Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, December 18, 1916, Image 2

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Tägliche Omaha Tribune
Dereiteltc Aurchöruchsycrjuche
an der Komme.
Zic Tttichbruchöidce als Grund
lage des Gesamtplancs.
Pun Georg Qucri.
Großes Hauptquartier. 6. Novbr.
Es f ant recht schwer, über die Lag:
slit der Gemme ein allgemein verstand
liches Bild zu entwersm, weil der tfkg
ei immer wieder mit Großkampfad
sichten auftritt, die Wohl zukauft über
raschen müssen. Aber er will eben seine
Offensive noch lange nicht auf dem to
ten Punkt angekommen wissen und kann
sich auch mit Rücksicht aus die gesamte
Kriecislage noch nicht zu einem gcschick
ten Abschwenken von seinen Planen ent
schließen. 0 tragen sich die aussicht--losen
Kämpfe in die unangenehmste
Jahreszeit hinein, die der Landstrich
kennt, und erschweren sich durch die llu
gunst der Witterung fast ebenso sehr
wie durch den Umstand, daß recht viele
minder wertvolle Divisionen zur i
sung einer Aufgabe, kingeseht werden
muffen, die den alten Zternlruppen auch
um den Preis ihrer Vernichtung miß
hingen war. Man muß gestehen, daß
die Franzosen eine fast sinnlose Zähig
Zeit nachgewiesen haben. Sie ist heute
noch ungebeugt, so sehr auch das start
zäsische Volk sich heimlich oder laut nach
kem Ende dieser Sommekämpfe sehnt.
Wenn man die Triefe der Sommege
sangenen oder ihre Tagebücher liest und
wenn man die Leute ihre bitteren S7fci
ungcn aufsprechen hört, so möchte man
ost annehmen, daß die große Zahl der
Verzweifelten doch eines Tages das
Echo des Landes oder wenigstens starke
Vertreter ihrer Kricgsunlust finden
müsse. Aber es ist auch heute noch nicht
daran zu denken, daß das französische
Volk ernlich den Versuch machen wird,
der Regierung und der Heeresleitung
ins Steuer zu greifen. Ist es nicht ge
radezu bezeichnend, daß die französische
Presse abermals keine Besorgnis dar
über äußert, daß die Engländer wieve
rum ihren Sektor verkleinert haben?
Tie Verpflichtungen der blutigen, aus
unzähligen Gefechten und Cturmversu
chen bekannten Lesboeufsstellung sind
nun auch auf französische Schultern &
geladen worden!
Es floß gestern wieder das Blut In
Strömen! Es läßt sich heute noch nicht
völlig übersehen, wieviele von den bead
sicktigten Angriffen des Tages über
Haupt zur Ausführung kamen. Jeden
falls waren die feindlichen Gräben von
Le Sars bis Bochavesnes wieder gefüllt
mit Tturmkolonnen, die der Reihe nach
den ganzen Tag über die deutsche Linie
anzulaufen hatten. Ein wogendes Ge
brüll von französischem Vordncitungs
feuer und deutschen Sperrgranaten. Ein
unaufhörliches Getümmel von der
schlämmten Gräben zu den klitschigm
Feldern. Ein Tag blutigster Crd
nung. , Die Hunderte von. Ausfällte
fen, die der Feind nachts in die nassen
Grabenwande gehauen hatte, die flüch
tig vorgetriebenen Aufstellungssappen,
die Flut der Befehle, und hinter der
Jvront der seltene Anblick berittener
Massen, mußten der feindlichen Jnfan
terie sagen, daß wieder ein Termin für
den Kampf ums Ganze gestellt worden
sei. Wober im Schlamm der Gräb-n
und beim Tosen der deutschen Granaten
die Begeisterung für die Stunden der
großen Not 'gewinnen? Hinter der
Front schien man eher in einer Vorah
nung des Jubels zu stehen. Hier hatte
sich schon eine Anzahl von französischen
Schwadronen versanmelt. die einer
leichten und dankbaren Aufgabe harr
ten: übe: zerschossene und vom Freund
bereits genommene Graben zu setzen,
durch erstorbene Strecken zu galoppieren
und die beiden flanken des geschlagenen
FcindeI aufzurollen. So sicher war
man des Erfolges gewesen, den da
Programm dieses Tages hätte bringen
sollen. Es erscheint fast absurd, daß
der Gegner mit eine? derartigen Leicht
fcrtigkeit nicht nur unsere Artillerie,
sondern auch die Kampfkraft unserer'
Männer im Graben einschätzt. Er kann
sich doch wohl unmöglich den grausigen
Erfahrungen verschließen, die er in die
sen Sommekämpfen gemacht hat. So
scheint das kavalleristische Blendwerk
eher für die Augen des armen Teufe's
bestimmt gewesen zu sein der da wieder
einmal gegen Die teutschen Maschinen
gewehre' gehetzt werden mußte. Wenn
leblose Befehle der höheren Kommando
stelle und optimistische Anschauungen
v?:ne kein herzbaftes Echo fanden, so
mußten unerhörte Vorbereitungen für
Ziele weit über die nächsten Aufgaben
hinaus den erschrockenen Mann im Gra
fcen wiever aufrichten und ihn an die
Kraft seiner Waffe glauben lassen. Auch
sah er, daß man Feldgeschütze in Meng:
bereitgestellt hatte, um sie augenblicklich
hinter den Siegern nachzufahren und
im großm und groben bei der endgilti
gen Vernichturz des Feindes wirken zu
lassen.
Es ist schwer zu sagen, c& der egiur
wirklich an die große Tragweite seiner
Unternehmung glaubte oder ob er sich
nur zu einer, raffinierten Aufmachung
seiner Arbeit entschloß, um warmes
Blut und leichten Mut in seine Gräben
zu pumperi. Schließlich muß ja der
Soldat bei sller Grauenhaftigkeit fei
mt Umgebung und feiner Leben sfüh
rung den engen Gesichtswinkel seiner
Schuhl'öcher vergessen und an die großen
Ideen und an den Optimismus feiner
Führer glauben. Tie Unterführer ver
bergen ihm ihr Kopfschütteln und die
Angst der Verantwortlichkeit. Sie tun
ihre Pflicht, sie gchen mit. sie trage
dir Handgranate voran. Wie es dem
Tapsern ziemt. Sie versieben mit An
f.aiii) zu sterben, und so war'S gestern
wieder: das französische Volk halte
einen großen Sterbetag. Vom Morgen
biS zum späten Abend Angrifft ohne
Zahl. Angriffe ohne Glück. Es kommt
c;t, daß kräftige, fiefchitiie Stöße rasch
gelinge, und t schnelln der Erfolg, de
sto geringer die Verluste. Ein wieder.
Koltes Unternehmen, ein Sichverbohren
in eine und dieselbe Siurmabsicht muß
unter allen Umständen schwer, schwer
bezahlt werden.
Es läßt sich heute noch nichts Aus
reichendes über die Verluste des Feindes
sagen. Wir wissen nur, daß vor tina
Zahl unserer Graben en über die Ma
ßen blutllberronnems Kampffeld liegt,
und ixifj unser Sperrfeuer darüber hin
aus manche feindliche Stuimaufstellunz
vernichtete. Grobe, scheußliche Ziele,
über gefüllte Graben. Tie Tchwadro
nen zerstoben, die nachzugsbereiten
Sturmbatterkn wurden atgeschcssen.
Unsere Grabcnbesatzungn schössen mit
einer unverqlcichluiien Ruhe auf die im
tiefen Ket des Geländes behinderten
Angreifer. Wo es den dichten und viel
fachen feindlichen Wellen gelang. Filß
zu fassen, brachten uns brillante Gegen
stoße den Enderfolg. Einen Gewinn
kann der Feind bueben. In ein Siel
lungszixfclehen südöstlich Senil und
Sailliscl, nordwestlich Le Sars, ivar er
eingedrungen, um wieder geworfen zu
werden. Im Gucndccourt-Abschnitt
konnten die Engländer ihren Angriff
nicht entwickeln. Unser Sperrfeuer hilft
sie fest und bestrick die Sammelpunkte
mit unheimlicher Sicherheit. Nordsee
lich Sailly gab es anfänglich Eindriiig
lirige in unseren Stellungen. Sie ur
den prachtvoll wieder angegangen und
fluteten zurück. Dreimal trugen sich
Angriffe gegen Transloti vor, dann gab
der geschwächte Abschnitt die amvfab,
sicht auf.
TaZ find in kurzen Zügen die Haupt
punkte der Kämpfe, die gestern zwischen
Le Sars und Bouckavesnes mit einer
filr die heutigen Gefeäiisoerbältnisse des
Feindes riesigen Angrcifcrahl bestrittcn
wurden. Ihr großer Stil mußte bei
dem anscheinenden (Irmatten der Offen
five überraschen, die stete Bereitschaft
anderen Partei, und so entschieden
Hanügranaten uno die blanke Waffe.
In Pressoire tauchten 'wieder diese rät
st (vollen deutschen Maschinengewehre
auf. Mau hatte sie wieder mit fast
mehr Sorgfalt verwahrt als das eigene
Leben und war wieder flink genug ge
wefen, fie aufzustellen und gcbrauchöfer
tig zu machen, als der' Feind schon hin
ter feinem kenten Granutenvorhang an
lief. Wie der Angreifer starrte der Per
ttiviger in Treck und Schlamm, aber
seine Maickinengewebre waren wie
Kleinode behütet geblieben.. Jeder Zoll
der Ortsstellung war von den letzten
Unverwundeten bewehrt und bewacht,
und konnte keinen kampflosen Gewinn
geben. Tie Uebermacht bes Feindes
war g'oß. aber sie verwirrte die geticki
tete Schar der Verteidiger nicht. Tie
Leute hatten in der Hölle des Vorberci
tungseuers ausgehalten, Menschen jen
feits von Zagen und Furcht und zoa?,i
den Tod dein Zurückweichen vor. Tie
da sanken, waren Helden, von denen je
der ein Vielfaches für sein Leben ge
nomnien hatte. Ich hole diese kurze
Schilderung der Kämpfe um Pressoire
nach, um ein riebtiges Spiegelbild der
Somme-Enigniffe festzuhalten und an
ihm ,z zeigen, wie die Bilanz vieler
kleiner Offcnsivcrfolge zu berechnen ist.
Wir müssen das grausame Rechnungs
blatt zu den übrigen legen und das Fa
zit für die Sommekämpfe ziehen: twz
um diesen Preis seine Heimat wilderer
obern will, gibt an der Schwelle zum
Ziel seinen letzten Blutstropfen aus.
Auch die Engländer greifen wieder
kräfliger in ihre Menschenreseroen und
gehen über die sich mehrenden Klagen
der erschrockenen Heimat zur brutalen
Tagesordnung über. Tie französischen
UnterstützUngsfordcrungen müssen er
füllt werden. So flammte der Kampf
in dem alten Offensivabschnitt Gemme
court'Ancrc wieder auf. Gewiß, die
Engländer gingen ernsthaft an bie Ar
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EINE Z E 0.STORTE STRASSE' IN PERONNE.
schwenken ein, der Kaiser begibt sich auf
seinen Plal an der Straße, und nimmt
den Vorbeimarsch ab.
' Ein wohlocrtraute Bild. Wer kennt
ti nicht? Wie hat uns das hochkultivierte
Ausland um diese Parademarsches
willen zu hoffnungslosen Barbaren, dcZ
Militarismus herabgewürdigt. Unter
dem grauverhangencn OktoberHimmcl
Frankreichs wird diefcr elerne Schritt
der feldgrauen Kolonnen zu einem
Symbol unseres eisernen Kampfes um
unsere Freiheit, unser Leben. Ein
einziger Wille strafst die Glieder dieser
Männer, die unermüdct, unbesiegbar aus
Tod und Wunden und Verwüstung vor
ihrem Kaiser Zeugnis ablegen für ik,ren
ungebrochenen Mut. Was sind die
römischen Legionen, was sind die Gre
nadicre des kleinen Korsen gegen diese
Helden deutscher Etandhaftigkeit und
Todesverachtung an der Eomme!
Die Musik schwenkt hinterdrein die
Truppen rücken ab, zur wohlverdienten
Ruhe, der Kaiser ober sauft weiter.
Noch vier solcher Besichtigungen hat er
heute vor, an -anz verschiedenen Plätzen
hinter der Front. Tos Bild ist mili
törisch gesehen fast immer dasselbe. Tie
Landschaft aber ändert sich. Hier er
warten die Truppen den Kaiser in einer
Wiesenmulde vor einem alKn Torf, doct
stehen sie auf den weiten Rasenflächen
im Park eines fürstlichen Schlosses, mit
schweren Baumkulisscn im Hintergründe,
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DAS
VER.VVUÖTETE HEM.
unserer Truppen konnte nicht überrascht
werden. Erstaunlich ist nur, daß man
die Tuichbruchsidie abermals als
grundlegend für den Gesamtplan er
kennt. Ter Feind hatte zu einem seiner
größten Kampftage gerüstet. Tie kraft
volle Abwehr gestaltete daraus den gro
ßen deutschen Erfolg.
Die
und
Kampfe an Ancre
Tommc.
' Rückblick auf den Tag
von Pressoire.
Von Georg Queri.
Großes Hauptauartier, 15. Nov.
Ueber die große Moiiiagsschlacht lau
fen heute ergänzende Meldungen ein, die
auch den Verlust des Ortes Beaucourt
a. der Ancre bekanntgeben. Tie deut
sche Linie lauft also jetzt südlich Grand
court und nördlich Beaucourt ziemlich
gerade und halt westlich von Serre die
Höhen, um die die Engländer am Mon
tag sich mühten. Wir wissen heute aus
einem Befehl des Feindes, daß der
Hauptstoß gegen diese Höhen gedacht
war. Von den mindestens sieben eng
lischen Tivisioncn, die vorläufig festge
stillt sind, hatten sich starke Abteilungen
über die Straße Mailly-Tcrre borge
sucht und vorübergehend Fuß gefaßt,
bis der Ang?griffenc energisch dagsgei
stieß. Südlich hatte der ,Feind mehr
Glück, wenn ihm auch eine verzweifelte
Gegenwehr einen blutigen Preis für den
Erfolg vorschrieb.
Es war hier nicht anders wie am 7.
November in Ablaincourr und Pres
soire, südlich der Somme. Ueber den
Tag liegt nun ein ausführlicher Bericht
vor, der von ganz schauerlichen Nahtäm
pfen spricht. Platzregen, überschwemmte
Gräben, kotverstopfte Gewehre, das sind
die Stichworte, zu denen man sich den
Kampf Mann gegen Mann , vorstellen
mac. Tie Franzosen hatten Sonder
trnpperi für di: schwere Arbeit aufge
stellt, Znaven. Tirailleurs und Jäger
zu Fuß, neben denen koch zwei Jnfari
terieregimenter zu kämpfen batten. Bei
fviellos arbeitete die , Artillerie vor.
Trotzdem waren noch kampfbereit: Per
teidiger zu finden. .Es funktionierten
weder die Oewchre der eine noch der
beit. Aber es war eben doch nur ein
halber Erfolg, dieses StellungSdreiec!
zu kapern, von dem man nie recht be
griffen hatte, warum ei nicht freiwillig
geräumt worden war. Man beschoß es
längst von drei Seiten, und es mußte
doch einmal mürbe werden. Und jetzt,
da man zwölf Tage draufgetrommelt
hatte, ja. da gab es eben kein Halten
mehr. Aber nun hinken dem Erfolg
schon Verpflichtungen nacd, die teilweise
viel Opfer verlangen müssen. Die neue
Stellung liegt unter dem schmerstm
deutschcn artilleristischen Druck und vcr
langt nach einer wesentlichen Erweite
rung. So müssen die Engländer sich die
Höhen gegen Vöbuterne sichern und auch
von Courcelettes aus über die Ancre
vorfinden. Daß sie auch von Norden
her über Gommecourt Vordrucken wol
len, mag vorbereitendes und einleitendes
Gas anzeigen, das gestern aus Fouque
villers abgeblasen wurde. Tann nahm
der Feind deu Plan gegen die Hohen
westlich Serre wieder auf. Er wollte
die Straße Mailln-Serre haben und
halten, aber der Voi-stoß prall,' ab. Die
Angreifer kamen auS dem Westen und
Südwesten und versuchten immer wie
der, bis zum Abend, gegen Serre vor
zustoßen. Eine Reihe von Mißerfolgen,
die viel Blut koüeten. Am Morgen um
8 Uhr batten dir Engländer auch der
sucht, Grandecurt von Suden her zu
erreichen. Der Angriff mißlang uno
cs folgte ihm kein zweiter. Eine Stunde
vorher hatt: der Feind das Gelände
nördlich Le Sars bis nördlich Gueude
court abgetrommelt, aber um 9 Uhr
flutete seine Infanterie trotz der reichli
chen Vorbcreilung zurück. Um Mittag
begannen Stürme gegen die Butte-de
Warlencourt. Ter Erfolg der ersten
Anläufe bestand darin, daß der Feinv
eine kleine Abteilung in einem Restsy
stcm zurücklassen konnte. , Erschien die
sem Nest als einer Unterstiitzungsbasis
vertraut zu huben, denn um 6 Uhr
abends unternahm er einen großen An
griff. Wieder wird er abgeschlagen.
Der Lailer an der Soinme.
Von Engen Äalkschmidt.
Es wollte d aus nicht hell werden,
obwohl die Babnyofsuhr bereits auf die
zehnte Stunde wie?. Tie Welt stak iil
einem unergrünolich grauen Regensack.
und von Zeit zu Zeit schüttelte ein Wind
stoß einen derben Schauer über den öden
Platz, wo die grauen Kraftwagen warte
ten. Tie französische Provinzstadt
schaute noch verschlafener drein als sonst:
sie erwacht immer nur langsam, wider
willig und spät. Aber an manchen Tagen
stehen die Häuser mit geschlossenen Augen
da, als ob sie überhaupt nicht aufmachen
wollten. Hin und wieder blinzeln sie
mühsam, da und dort 'öffnet sich ein
Feniter, ein Irauuikopk späht in die
Gasse hinab, im Haukgang besprechen sich
ein paar Nachbarinnen.. Holzschuhe klap
per über das holperige Pflaster. Tie
Neuigkeit lauft durch den trüben Tag:
Ter Kaiser kommt!
Sacht und gemächlich gleitet der Hof
zuz in die eile Halle. S eit Stunden ist
sie leer, die sonst von geschäftigem Kriegs
leben wimmelt. Heute steht nur der
Oberbefehlshaber Kronprinz Rupprecht
mit seinem Stäbe auf dem Bahnsteig.
Schlank aufgelichtet, einen zierlichen
Kommandostab mit blauweißer Schnur
in der Hand, erwartet der Generalfeld
marschall den obersten Kriegsherrn. Mit
raschen Schritten eilt er ihm entgegen.
Begrüßung. Vorstellung: alles ganz
knapp. Keine Musik, keine Fahnen. Ter
Motor rattert. .Los! Schon halten wir
vor den Pforte deZ großm Kriegs
lazarettes.
Ter Kaiser bar einen Saal der
Schwerverwundkte betreten. Lauter
Kopfschüsse. Es herrscht Stille im wei
ßen Raum. Hin und wieder klingt die
Stimme des führenden Arztes durch.
Flüstern und leise Bewegung. Tie Augen
in dzn blassen Gesichtern der Verwunde
ten solaen dein Kais erwartun?svoll
den Bett zu Bctt. Was hat er gesagt?
Was wird er fragen? Wird er mir auch
das Kreuz geben?
Leise und behutsam schreitet der Ztayer
von einem zum andern. Gedampft ltellk
er ein paar Fragen, freundlich nickt er,
schaut rasch aus die Krankentafel, blickt
aus den Arzt und schiebt das blinkende
eiserne Kreuz nebst seinem Postkarten-
bildnis in die Hände des wunden Man
nes. Ter Kaiser kommt nicht als die
Majestät vom Throne herab zu seinen
Soldaten, sondern wie ein väterlicher
Kamerad tritt er vor sie. mannhaft und
gütig, frei von aller Wehlcidigkeit und
einem kleinen Scherze, einer heiteren Er
munterung stets zugeneigt. Väterlich auch
ist das Tu. mit dem er sie anredet.
Gegen wen hast du gekampst? Gegen
die Engländer? Gestern haben wir ihnen
drei Panzerautos zusammengeschossen !"
.Wo bist du her? Aus Ostpreußen. Ma
surcri. soso. Ta hat's schlimm ausge
schaut, Aber wenn du wieder heim
kommst, wird das Meiste wieder in Ord.
nung sein, und die Ernte war gut." Tem
Hannoveraner: Na. da bist du als
Junge wohl oft mit der Musik gelaufen,
wenn ich meine Ulanen besucht habe?"
Er möchte jedem ei kleines besonderes
Wort hinterlassen, zum Andenken, zum
Trost. Er ist für ein paar Sekunden
?anz nur mit dem einen Menschen be
chafligt, den er vor sich hat; er ist gan,
bei der Sache, seine Kämpfer zu ehren;
eS ist ihm Pflicht und persönliches Bc
dürfnis zugleich.
So geht es durch ein paar Säle. Nach
den Kopfschüssen lammen die Lungen
schüsse dran der Kaiser fragt hier
picht viel, um den Verletzten die Antwort
zu ersparen, er plaudert sich so durch den
Raum. Tan folgea die Beinschüsse.
Ter Flügeladjutant mit dem Häuflein
Kreuze immer dicht hinter ihm. Hin
und wieder bleibt ein schwarzes Etui auf
der Bettdecke zurück. Ta blinkt dann
da! . st. I." Die dreißig Minuten
festgesetzter Besuchszeit sind längst ubcr
schritten der Kaiser merkt es nicht,
und Generaloberst v. Plessen läßt ihn ge
währen. Ter Tag ist noch lang, und
irgendwo wird sich die Verlorne halbe
Stunde schon einsparen lassen. Sie ist
verloren und gewonnen zugleich.
Ein anderes Bild. Weit hinter unS
am Horizont ist die Stadt verschwunden.
Auf dem Acker neben der Straße im
weiten Viereck aufgestellt, erwarten Ab
Ordnungen der Regimenter, die die Wehr
an dcr Somme gehalten haben oder noch
halten, den Besuch des Kaisers. T:r
Regen hat aufgehört, aber der Tag
bleibt grau und 'mürrisch, wahiiu? kein
Paradewetter wie auf dem Tempelhofer
Feld. Toch auch kein Fliegerwetter für
den bösen Feind. Die großen Hornissen
brummen heute nicht über uns. und die
Sorae für dos Leben des Kaisers darf
ruhen. Auch die feindliche Artillerie wird
ihn nicht entdecken, wenn ihn sein Weg
durch den Feunbereich der englische Ka
nonen führt.
Ter Kaiser ist ausgcstiegen und schrei
tet die Front entlang. Seine Standarte
folgt ihm. Von Zeit zu Zeit ein lauter
Zuruf auf seinen kräftigen Gruß: Mor,
gen. Majestät!" Hin und wieder bleibt
er stehen, greift sich den einen oder an
dern heraus, fragt oder erinnert sich und
geht weiter. Er hat hier nicht eine ein
zelne Division, ein bestimmtes Korps,
nicht Preußen nur oder Bayern, sondern
Truppen aus allen Gauen des deutschen
Vaterlandes um sch. Ich sehe die
Tschakos der Marine-Jnfanterie. die
Nummern schlcsischcr, brandenburgischer
und sächsischer Regimenter. Die Somme
versammelt Ost und West an ihrer
donnernden Front, dexen dumpfe Auf
schlüge die schwere Luft erschüttern. "Zin
General gibt mit heller Stimme Kom
mandos. Tie Truppen präsenticreu ud
.wollen einschwenken. Aber der Kaiser
winkt, tritt in die Mitte und spricht etwa
folgendes:
Kameraden! Dem Triebe meines
Herzens folgend bin ich von der Oftfront
zu euch geeilt. Ich bringe euch die Grüß:
eurer Kamerade und den Dank des
Vaterlandes für dir heldenhafte Art. mit
der ihr euch in diesem heißen Ringen
an der Somme geschlagen habt. Ohnc
Beispiel in der Kriegsgeschichte ist dieser
Kampf. Nach Iahrhuudcrten noch wer
den diese Schlachten fortleuchten als ein
Vorbild vom SiegeswilleN eines ganzen
Voltes. Ibr seiv es. in denen dieser
deutsche Wille zum Ausdruck kommt:
standzuhalten gegen französischen Ueber
mut und britischen Starrsinn. Aus ollen
deutschen Gaue steht ihr hier zusam
wen: ine eherne Warn deutschen
Pflichtgefühls und opfervoller Hingabe
bis zum letzten iemzuge. So schlägt
sich das deutsche Volk gegen eine Welt
von Feinden. Und wenn es auch schwer
wird, und wenn eS noch lange dauert
der Herr der Heerscharen ist mit euch.
Er hört die Gebete dcr Heimat und stärkt
euch in unserer gerechten Cache. Er
wird seinen Segen gebeu bis zum Ende.
Als oberster Krugsherr bringe ich euch
meinen Tank und den des Vaterlandes
für alles, was ihr geleistet habt:
Ein dreifaches Hurra braust him
mclan. Die Hymne tönt. Tie Gruppen
dann wieder füllen sie die rechtwinkeligen
Räume eines grolftn Obstgartens. Dcr
Kaiser ist unermüdlich. Er verweilt bei
den Generalen, schüttelt bekannten Ossi
zieren die Hand, verteilt Auszeichnungen
in langer Reihe, und jeder Mann muß
ihm Namen und Heimat nennen, für
jeden hat er einen freundlichen Blick, ei
Lächeln, ein kurzes Wort. Die Ad
jutanten sind eifrig dabei, die neu vcr
liehenen Kreuze anzuheften oder einzu
knüpfen. Wie leuchten die alten
Preußenfarben auf dem verblichenen
Feldgrau der !riegerprobte.r Röcke! Und
die jüngsten Ritter des Eisernen drücken
beim Vorbeimarsch die Brust Noch ein
mal so stramm heraus.
Am wunderbarsten aber berührte, doch
der Marsch des Sturmtrupps. Er bot
dem Kaiser zuvor ein kleines Spiegel
bild der schweren Cturmlämpfe draußen
an der Sommesront. Die neuesten
Kampfmittel des heutigen Sturman
griffö wurden vorgeführt. Tie Artillerie
schoß ein Blockhaus mit Graben und
Hindernissen sturmreif. Infanterie ging
in kleinen Gruppen zum Sturm vor,
behende kugelten sie aus einem Trichter
in den andern, Handgranaten flogen,
die Flammenwerfer entsandten ihren
vernichtenden Fcuerstrahl. und Signale
zischten durch die Luft. Eine Manöver
Übung, die man mit tausend multipli
zieren muß. um eine schwache Vorstellung
von der Gewalt des Krieges zu bekam
mcn. Lauter junge Leute sind beim
Sturmtrupp, und alle tragen sie den
Stahlhelm. Die frischen Gesichter unter
dem harten Siahlgrau leuchteten, ' e
jungen Glieder strafften sich, als die
Stürmer am Kaiser vorüberzogen. Der
Atem des Krieges hatte ihr: Stirnen e
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strahlte aus ihren fröhlichen und tapferen
Blicken.
Ottskar Kernstock, dcr naniciitlich
als moderngcistiger lichter mittelalter
liehen Anstrichs bekannte und beliebte
Mitarbeiter der Fliegenden Blätter",
wurde vom Landesausschuß des Erzher
zogtums Niederösterreich zum Dozenten
für Poetik. Rhetorik und Stilistik für die
Lkhrerükademie am Pädagogium zu
Wien ernannt vnd foll da ein in der
Gegenwart mit Unrecht vernachlässigtes
Gebiet feinen Hörern erschließen. Bis
her war Otto (so sein ursprünglicher
Vorname, Ottokar ist der Klosternamc)
Kcrnstock seit 1883 Pfarrer zu Festen
bürg in Steiermark, und in diesem Al
penschlossecm Fuße de Wcchsclgebirgks.
das s recht die Wohnung für einen sin
nigen Poeten ist. huldigte er bisher län
er als ein Vierteljahrhundert der Mule
Der wackere Pfleger deutscher Spracht
und Poesie sieht im 68. Lcbensjahet.