialekte auf kleinere Gebietsteile
des russischen Reiches beschrü.ikt. Diese
Mundarten sind Weißrussisch mit Klein
russisch. Weißrussisch ist. g.nz allge
mein gesprochen, der unwichticste der
drei Dialekte, wenn wir die Anzahl der
sich wirklich dieser Sprache bedienenden
Leute ins Auge fassen; es ist die Sprache
der sich zwischen Großrussen und Polen
schiebenden Bevölkerung, also durchaus
einen Binnenland.Sprache. Und der
dritte Dialckt gehört der Bolksmasse an.
die südlich der Großrussen und der
Weißrussen, mithin zwischen de..i Terri
iorium dieser Völker und dem schwarzen
Meere ihren Sitz hat. Kleinrussisch
wird demnach im ganzen südlichen Teile
Rußlands gesprochen, von Bcssarabicn
und dem Krim bis zum Kaukasus, vom
Schwarzen Meer im Süden bis zu den
nördlichen Sümpfen und Wälder ', die
von dem Pripct und von der Dcsna
durchquert werden. In diesem Gebiete
wohnen mehr als M,?00 5ilcmrusscn.
Wer ihnen aber begreiflich machen wollte,
daß Klciiikussck oder, wie sie selber sa
gen, .Ukrainisch", eine Mundet des
Großrussischen sei, würde heftigem Pro
teste begegnen.
Nickt alle Leute dieses Schlages leben
in Rußland. Das ileinrussischc" Ge
biet ragt in Oesterre,., hinein. Un
glücklichem:! se gibt es nirgends in
Europa wirklich ethnologisch-nationale
Grenzen. Auf Oestcrrcich-Ungarn ent
fallen über f,imom Kleinrüssen. KI,
hauptsächlich in Galizicn, zum Teil aber
auq in anveren Gebieten der Doppel
Monarcbie wobnen. Und anahr hh
Kleinrussen dieser Gruppe haben in der
cgci in höherem Maße die Ausmerk
samkcit der Welt aus M elentt. nl
ihre rüder in Rußland, denn daö
iicinru,,i,che Element Oesterreich! hat
im aronen und aawn ein fiöfie.'S Nil,
dungS und Kultürniveau erreicht und
uoeryaiipk ein reicheres nationales Leben
entfaltet.
Kein Kleinrusse läßt sich aern .,Klein
russe' nennen. Er nennt sich selber und
seine Svraebe .ukrainisck" und sein
Land die Ukraine", und er weiß, daß
jener seil der Ukraine, den die bester
reicher Galizicn nennen, autonomer Ve
standtcil eines konstitutionellen Reiches
ist.während der große Rest nur eine un
tcrdruckte Provinz Rußlands bildet, in
der, ganz wie bis vor kurzem in Polen,
Svracke und Rassen Eiaentiimlichkeit
der Bevölkerung zerrieben werde:, sollen,
damit nichts anderes als as herrschende
Moskowitcrtum iibrig bleibt.
(Der Verfasser gibt in diesem Zusam
knenbana interessante vkrainische Nmi.
niszenzen aus der Literatur, und wir
kernen keinen geringeren cls Voltairr.
in dessen Keschichte KrlZ YU "
als einen Freund und Fürsprecher der
Ukrainer und Moskowiter.)asser kennen;
dann folgte eine knavve aeschicktlicke
Drientierung):
Die erste zuverlässige Kunoe von der
Ukraine, deren Grenzen schon fast ganz
denen des heutigen Kleinrußland' ent
sprechen, finden wir in den fkandinavi
schen Sagen, in denen das Land Kac
nugard" genannt vird, und in den
Ekornikcn des Ncstorius. der uns über
Wladimir den Großen berichtet, den Be
kchrcr Rußlands und Beherrscc. einer
gewaltigen Bclkcrgruppe. mit Kiew. in
der Ukraine als Haupt,!ad!. Dieser
mächtiae Fürst berrsckte über die Ukraine
von 070 biö 101?. Wer an den grad
weisen Zug der Zivilisation vor, Süden
nach Norden glaubt, wird mit Interesse
bemerken, dag diese! große Könikreich
von Kiew oder die Ukraine die Heimat
deZ großen Chronisten Ncstorius war,
denn in Kiew wurde im Jahre der nor
mannischen Eroberung (10tfi) Rußlands
erster GefchichtSfchreiber geboren, und
dort starb er ungefähr siebzig Jahre
später. Durch die Ukraine fand da Al
tihnlYf W ß!hriITii8 sein 9flen tinsfi
Nublai'd linfc drana ri.chisches ßhri
skntum Vor, UM den heidnischen Sla
venhordcn mildere Sitten zu bringen.
Aber nach dem Tode VladimirS
wurde sein ungeheueres russisches Reich
geteilt, und das ursprüngliche ukraini
sche iklin!.ireick wurde eine Beute der
tapferen stritge; des damals machtvol
len liiauiichkn iciaic u---U), oer )u
nerseits wikdcr. samt dem ukrainiscken
Vasallenstaatk. in militärischem wie di
piomaliiaiem icume von Polen uiuer
worfen wurde tIA!f). Nun folgte ein
iakrklliidkrtkrlanaer Kan.vs ' :iv!schk
tz!olkn, dem neuen Herren der Ukraine. '
. . . . y , R . . . .
und der aufstrebenden Macht des mosko
witischen Reiche oder Groß-Rußland,
um die Herrschaft über das ukrainische
Gebiet. Die mächtigen Kohorten deS
Nordens entwanden Stück .im Stück des
eroberten Territoriums de.. Handen
ihrer polnische Rivalen. Die trobe
rung der polnischen Kolonien war aber
keine leichte Aufgabe, und der letzte
Streifen ukrainischen Gebietes wurde den
polnischen Eroberern erst mit der end
gültigen Teilung der unglücklichen Po
lcn entrissen (1705). Der Löwenanteil
an der Ukrg'.ne fiel dama.s russische
Hände; Oesterreich erhielt ein kleineres
Gebiet, daS indessen die Städte Lublin
und Kholm umfaßte, Namen, mit denen
die Ereignisse des polnischen FcldzugcS
von 1915 alle Zeitungslcscr vertraut ge
inacbt haben.
(Im Originakartikcl folgt ein kurze
Uebersicht über die Leiden und Kämpfe
deS ukrainischen BolkcS unter den der
fchiedenen, einander ablösenden tfrernd'
Herrschaften, die nur durch eine scchsjäh
rige Periode natioialer Selbständigkeit
unterbrochen wurde. Mit dem westfäli
schen Frieden wurde ein freier ukraini
scher Staat geschaffen, der aU: schon
1654 in die moskowitischen Klauen fiel.
Seitdem Hat sich, wie der T.rsasscr
sagt, eine Gneration russischer Staats
Männer nach der anderen um 1' Aus
tilgung der ukrainischen Sprache, Sit
ten, Kunst, Literatur und Gelchrsam
seit bemüht, :nd wie erfolgreich diese
Bemühungen waren, davon zeugt am
besten die fast abfa ule Unwissenheit
über die Ukraine, die bor einiger Zeit
selbst in Kreisen der Höchstgebildetcn
Westeuropas und Amerikas geherrscht
hat. Der zarische Uka von 1876 verbot
schlankweg die Veröffentlichung den Zei
tungen und Büchern In ukrainischer
Sprache, trotz der Tatsache eine, bcdcu
tcnden ukrainischen Liieratur, die keinem
Großrussen ohne Spezialstudinm der
ukrainischen Sprache zugängig ist. Erst
in den letzten Jahren vor Kricgsaus
bruch wurde dieser Bann, dank des Ein
greifen? der Petersburger Akademie,
teilweise aufgehoben. Welche Erfahrun
gen die Ukrainer unier ihren polnischen
Herren in dem österreichischen Kronlande
Galizicn machten, belegt Dr. Hartmann
mit der Rekapitulicrung eines Ereignis
fcs ans der Geschichte der letzten Jahre,
das mit seinem glücklichen Abschluß in
New York spielt):
Die Geschichte der slavischen Völker
während deö ersten Jahrzehnts des 20.
Jahrhunderts war so furchtbar in scnsa
tionellcrcn politischen Mordtaten, daß
nur wenige von uns der Ermordung des
Grafen Potocki. des polnischen Ctatthal
ters von Galizien, die am 12. April in
Lemberg erfolgte, irgendwelche Aufm,'rk
samkeit schenkten. Sein Mörder iwr
Myroslaw Cychynsti, ein junger gric
chisch-katholischcr Student, der, empört
durch die unaufhörliche kleinliche Bedrück-
ung seines Volkes durch die polnischen
Evlen, seine Landsleuie rächte .indem cr
sie von einem ihrer Bedrücker befreite, um
so zugleich die Aufmerksamkeit Mittel
Europas auf die Lage in Galizien zu
lenken. Sychynski wurde sofort ergnf
fcn und eingekerkert, und nach einer Be.
Handlung von nur einem Tage (30. Juni
1908) wurde er zum Tode durch den
Strang verurteilt. Nachdem seine Acr
teidiger zweimal nacheinander gegen die.
ses Urteil Berufung eingelegt, unter der
Begründung, daß Sychynskis Verbrechen
ein politisches und zudem gemildert war
durch das tyrannische Regiment des
Statthalters Potocki, wurde der Student
zu Mjähriger Zuchthausstrafe begnadigt.
aliachlich verbüßt hat er seinen Straf
termin nur zum kleinsten Teile. Eines
heiteren TageS spazierte Shchynski un
behelligt auS der großen Provinzial
Strafanstalt in Stanislaw in die Frei
heit, um dann zunächst spurlos zu ver
schwinden. Erst spät:r erfuhr man, daß
eine umfassende Verschwörung zu seiner
Befreiung bestanden hatte, daß fast ein
jeder in dem Zuchthaus, der Zuchthaus
direkt so gut wie die Sträflinge an
dem Komplott zur Befreiung des ruth:
Nischen (ukrainischen) Nationalhelden be
teiligt war und daß Hunderte von Man
nern monatelang um den Plan wußten,
ohne diesen jemals im allergeringsten zu
verraten. Mit Hilfe falscher Pässe fand
Sychynsk! seinen Weg nordwärts durch
Deutschland. Das war anno 1012.
Seine galizischen Freund hörten dann
nichts mehr von ihm. bis er im Herbst
1914, kurz nach Beginn des europäischen
Krieges, unter einem angenommenen
Namen in New Fork auftauchte. Er
hatte die beiden voraufgegangenen Jahre,
wie jetzt berichtet wurde, in Schweden
verbracht, wo er sichnationalökonomischcn
Studien gewidmet hatte. Sr?ch)ii!i
weilt noch heute unter uns, eifrig be
strebt, feine in Amerika lebenden Lands
leute zum Bewußtsein der Tatsache zu
erwecken, daß sie noch eine Pflicht gegen
die Ukraine zu erfüllen haben und zu
gleich läßt er sich angelegen sein, der von
russischen Geheimagenten unter unseren
Ukrainern unterhaltenen Propaganda
entgegenzutreten, nach deren Lehren sie
nur ein Bestandteil deS großrussischen
Volke, sind.
Der Ermordung des Grafen Potocki
habe ich nur deshalb Erwähnung getan,
um zu zeigen, daß die Ruthencn (Ukrai
ner) in Galizien nicht durch die Oester
reicher, sondern lediglich durch die Polen
unterdrückt werden, und daß sie sich
dessen auch voll bewußt sind. Sie nch-
men ,m gegenwärtigen Kriege eber eine
deutschfreundliche Stellung ein. tm w
allen Grund haben, ihre Gegensätzlichkeit
gegen die lieben Miillaven, Polen und
Russen, stärker zu empfinden, als ibre
Unterordnung unter die wohlwollende
österreichische chutzherrschaft. Ter oter
reichische ,Ruthene" hängt mit Liebe an
seinem Reiche und wünscht gar keine en
gere Berührung mit seinen slavischen
Brüdern, mit Ausnakme der russtsch'n
Ukrainer, seiner wirklichen- Brüder.
m psr-uropa.
' y i v
;
Oesterreich mag als Vorkämpfer unter
drückte? Völker in unserem Lande hier
und da ungläubigem Lächeln begegnen.
Äian vergesse aber nicht, daß kein anderes
Land jemals den freien Gebrauch acht
gleichberechtigter Sprachen in seinem
amtlichen Verkehr geduldet hat. (Der
Verfasser wurde noch kürzlich, als er ein
Czemplar eines üsteireichischen Gesetzes
bcstellle, von der Druckerei deö Reich!
ge enoialic, n Wien rn i einem unnang
lichen Paket überrascht. daS jene Gesetz
in acht verschiedenen Sprachen enthielt
VeutZch, Polnisch, llluthemsch, liavo
nisch, Böhmisch, Rumänisch, Italienisch
und Kroatisch). Amerikaner würden
wahrscheinlich nur mit Staunen ersah
ren, daß die österreichische Verfassung in
allen Fragen, die NationalitatenAn
fprüche betreffen. daS freiheitlichste D?
kument Europas ist, und es mag nicht
gut tun, sie gegenwärtig mit solchen
Gingen allzu ehr zu konsternieren.
Was die Zukunft der Ukraine als einer
eigenen, unabhängigen Nation angeht, so
sind bestimmte Voraussagen vielleicht
noch verfrüht. Da aber nun einmal
30,000.00 Ukrainer in Rußland und
5,000,000 in Oesterreich-Ungarn leben.
von den großen ukrainischen Kolonien
tn Amerika und Sibirien garnicht zu
reden, so unterliegt es, je mehr ihr Bil
dungsniveau steigt und ihr nationales
Bewußifcin erstarkt, um so weniger
einem weitei, daß etwas zur Bcfriedi.
gung ihres völkischen DrangeS geschehen
muß. In den Bei. Staaten und Ka
nada wird vielleicht eine halbe Million
Ukrainer zur Celbstregierung erzogen,
und da sie ab und zu ihre Heimat be
suchen und die Ideen der Freiheit in d!e
heimischen Hütten tragen, besteht alle
Wahrscheinlichkeit, daß ta' den Herzen
oerer. die zu Hause geblieben sind, ein
freudiges Echo geweckt wird. In Ame
rika wie anderswo leistet der eingewan
derte Ukrainer seinen Anteil an der Ar
bcit der Menschheit und empfängt er sein
2cil an den Erfahrungen, die den Men
schen prüfen. In den Ölraffinerien
von avonne. N. , stellten sie ein statt
licheS Kontingent der Streike? in den
sozialen Konflikten der verflossenen Mo
nate, und in den Konzentrationslagern
Kanadas büßen manche von ihnen für
ihre Treue gegen Oesterreich. Wenn ein
mal Ihre Hingebung und Treue der Ent
Wicklung der Möglichkeiten ikrcr beim!
schen Ukraine fruchtbar gemocht werden,
deren Ackerboden der reichste dcr Erde
ist und deren Industrien gegenwärtig
zu den mächtigsten Hilfsquellen ibrcr
ru lschen Unterdrücker gehören, so diir
fen wir hoffen, eine neue Nation ersteh.'
Zu schen, eine Nation, die nicht nur die
Träume eines alten, großen Stamms
verwirklicht, sondern auch durch ihr
vioßcs Dalein ganz von selber einige
der .hartnäckigsten Probleme Europas
lösen wird. Denn sie würde für fille
Zeiten die Expansion Rußlands gegen die
arvaneuen unmöglich machen und da
mit der Entwicklung aller Balkanstaaten
ourch Befreiung von dem russtschen Aw
druck die Bahn öffnen; sie würde die
rutbenische- Frage Oesterreichs durch
Lostrennung der Ruthenen von den Po
kcn und den Anschluß der ersteren an die
uiraine, der letzteren an Polen losen.
Keine Schilderung der Ukraine ist
vollständig, ohne daß der literarischen
und künstlerischen Errungenschaften ihres
usoius einige Erwähnung geschehen ist.
mtt Meinungen ind als die eines unter
drückten Volkes, das in den zehn Jahr
Hunderten seiner geschichtlichen Ueberlie
ferung nur gelegentliche Lichtblicke natio
nalcr Unabhängigkeit erlebt hat. bedeute
fam genug. Der große russische Dichter
Gogol wurde in der Ukraine geboren;
zum Glück für die russische Literatur
schrieb er nicht rn seiner Muttersprache,
sondern in Groß-Russisch. Aber der
Poet, auf den alle Ukrainer stets mit
fctoiz als den Ihren hinweisen, ist Ta
ras Shevchenko. der Shakespeare dcr
ukrainischen Literatur. Er wurde im
Jahre 1814 im Gouvernement Kiew ge
boren und strebte in seiner Jugend lei
denschaftlich danach, sich den Hindernissen
seiner niederen Geburt" zum Trotz
er war eines veibeigcnen Sohn zu
einem Maler heranzubilden. Nachdem
die Hilfe zweier edler Künstler ihn aus
dem Stande der Leibeignen herausgeho
ben. kehrte er unvermittelt seinen alten
Plänen den Rücken, um sich ganz der
literarischen Produktion zu widmen; und
zivar wandte er sich einer Art Literatur
zu. die wegen ihrer liberalen Tendenzen
den russischen Behörden grundlich un
shmpathisch war. Ein seiner Werke,
Kobzar" (so wurden die alte fahrenden
Sänger dcr Ukraine genannt), brachte
ihn al Verbannten nach Sibirien, wo er
sich zehn Jahre lang (18471827) in
Gefangenschaft befand. Seine kleineren
Dichtungen lassen ebenfalls eine leiden
schaftliche ukrainische Vaterlandsliebe,
wie auch ein warme? Mitgefühl mit Ar
mut und Elend in allen Gestalten er
kennen. Zahlreiche andere gute Namen
zieren die Seiten der ukrainischen Lite
raturgefchichte. aber Shevchenko, der im
Jahre 1861 starb, blieb der bedeutendste.
In unserer Zeit drucken Lemberg und
Czcrnowitz die Bücher die von den Ru
tbcnen oder Klein-Russen gelesen werden,
nicht nur in Oesterreich, sondern auch im
ganzen Süden Rußlands. Man kann,
WaS die gegenwärtige literarische Pro
duktivität betrifft, fast sagen, daß daS
Gehirn diese? zwischen zwei mächtige be
nachbarte Staaten aufgeteilten Volks in
Galizien entwickelt wurde, wahrend der
mächtige, durch Süd-Rußland lagernde
Körper infolge mangelnder kultureller
Nahrungszufuhr noch dcr Stagnation
uvcriajien iil.
Tie Vermählung von Rede und
Ton ist die edlefie Ehe. die je geschlossen
worden.
Es muß einer schon fest im Ton
sein, um nicht in die Melodie iu vcr
fallen, die die andern pfeifen'
Zu jedem großen Wurf im Leben ge
hört ein gewisser freudiger Optimismus.
Der Kaufmann und dcr Industrielle
können eines solchen nicht entratcn. Hat
doch unser geschäftlicher Wagemut den
Neid und die Feindschaft nahezu der
ganzen Welt gegen uns hervorgerufen.
Um so mehr aber bedarf es des Optimis
Mus im Kriege. In hohem Maße besaß
Ihn König Friedrick. Ohne ihn hätte er
sich im Siebenjährigen Kriege nicht auf
recht zu erhalten vermocht. Wohl ist cr
häufig dcr Verzweiflung nahe gewesen,
so, als er bei Kolin d.'n Zauber dcr Un
bestegbarkcit seines Heeres dahinschwin
den sah, als er bei 5luncrsdorf das Ende
feines Hauses vor Augen zu fehen
glaubte. Doch diese Cchicksalsschläge
haben ihn wohl zu beugen, nicht aber zu
brechen vermocht.
Seinem Beispiele sind die Männer,
die Preußen vor einem Jahrhundert
aus tiefster Erniedrigung wieder empor
gerissen, gefolgt. In dem untrllgbaren
Vorgefühl, daß die napolconische Welt
Herrschast nicht von Dauer sein könne,
haben Blücher und die sich an ihn schlos
sen, auch in den Jahren banger Erwar
tung, die der Erhebung von 1813 vor
aufgingen, an dcr Wiederaufrichtung des
Vaterlandes nicht verzweifelt. Auch
später, inmitten des Befreiungskrieges ist
Blücher selbst in den schwierigsten Lagen
niemals an seinem Glauben irre gewor
den, daß der Sieg zuletzt doch den Ver
Kündeten zufallen müsse. Diese freudige
Zuversicht im großen hat ihm auch über
so manche Not des Augenblicks hinweg
geholfen. Wer in sckwicrigen Lagen Be
scrgnisse und Bedenken äußerte, verlor
für immer Blüchers Vertrauen. Schr
bezeichnend schreibt im ähnlichen Sinne
Moltke): 'Es gibt in jedem Haupt
quartier eine Anzahl von Leuten, die
mit großem Scharfsinn alle Schwierig-
leiten bei jeder vorgeschlagenen Unter
nehmung hervorzuheben wissen. Bei dcr
ersten eintretenden Verwicklung weisen sie
überzeugend nach, daß sie alles vorher
gesagt haben. Sie sind immer im Recht;
denn da sie selbst nicht leicht etwas Po-
ttives vorschlagen, viel weniger noch
ausführen, so kann dcr Erfolg sie nie
widerlegen. Dicse Männer der Ncga
tive sind das Vcrdcrbcn der Heerführer."
Moltkcs Schule wirkt glücklicher Weise
nach. Männer der Negative" gibt es
im deutschen Heere in leitenden Stellen
nicht. Sie würden dort nicht geduldet
werden. Im Hcerc herrscht bei uns nur
positiver Sicgcöivillc. Wie aber steht cs
damit rn der Heimat? Wohl werden
dort die Leistungen unseres Heeres ancr
kannt, dcr organisatorische Kraft, die
stm in seinem ganzen Organismus o
fcnbart. zollt man Bewunderung, es
herrscht Vertrauen in die Führung, aber
dcr Blick hastet doch immer wieder sor,
genvoll am einzelnen. Das ist zum gro
ßen Teile begreiflich und entschuldbar w
mitten derSorgen dcs Alltags, die durch
mannigfache Erschwerungen und Ent
behrungen noch gesteigert werden,
Wohl werden dicse tapfer ertragen, aber
sie erzeugen bei manchen eine Grund
stimmung, die HoffniinqSfreiidigkcit nicht
recht aufkommen lassen will. Es wäre
ungerecht, da! zu verkenncn. Anderer
seits aber sollten wir nicht vergessen, daß
sich bei uns im Innern doch die Dinge
im ganzen genommen immer noch weit
günstiger gestaltet haben, als zeitweilig
zu befürchten stand. Dafür sollten wir
dankbar sein angesichts der uns von
England angedrohten Aushungerung.
Weil sie mißglückte, sah sich England
erst veranlaßt, mit vollem Ernst in den
Krieg einzutreten und Hundertausende
seiner Söhne an der Somme ohne greis
baren Erfolg zu opfern.
Wo wir Zaghaftigkeit in dcr Heimat
wahrnehmen hat sie zum Teil ihren
Grund in der Unkenntnis dcr Verhält
nisse, wie sie in der Front herrschen.
Wer nicht den Pulsschlag des Krieges
draußen gesuhlt hat, macht sich leicht
falsche Vorstellungen von den Dingen.
Ihm erscheint selbst die nur vorüber
gehende Stockung einer Operation als
ein Fehlschlag. Auch ein nur vereinzelter
Rückschlag läßt ihn schlimmes befürchten.
Wer aber zu solchen Auffassungen neigt.
sollte sich sagen, daß er damit unter die
Trubsalsspritzen geht, wie Blücher alle
Pessimisten zu nennen pflegte, statt, wie
ei tm Hauptquartier dcs Marfchall
Vorwärts" geschah, in dem großen Ge
danken die es größten Krieges lebend,
und in den höchsten Zielen das Maß
venen zu suchen, was geleistet werden
muß."
Au? welcher Bedrängnis ist nicht
Friedrich dcr Große errcttct worden!
Er hatte Lagen gekannt, in denen er
lemcr icclc Ktocklchlage geben mußte .
um sich inncrlich aufrecht zu erhalten.
Sind etwa wir schon so weil? Auch
Blücher und Gnciscnau halten ganz an
dere Sorgcn kennen gelernt, als sie uns
umgcbcn. Sie hatten die schwersten
Zeiten ihres Vaterlandes durchlebt, be
vor sie im Krieg an leitende Stellen tra
ten. 5ilhre Seelen waren in der Schule
des Unglücks gehärtet. Männer mit
einem großen Herzen aber gewinnen in
solcherTchule jene Gleichgültigkeit gegen
olles Nebensächliche und Kleinliche, jene
feste Zuversicht, die oberflächlicheren Na
turen oft wie leichter Sinn erscheint, in
Wahrheit aber nur der Ausdruck voll
kommener Beherrschung der Lage ist.
Aui einer solchen heraus konnte Gnei
senau nach den Niederlagen der Schlesi
schen Armee an der Marne im Februar
1814 schreiben: .Wir suchten zu tun.
als ob wir nicht geschlagen wären, der
einigten schnell unsere jkorps und er
griffen vier Tage nach unseren Unfällen
wieder die Offensive." Diese Denkungs
art herrscht auch heute noch in unserem
Heere. Mit ihrer hlfe haben wir ge
) MiltlZkilcke ?!erke 11J or H!iiiMt
RelMna bei rüihrei 1S,-,1 adim.
mcnlctng der Hoiixlqvgrnere,
legentliche Unfälle stets wieder auZge
glichen. So stehen wir im dritten
Kricgsjahre ungeschlagen da. - Die teure
Heimat ist ringsum behütet. Darum sei ,
sie sich mit Stolz stets dessen bewußk,
wss das sagen will: , Frankreich und
Rußland aus das Schwerste gctrofsen,
großer Gebietsteile beraubt; Belgien,
Serbien, Montenegro zu Boden gewor
fen; Rumänien ernstlich gefährdet; der
übermächtige Anstrum, der Engländer
und Franzosen un der Somme unter
schwersten, unersetzlichen Verlusten ab
gewiesen; ein englisches Schiff nach dem
andern auf den Grund deS Meeres de
fördert. Wahrhaftig, es ist kein Hurra
Optimismus, der sich an Siegen, wirk
lichen und eingebildeten berauscht, wenn
wir angesichts solcher Erfolge voll Wer
trauen in die Zukunft schen. .
Der gesunde, Leben erweckende Opii
mismus, der im Kriege herrschen soll
und muß, ist im Grunde etwas ganz
anderes, als man im gewöhnlichen Leben ,, ,
im allgemeinen unter Optimismus ver
steht. Hier wird der Begriff meist im
Sinne der Leichtlebigkeit und Oberfläch ,
lichkeit, weniger in seinem eigentlichen
als der dem Pessimismus entgegcnge
setzten, freudig bejahenden Wcltanfchau
ung gebraucht. In diesem Sinne ist der
Optimismus in Wahrheit nichts anderes
als ein vorurteilsfreies Anschauen der
Dinge, wie sie wirklich sind, im Gegen
sah zur Schwarzseherei, die überall Un
glück wittert, stets von Schwierigkeiten,
nicht aber von deren Ueberwindung re
bet. Die Schwarzseher vergessen, daß
alle bedeutenden Männer Reibungen ohne
Zahl zu überwinden gehabt haben. Ein
Optimist in unserem Sinne wird auch
in den schlimmsten Verhältnissen noch
einen Ausweg zu finden wissen. Seine
Gedankenwelt ist durchaus nüchtern und
nicht zu verwechseln mit der eines Ent
husiastcn.
Um nicht zum Pessimisten zu werden,
gilt es, sich gegen die Gcsahr suggestiver
Einwirkungen, die heute besonders groß
ist, zu wappnen. Unendlich viele Men
schen leben, ohne es zu wissen, gar nicht
in dcr Wirklichkeit, sondern in eimr
Welt, die ihnen ihre Umgebung vorspic
gelt. Die großen Städte mit ihrem
Zusammendrängen dcr Menschcnmasscn.
ihrer Entfremdung von dcr Natur
äußern hierin einen besonders vcrderbli
chcn Einfluß. Diese weitverbreitete Zu
gänglichkcit für die Meinung anderer
leistet dem Entstehen Übertriebener Ge
rüchte und der Verallgemeinerung von
Urteilen und Klagen Vorschub, die für
den Einzclfall zutreffend und berechtigt
fein mögen, auf das Ganze ausgedehnt,
aber ein völlig falsches Bild ergeben. .
Unsere viclgerühmte deutsche O&jckti
vitäk ist von Nutzen, wenn sie zu einer
nüchternen, gewissenhaften Abschätzung
dcr Kräfte der Gegner führt, sie bildet
dagegen eine Gefahr, wo sie für diese .
zu günstigen Annahmen macht, ihre
Schwächen übersieht und so die eigene
Hoffnuiigsfrcudigkeit herabdrückt. Solche
Denkweise ähnelt derjenigen des, un
glücklichen Besiegten von Auerstedt, des
Herzogs von Braunschweig, der stets ein
relatives Recht des Gegners" gelten
ließ und darüber vergaß, daß eö darauf
ankommt, seinerseits dem Gegner das
Gesetz zu geben.
Die Leistungen des Befreiungskrieges
und die von 187071 sind von unserem
Heere jetzt vielfach iibertroffen worden.
Der Weltkrieg mit seinen ungeheuren
Anforderungen hob uns über uns selbst
empor. Die ' Erfahrungen früherer
Kriege haben nur noch bedingte Gültig ,
keit. Bleibenden Wert aber wird stets
das Beispiel großer Charaktere der Ver
gangcnheit behalten. An dem feurigen
OptimimuS, wie er in Blücher und
Gneifenau lebte, wollen wir uns daher
in dieser schweren Zeit aufrichten. Nur
wo ein gesunder und hoffnungsfrcudiger
Optimismus herrscht, wird man kühne
Taten sehen. Soll er beim Heere vor
herrschen, so darf er auch im Volke nicht
fehlen. Ein Volksheer bedarf des Ein
klangS seiner Stimmung mit der in der
Heimat herrschenden, sie wirken Wechsel
scitig aufeinander ein. Beherzigen wir
daher das Wort unseres großen Kriegs
Philosophen Clausewitz: Nur wenn
Volkscharakter und Kriegsgewohnheit in
beständiger Wechselwirkung sich . gegen
seitig tragen, darf ein Volk hofse-einen
festen Stand in dcr politischen 2..lt m
haben." i
Ciit englisches Zugeständnis zuk,
Geschichte deö Kriegsausbruches. In
der englischen , Wochenschrift London"
macht C. G. Vrcg. der Herausgeber des
Acroplane", ein bemerkenswertes Zu
gcständuiö. Er beschreibt di nianacl
hafte Entwicklung deS englischen MiU
tärflugwcscnS vor dem Kriege und sagt
dann: Wir haben nur dreißig Flug,
fahrzcuge im Juni 1S14 gehabt, und
dies, trotzdem jeder im Jiiformatwns
dienst beschäftigte englische Offizier und
einige Tausend Zivilpersonen genau
wußten, daß ein Krieg mit Deutschland
bevorstand". Man war also schon vor
der Ermordung deS Thronfolgers über
die russischen Pläne orientiert.
Ausgrabungen in Italien. Beim
Bau einer neuen Villa stieß man in der '
Via Po in Rom auf zahlreiche Ueber
reste von alten Gräbern. Unter den
Ruinen fand man auch sehr diele Mar
morplattcn mit vorzüglich erhaltenen
Inschriften, von denen sich mehrere auf
die Prätorianer beziehen. In Pom
fieji werden die Ausqrabuna?arbeiten
tüchtig fortgesetzt. Tie Via dcll'Abbon
vanza wurde in diesem Jahre um 10
Meter verlängert. Bei diesen Arbeiten
fand man zahlreiche Inschriften, die vor
allem für die Kenntnis deS römischen
WahlmoduS von großer Bedeutung sind."
Im Hause Trebino Valenta wurde ein
Limmer'mit ländlichkniWä'ndenblo'
gelegt.!
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