Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, August 09, 1916, Image 2

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Episoden von
'Z o r L e k d u kl, 3. Juni. TaZ Dorf.
m ,jr eiüquarttert sind, bat lein tinzi
- ,!f?, Dfl3 ist sehr
3!fxf.i'ö:big! XU Bauern sind noch in
jUrnlnchet Zahl vorhanden, ganz junge
Purschm und eitert AUinner, und wenn
die J kaucn und Mädchen initiags antre
l;.-u müssen vor der ilonimcmdantur, um
zum Heuen und Hacken aufs Feld
nuZkführt zu werden, sieht man Ijljb'
fche S.'!cdche darunter. Vor dem Kriege
wann sie vierzehnjährige Binder, jetzt
sind sie erwachsen. Tcr Krieg bedrückt sie
nicht sonderlich, sie sirid lustig, lachen
j;ni schnattern. Sie Schönsten von itjntn
ctteiin täglich in der Wolkcri. In lern
v3 meinen Schürzen wirtschaften sie da
xln Herrin, ein paar G hinten jeden Tag.
und kriegen dafiir soirante Fennisch",
wie sie saaen; oder auf Teutsch sechzig
.scnnigk. Laut Absatz 14 der Befehlt
er; Jtoiiimanoantiit ist Offizieren, Un
eroffizierca und Mannschaften da! !8c
txtkn. der Walkerei während der Ar
bei!i'studen untersagt'. Auf diese Weist
-eüi,c,t es den deutschen Milchmädchen,
tögiich 600 Liier Milch zu 40 Pfund
'HMr zu verarbeiten.
Ja, es gibt noch Menschen, und es
fj&i auch Aieh im Torfe. Milch und
Hier Äffe gegen Acrgütung abgeliefert
wirden. Alle vierzehn Tage, tonnen die
dauern Fleisch taufen, Kartoffel lia
Un it noch, Brot kaufen sie bei der Ge
rceince, und wer zu arm dazu ist. dein
c.ibt die Gemeinde Brot. Die kleinen
Gürte liintet den Häusern sind sauber
bestellt. Bohrten, Erbsen, Karotten und
rnanlastisch diel Lauch und Zwiebeln.
In drei lochen, so versichert mir mein
Wirt, werd: er frische Kartoffeln ha
1-cn: sie blühen schon.
d zahlreicher olS die Bauern, die
ncaum. Mädchen und Kinder sind die
deutschen Soldaten im Torfe. Ein SRe
Zrntcndepot ist hier untergebracht, ein
Pfaoteevot, ein Pfcrdclazarett. An der
!ürtenni2ucr unter den Bäumen haben
sich die verstaubten Autos einer schweren
Munitionskolonne versteckt. Eine Feld
flteaerabtcilung hat ihr Kasino dicht vor
d'Wol!ei aufgeschlagen. Es gibt eine
5:Wtie.'ws man Wem. uns Wasier
und Feuer kaufen kann, es gibt auch eine
?Ze:dbuchhandlung. wo die .Frankfurter
Zeitung vom Morflett der am Aveno
in 8 Uhr yi haben ist., wenn man sehr
a'if,'?,. Ernst ist sie nämlich innerhalb
zedn Minuten ausJerkauft.
XU Garnison meines Torfes ist also
ihz zahlreich und gemischt. (Ich hoffe,
das Lbnkvmnrando sowie der Leser ge
iciten mir. nach dieser Vorstellung von
.Meinem". Torfe Besitz ?u ergreism.)
Zahlreicher jedoch als die Soldaten mei
nc& Dorfes sind die Soldaten der Land
flrcfje.' Von meinem Fenster aus fceo
baffte ich die Straße den ganzen Tag
Wer. Es ist eine große Kriegöstrafze zur
7,ro?i und die Auios, die Aeldesahrer.
die, Aase und Weites und Kolonnen
leisen im .ceisjta Kallstaub gar nicht
zur kommen Das eine Auto sährt
in die Staubwolke des andern Autos
hinein, in last ununterbrockzuier' Folge,
und wenn man die Landstraße draußen
im Freien überblickt; so sieht sie' wie eine
rosige Siaubwolte aus. die sich ringelt.
c'y.i von der Stelle zu kommen.
' Der stolze Hahn meines Banern
ich annektiere ihn. den Bauern, nur ganz
nebenbei. ; auf weiteres dieser
' Hahn allo bat sich auf seine Art mit
der kriegsmaßig veränderien Dorfftras;t
abgefunden. Er betrachtete sie früher al!
sein pkrsönliches Eigentum, bis dorthin
weninftuiI, wo der Nachbargockel seine
Ansprüche geltend machte. Die Grenzen
waren strittig, wie die meisten Grenzen
in und Geistesleben. Aber der
n,id seine Hühner wußten, daß sie
, ziemlich ungestört ans der Straße ihrer
.kch,siigrng nachgehe, ihre Pflicht
tun oder ihre Unterhalt, nz führen konn
t't. 2a.i ist j.tt anders und geradezu
I'deiusesährüch geworden. Die Hühner.
bi?g Hause auZ zur Furcht und Demut
aeneiqt. verkrümeln sich auZ Angst vor
em 'eiöse an den TtraKenrändern.
drücken sich in den HanSeZen herum und
wisien oft nicht anZ noch ein. Der
waäere Hahn tut sein möglichste, um sie
.'iulammenznhalten. zu beruhigen und
durch kriegerisches Benehmen zu ergötzen,
'ä gelingt ihm aber nicht ganz, feine,
; o-vt Verlegenheit zu verbergen, wenn
?die Strahe überschreiten will, was er
däukig tun musz, um seiner Familie ge
vS'i zu werden. Tann läuft er ejedes
N'gl, was er kann, auch wenn gar kein
Nahrzeug im, Anzvge ist. dos seiner be
kreuzten' Ersahru.ig nach nichts anderts
, will, als ihm in , begreiflich roher
Z2ai Kopf und Kragen abzufahre ,
.;
Mittwoch.
Ein autcs . diertelhundert . Kilo Meter
vli h:cr"entfcrnt ist die feindliche Front.
Man hört die Kanonen Tag und Nacht,
aber von weiter hinten horte man sie ei
qentlich noch besser, weil dort das ganze
Orchester tonender Zusammenklingt, die
Sekallwellt sich vereinigen, vertanen.
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ndcr steigern und z,l überbieten fchei
In meinem Torfe höre ich beson-
4 an' Die i! ?
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rt ycruöer, ich bilde
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vor Ferdlln.
Kalkschmidt schildert l'übsche
cer ,ront.
Zutritt zum Kommando und versteht es
meisterhaft, die markige Gestalt des be
rülimttn Heerführers meiner Pbantasie
zu vermitteln; er, der Kollege, ist also
gleichsam die ?,abelschnur, die mich mu
dem geistigen Zentrum der Operationen
d!,'k,r Neanid verbindet. Wie dankbar
bitt ich ihm dafür, namentlich mit Rück'
nebt auf meine Leier, denen im nun auch
die eine oder andere fesselnde Einzelheit
mitteilen kann. Nur weiß ich doch nicht,
ob ich ihn mit einer rage wie vcrie
nigen nach der Richtung des Geschütz
donnerZ bcbelliaen darf. ?lch will tl dem
Zufall Überlassen, ob er Mich dieser Irie
gerischen xitiisiil naher dringt..
vwiskbendurcki. iü Meinen dielen
Mutzeslunden, wo ich den Nekrutcn beim
Antreten und Esscnholen zuschauen darf,
lausche ich mit halbem Ohr auf den fcr
nen Klang der Geschütze: nach hohlen
Fässern klingt t, die verspundet wer
den, von einem zornigen Küfer oder
SlbiiMer. der böse und ziellos mit sei-
nem großen Hammer um sich schlägt
einmal rasch und einmal langsam. Was
inaq er alles zerschmettern, die er lau
nische Bursche? Vielleicht unsere neuen
Stellungen auf der Eauretteshöhe? Viel
leicht aber auch die Franzvlenwerke hin
ter Ekattancourtik Vielleicht wird ein
neuer Aorstoh dcS Feindes cingclrom-
nielt. vielleicht einer von uns: Wr da
wüßte! Gewif;, der Kollege weis; das
läna. der 5!iiZlicke. Aber so verwegen
bin ich nicht, diese geheimen und fernen
Vorgänge kennen zu wouen. cy wenoe
mich lieber da sichtbaren Tingen meiner
Umgebung zu.
In ineinem Bauernzimmer hängt eine
große runde Wanduhr, die die Tochter
deZ Hauses mir zu Ehren in Betrieb gc
setzt bat. Hätte si's doch nicht getan!
Nämlich, diese Uhr hat den Teufel im
Leibe und rast mit doppelter Geschwin
digkeit durch die Zeit. Man kann sie nicht
anhalten, denn sie hat alles innerlich
hinter ihrem verstaubten Zisfcrblatt.
Sie hetzt in jeder Minute zwei bis drei
Minuten vorwärts, so rastlos, olö eb sie
eine verlorene Zeit einholen, ein weites
Ziel erreichen, ein Wettrennen gewinnen
mußte. Der Krieg muß sie vollkommen
verwirrt haben, und ich lausche ihren
kurzen und heftigen Stundcnschlägen
mit eigentümlicher Spannung. Wo will
sie hinaus? Sie läuft und läuft und
mackt mich an jedem Tage um zwei ode!
ds?i'Taae älter. Es iit ia so. als bilde
sie sich ein, diesen Krieg, dessen finsterer
Groll von ferne her durch die dicken
Mauern tont, durch ihr eifriges und
sinnloses Gehaspel ablurzen zu können.
Nachts, wenn ich schlaflos auf die
Stimmen und Geräusche der Kriegs
straßc lausche, macht mich diese dcrzwci
fclte alte Uhr ganz rabiat. Neulich, halb
im Traume, als sie atemlos drei schlug,
habe ich sie anaeschrien:
Schweinen Sie! Wer Hai Sie ge
fragt? Wer sind Sie? Was wollen
Sie?' Mir däuchte. sie sanftigte sich da
rauf ein wenig, lief leiser und kat
sachlich um einiges-langsamer mit
ihrem ewigen Rata. Rata, Na!a. . . -
-; Donnerstag.
.Heute ist Himmelfahrt. Die Rekruten
im. Helm-und sauberer Wontur mar
sckücrul .tompagnieweise zum Gottes
dienst in die, schr. säumige Torftirche.
Mittags ist Löhnungsappell.
Auf der Bank vor meinem Fenster
sitzt der Bauer. Ein Rekrut, ein Mann
von Ende der Zwanziger, fetzt sich zu
ihm. .Bojour!' .Bongschuk.' Schwci
gen.
Eine Kuh trottet mit bei ihr eigenen
Seelenruhe über die ,, Straße. Tiessin
nig schauen ihr die beiden Fcnsteraästk
nach. Schließlich sagt der, Bauer und
hebt die Hand: Vavhp". 7
, .Was?' fragt der Rekrut.
' ,."Nron, non: rndio! I.a!" .
Pause, während der ein deutsches
Hirn mutig arbeitet.' komboniect. und
niKMiA Ml wird:, .Ada! Vadi!"
Om. V, a, c, h, e" buch,,abiert
der Franzose und zündet sich seine Pfeife
an. Ter Soldat wiederhoü jeden Buch
fiaben und dann das ganze, Wort noch
einmal. Er vergißt es fein Lebtag nim
rmr. wie er es fetzt ausspricht: Vseke.
ur, Vscke'.- Tiefe Kuh gehört ihm
persönlich. ' '
ilamt Pauze. zamx ,agi oer xu
sche. und deutet in die Richtung, wo die
Kuh längst verschwunden ist.
Kuh!" ". ' -
- Der Bauer schaut den andern unge
wiß an, begreift, nickt und fragt vor
sichiig. wie wenn er das fremde Wort
auf der Zungenspitze balancieren wollte:
'COUT ; '
Jawoll die Kuh. K. u. h!" :
- Der Bauer wiederholt gedankenvoll
und schließt: Ah, c'cut'ca" Dann
schweigen sie wieder, der t'i ist ein lu
redteS' Schweigen. Sie haben eine feier
liche Handlung von internationalem
Kulturgkwicht vollzogen. Austausch gei'
stiaer Güter. Wortqabe gegen Wortgabe.
Ei' gibt kein Trahthindernis für diese
Dinge, im Kriege nicht, und im Frieden
erst recht nicht. Es wird auch keine halt
barm Schranken für den Wirtschafts
verkehr Mitteleurovas mit der übrigen
h. It gebe. Die Menschheit verwandelt
sich ich'.' von heute auf msrgen in das
c nit'ii ihrer selbst.
i'jr rn Nachmittag trat die Ordon
! e n und melde!:: der Herr Ritt'
r v : lassen, d:t!:ii. um fünf Uhr be
reit zu sein. Das Auto wird die Herren
abholen.
Ter Rittmeister ist unser Nachrichten
offni. unser Sckrittmacher sozusaacn.
Er fährt mit seinem Auto zu den Stä
den unihcr, dernimmt die Gefangenen,
sammelt Nachrichten über den Feind.
Mit seiner gelben lllanenmütze taucht er
bald hier, bald dort auf. In einige be
wegtcn Wochen vor Verdun hat er ein
halbes Dutzend Auto! nach und nach ka
pult gesahre. Wo siud die guten fran
zosischea Straßen geblieben? Der Krieg
hat sie zerlöchert, zermürbt; Regen und
Sekniee und Kälte daben sie ousaewcicht.
Der schmält Rittmeister mit seinen AuS
sagen. Karten, Briefen muß durch die
Locker und Nsükcn und durck den dicken
feingemahlenen Staub. Sein Motor im
Auto rattert beständig. Er hat ein Ma
laiiagestcht. hohlwangig unö sieaig. von
SudoN der. Er kräekit wie ein Uhu.
denn seine Stimme ist ans dem Hart
mannsweilerlopf im Winter 19141?
eingefroren und seither noch nicht wieder
aufgetaut. Er tragt einen schwarzen
Respirator. ober er schiebt ihn alle Au
genblic! beiseite und spricht in den Wind
hinein. Er int und trinkt und schläft
automatisch, wenn er gerade freie Zeit
Hai. bei Tag oder bei Rächt und manch
mal vergißt er eins oder das andere,
nern,. Er iil'.t Im Auto, ficht am Schreib-
tisch, er telephoniert, diktiert feine Be
richte, saust hierhin und dorthin und i
überall zu Hause, nur nicht da. wo er zu
Hause ist, in meinem Dorf. Ich kenne
schon mehr Menschen hier Öls er. vcr
Rittmeister, für den sogar seine Reiterei
ein Luzus geworden ist.
Um fünf Uhr steht das Auto da und
wir fahren lo gegen Verdun. Es geht
die alte Stras.e im Maasial entlang, an
Dun vorbei mit seinen Lazaretten, hü-
gelauf und hugclab. Ein Dorf nach vem
andern bleibt hinter uns. eines zerscbvs
sencr als das andere. Fesselballone kom
mcn näher und näher, jetzt haben wir
auch sie im Ruclcn, sind ,m ,lanvotre,q
unserer schweren Geschütze. Es gehl
scharf um die Ecke einen Höhenmcg
hinauf, wir steigen aus, unö wanvern
durch knietiefe Wiesenblumen den grünen
Hang aufwärts zur freien Kuppe.
Genau am selben Fleck stand ich am
20. Värz; heute ist der 1. Juni.
Die Sonne neigt sich gegen Abend, es
ist sechs Uhr vorbei. Wiederum das be
kannte Bild der Höhen, Täler und Tor
fei; keine sehr gute Sicht, aber ich sehe
trotzdem Verdun und Touaumont. die
Sperrkette von ffiarre, den riesigen
dimllen Hcssenforst. Auf Höhe 304 und
Toter Wann, auf Eumircs und Chat
tancourt fchwcre und l-.ichic Einschläge.
Ununterlrochen steigen die Pinien aus
Staub empor: fünf, sechs zugleich, da.
dort, braiine, schwarze, weißlich gelbe,
ununterbrochen rollt der Tonner. Es ist
mittlere Feuertäiigkeit". ziemlich ruhig.
Nur am Toten Mann wird's jetzt leb
haft, die kahle Kuppe umwölkt sich
langsam weiter dort muß was ,im
Gang! sein. (Am nacksten Tag meldeten
wir den ftJgz'ösischen Vorstoß.)
Ist es wirtlich schon zehn Wochen her,
seit ich hier oben die Verdunschlacht sah?
Sie zum erstenmal als eine große Ein
hcit empfand? Was liegt zwischen da
mals und heute? Welche Kämpft, welche
Fortschritte. Zoll um Zoll mit Blut er
stritten und bezahlt! Nun ficht man hier
oben, und dem oberflächlichen Auge
könnte es fcheincn, als wäre olles wie
eiuft. Aber wir wissen, wir fühlen es.
die deutscke Front, die eiserne Wehr ist
auf dem Marsche, enger und enger legt
sich der Halbkreis um die Fcste, immer
schnurzhastcr drückt die eherne deutsch:
Kette den harten französische Panzer.
Der Staub wallt auf, die hohen Pap
peln fliegen vorbei. Wir sind zuhaust.
Nissen Sie schon? Ein großer See
sieg über die Engländer!' Wie werden
sie jubeln, die guten tapferen Jungen
in ihren Löchern ganz vorn hinter dem
.Toten Mann'!
Teutsche und Franzssen friedlich vkk
.,;:. i rillt.
Teutsche und Franzosen liegen sich in
Schützengraben gegenüber. Die deutsche
Artillerie 'beschießt den französischen
Graben, und das Feuer wird den Iran-
zosen unangenehm, so baß sie einzeln
rn ki rnkikn na rückwärts veria en.
wobei sie von unserer Infanterie, einer
nach dem andern, abgelchoizen weroen.
1r N,st bn. Nraniosen zieht t daher
vor, doch lieber im Schützengraben aus-
zuliarren und ven ewen er i cci uniel-
heit zu räumen. Nach einiger Zeit sen-
det der deutsche yauptmann eine
schwache Patrouille gegen den französi
Mm ftirnfeen vor. um ZU erkunden, ob
noch Gegner in -demselben sich aufhalten.
Die noch im Graben befindtichen imis
zig Franzosen ergeben . sich der Pa
tronille. Stolz WM der deutsche Pa
trouillenführer mit feinen Gefangenen
zurüctkehren. als 'er plötzlich von der
französischen Artillerie mitsamt feinen
Gefangenen lebhaft beschossen Wird.
Schleunigst entziehen ich v,e eui,azen
und Franzofen dicsein Artillcrieseucr,
indem sie, in den französischen Graben
zurückspringen. Dort blieb nun die
Patrouille den ganzen Nacbmittag mit
fiinfitfl Gekanaenen friedlich vereint
bis zur Dunkelheit liegen, erst bei Nacht
kehrte die Patrouille zurück und lieferte
die Gefangenen ab.
'
Brannweinverbot in Norwegk.
Jeglicher Verkauf und Ausschank von
Branntwein ist. ' wie aus Kristiania
depeschiert wird, in ganz Norwegen ver
boten worden. Gleichzeitig wurde die
Einfuhr von Branntwein. Wein, Bier
und anderen alkoholischkn Getränken
unterlagt. Die Verbote treten solort in
Kraft. . '
ricgsbricfe
vcil Domesnees bis kuzk.
Iakobstadt.
Osisront. Anfang Juni.
Oben an der Rordspitzt von Kurland
habe,? im verganneii'n Friihherbft die
russischen Schisssgranaien den hundert
jährigen Wald zerbissen. Die Stammt
fielen wie sterbende Riescn durcheinan
der, die Fischerdörfer südlich vom Kap
Tomcsnees wurden zertrümmert, die
kleinen Boote und Kutter an der Küste
fraß daS Granatfeucr. Da wurde aus
der Kurländifchcn Küste ein Teil der
Front. Es wurde Kap DomeZnees der
nördlichste Punkt der Ricsenfront im
Osten, die dann bei Schlozk die Küste
verläßt, in leichtem Bogen die Düna
reicht. Ihr folgt und von Tllnaburg an
in der bekannten geraden nordsüdlichen
Linie bis etwa Buczacz läuft, um im
letzten kurzen Teil leich: vorwärts zu
schwenken von Nordwcsten nach Südoste
bis zur rumänischen Grenze.
Tic Vorstellungskraft reicht kaum
aus, diese fast ununterbrochene Schützen
grabenlinie lebendig zu begreifen: sie
zieht durch Sumpfland und gräbt sich in
Hiigclreihen. die Ostsee liegt vor ihr und
die ungeheure Ebene der Rokitnosümpsc.
mächtige Wälder durchquert die eiserne
Linie und Felder, die grün im Som
merwind wehen, ungeheure Einöde und
bebautes Land. Flecken und Dörfer sind
von dem Graben mit der Brustwehr und
den Stachcldrahtreihen davor in den
Brennpunkt des Krieges gestellt worden.
Sommerwolken werfen Schatten über
das Stückchen Land, auf dem so viele
deutsche Menschen Monat für Monat
atmen, denken, leiden, glühen, Regen
schauer schlagen darüber, Tonneiiglut
glänzt au dem gleichen Tage über das
Ricsenwcsen. Denn immer ist mir diese
atmende und kämpfende Linie wie ein
ungeheures Lebewesen schienen, dessen
Gedanken von Millionen Köpfen ge
dacht worden, dessen Hcrzschlag Willis
nen Herzen stark ist. und die Leiden des
einzelnen vergehen vor der Not. wenn
ein Teil des ungeheuren Leibes in fiar
Zer Bedrängnis steht, und die. Freude
schwillt durch den ganzen Körper, wenn
sich irgendwo die Linie siegreich vor
bäumt oder die Leichenhllgel derer, die
gemeinsam ihr Feind sind, vor sich auf
türmt, Bis Luzk habe ich den größten Teil
dieser Front in wichtigen, Abschnitten ge
sehen. Jeder Frontabschnitt Hai seine
Geschickte, wie jede Division ihre rühm
reiche Kricgschronik hat. Oft fällt die
Geschichte des Abschnittes mit der der
ihn hallenden Truppen zusammen, aber
fast noch öfler sitzen sie im Land, das
andere erkämpft haben, während sie an
derswo siegten mid litten. Trotzdem ha
bcn sie in dem langen Stellungskrieg
gerade .ihre Front' natürlich besonders
im Gedanken. ES ist klar, daß alle die
Arbeit, die in den Gräben, den Unter
ständen, den Fuchslöchern. den Wegen,
den Blockhäusern, den Waldlagern, den
Entlaiisungsstätten, den Pionierparks,
den Bahnhofsanlagcn, den Schlachte
rcien. den Sägewerken, den Jementfa
briken. den Raucherhallm. den Badewa
gen, den Kasinoräumen steckt es ist
klar, daß diese viele Arbeit vieler Tage
und Nächte mit dem Gebiet verbindet.
daß jeder besonders stolz gcrave au,
.seinen' Abschnitt ist. Es hat. wenn
man näher zusieht, auch jede Stelle der
Front ihre Besonderheit, ewig, cnui
itnntaben ist Sck'llkenaraben und Pio
nierpark bleibt Pionierpark, aber die
i?.,;r,!ü; ii w !, Pii'iSmifi
.uiuiimmuinij.iii, im vt. v.v
iel des Landes und die von der Armee
-liekerten Dinae ausaenuut werden, ist
erstaunlich groß. Eines aber kann man
aus diesem bunten Bild als Gemeinsa-
m-z Kkrausleskn. an der stelle, va
deutsche Soldaten leben: die Gewohnheit
zur Sauberkeit, die Liebe zur Natur
und die Freude an dem Schmuck des
Lebens. Blumenbeete. Gemiiscländereien,
Holzarbeit von ausgezeichnetem Cbt
schmack, rührende Bastelarbeit finden
sich überall. Dinge, von denen man an
nahm, daß sie eben erst langsam im
Werden seien, wie die Geschmacksbil
dung bei der Inneneinrichtung, zeigen
sich tief ins allgemeine Bewußtsein ge
drungen. So einen Pienierstuhl könnte
Bruno Paul entworsen haben, und so
einen Osfiziersunterstand könnte Nie
merschmid oft nicht besser einrichten. Es
ist ja vielleicht schon oft genug gesagt
worden, und mit dem Wort ist genug
Schindluder getrieben worden, aber i
bleibt so. bleibt beim Ueberblick immer
gleich ergreifend: wer die Kulturhöhe
dieses deutschen BolkeS geradezu greif
bar vor sich fehen will, muß es bei fei
ner Arbeit, feinem Leben, seinen Freu
den und Nöten im Schützengraben sehen,
muß diese gleichmäßige, herrliche, leben
dige Linie oben von Tomcsnees an vor
Augen haben.
' Dem nördlichsten Frontteil gibt das
Meer sein Gepräge. In den Düne sind
die verborgenen Artilleriebeobachtungs
stände, und rheinische Auge sehen mit
scharfer Spannung, cd an der Kim
mung nicht die grauen Schatten, die
schwarzen Striche, die den Feind bedeu
ten, auftauchen. Dann kommt ei Stück
Graben, das von der See noch zu fassen
ist. das aber die Langrohre der Schiffs
gefchiitze doch nie recht in wirkungkvol
les Feuer bekonimen können, und dann
liegt in sanftem Boaen die Linie den
Tirulfumpf entlang. Als ich im Winter
dort war. ha!!: das Sugipfwass,k noch
ans dem, Osten.
Strateg!? bei Dllnabnrg und
Der Uokitnosumxf.
die Oberhand, inzwischen haben wir
längst iiber das Waffer gesiegt. Die
schiiurgerade Provinzstraste zeigt nach
Riga, man könnte sich gegenseitig jede
Ablösung, jede heranfahreude Feldküche
absehen, wenn nicht die breite schöne
Straße mit ichleu Tannenreihen der
blendet wäre.
Nach Plukanen biegt die Linie herü
der zur Misse-Froni. der die Russen Im
Herbst keinen Tag Ruhe gönnten und
erreicht dann die Düna.
Das lange Stück der Tünofroiit ist
natürlich völlig von dem breiten Strom,
der uns von den Russen trennt, be
herrscht. Lehmige Erde auf den Höhen
an der Düna machte die Arbeit in den
Gräben nicht gerade leicht bei Regen
güssen meinte man den ganzen Graben
an seinem Körper mit fortzutragen. Es
gibt auch dagegen Mittel, und die Düna
ist ein so breites und sicheres Hindernis,
daß man Zeit hatte, diese Mittel im
Ausbau in Ruhe anzuwenden. Die Ver
suche, sich mit kleinen Bootsunterneh
mungen gegenseitig das Leben schwer zu
machen, waren zu der Zeit, als ich dort
an der Front war, gänzlich eingestellt
worden. Ein paar durchlöcherte Ruder
boote trieben in den hellen Nächten auf
dem aufschwimmenden Strom in Rich
iung Riga, daö war alles. Die Tan
nenwaldungen gestatten leichte Annähe
rung. Das Land ist von großer und be
sonderer Schönheit.
Bor Jakobstadt halten wir die Hügel,
so daß Jalobstadt eine tote Stadt in
den Händen der Russen ist. wie vorher
Friedrichstadt in unserer Hand ohne Le
den bleiben muß. weil auf den Höhen
die Artillerien die Städtchen beherrschen.
Die schweren russischen Angriffe im
März aus dem Raume um Jakobstadt
heraus sind belannl. bekannt auch ihr
blutiges Zusammenbrechen.
Um Düuaburg umspannt unser eiser
ner Halbkreis fast Z Jahr den Brücken
köpf. Nach den heftige Angriffen im
Spätherbst, die in der Hauptsache auf
die EeenEnge zwischen Swenten und
Jlsensee zielten, ist es zu gleich heftigen
Versuchen der Russen, den Ring zu
durchbrechen, nicht mehr gekommen. Der
Schloßberg und das Städtchen Jlluxt
sind jedoch immer noch im Brennpunkt
der Artillerien. Die russischen Stellun
gen sind stark, ihre Lage, unterstützt
durch die ziemlich weitblickenden Hügel
reiben des rechten Tllnaufers, ist an sich
nicht ungünstig, wenn nicht der Halb
kreis, in dem wir stehen, die Möglichkeit
konzentrischen ArtilleriewirkenS jederzeit
offen ließe.
Die Front vom Drhswjathsee bis
Smorgon ist von der großen russischen
Märzosfenstve her neu in der Erinne
rung. Sie hat ihren besonderen Chorak
ter durch die vielen Seen, die zum Teil
in die Linie einbezogen sind, zum Teil
Flankenschutz gewähren.
Die Front um Smorgon selbst springt
ein wenig zurück, da das tiefer gelegene
Städtchen von uns im Herbst nicht in
i. ' . r, . i . .:............ mit '
oie j;iic ciuvrvi;r luniuc, ium i
sinnlos gewesen wäre, seine S'ellungen
und seine Quartiere den russischen Ka
nonen auf den überragenden Höhen öst
lich von Smorgon auszusetzen. Daß
Smorgon gerade kein begehrenswerter
Besitz ist. haben die Russen in dem lail
gen Winter oft genug erfahren müssen.
Bon Smorgon südlich beginnt ein
Abschnitt, in dem augenblicklich starke
Unruhe herrscht, es ist der Teil der
Nordfront, in dem wohl die zahlreichsten
Patrouillenunternehmungen, Vorstöße.
Erkundungen, stattfinden, diese Unruhe
erstreckt sich auch über Krewo, ein ehe-
i maliges Städtchen, das bis auf wenige
Reste in der Linie verschwunden in
(Den Westrand des Städtchens halten
wir. den 'Ostrand die Russen, die zer
schossene rthodoze Kirche steht aus un
serer Seite, die Trümmer bei katholi
sche,, Gotteshauses auf der russischen.)
Immer stärken willen Sumpf und
versumpfte Flußläufe auf die Gestaltung
der Front ein. Beresina, Serwetschbach
sind für die Linienführung mitbestim
mend. Immer noch hat dabei daS Land
oft den leicht hügeligen Charakter, der
nur in der Ebene um Smorgon einmal
völlig aussetzt.
Der wichtige Bahuknotenpunkt Bara
nolvitschi ist bekanntlich in unserer Hand.
Doch ist wohl anzunehmen, daß die Ruf
fen versucht haben, die nützliche Nord
Südverbindung hinter ihrer Front da
durch wieder möglich zu machen, daß sie
eine Pionierbahn zwischen die beiden
Bahnschenkel Minsk Baranowitschi und
Baranowitschi Rowno gelegt haben.
Immerhin haben ihre wiederholten Ver
suche, auf Baranowitschi vorzudringen,
gezeigt, wie unangenehm ihnen der sey
lende Kreuzungspunkt blieb.
Die schnurgerade Linie deS Oginski
lanals, in dessen Böschungen unsere
Stellungen ausgezeichnet eingebaut sind
("Böschungen, die gleichzeitig auf Meilen
die höchsten Erhebungen des flachen
SumvslandeS sind), ist das bemerkens
werteste Zeichen für de ersten Teil der
Linie, die das Gebiet deS Rokitnosum
pfes durchquert. Pinsk, die Stadt In der
Front, beherrscht den nächsten Teil der
Rokitnofront, die sich hier keilartig aus
der festen Landzunge vorschiebt.
Die Stellungen am Styr. im Styr
bogen, hinüber nach Luzk, haben dann
alle das gleiche Gepräge: entweder, sie
mußten dem Sumpf im harten, kaum
immer gleichmäßig erfolgreichen Kampfe
Wie Salandra
Stm Szene in der entscheidenden Aammerflhung
in $ont.
Au Lugane. 11. Juni, wird gemel
det: Die Parlamentssitzung war ein
förmliches Gericht über da Nab'... t
SalandrZ'Sonnino am Sonnabend, und
dal vernichtend! Urteil sprachen diesel
bei, Elemente, die in den unseligen Mal
tagen des Vorjahres das Ministerium
in' den Krieg hineingehetzt hatten. Als
Salandra sich erhob, wurde er von den
Eozialisten wie den Republikanern und
Reforinsozialisten. die bis zuletzt doch
'. . Vorspann SalandraS gebildet hat
trN. it ironischen Zurufen begrüßt,
wie .Der Angellagte hat das Wort!'
und dergleichen. Immerhin konnte der
Min'stkipräsidtiit Salandra ziemlich
ungestört reden, lii! er auf die Ereicr
nisse im Trentiuo zu sprechen kam und
tico bemerkte, die Schuld liege daran,
daß die Grenz: seit 1863 einem feind
lichen Einfalle offen stand. Eine große
Menge Abzeordxeter oller Parteien um
drängt bei diesen unbedachten Worten
S,l idra und fchreit ihn an: .Warum
haben Sie diese Türe dann nicht geschlos
sen? Warum haben Sie unS immer
gesagt, daß Italien nichts zu fürchten
hätte?" Abgeordneter Giacomo Ferri
ruft: Erst neulich hat der Kolonial
minister Martini in Florenz In osfent
licher Rede im Basein SalandraS feier
lich erklärt, daß die italienische Grenze
heute .ntastbar sei.' Sciorani schreit:
.Nach einem Jahre Krieg wagen Sie
mit solchen Resultaten vor die Kammer
zu treten'.?' Mazzoni: .Wer sich hla
miert hat. wie Sie. der habe wenigsten
so iel Schamgefühl,' zu schweigen!'
Chiesa: Darum hat das italienii,k
Volk all seine Opfer gebracht!' Als
Salandra sich zu verteidigen sucht und
einwirft, bei besserer Vorbereitung der
Verteidigung ')i.H. das Heer dem felud
lichcn Einfalle längeren Widerstand lel
sten können, bricht wilder Tumult los
un ' jn allen Bänken der Kammer wer
d:, grimmige Verwünschungen laut.
Tcr Republikaner und Kriegsparteiler
Pirolini schreit: .Sie, jawohl, Sie und
lein anderer sind dem Parlamente ge
genüber für diesen Schlag verantwort
lich! Sie gehören vor den Gericht!
Hof!' Die äußerstc Linke, die bisher
mit Salandra durch Tick und ain
gegangen war. umringt ihren einstigen
Abgott drohend und heult: Schandt
über Sie! Infamie! Die Regierung
setzt die Heeresleitung vor dem Lotte
herab! Warum haben Sie denn nicht
Eadorna seines Amtes enthoben?'
Treves und Mazzoni rufen: .Das ist
der Dank der Regierung an Eadorna!'
Pirolini. Chiesa, Raimondo. lAbrihla
und andere von der bisherigen Salan
dra-Mehrheit rufen: .Das ist ein Bec
brechen! Sie versetzen dem vor dem
Feinde stehenden Generalissimus einen
Dolchstoß in den Rücken!' Die Kam
mcr heult im Chorus: Vors Gericht!
Vors Gericht!' Während des Minuten
lang dauernden OrkanZ wagt Salandra
nicht, den Wund aufzutun; auch
übrigen Minister sind völlig eingeschüch
tert, ja terrorisiert. Nun sucht Salan
dra weiter zu sprechen, aber von allen
Seiten tönt es ihm entgegen: Genug!
Genug! Schweigen Sie und treten Sie
zurück!' Endlich gelingt es dem Min!
sterprasidenicn, wicde, zu Worte zu
kommen, aber die Freude dauert iicht
lange; Enrico Ferri unterbricht ihn:
Wenn jemand wie Sie die Maitage
1913 aus dem Gewissen hat, dsrf er
nicht von einer politischen Richtlinie
sprechen! ' Andere rufen: Sie haben
n.il Hilfe d ' Voltsbetruges regiert.'
Al' Salandra schließt, klatschen ihm
fünfzig Abgeordnete des Zentrums und
der Rechten schwächlich Beifall. Die
Linke und die Partei Giolittis scht ei
gen. Die Linke aber, bisher SalandraS
Leibgarde, bricht in lange anhaltendes
Geheul aS.
All: späteren Redner ernteten bei
ihren Angriffen auf daS Kabinett den
st .ken Beifall der Kammer, so zuerst
l.e- Sozialist Graziadel. du den Leicht
sinn der Regierung bei ihrem Heraus
tritt ai,S der Neutralität, ihre falsche
Beurteilung der militärischen wie der
diplomatischen Weltlage, endlich die
..topie betreffs des unter Italiens Jüh
rung zu bildend. Lalkanbundes und
t.: Haltung Rumänien? geigelt. .Dazu
kam noch der ?eitr'..t Italiens zum
Lcndoner Vcrt,zge. der das EingestLnd
ris eserer Fehler war, und für diese
Fehler muß nun unser Volk bluten.'
I Großer Lärm. Tic Sozialistenpartei
ruft: Die Interventionisten gehii n
vors Kriegsgericht!') Graziad i schließt
mit der Hoffnung auf einen gerechten,
würdigen Frieden, ohne Siezer und Be
abgewonnen werden, oder sie lehnten sich
an dir Sanddünen a, die unregelmäßig
und ohne Uebcrgang aus dem Sumpf
gelände emporwachsen.
, Die Festung' Luzk hat dabei niemals
den Charakter einer Festung gehabt. Ein
paar elende Erdwerke hatten die Russen
der Stadt gegeben, das war alle!.
Die Schwierigkeiten im Raum von
Luzk waren in den Wintermonaten, als
ich dort an der österreichischen Front
war, sehr erheblich; ein ungarisches Re
giment, daS übrigens diel ?nmcmischen
Ersatz hatte, mußte unzählige Kilomet
Knüppeldämme bauen. .um überhaupt die
Verpflegung in der vorderen Linie mög
lich zu machen. Freilich waren die Be
dingungcn im Snbgcn und bei Kolli
auch kaM.'gMstlger.' ", -
gestürzt wurde.
tiegte und ohne Anncrwnen. Die Na
tionalisten schreien: .Das heißt., die
V,x Germanien bereiten Sie mit
;f wunderbare,, Kricgchihr',,,.
vor!' , k.
Der Republikaner Piroliui urnctjt die
Regiern. . 'iir den Pessimus verant
N. rtli d.. hc'c in lellemincnde,.,
Maße das ganze Äolk er'ülle. .Mit
s.lehen Erklärungen, wie Salandra sie
heute, in der Rammer abgab, muß daS
Volk an sich' selbst irre werden!' All
gemnt Ruse ertönen: .Es ist w-hr!
ist wahr!' Labriola (labialer A:.
Hänger der Kriegspariei) sagt: Die
Regierung untergräbt geradezu die Au
torilät der c'ret!lcit,ng,bci den Sol
boten!' (Betäubender Lärm und Ruf:
.Das ist eine Infamie!' Krligspar
teile, Raimoudo: Salandra durste
nC,: so r'den." Piroliui bemerkt:
.Mai. suhl, Salandra leidet an Ner
venübericijiinq.'
Sa' ,'dra schüttelt e..erz!sch den Nopf
,nd ruft: .Ich bin ganz ruhig! Mein
Geivisscn ist rein!"
Benzin, erwidert: Natürlich, .jir
wissen ja. daß Sie ein Zwukcr sind!'
Pirolini kann s.,ne Rede schließlich
wieüe, aufnehmen und richtet tincn
einen Appell an die Sozialistcn, sich der
Agitation gegen den Krieg zu eutlialten.
Die Sozialisten icuiun das ab; sie ant
warten: Die Verantwortung für das.
was in Italien vorgc ', kom c ch
ganz allein zu. Das Land wird euch
ir r Rechenschaft ziehen!'
Nun verlangt Salandra das Wort;
er sagt: Abgeordneter Piroliui l..,te,
ich hätte die Heeresleitung vor der Kam
mcr denunziert. Ich habe einzig ;...d
allein das Urteil der Hecresleituiig seilst
wiedergegeben." Dies Acuhernr' ent
fesselt im ganzen Hause auf allen B.'ii
sen einen unerhörten Sturm der Ent
riistung. , Selbst die bisher treucsten
Anhänger der Regierung schleudern
Salandra Insulten ins Gesicht und
schreien: Schweigen Sie! Hören Sie
en'.lich aus! Sie komprimittiercil hier
die Generale, die sich nicht verteidigen
können. Wenn es nicht geh!, wie ts
gehen sollte, so tragen Sie die eiiiiige
Schuld!' ' ?"azzoni ruft mit Stkntor
stimme: .Einer schiebt die Schuld im
mer dem anderen zu!' Lapcgua sagt:
Sie erweisen unseren Generalen einen
netten Dienst!, Der allgemeine EhoruS
brüllkt Rücktritt! Rücktritt! Abstim
mnng! Vors Gericht'.'
Nun ergreift der Führer der Sozia
listenparlci. Turati. das Wort und er
innert daran, daß dieselben Leute, welche
die Sozialisten einst wegen ihres Kamp
fes gegen das Kabinett Salandra Bei
tätet" und Ocstcrrcichkr" nannten,
heute dasselbe Kabinett Salandra ohne
Debatte stürzen wollen. KTl Sc '
samste ist' sagt er daß heute ge
rade diejenigen Salandra bei lebeudi
gern. Leibe verspeisen möchten, die ihn
gestern am wildesten in den Krieg hin
eingehetzt haben. EincS aber müssen
wir wenigstens bei Salandra ancrleu-
nen: tt hat sich nicht auch noch in den
Krieg mit Deutschland hineintreiben,
und, wie die Freiniauerci es wollte, zur
Absenkung von Hilfstruppci, nach
Frankreich bestimmen lassen. Tas hatte
1 Unheil Italiens vervollständigt und
den. Feinden ohne weiteres Tür und
Tor geöffnet.' (Beifall bei den Sozia
listen, großer Lärm in der übrigen
Kammer.) Turati schließt mi. der
Hoffnung, daß das italienische Bolk an
fange, die Augen aufzutun und zu den
ken. Zuletzt geißelt auch der radikale
RegierungiZparteilcr Allcssio das Bcr
halten der Regierung, die die Schuld
trage, wenn das Land heute tief nieder
geschlagen sei. doch hätten Kammer und
Land nur den Ereignissen ins Gestcht zu
sehen. Jedenfalls sei eS ein Elandal.
da nach einem Jahre des Krieges die
Heeresleitung nicht verstanden habe, den
feindlichen Angrisf auf die schwächste
Seite der italienischen Front vorauszu
sehen und ihm beizeiten vorzubeugen.
Die Regierung sei des Bollüvertrauenö
unwürdig. Tarauf erfolgte die Ab
stimmung, die den Fall SalandraZ her
beiführte.
Ehrengabe für Kaiser.
Kaiser Wilhelm hat ein Ehrengeschkük,
das der in Wien ansässige Perser
Mehdi Sassen, ein Künstler auf dem
Gebiete der Bearbeitung von Türkisen,
als Zeichen dankbarer Ergebenheit oller
Mohammedaner, ' in Gestalt eines gro
ßen .Talismans überreichte, angeiwm
mrn und dasür eine prachtvolle Busen
nadel mit seinen Initialen in Brillanten
übermitteln lassen.
- Obstemkochei, ohne ZZuckcr.
Da in diesem Sommer nur geringe
Zuckermengen zu Einmachzwccken zur
Verfügung stehen, verlieren altbewährte
Einkochrezepte ihre Gültigkeit. Bei der
in diesem Jahre voraussichtlich reichen
Obsternte ist ek die Pflicht einer jeden
deutfchen Hausfrau, möglichst viel Obit
uno ObstmuZ einzukochen. Die Land
wirtfchaftskammer für die Rheinpryvinz
hat daher ein Flugblatt herausgegeben,
da praktische Leitsätze über das Obst
einkochen enthält. Die Beachtung dieser
Leitsätze ermöglicht die Herstellung halt
barer Obsterzeugnisse auch ohne Zucker
zusgtz. Das Flugblatt wird Inkreisen,
ten; aus Wunsch von der Landwirw
schastskammer in Bonn, Vismarckjlcck.?
4, kostenlos übersandt.
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