Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, December 01, 1916, Second Edition, Image 2

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Sie sieiYn doch nah' bcilam
mcn. Autganq und Untergang
Zwölf Uhr mittags.
in Himmel lacht in feinern schönsten
Blau, bis warme Herbstsonne scheint auf
das Häuscrmecr und die unerschöpflich
scheinende Menfchenflut am Broadm.'y.
Auwi und Lastmagen, elektrische Bah
nen und Fußgänger drängen sich ancin
ander vorbei. Zeitungsjungen preisen
mit lauter Stimme die letzten Ausgaben
an und über allem liegt es zitternd in
, der Luft, das Gcfühl des HastiNs und
der Unruhe.
Ich stehe an der Eck. Dcy Str. und
Broadway, lasse die Keile von Wagen
und Autos an mir vorbeiziehen und
wage mich erst über die Straße, als der
Polizist mit der behandschuhten Rechten
das Signal gibt. Wie oft Heu u die
St. Paul's Kapelle an der E... schon
passiert. Und trotzdem ist mir niemals
vorher aufgefallen, daß Leute auf dem
Kirchhof sitzen und sich dort erg,n, auf
. den Banken im Sonnenschein ruhen,
' zeitungslesend. und junge Mädchen,
welche ihre Mittagszeit in der 'tischen
Luft beibringen, Handarbeiten machen.
Langsam steige ich die Stufen hinan
auf de Kirchhof, betr, )k die verwit
terten alten Grabsteine uns versuche,
einige der Inschriften auf den mehr als
hundert Jahre alten täten zu ent
Ziffern. Auf der Bank neben eine:., ho
hen Steinsockel, den eine anie krönt, sitzt
ein grauhaariger Mann mit langem
Bart. Ein blondes kleines Mädel spielt
neben ihm auf der Bank mit einer Zei
tung. Sie versucht eine Mütze daraus
zu falten. Lächelnd sieht der Alte dem
Kinde zu. Ich bleibe sieben, das hübsche
Bild bezaubert mich. Endlich hat das
Mädelchen die Mutze zustande gebracht.
Stolz ruft es und zwar mit entzücken
dem Sümmchen und zu meinem ffrsiau
nen in deutscher Sprache: Großpapa,
sieh mal, !ch hab eine Mütze gemacht."
Der Alte, die Hände auf feinem Spa
zierstock gestützt, lächelt der Kleinen zu.
die eilends von der Bank rutscht und da
von springt. Sie wirft fröhlich die
Beinchen und macht plötzlich an einem
ziemlich niedrigen Grabstein Halt. Tcr
Wind spielt in den Löckchen des Kindes,
welche die helle Mittagssonne wie in eitel
Gold taucht.
Das Mützchen aus Zeitungspapier in
den Händen, ruft es zum Großvater
hinüber: .Ich häng die Mutz' hier auf.
Granny, ich glaub, hier ist ei:i Kind
begraben, der Stein ist so klein."
Der reise Mann winkt dem Kind
und lächelt wieder vor sich hin. Die
Kleink-tzt dem Grabstein ihre Papist
mutze au und kommt dann wieder zur
Ban! zuruZauf der ich eben neben dem
Großvater Platz genommen habe. Es
sitzt sich wirklich gut hier. Gegenüber
lachen und scherzen einige jung: Mäd
chen, mit Sticken und Häkeln beschäftigt,
auf einer langen Bank. Die Sonne
meints gut, man fühlt sich : behag
lich. Und draußen am Gitter bei Kirch
hofs sausen die Autos und Wagen vor
bei, drängen sich f.. Menschen oneinan
der vorüber da dreht ein Straßen
babnschaffner die Orgel, Geld zu sam
mein für die Sireiker. Und inmitten
dieses Weltgeiriebes vo7 Hast und Un
ruh' der tiefe Frieden des ewigen Schla
fcs.
Bor über hundert Jahren sind hier
Menschen zu Grabe getragen worden.
An allen Seiten ihres Ruheplatzes flutet
das geräuschvolle Leben vorbei und kei
ner der vielen Geschäfisleute. die hier,
ihren Weg abzukürzn, den Kirchhof viele
Male am Tage passieren, machen einmal
Halt an den alten Gräbern mit ',en alt
modischen Jnschr-ftcp nicht lange ge
nug, um einen Augenblick lang daran zu
denken, daß sie, die da drunken liegen,
auch einmal im Sonnenschein gewandelt
haben.
Meine Betrachtungen werden jäh un
terbrochen durch die Berührurg einer
kleinen, weichen Hand. Das blende
Mädchen hat sich vor mich gestellt
und meine Hand erfaßt. Die großen,
klaren Kinderaugen sehen fragend zu
mir auf, und mit feinem Sümmchen
bebt es an: Ich habe Sie hie; to nie
mals gesehen, Fräulein, Großvater
kommt jeden mittag 'mit mir hierher.
Ist es nicht schön hier? Ich glaubt, da
hmten ist ein kleines Mädche-, begraben,
' der Stein ist nicht groß genug für einen
sehr großen Menschen, nicht, Großvati?'
Das Wündchen plaudert so ' sprudelnd
und niedlich, die großen, unschuldigen
Augen blicken so zutraulich und treuher
zig. Der alte Wann sendet sich mir
zu und meint: Dieser kleine Spring
- insfeld da macht es mit jedermann so,
zu allen hier herum redet sie. Tu klei
ner Racker, warte nur!" Und scherzend
schüttelt er feinen Handstock n:cf dem
Kind, das mit silberhellem Auflachen
fortspringt, zwischen den uralten, der
witterten Gräbern hindurch, wie ein Fe
derchen. Es wirft die Beinchen wie ein
'Füllen, trällert fröhlich vor sich hin.
schlürft, mit den winzigen Ciiefelchen
durch das bunte welke Laub und nickt
hier und da den Paffanten zu, die dc.S
muntere kleine iug ".t zu kennen schei
nen.
. Mit einem Blick über die Gräber sagte
der Alte, seinen grauen Bart streichelnd:
Haben Sie schon einmal so krasse Ge
ki.sätze gesehen wie diese: :r der
Kirchhof, oll von hundertjährigen Grä
bcrn, nur durch ein Eisengitter getrennt
von der lauten, lärmenden - Verkehrs
straße. Umgeben von WolkenZrai.ein
allen Erfindungen der Neuzeit, dieser
still: Fleck, in dem manches Manschen
Freud und Leid für immer zur,, Ruhe
fftqsLge ist- Wir kommt es immer wie
der '. f ben Sinn: Alles, waS'da draußen
j.tzt so ffiotz und herrlich prangt, der
pznzr Lärm und daö ewige Hasten und
?idc. es geht doch -alles einem Ende
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Beim -pick.
Kindergarten sür unlcre
, Alcinrn oder nicht?
Wie oft wird die Frage aufgeworfen
und wie selten wird sie definitiv bean!
wartet. Die einen sagen, Kindergärten
wären nur dazu da, damit die
Mütter die Kleinen auf einige
Stunden am Tage los würden.
Ueberbaupt fei der Kindergarten nur
ein Platz, wo Kinder schon sehr jung
Unarten von anderen lernten und andere
Gründe mehr. Eine Dame behauptete
kürzlich, daß nur vernachlässigte Kinder,
denen nicht genug Aufmerksamkeit von
ihren Müttern gewidmet würde und
das sind ihrer Meinung nach die sehr
armen Kinder in die Kindergarten
gehörten.
Diese unglücklichen Kleinen seien nur
zu bedauern, fügte die Tome hinzu. Sie
müßten sich den größten Teil des Mor
gens im Kindergarten aufhalten, wären
ihrer Freiheit beraubt und was derglei
chen Tingc mehr sind. AIs ob ein Mensch
nicht schon lange genug in die Schule
gehen müßte, als diese Zeit noch durch
die Kindcrgartenjahre zu verlängern.
Andere wieder behaupten, daß das
Kind im Kindergarten vorbereitet wird
auf die Schule, nicht ganz ahnungslos
in die ersten Schulstunden hineingeht.
Disziplin schon kennt und folglich nicht
so schwer zu regieren ist wie ein Kind,
das immer zuhause war.
In einer interessanten Abhandlung
über Das Kind" heißt es folgender
maßen:
Im Alter von 3 bis 7 Jahren wird
es bestimmt, ob ein Kind ein tüchtiger,
brauchbarer Mensch oder das Gegenteil
wird. In diesen Jahren muß des Kin
des geistige wie körperliche Entwicklung
zu, es wird doch auch alles einmal eine
große Ruhe werden."
Ich erhebe mich, gek lane.'am, nach
denllich dem Ausgang zu. an dem das
kleine Blondinchen steht und in den
Strudel des Broeidwayver:,!"' blickt,
mit ganz ernstem Gesicht, als v:r -'nde
es alles ganz ynax. Das ein Händ
chen auf einen Grabstein gestüt, winkt
es mir mit dem anderen nach, als ich
nach der Post zu über die Straße
gchc . .
Der Kopf der Lame.
Künstlerisch stets sei die Hand, die
den Haarschmuck dir ordnet. Prüfe den
freundlichen Spiegel. Richt Mode allein,
eigene Wahl lasse walten", singt Ovid
in feiner Liebeskunst. Tiefer Worte sollte
man stets eingedenk sein, wenn man der
Jrisurenfrage" näher tritt. Die Her
stellung der modernen Frisuren verlangt
eine besonders große Gefchicklichkeit, denn
die neue Haartracht muß der Kopfform
entsprechend abgerundet sein. Um diese
einfach aussehende Frisur gut zu gestal
ten, bedarf es einer neuen Art der On
dulation. Der Fall der Welle geht nicht
mehr schräg wie bisher, Zo'.dern sie paßt
sich ganz der angestrebten Rundung on.
Die Tendenz der neuen Frisur gipfelt
darin, möglichst kunstlos auszusehen,
möglichst so, , daß man den Eindruck
empsängt, man habe nur mit einem ein
zigen Griff diese lässige Haartracht auf
gebaut. Aber gerade in dieser fcheinba
ren Lässigkeit liegt große Kunstanwen
dung. Zuerst wird die Einlgung der Welle
anders gehandhabt. Man macht sie nicht
mehr, schmal. -Je breiter sie heraus
kommt, desto mehr nähert sie sich der
natürlichen Welle, ihrem Borbild. Diese
Welle muß über die Schläfe fallen, fast
das Obr berühren, trotzdem die Linie
der sslisur nach oben strebt. Der Haupt
Punkt der Frisur, also die Stelle, die
zum Befestigen des Knotens bestimmt
ist, bleibt der Hinterkopf. Unter Knoten
versteht man natürlich nicht eine dicht
zusammengedrehte Haarsträhne, die
Haarteile werden übereinander geschla
gen und das letzte Teil mit einer großen
Nadel oder einem breiten Kamm be
festigt. Diese Garnitur darf nicht um
fangreich sein, weil der moderne Hut di
rett aus der Frisur sitzen muß. Darum
sind such die Haare des Hinterkopfes fest
angezogen. Zo daß d? Kopf selbst klein
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am schärfsten beobachtet werden, Tas
Heim allein kann diese schwere Aufgabe
erfüllen. Dem Kindergarten oder der
Schule dies allein zu überlassen, ind'm
die Mutter diese Pflicht von sich abwälzt,
ist eine der größten Gefahren der Zivi
lisation. In keinem Lande der Welt gib!
es so viele Kindergarten wie gerade in
den Bereiniciten Staaten.
Als Fröbel im Jakre 1839 den ersten
Kindergarten in Thüringen einrichtete,
dachte er an die auf Erwerb angewicfe
nen Mütter der nicht allzu reickzen Ge
gend Teutschland-, dachte, die Kleinen
auf diese Weise in sichere Obhut zu brin
und wenig belastet aussieht. Man
frisiert die Haare straff aus dem Gesicht.
Um dennoch weichere Konturen zu erzie,
len, ist eine einzige Stirn'ocke gestattet,
deren Platz von der Kleidsamkeit be
stimmt wird. Sie schwebt entweder in
der Mitte der Stirn oder an einer Seite.
Um in diesem Fall einen vorteilhasten
Ausgleich zu schaffen, muß die Welle des
Kopfhaares on der anderen Seite ge
schickt in die Stirn gezogen werden.
Die seitlichen, rund gebrannten Locken
direkt an den Ohren geben dem Gesicht
einen lieblichen Abimluß. Es ist recht
empfehlenswert, bei der modernen Fri
sur diese Locken zuzuziehen, da nicht
jedes Gesicht regelmäßig genug ist, das
straffe Zurückhalten der Frisur zu ver
tragen, das gar leicht einen ernsten,
strengen Ausdruck gibt. Die Trichter
frisur" ist immer noch auf der Höhe",
in des Wortes umfassender Bedeutung.
Bon der Stirn straff ausgehend, wird
das Haar spitz nach dem Wirbel geführt.
Tieser Frisur verdankt man die neue
Art der Garnituren in chinesischer M,
nier, die in guter Ausführung in Schild
platt recht fesch ausseben können. Um
diese außerordentlich schlicht wirkenden
Frisuren in eine gelungene Form zu
bringen, müssen geübte Hände zugezogen
werden. Hier bestätiat sich die o,lte
Wahrheit, daß, je einfacher etwas aus
sieht, desto mehr Müh: seine Ausführung
verursacht Zu den modernen Hüten
gehören außerordentlich geschickt frisierte
Köpft, die erst dem Hut die volle Wir
kung geben.
Wiener Kuchk.
Es gibt Menschen, die' nach Wien
fahren, bloß, um einmal wieder ein
Backhänd!" an bet Quelle zu essen.
Uns wenn auch nickt jeder Besucher de?
Kaiserstadt an der Donau so materiell
ranlagt ist, daß die kulinarischen Ge
nüsse. die ihn in Wien erwarten, d:e
Hauptsache bilden, so freut sich doch
jeder, der nach Wien kommt, auf die
Dinge, die de Wiener Küche ihm zu
spenden hat. Aber weit über die Grenzen
Wiens und Oesterreichs hinau-Z ist die
Wiener Küche längst in der ganzen Welt
ein feststehender Begriff cervorden, und
selbst die F:c.nzosen. die sich doch gewiß
auf ihre eigene Kochkunst etwas zugute
taten, kben von je den Wiener Speisen
eine Art schwärmerischer Perehru.ig
entZegenzciracht. Ob jegt such d Lack
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Xic Mlcinc im .Äiiidcrgattcn beim Unterricht.
gen und den Müttern die Sorge für sie
auf einige Stunden am Tage abzuneh
men. Deshalb ist aber nicht gesagt, do,ß
amerikanische Mutter ihre Kinder in den
Kindergarten schicken sollen, damit sie sich
nicht mit den Kleinen zu beschäftigen
brauchen und ungestört shopping" gehen
können. Tas Heim ist die einzig tiefe
tige Umgebung für ein Kind, das sich
normal entwickeln' soll und keine Mutter,
dir irgend in der Lage ist. sich ihren
Kleinen selbst genügend widmen zu kön
nen. sollte sie in den Kindergarten
schicken."
Man. kann, wenn man gerecht sein
bändl, die Schnitzel und die Strudel in
Paris für barbarisch" gelten, wissen
wir nicht, Mcgllch ist es schon...
Die Wiener Küche" ist viel mehr, als
auf eine bestimmteiuvd besondere Art M
kochen. Man kann Vielleicht sagen, daß
sie eine Weltanschaung, eine typisch wie
nerische. typisch österreichische Aeltan
schauung ist. In einem Schnigel, wie
man es in Wien vorgesetzt erhält, liegt
so viel vom österreichischen Charakter.
Eeine knusperige Schale,, sehr hübsch an
zusehen, hüllt einen Kern von wunder
barer Zartheit e,n. Und doch ist in dieser
Zartheit ein gutes Stück unverfalfthter
Kraft. In seiner Einfachheit und
Schlichtheit kann das Schnitzel, wenn es
ist, wie es sein soll, zum auserlesenen
Genuß werdrn, und gerade diese Kunst,
aus dem Einfachen, Schlichten etwas
Kostbares zu machen, ist das wesentlich
Wienerische an diesen Stücken zartesten
Kalbfleisches in der prächtigen, braunen
Panierung. Schnitzel gibt es ja am Ende
anderwärts auch, und sie segeln auch
unter der Bezeichnung Wiener"
Schnitzel. Allein, wirkliche Wiener
Schnitzel zu bekommen, glückt außerhalb
der schwarz-gelben Grenzpfähle nur in
vereinzelten Fälleg- und meistens dann,
wenn die Wiege de Kochkünftlers an der
schonen, blauen Donau gestanden hat.
Aber die Schnitzel sind nur eiuer der
Gipfelpunkte der Wiener Küche. Ein
anderer ist das schon erwähnte Back
handl Und wie vom Schnitzel, so gilt
auch von ihm. daß eZ eine durchaus wie
nerische Angelegenheit ist. Die Art. wie
man in Wien das Backhändl bereitet, ist
charakteristisch für die ganze Kunst. Ge
fliigel herzurichten. Es wäre ganz der
kehrt, wollte man etwa in den Zutaten,
in der Art der Anrichtung oder des
Backens selbst die Lösung des Geheim
nisses suchen, das dem Backhändl seinen
Reiz verleiht. Es ist das gewisse Etwas"
und lediglich dieses, mit dem der Wiener
Kochkünstler sein HLndl" anzufassen
weih und ei sind die Ansprüche, die
der Gast an daS ..Händl" stellt. Die
Wiener haben sich ihre Koche und
Köchinnen erzogen. Sie haben ein paar
hundert Jahre zu dieser Erziehung ge
braucht. Aber das Ergebnis ist dafür
auch glänzend. Die Wiener Küche ist vor
ollem die reinste der Welt.
üaum irgendwo anders kann man mit
solcher, Sicherheit darauf rechnen, über
all und immer ein wirtlich gutes, reines,
tadelloses und vortrcfsltch zubereiteks
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will, diese Aussührung nicht bestreiken,
wenn sich auch 'manches, sogar sehr vie
les, dagegen sagen läßt. Bor öllenDin
gen hat es noch nie Kindern gescha
d e t, daß sie den Kindergarten besucht
haben. Im Gegenteil. Ich habe vor
garnicht Zanger Zeit eine Mutter gelpro
chen, die mir sagte: Mein Gretel ist nie
so nianierlich und folgsam gewesen, wie
seit sie den Kindergarten besucht. Sie
ist ganz begeistert, daß sie alle möglichen
Lieder, kleine Arbeiten und neue Spiele
lernt. Sie liebt ihre Kindkrgartcnlch
renn mit wahrer Verehrung und freut
sich schon immer auf den nächsten Mor-
Stück Fleisch zu erhalten wie in Wien.
Und das gilt, ob es sich nun um
Schnitzel . handelt oder um Rindstücke
oder um einen wunderbaren Gulasch.
Im Gulasch reicht sich Oesterreichs und
Ungarns Kucke die Hand.
Aber Gulasch und Schnitzel. Back
händl Und Rindsstllck nebst den schönen
Gemüsebeilagen, sie alle würden doch nur
ein sehr unvollkoiziinenes Bild der Wie
ner Küche geben, wenn man die Krönung
des ganzen Werkes vergäße: die Wiener
Bäckerei. Um die Wiener Mehlspeisen
ins rechte Licht zu rücken, genügt eS. daß
man ein einziges Wort ausspricht:
Strudel"!
Zlüssige Handschuhe.
Wenn schon in Friedenszeilen die
Gummichandschuhe reckt kostspielig wa
ren, dann ist es um so begreiflicher, daß
man in Kriegszeitrn an einen Ersatz
denken muß.' Der Ersatz besteht in einer
Flüssigkeit, die man über beide Hände
verreibt, wobei das Lösungsmittel der
dunstet und die Hände mit einer Schicht,
welche die Gummi-Handschuhe' ersetzt,
überzogen werden. Die Grundsubstanz
dieser Sierilin" benannten Flüssigkeit
bildet eine Säureester der Cellulose. Es
lassen sich dann auch Deckschichten auf
Stoffen aller Art, also auch auf Hand
schuhen erzeugen.
Friedlich Klang.
Einst war mein Herz ein Gartengrund,
Drin falterte das Leben bunt.
Und über Träume leicht gebaut
Hat weit der Himmel hin geblaut.
Da hat der Krieg die Saat zerstampft.
Wie , die zerborstne Erde dampft!
Nun ist daS Herz geworden leer.
Darüber zog ein Seufzerheer.
Die Gräber alle dieser Welt
Sind tief in mich hineingestellt.
Die Tränen, die 'die Welt gemeint,
Sind tief, ein See, in mir geeint.
Kein Vogelruf. Kein Lied erschallt.
Die Nebe! ziehen stumm und kalt.
Da . . . ward ein Wunder über Nacht?
Ein blaues Blühen ist erwacht. ,
Dort wagt ein Zweiglein weiß sich vor,
Fern schwingt ein Friedensglockmchor.,
Und um den See der Tränen spinnt
Sich zartes Grün im Maienwind.
Und aus der Scholle, blutgediingt,
Sich heimlich eine Lerche schwwgt...
gen. daß sie wieder in den Kindergarten
trippeln kann."
So hat jedes Ding seine zwei Seiten.
Eines schickt sich nicht für alle. Es gibt
viele Mutter, die überhaupt nicht fähig
sein würden, ihren Kindern den Unter
richt zu geben, den sie im Kindergarten
erhalten, weil sie selbst nur eine Mangel
hafte Schulbildung genossen haben. Also,
da wäre nicht einmal das Argument we
gen des Wohlstandes und Sichlcistenkön
mns, daß das Kind unter der Obhut
der Mutter bleiben kann, weil diese sich
ein Mädchen hält, angebracht.
Nicht wenigen Müttern fehlt absolut
die Geduld, die damit verbunden ist,
einem Kinde etwas beizubringen. Andere
wieder haben nicht das Interesse daran,
weil sie sich sagen, daß Lehren die Ar
beit der Schule sei. So gibt es tau
senderlei Gründe, die sich für den Be
such des Kindergartens angeben ließen.
Es bleibt da schließlich doch immer der
individuelle Charakter des Kindes sowohl
wie des ganzen Hauses ausschlaggebend.
Es wird die Kleinen im Kindergarten
Dinge gelehrt, die sie nie im Hause von
der Mutter lernen würden, weil die Vor
richtungen und Mittel dazu fehlen,
welche es in den Schulen dazu gibt.
Man nehme alle Ansichten, dafür so
wohl wie dagegen, mit Vorbehalt ent
gegen. Kinder sind keine Rippsigurcn,
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sie lassen sich nicht alle gleich behandeln.
Für das Eine ist der Kindergarten das
einzig Richtige und für das Andere ist
er garnicht notwendig. Das müssen El
tern wohl überlegen und die Kleinen ganz
nach Anlagen und Fähigkeit beurteilen.
Eine Mutter, die eine gute Mutter ist.
wird sich so viel wie möglich selbst mit
den Kleinen beschäftigen. Trotz alledem
kann es nicht schaden, wenn sie sie dennoch
in den Kindergarten schickt. Es gibt den
kleinen Geistern doch so manche Anre
gung, die eben nur der Kindergarten
ihnen bieten kann. Also gibt es wohl
tbensoviele Dasür" wie Dawider".
Tas ist die Frage.
Von dem schlagfertigen Berliner Hu
mor. der auch den augenblicklichen Situ
ationen gewachsen ist, gibt der Roland
von Berlin" ein hübsches Pröbchen.
Auf einen Berliner, als der Kriegs
ausbruch bevorstand, friedlich Un
ter den Linden seines WegeS ging,
stürzte sich plötzlich aus einem Gasthof
heraus ein Fremder, dejn die Ereignisse
offenbar den Kopf etwas verwirrt hat
ten, und richtete an ihn mit unverkenn
barer russischer Aussprache die Frage:
Wie kommt man jetzt am schnellsten
nach St. Petersburg?"
Ja, mein lieber Herr, daS überlegen
wir uns auch gerade", antwortete der
Berliner gemütlich und ließ den Un
glücksmonn verdutzt stehen.
AuS einem lZhefrieg.
Männchen! Heut ist unser fünfund
zwanzigster Hochzeitstag. Ich glaube,
wir sollten uns zusammen Photographie
ren lassen
Na, meinetwegen! Ein? jedoch kann
ich dir nicht versprechen, daß ich dabei
eine freundliche Miene machen werde."
HinauSgegeben.
Er: Ich würde nur eine Frau hei
raten, die daS Gegenteil von mir ist."
Sie: So eine vollkommene Frau
werden Sie wohl nicht finden."
Ter war der Klüger. ,
Drei Holzkmchte saßen zu Traun
kirchen am Gmunden See in der Wirts
ftube und warteten auf das Dampf
schiff. Da ihnen die Zeit lang wurde,
so fingen sie an, ihre Wäsche auSzukra
men. Michel schaute zum Fenster hin
aus und sagte: .Ich wollt' der Traun
stein war' ein einziger Goldklumpen
und tät' mir gehören." Der Hank blickte
auf den glitzernden See und sprach:
Ich wünsch' mir. daß der ganze See
voll von Diamanten wär' und die muß
ten natürlich mir gehören." Der Sepp
rauchte verschmitzt seine Pfeife weiter
und sagte vor sich hin: Und ich möcht'
nur noch ein einziges Krügel Bier.' Da
lachten die beiden anderen und schrien:
So ein Dummkopf, sogar zum Wün
schen ist er zu dumm!" Aber ein srem
der Herr vom Nachbartisch rief der Kell,
nenn zu: Rest, bringen Sie dem
Scppl auf meine Rechnung zwei Krugcl
Bin!"
Frau Meyer
und Frau Mutter.
Zwei Frauen stehen' vor der Ha"
liir. Sie sind soeben von einer Einkaufs'
tour heimgekehrt. Frau Meher hol
ihren Sohn. Willie. bei sich und Nu
Müller ihr kleine Mädel, Ella. Die
beiden Kinder stehen mitten auf der
Straße und zeigen sich gegenseitig ihre
Epielsachen.
Frau Meyer dreht sich um: .Willie.
komm. Mama geht ins Haus." Sie
spricht wieder eine Weile mit Fmü
Müller, auf Willie wartend. Der steh'
noch immer auf der Straße, nimmt Ella
an den Arm und nun schlürfen die bei
ten Kinter im wellen Laub in der Stra
ßenrinnc, mächtig Staub aufwirbelnd
und sich selbst nicht gerade lieblicher
machend.
Wieder rust Frau Meiier: Willie.
Willie. kommst Tu gleich her.
warte man, wenn Dein Papa heim
kommt, gibts aber waS. Oh. Frau
Müller, ich kann mit dem Jungen auch
garnichtS ansangen, der Bcngel wächst
mir wirklich über den Kopf. Ach, es ist
ein Kreuz mit Kindern." Sie spricht
angeregt weiter mit Frau Müller, trili
siert die neuen furchtbar" teuren Gar
dinen der Frau im gegenüberliegenden
Hause. Darüber gehen wieder etwa 13
Minuten hin.
Jetzt rust Frau Müller: Ellz. Ella,
kommst Tu augenblicklich hierher! Wie
sehen deine Schuhe und Strümpfe aus!"
Läuft an den Eaumsicin und packt Ellj
beim Arm. Willie springt schnell die
Straße hinunter, schneidet seiner Mutter
eine Grimasse und dreht sich um, !
hzde ihm überhaupt niemand gerufcu.
Er stülpt seinen schwarzen Sammethut
auf und pscist sich eins. Das fortmäh
rende Willierufen seiner Mutter pöct
ihn weiter nicht.
Ella sieht, sich scheu nach Willie um
fehend. der sich der ungebundendsten
Freiheit freut, bei ihrer Mutter, die si:
an der Hand hält. Frau Meyer un)
Frau Müller reden jetzt über den neue
fien Familienklatsch i,n . Nachbarhause.
.Nein, was Sie nicht sagen! Tas hatte
ich aber nicht von dem Mann gedacht.
Natürlich, was soll man anders erwar
ten von so einem Gänschen, das nie ws
gelernt h,it. Ich hatte mir gleich gedacht,
als sie vorigen Tommer hier nebenan
einzogen, daß es da noch n,al einen ge
hörigen Krach nfcen würde." (U. f. w.)
Iran Meyer h.it Willic ganz verges
sen. Er turnt jetzt auf einer rostigen
Gartenhecke herum und macht Ella Zei
chen, herzukommen. Sie macht sich heim
lich los von der Mutter, uns läuft die
Straße hinab z Willie. Jetzt ging die
Turnerei erst los.
Ella hat sich mit Mühe und Not auf
die Hecke gezogen und hält sich krampf
haft an d.n verrosteten Eifeusiäben fest,
die an diesem feuchten Nachmittage ganz
besonders klebrig und haßlich sind. Da
gibt ihr Willie einen Schups und Ella
rutscht an den Stäben entlang, ihr Kleid
bleibt an einer Ecke hängen und der
Kleiderrock wird ihr fast vom Leibe ge
rissen. Sie achtet dessen aber nicht, son
dern sinnt nun ur darauf, wie sie sich
wohl an Willic rächen kann.
Der lacht laut auf. als er Ella's zer
rissenes Kleid sieht. Das war die echte
Freude, die reine Schadenfreude. Ella
schmollt und geht immer an der Hecke
auf und ab, als habe sie garkein Jnter
esse mehr an der Turnerei auf den rvsti
gen Stangen. Willie ist emsig damit
beschäsiigt. einen neuen Schwung aus
zuprobieren, wie er ihn wahrscheinlich
einmal von einem Akrobaten im ZirkuS
gesehen hat. als Ella ihm ganz unver
mutet einen Stoß gibt und Willie auf
der anderen Seite der Hecke, glücklicher
weise auf dem Rasen, liegen bleibt. Er
erhebt sich und beginnt ganz jämmerlich
zu heulen, als habe man ihm mindestens
ein Glied gebrochen.
Frau Meyer kommt jetzt ganz ener
gifch des Weges, packt Willie beim Kra
gen und zieht ihn wieder über die Hecke,
schilt dabei weidlich über den unartigen
Bengel". der mit feinem neuen Sammet
anzug auf Hecken herumturnt. Frau
Müller nimmt Ella nicht gerade sanft in
Empfang und droht ihr an. sie bekäme
dafür kein Abendbrot.
Weshalb bist Du nicht gekommen,
wie ich Dich gerufen habe?" schreit, ihre
Worte mit einer schallenden Ohrfeige be
gleitend, Frau Meyer. Willie heult und
gibt diese logisch vollkommen richtige
Antwort:
Weil Du uns immer rufst und sagst,
wir gehen jetzt in'S Haus" und dabei
gehst Tu doch nie. und es ist zu lang
weilig. dabei zu stehen und zuhören,
was Ihr über Frau Schulz sagt. Tas
ist doch alles nicht wahr. Bu huh."
Frau Meyer sieht Frau Müller an.
sprachlos. Nun hör mal einer den un
gezogenen Bengel an. Warte man. ich
sag's aber Deinem Papa. Tu sollst mal
sehen, wa Dir passiert."
Willie trotzig: Das sagst Tu immer,
aber Du tust eS ja doch nicht." Macht
eine eigensinnige Bewegung, als ihn
Frau Meyer in den Hausslur schiebt.
Schließlich tritt er nach ihr. Ella geht,
den Kopf gesenkt, an daö klaffende Loch
in ihrem Kleidchen denkend. Auf der
Treppe begegnet Frau Schulz ihnen.
.Guten abend. Frau Schulz", klii.gi
es sehr freundlich von beiden Frauen.
Meyer sowie Müller.
Guten abend." sagt Frau Schulz
zurück und geht eilig die Treppe hina.
Frau Meyer beugt sich noch einmal über
das Geländer und flüstert Frau Müller
zu: Haben Sie gesehen, sie hat schon
wieder einen neuen Hut auf. Der Him,
mel mag wissen, wie' die Leute machen.
Wo sie nur das Geld hernehmen? Es
ist mir ein Rätsel."
Tadellose Mütter wie Frau ?.y-r
und Frau Müller haben immer die ar'
iigsten und am besten erzogenen Kinder,
atürlick.
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