Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 29, 1917, Image 2

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    m M : jül. i . m
tägliche CBiap rlöne
mmm
Wilitänjche Kestchtspuniite
für das Kriegsjahr 1917.
Don einem ehemaligen Generalstabsofsizier.
Ablehnung deS FricdcnsvorschlagcS von wcittragcndkr Bcdcutnng. Aenderung der militärischen
Gesichtspunkte erforderlich. Reiner Offensivkrieg der Zentralniächte zn erwarten. Feindliche
Koalition muß zerschlagen werden. Tie Offcnsiv-Chanccn an den europäischen Fronten. Be
. lcnchtiing der Konsequenzen des Tauchboot Krieges. Nußland das vorauc-sichtliche Angrifssob
jekt. der Zcntralmächtc. Tcr russische Gegenangriff bei Riga.
In seinem vom 5. Januar d. I. da
licrten Tagesbefehl an die deutsche Ar
mce und Flotte hat Kaiser Wilhelm
feinen Ctreitkrästen zu wissen getan,
daß d Krieg infolge der ablehnenden
Haltung der Ententc-Mächte gegenüber
dem Fricdcnsvorschlage fortgesetzt wer
den würde. Damit hat die im Vor
Nwnate eingeleitete Friedens-Aktion der
Zentraklächte offiziell vorläufig ihr
linde gefunden und die Herbeiführung
kincr zukünftigen Verständigung durch
' Wafftnzwang wurde dom deutschen
juifet klar und unzweideutig in Aus
ficht, gestellt. , Die unmittelbar darauf
folgten Konferenzen der zentraleuro
päischeu Führer im deutschen großen
Hauptquartier und der alliierten Kriegs
rate in Rom lassen erkennen, datz es bei
den Parteien trotz der von neutraler
Seite noch lancierten Friedens-Kobina-
tionen mit dem Entschlüsse, die cndgül,
ii'ge Entscheidung über das Schicksal
Europas vbermals den Waffen anheim
: zustellen, bitterer Ernst ist.
Der Entschluß der Entente, zum jctzi
gen Zcitpnmlt keinen Frieden zu fchlie
fa, ist jedoch in seinen Folgewirlungen
viel schwerwiegender als auf den ersten
Blick erscheinen mag. Hauptsächlich ia
militärischer Hinsicht. Er bedeutet nicht
lediglich eine Fortführung bcS Krieges
im bisherigen Stile mit vielleicht noch
größeren Anstrengungen beider Parteien,
sondern bedingt für die Zentralmächt:
direkt eine völlige Neuorientierung der
militärischen Gesichtspunkte, welche seit
riegLdkginn für sie maßgebend waren.
Bisher lag der Kriegführung der deut
schcn Verbündeten im Wesen die große
Idee zugrunde, ihre aus der geographi
schert Konfiguration Europa's resultie
renden mehr defensive Position durch
offensive Aktionen derart zu verstärken,
daß die Gegner in Erkenntnis der Un
Möglichkeit, die Verteidigungskraft der
Mittelmächte 'entscheidend zu brechen,
sich zu einer Beendigung der nutzlosen
Feindseligkeiten veranlaßt sehen sollten.
Dieser militärische Kalkül ist jedoch an
geßchts der Tatsache der Ablehnung des
nriedensvorschlages seitens der Entente
"lsotf',fcirer Verwirklichung anscheinend ;
noch sehr weit entfernt, wennnicht über- j
Haupt unreal! sierbar. Trotz der durch
den rumänischen Feldzug beinahe als
abgeschlossen zu betrachtenden Stärkung
der Tcfensiv-Position. trotz der beinahe 1
ununterbrochenen Siegeskette der vcr- !
biindetcn teutonischen Waffen ist unter
den Machthabern der Entente noch kein
Aachen des Nachgcbens bemerkbar. Tcr
Grund zu diesem scheinbar merkwürdi- ,
gen historischen Phänomen kann in
einem alten militärischen Erfahrungs
fatz gefunden we'.n. In jedem Be
. lagerungökricge im Grunde genom
tnen ist der gegenwärtige europäische
Krieg nichts anderes, kann eine -u-fch.ävung
zu gunstcn des Verteidigers,
sodäÄ die Möglichkeit einer Hilfeleistung
von außen nicht enstiert, nur dann ein
trete, wem der Belagerer in feiner Ge
f.'.mttraft oder in einem Teile derselben
derart geschwächt ist. daß er die Belage-
' rung nicht mehr aufrecht erhalten kann.
Ta titln der Entente faktisch das Mcn-schcn-
und VorräteRescrooir beinahe
der ganzen Welt offensteht, erscheint die
frs Stadium noch in weite Ferne gerückt
und deshalb gibt sich der Licrverband
trotz vielfacher Niederlagen und Miß-
' erfolge noch nicht geschlagen. Andrer
seitö ist es für den Verteidiger unmög
ljch, durch ein mehr defensives Verhak
im das Herannahen dieses Stadiums
zu beschleunigen. Er kann dieses Ziel
mt durch Uebergang zu reiner Offen
st entscheidenden und vernichtenden
lsfara:ter anstreben. Ist der Gegner
inie im gegenwärtigen Falle eine
Mäch!e-Koalition so muß dieselbe,
wenn sie nicht als ganzes bezwungen
Wertteil kernn, zerschlagen und Teile der
selben derart kanipsiinfähig gemacht wer
den, e.iß die übrigen Koalilionö-Mii-c'-ckr
dadurch außer Stande sind, den
Krug mit Aussickt auf Erfolg foiizu
führc. Tie Kriegführung der Zentral
imW wurde bisher im Großen von
W Gedanken der Defensive beeinflußt,
:vm dies auch in der Aufstellung des ps
Mische Arioms, daß sie einen- Eziftenz
kämpf führen und Sicherung gegen zu
Zünftige Angriffe anstreben, zum Aus
druck gekommen ist. Tie Verfolgung
r PZ Arioms war für die erfolgreiche,
ZurM beantragte Beendigung des ftrii
t- t&l ausreiched . und nicht au!
fZIagzebend, wie durch die Ablehnung
' FriedensvorschlageZ feitcn des
ietterbendt bewiesen wurde. Die
Zlri:g?Shrung Zentral-SuropsS muß da
h:t unter reue militärische Gesicht.punkte
ht.t fest direkten entscheidenden Of
s g f;.l;t werden, tun das
' ' rdt n ebeveiwühntem Sinne
u f t-xf. Daß die verbündeten
r d ic V"tch das Verhalten der
, ,i" reu' sck rifkNkN Vorbedingung
t i j "Ute 5'r.esZ-Akiion zn wür
: -M i't a i den Kaiser-Wor-
s f t' it'chen Waffen eine
, i - i' zröig ing erzwingen
.. ntuebmen. Konkret ge
, ' r.nn b';n die zukünftigen
-. ,: tr kutvN!fchkn Hecke
, l kk ' -en ChatZkicr und
,. . i ;; ).'rktkö!'?pa'nu?g auf
. . - '.( Ti k Wr'N" des
', . j .
, . :;;i:r.,'i:iv.i:ri
gleichzeitiges Niederringen des gesamten
Vicrbandcs ausgeschlossen ist, dürften
s,ch die Anstrengungen Teutschlands auf
die Zerschlagung der feindlichen Koali
tion durch vernichtende Niederwerfung
eines der Gegner im Jahre 1917 kon
zentrieren. Nachdem der Völkcrkampf jetzt soweit
gediehen ist. daß die kleinen Antagoni
sten der Mittelmächte (Belgien, Serbien,
Montenegro und Rumänien) cl
Kampffaktoren ausgeschieden sind, kam
men nur noch die vier großen Mitglieder
der Zehner-Koalition oM unmittelbare
Gegner in Betracht. Angesichts dieses
Umstandes. ferner der Tatsache, daß
diese Gegner in zwei große Gruppen
mit mangelhaften Vcrbindungsmögüch
leiten geschieden sind, während der Zu
fammenhang Mittel-Europas niemals
noch derart lückenlos und gesichert war,
wie Zu Beginn des Jahres 1917, ist die
'Behauptung, daß die große militärische
Situation sür den Uebergang aus der
Rolle des Verteidigers in jene des An
greifers gegenwärtig für die Zentral
mächte die günstigsten Vorbedingungen
in sich birgt, vollauf berechtigt. Es er
iibrigt nur iwch die Chancen für die
Verwirklichung des reinen Lsfcnsivae
dankens an den verschiedenen europäi
sehen Fronten unter Berücksichtigung der
dabei in Betracht zu ziehenden militä
rischen und politischen Einflüsse unv der
Jahreszeit zu beleuchten.
Beurteilt man die französische Front
unter Erwägung der erwähnten drei
Einflußfaktoren als Objekt für eine
kventuelle deutsche Entscheidungs.Of
fensive, so bietet sich folgendes Bild:
Deutschland sieht dort den vereinigten
Ctreitkrästen zweier seiner großen Geg
ner gegenüber. Frankreich ist durch den
bisherigen Kriegsverlauf erheblich ge
schwächt und die Ersatzmöglichkeiten für,
fein Heer sind bereits stark begrenzt.
Andererseits hat die englische Armee
zahlenmäßig im Verhältnis bedeutend
weniger gelitien als alle anderen Krieg
führenden. Uecherdies befindet sich die
Fähigkeit Englands, die Verluste zu er
setzen und die Heeresstärke zu erhöben,
offenbar noch in aufsteigendem Ast. Tie
Entente ist daher imstande, dem Nach
teile der Schwäche der französischen
Kräfte durch ausgedehntere Dotierung
ler Front mit britischen Truppen zu be
gegnen. die Cchlagfertigkeit der Iran
zosen durch Verringerung des ihnen zu
gewiesenen Frontabschnitts zu erhalten
und damit auch deren Aktionssreiheii zu
erhöhen. Tas noch nicht erschöpfte Mcn
sckiencrescrvoir Großbritanniens ermög
licht es ferner den Alliierten, die bisher
bestandene zahlenmäßige Ueberlegenheit
in Frankreich auch weiterhin ausrechtzu
erhalten. Die strategischen Chancen für eine
baldige entscheidende Niedermersnng
Frankreichs sind für den Augenblick nicht
sehr groß. Teutsche Offcnsivstreitkräfte
hätten die am Stärksten ausgebaute
Linie der europäischen Fronten, deren
südlicher Flügel noch durch permanente
Werke modernsten Stiles versteift wird,
zu durchbrechen. Raumdimensionen für
Kräftekonzentrierungen wie in Rußland
ezisticren nicht und das Moment der
Ueoerraschung durch rapide derairige
Konzentrierungen an einem oder mehre
nn Punkten wird durch das Vermögen
des Gegners, mittels seines dichten hoch
entwickelten Eisenbahnnetzes denselben in
sehr kurzer Zeit entgegenzutreten, wc
fentlich vermindert. Schließlich wurde
eine vernichtende Niederlage Frankreichs
trotzalledem die deutschen Streitkräfte
an der Westfront noch nicht vollständig
für Verwendung gegen Rußland frei
machen, da die Gefahr weiterer Lan
düngen britischer Neuformationen be
stehen bleiben würde. Eine Osfinfive
an dieser Front würde neben bedeuten
den Opfern gewiß auch längere Zeit zur
Vorbereitung und Entscheidung in An
spruch nehmen, daher Rußland Gelegen-
beit geben, einen abermaligen Schlag
auf dem östlichen Kriegsschauplätze un
gehindert in die Wege zu leiten. Nach
den Vorbereitungen Englands und
Frankreichs zu schließen. Wird Teutsch
land in diesem Jahre scinm militärisch
stärksten Gegner an der Westfront zu be
kämpfen haben. .
In politischer Hinsicht ist für die
Wahl einer derartigen evenucllen Offen
sive auch die Stimmung der beiden En-tente-Nationen
bezüglich Fortführung
des Krieges maßgebend. Zwar wurden
auch in England und Frankreich einige
Friedensstimmen laut und ein gewisses
Friedens bedürfniS soll sich, Aussagen
von Gefangenen zufolge, auch unter den
alliierten Soldaten geltend machen; die
Majorität beider Völker ist jedoch, von
ihren neuen Machthabern beeinflußt, of
fenbar Noch nicht geneigt, die Hand zum
Frieden zu bieten. Eine große deutsche
Angriffsaktion würde daher auf vom
Felszuzswillen der beiden Nationen
kräftigst unterstützten, äußerst harinäcki
gen Widerstand stoßen.
Tie Winterfaison in Hrankrcich ist.
wie die dishtkige kriegerischen Gesteh,
insse bewiesen haben. Operationen größ
ten Stiles nicht derart hinderlich, um
ein Beginnen derselben üverhauvt in
Frage zu stellen. Ihr Einfluß auf evcn-
juelle deutsch; Vngrstökrwsnng:n t
dalvr nicht lkzu koch zu derzuschlas'.
:
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der Zcntralmächtc, würde, wie bereits
hervorgehoben, durch die Nicdeiioerfuiig
Frankreichs zwar militärisch in Mitlei
dcnfchaft gezogen, aber nicht empfindlich
geschädigt werden. Italien, das dritte
Mitglied der. Westgruppc der Entente,
mußte der militärischen Situation ent
sprechend durch eine gleichzeitige fcpa
rate Offensive nicdcrgekäinpft werden.
Eine, Sprengung der Entcnie-Koalition
durch Besiegen der gesamten Wcstgruppe
ist daher auf Grund der faktischen mi
litärischen und politischen Lage ein sehr
kühnes Unternehmen, welches unbedingt
die höchste Krastanspannung der Zcn
tralmächte notwendig machen würde.
Effekt dc? TauchbvotkricgcZ über
schätzt. Im Zusammenhange damit verdient
die in den letzten zwei Jahren von der
ganzen Welt ventilierte Frage einer
eventuellen Zeiederzwinguna Großbritan
niens durch einen rücksichtslosen Tauch
bootkricg nähere Würdigung. Bekannt
lich machen sich in dieser Hinsicht Haupt
sächlich zwei Anschauungen geltend. Eine
Partei erhofft durch die Vernichtung der
britischen Handelsflotte den baldigen
ökonomischen Zusammenbruch Englands
und damit die baldige Beendigung des
Krieges. Sie ist gewillt angesichts die
sei Möglichkeit, selbst die Gefahr von
.Komplikationen mit der anglophilen
neutralen Welt in den 5tauf zu nehmen.
Tie andere Partei ist bezüglich der Er
gebnisse des Tauch bvotlricges nicht der
art optimistisch und wünscht ich! die
Zahl der Gegner Mütel-öurcpas 'burch
neue zu vermehren.
Es ist nicht,, zu leugnen, daß das
Tauchboot neben den Zeppelinen vorläu
fig die einzige Waffe ist. mit welcher die
Mittelmächte den britischen Feind em
pfindlich zu schädigen imstande sind. Tie
Behauptung, daß Deutschland sich bis
her nur mit Rücksicht auf einen mög
lichen Anschluß der Vereinigten Staaten
an die Ententemächte und den dadurch
voraussichtlichen Verlust aller in ameri
kanischen Hafen internierten Handels
schiffe der vollständigen Ausniitzung die
ser Waffe enthielt, wiro durch die dies
bezügliche Erklärung des Gcneraldirck
tors Ballin der Hamburg-Amerila-Linie
genügend widerlegt. In erster Linie
dürfte sür diese Zurückhaltung die Er
wägung der maßgebenden deuischcn
Stellen auZschlaggebend gewesen sein,
daß der militärische Wert der Tauch
boote für die Herbeiführung
einer Kriegsentscheidung
nicht sehr bedeutend ist. In jeder Kriegs
attion ist die mi l i t ä r i s che Nieder
werfung des Gegners die entscheidende
Hauptsache. Die britische F'citc ist aber
trotzt zweijähriger Tauch booiattivitat
noch intakt und die Landesstnitkräfte
hauptsächlich das Gros derselben in
Frankreich sind durch den Unicisee
krieg, was Ersatz und Nachschub ande
langt, kaum berührt worden. Tie mi
litärischc Kraft Englands hat dah?
durch das Tauchboot wenig Einbuße er
litten. Ferner kann auch die Behauptung,
daß England durch rücksichtslosen
Tauchbootkricg ökonomisch auf die 5lnie
gezwungen werden würde, vie leicht
angezweifelt werden. Im bisherigen
Kriegsvcrlaufe haben sich die Engländer
stets als geschickte Nachahmer deutscher
Methoden erwiesen. Tie britische
Ucbersee-Blockade vermochte Zentral
Europa nicht auszuhungern, warum soll
die deutsche Untcrsce-Blockade gegen
England diese Wirkung unfehlbar er
zielen müssen? Brotkarte und Lebens
Mittelverteilung können ebensogut in
England wie in Deutschland platzarei
fcn. Und im äußersten Notfalle würde
noch immer die übermächtige englische
Flotte zur Verfügung stehen, um große
überseeische Lcben-mitteltran-porie zu
cbkortieren und vor Tauchdootangrisfen
Zu decken. Auf GrUnd dieser der
Berechtigung gewiß nicht entbehrenden
Erwägungen erscheint die gegenwärtige
deutsche Tauchbootxolitik, welche eine un
nötige Herausforderung der neutralen
Welt zu vermeiden bestrebt ist, und ihren
Hauptbcfürworter in dem Reichskanzler
Tr. von Bctbmann Hollwcg findet, so
wohl mit Rücksicht auf die intkrimtiona
len Beziehungen als auch auf die vor
oussichtlichen militärischen Pläne der
Zentralmächte die om besten entspre
chende zu sein.
Eine Inzugurierung einer großen
Offensivsktion behufs seperater Nieoer
kämpfung Italiens dürste im Bllgemei
nen von ahnlichen Faktoren beeinflußt
werden, wie jene an der Westfront.
Italien ist zwar militärisch erheblich
n.iigenommen. steht aber in unmittel
barer Verbindung mit den beiden an-
X deren rvestlichen Ententemächten, kann
daher von denselben direkte Hilse erhal
ten. Ein Ausscheiden Jialiens als
Kampfsaktor würde für die Zentral
mächte zwar die strategischen Vorteile
einer erheblichen Verkürzung der west
lichen Gcsamtfront und ein Freiwerden
der dort engagierten Streitkräfte mit sich
bringen, hatte aber auf eine baldige
Entscheidung und Beendigung des Krie
aii voraussichtlich keinen vniniitllbare
Einfluß. England, Frankreich und
Rußland würden sich durch eine Nieder-
5kZe,J:gl:cnS,!uumU!niZ).-?.zzd!N vc.
'Kampfes bewogen fühlen und hätten Gc
lrgenheit Vorbereitungen und Durch
führuug von Gegenoffensiven ins Werk
zu fchen. wie die Ereignisse des Jahres
1916 dargctan haben
Tie momentane Stimmung dcS italie
nifchen Volkes scheint zwar infolge der
großen durch den Krieg verursachten
Opfer und Entbehrungen, ferner ange
sichtZ des geringen Resultates der mili
tärischcn Operationen eher einem Fric
densschlusse hinzuneigen. Da jedoch die
Regierung gänzlich unter britischem
Einflüsse steht und ' sich den Geboten
Londons unbedingt fügen mi,ß,
rcrseits ober eine fast tyrannische vc
wallherrsckxift im Lande führt, ist es
fraglich, ob das leicht zu beeinflussende
Volk, im Falle einer erfolgreichen zcn
tralcuropaischen Angriffsaktion in sei
cm Widerstandsoermögen so rasch er
lahmen wird, daß ein sofortiger Frie
densschluß sich für die italienische Rc
gierung zu einer unbedingten Notwcn
digkeit gestalten dürfte. Von Einfluß
auf die Erfolgsmöglichkeitcn einer Of
fenstoe der teutonischen Verbündeten an
der italienischen Front ist ferner auch die
Winterliche Jahreszeit, da dicselöe den
vorerst im Hochgcbirgs- und Kars!
Terrain erforderlichen strategischen
Durchbruch recht schwierig gestaltet. Be
sonders in den Gcbirgsrcgioucn an der
Tiroler und Kärtner Grenze find, den
bisherigen Erfahrungen nach z fchlie
ßen, Operationen allcrgrößicn Umsan
ges bis zur Zeit der ckiiecschmclze bei
nahe ausgeschlossen. Mit Rücksicht auf
den großen Gcsichtspunlt einer baldigen
Entichcidu, g dürfte daher ein sofortiger
Felozug gegen Italien kaum den von
Mitteleuropa angestrebten Effekt ha' n.
Zwischen der Wcst- und der Ost
gruppe der SntenttkLalilion stellt die
mazedonische Front gewissermaßen ein
völlig isoliertes Bindczlicd vor. Abge
sehen von der Aussicht, daß sich die En
tcnte infolge der von dcr Northcliffe
Presse immer ungestümcr erhobenen
Forderung nach Aufgeben dieser Kam
paane, sowie durch die rumänisch: Ka-
tastrophe bewogen fühlen dürfte, den
Balkan endgültig zu räumen, würde eine
Angriffskampagnc d;r Zentralmächte
eine dem von nun an dominierenden
Kriegszweck gegenüber unwescntliche Ne
bena'tion vorstellen. Ein Frldzuz an
der Salonikisront wll:de nur eine Fort
sktziing der bisherigen militärischen Po
litik dcr defensiven Stärkung bedeuten,
sür die Beendigung un? Entscheidung
des Kriegcs aber nickt im Gcringstcn
von Einfluß sein. Da überdies die Iah
rcszcit die Operationen an dieser Front
gänzlich zum Halten gebracht hat, und
ein aktiver Anschluß Griechenlands trotz
der sich täglich steigernden Uebergriffe
der Alliierten noch immer nicht zur Ge
wißheit geworden ist, ist es wenig wahr
schkinlich. daß die Heeresleitungen dcr
Mittelmächte ihre Zeit und Energie
lediglich an die Vorbereitungen und
Turchsührung einer solchen Ncbenvpcr.'.
tion verschwenden werden.
Nusiland daS Angriffsziel.
Rußland repräsentiert, nach dem Zu
fammenbruche Rumäniens allein noch die
Ostgruppe der Entcntc-Koalition. Zwar
ist das McnschenRescrvoir des Zaren
reiches noch lange nicht erschöpft, viele
militärische Und politische Entwicklungen
der letzten Monate lassen jedoch den mos
kowitischeii Ztoloß als das lohncnswcrteste
Objekt einer Entscheidungz-Osseiisive dcr
Zlntralmächie in naher Zukunft crsche!
nen. Folgende militärische und voiitische
Gründe kurz zufanimcngesaßt
sprechen für die Natsamteit des Vcr
suche. Rußland zur Streckung der Was
sei! zu zwinaen, und damit die Haupt
bedingung zu einer Beendigung des bald
drei Jahre langen Ringens zu schassen.
Mit einem Ausscheiden Rußlands wird
dem Zusammenhalt der Entente aller
Vorauesicht nach der Todesstrcich versetzt.
Durch einen Friedensschluß werden
mit einem Schlaae riesige, wenn nicht die
Mehrzahl der Gcsamtstreitkräftc vorstel
lcnde Hccre der Zcntralmachte restlos für
Verwendung an den westlich Fronten
frei und würden damit die zahlenmäßig:
Ucberlcgenheit an denselben sicherstellen.
Türkische Truppen stehen dann ebenfalls
zu Unternchmunaen gegen Aegyptcn und
Indien zur Verfügung.
Rußland hat soweit" die größten mili
iärifchkn Verluste an Menschen Und
Kriegsmaterial unter den Alliierten auf
zuioeisen. Eine allgemeine Osftsive des Mittel
europäischen Vierbundes müßte nicht erst
speziell vorbereitet und eingeleitet wer
den, sondern kann auf den durch den
rumänischen Sieg geschaffenen Vorbedin
gungen fußen. In strategischer Hinsicht
sind ErfolgBedingungen bereits vor
Handen, da die militärische Situation
eine Allfroltunz dc-i Südslüncl der ins
fischen Linie in Aufsicht stell,.
Die VerbidungZmög!ichkcit,,i Ruß
land mit seinen 'westlichen BundcZae
nossen und Japan sind zur Winterezcit
erfahrungsgemäß äußerst beschränkt. Ein
Angiiffslricg gegn Slld-Rußland würde
das Jndustricaebict nördlich dc Schwor
zcn Meeres bedrohen und damit' einen
Lebensnerv des MoskowitcrRciches trcf
fcn. Breite Raume für Konzentrierungen.
operative Entwicklungen und damit der
bundene strategische Üebcrraschungen sind
auf dem ganzen Ztrieasschauplatze vor
Handen. Die gegenwärtige Linie des
russiscken Slldflüaels bietet infolge ihres
Unregelmäßigen Verlaufes mehr Gele
gcnheit zu folgenschweren Durchbruchs
aktionen als andere Fronten.
Als politifche Gründe lassen sich fol
gende ansühreu:
Durch den Verlust der Bukowina und
Ostgalizien würde die russische Regie
rung des einzigen Faustpfandes beim
Friedenzschlusse beraubt sein.
Die Eroberung der Ukraine würde die
Schaffung eines weiteren Pufferstaates
und die Sicherung der Ost-Grenzen Mit
iebEuropa bis an dos Schwarz: Mccr
gegen zutllnfiige russische Bedrohung ga
rantieren. In den innerpolitischen Zuständen
Rußlands zeiat sich ein kakidvskopariiger
Wechsel. Unzweifelhaft ist eil,! steirke
Friedeüstimmunsi vcrhanden, welche
.dnrch eventuell weiter mili'.ärifchk.?'-:-
derlagen wahrscheinlich wesentlich gcsor
d.rt werden dürfte. Daß dem gegen
wärligcn Regime der eine Fortführung
des Krieges befürwortenden Fortschritts
Partei keine allzu lange Tancr beschicken
sein wird, deutet die kürzliche abermalige
Hcranzichnng des ehemaligen Premiers
und angeblichen Frikdensfrcnndcs Stür
iner zur Regicrungsdienslen an. Mo
mcntan übt noch der englische Botschafter
Buchanan einen entscheidenden Einfluß
auf die russische Politik ans, militärische
Rückschläge aber dürften den gegen Eng
land schon ziemlich lautwerdendcn Haß
noch steigern.
Wenn man den meist an schwedischen
Quellen stammenden Nachrichten über die
ökonomischen Zustände Im Zaren-Rciche
halbwens Vertrauen schenkcii kann, so
geht Rußland in den noch bevorstehenden
vier Wintermonalen nuschlbar einer
Krise entgcgcn. Tos Ernährungeproblcm
gestaltet sich in dem riesigen Reiche im
mcr schwieriger und die russischen Be
hördcn sehen sich anscheinend nicht im
stände, diesem drohenden Ucbelstande
durch entsprechende organisatorische
Maßnahmen zu steuern. Ein Zwiespalt
zwischen Regierung und Volk hat ersah
runggcmäß stets eine wesentliche Schwä
chung'der militärischen Leistungssöhig
kcit jeder Nation zur Folge.
Nußland ist daher trotz seiner Wen
schenzahl allem Anscheine nach gegcnwär
tig ein militärisch leichter zu überwin
dcnder Gegner als die vereinigte West
Gruppe der Entcnte-Koalition.
In dem Kalkül der zentraleuropäischen
Heerführer sür einen großen Angriffs
feldzug gegen Rußland muß naturgemäß
die Rücksichtnahme ans die Jahreszeit
eine gewisse Rolle spielen. Der russische
Winter ist streng und lang, gestattet aber
erfahrungsgemäß Ansehung und Durch
führung großzügiger Operationen. Die
Schncefalle auf dem podolischen und
ukrainischen Plateau erreichen zwar des
Oeftercn sehr bedeutenden Umsang, die
Terraiiikonfiguratian dcr Steppen ge
staltet jedoch diese Vormarsch Behindc-
rung nicht zu einer absoluten.
.
Ein' weiterer militäscher Umstand,
welcher die Entschlüsse der teutonischen
Generalstäbc zugunsten eines Entschei
dungsbesirebens im Osten beeinflussen
dürfte, ist die im letztem Jahre festgestellte
relative VcrtcidiguiigSstärke dcr drei eige
nen europäischen Hauptsrontcn. Sowohl
die deutsche Westfront als die ostcr
rcichischtalienische Front haben Bc-lastilngZ-proben
zu bestehen gehabt, weicht
in inilitär-Iechnischcr Hinsicht keiner wc
seutlichen Steigerung mehrfähig sind.
Tie Belastungsproben werden sich in
Zukunft auf breitere Frontabschnitte er
strecklN, aber z. B. eine Vermehrung der
Geschützjahl an einem Punkte dürfte
wegen Raummangels und Bodengestal
tung nicht in großem Maße mehr mög
lich sein. Tie Vcrteidigungsstgrke der
bciden Fronten ist bedeutender als jene
der russischen, da erstere nur nnbedeu
tende Einbuchtungen,' letztere hingegen
eine räumliche Zuruckbicgung erfahren
hat. Die verbündeten Heerführer haben
daher im Falle einer Offensiv-Kampagne
gegen Rußland voraussichtlich die Ga
raniic eine? besseren strategischen Rücken
sichcrung. als im umgekehrten Falle.
Daß sich die Zentralmächte schon vor
und während dcr von ihnen eingeleiteten
Fricdeus-AZtion mit dem Gedanken eines
momentanen Mißlingens derselben und
mit der sich daran kilüpfenden Erwägung
einer Aggrefsion gegen Rußland befaßt
haben, läßt sich soiookl aus den Acußc
rungen Hindcnburgif und Radoölavoffs,
daß den Russen diesmal keine Zeit zur
Erholung und wctcrcr Vorbereitung im
Winter gegönnt werden würde, sowie
auch aus der unentwegten Fortsetzung
des mit dem Erreiche dcr Donau
Screth.'Linie anscheinend zum Abschluß
gekommenen rumänischen Feldzuges fol
gern. Ob diese Fortsetzung sich nach
Forderung der gesamten ScrethLinie
in einer direkten Ausrollung dcr rufst
schcn Linie in der Richtung Sud-Nord,
oder in einer Ofscnsive über Kischeneff
Odessa gegen den Unterlauf des Tnieper
äußern wird, dürfte den nächsten rnili
tärifchcn Entwicklungen an der Grenze
der Moldau zur Entscheidung vorbchal
ten fein.
Zum Schlüsse sei hier noch einer mili
täuschen Operation der letzten Tage,
welche die Aufmerksamkeit verschiedener
Kriegsbeobachtcr erregt hat und schein
bar zugunsten der Russen spricht, ge
dacht, nämlich der mit starken Kräften
angefetztcn russischen Gegenoffensive süd
lich Riga, am äußersten nördlichen Flll
gel dcr Ostfront. Auf den ersten Blick
scheint es, als ob dieser Gegenstoß ein
Zeichen der ungebrochenen Kraft Ruß
lands sei, da es trotz der offenbar iin
günstigen Lage an der rumänischen
Front an einem ea. !W Meilen ent
fernten Punkte imstande war, zu einer
Offensive überzugehen. Bei näherer Bc
urtcilung ergibt sich aber, daß die ruf
sische Hccrcsleilung mit dem obigen
Manöver eher einen Bluff zur Bcr
deckung der schlimmen Lage am Süd
flüg'l, als eine durchschlagende Offen
siv'Opcration an dcr Tüna behufs
Durchbrechung der dortigen deutschen
Front bezweckte. Man kann dem lricgs
erfahrenen russischen Generalstab kaum
zutrauendaß er das Schicksal des stark
bedrohten Sünflügels leichtsinnigerweise
aufs Spie! sehen würde, um mit dem
Angriff im Norden eine siraiegische
Fernwirkung zu erzielen, anstatt direkt
alle verfügbaren, entbehrlichen Streit
fräste ia die Moldau zu dirigieren, um
dem ans einer 1.7? Meilen breiten Front
im Gange befindlichen strategischen Um
fassungsangrisf der Armeen Machnsens
und Erzherzogs Josefs womöglich Halt
u gedietrii. Offenbar wolle die rufst
schcn Führer den Anschein erivcckcn, daß
sie übcr genügend Kruste verfügen, irrn
gleichzeitig mit der Defensive im Süden
eine Offensive im Norden beginnen zu
können.' Ob dieser Bluff den gewünschten
Erfolg, die Verbündeten zur Abdirigie-
rung von Streitkräften an die Tüna zu
veranlassen, haben wird, ist mehr als
zweifclhait. Vielmchc dürste eine umso
r.rr( ff.' r Noriermia der SkNtb- und
ek'nt,,!kS der PruthLinie die von den
., s.-iitt Z!a,!tt,.i.n?km's!ii tyra!.-.ff.c oe .ailnrnm.-
? eu'pN ib'ir!ttäZtckvM!ckurß , eilt
. l i ! I ll 'r(...l ' 4
1 . ..... .
0ir,tftirS lHfS
CHljVUHV 5545V
Von Emil
Daikn Chronicle' hat sich kürzlich in
einem Lcitaufsatz mit dem Thema dcS
Wcrtcs dcr deutschen Kolonien für Eng
land beschäftigt und ist zu dem Resultat
gekommen, daß sie als Einnahmequellen
für den englischen Staatshaushalt kaum
in Betracht kamen. Deutschland habe
dagegen Belgien besetzt mit einem Außen
Handel im Werte von ß Milliarden Fran
ken und Teile von Frankreich, welche SO
Prozent der gesamten franzo i chcn
Zuckererzeuguug stellten, 50 Prozent der
gesamten Eisenerzeugung, 70 Prozent
der gesamten TcztilwarenhcrsteUung und
Prozent der gesamten Kohlensordc-
rung Frankreichs.
England bat in der Tat von der Er-
oberung der deujschttt Kolonien sehr we
nig Gewinn. Tas bril, ehe Weltreich er-
zeugte 1913 nahezu 33 Millionen Ton
nen Reis, 7 Millionen Ballen Baum
wolle, für 1 Milliarde Mark Jute in
Indien. 1014 allein in Südostasien 618,
000 Doppelzentner Kautschuk, über die
Hälfte des Wcltkonsums? daneben spielen
die 50.000. Doppelzentner Kautschuk dcr
deutschen Kolonien und ihre knapp 2700
Tonnen Baumwolle (etwa 11,000 Bal
len) eine verschwindende Rolle. Kakao
erntete das britische Weltreich 1915 rund
83,000 Tonnen, die deutschen Schutzge
biete knapp 5000; gegenüber einer Oel-
sruchteaussuhr der deutsckicn Kolonien
im Werte - von 26i Millionen Mark
(1913) lieferte Indien allein für 120
Millionen Mark (30,000 Tonnen) Erd
nüsse. Ferner erntete Indien 500.000
Tonnen Sclam. 3$ Millionen Tonnen
Rübsen und Senf? Biitisch.'Weftafriker
führte 100,000 Tonnen Palmöl und
210.000 Tonnen Palmkerne aus. Was
spielen neben den 149 Millionen Rin-
dein des englischen Imperiums die etwa
6 Millionen Stück der deutschen Schutz
gebiete für eine Rolle, nebcn den 212,
Millionen Schafen und Ziegen Groß
englands ihre diclleicht 15 Millionen
Stück)
Ferner sind die englischen Kolonien sa
reich an Bodenschätzen aller Art, daß da
neben, wenn man von den südwestafri
kanischen Diamanten absteht, die geringe
Berawerksproduktion der deutschen Ue
berseegcbicte gar nicht ins Gewicht fällt.
Die Goldgewinnung der Welt belies sich
1011 auf 605,340 Kilogramm: davon
wurden in den englischen Kolonien
nahezu 400,000 gewonnen im Werte von
mehr als 1,1 Milliarde Mark. Tie
Straits Settlements führten 1012 für
255 Millionen Mark Zinn aus. Nach
einer Zusammenstellung von Dr. A.
Schulte im Hose (siehe Beiheste zum
TropenpflJnzer" 12 1916) hatte das
britische Weltreich aus seinen Kolonien
eine Mineiolienausfuhi im Werte von
2443 Millionen Mark. Der Handel des
englischen Kolonialreiches stellte sich 1012
auf nahezu 22 Milliarden Mark, der des
deutschen (mit Einschluß von lbiau
tschou) auf 520, Millionen Mark. Die
deutschen Afrikakolnien hatten gar nur
280 Millionen Mark Handel. Sie wa
ren vor dem Kriege Unter der deutschen
Verwaltung in raschem Ausblühen be
griffen und hättcn in zehn Jahren 800
900 Millionen Mark Handel haben kön
nen, vielleicht auch mehr, ober wohlge
merkt nur unter pfleglicher deutscher Bc
Handlung. Die Afiikakolonien waren
Teutschlands Hauptbcsitz. in den alle
Mühen hineingesteckt wurden: als engli
sches Eigentum ober spielen sie neben den
Ricsenkolonien Englands nur eine Nc
benrolle. Daß die britische Kolonial
Wirtschaft durch die deutschen Kolonien
einen nennenswerten Zuwachs auf ir
gendeinem Gebiete erhalten könnte, :st
ganz ausgeschlossen.
Auf dcr anderen Seite verlöre aber
England beträchtlich, wenn Deutschland
und seine Verbündeten dauernd die Hand
aus jene Gebiete legen würden, die sie
jetzt besetzt halten und wenn der englische
Handel zu diesem wertvollen europäischen
Gebiet, das Deutschland, Belgien und
Nordfrankreich, Kurland,, Polen, Oester
rcich-Ungarn, Serbien Montenegro, Al
banicn umfaßt, dazu Groß-Bulgarien,
die Türkei und eventuell Rumänien, nur
unjer Bedingungen zugelassen würde.
Der englische" Handel mit den deutschen
Kolonien wäre keine Entschädigung für
den entstehenden Auksall. Zwar entfal
lcn vom englischen Außenhandel über 40
Prozent auf den Handel Großbriian
niens mit sciilkn Kolonien; ober Mittel
und Sudostcurop, dazu der nahe Ori
ent, sind doch ein s wertvoller Handels
künde sür Großbritannien und das bri
tische Weltreich gewesen, daß ein Zusam
nikiihaltcn des Mittelmächte und ihrer
Verbündeten für die englischen Entschlie
ßungen.von schwerwiegender Bedeutung
tnerdcn' rnliß'e. Allein der Handel
Deutschlands mit England und feinen
Kolonien wertete 1313 nicht weniger als
4092,8 Millionen Mark; werden Belgien
und Nordfrankreich mit kn Rechnung ge
zogen, so ergibt sich die Niesensumme von
über 5 Milliarden Mark. Der ganze
Block der Mittelmächte und ihrer Ber
bündeien sowie der von ihnen eroberten
Länder stellt sür den Handel deS tng
lischen Imperiums einen Wert von übcr
sieben Milliarden Mark dar.
Aus diesen Tatsachen ist die Folgerune,
zu ziehen, daß England ein weit grüße
xtl Interesse daran hat. bei Friedens
Verhandlungen durch Kolonialangeboke
von uns Zugeständnisse in Europa zu
erhalten, als umgekehrt wir an dem Er-
Der Offensivstoß bei Riga scheint eher
jenen Kritikern Recht zu geben, welche in
den letzten Monaten auf eine sich immer
mehr dokumentierende Zcifahrenheit in
den sticitkgisckcn Anordnungen der ruski
schen ttenerd'le hinwiesen und dies cli
unwillkürliche mstftandm. der zu
- 1: t - fc-''
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- C1l'-ls TU '-
i . V ' " T ' ,
rStfl hfnHlfsifW
v v vvtpT.
mn.
Zimmcrmann.
werd von Kolonialgcbict durch kontinkn
tale Angebote.
- Ich verkenne keinen Augenblick di
bringende Notwendigkeit eincs großen
Kolonialbesitzes für eine gesunde Entwick
lung Deutschlands. Es wäre durchaus
Trcibhausentwicklung, wollten wir in
Mitteleuropa hinter unüberflciglichcn
Zollmaucrn Oclfriichte und Faserstoffe
bauen, und es würde eincn mcrkwürdi
gen Zug in die Weltwirtschaft bringen,
woljte ein so großes Gebiet wie das dcr
Mittclniächte seinen Bedarf an 5iaut
schul, Kaffee, Kakao, überseeischem Ta
bak, an Baumwolle und Wolle auf ein
Minimum beschränken. Kcin Zweifel,
daß dies möglich ist. Beispielsweise ha
den wir gelernt, heute mit einer Menge
Kautschuk ein ganzes Jahr zu reichen,
die früher in einem Monat verbraucht
wurde. Tas läßt sich natürlich nicht auf
die Tauer durchführen; aber eine sehr
bedcutcndc Verminderung dcs Verbrauchs
ist möglich.
Eine dcrartigc Enttvicklung der dcui
schen und mitteleuropäischen Wirtschaft
würde für sie ober nicht mehr nerträg
lich sein wie sür die ganze Wcltwirl
schaft. EZ ist ganz selbstverständlich, daß
ein starkes Zurückziehen der mitteleuro
päifchen Wirtschaft auf sich selber auch
die ganze Weltwirtschaft nach der Seite
einer Vcrtcuerung dcr Produktion ent
scheidend beeinslnfsen würde; auch miiß-.
ten sich andauernd Etockungcn und Nci
biingcn ergeben mit der Folge einer an
dauernden Beunruhigung der Produk
tion. England, als der Hauptvertretcr
der Gegenseite, würde nicht weniger lci
den wie wir, und es würde in den deut
schcn Kolonien keinen Ersatz finden,
während wir in den Eroberungen, die
wir gemacht haben, wichtige Wert: in
Händen halten. Dazu käme noch, daß,
wenn dcr Friede im wesentlichen eine Bc
stätisiung der Kricgsiatsachen, sein , soll,
TeutschlanS seine Kriegsschuld vielleicht
auf bfi Millionen Menschen verkeilen
kann, Frankreich aber ans noch nicht 38
Millionen. Tie Vorteile für Deutschland
sind so große, daß ich es wohl begreift,
wenn Politiker, welche mit kurzen Zeit
räumen rechnen, und die Deutschland
immer noch mehr unter preußischem Ge
sichtLwinkcl schcn. als im Zusammen
hage mit seiner Wcllaufgabe, für deren
Erkenntnis dem in enger Tradition Er
wachsen? das notwendige Organ auch
fehlt, wenn solche Politiker sagen:
Behalten wir. was wir haben, und lassen
Wir fahren, was die anderen haben.
Ties wäre, wie schon erwähnt, für
uns trotz oller ungesunden Stickluft, die
in der Abgeschlossenheit eutstchen muß,
kein schlechteres Geschäft als für. die-an.
deren, namentlich England, und m wei
tcicr Zukunst würde die ganz: Welt
wirtschaft ebenso leiden wie wir. Für
ihr Gedeihen, an dem doch England anch
in höchstem Maße interessiert ist, ist also
im Interesse aller eine Lösung des
Krieg-konflilts im höheren, nicht rein
mechanischen Sinne nötig, im Sinne der
freien Bahn für alles Tüchtige in der
ganzen Welt. Für die gesunde Weiter
entmicklung dcr Welt ist es nicht minder
wichtig wie für das Reich, daß es einen
anacmrsscnen Kolonialbesitz erhalt. Hier
an (nicht im Gcgenteil. weil die Gewin
niing dc deutschen Kokvnialbcsihcs Eng
land aak nichts nutzt) ist Großbritannien
ebenso sehr oder noch mehr interessiert
wie die übrige Welt, Deutschland cingc
schlössen, und wir haben jedenfalls keine
Eile, England Angebote Zu machen, um
damit Kolonialbesitz zu erkaufen.
Tie bedingte Kolonialpolitik, wie sie
gcprcdigt wurde, habe ich schgrf be
kämpft; denn Kolonialpolitik, muß fein;
sie ist Lkbeiisnotwendigkeit für ein gro
ßes, kräftiges Volk, das der Welt zu ge
ben hat. Aber die deutsche Kolonial
Politik ist etwas Unerläßliches nicht nur
für Deutschland, sondern für die ganze
Welt. Sie ist nicht etwas wie ein Pro
zeßobjckt, das am Ende des Prozesses in
di: Hand dcs Obsiegenden fällt, dcr da
mit nach Hanfe geht, um sich scincS Be1
sitzes zu freuen, sie ist das Pfund der
Bibel, das Deutschland erhalten soll, aus
daß es damit zum Besten der Welt, tou
chere, wuchere im Sinne der heiligeii
Schrift.
Tie deutsche Sprache in Oesterreich,
Im Ministerium des Äußeren iü
Wien steht eine Ausgestaltung dcr Prcssc
abteilung btsor, die mit einer Erweite
rung der Ausgaben dieser Abteilung zu
sammen hängt. Tas Hande'öministcriuiit
hat angeordnet, daß sich die Handeln
und Gewerbekammern in Zukunft bcl
Berichten und Eingaben an das Hau
dklsministeraum und die übrigen Lster
reichischcn Zentralstellen sowie an die ge
rncinfamen Ministerien ausschließlich
dir deutschen Sprache als der Geschäfts
spräche dieser Zentralstellen zu bedienen
haben.
Eine tiehcr niibckaunte Kanthand
schrift. Von der im Verlage do
Bruno Cafstrer in Berlin erscheinenden
eiamiausgaoe von Emmanuel iianiz
Werken ist 'jetzt der 7. Band, enthaltend
die Metaphysik der Sitten' und den
Streit dcr Fakultäten", erschienen. Der
HerauZgeber, Tr. B. Kellermann,
konnte sich bei der Revision des Teztcs
auf bisher nnveröffenlichtes Handschrift
liche? Material stützen. Für die Mcta
Physik der Sitten wurde eine Rostocker
Handschrlst herangezogen, in welcher
Kant sich in eingehender kritischer Erör
trning mit einer Besprechung seiner
Rechtslchre" in den Göttingischen Ge
lehrten Anzeigen" auseinandersetzt. Da
nicht nur der Text dies r ausführlichen
Handschrift wiedergegeben, sondern diese
selbst mit, allen ihren Einzelheiten H
Faksimile reproduziert ist. erhält d"x Le
ser damit zugleich ein treues und an'anes
Bild von KantZ. Arbcijzei.und ,Aks
I i-.iil - miH.i(nih'h
lliÜi- Li-tJJÜViJI.
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