II TMe Crnttjü Xtltim JE t Si M t. ?r ' , ' M.. "V", Teutsche Eine Erzählung Am Tage darauf verstärkle sich der &t schühkampf. Fortwahrend krcisteil Fli-ger : iibtr den feindlichen Stellungkn. Ein f Gerücht wollte wissen, daß bon Süden neue russische Truppeiimassen onrück- ten und große Teile der Front in unserem Abschnitt schon im Kampfe stünden. Auch wir erwatelen jeden Augenblick den Befehl zum Eingreifen. Doch auch dieser 12. Juni brachte ihn noch nicht. Es wurde Abend, und nach dem heißen Tag zog ein Grwitter auf. Ein kurzer 'Regenschauer, der erste nach langer Trockenheit, beglei tcte eS. Die Leute legten sich früh hin. Niemand konnte wissen, wann wir morgen heraus mußten und waS unS bevorstand. Mit fünf anderen Kameraden, unter denen sich auch Krupsti befand, war ich in einem ziemlich geräumigen Holzstall untcrgc, bramt. Wir wollten ukls gerade aus' strecken, als KrupZki durch eine Ordon nanz ium Kompagnieführcr befohlen ward. ' .Ich?" fragte er. jäh erschreckend. ,WaS ist denn MI" Mit fahrigen Bewegungen machte er sich fertig. Nicht mal seine Z Nachtruhe bat man!" Es sollte in der alten spöttischen Art herauskommen, aber tS gelang nicht recht. Wir Zuriiclbkibenden sahen unS nur an. Möglicherweise handelte ti sich um einen harmlosen Auftrag oder dergleichen. Doch glaubte keiner recht daran. .Der Alte wird sich ihn mal vorknöppen!" meintk ein Charlottenburger. Kann auch wirklich nicht schaden!" Dabei drehte er sich um, gähnte und schlief nach wenigen Minuten. Die meisten machten eS ihm nach. Mich aber hielt eine merkwürdige Erregung munter. Mir war, als komme der Stein in Rollen und ali erfülle f,ch ein Schicksal. Seltsam: in diesem Augenblick, hier in dem dunklen Holzstall, als ich auf Krups li Rückkehr wartete, brannte mir das Herz mit einem Male in unsäglichem Mit leid. Verraucht waren Zorn, Acrger. Verachtung und was sonst noch in letzter Zeit mein Empfinden gegen ihn bestimmt hatte. Er tat mir nur noch unendlich leid, und in einer Aufwallung, die ihr sentimental nennen mögt, nahm ich mir vor. herzlicher gegen ihn zu sein und ihm nach Kräften wieder zurechtuhelfen. Aber als er nach einer knappen halben Stunde zurückkam, schloß mir trotz d besten Lorsätze die alte Cprödigkeit auch jrtzt die Lippen, so daß ich kein Wort berauZbrachte und mich sogar schlafend stellte. Nur daß Krupski sich etwa nicht einbildete, ich wärt seinetwegen wach ge blieben! Ach, er hätte wahrscheinlich verdammt wenig daraus geachtet! Ich krankte mich heimlich selbst über meine Torheit und hörte mehr als ich sah, wie er schweren Trittes zu seinem Ptoj tappte. Gewöhn kpitsgemäß, wie jeden Abend, zog er die Uhr auf und warf sich dann auf die Strohschütte. Eine halbe Stunde oder auch eine ganze lag er regungslos still. Ich wußte, er schlief nicht, während die Kameraden tief und regelmäßig atmeten oder gar getrost schnarchten. Auch ich konnte keinen Scblaf finden. Die Luft in dem dunil'n Stalle, der nur ein hochange krachteK Fenstcrchen hatte, ward heißer und drückender. Aber zulcht muß wohl doch ein paar Minuten kang ein Dam mern über mich gekommen sein, denn als ich die Augen öffnete, stand der. Lichtkegel einer Taschenlampe, deren Aufblihen ich "nicht bemerkt hatte, in dem dunklen Raume, und al ich mich halb aufrichtete, sah ich. wie Krupski drüben hantierte. ' An meiner Bewegung hatte er wohl erkannt, daß ich wach war. Vorsichtig trat er über die Füße der Kameraden und sagte halblaut: ,E ist unerträglich hier! Können Sie auch nicht schlafen)- ?t stand, während ich ihm antwortete, schon an' der halb angelehnten Tür, die kleine". Taschenlampe., deren Schein über wirf, hmwegirrte, in der Hand. Sein Gesicht Hatte etwas, FahleZ, vielleicht nur in dem Halbschimmer des zurückfallenden Richte,. Sekundenlang zögerte er, dann surach t! :prcßt: .Draußen wir eS besser seil!'.", ' '. m To kann . ich nicht wiedergeben, fror wie ein verlMmeF Flkhc darin, wt ein scheue. -verzmnsktir u: usmm mit, tt mich ichi. allein! .. Vll ' v' i j T f A : H ... V...V ... $ S " ' " ' W?-- -.w' - ' - . - ' r' :t t i . ,t - . ,? . :,' .' v vf tY" .'j . - s - - v Tragoncrpatrouillk, im Walde rastend. NvMW .f; S':rft ßrPy aus dem Rriege. von (Schluß.) Dabei stieß er schon die Tür auf und trat ins Freie. Ohne Besinnen bin ich ihm nachgegangen. ES war draußen nicht viel frischer als drinnen. Das kurze Gewitter, hatte keine Abkühlung gebracht. Bor uns, in der dunklen schwülen Nacht, dämmerten die Felder. Die Luft war so ruhig, daß die Flamme des Streichholzes, an dein ich mir eine Zigarre anzündete, groß und ruhig zu Ende brannte. Krupski rauchte, wie immer, Zigaretten. Er rauchte schneller als sonst. Gleichsam durstig atmete er den Nauch ein, während er auf dem Nain, der die Felder vom Gehöft schied, neben mir herging... immer vom Schuppen angefangen bis drüben zu der Andeutung eines Reisig zauncs. Als wäre er zu einer Unterhal tung verpflichtet, sprach er in kurzen, ob gerissenen Sätzen davon, daß er Lungen raucher" sei und deshalb gut und gerne bis sünszig Zigaretten am Tage vertrage, aber nicht eine einzige Zigarre. In Pausen redete er weiter , . . gleichgültige Dinge. Was plappert er da? dachte ich gequält. Es hatte keinen Sinn, darauf zu antwor- tcn. AIS er dessen inne ward, daß ich immer nur schmieg, stockte er und ward gleich falls still. So gingen wir wortlos neben emander... hm. her, ym, er, geraoe als mußten wir für Geld die kleine Strecke ablaufen. Trüben stieg dunstig d Mond auf. Unendlich traurig, hing er über den. frucht losen Feldern. In seiner matten, um schleierten Helle ward das Land ,noch trostloser. Und wie wir so ziellos in dos fremde, traurige Land hineinsahen, und das Schweigen sich nmmer länger dehnte, fühlten wir wohl, daß jetzt keiner mehr an die letzten gleichgültigen Worte an knüpfen konnte. Wie Steine, die man sinnlos in die Luft wirft, waren sie zu Boden gefallen, und es war besser, drin nen aufs mussige Stroh zu kriechen, als daS zwecklose Spiel zu wiederholen. Da sagte Krupski mit einem Male, während er am Schuppen stehen blieb: Ich habe Sie einst zur Hasenjagd nach Czempowo eingeladen. Ich fürchte, ich muß die Einladung zurückziehen. ' Wir werden keine Hasen zusammen in Czem vowo schießen." ?n Art und Ton der Wart: lag noch ein letzter Anklang der spötischen Leichtig keit, mit der er zu reden Pflegte, aber gleichsam verschleiert und gebunden. Als hätte ich ihn nicht verstanden, er widerte ich zögernd: .Ich glaube, Sie würden das Gut nun grade kaufen. m sah kurz auf, nickte ein paarmal und tefchästigte sich umständlich mit seiner Zigarette. " ' .Morgen um neun Uhr beginnt der Tanz.' sagte er nach einiger Zeit. Die Leute wissen e noch nicht." Ucberrascht hob ich den Kopf. Und r ? Woher wußte er es? War er deshalb vorhin zum Alten befohlen worden? Ich weiß nicht. waS ich aes gefragt und ge redet habe, denn wie bei jeder Gefechts ansage, erfüllte mich sofor! jene kribbelnde Erregung, die durch ein ganzen Körper läuft. Ich bin auch nicht stehen güblieben. sondern ein paar Schritte auf und ob gegangen. Da hörte ich. wie KrupNi hinzufügte: .Ich bin zum Zug Ginsberg kommandiert. Als Gefcchtsordonnanz. In diesem Augenblick habe ich mich um. gedreht und ihn angesehen. Aber er blickte nicht uf. Und jäh begriff ich oder ahnte wenigsten dunkel. waS hinter seinen Worten stand. Der Hauptmann wollte ihm die Möglichkeit geben, sich zu rehabili ticren. Er schickte ihn als Gcfechisordon uanj in den sscuerzug. d:r als erste Sturmwell vorstoßen sollte. Er stellte ihn auf ,einen wichtigen und gefährdeten Posten, für den man besonders tapfere Leute aussucht. Was war vorhergegangen? Hatte der Alte unter vier Augen mit ihm gesprochen? Hatte er ihm gesagt., was der Leutnant verschluckt hatte? Niemand weiß es, Krupski hat nichts weiter erzählt, und der Hauptmann ist zwei Monate später bei Kowns gefallen am gleichen Tage, als ich meine Kugel bckam. Einen Atemzug lang fühlte ich' es wie Bcsreiun? von dumpfer Spannung. 'Es war gt- fg. ,1 wa?, !? mm dee Alu wieder-einmal das Rechte '.troffen. Siel t Vi ! - r"T,, s i-. lJ i.At -ÄÄrf .1 " - '' 4 I ' . , . . . v X rrV'r hmm- rl':l nbtea li"WJE WY" jüpJ Z KMMMnTMLVMSiöLA kmtmmmmwwmMmmmmmmMmmmMmmmmmmmMmrri s Russische Pioniere bereite die Sprengung der Warschauer Wcichsclbrücke vor. Ucbcrgang über avl 2Z u s s e. leicht empfand es doch aiuch Krupski wie eine Erlösung. Er atmete tief auf, warf seine Zigarette fort und setzte sich, als ob er müde wäre, auf eine umgelegte Leiter, die längs des Schuppens lehnte. Den Kopf in die Hand gestützt, sah er dcin Reichen Tabak zu, das sich auf dem Boden langsam ver zehrte. Ja." sagte er, als spinne er nur einen Gedanken weiter, ie haben damals das richtig Wort gebraucht... damals, als der Brief kam. Von meinem .Schweine glück' haben Sie gesprochen herrlich, herrlich! Psia kre, es ist wirklich ein Schweincalllck: der gaiue Kobcr wird einem voll Futter geschüttet, bevor man geschlachtet wird! Es ist ein Glück zum Berrucktwerden!" Meinen kurzen Einwurf beachtete er nicht. Er sprach weiter, als spräche' zu sich und dem Boden, aus den er niedersah. Einunddrcißig Jahre bin ich nun. Ein Dutzend Jahre hab ich gelechzt und ge- lungert, gespielt und wein Gott was ge tan. Bin doch immer unten geblieben, ein armer Teufel, immer durstig nach allem, was ich nicht haben konnte. ' Und jetzt könnt ich's haben . . . hier halt ich's . in meinen Händen hakt ich's .. . ein ganzes Vermögen . . . fechzigiauscnd Mark und jede Mark mein! Aber da ist nun dieser verfluchte Krieg, und man soll sich tot schießen, lassen, ohne einen Pfennig ange rührt zu haben. Verstehen Sie, daß man darüber wahnsinnig werden kann? Ich wollte ihm feine Schwarzseher uusreden. Es sei doch alles Einbildung. Wir würden eineS Tages bei Paszewski noch vergnügt ; den Frieden begießen. Ueberhaupt begrifft ich nicht, weshalb er jetzt plötzlich auf so törichte Gedanken käme, während er früher, bei weit große ren Gefahren niemals damit gerechnet habe. Was man eben in solchen Fällen vor bringt... Mit einer halben Handbewegung schob er meinen Allcrweltstrost beiseite. .Früher." erwiderte er ochselzuckend, , . . . früher war manches anders. Sie wissen doch: Wer nichts hat. dein passiert auch nichts, pflegte mein Großvater zu sagen. Nun also! da war ich sicher. Da hatte ich nichts zu verlieren. Da konnt ich dem Schicksal auf der Nafc tanzen! Aber nun bin ich doch reich, und passen Sie auf: rnm'wird'sich das Schicksal rächen. Phantastereien, denken Sie jetzt, blöder Aberglaube! Mag sein! Wer viel gespielt hat. wird immer abergläubisch. Er weiß, alles ist Zusall, aber so komisch eS klingen mag: eS lebt dennoch auch darin eine dunkle, unerkennbare Gesetzmäßigkeit. Die Kugel von drüben ... die nimmt natürlich ihren vorgeschriebenen Weg. ganz gleich, ob ich heut eine Million gewonnen habe der nicht. Aber ich bin nicht mehr der gleiche; ich bin vielleicht verwandelt, bin durch daS Bewußtsein dessen. waS ich zu verlieren habe, unsicher gemacht, verwirrt, strebe mit allen Kräften danach, dieser Kugel zu entgeh und werde gerade da durch falsch geführt. Ich fühle das... ich fühle eS selber ganz deutlich. Je mehr ich da Schicksal ausweichen will, um sicherer werde ich in seinen Weg getrieben. Ich entgehe ihm nicht, verlassen Sie sich darauf, ob es nun morgen geschieht oder in acht Tagen oder später. Unheimlich ist das oft; man kann nichts dagegen tun. Damals, als der Leutnant fragte, ob ich krank fei,... ich hab ja sagen wollen. Und die jäh der wirrende Furcht, es könnte falsch sein. da hab ich nein gesagt. Wußte im Augen blick darauf selber, daß eS Wahnsinn war. So Ist es mit allem. Ich hab doch um Heimatsurlaub gebeten. 'Aber ich habe voraus gewußt, daß ich ihn nicht bekomme. DaS hat mich von vornherein gelähmt. Sonst hatte ich e? wohl dringiicyer ge macht, und er wäre mir am Ende be wlligt worden. AlleS wäre dann gut gewesen, nicht wahr? Denn ich Ware natürlich nicht mehr zurückgekommen." War er toll? Er agie va, ganz ruvig. ganz gleichqültig, als wäre es die selbst verständlichste Sache der Welt. Reden Sie doch keinen Unsinn:' unter brach ich ihn unwirsch. Und er. ohne den Kopf zu heben, immer nach dm Boden hin: Ach so... es kränkt Si". Bitte, ich möchte Sie nicht kranken. Aber zurückgekchrt wäre ich ge. -MWwwnn .iMnlW'lWP!iMMWillltl.lllim ' " '',,',, ' ' .. .. . , ', , ,', ' ,'"'. ' i Sp :- n . mMVW.-' . H""" -,J"--;j..i5sv . V ' ,. ' , . - . - ; , , -- i,----- ' r,;:;- ,'i ' ' , . ... .... . , , ... ,s .... . j K" ,' . ' . V.: ',...i -4 u-"" voä . '. '. - . . ' . . ' : ' -x, ...... V "JW'1-?'"r -c .-. ' , K ."Äl'4ijSl.tr '-V.W,'S4 - " : ' ' ": ' ' " " '"' 'fS-' '' ' ' ' . . '.'' '-T''j i i , . I r , . ht. - - v '. ' ' . 5 f-Mi i'-;-;'". sy i i ... - ... m4,' 'i . i . i I j ' i. , v ,;.; - .MV'.V-' : - 5. f' v-r-",,v.. r" ;,'UV4 -K, rÄ: ,- -.., .'.--". .. -....tu r:eJ ivt- " V.W--.:V-."' - xvrft""" -jk--- 3 ' -. -t ,s -vjj- - .4 . -. . : w . 5?nf?4fe) :,ms:'V- -t'r-- 'ä,-' r-vtA;i 'A'-- -v.- y ' -.vv. -WtfrJM f :v4 ' hi-i; . . i, ,';Vs? TJ W 'ifi V",' . W',-,'V :'v - w ?-. -A - ' ., f WAV.i -i . i ,-"... . r r.. , . Vy i. I i. t 1 - : tx . -2 ' "'. a Vt; r -' . . r 5 :r- k ' Mi .J. J -- - " . 8 t'. . ' V;- - ' - imm liiilMMiiiMMiiiiiiiiiii i '-f- ' '-i ' . o wiß nicht. Wundert Sie daS? Sie als Deutschet müssen wohl anders denken . . . es ist euer Krieg, es geht um eure Macht, euren Staat, eure politische Zukunft. Doch nehmen Sie mich! Bin ich ein Deutscher? Soll ich mich totschießen lassen für euer Deutschland, das nicht mein Baterland ist? Nein, nein ich will mich überhaupt nicht totschießen lassen! Ich will nicht sterben... hören Sie... jetzt nicht, jetzt am allerwenigsten! Das müssen Sie doch iegreifen! Und doch wird eS kommen. Seit ich iai Geld habe, fühle ich es. Seit ich das Geld habe, denkt ich jede Ziacht daran. Es ist grausig, grausig!" Zum ersten Male blickte er mich wieder voll an. wie hilfesuchend, fahl und mit entsetzten Augen. Verachten Gie mich! Bitte!" sagte er halb höhnisch und halb wimmernd,... tun Sie sich keinen Zwang an! Macht mit mir, was ihr wollt! Lacht mich aus. Zeigt mit Fingern nach mir! Ich hab Angst... Angst!" Er zitterte. Es schüttelte ihn hin und her. Halb zusam.n'engebrochen saß er da, die Hände krampfhaft um die Leiter sto.nge gepreßt, häßlich mit dem gleichsam erschlafften Unterlieftr, ein winselnder Schwächling. Und das grollende Wider streben, das in den letzten Minuten meine Teilnahme fast verdrängt hatte, schwoll mir .im Nugenblick jäh als Verachtung und Ekel hoch. Potzteufcl, ich will mich nicht besser machen als ich bin, und Furcht habe ich manchmal auch gehabt. Furcht kann jeder haben, das ist eine Sache, die von der Phantasie und den Nerven abhängt. Aber ein tüchtiger Kerl hat doch soviel Kern und Willen, daß er die Zähne zusammen beißt und die Furcht nicht zeigt! Daß er seine feigen Instinkte herunterpeitschi! So habe ich Krupski an den. Schultern ge schüttelt: Mcnschcnskind zum Donner weiter, reißen Sie sich doch zusammen!" Fast heftig entfuhr es' mir und trug wohl etwas von der üblen Empfindung mit. die mich beherrschte. ' Er wurde sofort still. Er stand auf. Er schlug die Augen nicht nieder, sondern sah mich im Gegenteil ganz ruhig und unverwandt an. Und obwohl ich eben noch gemeint hatte, daß er sich bis in die Knochen hinein hätte schämen sollen, fühlte ich Hatt dessen nun selber eine wachsende Scham, daß ich sei. nen Augen aüswich und halb verlegen, halb entschuldigend sagte: Nehmen Sie es nicht übel. Krupsti. Ich denke ja nur an Sie. Und wenn Sie schon auf sich selbst keine Rücksicht nehmen, so tun Sie es wenigstens auf den Rock, den wir tragen, und auf Ihr ehrlich verdientes Kreuz." Ein kurzer, zornig stöhnender Laut, schon im Entstehen halb erstickt, brach aus seinem Munde. Mit bösem Blw streifte er das schwarzweiße Band, und feine Hand zuckte, als wollte er es abreißen. ' Ich habe das nicht haben wollen," sprach er hart. Ich habe gleich keine ganze Freude daran gehabt. Mir war das. als hätte ich eine Schlinge am Halse." Mit zusammengezogenen Brauen, wie der Ankläger eines Schicksals, das er nicht gewollt hatte, stand er vor mir. . Da klang bon fern durch die Stille der Nacht ein Schuß herüber. Unwillkürlich zuckten wir beide und horchten angespannt. Wir hörten die Ruse der Posten, die sich verständigten. Es blieb still. Es war nichts. Aber als sich nun Auge und Ohr von der Weite wieder abwandten, war es, als hätte sich mit der kurzen Unterbrechung irgend etwas geändert. Krupski trat aus dem Schatten des ScbuppenS in das trübe Mondlicht hinaus. Er stand aufrecht am Rain und blickte über das nächtliche Land. Verzeihen Sie, Dieter," sprach er mit halber Wendung, ich habe Sie behelligt und Ihnen den Schlaf geraubt. Aber beute nacht habe ich einen Menschen ge braucht. Nun ist es gut. Ich bin Ihnen dankbar, Eie werden allmählich wohl schön müde sein." Ich war wirklich müde. Eine, tiefe Abspannung hatte mich in der letzten Minute befallen. Ich redete noch etwas berum und sragte ihn, ob er nicht mit käme. Aber er schüttelte den Kopf: Ich habe noch ein paar Zeilen zu schreiben. Meine Vaschenlampe muß so lange reichen. Nur pieiil Tabak geht zur Neige. Würden Sie mir wohl mit Zigaretten aushelfen?" Ich gab ihm alles. waS ich hatte. Da sagte er, fast mit einem Lächeln: Sie können avch ganz benchigt fein. Es wird sich morgen edcr spät lein zu aenicren brauchen." 1 v ;' W W'aü " U TV..;1. .. c i- M' . I 'KI EkT sä'., Jt, .,. ,;: . . ." . m i "-v-v'ir - 5 " mm" tn 4,. , .VV ' Vv mimli i'iii i' ii Ehe ich noch völlig begriff, nickte er mir zu und ging um den Schuppen herum. Ich aber bin rot geworden wie ein Schuljunge. Die paar wunderlichen Worte, in denen schon wieder ein wenig Ucberlcgenheit lag, griffen mir gleich küh len, Händen ans Herz. Es wir sich keiner zu genieren brauchen. Das sind überhaupt die letzten Worte gewesen, die ich von Krupski gehört habe. Am nächsten Morgen nickt er mir nur von weitem zu. Sein Gesicht war übernächtig und erschien mir schmaler, aber es war ganz ruhig... fast starr in seiner ungc wohnten Ruhe. Gegen achteinhalb Uhr wurde unS mit geteilt, daß ein Sturmangriff bevorstünde. Punkt neun Uhr begann er. Zug Gins berg bildete die erste Sturmwelle. Schon um zehn Uhr war alles vorüber. Der Heeresbericht konnte in zwei Zeilen mel den, daß südöstlich der Straße Mariam pol Kowno die vordersten russischen Linien genommen wären. Als ich Krupski wiedersah, lag er kühl und still mit vielen andern gefallenen Kameraden zusammen. In schnurgerader Reihe, wie zur Parade ausgerichtet, hatte man sie alle nebeneinander gelegt, und unweit davon klangen schon die Spaten, die da! gemeinsame Grab aushoben. Die Starrheit der letzten Stunden war von dem Gesicht gewichen. Es schien nicht wie bei den meisten Toten strenger und älter, sondern jünger und jungenhaft. Aber jetzt, im Liegen, fiel mehr als je die kurze Haarnarbe auf, die sich in die StirN hineinzog. Es gab noch eine große Verwunderung, als der Hauptmann , am Grabe einige Wort sprach. Das war bisher noch nie mals vorgekommen, denn der Plte war kein Redner und machte nicht viel Ge schichten. Wir begriffen es auch erst, als er nach einem kurzen allgemeinen Ab schiedsgruß abgehackt und schnaufend noch besonders auf Krupski kam. Er gab Uns bekannt, daß Krupski in einer letzten Willenserklärung, die er heute früh beim Feldwebel niedergelegt hätte, sein beträchtliches Vermögen für die bedürf tigen Kinder gefallener Kompagnie kameraden bestimmt habe. Später erfuhren wir näheres. Auch dieses Testament war doch wieder ganz Krupski. Er erklärte darin, in seiner be kannten Art, daß er den lebhaften Wunsch habe, das ihm plötzlich zugefallene Geld allein zu verzehren. Da ihm das Schicksal diesen Wunsch aber wahrscheinlich versage, so wolle er wenigstens verhüten, daß die Summe an den Staat zunickfalle, denn er selber hätte erfreulicherweise keinerlei An hang und Vermandtschast. So bestimme er also, daß im Falle scines Todes die scchzigtausenb Mark für die bedürftigen Kinder gefallener Kompagnickameradcn verwaltet würden, mit der Bedingung, daß erstens die Kinder von Berufssoldaten davon ausgeschlossen seien, da ihre Väter von vornherein mit dem Risiko des Be ruf eS hätten rechnen müssen; daß zweitens überhaupt höchstens zehn Kinder ,n c tracht kommen dürften und sie den ent fallenden Teil der Summe bei ihrer Großiährigkeit erhalten sollten. Auf diese Weile hätte jeder Bedachte wenig ftenk ein leidliche Sümmchen in der Hand, und es würde vermieden, daß sich das Geld, wie es sonst zu geschehen pflege, in niemals hin und her reichenden Bettel Pfennigen verkrümele. Ein Kamerad, der zu Hause einen llei nen kümmerlichen Milchhandel betrieb, lachte über das ganze Gesicht, als er davon hörte. Er meinte, er fei nun noch einmal so ruhig, seit er wisse, daß sein dreiiahn gek Madelchcn unter Umständen eine feine Partie werden könne. Und der Krupski fei doch ein großartiger Kerl gewesen. Wenn einer etwas dagegen habe, soll er es nr sagen. ' Aber sie waren olle der gleichen Mei nuug. Ja, als wi? spater, noch weiteren Verlusten, neuen Ersatz erhielten, habe ich manchmal wenn wir in Ruhestellung lagen zugehört, wie die alten Leute .den neuen von Krupski erzählten. Sie erzähl ten von seinem Ucderbrcttl und seinen Karikaturen, sie erzählten, wie er auf dem Panjewagen angekommen wäre und wie er das Schwein herangeschleift hätte, sie erzählten, daß er neun Russen gefangen, und daß er als polnischer Bauer verkleidet die Batteriestellung ausgekundschaftet hätte. Einer wußte immer mehr als der andere, und die neuen staunten die alten Leute ernsthaft und fast ein bißchen ehr furchtsvoll an, weil sie das alles noch miterlebt hätten. Allmählich, glaube ich. haben die alten Leute selber so etwas wie Hochacktung vor sich bekommen, und un ausgesprochen schwebte über allem, was sie von Krupsti derichtcicn, die Meinung, daß es dcrgleichr heute, bei dem schwächer rv7y . jJ f ''fflWMIwA VMVWMWMW V I 1 1 f JIW ' III die Weichsel an der Nadomkamündung werdenden Ersatz, natürlich nicht mehr gäbe. Wie ost habe ich mich da gewundert! Sie hatten doch sämtlich auch die peinliche letzte Zeit Krupskis miterlebt, aber sie schien in ihnen allen glatt ausgelöscht. Und später, wenn sie einst wirklich alt ge worden sein werden, dann wird jeder in feinem Kreise wohl so sachte einen kleinen Lcgendenkranz um Krupski geschlungen haben. .Ich habe zuerst nicht mitkönnen. Ich bin stumm geblieben und habe an die Nacht denken müssen, wo ihn das Jäm mcrliche so ganz besiegt hat. Auch die letzten Worte, die mir immer nachgegangen sind, haben das Bild nicht austilgen kön nen. Aber ich sagte schon: als ich später imLazarettzug heimfuhr, in den vielen, vielen einsamen Stunden, habe ich lange über ihn hin und her gesonnen, und vieles verstand ich damals, was ich früher nicht verstand. Immer noch wehrt sich etwas in mir gegen'scin Wesen, es bleibt ein proble malischer Rest, mit dem ich nichts an fangen kann, doch ich fühle, wie der starke innere Widerstand, den ich dem Lebenden entgcg'ensetztc, mehr und mehr erlahmt. Ich habe Krupski jetzt in der Erinnerung fast wie einen Freund gern, und am Ende geht es mir wie den alten Leuten der Kompagnie. Wenn er das wüßte, würde er mit seinem überlegensten Lächeln über uns Deutsche spötteln, die erst glücklich wären, wenn sie einem anderen Menschen den idealen Tupfer auf der Nase angebracht hätten. Das schien ihm ja stets so komisch... Und manchmal denke ich auch, daß ich selber wohl zu eng gewesen bin und zu viel Borruteile unbesehen mitgeschleppt habe oder noch mitschleppe. Es lacht mir jetzt ab und zu einer über die Schulter, als wollte er sagen: Auf der andern Seite wohnen auch Menschen! Mein Bruder behauptet, der Krieg hätte mich verändert. Ach ja, der Krieg . . . er ist gewiß groß und furchtbar, und immer muß man staunen, wie viel techni sche Wunder er geschaffen oder heraus gebracht hat. Sein ganzes Leben kann man von all den Erlebnissen zehren. Aber auch im Krieg ist das größte Er lcbnis immer nur der Mensch. Wehrpflicht und Landwirt schaft in ßngkand. Die Londoner Times" veröffentlichte Ende Mai sehr interessante Stimmen vom Lande über die Wirkung, die das neue Militärzesctz auf die englische Landwirt schaft im allgemeinen und auf die länd lichen Arbeiterverhältuisse im besonderen ausübt. Aus Cambridgeshire schreibt ein führender Landwirt: Hunderte von Äeckern liegen brach, weil die Landwirte keine Arbeiter finden für eine Arbeit, die gewitie Borienntmlic bedingt. Jetzt stnv die Landwirte mit einer noch stärkeren Verminderung der Arbeitskräfte bedroht. Es ist unmöglich, Frauen zu verwenden; wir Landwirte haben es mit Frauenarbeit versucht, hatten aber keinen Erfolg. Aus Cheshire schreibt man: Das Land leidet unter einem noch nie dagewesenen Mangel an Arbeitskräften. Das landwirtlchast liche Appellationstribunal ist vom Bor sitzenden der Landwirtschaftskammer in Cheshire benachrichtigt worden, daß man die weitere Entziehung von Arbeitskräften als einen nationalen Verlust bezeichnen müsse." Von Cornwall und Devonshire schreibt man, daß infolge deZ Mangels von Arbeitskräften dieses Jahr viel Land unangebaut geblieben ist und brach liegt. D Protest der Landwirte gegen die wci irrt Einberüsung von ländlichen Arbeitern zum Heeresdienst sei vollständig berechtigt. Aus Nottinghamshire schreibt Alder, man Hcaih, ein führender Landwirt des Bezirkes: Wenn noch mehrere Männer der Landwirtschaft durch da Militärgesetz entzogen werden, s' würden die landwirt schastlichen Produkt? und Nahrungsmittel nächste Jahr Hungerpreise erreichen. Sollte in diesem Sommer viel Regen fal len, sa werde die Ernte ruiniert sein, ehe sie eingebracht werden könne, oder ober es müßten mehr männliche Arbeiter den Landwirten zur Verfügung stehen. Au! Northamptonshire schreibt der Bürger meister von Peterborough: Die Soldaten, die zum Garnisonsdiest oder Heimats dienst in England verbleiben, sollten den Landwirten für ländliche Arbeiten zur Verfügung gestellt werden." Die Times" veröffentlicht diese Stimmen, um die neue Bewegung zu unterstützen,, die unter dem Protektorat des Unterstaatssekretärs Ac land von der FrauenLand- und Gar tenunion" ins Leben gerufen wurde, und die den Zweck verfolgt, die Männerarbeit durch Frauenarbeit zu ersehen. ftur Deutsche qeht aus diesen Stimmen vom Lande klar hervor, daß die Englan. am 27. und 23. Juli 1915. der jetzt beginnen, die Vorboten dck Schicksals, das sie ihnen zugedacht haben, elbst zu fühlen. Die englischen Landwirte teilen also bereits ihrem Volke in Aus icht. daß unter den neuen Verhältnissen nächste! Jahr Hungerpreise für Lebens, mlttcl gezahlt werden müssen. Eine Be merkung der Führerin der neue Frauen bewegung wirft ein Seitenlicht aus die Ankündigung deS englischen Königs, daß durch da neue Gesetz 5 Millionen Solda. ten geschaffen würden. Die Führerm sagte im Beiseln deS RegierungsvertretnS Ac. land, daß durch daS neue Gesetz dem Lande 300.00 Arbeiter entzogen würden. Wenn das Land nur 300,000 Soldaten liefert, wo sollen dann die übrigen fünf Millionen herkommen? . Schach und Skat im Kett. Ueber die beiden Spiele Schach und Skat schreibt ein Mitarbeiter der Köln. Zeitung": Schach, da Spiel der Denker und der Feldherren, dem Rudolf v. Habs bürg und Wallenstein. Moltke und v. d. Goltz huldigten, wird von der im Felde stehenden Mannschaft nur wenig gespielt, obschon viele es kennen. So finde auch ich nur selten einen Partner, dann aber glaube ich. so etwa wie Feldherrenfreu den zu spüren, wenn die Schlacht sich ent . wickelt, jede Einheit ihrer Leistungsfähig, keit gemäß Verwendung findet, ihrer Ve stimmung getreu auf gesichertem Posten." Trutz bietet oder auf meinen Wirts fc.-' Augenblick losschlägt, während ich Ä5.' sarn von hoher Warte aus das zrÄzl überschaue und in aller erdenklichen Ktzc.! meine Entschlüsse fasse, um den Feinh zu 1 überlisten oder durch herangeführte Ucber macht zu erdrücken. Mehr denn je kann mich in jetziger Zeit dieses Spiel fesseln. Doch kann ich es sehr gut verstehen, daß unsere Soldaten überall die Kartenspiel den Brettspielen vorziehen. Denn diese Leute sind weder Feldherren noch Denker, noch Männer der zuschauenden Ruhe, son. dern Männer der Tat. Ihre Aulagen. ihre Fähigkeite-: spielen zu lassen, gibt ein flotter Skat viel bessere Gelegenheit. Ein Blick aus die ittm Karten ,,nk in fWi Kr Entschluß, damit fängt es an. Sodann nicyi nur wagen, lonvern auch wagen fast von Schritt zu Schritt, während die Schachsvieler nur ausnabmsw.is, tltnnt riskiert. Immer heißt's wachsam sein. nicyi nur mir dem Auge, sonder auch mit dem Gedächtnis. d?nn bis ,m ,, des Spiels mutz ich jede Karte, die gefal un war, w,en, muy gleichzeitig die Au gen zählen, jederzeit meine Lage beurtei len. geeignete Momente erkennen unk tn. schlössen danach handeln? all dies erfor oerr ein gemies Ata von Geiflesgegen Wart, einer Slkatnt,ni, hi im , Schachspiel so gut wie gar nicht geübt tnivk .. .. c . r. -. wii.ii. iwiuun imuy yinju.-eag man uoer jein etwa geschehenes Versehen weder viele Worre verliert noch stch Gedanke darüber macht: e gilt nur die Tat. , Wahrhaftig., von meiner frühern An ficht, daß meine Äeit mm Skatsiii'l su schade sei, bin ich im Felde gründlich he, kehrt worden. Ei scharfes Kartenspiel nimmt den Geist gleichsam In militärische Zucht. Wir können nicht alle Feldherren sein. Wie allgemein bei Menschen und Tieren die Spiele von Kindheit an, die naturgeschaffene Vorübung für die Kämpfe und Mühen bei Leben sind. se scheint mir insbesondere Skatspiel da Maß von Tatkraft und Geistesgegenwart zu üben, welches im Felde der Mann, der Unteroffizier im entscheidenden Augenblick vor dem Feinde braucht, und auf dessen Bereitstellung alles gcfechtmähige Erer zieren abzielt, und da vnn hhtr tun N. rufssoldaten. ausgezeichnet hat. S ist ' denn auch der gute Skatspieler oft ein tüchtiger Soldat, und wer etwa von den Fcldorauen noch nickt Kknt fkln der hat draußen den Zivilisten noch nicht agqirt,Ti, tooicne gitn es freilich nur in sehr geringer Zahl, vielmehr hat' nach und nach fast jeder wenigstens einiget maßen gelernt und manche Abendstunde damit nützlich verbracht, und immer wie der habe ich gefunden, daß, je geschickte, sich einer dabei anstellte, r auch um so besser für den militärischen Dienst geeignet erschien, oder daß beides sich in gleichem Tempo entwickelte. Von hier aus ist eS zu verstehen, warum auch in friedlicher e,i viel nrnifia. v,e Ärvettsyano zum Kartenspiel greift als die, welche den Schreibstift sük?t und oft mefir ffirfiifW am Schachspiel findet. Doch sicher wer. den auch wir Kopfarbeiter von dem, waS der Krieg uns beigebracht bat. sväterkin Gewinn haben. Die Meißen Menschen vergeuden "?r Leben in Zank und Sir.'it. Wieviel lcich ter und freudiger konnten sie ei durch Liebe und Wohlwollen nützM anlegen. :v r -