X nni um l 1 I ' , . 1 r- t ' '.It"" O - (. r -l n . .- L Teutsches Marinelustschiff bei d Eins Erzählung Als ich darauf aiifpieltc, zuckte er tlfiithm'ülin Wi W.isTn nlrt 1-ftsrfipll p..iurilll4tl V IV 4VVlIM J. JlVIII )WW.II Umschwung, dcr Ktzthin bei ihm so häufig war, iCjicn iq )en Ween iqon wuw von höchster Anspannung zu träger Er schlaffung gewandt zu haben. Er philoso Phierte, und davor hatte er selbst mich ja gewarnt. Kaum noch spöttisch, nur gleich gültig sagte er: Wenn ich e wirklich kriege waj ist da! eigentlich? Leb ich esyaio eine 22 längere icqenn mir einer Czempowo afur zuriick? . Pumpt mir HerrCohn in Polajewo einen Tau sendmarkschein daraus? Illusion, mein Lieber, alle? Illusion I" Trotzdem ich ihn und feine Art doch ollmählich kannte, bekam ich einen roten Kopf und erwiderte ihm scharf. eS sei sehr traurig, dah er von einem unserer höchsten Symbole so zu reden wage. Mein Ton war deutlich genug, aber während er sonst mit heiterem Lachen und einem Scher, darauf antwortete, strich er diesmal über die Stirnhärchen und er widerte 'mit der' alten Gleichgültigkeit: i.Svmbole... och Gott, Symbole'. Das Vist e ja eben? Wo find Symbole ander MI Einbildungen? JlS . Ztotbehelfe. der Phantasie? Für den einen ist die Fahne ein Heiligtum, für den andern ein Lappen. Der Glaube macht hier, wie in der Re ligion, alle!. Und wenn man den Glauben nicht hat?" .Dann ist daS sehr traurig!" gab ich ihm, och immer ziemlich schroff, zurück. .Vielleicht.' nickte er. .Ich habe noch nie behiuptct. daß ti ein Vorzug ist.' Und er schüttelt halb für sich den Kopf: .Wie Sie sich gleich aufregen! Sie müssen mehr Zigaretten rauchen. Zigaretten be ruhigen fein. Ich reiche jetzt mehr alj je. Da geht der Rauch so sachte hin, hält sich inen Augenbilck als Wölkchen und ist der schwunden. Ein polnischer Dichter hat darüber ein Lied gemacht. Eigentlich ist alle! ebenso... alles gleichgültig. Kom men Sie her... ich drehe Jhncii eine PapiroS... ich bin viel duldsamer als Sie! Was sollte man da machen? Schließlich kam tl ist nicht darauf an, was einer für - . r fe r-, Annchten uver lierne reuzc der nur darauf, dak er Leistungen doll i rnMt. die ib der AuZzeichnuna würdig zeigten. . Nun, und über KrupskiS Lei stungen konnte wahrlich lein Zweifel ob- walten, Sr hatte mir, unv levem anoern Prediger mit Fug .antworten können: .Bevor ihr redet, tut mir doch erst einmal nach, was ich getan habe'.' Da wäre man, obwohl man ehrlich seiner Pflicht und Schuldigkeit nackziam, auf die einfachste Weise abgeführt gewesen. .-. '-. .. .,' Aber li blieb, trotzdem ich mir dies allcZ vorhielt, ein leises Unbehagen i mir zurück ein Unbehagen, da sich auch nicht minderte, als Krupski in er Woche darauf uns durch ein neues toll- ;:&.. tnmn mirfi miiitfiriftfl nickt ffl (UUIM.9, twi"' -? , wicktiacs Stückchen verblüffte. Ja. mein Unbehagen ward her größer als geringer. ;, ,'si?l k twas nickt. Diese lebten i abenteuerlichen Streicht hoben sich jäh aus einer wachsenden Ermattung uno Jnier ksstlesigkeit. Es war etwas Gewaltsames und Gcwolltcs darin, nicht mehr die naive, aus guigelauntem Egoismus fliehende Selbstverständlichkeit. Krupski .spielte f;rmli mit der Gefahr. Als ob sie ein , Reiz wäre, Hn Tag lang aus Zxsendeiner Laymung auspeu,a!ie. cves. vil aber dauerte die Lähmung hinterher ldkg?r. Bei dem wechselnden Vor und Zurück lagen wir oft in irgendeinem Stall owr sonstijiem Quartier iei:e an isene. Manchmal wickelten wir uns auch unter f fr'icm Himmel in unsere, Mantel. Da habe ich unser Krupski einmal ehrlich U meine Meinung gesagt. Krieg sei am Ende kein Sport. Und eS wundere mich. daZ n der das Leben doch für das Größte halte, es oft genug so leichtsinnig aufs Spiel setze. ' Aber er erwiderte achsehuckcnd: .Sie nehmen alles zu schwer. Unkraut v?rgcht nicht. Erinnern Sie sich, was mein Groß vater zu meinem Batcr sagte: Wer nichis hat. dem passiert auch nichts Nun also ... ti ist wirklich keine Besorg:,is vonnöten." t' Und d.r cnoifl gav ww -,' reckt. ' ;?o l:g' die Dina,. ,als wir Verstör.. "L erhielten -und nun daran dcnkk l S" ' - - .. , l, .'S !. rsj , ' " "i i v." ? ? " J , . V ' '-. n V ;' L Ausfahrt nach England Hclgaland üSerfliegettd. so aus dem Rriege. von lFortsehlmg.) konnten, ernsthaft mit den' Nüssen abzu rechnen. Es war die Zeit, als auf der Niesenfront im Osten die allgemeine An griffsbewegung einsetzte, die zuletzt zu so großartigen Ergebnissen fuhren sollte. Wir hatten sibirische Regimenter uns gegenüber, und man muß ihnen nachsagen, vag ie (ich glänzend schlugen. Da war besonders ein Wald, in dem sie sich festge fetzt hatten und aus dem wir sie trotz aller Mühe nicht herausbrachten." Zweimal stürmten wir vergeblich: viele brave Ka nraden haben dort den Tod gefunden. Wir waren nachher so erschöpft, daß wir Uns erst einmal ausruhen sollten. So wurden wir zurückgenommen und alö Re serve in ein Dorf hinter der Front gelegt. Dort erreichte uns seit Tagen zum ersten Male wieder die Feldpost. Krupski stand neben mir, cl8 sie verteilt wurde. Es hatte sich viel aufgesammelt, und bald war alles mit den Gaben und Grüßen aus dcr Heimat beschäftigt. Auch Krupski hatte einen Brief. Er ließ sich Zeit, ihn zu öffnen; er mochte sich denken können, was er brachte. Aber plötzlich höre ich neben mir einen seltsamen, kurz abbrechenden, wie mit Gewalt unterdrückten Laut, und als ich aufsehe, steht Krupski mit wunderlich auf gerissenen Augen da. Er zittert. Es ret ihn. als ob er aufschreien muß; er öffnet und schließt den Mund; wie unter elektrischen Schlägen zuckt sein Gesicht in jeder Muskel.' Als ich ihn anrufe, blickt er zu mir hin, wie wenn er sich erst besin neu müsse, wer ich sei. Da pack ich feinen Arm: .Was ist Ihnen, MenschenskindZ". Auch die Kameraden werden aufmerksam. Schon in der nächsten Selunde hat er sich wieder in der Gewalt. Er reißt sich zusammen. .Nichts." sagt er, gar nichts. Nein wirklich!" Aber ich schiebe meinen Arm unter den seinen, und wir gehen ein wenig weiter. f Ich habe da einen Brief belommen," spricht er unterwegs mit belegter, wie durch Anstrengung brüchiger Stimme. Er sieht sich nach den Kameraden um, und plötzlich geht er schneller und schneller. Bitte, kommen Sie! Bitte, kommen Sie mit!" - . Das war keine einfache Bitte mehr, das keit oder Verdammnis davon ab. Teufel ungemütlich. Aber ich blieb natürlich an seiner Seite. Ueber einen in kümmerlichen Ueberresten liegenden Zaun, dessen besserer Teil schon als Feuerung verbraucht war, traten wir in einen verwüsteten Obftgar ten. Nur vereinzelte Bäume standen noch unbeschädigt und aufrecht da. Aber es war hier wenigstens ruhig. Niemand war. sonst in, der Nähe. . . -, Da gab mir Krupski den Brief: .Lefcn Sie! ' - ' ' . Während er auf und ab, vor und zurück lief, überflog ich die paar Zeilen. Ich muß wohl verblüfft den Kopf ge schüttelt haben, denn mit einem Sprunge .ist Krupsli bei mir, packt mich wie mit Schrauben und sagt fast heiser: .- .Was steht darin? Lesen Sie lautl" ' Ohne Widerrede habe 'ich ihm den Willen getan. ES war die Mitteilung deö Lotterieeinnchmers, daß sein LoS in der jetzt, laufenden Maiziehung der preußisch' süddeutschen Klassenlotterie mit einem Gewinn von sechstausend Mark gezogen worden wäre und daß in zwei Wochen nach Ziehung'sende die genannte Summe unter den üblichen Abzügen gegen Ein scndiing des Hintcrlegungsscheincs zur Verfügung stünde. Fast mit jedem Worte, das ich las. schien sich die krampfartige Spannung in KrupskiS Wesen zu mildern. Jedes Wort trank er mir förmlich von den Lippen. Als ich die Zahl nannte, lösten sich seine Hände von mir, und er atmete tief auf. Also kein Wahnsinn." sprach er.... Sie sehen das auch, Sie lesen das auch, es ficht mit deutlichen Buchstaben da. es ist wahr." ' : Auch jetzt noch bettelten seine Augen unsicher flimmernd um eine Bestätigung. Aber als ich. vielleicht doch ein wenig neidisch, ihm erklärte, daß er ein .Schweineglück" hätte, wiederholte er die Summe wie sinnlus ein paarmal, und dann brach in ungeformtc .Lauten der Jubel ai!s ihm heraus, Trancil' schössen ihm in die Augen. Er schlug die Hände vor die Augen und hculte... ich kann es ' . - ' rv . . ..-(."-. , i 'X i ,. r ' .' . ,. VvVif.Or' v's?' o . 1 ' - . ' " . " " ' i v. ' ',' , - "fr f -rw ' , ' - l J , '11 , v, V , I f - i . - , , I' . t -.. i,-" , -., , ' .'. v . y 5 jr v i v , - "; Y A ' : ti ' V- vm-- '. ' i, . " f, :. ,; ,i , r f. f p,-:'- -:l - M- ,' V.A . ' ? r .:. , i-.... , -. . .. S':.,''- - - 1 - SV '.-t-. ..... iVr; :'wp.f Wf v; d , vt:-.-'' ( J " , , t W ,'' t ,H;AA 1 ll i avl Busse. nicht anders nennen...' heulte in Halb tönen vor Seligkeit. Sich bin verrückt," sagte er dazwischen, .nicht wahr?" Und als könne er ei nicht mehr ertragen, breitete er die Arme aus, sah umher, als suche er ein Ziel, und stürzte auf den nächsten Baum zu, den er aus- Leibeskräften schüttelte. Der Stamm bog sich, dcr Wipfel schwang wild hin und her, der ganze Baum schien die Beute jähen Sturmes zu sein'. - Keuchend vor Anstrengung ließ Krupski davon ab. Er lachte halb verlegen, als er mein verdutztes Gesicht sah. Einen 'Augen blick dachte ich wirklich, er sei plötzlich übergeschnappt. Sechzigtausend Mark nach allen Abzügen waren es ja eigentlich nicht viel mehr als fünfzigtausend waren gewiß kein Pappenstiel, und wenn, sie mir in den Schoß gefallen wären, so hätt ich mich gleichfalls wie ein Narr ge freut. Aber Krupsli... Krupski war von dem unverhofften Glück einfach umgcwor fen. Er war wie berauscht, er war nicht mehr der, der er gewesen war. Ich sehe es noch vor mir, wie er in halber Ekstase die 'geballten Hände hob und mich anschrie... so. als stünden noch Taüscnde von Menschen neben und hinter mir. O, ihr . . . ihr stammelte er wie rasend, .ihr könnt das ja nicht begreifen! Aber ich... alle Jahre hab Ich nichts anders gedacht und geträumt! Gut, man hungert . . . es ist nicht schlimm, man ge wöhnt sich daran. Aber kein Geld haben, kein Geld haben, das ist jämmerlich, das demütigt, das zerfrißt einen. Wo man Hinsicht:, alles ruft, lockt, bietet sich dar. Alles bettelt: Nimm mich mit! In den Schaufenstern stehen Äosen in hundert Farben; schöne Mädchen lachen einen auf der Straße an; Flaschen, gute, verstaubte, warten, daß man ihnen die. Hälse ab schlägt; und herrliche ' Städte, Serge, Meere wundern sich, daß man nicht zu ihnen kommt. Aber Man hat kein Geld! Man hat kein Geld, um das alles zu nehme, weil der Herr Großvater Un summen verjubelt hat. Wals soll man da tun? Erst will man mit, dem Kopf gegen die Wand rennen. Dann spielt man, und wenn man Glück hat. kann man vierzehn Tage oder vier Wochen leben, ohne -zu knickern. Bis das Elend wieder da ist! Psia krew, was ist daö ekelhaft! Nur Ber schwenden ist schön! . .Und nun, Herrgott! Herrgott!, ist das alles mein, und ich bin noch jung, ich kann das alles noch haben, ich kann mir Czem powo kaufen und reisen, und wenn ich will, kann ich einen ganzen Rosenladen plündern, und alle Meißen, roten, gelben einer schönen Frau vor die Füße fchüt ten!" Ganz außer sich war er. Er ial beinahe so. als hätte er nicht sechzig oder fünfzig Tausend, sondern ebenso viele Millionen gewonnen. Er schwärmte und phanta perte, lebte wie ein kleiner Fürst und streute mit seligen Händen daS Gold aus. Als ich ihn darauf aufmerksam machte, daß er seinen Gewinn doch wohl über schätzte, stritt er lebhaft dawider und er klarte mir (was aus seinem Munde doppelt komisch klang), daß alles auf die Einteilung ankäme. Ein wenig ging er mit seinen Ansprüchen auch herunter. Er würde es sich natürlich noch überlegen, ob er. Czempowo nun gleich zurückkaufe. Vorläufig hätte er nach jedenfalls hundert tausend köstliche Möglichkeiten. ES war ihm offenbar störend, daß ich rechnete, wo er schwärmte. Selt sam: dieser Mensch, der im Grunde doch bei der Einschätzung aller Werte sonst so skeptisch war. machte sich in diesem Falle künstlich blind und wollte nicht nüchtern sein. Es schien mir beinahe, als täte eö ihm leid, mir den Brief gezeigt zu haben. Er verstummte nun auch und bat. als wir uns trennten, nur noch, den Kameraden nichts zu fagen. Das versprach ich ihm. In der Stille und ganz für mich selbst habe ich hinterher noch manche Viertel' stunde über Krupski nachdenken müssen. Ich hatte noch niemals einen Menschen gesehen, auf den der Besitz mit. solch ausschließlichen Leidenfchaftsmacht wirkte. Ja. ich hätte früher solchen Menschen, wenn mir einer davon erzahlt hätte, wahrscheinlich glatt verachtet. Aber bei Krupöki war es damit doch nicht getan. So sehr er mich immer wieder befrein Vgl'j Omsha Ztttht , . . V(C ' ? - ; - KV'' ' v ' "" x "X : -. t Ai'CVVw .w.ir.... asakenangnff. dete. so sehr bewegte und rührte er mich auch. Vielleicht, weil er das tote Geld im Augenblicke sozusagen in Schönheit und Leben umsetzte. Eine ungestüme, lechzende Genußgier berauschte ihn; sie hatte etwaö von dem maßlosen Begehren eines KindeS. Und unwillkürlich sagte man sich: was muß seine Natur bc! solchen Anlagen nt Kehrt und gelitten haben - gelitten durch die Unmöglichkeit, sich jemals ungehemmt ausgeben zu können! Ich denke mir, es müßte ganz ähnlich sein, wenn man mich, den Bücherwurm und Nachkommen einer langen Bcamtenreihe, von den Büchern und den klaren Verhältnissen eines geord neten Bürgcrdaseins abgesperrt hätte. Erst jetzt verstand ich eigentlich ganz un mittelbar, weshalb Krupski. dem Vater und Mutter ziemlich fernstehen mochten, ewig mit ollen feinen Gedanken in Liebe und Haß um feinen Großvater kreiste. Der Großvater hatte noch etwas Ganzes und Einheitliches sein können, aber indem er sich rücksichtslos ausgelebt hatte, hatte er den Enkel gleichzeitig zu einem Tan tolus'Schicksal verurteilt. Alle seine Lei denschaften und Neigungen hatte er ihm vermacht, nicht aber mehr die Mittel, sie zu befriedigen. So mußte unser Krupski wohl zwiespältig werden und wirken, doch es sprach für die Unverwüstlichkeit seiner Natur, daß er noch immer so viel forsche Lustigkeit aus dem Zwiespalt , gerettet hatte. Dcr Skeptiker und Spötter war, wofür ich eben das beste Beispiel erhalten hatte, auch ein heimlicher Phantast, und sowie er Möglichkeiten sah, schoß feine Phantasie dahin wie ei lange gehemmter Nenner, der endlich freie Bahn bekommt. An ganz bestimnüe Ziele' hat er schwerlich gedacht. Ich zweifle selbst, daß es ihm mit Czempowo völlig Ernst war. Mit dem Namen des verlorenen Gutes nannte er wohl nur iine vage Sehnsucht, die aus irgendeinem sentimentalen Eckchen seines Herzens stammte und mit der er sich selber liebenswürdig betrog. : - Die . Kameraden hockten an diesem Ruhetage herum und lasen die ringe troffenen Zeitungen, , die zwar ein paar Tage alt waren, aber doch von der Welt daheim Kunde gaben. ' Ich vertiefte mich gleichfalls in eins der Blätter. Steht noch nichts von Frie den darin?" fragte Krupski. der dazu kam. 'Ich schüttelte nur den Kopf und gab ihm, waö ich schon gelesen hatte. Nachts schliefen wir zu dritt in einer kleinen Stube. Die Fenster standen offen, denn die Nacht war warm und leicht dunstig. Krupski hatte sich noch einen Arm voll Stroh geholt und schüttete sein Lager höher auf. Wenn nur dieser langweilige Krieg erst, zu Ende Kare!" brummte er. Ich habe ihn noch getröstet: vorläufig hätten wir ja Ruhe. Aber er antwortete nicht. Aus der Ruhe ist dann leider doch nichts geworden. Im Gegenteil: wider Erwarten wurden wir schon um dreiund einhalö Uhr des Morgens alarmiert und von neuem nach vorn gezogen. Der Wald, in dem sich die Russen festgesetzt hatten, sollte unter allen Umständen genommen werden. Unsere Artillerie war schon an der Arbeit; sie lenkte das Feuer der feind lichen Geschütze auf sich. Stundenlang ging es über unsere Köpfe, und da wir wußten, was uns bevorstand,' war die Stimmung 'ernst. Auch Krupski, der gerade in solchen Lagen immer einen Witz oder eine schnoddrige Redensart bei der Hand hatte und auf diese Weift manchmal befreiend wirkte, blieb heute still. Ich drehte mich nach ihm um und nickte ihm zu. Da hatte er ein merkwürdiges, wie festgesrorenes Lächeln um die Lippen später dachte ich: wie Kinder, die nicht weinen wollen. Das Warten war übrigen! auch schreck lich. Die Offiziere sahen nach der Uhr; wahrscheinlich. sollte dcr Angriff gleiche zeitig auch auf den Nachbarfrontcn vorge tragen werden. In weit auseinander! zogencn Linien wurden wir endlich zum Sturm angesetzt. Denn wir hatten eine ganze Strecke freies, nur von hohem Un kraut überwuchert! Feld vor uns, das so gut wie gar keine Deckung bot. So gingen wir sprungweise, in weite,, Abständen von Mann zu Mann. vor. lagen dann wieder glatt an die Erde geschmiegt, wur den von einem Kommando jäh aufgerissen, um ein paar Meter weiter den Boden noch inniger zu bedrängen, und kamen unter dem wütenden Feuer der Russen schließlich an den Wald heran. Als wir ihn erreicht hatten, war das Schlimmste überstanden. Der Feind zog eö vor, kämpfend zurück zugehen. Aber die Feldstücke hatte viel Blut ge kostet. Und obwohl daS berauschende Gefühl daß wir. vorwärtsgelommen waren, und daß man. selber heil und lebendig den Kai?.pf überstanden hatte, J - . jeden zuerst so auSsllllte, daß kaum ein flüchtiger Gedanke den minder Glücklichen galt, so griff es mir doch jäh an Herz, als ich hörte, daß unter den fehlenden Leilten auch Krupski war. An meinem Schreck merkte ich eigentlich erst, wie nahe er mir im Laufe der letzten Wochen ge kommen war. was ich vor mir selbst nie mals hätte wahr haben wollen. Zivci Leute hatten ihn fallen sehen schon bald nach dem ersten Sprung auf... marsch! mgrsch!" Kaum ein paar Schritte hatte er getan, da war er lautlos gestürzt. Ob er tot war, oh nur verwundet, wußte niemand. Da sind wir ihn suchen gegangen ... ich und zwei andere Kameraden. Doch er kam uns selber schon eingcgen, etwas unsicher noch und taumelnd. Ja, es stellte sich zu unserer Freude bei näherer Untersuchung heraus, daß er überhaupt nicht verletzt war. Nach feiner Erzählung hätte er bald nach dem Aufspringen plötz lich einen kurzen, heftigen Schlag oder Stoß perspürt, und mehr wisse er selbst nicht. Erst vorhin sei er wieder zu sich gekommen. Er hätte gar keinen Schmerz, nur noch eine wunderliche Benommenheit. Der Fall war merkwürdig genug, aber man erlebt im Felde viel Unerklärliches. Ich weiß, daß man Leute aufgelesen hat, die nicht die geringste Spur einer Ber wundung zeigten. Dennoch waren sie tot. Unzweifelhaft tot. Um so besser, daß es bei Krupski glimpflicher abgelaufen tüar. Fast im Triumph haben wir ihn ange bracht, und die Freude war groß. An seiner Leiblichkeit hatte er also keinen Schaden gelitten. Nur etwas stiller war er. Er sprach am Abend davon, sur kurze Zeit Heimatsurlaub zu erbitten. Aber er hatte selber kein rechtes Zutrauen zur Erfüllung feines Wunsches. Wenn man eS recht bedachte, war er ja auch wirklich erst verlaltnismäßig kurze Zeit an der Front, und wir hatten genug Leute, die schon seit Kriegsbeginn mit taten, ohne die Heimat seitdem wieder gesehen zu haben. Außerdem wurde jetzt, wo die OfsHisive von den Karpathen bis zur Ostsee im vollsten Gange war, jeder Mann gebraucht. . Er konnte ,s sich demnach an den fünf Fingern abzahlen, iiß er keinen Erfolg haben würde. Aber er war dann doch verärgert oder vielmehr verstört, als er den ablehnenden Bescheid , erhielt. Ich hatte erwartet, daß er schimpfen und den ganzen Militarismus in Grund und Boden verdonnern würde, doch sein Mundwerk, das sonst so leicht und schnell lief, blieb siumm. Er rauchte nur eine Zigarette nach der andern, und während der nächsten schweren Tage sah ich immer wieder, wie er den Tabak zwischen den Fingern rollte. Ich bilde mir heute ein. daß es mit einer unruhigen Hast geschah, aber man legt sich später ja viel zurecht. In diesen Tagen, in diesen schweren Tagen haben wir die Russen von Stellung zu Stellung getrieben. Mit einer fabel haasten Zähigkeit setzten sie uns imm'er neuen Widerstand entgegen. In der Ge ländebenutzung, in der Verteidigung ge schickt gewählter und vorbereiteter Stel lungen waren sie geradezu Meister. Kaum hatten wir sie irgendwo hinaus geworfen, so saßen sie zwei, drei Kilo meter weiter schon wieder in irgendeiner vorzüglichen Deckung. Ja, sie stießen da zwischen auch immer wieder einmal vor und wagten selbst Nachtangriffe, so daß wir verteufclt auf dem Posten sein mutz teu. Krupski war während dieser Zeit son derbar. Sein ganze Wesen schien sich umzudrehen. Ich glaubte zuerst, er baue heimlich an seinen Luftschlössern und lebe schon in Tagen, die ihm alle Wünsche er füllen sollte. Aber dazu war ix eigentlich zu gedrückt. Er sprach auch niemals mehr von seinem Gewinn; . ganz gegen seine frühere Art sprach er überhaupt wenig. Wo war die unbekümmerte Offenheit ge blieben, die mich häufig genug verblüfft hatte? Nur für da Nächste hatte er noch Sinn: wa morgen sein würde, und dann: ob noch immer keiner an Frieden dächte. - Auffallender war etwa anderes. Es gab natürlich gerade jetzt Tag für Tag Aufgaben, zu denen man kühne und in telligente Leute brauchte. Nun hatte sich Krupski, wie gesagt, von jeher besonders bei gefährlichen Erkundigungen bewährt, und wenn dazu Freiwillige aufgerufen wurden, war e allmählich fast schon Tradition, daß er als Erster vortrat. Aber wie mit einem Schlage war e jetzt auch damit vorbei. Da! erstemal konnte man noch klauben, er hätte die Auffor derung überhört. Doch als er jetzt bei allen solchen Gelegenheiten ruhig im Gliede blieb, gab es rings' ein heimliches Vcr wundern und Kopfschüiteln. Halb er "i' I l'ö (r f f i I I j : " ' I - I. . ' ' i . s . . ".- .'. . f- ' k:- ; i. , ' z - - J - i ' y I - f ' I v Straßenchpen auS Uiörz: Wäscherinnen staunt, halb fragend streifte ihn der Blick der Leute, der Kompagnieführer selbst schien in wichtigen Fällen manchmal geradezu auf ihn und seine Meldung zu hoffen. Vergeben. Und das hatte all mählich etwas Peinliches, etwas Beklem, mendes. Unwillkürlich glaubte man sich berechtigt, von ihm, der nicht umsonst das Fkreuz trug, etwas anderes zu erwarten. Trotzdem hat ihm keiner ein Wort ge sagt. Wir hatten einen sehr vernünftigen Hauptmann, der sich fein Teil denken mochte. ES geschieht nämlich öfter, daß tüchtige Leute, die lange draußen waren und Schweres bestanden haben, mit einem Male müde, mürbe und lässig werden. Sie sagen sich dann wohl: Wir haben es nun lange genug gemacht, jetzt mögen es einmal die anderen tun! Das ist mensch lich, und erfahrungsgemäß geht dieser Er schlaffungsZustand bei den meisten nach einiger Zeit wieder vorüber. Krupski stand allerdings noch nicht ein Vierteljahr im Felde, aber er hatte doch schöne Leistungen hinter sich, und da er überhaupt zu den Menschen gehörte, die sich ungestüm in. alles Neue hineinstürzen, aber bald den Spaß daran verlieren, war es am Ende kein Wunder, wenn er jetzt einmal aus setzte. Das schob sich in Kürze wohl ganz von selbst zurecht. ' . So ungefähr mochten die Offiziere, so such die Kameraden denken es machte keiner deshalb den Mund auf. Selbst ich, der Krupski vielleicht am besten kannte, hätte solcher Erklärung damals wohl zu gestimmt. Aber eine geheime Beklemmung lag wie ein Bann auf mir. Sie wuchs eigentlich von Tag zu Tag, als wq hier etwas nicht in Ordnung, Und eines Nachts bin ich aufgewacht, als sähe mich einer an. Es war nichts. Die Kameraden schlie fen im Stroh. Einer warf sich unruhig. Einer stöhnte im Traum. War das Krupski? Ich wollte nicht an ihn denken, doch es zwang mich etwas, da stärker war. Ich sah ihn vor mir, wie er uns kürzlich, als wir den Wald genommen hatten, etwas unsicher entgegenkam glücklicherweise unverletzt - merkwürdigerweise unver letzt Und wie ein Blitz hat mich dcr Gedanke durchzuckt, daß dies alles schon Komödie war. Ekelhaft war der Gedanke. Er fiel mit mitten in das kurze, nächtliche Wachsein hinein. Er ließ sich nicht scheuchen. Und ols ich mich vor mir selber geschämt, ob ich ihn mit dem Willen auS meiner Nähe verbannt, ob ich mich selber wahnsinnig gescholten habe, fern' irgendwo wartete dieser Gedanke auf einen unöewachten Augenblick, um sich von neuem einzu schleichen und von mir Besitz zu nehmen. Als müßte ich mir selber das Unsin Nige und Niederträchtige der Vorstellung beweisen, habe ich Krupski von da an beobachtet und belauert in halber Singst in Neugier und Mißtrauen wie einen Freund der Feind. Und immer stärker drängte sich mir das Gefühl auf, daß eö sich bei ihm nicht um jene vorüber gehende Kriegsmüdigkeit handelte, die schließlich jeden einmal befallen kann. Wäre er unlustig gewesen! Hätte, ge raunzt und geschimpft! Hätte er unter Fluchen mitgetan! ' Aber es war etwas anderes. Es war schlimmer. Oder sah ich nur so über scharst? Legte das einmal erwachte Miß trauen auch harmlose Dinge falsch und übertrieben aus? Es waren ja alles nur Kleinigkeiten, auf die ich stieß. Keine an sich erzählenswert, jede einzelne unbedeu tend, jede einzelne vielleicht von Zufalls charaktcr. Aber aufgerechnet ergaben sie eine Summe, alle zusammen waren sie kein Zufall mehr. ' Weiß Gott, ich habe es noch immer nicht glauben wollen. Ich habe mein Miß trauen, das neben einer unbestimmten Teilnahme einherlief, erwürgen wollen. Ich habe mir nicht zu denken erlaubt, was mir doch von Stunde zu Stunde deut lich war. Eine seltsame Verwirrung und Aufgcwllhltheit war in mir: Freundschaft. Sorge, Zorn, Scham. Verachtung, die manchmal zu stiller Empörung schwoll. Da lief er herum, dieser Krupski, lief herum mit dem Kreuz, auf das wir alle eigentlich noch stolz weren, und benahm sich ... benahm sich... Ja. wie soll ich daS sagen? Ich habe daS brutale Wort lange vor mir selbst gescheut. War es nicht ein Wahnsinn, es gerade auf ihn anzuwenden? Stellte man da nicht alle Begriffe auf den Kopf? Aber es half nichis: wie er sich benahm. daS war feige, feige! Er drückte sich in aller Stille, wo er irgend konnte. Drückte sich in einer jämmerlichen Weise, wie sie gerade ihm am allerwenigsten erlaubt war. W'M? tffW--Wf'St-iS - , f im eifrigen Gespräch. Und hier ist mir immer ein rätselhafl und unverständlich geblieben. Mein Himmel, einem Menschen v,w seiner Uebcrlegenheit und Komödiant, geschicklichkcit stehen schließlich auch beim Militär mancherlei Wege offen, uin aus gute Art aus der Front zu kommen, fti es ins Lazarett, fei es auf irgendein war mes und behagliches PLstchen, auf dem man nicht gefährdet ist., Wenn Krupski-, also, von allen ängstlichen und feigen Trieben seiner seltsamen . Mischnatur plötzlich unterjocht, es darauf abgelegt hätte, sich in Sicherheit zu bringen, so hätte gerade er bei einig Vorsicht nicht einmal Verdacht erregt. Denn was er geleistet , hatt, , war uns doch allen noch frisch in Erinnerung. Aber er gab sich osfenbar nur geringe Mühe, sein Verhak ten zu bemänteln. Ob dabei die Gleich gültigkeit mitsprach, die er gegen das Ur teil der übrigen Menschen empfand; ob er so von einer einzigen Idee besessen war, daß alles übrige zurücktrat und keinen Wert -für ihn hatte; ob er vielleicht in seiner Art doch viel ehrlicher war, auch in den häßlichen Schwarkungen seiner 5!atur ehrlicher und unbekümmerter, als unser einer sich vorstellen kann. darüber bin ich mir bis heute nicht ganz klar geworden. - Mehr .18 einmal habe ich mit mir ge rungen, ob ich ihn nicht aufschütteln sollte ihn anschreien und anblasen wie einen, Mondsüchtigen! Aber ich habe mich gc -schämt. Alles andere, schien mir, kann man einem Manne leichter sagen. Und immer auch noch ine letzte Hoffnung: er wird es selber fühlen und sich hoch reißen! Er muß. ja xot werden, wenn er sein Kreuz an. . sieht! , - Hätte ich ihn damals ganz allein ge habt wie früher manchmal wer. weiß, ob ich Tiicht doch gesprochen und ihm einen moralischen Rippenstoß versetzt hätte! Aber ebenso wie er mich früher gesucht hatte, schien er mich jetzt zu meiden. Gerade als wäre es ihm leid, daß er mir den Brief gezeigt hatte. Und ich selbst konnte mich auch zu keiner Harmlosigkeit zwingen. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. Das geht wir immer so und ist wohl in Erbteil aus empfind sam Jünglingszeit. Als ich einmal ein Dienstmädchen meiner Muiter, das uns nach aNen Ecken und Kanten bestohlc hatte, zur Rede stellen und aus dem Hause weisen sollte, d war ich sicherlich verlegener als das Frauenzimmer. Die Kameraden waren immer noch harmlos. Erst als Krupski bei einer klei nen, kaum der Rede werten Plänkelei wieder eine zweifelhafte Rolle spielte, bc gann der eine oder andere stutzig zu wer den. Sie wehrten sich wohl zuerst gegen den Verdacht wie ich, sie brummten und schüttelten den Kopf, sie sprachen in A-- deutungen' davon, und allmählich wuchs ein Raunen und Reden im ganzen Zug. Alles noch heimlich... aber man konnte fast beobachten, wie es weiter drang, wie auch die Vorgefetzten allmählich miß trauisch wurden. Es war schrecklich. Ich hatte das Ge fühl, als ob ejwas über unö schwebte, sich ' auf uns senkte, uns bedrückte' etwas, das doch niemand anzufassen wagte. Der Zugführer blieb vor Krupski stehen. Ich sehe noch sein mager 'gewordenes, energische? Gesicht mit dem Durchzieh. .Sind Sie krank?" fragte er. Mir war. als wäre es lautlos still, als hielte jeder den Atem an. Das Herz begann mir zu klopfen. - ' - Einen Augenblick schien sich Kurpski zu besinnen. Hätte er ja gesagt! Ich glaube, nicht nur mir wäre ein Stein vom Herzen gefallen. , . Ab Krupski sagte nein. Unbegrcif licherweife! Der Leutnant hatte es Wohl nicht er wartet. Ich sah. wie sich seine Lippen fester Glossen. Er hatte etwas auf der Zunge; e zuckte leicht um' seinen Mund, als wollt er noch ein paar Worte hinzu setzen. Und ich nein, jeder e'mjelne fühlte und hörte die Worte förmlich, die er nun halblaut sagen würde, die Worte: Dann nehmen Sie sich vielleicht etwa! zusammen! Aber er sagte sie nicht. Zögernd Kandis tt sich und schritt weiter. Da war am Vormittag de 11. Juni. Am Spätnachmittag liefen wichtige Mel düngen und Befehle ein. AuS mancherlei Anzeichen schlössen wir, daß etwas im Gange war. Aber die Nacht blieb ruhig. (Cckwtz folgt. . ' Das erste Utlaniische Kabel wurde im Jahre IW8 iit Betrieb gesetzt. Die Wissenschaft hat nur bei dem Bestand, der weiß, daß er nichts weiß. Kräfte lassen sich nicht mitteilen, sondern nur wecken. . . '