Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, July 10, 1916, Image 4

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Tttglicho Oinaha Tribüne, Montag, den 10. Juli 1910. - Seite
Tagliche Wmaha Tribüne
tejbuns Publishing ca, val. j. peteu, rridit
1311 Howard Str. Telephon! TYLER 310 Omh. Nebruka
P Urtnta. It, Braxtdi
EaaUrn a&d Wwtora IUpmBtiUir
HOWAJU) C HOBT
UC3 fWk Art. Eid., Nw Trt
24 Axck Btr, rM!ü!pM
604 Pop!M Gu Bldr, CUcaj
$rcii M taarMarf; Tnrch dr
Post per Jahr 51.00. Preis bt
bezahlsng, per Jahr $1.50.
w matter IC Itlj, th pMttf'J at ümA, ÄraM
, iil rf Cowgr. trt lV
Cmalja, Nebr., 10.
Neuer deutscher Triumph zur See.
iTfficieucii", das Wort, mit dem man hier sa oft und gern prahlt,
und daS sich leider bei der kürzlichen Modilisicruiig der Miliztruppm
wieder als ein Begriff bewies, an dem es un hier viel zu sehr mangelt,
die Teutschen haben mit dem Handelstauchboot .Deutschland", da
gestern in den Hafen von Baltimore einlief, wieder einmal bewiesen, daß
ihnen dieser Begriff nicht abgeht, sondern daß sie ihn im größten MaK-
stab besitzen. '..,,
Von allen Problemen und Rätseln, welche die Teutschen seit Beginn
des ttriegcs der ganzen Welt zu raten aufgaben, ist die Heranziehung
deS nur als Angriffswaffe gedachten Tauchbootes zum friedlichen Handel
wohl daS Bedeutendste.
Vor allen Tingcn fällt einem hier wieder der Unterschied auf, mit
welchem Deutschland etwas inS Werk setzt, oder die Alliierten und leider
auch die Wer. Staaten. Hier lautes in die Welt hinaus Brüllen, daß
man etwas zu tun, dah man eine große Entdeckung zu niachen beabsich.
tigt, und hinterher nur zu oft ein furchtbarer Neinfall und ein böses Er.
wachen aus einem schönen Traum, der eben nur ein Traum blieb.
, In Deutschland hingegen zielbewußtes Vorangehen, ohne rechts oder
link zu blicken, ohne viel Worte zu machen, um einfach mit der fertigen
Tatsache vor die Welt zu treten und zu zeigen, was man geleistet und
vollbracht hat.
Eine solche Leistung, welche der ganzen Welt die höchste Bewunderung
ablocken muß, ist die gestrige Ankunft des Handclstauchbootcs Drnisch.
land". Wenn schon die amerikanischen Zeitungen aus dem Häuschen a
rieten, als cs einem deutschen Tauchboot gelungen war, dem König von
Spanien ein Handschreiben deö Kaisers zu überbringen, mit wieviel grö.
ßerer Hochachtung müssen sie von der kühnen Tat dieser deutschen See
leute sprechen, welche sich durch eine ganze Welt feindlicher Schiffe hin.
durch geschlichen, um uns die so sehr benötigten und von England vcr
botenen Farbstoffe und Chemikalien zu bringen.
In uns wird jedoch aufs Neue die Zuversicht groß: Ein Volk. daS
derartige Leistungen zustande bringt, kann nie und nimmer besiegt werden.
Sie Zlrbeiterfrage. 2.
Die moderne Arbeiterfrage ist eine brennende gewordm mit der Cnt
stehung der Großindustrie, die erst den beruflichen Arbeitcrstand schuf.
Gleichwohl hat es zu allen Zeiten eine Arbeiterfrage gegeben. Im Alter,
tum gab es freilich keine Arbeiter im heutigen Sinne. Griechenland und
Rom kannten anfänglich keine freien Arbeiter. Die Arbeit wurde von
Sklaven verrichtet. Aber die blutigen Sklavenkriege jener Zeiten waren
im Grunde nichts anderes als die ersten Versuche, jene Arbeiterfrage zu
lösen. Im Mittellter sind die Kämpfe der Gewerbe gegen die Patrizier,
die Aufstände der Bauern gegen die Ritter und Städte, die ganze Leib,
eigenschaftsfrage als gewaltsame Versuche zur Lösung der Arbeiterfrage
anzusehen. Auch unser Bürgerkrieg 186163 war bis zu einem ge
wissen Grade ein Kampf um die Arbeiterfrage; freie intensive Arbeit ge
gen errenfive Sklavenarbeit.
So lange eS Serren und Knechte gibt, fa lange besteht auch die Ar.
beiterfrage im weiteren Sinne. Sie
bestehen, wo zwischen Herren und Knechten exn patriarchalisches Verhalt,
nis gepflegt wurde, wo der Knecht gewissermaßen als Glied der Familie
betrachtet wurde, mit am Tisch des Herrn saß und aß, wie eö in den
alten Bauernfamilien und bei den Handwerksmeistern Sitte war. Erst
dann, wenn dies patriarchalische Verhältnis sich löste, wenn der Arbeiter
mehr wurden, wenn die Herren sich im Gefühl ihrer sozialen Ucberlegen.
heit von den Knechten absonderten, diese ihre eigenen Behausungen be
ziehen ließen, mit einem Worte: als der soziale Unterschied sich bemerkbar
machte, entstand die Arbeiterfrage. Sie ist also recht eigentlich die So
ziale Frage".
1864 schrieb P. Smith eine Broschüre über Die sogenannte Arbeiter
frage", ein Beweis, daß man damals die Arbeiterfrage noch garnicht recht
erkannt hatte. Doch allmählich rüttelte diese sogenannte" Arbeiterfrage
die Selbstzufriedenm auf und klopfte an die Türen der Gesetzgebung.
Das war, als die Großindustrie entstand und mit ihr, durch sie, der Stand
der beruflichen Arbeiter. Heute bildet die Gruppe der gewerblichen Ar.
beiter in den Großbetrieben der Fabrikstädte die Kemtruppe im Kampfe
zwischen Kapital und Arbeit. Mit ihr laufen die in ihrer Existenz bedroh,
ten Klcingewerker, kleine Privatbeamtcn usw.
Als mit der Großindustrie der berufliche Arbeiterftand entstand, er
gaben sich naturgemäß große Mißstände, da mit der rapiden Entwicklung
der Großindustrie die soziale Entwicklung nicht Schritt halten konnte. Da
durch, daß zu gleicher Zeit, da sich die soziale und wirtschaftliche Lage der
Arbeiter verschlechterte, ihre politischen Rechte erweitert und sie politisch
den Großen gleichgestellt wurden, wurden sich die Arbeiter ihrer Macht
bewußt. Sie begannen ihre Forderungen zu formulieren und auf deren
Erfüllung durch die Gesetzgebung vermöge ihrer numerischen Macht, am
Stimmkastcn zu drängen. So entstand die deutsche Sozialdemokratie,
ganz einzig in ihrer Art als politische Partei und !auch nur mögsich in
einem Lande, wo die allgemeine Wehrpflicht herrscht.
Die Großindustrie war nur möglich geworden durch die Erfindung
und Einführung der Maschine. Gegen diese richtete sich ansangs die Wut
der verständnislosen Arbeiter, die glaubten, durch sie verdrängt und über
flüssig gemacht zu werden. Es gab Aufstände, in denen die Arbeiter
sinnlos ihren vermeintlichen Feind, die Maschine, zertrümmerten. Aber
mit der Zeit kämm sie zur Erkmntnis, daß die Maschine im Grunde ge.
nommen der beste Freund der Arbeiter ist. In der Eisenindustrie na
inentlich, wo schwere Lasten bewegt werdm müfsm, übernahm die Ma
schine alle schwere körperliche Leistung. Wer heute in solch eine Fabrik
oder Gießerei geht, staunt Über die wundervolle Exaktheit der Leistungen
dieser Maschinen. Auch die Angst der Arbeiter, durch die Maschine der
drängt zu werden, war völlig grundlos, dmn die Maschine brauchte die
menschliche Hand noch immer zur Beaufsichtigung und Regelung. Zwar
behauptete man noch bis in die letzte Zeit, daß der gelernte Arbeiter durch
die Maschine verdrängt werde, aber auch das ist falsch, denn gerade die
Maschine mit ihren empfindlichm Teilm verlangt geübte Arbeiter. Solche
iverdm immer verlangt, denn mangelhafte Bedimung solcher kostspieligm
Naschinm bedeutet Zeitverluft und Geldverlust.
Gerade hierin hat die deutsche Industrie vorbildlich für alle anderen
Nationen gewirkt, indem sie ihr Hauptaugmmerk daraus richtete, sich
nnm Stamm geübter, gelernter Arbeiter zu schaffen. In der gewaltigen
Weltkonkurrenz konnte sich die deutsche Industrie nur dadurch behauptm.
daß sie die bestm gcübtestm Arbeiter sich heranzog, diesem Interesse an
der Maschine und derm Erfolge beibrachte. Dies ist eine der ersten Auf.
gabm in der Lösung der Arbeitersrage. Dr. G.
Verleg erhohen ihre Preise.
Leipzig. 10. Juli. Die Vcr
einigung der deutsch m Verleger und
Buchhändler hat beschlosst, dm
Engrospreis für Bücher und Zeit
fchriftm um 10 bis 20 Prozent zu
nhöbm. Weser Schritt wurde durch
die hohen Preise von weißem Druck
apier und die gesteigerten Arbeits
löhne nötige
Sech Mm Nntonnfall geMet.
Cunbury. Pa., 10. Juli. Gor
0öti m C Ar
TrSger, per Woche 10; dnrch die
Wochenblatts: Pei strikte, Sora
Jli 1916.
bestand ' nur da nicht,-konnte nicht
don Neidig und dessen Pier Kinder
sowie dessen Chausfeur. I. B.
Boyer. fandm gestern den Tod. als
ihr Automobil von einem Bahnzug
erfaßt wurde. Das Unglück ereig.
ncte sich in nächster Nähe der Stadt.
Senat bestätigt Fanning Ernenng
Washington, 10. Juli. Der
Bundessenat bestätigte Samötag die
Ernennung Charles E. Fannings
zum Postmeister von Omaha.
Fit Krücke zum fcbtn.
( Vvn Hkdwig von Puttkcimtt.
I Die Juüsvnne war untergegangen.
Oer Avendhimmci flammte in pur
vurne Gluten unter einer schwer
lastenden Wolrenmane, deren unteren
Wand er mit Eold säumte. Die sieben
Uralten Eichen, die nach dem Pari
hin das schmucke, weiße Eutöhaul
tchiltzmd bewachten, waren rosig
burckalübt und hoben sich in seiner
Zeichnung gegen den Himmel ab. Auf
der Terrasse soßen zwei Da..en,
schweigend, schauend, sinnend.
Unten wurde ein fester Schritt
borbar. der Geruch einer Tabatt
t seife drang unangenehm zu den bei
den heraus und weckt ue au ihren
Krdurnemen.
.Aeh! Pfui!' sagt die altere, der
ondtrn eine Art hilfeflehenden Blick
uwerfend. Die nickte und zuckte die
Achseln, als wollte sie sagen: .Es
hilft doch nun mal nichts, man muß
ertragen.
.Ich will's aber nicht haben, we
ügstens im Hause nicht!" sagte Frau
iotie ärgerlich, sprang von der Bru
tung tjtxab, ordnete ihr vom Abend
Kind zerzauste Haar und fuhr fort
Kümmern Sie sich mal statt memer
im Abendbrot, liebe Trubel, Sie
oissen ja. wie er't liebt. Ich will ihn
rst auch noch ein bißchen anöden!
Lachend ging sie' hinein, und bald
ballte daS ganze Haus wider von im
Kortiffimo gerasten Tonleitern, bis
neu Wegolot, der Hausherr, den
Kiener heraufschickte: .Die gnädige
ssrau möchte doch mit lieben aufhö
ten."
Die Stimmung beim Abendbrot
fr doller Spannung und gereizter
IS gewöhnlich zwischen den Eheleu
ten. Fritz Wetzoldt war Westdeut,
scher, schmerfällig und dickköpfig, wie
alle Westfalen. AuS ganz kleinen
Verhältnissen durch eigene Tüchtigkeit
nIS Maschinenbauer zum reichen
teann geworden, hatte er eS sich ge
leistet, sich zugleich mit einem Ritter
gut in der Mark auch eine Frau zu
besorgen, die ihm ebenso Luxusgegen
stand war wie .die Klitsche", in die
jr jährlich große Summen hinein
steckte. Er gehörte zu jenen Männern,
die eine Frau erst ernst nehmen wol
sen, wenn sie auf dem Totenbett liegt,
xder wenn sie ihr vor dem Eheschei
dungsrichter gegenüberstehen. Er
konnte eS sich leisten, ein armeS Ma
bei zu beglücken nun war eS ih
ferfeitS nicht mehr als verdummte
Pflicht und Schuldigkeit, von früh
is spät für ihn auf dem Posten zu
sein, seinen Haushalt zu führen, gut
iu kochen, das war ein sehr wichtiger
Uunkt, und seine etwas faulen, aber
utgememten Liebkosungen in dank
ar eheftaulicher Unterwürfigkeit lic
enswürdig hinzunehmen. Er Ina
eine Zeitung, auch mal ein landwirt
chaftlicheö oder maschincntechuischeS
3uch, es fiel ihm ober nie ein, mit
einer Frau irgendeinen Meinungs
sustausch herbeizuführen. .Wciber
röcke gehören nicht in eine Fabrik !"
Damit schlug er ihr ihre Bitte, in
!os Geheimnis seiner großen Maschi
lenfabrik eingeführt zu werden,
undweg ab, und es war nicht ihre
lrt, zweimal zu bitten.
' .Lange Haare, kurzer Verstand!"
Pal war so einS von seinen spöttisch
überlegenen Sprichwörtern, mit de
!'en erihre Fragen über Politik ab
chnitt, wenn sie einmal versucht hat
e, ihm geistig etwas näher zu kom
dien. Nun hatte sie solch Bemühen
,chon lange aufgegeben. Still und
hne Verkehr vegetierte sie neben ihm
im, solange sie gezwungen war, in
er kleinen Fabritstadt Westfalens
u leben. Sie konnte weder mit den
ftauen dort noch mit den Männern
üeser Frauen warm werden, sie blieb
,er Schwan in der Entenschar, der
chweigsam und verschlossen seine
Zahn zog und mit dem Geschnatter
ingöum nichts gemein hatte. Seit
ser Ucbersiedlung auf das Gut ging
s etwas besser. Er hielt ihr eine Ge
ellschafterin, da sie ihn aus seinen
ÄeschäftZreisen nicht begleiten wollte,
ind im täglichen Beisammensein mit
inem fröhlichen, iungen Menschen
ind, wie die Trubel es war, lebte
auch Frau Lottes Frische wieder
wehr auf, die wie unter ein Kruste
xingekapselt gelegen hatte.
' Doch ,S war merkwürdig: auö
dem biegsciweichen Jungmädchen
charakier zp in den vier Jahren die
er Ehe. d eine unausgesetite Ver
ewaltigunz ihres gesamten WesenS
peoeuuie, eine yerve, noni sze. turne
Frau geworden, die boshaft sein
onnte, du oft selber zusammen
chrak, wenn sie sich über ihre eiqe
den Gefühle Rechenschaft ablegte. Es
fl ja gar nicht so sehr d,e Liebe, die
ine Frau in der Ehe sucht, sondern
en Freund ihrer Seele, der zugleich
ihr Liebhaber ist. Sie will daS eik
t,ge Interesse deS ManneS an allem.
jvaS sie tut. was sie denkt, wie sie
duösieht, und eS sind die besten der
Frauen, di aus solchen Gründen hei
raten und glücklich werden. Wilde
stiere zähmt man dadurch, daß man
sie hungern läßt. Darum sind Man
fier so liebenswürdig zu Frauen, die
außerhalb ihres Griffs stehen. DaS
Zusammensein in der Ehe sollte nicht
fit plumpe Regel, sondern die reiz
pvlle Ausnahme sein. Die Ehe so zu
gestalten, mag wohl Sache der Frau
zein, daS empfand Frau Lotte in
ohnmächtiger Selbsterkenntnis, ober
Stauen sind dennoch nur wie ZI
wen. die davon abhängen, wie die
Hand des Mannes sie pflegt.
Wenn sie ei versucht hatte, in einer
ofsenkn Aussprache Klarheit zu schss
seit, stand ihr Mann auf. ging auS
dem Zimmer und meist auch aus dem
Hause. Manche Männer halten da
ur daS beste Mittel, eine Frau wie
der zur Vernunft zu bringen, und
überlassen sie sich und ihrem Trotz.
enn wo niemand widerspracht, nie
mand beweist, wo Recht und Unrecht
liegen, da behält ihr trotzig einsames
Herz das letzte Wort, und die Ent
fremduna wächst wie eine Mauer don
EiS zwischen beiden hoch. Eine inner
lich gute Frau zu versöhnen, ist leich
ter für den Mann, als einen brüchi
gen Charakter friedlich zu stimmen,
meist ober wartet er, daß sie daS erste
gute Wort gilt, und ist dann viel
leicht bereit, gnädig zu gewähren, um
mal sie bittet. Frau Lotte ober hatte
zu oft umsonst bitten müssen, jetzt
schwieg sie auch, und die Eheleute
gingen nebeneinander her, ohne sich
mehr als die Tageszeit zum Gruß
zu bieten.
So sah diese Ehe aus im Somma
de, Jahres 1914. als das große
Weltgeschehen seinen Feuerbrand auch
in jenen einsamen Winkel warf. Frau
Lotte und Trudel hatten in fieber
hafter Erregung stundenlang auf dem
kleinen Postamt im Nachbardorf ge
sessen. um die neuesten Berichte dort
direkt vom Telephon weg zu erfahren.
Sie waren noch mehr all sonst bri
den Frauen auf dem Felde, die in der
Julihitze bei der Ernte schafften und
in deren roten Gesichtern die Sorge
um ihre Sohne und Manner auS
wasserblanken Avgen sprang. AIS
dann die Entscheidung fiel und der
Abschied kam eS waren nur vier
junge Burschen aus dem kleinen
Dörfchen, die sich sofort stellen muß
ten da kutschierte Lotte mit dem
Rappenviererzug selber den großen
Jagdwagen zur Bahn, in dem die
vier mit ihren Müttern und Liebsten
saßen, und sagte: .So hole ich euch
wieder ab, wenn ihr als Sieger nach
Hause kommt!" Dabei wollte sie ih
nen aufmunternd zulachen, aber die
hellen Tränen der Begeisterung schos
sen ihr aus den Augen. Förmlich nei
disch sah sie die Frauen an. die in
schlichter Ruhe ihre Söhne hingaben
sie hatte nicht Vater, nicht Brü
der mehr, niemand zog für sie daS
Schwert, um niemand brauchte ste zu
bangen und zu zittern! Ein Peit
schenhieb pfiff über de' vier nicken
den Pferdeköpse hin ihr Mann?
Bah der war Landsturm! Ehe
der sich meldete, war der Krieg längst
zu Ende! ES ging ja vorwärts wie
ans Sturmespfliigeln, in Feindes
land hinein, Schlag auf Schlag ka
wen die SiegeZdepeschen, der Jubel
in dem stillen Dorschen wollte fchicr
nicht abreißen, und die Dorfjugend
nahm eö als liebe Gewohnheit an,
mit Trommeln und allerlei Blasin
strumenten wie Weihnachtstrompeten
und Jasminblättern oder Kämmen
vors Gutshaus zu ziehen. Dann
wurden Waffel gebacken, und es gab
Schokolade zu trinken, und Frau
Lottes helle Stimme jubelte ihnen
allen voraus, wenn sie zum Dank
Deutschland, Deutschland über al
leS" und alle möglichen schönen pa
triotischen Lieder sangen.
Ja, daS waren Tage, die stürm
ten daher wie die Siegesläufer, die
ließen in ihrem Raufch gar nichts
Persönliches aufkommen. Man war
eins mit dem Volk, einS mit dem
Geringsten wie mit dem Höchsten,
nichts kls Mensch, nichts als Deut
scher! Lottes Mann war sofort nach
Westfalen abgereist, alS die Lage kri
tisch wurde, und sie erwartete ihn
ohne Ungeduld. DaS Leben war groß
und inhaltsschwer geworden ohne ihn,
sie dachte gleichgültig und flüchtig an
ihn, wie an jemand, der' mit der gan
zen Sache eigentlich nichts zu tun hat
und den man nun schon fo mit in
den Kauf nehmen muß. Und dann
eines TageS war er wieder da. Sehr
still, und ohne wie sonst mit seinem
lauten Wesen das ganze HauS zu
füllen. Sie versuchte zu fragen, er
sollte erzählen, berichten, schildern,
was er gesehen, gehört sie fieber
te vor Verlangen, sich selbst in den
trom deS großen Erlebnis zu stur
zen doch er gab karge Auskunft,
sein nüchterner Geschäftssinn ließ ihn
die Flut der Begeisterung wohl nicht
spüren, die sie alle trug! Erbittert
und enttäuscht ließ sie von ihm ab
und ging mit kurzem .Gute Nacht"
zur Ruhe.
Sie hatte noch lange beim Schein
der kleinen silbernen Bettlampe mit
im Nacken verschränkten Armen gele
zen, hatte auch ein paar zornige
Tranen geweint und mit ihrem Ge
schick gehadert, dos sie so unfrei
machte und kraftlos, sich zu befreien.
ES mochte spät sein, da fuhr sie aus
schwere Schlaf hoch. Die Lampe
brannte noch, ihr Mann stand, noch
völlig angekleidet,' an ihrem Lager.
Er sah sehr ernst aus und sah ihr
sest in die verwirrten Augen.
Ich störe dich? Aber ich wollte eö
dir doch heute noch sagen, daß ich
mich als Freiwilliger gemeldet habe
und morgen abend zu meinem Regi
ment muß."
Seine Frau begriff nur allmählich,
was er da sogt.
.Als Freiwilliger?" stammelte sie.
Ja, kmd!" Er nickte ganz zun
DIZMajt irok PiS lQfi lälliifiiö! trus..
ne Art war. .Und nun schlaf nur
weiter, wir reden morgen noch da
von." Damit ging er.
Sie lauschte nein, er ging noch
nicht zur Ruhe. Sie hört, ihn die
Treppe hinabsteigen, seine Zimmer
lagen im Erdgeschoß; ste schliefen
schon seit Jahren durch Mtern und
treppen getrennt.
Die junge Frau lag' regungslos,
Etwa unsagbares Schwere lastete
auf ihrer Brust, daß sie kaum atmen
konnte. Etwa wie eine Ahnung von
der unendlichen Einsamkeit, in der
jeder Mensch dahinlebt, mitten unter
denen, die ihn am besten zu kennen
glauben, dämmerte in ihr auf, sie
hatte weinen, sprechen, schreien mö
gen und lag doch nur wie verstei.
nert da und sann dem Worte nach:
.AIS Freiwilliger!" Er - als Frei
wllliaerl
ES wuchs in ihr und wurde immer
gewaltiger und drohender, das Fra
gen: .Wer ist dieser Mann, neben
dem du vier Jahre gelebt hast? Wa
rum tut er dies?" Ihr graute vor
dem Fremden. daS ihr so unerwartet
entgegensprang und sie unversehens
anfiel wie ein wildes Tier und
leise, leise begann eine andere Stim
me in ihr zu flüstern: .Und du?
Was tatest du?" So lag sie und
schlug die Hände vcrS Gesicht, in
Scham und Reue, in stillen Vorwür
fen und Selbstanklagen.
Der einsame Mann saß in seinem
Zimmer am Schreibtisch und siegelte
einen Brief, den letzten von den, vie
len Schreibereien, die er noch hatte
erlebigen wollen. Mit festen Zügen
schrieb er darauf: .Nur öffnen im
Fall meine? TodeS." Und schloß ihn
fort. Da ging leise hinter ihm die
Türe, er wandte sich erschreckt um
in ihrem blauen, mpanischen Mor.
genrock mit den großgestickten Blüten
stand Lotte vor ihm wie ein verirrter
Nachtfalter, den daS Licht blendet,
Sie sahen sich schweigend an, lang!
und in schwerem Ernst. Dann streckte
er ihr beide Arme entgegen: .Komm
zu mir, du Kind du!" sagte er leise.
Langsam schlichen die Wmtertage
an den beiden jungen Frauen im
stillen Walddorf vorbei. Weihnachten
kam und ging, brachte wehmütige
Stunden der Erinnerung und eine
stille Feier im Herrenhaus, wo Lotte,
wie jedes Jahr, den Dorfleuten einen
reichen Ausbau unter strahlendem
Lichterbaum beschert hatte. Aber die
Männer fehlten zum großen Teil,
und alS das alte, herrliche .O du
fröhliche, o du selige, gnadenbringen
de Weihnachtszeit" von hellen, forg
losen Kinderstimmen erklang, da
konnten die Frauen nicht mitsingen
und schluchzten still ,n ihre schwor
zen Kopftücher hinein., Drei von den
fröhlichen Ge eilen, die Lotte im Bie
rerzug wie im Triumph zur Bahn
geleitet, lagen stiu und kalt in srem
der Erde, die stolzen Rappen waren
längst eingefordert worden, und alS
Lotte mit ihrer getreuen Trudel am
Neujahrstage zur Kirche fuhr, war
eS ihr Reitpferd, die kleine .Maust",
das, brav und fügsam eingespannt,
den kleinen Jagdwagen zog, die war
zum Heeresdienst nicht tauglich be
funden worden.
Ihr Mon schrieb selten und kurz,
viel Sachliches, viele Anordnungen
für die Wirtschaft, denn Lottes total
tischer Sinn half ihr schnell, sich in
die verantwortliche Stellung einzuar
beiten, die ihr als Gutsberrin, ohne
Mann zur Seite, zuslel. Sie berich
iete regelmäßig und fühlte, wie end
lich endlich ihr Leben in der Ar
beit Zweck und reichen Inhalt ge
wann. Eit Fruyiayröve tellung
mußte begonnen werden, Lotte ließ
die .Mausi" satteln und ritt langsam
über die Felder, in deren weichem
Boden die schlanken Beine ihrer
Stute sich nur mühsam hoben. Sie
lauschte in sich hinein, m einem wun
derlichen Gemisch von Bangen und
Zweifel, von Sorae und zaghafter
Freude. Und nun wußte ste s. Sie
trug ein Kmd von ihm unter ihrem
Herzen und beschloß, eS ihm noch
heute mitzuteilen, es mußte ihn ja
freuen, und er brauchte wohl Freude
in dem freudlosen Stellungskrieg ,n
lothringischen Bergwäldern, den sein
Regiment zu führen hatte.
Nachdenklich ritt sie dahin, vorsich
tig und im Schritt, sah von weitem
den Postboten radeln, der nur ein
mal am Tage in ihr Dorf kam, und
wunderte sich, daß er nicht auf sie
wartete. Vielleicht hatte er nichts für
sie.
Aber als ste heimkam, trai die
Trudel ihr seltsam blaß und verstört
entgegen. Da war ein Brief zurückge
kommen, auf dem stand in fchauerli
cher Kürze: .Den Heldentod gestor
ben am 12. 2. 15." Weiter nichts.
Lotte las eö wieder und immer
wieder. Mit trockenen Augen und mit
Lippen, die spröde und stumm die
Worte sormten, ohne daß ein Laut
hervorkam. Dann ging sie an der
Freundin vorbei, wie an einer Frem
den, ging in daS Zimmer ihres Man
neS und saß stundenlang in starrer
Ruhe vor seinem Schreibtisch, stun
denlang. Nie hat sie je ein Wort zu
einem Menschen davon gesprochen,
waS sie an jenem Tage durchkämpft,
wie ihre Seele mit machtloser
Sehnsucht an den Pforten deS TodeS
zu rütteln wagte, wie sie inS Gericht
ging mit sich und ihrem Leben, wie
sie mit sich ringen mußte um daS
junge, keimende Werden, daS sie am
ES war ein stllleS, ernste Weid.!
daS ouS diesen Stunden deS Kamp
feS, denen Tage und Nächte voll ver,
schwiegen Qual folgten, hervorging.!
Die treue Hauögenossin sah ei in
hilflosem Jammer mit an. wie sie
litt, und fühlte mehr, als daß sie
wußte, warum sie fo schwer an ihrer
Frauenhoffnung trug. Aber Lotte
ließ niemand an ihr Inneres heran,
und nur die äußerlichen Folgen deS
TodeS an Gefchäftten und Briefen
durft die Freundin ihr erleichtern,
soweit sie dal vermochte.
Der Frühling war gekommen, her
ber, keuscher Frühling in der Mark.
Lotte war inS Dorf gegangen, und
Trudel, die sie nur ungern allein
ließ, machte sich auf, sie zu suchen.
stva stockte ihr Fuß. Bor einem der
fnufitrrn lUinrn ?siis,nvsIn
UM V , tVlltfc. 'VVtVJMH.Ul
stand die junge Frau im dunklen
Türrahmen, in den Armen hielt sie
ein Kindchen von etwa einem Jahr,
hob eS hoch empor, der strahlenden
FrühlingLsonne entgegen, d daS!
reizende Bild mit goldigem Schim!
mer umfloß, und preßte dann daS
Gesicht in die Aermchen, die daS
Kleine ihr mit Hellem Jauchzen entge
genstreckte.
Da kehrte di stille Beobachter!'
heimlich um. Nun brauchte sie sich
nicht mehr zu sorgen. Sie wußte, daS,
Muttergefühl hatte den Sieg davon '
getragen.
AIs die Blüten don den Apfelbäu
men im Gutsgarten wie Schnee den
Boden deckten und dicke, runde, kleine
Fruchtknollen gute Ernte und reichen
Segen versprachen, da saßen die
Freundinnen am Bettchen eineS
prächtigen KnäbleinS und sannen still
vor sich hin. den ewigen Rätseln deS
Lebens nach. Vergänglichkeit
Ewigkeit daS eine lag in die
sem Kinde so gut vor ihnen wie das
andere. ES ging einer dahin und
wußte nicht, daß er fortleben werde,
und eS kam einer und wird niemals
seinen Vater kennen. WaS liegt da
zwischen? Welche ungeheure Welt der
Geheimnisse, welch Dunkel voller
Fragen und Zweifel! Wo ist die
Brücke, die hinüberführt? Ist e die
Mutter, die den Toten neu in diesem
Kinde auferstehen ließ? Ist eS das
Kind selber? Sind eS die anderen,
daS Leben, der Alltag? Ist es die
Sehnsucht, die zur Wirklichkeit wur
de? '
Lotte seufzte leise auf und sagte
auS ihrem Sinnen heraus: .Geh,
Trudel, hol mir seinen letzten Brief."
ES packte sie die Angst vor dem Al
leinsein mit diesem großen Unsicht
baren, daS ihr Grauen und Ehr'
furcht zugleich . einflößte, sie mußte
ein Herz neben sich fühlen, mußte daS
eigene weit ouftun, in mütterlich
weicher Fraulichkeit.
Und dann lasen sie keide. WaS ihr
Mann in jener Nacht geschrieben:-
.Mein liebeS Kind! Du hast Dich
stets gegen diese Benennung aufge
bäumt, sie klang Dir gönnerhaft, her
ablassend. Aber, Lotte, warst Du mir
ein Weib? Ich weiß, zwischen
unS liegt eine breite Kluft. Mißver
stehen von beiden Seiten, oft Mangel
an gutem Willen, auch von beiden
Seiten. Und doch sei eö Dir einmal
klar heraus gesagt, was Dir mein
Mund stets verschwieg, weil ich
wußte, daß Du mich nicht liebtest,
daß Du mich nur geheiratet host,
weil Du versorgt sein wolltest: Lotte,
ich liebe Dich! Aus meine Art. viel
leicht für Dich unverständlich, aber
ich liebe Dich! Ein Kind wäre viel
leicht die Brücke zwischen unS gewor
den.
Ich tue jetzt, waS mir Herz und
Ehre befehlen. Wenn ich falle, sollst
Du dieS lesen. Denk freundlich an
mlr mit t . I 1 i . t t f.
mity utiu uciyiQ (liujl. ,q yaöl iI0)
treu und still geliebt. Dein Mann."
Lotte ließ daS Blatt sinken und
schaute still hernieder auf ihr Kind.
daS auch fein Kind war.
.Du pist nun doch die Brücke ae
worden von ihm zu mir. vom Tode
zum Leben!" sagte sie leise. Da schlug
, f . . . C m
er tticinc oie Augen aus, und sie
sah, eS waren die Augen des Ber
storbenen. er war eS in Fleisch und
Blut, der sie geliebt hatte. Da küßte
ne lyr indqen. lang und innig.
Unter BeraiktunaSkr
fcheinunzen erkrankten in Leipzig
verschiedene Berlonen. die don hn
Frau eines FleischermeifterS in Reud
nid Fleischbrühe entnommen Mütn.
Anscheinend sind nur solche Personen
eriranit, die von dem letzten Teil
ter Fleischbrühe ihren Anteil auS
dem Kessel erkalten baben. Beson.
derS schwer erkrankten eine Kauf
mannsehefrau und ihre beiden Kin
der. Die sechsjährige Tochter starh
vor dem Eintreffen deS ArzteS, ein
liweiiäbriaer Knabe war so sckwe?
erkrankt, daß er nach dem Kindzr
krankenhause gebracht werden mußte.
Nach den bisherigen Ermittelungen
ist ein Versehen der Frau deS F!ei
fchermeisterS die Ursache deS Vorfal
leS. Sie hatte in einem Ktfse!
Fleischbrühe gekocht und beim Sal
zen statt Kochsalz einige Hände Sol
petersalz in den Kessel geworfen. Die
Polizei hat den Rest der Fleischbrühe
für die gerichtliche Untersuchung be
schlagnahmt.
Boshafte Frage. A.:
Sie trinken ja seit einiger Zeit gar
fein Bier mehr?"
B. (dessen Frau Attztin ist):
Weine Frau hat eS mir verboten."
V. A.: .M Lrsu vdkkM mitwVi
REPARATUREN
ftnuirfra
wein e"Mt.
A. C ZIMMER
862 PtBtibfl ffMiiib. Xtt. 1-9
Cprrdic '.
HARNEY HOTEL
ssljas. (?. Corensen, Eigent.
14. und Harney Str., Omaha.
Europäischer Plan.
Raten von $1.00 auswärts.
Alle Zimmer nach außen
feuersicher u. modern,
Zentral gelegen.
Crslklassines ssasc nd
Bufset in Verbindung.
t-H 1 11 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 ) 1 1 1 1 1 h-h
Charles W. Haller
Deutscher Advokat ,
ud Rkchtsanwalt.
Zimmer No. 50t, Paxtou Blo I
16. und Farnam Straße.
rnTwv ttti
yrnmmMpmRMmMfä$til
DR. F. J. SCHLEIER
Deutscher Arzt
und Wundarzt
immer 22 World-Herald Ke
bände, 15. und Farnam Str. m
il
1 Osstceslmid'n: Von li St 12 dormii
Z lag und 3 b! 5 nachmittag,
s Clfit Telkvdon: Tougla 430S.
Wohnung: Virginia Ht!S.
Wobnunk Tlki,dN! Harnci, 178.
lfflärfflfflaÄäil
CRtftitca ... I i,u, kt
Mlltl CM to9ll
DR. J. C IWERSEN
Speilit für KinderkrankheitM
Cfftc'474 BranbtU littst rtiuM
huz m SiUxl ttt. Ornat.
-.x, V . yp-j-,.----.!
JOHN C BARRETT
mec)ianwan
Zimmer 1 , fUq?ni Kitt
9:t.A. e Milk M.
.! '
etib.Ctnol), fl. !
A.
MSWMWKNVWWKM?,MWWJ
M tüp Brnnfiirt ?
1 ZMllard Hotel
I . ,sr,w, Mg.
U , . . 13. Mk X'MfM
ä 200 Zimmer tan $1 tr zr,g ,
j rinnt etc Ihre 3rnilif.
g3X3!jM&&Wä!&&&M&&mi&
H. FISCHER
Deutscher
Rechts Anwalt und Notar.
Gnindalte geprüft.
Zimmer 401 2 3
City National Bank Bldg.
US3ii-ieai
HomeRuilpers
T I7üi txS tutt $i,ünim
an Open Book
.-.
. .. . -
M'MbWWW
lX(msBu
mwmm
iWttyMm-
il
i i'-
mm-mmtikisiv
Jm1J!
ilfirr.
fVX
iXßzy
mm m wmit juuuii j uui .G ,.,,,, uiuumu
.. ,A'iW'i"'.
' 7Tl! p-
Xi J I .
-'-Aff4 I A
ntt.lfena
'ilm . vTfl
is - SW
MMM
MÄAMU
J IS- -y Pft rV'Al 1 K LYV 4
ittüLi