Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926 | View Entire Issue (June 24, 1916)
Tögllche Omsh IrFLün Der Kommende Bon Alrx In feine: am 4. d. M. dor d?m flon beni der Krhillah.Gkmcinde in Ncw ?jort grhattknkn Diebe sagte be: Mannte Ban k'kk Jakob Schiff unter anderem: .Ich hab während fünfundzwanzig Jahren eine Invasion Rußland ans dem amerikani. schkn Geldmärkte verhindert." Herr Schiff wurde bei dieser Gelegenheit von feinen Glaubensgenossen als .der größte lebende Jude" gepriesen; cr verdient ti aber auch, der größte lebende Bankier genannt zu werden, weil er mit dem Gefühle seine Herzen auch gefunden Mknschen.'ierstand zu verbinden weiß, und weil er stets wie kein anderer, Rußland Schulenwirt nach ibrem wahren Wcrie einschätzte. Im Haushalte eine Staates muß nach denselben Prinzipien gewirtfchaftet wer den, wie im Haushalte eine einzelnen In dividmim. Beiden sind in ihren Aus gaben und Krcditansprüchkn Grenzen ge legt, die nicht überschritten iverden dürfen. Ein Ueberschreiten der Grenzen ihrer Jire ditfähigkcit führt zum Bankerott. Wenn da einzelne Individuum, sagen wir ein Landwirt oder ein Fabrikant, eine Landwirtschaft oder eine Fabrik besitzt, die einen Neingewinn von durchschnittlich 5200 jahrlich abwirft, sa kann dieses Individuum seinen Besitz mit einer Hypo thek von ungefähr $10,000 belasten, vor ausgesetzt, das; der Debitor und seine zahlreiche Familie mit dem nach Abzug der fälligen Zinsen verbleibenden Reslbe trage von $1500 oder $1400 sein Aus kommen finden kann und will. Macht aber dieser Landwirt oder Fabrikant Schulden, deren Zinsen er unmöglich erschwingen kann, so muß er sich früher oder später insolvent erklären. In der Lage eines solchen Schuldners befindet sich heute Rußland, dessen Ban. kerott aus den unS vorliegenden amtlichen Daten über die finanzielle und wirtschaft liche Gebahrung dieses Landes ersichtlich erscheint. Die russische Staatsschuld war schon lange vor dem Kriege im fortwährenden Steigen begriffen. Während die Staats schuld der Moskowiter im Jahre 1902 mehr als sechs Milliarden Rubel aus machte, betrug dieselbe am 1. Januar 1913 zirka neun Milliarden, oder, um genau zu sein. 8,858,053,843 Rubel ($4,561,807,729). Bon dieser Schuld sind nur $868.268.722 für den Bau von Eisenbahnen verwandt worden, während der Betrag von $4.561.879.723 als Bei. trag zu den Vermaltungskosten dieses ge wältigen Kriminals Rußland genannt, in die Taschen des berüchtigen russischen Tschinawniks wanderte. Um die Zinken seiner großen Staatsschuld, die hauptsäch lich -in Frankreich dloziert war, zahlen zu können, nahm Ruhland bei seinem Haupt, gläubiger und Alliierten immer neue An. leihen auf. - Die regulären Ausgaben Rußlands überstiegen stets seine Ausgaben, trotzdem diese Einnahmen sich seit 1896 bis 1913 mehr als verdoppelt hatten. So betrugen die Gesammt kinnahmen Rußlands in den Budgetjahren 18961900 durchschnittlich $355,930,000, im Jahre 1912. dagegen schon $1,600,480,000. Und trotzdem endete auch dieses letztgenannte Jahr mit einem Defizit von $32,620,000. Das Jahr 1913 brachte zwar ein künstliches Gleichgewicht hervor, ober das darauffol gcnde Budgetjahr endete wieder mit einem Defizit von $347.000.00. Die Quellen der Staatseinnahmen im Jahre 1913 waren: Direkte Steuern 7.3 Prozent; indirekte Steuan 3G.0 Pro;.; Zölle b.9 Proz.; Einkünfte von den Staats-Tomänen 45.1 Proz,; verschiedene andere Einnahmen 4.1 Proz. 100 Pro zent. Daß die Konsum und Steuerkraft des russischen Volkes trotz des großen Volks Zuwachses in den letzten zwanzig Jahren bedeutend abgenommen hat, beweist die Tatsache, daß der Prozentsatz der die Ein nahmen bildenden direkten Steuern von 8.2 Proz. im Jahre 1895 auf 7.9 Proz. im Jahre 1913, jene der indirekten Steu. ern aber von 47.5 Proz. auf 36.0 Proz. in derselben Periode gesunken ist. Dagegen mußten die Staats-Tomänen, die der Krone gehörenden Gold und an dere ErMinen usw. herhalten, deren Be trieb fast gar nichts kostet und von den vielen tausenden von politischen Verbre. chern" zwangsweise und gratis ausgebeutet weiden. Diese so sonderbaren Einkünfte des russischen Staates stiegen von 23,9 Proz. im Jahre 1895 auf 45.1 Proz. im Jahre 1913. Diese barbarische Bcschas fung von Gold ermöglichte es Rußland. Barmittel anzuhäufen so daß es sich bei Ausbruch des Krieges brüsten konnte, 98 Prozent Gold zur Deckung seiner im Um laufe sich befindenden Banknoten vorrätig zu haben. Die Freude dauerte indessen nicht lange. Eine der ersten und wichtig sten gesetzgeberischen Maßnahmen, die von de. Duma in ihrer ersten ttriegssitzung getroffen werden mußte, war die Erhö. hung des ungedeckten Notenumlaufes der Russischen Staatsbank von 300 Millionen auf 12000 Millionen Rubel. Auf dieser Bahn bewegten sich fortan fast alle Fi nanzgeschäfte der russischen Regierung, die doch letzten Ende in der Russischen Staatsbank den HauptfaZtor zur Beschaf fung von Milliarden erblickte. Die Un Zähigkeit de russischen Geldmarktes, die immer größer werdenden Krcditbedürf de Staates zu befriedigen, trat schon in den ersten Monaten nach Kriegsbeginn klar zu Tage. Die ersten 400 Millionen kurzfristigen Staatsobligationen, die am 16. August 1914 begeben wurden und sich mit fünf Prozent verzinsten, wurden der haltnismäßig leicht abgesetzt. Achnlich war e auch bei der Emissivn von. 200 Willonen dierprozentigcr Kassenscheine, die sehr bold darauf auf den Markt gebracht wurden. Aber die nachträglichen, vom Zaren angeordneten Begebungen von wei teren fllnsprozenliqen .chatzanweifungen fanden, trotz dc kaiserlichen BcschlS. keine' Abnehmer, und wieder mußte die Staats! russische Slnats-AlmKerolt. . W. dank al Abnthmer fungieren', dieselbe Staatsbank, deren Notenumlauf allinah lich bedenklichen Umfang anzunehmen be gann. Da man aber bald zur Einsicht kam, das, die standige Belastung de N tcN'JnstituIS mit kurzfristigen Papieren aus die Dauer die Währung gefährden lounie. ver viuvei siel nicht nur im Au lande um 40 Proz,. sondern er verlor auch in Rußland stark an seiner ttaustraft nv wurde vom Volke häufig mit Mißtrauen entgegengenommen. so ordnete der fldi ser wieder die Emission einer sunfprozen tigen Inneren Anleihe an. Laut eines von der National City Bank of New Fort herausgegebenen Ausweises hat Nußland seit Beginn de Kriege bis November 1915 nachstehende Kredite in Anspruch genommen: mm 5pn,,ki'il,,k funfrlflffl. SlniilS. dNaalivne Derfdiicüoiif r :2a IfU 2,030,000,000 unir fiir(M, neflcwwcin (tr llcr 11U) 500,000,000 rlle ,1pl.,. .HicnSiiilIfl&f (Zf fcriint HU.',) 600,000,000 iwnte sjproa. ittif gStinlclpe (Was ifl.i) ...... 1,000,000,000 Huücnftfiflite (äurtiift !' 300,000,000 nurimuiac in immun p,4wn Urne chni'sckl'iiie, 132.000.. Oiil) 1,249,32 .,000 KiiuTruiifl, in tnnwrriii) w foiilirrle Sitaulebrin. Srrä. V:,. 000,000 234,750,000 ei' icn-nmcipc (it). ripru II 1.1) 200,000,000 5jina . fimfrtfflae ftricatan. letUe (Siufcmtift 101Ö) . . 1,000,000,000 Stuftet $7,933,074,000 oder zum normaiilcn Kurse in amerikani scher Währung $4.085.533.110. Da seit jener Zeit die Kreditbcdllrsnisse Rußlands, infolge seiner gewaltigen Ein. kaute von Munition und Kriegsbedarfs artikclartikcl in Amerika, England und Japan und der Mobilisierung neuer Mil uonen von soldalen. sich verdreifacht r,ai!e. yauren sich lerne schulden im In und Auslande immer mehr und mehr ins Unendliche, und die Entwertung des Ru bcls geht ihren Gang weiter. Laut kon scrvativer Schätzung werden Rußlands Kriegsanlcihcn bis zur Beendigung dieses Krieges 25 Milliarden Rubel ausmachen. Wenn man dazu die 9 Milliarden seiner früheren Staatsschuld hinzurechnet, so cr gibt sich eine Schuldenlast von 34 Milliar den, oder ein Zinsenerfordernis (infolge der Begebung zu niedrigem Kurse usw, durchschnittlich 6 Proz.) von mehr als 2 Milliarden Rubel jährlich, oder mehr als 0 Proz. seiner Gesamtstaatscin nahmen vor dem Kriege. Der gesamte Goldbestand der Russischen Staatsbank betrug laut amtlicher Ber öffenklichung im November 1915 5,000, OOO mehr als die bis zu jenem Zeitpunkte in England und Frankreich allein h.kon tierten kurzfristigen Kriegs-Schatzscheine. ffur ane anderen Milliarden, bczw. für die im Umlaufe sich befindenden Noten, gibt es keine Deckung. In London ist man daher Rußland gegenüber allmählich sehr zurückhaltend geworden, und würden nicht politische Rücksichten maßgebend sein, so würden die Engländer schon längst eine cde weitere Finanzierung des bankerotten Auiicrten verweigern, zumal es doch offen- kundig ist, daß Rußland seine ungeheuren Verbindlichkeiten nie und nimmer begle, chcn kann. Als zu Anfang Oktober 191,' die Londoner Finanzlcute in die Gewäh rung eines Kredits von 20 Millionen Pfund einwilligten, mußte dieser Kredit durch die Unterschrift der Russischen Staatbank sowie der übrigen Pctcrsbur- ger Banken sichergestellt werden. Daß Rußland nach dem Kriege seine Einnahmequellen erweitern konnte, daran zu glauben wäre ebenso leichtsinnig wie unaufrichtig. Rußland wird nach dem Kriege nicht in der Lage sein, seine Ein nahmen zu erhöhen; im Gegenteil, es wird durch den Wegfall der reichsten und ergl bigsten industriellen und landwirtschaft lichen Gouvernements, die von Deutsch, land und Oesterreich besetzt sind, vollstem dig verarmen, da die anderen Gouverne ments im Innern Rußlands sowie die 14 kaukasischen, 10 sibirischen und 9 zentral asiatischen Provinzen stets passiv waren und infolge ihrer Armut passiv bleiben werden. Nur die westlichen Gouverne ments und Russisch-Polen hatten einen Ueberschuß an Einnahmen. Die 50 Gou. crnements im europäischen Rußland hat. ten im Jahre 1912 einen Ueberschuß von $118 Millionen, die 10 Gouvernements in Russisch-Polen einen solchen von $45 Millionen. Dagegen hatte der Kaukasus Im selben Jahre ein Defizit von $6 Mil lionen; Sibirien ein solches von $111 Millionen und die 9 Gouvernements in Zentralasien waren mit $12.430,000 pas si. - Das europäische Rußland und das Kö. nigreich Polen mußten stets zu den Vcr. waltungskosten der unentwickelten asioti fchcn Provinzen Rußlands beitragen. Der Bcrlust der Staatseinnahmen in Russisch. Polen, in den Gouvernements Wilno. Rowno, Grodno. Kurland. Eholm und Lublin dürfte etwa 400 b,Z 00 Millio, nen Rubel jährlich betragen. Dazu dürfte sich die Bevölkerunq Rußlands infolge der Besetzung und voraussichtlichen Anncktie rung der erwähnten Gebiete um etwa 40 Millionen Seelen vermindern, wobei der russischen Regierung die Erhaltung . der im Innern Ruhlands lebenden Millionen von Kriegswitwcn und Waisen sowie In. validen zur Last fallen wird. In welcber verzweifelten wirtschaftlichen Not de.S staatliche Rußland sich schon heute bcsindet. möge man daraus schließen, daß das russische Finanzministerium schon feit längerer Zeit sich bereit erklärte, die staat lichen Goldlagcr im Ural und im Altai einem amerikanischen Bankkonsortium als Pfand für ein z gewährendes Darlehen zu überlassen. Die Amerikaner gehen aber ans abenteuerliche Anleiheprojekte nicht ein. Ungehobene Bodenschätze gibt es in Amc r,Ia mehr als in Rußland. Nur die Firma Morgan & Co. glaubte Rußland einmal mit einem Darlehen von 5,000, 000 beizuspriiigen und ein andeke mal zu einer Anleihe von 50 Millionen Dollar zu verhelfen. Da freiheitliche Amerika hätte aber keinen Grund, auf diese Tat stolz ,u sein; e hat sitzt leicht verdiente Geld und darf e daher auch leicht loswcr den. An der finanziellen Not Rußland kiin nen auch die In Petersburg gefeierten Or fiten der Berichwenvung nicht andern. Dieser Bluff, der dem Russen tausend mal mehr eigen ist als dem Amerikaner, hat seinen Zweck. Dieser z. Z. in Petersburg entfaltete fantastische Aufwand on Luxu und Eleganz ist da Bild de bankerotten Faschspieler und Hochstaplers, der da durch seinen Kredit zu heben hofft, indem er die besten Hotels und 'Restaurant be suckit, große Diner gibt, die Bedienung rei'? beschenkt und zuletzt die ganze Rech nung mit einem Schuldscheine oder einem N. G.-Scheck bezahlt. Der alte Geist PotemkinS ist wieder erwacht; e werden wieder potemkin'sche Dörfer aufgeführt. Das Tartarenblut. das in den Adern eines jeden echten Russen fließt, sucht um jeden Preis seine Befriedigung und Au schwkisung. Und waS soll Übrigen der korrupte Beamte, der diebische Offizier, der betrügerische Lieferant mit den vielen neuen Katharinkos" (100 Rubelscheine mit dem Bilde Katharina II.), die in der großen Fabrik. 'Russische Staatsbank' genannt, millionenweise erzeugt werden, anfangen? Nach dem Kriege werden sie doch keinen Wert haben, oder sie wurden noch zum Verräter weiden! Daher billig los werden; man kann nie wissen. Es gehörte übrigens stets zur hohen Politik Rußlands, in Petersburg und Moskau (denn nur dorthin kommen die Ausländer), sowie im Auslande großen Aufwand zu treiben und den Anschein des unermeßlichen Reichtums Rußlands zu er wecken. Im amtlichen Ausweise zum Staatsbudget für das Jahr 1912 finden wir folgende Bemerkung: Bei den Kon suln und Banken im Auslande: Einnah men 4,610.000 Dollars, Ausgaben 95, 920.000 Dollars." Die russischen Konsuln sind vornehm lich Finanz-Agentcn. Wofür die zirka 96 Millionen Dollar! verwendet worden sind, wird nicht gesagt. Die russischen Konsuln sind aber auch politische Agenten pnr exeelinct und große Spione. Sie brauchen viel Geld. In den Vereinigten Staaten leben z. Z. mehr als tausend ruf fische Agenten als Priester der rechtglau bigcn russischen Staatölirche". Alle stehen unter dem Kommando des Generals Sa. poznikow, der auch den Munitions-Ein-kauf hicrzulade besorgt. Er und seine Gehilfcn haben wiederholt den Versuch ge macht, amerikanische Banken für eine neue Anleihe und für einen engeren wirtschaft lichen Anschluß an Rußland zu intcressie ren. Der Gedanke jedoch, das vernünf. tige Amerikaner, angesichts des Wirtschaft lichen und militärischen Zusammenbruchs der Alliierten, den Russen ohne jedwclche icherheit weitere Millionen vorstrecken werden, ist einfach lächerlich. Ueber die französischen Finanzen hat die .Staats-Zcitung" vor etwa zwei Mo- naten ausführlich bcrnchtet. Seit jener Zeit hat man wieder in Frankreich zu ganz ver- zweifelten Mitteln gegriffen. Man erließ zunächst einen Aufruf an alle Besitzer neu tralcr Wertpapiere, diese Sckuritaten, aus patriotischen Gründen, dem Staate für ein Jahr zu leihen, wobei der Staat sich das Recht vorbehalte, diese Wertpapiere auch bis zu drei Jahren aufzubewahren". Als Gegenwert würde man den Teposito ren handelbare Erlagscheine ausfolgen. Da man aber in Bezug auf die Patriot! schen Gefühle der Wertpapicre-Besitzer mit Sicherheit nicht rechnen konnte, vcr. fügte die französische Regierung eine Hausdurchsuchung bei jenen Banken und Akticnmaklcrn, die als Negotianten in neutralen Werten bekannt waren. Es handelte sich also darum, die Namen der unglücklichen Rentiers zu ermitteln und diese durch allerhand Drangsalicrungcn zur Herausgabe ihres Besitzes zu zwingen. Da ferner die Grenze für ungedeckte Bank. noten von 10 Milliarden Francs auf 13 Milliarden erhöht wurde und eine weitere Steigerung den Wert des franzostcn Papiergeldes vollständig untergraben mußte, hat die Banque de yrance sich er bötig gemacht, Bargelder und Banknoten einzuziehen und dem Publikum dafür Cirkular-Scheks zur Verfügung zu stcl- len, die von allen Filialen dieser Bank an Geldes statt wieder angenommen würden. Eine Jonaleurkunst, um das Publikum zur Deponierung aller verfügbaren Gelder zu veranlassen und so dem Auslande (vor nehmlich Amerika) zu zeigen, wie sehr der Wohlstand des Volkes sich trotz des Krie- gcs gehoben hatte. Frankreich Verschuldung ist satt o groß wie die Rußlands und für beide gibt es keine Rettung mehr. Beide sind betroczene Betrüger; beide die Opfer Englands. Soeben traf von amerikanischen Ägcn- ten in Petersburg eine Kabclmeldung ein, daß die russische Regierung mit einer Gruppe Mcrikanischcr Bankiers eine An- leihe sür $50,000.000 abgeschlossen hat. Die amerikanische Gruppe besteht ,,s: The National City Bank. The Guarant.e Trust Company of New Aork. I. P. Morgan & Co.. Kidder. Peabody & Co. und Lee, Higginson & Co. Das Geld oll hier als Kredit sur r fische Anlaufe dienen und im Laufe von drei Jahren suc cessibe ausbezahlt werden. Dagegen er pflichtete sich die russische Negierung, der amerikanischen Bankgruppe einen Gegen- krcdit von 150,000,000 Rubeln, oder ?ur Rate von drei Rubeln für den Dollar, in Petersburg einzuräumen. Da dieser Ge genkredit den Amerikanern die Möglichkeit gibt, sofort in Rußland Einkäufe von Häuten und Fellen (Rußlands Haupt-.Ek-portartikcl nach den Ver. Staaten) zu ma- chen, so ist der zum Prozentsätze on GYo außer Kommissionsspesen in Amc. rila eingeräumte Kredit vollständig cjMat. Noch nie wurde in der Geschichte eines Großstaates zu solch demütigenden Be. dingungcn eine Anleihe aufgenommen. Man kann das überhaupt nicht eine An- leihe nennen, sondern ein Warcn-Aus-tausch-Gesckäst mit geradezu enormem Ge- winn für die amerikanische Gruppe. Die- es sur Rußland so traurige Geschan be stätigt meine Ausführungen über die ver zweifelte finanzielle Lage Rußlands ind seinen kommenden Staats-Bankerott , Im Iluge gegen Ferdun. Bon ffligrn Metz. 6, Mai. Die Flieger der Kampfstoffe! sind im nier reisefertig, zur Luft wie zu Lande. Alle ist da. alle ist In Vercitschast. Die Quasselstrippe rumort so flcißig, wie in irgend einem BataillonZunterstand der Front. Eine Tage rumort sie mit der besonderen Ansrage vom Großen Haupt quartier, ob denn die Einladung an die beiden Kriegsberichterstaller durch den Besuch beantwortet werdcn könne oder nicht. Die Kampfflieger, abgehärtet wie sie find, antworten mit sehr fester Stimme in dienstlicher Haltung: jawohl! und siigen gedämpft hinzu: wir werden das Kind schon schaukeln. Der Flugplatz liegt wkit und offen da, von sanften Höhen umkränzt. Die Abend sonne de heißen Frühlingstage steht hinter dunstigen Wollen. Es ist eine dumpfe Schwüle und irgendcine Erwar tug in der Lust. Wann fällt der erste Donncrschlag? Vom Süden herüber grol len unwirsch die Geschütze. Im saftigen Grase liegt die Fliegermannschaft grup penweise beisammen und sucht den Him mcl ab. Die ganze Staffel ist draußen vor Bcrdun; sie macht Luflspcrrc". Bewegung: ein paar Mann erheben sich, schauen durchs Glas. Sie kommen. Wer kommt? Wir starren scharf nach Westen und sehen nichts. Es sind zwei sagt einer. Ja wo denn? Tort über dem dunklen Wolkenstrich der eine, und ein Stück tiefer nach links über der Fahnen stange der andere. Wahrhaftig, jetzt hab' ich den ersten, und nach einer Weile auch den zweiten: winzige dunkle Punkte im Wolkcngrau, die sich rasch vergrößern. Fast gleichzeitig sind sie über dem Platz. Längst sind sie erkannt. Nur der eine Top pcldecker gehört zur Staifek. Mit präch tigem Schwünge stoßen sie im Gleitflug steil zur Erde, so als wollte jeder als der erste aus .einen bestimmten Fleck. Der erste landet glatt, tanzt och ein bißchen und steht dann still. Der zweite nimmt einen kurzen Auslug zur Höhe, beschreibt einen Bogen und ist unten, ehe man's recht ge wahr wird. Die Motorc qualmen blauen Dampf, fauchen und ächzen. Langsam fahren sie über die Wiese dem Schuppen zu. Was gibt's Neues vor Vcrdun? Beobachter und Führer schälen sich aus dem Lederzeug, in dem der eine dem an. deren zum Verwechseln gleicht, uno stehen auf einmal als feldgraue Offiziere da: jung, straff und etwas steif vom langen Flug, Drei Stunden im Sitz, die Nerven zum Bersten gespannt bis in die allerletzten Fühler hinein, immer gewärtig: jetzt nimmt dich einer an, von unten, von hin ten, plötzlich ist er da, wie der Teufel, ganz dicht! Er schießt, du hörst es nicht, aber du weißt es; du wendest, gleitest, tjtn ab, hinauf, kriegst ihn vor den Schuß nun also, diesmal war's nichts, aber es hatte doch sein können, nicht wahr? Da ist es beareiflich, daß man. mit bei den Füßen wieder im Diesseits, auf der festen deutsche Erde, zuerst nach einer Zigarette langt und nicht zum Erzählen aufgelegt ist, sondern ein paar Züge tut, inbrünstig und zufrieden. Vcrdun? Vcrdun ist zu. Gewitter. Absolut nicht mehr zu sehen." Das Gesicht de Beobachters ist braun, blutleer und fleckig. Ich drehe mich nach dem Führer um. Ein ganz andmr Typus, aber die. selbe Schärfe der Züge. Kantige Köpfe, v.'N der Luft wie abgezehrt. Und die Flecken auch hier. Ich frage danach. Erfroren , tagt der Aeobachier gleich- mutig. Ansanq April hatten wir in 3500 Meiern 26 Grad Kälte. Da kommt's eben mal vor, daß man den zarten Blu tcnstaub der Jugend abstreift." In den Lüften, hinter dem schuppen her, der die Stadt verdeckt, pfeift, heult und surrt es. Eine Sirene scheint zu wimmkrn. Was ist denn das? Die Flieger sehen mich an und lächeln. Der Große kommt immer mit Musik. Der hat seine eigene Kapelle. Ohne die macht er's nicht. Hauptsache ist, daß er da ist." Weitere Meldungen: aus dem Toten Mann" kolossales Feuer. Ein Flugzeug abgestürzt. Von uns? Anscheinend ja. Steinet von der Staffel, einer von der Front jenseits der Maas. Hat sich mehr- mals uberschlaaen und ist hinab. ,an zosen sind heute abend fast gar nicht hoch gegangen. Ein ekelhaft bockiger Wind oben. Achtzehn Sekundenmetcr; also kturm. Und Gewitter außerdem. Ueber Vcrdun gießt es. Bei uns rühren sich die schlanken Pappeln kaum. Wer mag der abgestürzte Flieger sein? Wo gehört er hin? Am Ende ist doch ein Franzose? Nun, wir werden es bald wissen. Wozu haben wir das Telephon. Wir schreiten gemütlich über den Plan. Es wetterleuchtet. Ein brauner Fleck schießt auf uns zu, in langen Sätzen: Strolch, der Stafilu!i,d, sucht seinen Herrn. Der stämmige Tozer. den sie alle kennen und alle licbc, den sie verwöhnen, hält seinem Herrn die Treue. Er ist müde, faul und traurig, wenn der Oberleutnant fliegt. Aber jetzt: wir sind zehn, zwölf Menschen, und Strolch muß suchen. Er schnuppert sich durch, eilig, und dann: dieses Glück! diese Luftspriingc. Nur gut. daß an der Montur nicht mehr viel zu verderben ist. Wir sitzen im Eßraum, in dem noch die Hitze des Nachmittags brütet. Fenster und Türen sind offen. Draußen fallen schon Tropfen. .Kühl streicht der Nachtwind herein Die Herren wollen also bei uns flie. gen?" Der Staffclführer mustert seine beiden Gäste. Nach Vcrdun?" Er fragt es mit einem schrägen Blick beinahe un schuldig. Natürlich wollen wir nach Verdun! Was wollen wir nicht alles! Ja, nach Verdun wollen wir auch! Aber morgen früh, wenn wir Flugwetter haben, bleiben wir lieber hübsch diesseits Vcrdun. Sie werden genug zu sehen kriegen. Können Sie um sechs Uhr auf stehen? Um halb Sieben steht das Auto vor der Tür. Wenn s regnet, dann nicht; dann legen Sie sich getrost auf die an- dere Seite. Wer will morgen früb das i Kalkschmidt. zweite Flugzeug führen? Da erste führe ich." Am Nachbartisch, wo die jüngeren und jüngsten Semester beisammen sind, ent steht Bewegung. Angebot zur Genüge. Ein langer OffizIcr-SteUvertrelcr über nimmt den Austrag. Da Telephon lautet. Der Adjutant kommt zurück. Es war ein Franzose, heute abend jenseit der WaaS. Er ist abgeschossen und dicht hinter der fcind lichen Front abgestürzt. Von un sind alle Maschinen zurück." Also doch einer von drüben. Ein Feind weniger in der Luft. Der Gedanke belebt und erfrischt. An die zwei zerschmcttcr ten Menschen denkt man , nicht. Im Kriege gehen alle Gedanken nur die eine Bahn: gegen den Feind. So ist es und so muß es fein. Ucbrigens", sogt der Adjutant z uns. Sie können noch ruhig bleiben. Es ist doch nichts mit dem Fliegen morgen früh. Der Himmel ist z, das Gcwitt ist stecken geblieben und die ganze Situation sieht nach Landregen aus." Wir sehen uns traurig on und greifen seufzend zum Glase. Es schmeckt trot dein. Der Oberleutnant und Staffelführer führer sagt Plötzlich in eine Pause hinein, mit Ernst und Nachdruck: Nöin, so ist das nicht, wie manche Leute glauben. Das Fliegen ist keine heitere Beschäftigung. Kein Hintergrund für solche, die schnell berühmt werden wollen. Verflucht nochmal, so ist das nicht! Wir Flieger kommen vom Sport h-r und ohne Sportgeist, ohne ein frisches Wag-! und zähes Wollen geht es natür lich "nicht. Aber wir sind keine JrZehs, wir sind Soldaten! Wir arbeiten militä risch genau so exakt, genau so pflichtbe wußt und fachlich wie jede andere Truppe. Die Sache ist es, sür die wir unsere Kraft einsetzen, die Cache und nicht die Person. Gewiß, der einzelne ist droben auf sich selber gestellt, mehr vielleicht als jeder andere Kamerad im Felde. Aber was er. der Flieger, tut und will und leiste, das leistet er richtig nur dann, wenn er es für das große Ganze tut," Mit dem Manne läßt sich fliegen, denke ich im stillen. Es ist ein sicherer Mann, der über seinen Doppeldecker bjncussicht. ein vernünftiges und höchst achtbares Stück weit. Ein Flieger, der Horizont hat. So ist's recht. Musik!" Das Grammophon gibt alles her, was es nur in sich hat. Wir singen die schönsten Lieder und lind sehr luftig. Warum auch nicht? Morgen, spätestens übermorgen fliegen wir! Auf der Heimfahrt regnet e leise. Trotz allcdcm: um sechs Uhr früh wird aufge standen. ch Die Erwartung läßt mich nicht ruhen, jede halbe Stunde fahre ich auf. Um fünf Uhr bin ich wach. Die Dämmeruna lich tct sich, das Licht wächst. Sechs Uhr: Lämmcrwölkchkn, ein paar Wolkcnbänke, violett und graik, dazwischen der blaue Himmel. Hurrah! Der Flugplatz liegt noch ein '"ljchcn grüner da als gestern abend. Die Land schaft wirkt so sauber; wie geputzt. Alles ist nah. die Bäume, die Gärten, die Hö hen. Nur gegen den Osten zu stehen alle !lvinge in einem matten Dunst, und die Sonne säumt noch schlaftrunken hinter den abziehenden Regenwolken der Maien nacht. Es ist beinahe windstill. Nur dann und wann weht eine leichte Woge den starken Odem der Garten und Felder herüber: Flieder und Kastanienblüten, grüne atmende Erde. Vor dem Schuppen stehen die beiden Flugzeuge.' Die Monteure sind geschäftig dabei. Aus irgend einem Zwange heraus höre ich innerlich beständig die Theater Meldung: Herr Graf, die Rosse sind ge sattelt! Ich sehe den geschminkten Anfän ger mit der Allongeperücke, wie er eilig hercinstolpert, den Degen unglücklich zwi schen den Beinen, sich verbeugt: Herr Graf, die Rosse . . ." Fort mit den Ros sen! Wir reiten nicht, wir fahren nicht, mein edler Knabe, wir fliegen! Mitten in den Krieg hinein, wo er sich am wilde- sten tummelt dahin werden wir fliegen. Nein." sagt der Staffelfuhr.. be schwörend zum Kollegen, der feinen Kodak zückt , jetzt nicht. Man soll kein Flug zeug vor dem Fluge knipsen. Das bringt Unglück. Aberglaube, freilich. Es gibt allerhand davon. Ich trage heute noch meine Lederjacke, meine Handschuhe vom ersten Flug. Ist jetzt bald wd Jahre her. Meinen Sie, ich setze einen andern Helm auf? Ausgeschlossen. Es wird geflickt und gebessert, bis zur Bewußtlosigkeit. Ich trug früher immer ein kleines Stückchen spazieren, das nahm ich mit auf jedem Flug. Eines Tages war es weg. irgend wie abhanden gekommen. Ich mußte allein" fliegen. Na und?" Es ging natürlich auch so. Das ist ja ganz selbstverständlich. Es geht eben, weil es gehen muß. Das wäre ja noch schöner. Er lacht. Aber ich merke doch, daß er sein Stöclchen selbst heute noch manchmal vermißt, wenn cr zuin Starten geht. Er könnte sich ein neues kaufen, eine hübsche schlanke Reitgerte, geschnitzt und umfloch ten. Aber er tut es nicht. Die neue l?erte hat keine Flugerfahrung, weiß nicht, wie sie sich an Bord benehmen soll, ist fremd, ungeschickt, stört. Fliegerglaube. Aber nun erst ein Mensch, ein neuer, fremder, ungeschickter und störender Mensch im Flugzeug? Der müßte doch mindestens vorher einigen Zeremonien unterworfen werden, um flugsicher zu sein! Als wenn er meine Gedanken erraten hätte, bringt ein Mann just cin Bündel daher, packt aus und beginnt mich in sichere Gewänder einzukleiden: in eine viel, erfahrene Lederjacke samt Eskimo-Hosen, Pulswärmer, doppelte Handschuhe, Helm und gestrickten Schal; Schutzbrille nicht zu vergessen. Vermummt wie ein Nord voliabrer komme ich mir vor. Es ist die Ausrüstung eine VeobachtungSossizieri vom Jührcrslugzeug. mit dem ich fliegen soll. Der Führer musterte den Himmel: Efl läßt sich nun nicht länger verheimlichen, daß da, eine Wolke ist." Er deutet aus eine erheblich große Bank Im Westen. Na denn lo. Sitzt der Helm ftst? Er darf nicht wackeln. Lieber ein Loch kürzer schnallen. So. Bitte, nach Ihnen. Ich turne auf den Topeldecker und ma che mir' auf dem Vordersitz de Beob achter bequem. Während der Fahrt öfter umdrehen, damit wir un verstän digen können. Die Worte möglichst vom Munde ablesen, zu hören ist nicht viel. Wenn' nicht ander geht, werde ich auf Momente den Motor abstellen. Sobald Sie da Flugzeug rütteln fühlen, ist' ein Zeichen, daß ich Ihnen wa sagen will. Nicht aufstehen und übmicigen. Fer tig?" Der zweite Apparat drüben läßt den Snotor anlaufen. Wir tun ein gleiches. Der Doppeldecker schütelt sich wie ein Wo gel, wenn er naß ist. Vor mir hängt eine Uhr, ein Höhenmesser, dessen Nullpunkt auf die Höhe von Metz eingestellt ist.' 7 Uhr 35 ein Ruck. Wir fahren. Da steht e, das verbotene, das verpön te Wort. Wir fahren? Aber gewiß doch, meine Herren Kampfflieger. Es läßt sich nun nicht länger leugnen, daß ich in einer Luftkutschc ganz automäßig über den Na sen rolle. Ich spüre ihn ja doch, den Boden unter den Gummirädern mit dem schwarzen Kreuz. Auch ohne hinzuschauen weiß ich, daß, ein Veteran der Westfront mit erhobenem Flugschwanz startet. WaS würden sonst seine jungen Kameraden sagen?! Aber vorläufig fliegt er nicht, er fährt. Holla wa ist denn das? Wo ist die gute Erde? Schneller, viel schneller, als meine Beweisführung für das Fahren ist der Beweis für das Fliegen erbracht. Unmerklich hat der Aviatik angezogen. Ein paar Sekunden schon sind wir fünfzig Meter hoch. Flugplatz, Bäume, Häufe: sinken. Wir fliegen wirklich. Und ich wollte doch so genau auf den Moment des Abkommens" achten! Eine leichte Wende. Der linke Flügel senkt sich. Ah, da ist das Gefühl von un ferer alten Baumschaukcl wieder. Dies wunderlich wehe Gefühl des Schwankens über dem Bodenlosen, wenn's hoch hinauf bis in die grünen Zweige ging, und de: alte Baum sich bog und unwillig knarrte. Wir fliegen, fliegen wie lange denn schon? Unendlich lange. Ich schaue auf die Uhr: eine halbe Minute. Der Motor rast und röhrt wie fünfzigtausend Brunst. Hirsche. Ich höre ihn gar nicht mehr als Motor. Er ist ein Akkord, ein Choral akkord der Lüfte. , Ich lehne mich zurück, ganz friedlich, ganz still, ganz glücklich. Die Sonne bricht durch. Die Mosel erglänzt. Hü gel und ' Wälder und goldene Wolken. Weite, weite Welt. Frei, ganz befreit von allem, dehnt sich die Brust. Und auf einmal weiß ich, daß ich glück lich bin. Wer hat ein Wort für das Gefühl? Jeder Wunsch, jeder Wille gelöst, aufgelöst in. das All, das mich umgibt, das, mein ist, ganz mein; das m mir ist, wie ich m ihm. Wieviele solcher starken Augenblicke des reinen Glückes gibt es im Leben? Bi5 marck bekennt sich zu einem einzigen. Car los will ihn mit dem Tode bezahlen. Ich empfange ihn als ein unverhofftes, un verdientes Geschenk aus heiterem Himmel, wie einen Lichtstrahl aus dem gutigen Auge Gottes. Er ist kurz, dieser Augenblick deS Glückes, kurz wie jedes stärkste Gefühl. Aber er war da,, unvergeßlich schön. Kein Mensch kann ihn mir ze wieder rauben. Ich drehe mich um, vorsichtig, zwischen den Steuerkabeln. Da hinten fitz der sichere Mann, dem dieses Fliegen tagliche Arbeit ist. Wir nicken einander zu. Er weist in die Tiefe. ' , 5 , cm , .!' t t (Wi jaa unicn iiear ucce, vierminocri acc ter tief unter uns. Plötze, Straßen und Brücken, das blinkende Wasser um die grüne Insel, rauchende Kamine, der Tom mit seinem steilen Giebeldach. Ein rei zend verschlungenes Flcchtmerk von Linien und Formen, ein höchst zweckloses -Ge bilde. Und wie klein das Ganze, wie übersichtlich ausgebreitet diese Großstadt ist. Wo wäre die Einzelheit, die hier das Auge beleidigte? Die Eteinsetznngen im Bahnhossviertel, die an der Elcfantiasis leiden, gehen völlig unter im organischen Gebilde der Stadt. Halb ist sie aus der Spielzcugschachtel, halb ist sie Landschaft, Teil des Moseltals, das weiter und wei ter sichtbar wird gen Norden, wo das blaue Band des Flusses sich zierlich win dct, bis fernhin, wo die Hochöfen von Die denhosen in einer Rauchwolke stehen Wir fliegen eine mächtige Schleife über der alten Feite und nehmen Kurs gen Westen. Zierliche kleine Anlagen mit seit. sam gcschnorkcltcn Gartenwegen tauchen auf. Sie sind wie neue Lustgarten anzu schauen, die sich friedliche Burger aus den Mosclbcrgcn errichtet haben. Und sind doch sehr kriegerische Feldbefestigungen zwischen den Forts, die schon mehr gro ßen, sauber symmetrischen Schloßanlagen ähnlich sehen. Wo sind die Berge hin? Sie liegen flach eingedruckt, besonnt zu unseren Füßen. Da und dort wandert ein kleiner Wolkcnschattcn über sie hin. 7 Uhr 45. Der Höhenmesser geht auf 1500 Meter los. Immer größer wird di.- Welt, immer weiter. Wollen rings um, Wolken in allen Arten: über däm mergrauen Schichten erheben sich heroisch aufgebaute leuchtende Burgen der Licht riefen, der Osten dampft und raucht gen Himmel wie von hunderttausend Essen. Das ist Deutschland, die trotzige Waffen schmiede, ,das eiserne Vaterland im Fleiß seiner tausend Werkstätten und Heimstät ten. Das Vaterland des Friedens und der Freude. Ich grüße dich, du teures Land. Aus einsamer Höhe von der Scholle gelöst, umgreift dich mein Herz mit jauchzender Gewalt. Du heiliges Land der Treue trotz allem, und immerdar, Eine mächtige schwarze Wolke, über schattet uns plötzlich. Dieselbe, die sich vorhin nickt länger verheimlichen ließ. Eine empfindliche Kühle haucht mich an. Lauter röhrt der Motor, mit tieferem Ton. Noch von der Soirue leitlick &; schienen, fliegt der zweite Doppeldecker auf gleicher Höhe mit un. 1800 Meter. Fliegt er denn überhaupt? Er rührt sich kaum da, jetzt, eine kleine unmerkliche Neigung seitlich da einzige Jeich'n seiner Bewegung. Er scheint stillzustchi, angehe, tet n Firmament; getragen von der Luft wie eine schwirrende Libelle. Fliegen wir? Kommen wir vorwärts? 2000 Meter, sagt der Höhenmesser. Mir ist, wir stehen still, unbeweglich. Die Wol kcn, die Erde, das Flugzeug drüben alles ist nun wie verzaubert. Da macht der Rumpler drüben einen kleinen Sprung hinab und hinauf, und dann Ist er Im Schatten wie wir. Und er bewegt sich doch. Ich wende mich. Der kalte Wind riil tclt an Helm, ich meine ihn halten zu müssen. Der Flieger öffnet den Mund, spricht, nein schreit: Bcrdun!!! und schlägt mit dem Arm die Richtung. Ich höre die Stimme wie durch eine ganz dicke Mauer hindurch, eine Mauer, die dicker ist als der eine Meter Luftraum, der uns trennt. Verdun? Ja, da vor un liegt, von bläulichen Wäldern beschattet, die Cöte. Und dahinter, ganz hell in der Sonne, ganz klar, die gepanzerte Feste Frankreichs. Ich nehme die Richtung auf mir' gestreck tem Arm. Der Luftdruck reißt mir den Arm herum, wirkt wie ein Schlag auf die Muskeln. ' 8 Uhr. Wir haben 2600 Meter er reicht, wenden nordwestlich und halten, gleichlaufend zum Rücken der Cüte. Die Combrcshöhe, die bisher der ungefähre Richtpunkt war, bleibt zur Linken allg: mach hinten. Vertraute Orte: Maizeray, Hennemont, HermSville liegen unter un. Aber wie haben sie sich verändert! Wo ist denn die Zerstörung des Krieges? Die elenden zerschossenen Dörfer nehmen sich von hier oben ganz menschlich aus. Bis man beim genaueren Hinsehen merkt, daß nu? noch die Skelette der Häuser die Straße und den Marktplatz säumen. Stille blaue Seen tauchen auf zwischen den Wäldern. Ein größerer Ort, eine Stadt wird deutlicher. Es muß Etain sein. Ich drehe mich um: , ja, Etain! brüllt der Führer. Und bald darauf halb links: Vaux. Vor Etain schnörkeln sich in zierlichen Windungen die alten verlassenen Stcl lunden durch das Gelände. Jeder Sap, penkopf und jedes Hindernis ist sichtbar. Man begreift erst jetzt, auch wenn man Fliegerphotographien kennt, die ganze un entrinnbare Schärfe und Genauigkeit der Fliegeraufklärung. Nur der Wald kann die sen Spähern aus der Höhe etwas derber gen, und auch der nicht einmal, wenn da Laub gefallen ist. Vaux Douaumont. Diese Brust wehr de .Vanzergürtels hat der Krieg verbrannt. Braun zerisscn liegen die Ein geweide der Erde bloß. Ueber Tal und Hügel ist das sengende Feuer geflossen eine Lava. Hier grünt kein Baum, kein Strauch. Der wundersam lebendige Erdcntepplcb unter uns zeigt eine kahl gefressene Wunde; die überwältigende Lebenskraft des Frühlings, der das weite Kampfgclände im Wocvre fast lieblich ge schmückt hat im Glänze dieses Maimor gens mußte hier vor dem Kriege Halt machen. Es ist, wie wenn ein qualvoller Riß durch die Schöpfung ginge. ,D!e Front bei Douaumont liegt unter schwerem Feuer. Ich höre keinen Ton, ich sehe nur die Erdsontänen hochauf stei gen. Und nun sehe ich auch mehr: über den Wäldern flocken weiße Ncbclschwaden friedlich, sehr friedlich. Aber unter den, Wölkchen blitzt es auf, da, dort, überall: die Morgenarbcit der Geschütze. Was ich für sanfte Ncbel anzusehen geneigt war, ist ? ilverdampf. ist Rauch des Gasgri naten und aufgewirbelter Staub. Längst schon fliegen wir im hellsten Sonnenlicht. Aber diese Sonne wärmt nicht. Ich spüre die Kälte von den Füßen aufwärts und ein wenig auch im Gesicht. Immerhin waren es nur drei bis vier Grad unter Null. Auf einmal weicht der Boden unter mir. Das donnernde Gebrüll des Mo tors geht über in ein ersterbendes Win sein. Der Aviatik senkt die Nase erd wärts. Ah so: Glcitflug. Wieder das G.llhl von der großen Schaukel. Ich schaue zum Flieger. Wir wollen umkehren!" Wir wenden und der Aviatik steht auf einmal so schräg, daß ich zur Linken steil hinuntcrsehen kann. Wo ist unser zwei tes Flugzeug? Ich habe den dienstlichen Auftrag, es zu beobachten. Es ist mir scbon eine ganze Weile entwischt. Weit und breit keine Spur von ihm. Ueber Haupt ist die Luft rein, auch von Franzo sen. . . Noch einmal umfasse ich mit allen Sin nen die blutige Walstatt in der Tiefe: die erkämpften Wälder und Höhen 'im Nor den, das breite Maastal und die Fe ungsberge im Westen, die dunkle lang gestreckte Masse der Cöte mit ihren hellen .-iierschnitten, wo die Nationalstraßen ', Vcrdun hinüberführen. Wir nehmen die schnurgerade Richtung aui Metz. Langsam, ganz allmählich geht das Flugzeug tiefer. Der Bahnhof von Conflans taucht zum zweiten Male auf. Nordöstlich, zwischen den Wäldern, die Gruben von B'.icy. Auf dr Bahnstrecke. der wir folzen, steht ein Züg. Mitten auf der Strecke. Sonderber. Warum steht er denn still? Aber er fährt ja, mah?hzfti,7, ,r bewegt sich wie ein Regen wurm. Und iib:r eine weiße Brücke chleicht ein Au!?. Tiefer und tiefer sinken wir: 1500. 1200. jctzt sind es nur noch 1000 Meter. Die Forts von Metz find wieder da, die alten Schlachtfelder mit den Schützengrä ben, die Dörfer zwischen den Reben und den blühenden Obstdäumen. Der Flug platz taucbt auf. Der Motor stoppt. Wie ein Habicht stößt der Tospeldeck hinc-S. Als wellte er sich auf dem Dache seine ?ch,!pp;nk niederlassen. Im letzten ugendlick sinnt er sich anders, schwebt flach ilkr die Wiese hin, g-,nz flach jctzt ct tr i? Erde. Der Apparat schütter!, roll? a? hält, Die Erde bai i'.i wieder, illfix. CS is: 8.37