Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, June 20, 1916, Image 3

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Fran Hon KcllcrsDcMlaudfllhrt.
Der Blinde passclgicr" im Roffcr. Auf der sidclen Grenz,
ftation in warnemlinde. )m fyirn der-Rinder. 2luch von
Lreinden als Amerikanerin begrüßt. 21m fleischlosen Tage".
Tausende von Soldaten Überall. ' ,
$t Bindestrich Hat c8 getan. Der Hat
iyrau den Kller. eint geborene Amerika
nenn und eine uott vie veuisch-amerila
Ischen Kreise Hinauk gekannte Dame der
Weihen Gesellschaft, mit Dciitscklank bn.
! Kunden und sie schließlich aus dcr Behag
'Nchlelt ihre eigenen hiesigen Heim und
jI dem harmonischen Zusammenleben
mit zwei Schwestern und einer Wichte über
da Meer gezogen. Nach dem Tode ihre
Sotten hatte Frau von Keller längere Zeit
in Deutschland gewohnt, und ihre zwei
' Kinder sind dort ansässig. Die Liebe zu
den Kindern hat sie hinüber gezogen. Der
Sohn ein großer Künstler und Musiker,
die Tochter, Fmu Alwine Köhler-Kcller.
eine brannte Schriftstellerin, deren Gatte
all Feldgrauer für da Vaterland kämpft.
Die Sehnsucht nach den Kindern hat die
Mutter zu dem Wagnis einer Fahrt nach
drüben getrieben. In ausführlichen Brie
fen hat sie die Erlebnisse dieser Fahrt und
die ersten Eindrücke in deutschem Lande
bil zum Eintreffen am Ziel, dem idyllisch
gelegenen Ort Halleran bei Dresden, dem
Heim ihrer Kinder, geschildert. Und über
manch schwere Erfahrung und manche
ernste Situation breitet ein köstlicher Hu
mor seinen goldenen Schein.
Der Mitreisende im Koffer.
, Frau von Keller hatte die Ueberfahri
An Lord d8 dänischen Dampfers Frede
ti4 Vj.II gemacht. AIS blindex Paffa
giu befand sich auf dem Schiff der Inge
nuur Maz Röber, r?Wheit seine Gattin
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Fra von eller.
die ganze Fahrt über im Koffer bersteckt
hatte und der von den Engländern in
Kirkwall, wohin der Dampfer geschleppt
wurde, entdeckt und festgenommen worden
ist. Uber dksen sensationellen Fall ist in
her .StaatS-Jeiiung" vom 14. Mai aus
führlich berichtet worden, und was Frau
von Keller schreibt, bildet eine genaue Be
statigung oller Einzelheiten dieses Be
richtß. Sie schildert zudem die gewaltige
Aufregung, welche der Vorfall an Bord
eroorgnüfen, nd stellt daS große Wit
Htsiihl fest, welches der unglücklichen Frau
von allen Seiten entgegengebracht worden
ist. Es heißt da: Hätte die Frau sich nur
rnl vertraut, wir olle hätten ihr gern
geholfen und ich bin sicher, daß wir ihn
gelandet hätten. Sie hatte wohl gedacht,
djj sie keine Sympathien finden würde.
Ich besuchte sie öfters und tröstete sie mit
der Aussicht, daß sie nach dem Kriege
hren Mann wieder haben werde. Und so
kam sie wieder ans Tageslicht."
Huf der Grenzstation Warnemlinde.
Höchst humoristisch und zugleich sehr
indkuckSvoll schildert Frau von Keller
ihre Erlebnisse auf der deutschen Grenz
statlon Warnemünde:
.Nachdem ich zwei sehr interessante
Loge in Kopenhagen verlebt hatte, trat ich
mit klopfendem Herzen die letzte Strecke
meiner Reise an. Ich hatte so viel unge
heuerlicheS über die Grenzstation Warn"
munde gehört, daß meine Angst nicht zu
verwundern war. Wie bin ich aber da be
handelt worden! Dcr Hauptoffizier faßte
mich zuerst scharf ins Auge, da ich, sage
nd schttibe. fünf riesige Koffer mit mir
hatte. WaS wollen Sie denn mit allen
den Kleidern hier in Deutschland in
Kriegkzeiten?' fragte er mich. Ich guckte
,ihn so von unten herauf an und ant
wortete: .Schimpfen Sie mich doch nicht,
Ich bin doch in einer so gefahrvollen Zeit
Ihnen zurückgekommen. Im übrigen
Kabe ich viele Sachen für arme Menschen,
ind nur in einem Koffer befinden sich
Mine Kleider Sein Gesicht leuchtete auf
nd er sagte: ,Na, da wollen wir mal
jpinf von meinen Offizieren , anstelle,
Hon denen jeder einen Koffer untersuchen
,soll." Und wir haben so gelacht, als die
Berge von Sachen herausgeholt wurden
so manches darunter, Hi jtjncn frcm
war,' und neugierig waren sie, alles zu
eben. Mir wurde Angst und Bangt, als
ch all den Kram erblickte, den ich mitge
chleppt hatte. An einem Holzkosfer, einem
rlnz billiges den ich mir im letzten
iigenblick noch angeschafft hatte, fanden
sie einen doppelten Boden, worauf sie mich
aufmerksam machten, und da erwiderte
ich, daß ich überrascht wäre, für so wenig
Seid, wie ich 'für den Koffer ausgegeben
Litte, och eine doppelte Boden mit i
den Kauf bekommen zu haben. Kurzum,
wir kamen aus dem Lachen nicht heraus.
Die Jlüssigknten,' Medizin etc.. wurden
alle weggegossen. Meine Cognac-Flasche
wben sie mir gelassen, ich mußte aber
einen Schluck daraus trinken. Alle Da
Piere, die ich mit mir führte, wurden zer
rissen. Um meine Kochrezepte habe ich so
lange gebettelt, bis ich sie behalten durfte,
nachdem man sie sorgfältig durchgelcsen.
Dann wurde ich von einer Dame durch
sucht, was sehr fix vor sich ging.
Ali ich fertig war, sagte ich
den Herren, daß ich von ihrer gro
ken Liebenüwürdiakeit entzückt sei und
nach 9fe Fgrk schreiben würde, damit
meine Erfahrungen in der ,Ctaats-Zei
tung" bekannt gemacht würden. Die Her
ren erklärten: .Das hören wir gern", und
als ich abfuhr, standen sie samt und fon
der! da und winkten, biö wir unk nicht
mehr sehen konnten
Die ersten Eindrücke dabeim.
Ueber die ersten Eindrücke nach dem
Eintreffen am Ziel schreibt Frau von
Keller:
Hier in Helleran bin ich mit Jubel
bcgrußt worden. Nicht nur von meinen
Kindern, sondern auch von ganz Frcm
den. die ich nie zuvor gesehen habe, weil
ich, als Amerikanerin, zu einer so gefähr
lichtn Zeit diese Reise gewagt hätte; es
war und ist, geradezu ergreifend.
Morgen fahre ich nach Dresden ins
Lazareth zu den Verwundeten, und ich
freue mich riesig darauf, diesen armen
Menschen etwas sein zu können, ihnen
vielleicht auch vorzulesen
Auch der Zensor hat an dem Brief
Frau von Kellers mitgearbeitet. Mit
einem dicken Strich durch einen längeren
Absatz, welcher sich augenscheinlich mit
Dingen militärischer Art beschäftigt hat,
denn es heißt, wo der Strich aufhört:
alle Soldaten singend. Tausende sieht
man überall, und alle frische und gesunde
IungenS, welche mit frohem Herzen ins
Feld hinausziehen ,
: Der Fleischlose. , '
Noch einmal kommt Frau vonKeller,
im Zusammenhang mit einer Schilderung
des .Fleischlosen ?ogeS" im Heim ihrer
Tochter, in scherzhafter Weise auf den
KoffkrVorfall. cm Bord des Schiffes zu,
rück. Sie schreibt: : .... t
.Die Frau erzählte mir, daß sie und
ihr Mann sich vorgenommen hätten, in
Kopenhagen einen großen Schmaus zu g?i
den, wozu wir Deutsch.Amerikaner alle
eingeladen werden sollten, was von meiner
Seite au! jetzt (heute ist ein Fleischloser
Tag) sehr bedauerlich ist. Jedoch Spaß bei
'Seite man muß manchmal einen klei
nen Scherz machen, um in Stimmung zu
bleiben wir leiden keine Not. Im Ge
genteil Wir hatten heute bei meiner
Tochter Graupensuppe. Pfannenkuchen mit
Pilzen gefüllt, sehr schmackhaft. Spin?,
GkllnUben und eine süße Speist. M:hr
als genug
Aus dei Briefen spricht die Zuversicht
der Schreiberin, welche durch einen
Augenschein zur Gewißheit geworden ist.
Die gcfesttigte Ueberzeugung vom schließ
lichen Siege Deutschland?.
Allerlei Jntereffantes
aus Rußland.
Die Trunksucht der Gebildeten. Die
Reise der Tumamitglieder nach Eng
land.
Der Pirogowsche Aerzickongreß be
fchäftigte sich mit der zunehmenden Trunk
sucht der Gebildeten und Studierenden.
Die Intelligenz verbrauche jetzt mehr
Spiritus als früher das einfache Volk.
Der Kongreß verurteilte scharf die Aerzic
und Apotheker, die Spiritus auf Rezepte
verkaufen und deren ', Empfangszimmer
an frühere Araniitweinverkaufsslellen er
innerten. Die Anzahl der Parfumerie,
laboratorien in Petersburg sei fünfmal
großer IS vor dem Kriege.
.Djen" verspottet die. NZetsch". die der
Reise der Tumaabgeordneten nach Enz
land und Frankreich großen Wert sür die
politische Schulung der Parlamentarier
zuspricht. Das Blatt vergleicht diese Ab.
geordneten mit den Kranichen, die weit
reifen, aber davon nicht klüger werden.
Uebrigens dauerte der von der russische
Presse mit soviel Aufhebens angekündigte
Aufenthalt von zehn Abgeordneten in
Stockholm knapp einen Tag.
Die Militärzensur Charkow verbot
Aufrufe für Sammlungen zugunsten der
Kriegsgefangenen. ' Bemerkenswert ist,
daß die in der Petersburger Börsenzci
tung veröffentlichten Gerichte der kürzlich
von Deutschland ausgetauschten invaliden
Offiziere große . Zcnsurlücken ausweisen.
Die. russische Presse begrüßt, wie die
Petersburger Telegraphen Agentur mel
der, mit Befriedigung die Einführung de:
Einkommensteuer, die nach den Zeitungen
eine mächtige Waffe gegen den eind
bilde, da sie die Entschlossenheit d's Vol
kes bekunde, alle möglichen Opser zu
bringen. '
Londoner Meldung: .Mehrere unserer
Schlachtkreuzer kehrkcn völlig unversehrt
in den Hafen zurück Das waren wohl
die Schnellkreuzer?
JasTcksriWil
öcriüliHelljlölöZikii.
Die Buren als Gegner.
Der Kilimandfcharo der Preis, der
England lockt.
Dr. Carl Peters, dcr berühmte Afrika
Forscher schreibt:
Mit blutendem Herzen verfolgt Deutsch
land den Todeslampf feinet Kolonien und
das vorläufige Abbröckeln einer nach der
andern von seinem Machtgebiet. Mit
Tsingtau begann es, dehnt sich au! über
unsere Besitzungen Im Stillen Ozean und
Neu-Guinea, Cudwest-Afrika und Käme
run, um jetzt mit Deutsch-Ostafrika wahr
I scheinlich seinen Abschluß zu finden. Denn
trotz deö Heldenmutes unserer Deutsch
Oftafrikaner, trotz der hervorragenden
Tüchtigkeit unserer militärischen Führung
auch dort, werden sich doch gewiß einige
natürliche Verhältnisse nicht dauernd
überwinden lassen. Zu einem längeren
Kriege gehört in erster Linie Geld, und
immer wieder Geld, ferner Nahrungsmit
tel aller Art und zuletzt aber nicht
zum wenigstin Munition. Das Bis
marck'sche . Kolonialsystem hatte ' unsere
Schutzgebiete für eine dauernde Verteidi
gung in einem Weltkriege wie dem gegen
wärtigen nicht vorbereitet. Die Häfen,
wie Dor-es-salaam und Tonga, waren zu
einer eigentlichen Verteidigung nicht ein
gerichtet. Vor den Toren von Metz, sagte
der eiserne Kanzler im Reichstag, müsse
und könne Deutschland feine Kolonien
verteidigen. Dies war damals sicherlich,
richtig, aber die Voraussetzung ist und
bleibt, daß Deutschland in Europa einen
entscheidenden Sieg gewinnt. Einstweilen
sind unsere Außenläufer für . unS verlo
ren.
Wenn die Heldenscharen unserer Ver
leidiger draußen mit den Engländern
allein, auch überraschend lange, trotz ihr
zahlenmäßigen Ueberlegenheit, fertig ge
worden sind, so können wir kaum war
ten, daß sie sich dauernd gegenüber dem
Eingreifen dcr ortsangesessenen Buren
behaupten werden. Smuts hat in Deutsch
Qstafrika auckj von vornherein zu der rich
tmen Strategie gegriffen, die Kolonie ge
wijsermaßen von oben auszurollen. Zwei
Bahnen hatten die Engländer zum Kili
mandscharo herauf vorgetrieben. Dieser
hat sich her Burengeneral bedient, um sich
zunächst !er Perle unseres Besitzes,' des
wirtschaftlich so - vielversprechendm Ki
lima-Ndscharo-Gcbieles zu bemächtigen.
Unsere Landslcute haben sich demgegen
über, wie es heißt, nach Süden zurück
ziehen müssen. Dazu hätten sie die Usam
baia'Bahn benutzt. Das scheint sehr
glaubwürdig, obwohl wir sür diese Vor
gänge einstweilen nur auf die feindliche
Berichterstattung angewiesen sind.
Den Verlust des Kilimandfcharo haben
die Engländer von vornherein lebhaft be
dauert. Im Sommer 1885 hatten sie zu
nächst versucht, ihn durch Zanzibar-Ge
neral Mr. MatthewS auf Umwegen für
sich zu erwerben. Damals machte ihnen
Dr. Carl Jühlke einen Strich durch die
Rechnung, welchen ich dorthin gesandt
hatte, und der einen Bertrag mit Man
dara von Moschi machte (vgl.. Band 37
von Voiqtlandcrs Quellenbuchern in me.
nem .Wie Dcutsch-Ostafrika entstand" S.
6268). Bei dem sogenannten deuisch
englischen Abkommen" vom 1. November
1886 versuchte England zum zweiten
Male energisch dies gesunde und frucht
bare Gebiet sich anzueignen. Damals ge
lang es mir und meinen Freunden, es
für uns zu sichern. Aber England .pflegt
seine Wünsche zähe im Auge zu behalten.
So kam eS 1892 zu der deutfch-englischen
Grenzregulierung", wobei ich ' Deutsch
land, der Konsul Smith aus Zanzibar
England vertrat. Wiederum handelte es
sich vornehmlich um den Kilimandfcharo.
Auch damals gelang es mir, unser Vor
recht zu behaupten, trotzdem der Freiherr
von Marschall, mein damaliger Vorgesctz
ter, sehr bereit loar, als der .Klügere"
nachzugeben. Aber ich war damit end
giltig in London mißliebig geworden,
und hieraus habe ich stets in letzter Linie
den sogenannten .Fall Peters" mit seinen
Folgen abgeleitet. '
Vor vier Jahren siedelten die Briten
plötzlich die Wildesten unter den Massai
Stammen nahe unserer Grenze am Km
mandscharo in einem eigenen Reservat an.
Eine recht freundliche Nachbarschaft für
unsere, friedlichen Ansiedler um jenen
Berg! Um jene Zeit, also etwa zwei
Jahre vor Beginn dieses Krieges bereits
sprengten die Engländer das Gerücht un
ter den Schwarzen aus,' in zwei Jahren
werde das ganze Kilimandscharo-Gebiet
britisch werden. Ein weiterer Beweis,
daß dieser Krieg damals schon bei den
Briten eine festbeschlossene Sache war.
Als der Kamps bereits begonnen war,
im August 1914, erschien ein .Einge
sandt" in dem liberalen Regierungsblatt
in London, der .Wcstminstcr Gazette",
in welchem , darauf hingewiesen wurde
daß ich mich noch in London befinde. Ich
hätte den Briten .Ihr" Ostafrika gestoh
len". Nun sei es an der Zeit, das Ver
lorene zurückzunehinen und überhaupt
Rache auszuüben. Damals gelang es mir.
durch persönliche Beziehungen mit einigen
der leitci'.den Minister, einen Erlaubnis
schein zu meiner NUckreise nach Deutsch
land zu erwirken.
Nvn:hr scheinen sie ihre Drohung, so
weit sie den Kilimandscharo betrifft, mit
Hilfe der Buren wahlgemacht zu hoben.
Aber Dcutsch-Ostafrika ist groß und kann
nicht auf einen Stoß von den Feinden ge
Wonnen werden, wenn es auch von drei
Eeit ZAgleich angegriffen wird. Die
Briten bringen vom Norden, die Belgier
vom Westen, die Portugiesen vom Süden
her ein. In Afrika hat die Verteidigung
überhaupt große Verteile gegenüber dem'
ftf '.t -i.l . . ' ... YVs-f!..
iingnif, uno noi.y g,v e viele cogiiq
leiten in Deutsch'Ostafrika. daS KriegS
glück zu wenden. Daß unsere braven
Landsleute auch dort ihr Möglichste tun
werden, deß sind wir gewiß, und ebenso
ihrer taltischen Ucbcrllgcuheit. C kann
sich der Krieg noch lang hinziehen. End
glitig entschieden werden muh auch er auf
den europäischen Schlachtfeldern.
Wie es mit unseren Kolonien nach dem
Kriege wird? "Darüber brauchen wir unö
heut: kaum den Kopf z zerbrechen. Aber
zur Beantwortung dieser Frage darf ich
wohl auf folgende Tatsachen hinweisen:
Unsere Kolonien bis 1D14 waren nir
gends wo nach sachlichen Gesichtspunkten
ausgewählt, weder nach geographischen.,
noch ach ethnographischen, noch nach
sprachlichen, noch nach klimatischen, noch
nach handelspolitischen Rücksichten. Sie
waren reine Zufallskolonien. Wo Land
irgendwo auf dcr Erde frei war, da nah
men wir es. Die! war auch damals ganz
in der Ordnung.
Da können wir unö freilich auch nicht
wundern, daß sie fo berstreut in allen
möglichen Interessensphären liegen. Kiau
tscho liegt den Japanern gegenüber, un
sere Besitzungen in der Südsee und Neu
Guinea gegenüber den Australiern, Süd
west-Afrika gegenüber der südafrikani
schen Union Kamerun und Togo dür
fen wir wohl als reine Faustpfänder be
trachten in der Hand dcr Feinde. Un
ter keinen Umständen wird eS jemals
möglich sein, eine einheitliche Verteidigung
all dieser Landflächen einzurichten.
Aus naheliegenden Gründen kann ich
diesen Gedanken hier nicht weiter verfol
gen. Aber ich meine, wenn es unserer
Staatskünst gelänge, an Stelle der zer
streuten Gebiete 'eine einheitliche, große
Kolonie, so umfangreich oder mehr
wie diese zerstreuten Ländermengen, im
Hinblick auf unsere wirtschaftlichen Be
dürfnisse zu gewinnen, so würde dieS ein
großer Vorteil für Deutschland sein.
Freisprechung eines
Gattenmörders.
Es
lagen Umstände vor, die seine
Strasbarkeit anSschloffen.
' AuS Wien. 25. April, wird gemeldet:
Dcr Landsturmmann Heinrich Jordan
stand gestern vor dem Kriegsgericht unter
der Anklage, seine Frau, mit der er zehn
Jahre verheiratet war, erschossen zu ha
den. Er war zu Krftgöbeginn eingerückt
und erhielt im Feld anonyme Briefe des
Inhalts, daß seine Frau ihn betrüge und
ei.icn unwürdigen Lebenswandel führe.
Auf Urlaub heimgekehrt, überzeugte er sich
von der Richtigkeit der gegen seine Frau
erhobenen Beschuldigungen. Da er sie sehr
liebte, suchte er sie ! auf den Weg er
Pflicht zurückzubrillgen; aber vergebens.
Sie verhöhnte ihn, anstatt in sich zu ge
hen. Eines Morgens erschoß er sie im
Schlafgcmach. In der Verhandlung gab
er an, er habe sie nicht tüten, fondern ihr
nur einen Denkzettel geben wollen. Dem
Polizeibericht ' zufolae war Fordan das
Muster eines Ehemannes, der seine Frau
abgöttisch liebte. Im Bericht des Trup'
penteils Jordans heißt es. es könne, von
ihm nur dos Beste gesagt werden; er habe
seine militärischen Pflichten stets unver
drossen erfüllt. Wenn andere Soldaten sich
zur Ruhe begaben, habe er Briefe an feine
Frau geschrieben. Der Sachverständige,
ein Stabsarzt, erklärte, dem Angeklagten
müsse jedenfalls zugebilligt werden, daß er
aus einer gewaltigen und auch ganz be
rechtigten Leidenschaft heraus gehandelt
habe. Sein Geisteszustand habe sich an
der Grenze eines pathologischen Zustandes
bewegt. Das Kriegsgericht sprach den An
geklagten frei, da Umstände vorlägen, die
seine Strafbarkeit ausschlössen.
Ein Hindcnburg .
bei Mars-!a-Tour.
Wie der Rittmeister die Batterie rettete
und datei selbst fiel.
' Wer mit der preußisch-dcutschen Kriegs
gcschichte vertraut ist, dem ift der jetzt zur
Wcltberllhmtheit gelangte Name Hinden
bürg längst wohl bekannt gewesen. "Vor
fahren und Angehörige des Generalfcld
marschalls hab?n sich stets im Heer ver
dient gemacht und im Kriege tapfer ermie
scn. Wie der preußische Rittmeister von
Hindenburg. ein Ontcl deö Fcldmarschalls,
bei Marsla-2our fiel, das gehört zu den
glänzendsten Heldentaten im deutsch-fran-zöstschen
Kriege. Er- hatte mit der 4.
Schwadron des 2. Garde-Dragoner-RegU
ments eine Gardebatterie zu decken, welche
nördlich von Zliars-la-Tour eine etwas
weit vorgeschobene Stellung eingenommen
hatte, um von da aus den rechten Flügel
des französischen Korps Ladmirault zu
beschießen. Nur zu bald aber war diese
Batterie von drei Schwadronen ofrikani
scher Jäger, die aus dem rechts von dcr
Chaussee gelegenen Grund plötzlich her
vorbrachen und auf die Batterie wild los
stürmten, zur Einstellung des Feuers ge
zwungen. Die Batterie mußte allen als
verloren gelten, aber Hindenburg wirft
fich mit seinen Dragonern ohne Besinnen
auf den dreifach überlegenen Feind, und
diesem unerwarteten plötzlichen Ansturm
gelingt es. die Batterie zu retten, freilich
mit den schwersten Opfern: Rittmeister v.
Hindenburg ist selbst gefallen, drei Offi
ziere sind verwundet, die Schwadron ist
stark gelichtet. Bon vier Stichen durch
bohrt, hatte der heldenmütige Rittmeister
bii zum letz, Atemzüge gekämpft-
Ter Kliiskr ick
die SiDkr
, Britische Schofligkeit.
Die Engländer kennen keine Heeren
Gefühle: für Gell, find sie e gu
hake.
Der Kaiser hat der Tatsache, daß von
seiner Mutter her englisches Blut in sei
nen Adern fließt, bei mancher Gelegenheit
öffentlich gedacht. Dsnn für die Größe der
britischen Nation, für die Ruhmesblätter,
die ihre Geschichte enthält, hat er stets ein
volles, neidloses Verständnis gezeigt. Und
indem er dem Deutschen Reich eine starke
Wehrmacht zur See schuf, betonte er
immervon neuem, daß sie nicht zum An
griff auf England, sondern zum Schutz
. , t ir . "1 l .e t . ri ? r.i it
jS. deutschen Handels bestimmt sei. Uner
mudlich bemühte sich der Kaler, leinen
y. ... fir. r.y.L . . tm
sttcviicycn UMie lenieiis es anal
Glauben zu erwecken. Nie gab er die Hoff
nung auf, die beiden durch gleiche Abstam
mung auf einander hingewiefenm Ratio
nen jn ehrlicher, beständiger Freundschaft
verbunden zu sehen. . Aber von den Eng
ländern gilt noch heute daS Wort, das ihr
Todfeind Napoleon gesprochen hat: .Die
Engländer, kennen keine höheren Gefühle:
für Geld sind sie alle zu haben". Anstand
und Ehre sind, wenn es sich um materiel
len Vorteil handelt, unseren angelsächsi
schen Vettern ein unbekannter Begriff.
Deutschlands Aufblühen, Deutschlands
Reichtum weckten ihre Begehrlichkeit. Sie
haben die Freundeshand, die das Ober
Haupt des Deutschen Reiches ihnen so oft
entgegenstreckte, nicht ergriffen und sich
nun, unter einem schäbigen Voraand, un
seren Feinden zugesellt.
Um die britische Schofligkeit in ihrem
vollen Umfang zu kennzeichnen und in das
hellste Licht zu rücken, ift es angebracht,
sich jetzt einigermaßen der Aeußerungen zu
erinnern, die der Kaiser bei den verschic
densten Anlässen tat, um den Engländern
zu beweisen, daß niemand in Deutschland
ihnen UebleS wolle, und ein festes Band
dcr Einigkeit zwischen Deutschland und
England die zuverlässigste Bürgschaft des
Frieden sei.
Am stärksten und prägnantesten gab der
Kaiser dieser Ueberzeugung Ausdruck durch
den Satz: .Blut ist d'icker als Wasser".
Als die .Institution of Naval Architekts"
im Juni 1896 ihre Jahresversammlungin
Hamburg und Berlin abhielt, antwortete
der Kaiser auf ihre telegraphische Huldi
gung: .Ich hoffe, daß der herzliche
Empfang, den Sie hier gefunden haben,
die Wahrheit des Spruchs .Blut ist dicker
als Wasser" bestätigt hat". Und indem er
zur Linderung der in Indien ausgebroche
nen Hungersnot eine in Berlin gesammelte
Summe von einer halben Million Mark
dem Bizelönig überwies, schrieb er: Möge
Indien in dieser Handlung der Haupt
standt des Deutschen Reiches daS warme
Gefühl von Sympathie und Liebe erblik
ken, welches mein Gefühl leitete und aus'
der Tatsache herrührt, daß Blut dicker ist
als Wasser." Ferner drahtete der Kaiser
nach dem schmerzlichen Verlust, den die
deutsche Flotte am 16. Dezember 1900
durch den Untergang der .Gneisenau" im
Hafen von Malaga erlitten hatte, am 18.
Dezember an den englischen Admiral
Fisher in Malta: Mein Konsul telegra
phicrt, daß Sie gütigst zwei Schiffe ent
sandten, um unseren armen Mannschaften
in Malaga beizustehen. Ich beeile mich,
Ihnen aufrichtig zu danken. Ihre Hand
lungsweise zeigt aufs neue, daß Seeleute
m der ganzen Welt Kameraden sind, und
daß Blut dicker ist als Wasser."
Bei dem ersten Besuch, den der Kaiser
nach seiner Thronbesteigung seiner Groß
mutier, der Königin Viktoria von Eng
land, im August 1883 abstattete, war er
zu . Admiral der englischen Flotte er
nannt worden. Jn Sasdown Bai, wo er
der Ausfahrt der Flotte zum Manöver bei
gewohnt hatte, antwortete er auf eine Tisch
rede des Prinzen von Wales: .Die große
Ehre, die. mir von der Königin durch Er
Nennung zum Admiral der englischen
Flotte erwiesen worden ist, schätze ich sehr
hoch. Ich sreuc mich sehr, der Besichtigung
der Flotte beigewohnt zu haben, die ich
als die schönste der Welt betrachte". Seiner
Achtung für die englische Flotte hat der
Kaiser auch später noch öfter beredten
Ausdruck verliehen, so bei einem Festmahl,
daß er' am 22. Januar 1893 seinem
Oheim, dem Herzog von Edinburg, im
Königl. Schloß gab. Der Kaiser sagte an
diesem Tage: Die englische Flotte ist für
die deutsche nicht nur ein Muster vom tcch
Nischen und wissenschaftlichen Standpunkt,
sondern auch die Helden der britischen
Flotte, Nelson usw. sind stets gewesen und
werden immer sein die Leitsterne, für die
Offiziere und Mannschaften der deutschen
Marine, die nicht minder erfüllt sind vom
Geist der Vaterlandsliebe Dcr Kaiser
schloß mit einem Ausblick in die Zukunft,
wo vielleicht die englische und die deutsche
Marine Schulter an Schulter gegen einen
gemeinsamen Feind zu kämpfen haben
würden.
Jn Elberfeld bei der Einweihung dcr
Ruhmeshalle, nahm der Kaiser auf das
kurz vorher, am 16. Oktober ISO, mit
England über den Handelsverkehr . nach
China getroffene Abkommen Bezug durch
die Worte: .Das Übereinkommen mit
dem mächtigsten germanischen Staat außer
unserm Volk wird, so hoffe ich, in die
weite Zukunft hinaus ein gcmeinsanies
Streben auf dem offenen Weltmarkt für
unsere beiden Völker gewährleisten im
freundschaftlichen . Wettkamps, ohne
Scharfe,
nv eiler. in 13. ücovemver izwi.
Im Kamp mit
VchikdevungMes Franzosen. Der Dampfer5ol
bert übel zugerichtet
Die oss,kcke .qeiwna' vom 1. Mai
schreibt: Uebel zugerichtet, ift dieser Tage
der Dampfer .Eolberl" nach Morteille
eingeschleppt worden. Auch, dieses Schisf
gehörte zu der Sorte bewaffneter Han-
delsschiff, die als Kriegsschiffe anzu
enen, gewiiie ?ceuirae un verwenren
möchten. Das Paris Journal berichtet
über den Kampf mit einem deutschen
Unterseeboot bei dem 'der .Colbert" .vorn
zerschmettert, hinten wie ein Sieb durch
löchert" wurde.
Der unsichtbare Feind.
.Drei Stunden lang hat der Fracht
Kämpfer dem Feinde getrotzt. Die tief
über fernen Rumpf hinlaufenden Schmor
, ren, die zertrümmerten Schifssmaschinen
legen Zeugnis davon ab. 7000 Tonnen
v , , ... . .
faßt dcr .Colbert". Offiziere und Passa-
giere hielten gemächlich Siesta nach dem
Frühstück, stopften sich die Pfeifen, rollten
die Spieltische zurecht, unterhalten sich
über Vergangenes und Zukllnfi.eS. Da
fegt eine Granate iiber Bord. Wo kam
sie her? Geheimnis. Man ist versucht,
an eine Massensuggestion zu denken. Aber
eine h"chaufspritzende Wassersäule, die da!
ganze Borderdeck unier Wasser setzt, schafft
me Gewißheit über die Nahe des Feindes.
Drei Minuten darauf eine zweite Gra-
nate, diesmal vom Backbord her. Dcr
.Solbert" ift in der Falle. Der Kapitän
stürzt auf die Kommandobrücke. Der
Wachtoffizier schickt in aller Hast die Bot
schaft: Hilfe! EH Unterseeboot greift ns
an!" '
vermittels der drahtlosen Telegraphie in
alle vier Winde. Und noch immer zeigt
sich nichts am ebenmäßig kahlen und
glatten Horizont. Kalt, bestimmt fallen
die Befehle des Kapitäns in den Schall
trichter: .Alle Mann an Bord!" Die
Rettungsboote ablassen; jeder Passagier
hat augenblicklich seinen Rcttungsgürtel
umzulegen!" Minuten herzbeklemmender
Angst und fieberhafter Vorkehrungen strei
chen vorüber. Jn der Ferne, wo Himmel
und Wasser sich berühren, taucht ein zacki
ges Gebilde auf. Wie der Turm eines
verwunschenen Ritterschlosses steigt der
Peobachterstand des Unterseeboots mit dem
Periskop aus den Wellen. Gleich darauf
wird der Rumpf sichtbar, der sich mit
einer Schenkelbewegung, der vordere Teil
zuerst, der hintere wenig später, aus der
Tiefe hebt. An die hundert Meter lang
zeichnet sich, der Unterseeriese geschmeidig,
imposant, wie ein Torpedojäger mit seinen
beiden ? Panzertllrmen vom Horizont ab.
Er hat eS mächtig eilig. Seine Schorn
sieine paffen dicke gelbe, funkenuntermischte
Rauchsäulen. Daö Fernrohr vor den
Augen, schätzt der Kommandeur die Ge
schwindigkeit ab: an die 16 Knoten,
Ein Schauer von Granaten,
je zwei kurz, hintereinander, überschüttet
zwanzig Minuten lang den Frachtdampfcr.
Die Befehle folgen einander: die Passa
giere hinunter zum Ausbooten, die Mann
fchaft an das Geschütz, 'erst auf Kom
mando feuern, die französischen Fahnen
ist der Kaiser der Gast des Lord Mahor
in der Guildhall von London und spricht:
Die Hauptstütze ..und die Grundlage des
Weltfriedens ift die Aufrechterhaltung von
guten Beziehungen zwischen unseren beiden
Ländern. Ich werde sie auch fernerhin
stärken, soweit dies in meiner Macht liegt.
Die Wünsche der deutschen Nation decken
sich hierin mit den meiniaen. Dann wird
die Zukunft glänzende Aussichten zeigen,
und der Handel zwischen den Nationen,
die sich gegenseitig zu vertrauen gelernt ha-
den, sich weiter entsaften. DreiTage spa
ter, beim Empfang einer Abordnung ng
lischcr Journalisten, bezeichnet der Kaiser
abermals die freundschaftlichen Gefühle
zwischen beiden Nationen als notwendig
für den Weltfrieden und fährt fort: .Wir
gehören zu derselben Rasse und haben die
selbe Religion. DaI sind Bande, die sich
stark genug erweisen sollten, zwischen uns
Harmonie und Freundschaft bestehen zu
lassen -
Entlassung kkgsunbrauchoarer Mann
schaften.
Das Kriegsministerium in Berlin hat
durch einen im Armee-Verordnungs-Blatt"
veröffentlichten Erlaß angeordnet,
daß Mannschaften, deren Miegsunbrauch
barkeit feststeht, nicht länger als unbedingt
erforderlich im Dienst zurückzuhalten und
mittels eines beschleunigten Verfahrens
seitens der stellvertretenden Generalkom
mandoS zu entlassen sind. Zur Vermei
dung. von Verzögerungen der Entlassun
gen haben sämtliche beteiligten Dienststel
len so frühzeitig wie möglich alle
Unterlagen zu beschaffen, die für' die Be
urteilung dcr Kricosunbrauchbarkeit und
Versorgung deS Mannes erforderlich sind.
Me verfugte Entlaffung darf nicht etwa
wegen Fehlen der MilitLrpapiere der
zögert werden. Jn diesem Falle ift dem
zu Entlassenden ein vorläufiger Ausweis
zu erleiien.
-
OfsenbachS offene Hand.
Die Sammlung zur Nationolstiftung
für die Hinterbliebenen der im Krieae Ge
fallenen hat in der Stadt Offenbach bisher
350.000 Mark ergeben; in dieser Summe
Und Einzelzeichnunaen von 50,000. 30,
000, 20,000, 10,000 Mark usw.. -sowie
der Betrag einer Haussammlnng von
TOffr ntkl hu fc. eis
nen Mann wurde der Sammluna 16.000
(VW ..U.. .MtlfUilllt, VUiUI l(lt
ytm zngeMrt.
einem Zl-ZZoot.
lm qam von Marseille.
hissen, da es zum Kampf geht. Mit dem
Heck dem Feinde zugewandt, erwartet der
.Colbert" die Annäherung des Untersee
bootcZ. Sein Geschütz ist noch immer ver
hüllt. Bis auf etwa drei Seemeilen läßt
er den Feind herankommen. Dann fällt
der Befehl: .Feuer!" Und daS Duell auf
dem Meere beginnt. Der Feind schießt
sich ein. Seine erste Granate, eine 10K
Zentimeter-Granate, schlagt eine Bresche
von 30 Zentimetern. Die zweite folgt ihr
mit gleichem Effekt. Die dritte reißt glatt
die Antennen des Drahtlosen ab. Nun
kann der Colbert" nicht mehr um Hilfe
rufen. Alle die vielen auf dem Meere
wimmelnden Schiffe, die Torpedoboote,
die Handelsdumpfer, die Fifcherbarken
hatten wie zur Ermunterung von allen
Seiten unablässig geantwortet: Wir
sind schon unterwegs!" Das plötzliche
Aufhören der Verbindung mußte sie in
den Glauben versetzen, daß der .Colbert"
bereits torpediert sei, ihre Hilfe zu spät
käme. Mit der Regelmäßigkeit eines
Chronometers bringt jede Minute zwei
Granaten an Bord. Um 3 ' Uhr 40
Minuten zerschmettert
ein
gntgezielter Tchuf, den
grossen
Schornstein.
Flammen und Rauch steigen zischend
gen Himmel, ein weißer Nebel deckt das
Schiff ein. Die Offiziere des U-Bootes
sind der Meinung, daß der Dampfer
Feuer gefangen hat und halten eine
Viertelstunde im Schiehen inne. Mit
doppelter Geschwindigkeit, so schnell der
Motor arbeitet, kommt das Tauchboot
heran. Mitten im beißenden Rauch regiert
der Steuermann das Rad. Um sich ge
gen die auf ihn eindringenden Rauch
und Wassergarben zu schützen und keinen
Irrtum beim Ablesen des Kompasses z
begehen, läßt sich der Kapitän eine
Barrikade von Matratzen auf der Kom
mandobrücke bauen. Den Mund mit
einem Taschentuch verbunden, so leitet er
aus seinem improvisierten Fort das Feuer.
150 Granaten werden auf diese Weise ab
gegeben. Verwundert über diesen ver
zweifelten Widerstand, sucht, das Tauch
boot näher an fein Ziel heranzukommen,
um mit einem Torpedo seinen Triumph
auszuspielen. Da'aber überschütten den
Feind unsere Granaten. Er verlangsamt
seine Fahrt.
. Bis einhalb fünf Uhr hat das Kanonen
buell gedauert. Da kündigt schwarzer
Qualm am Horizont das Eintreffen von
Verstärkung an. Ein .Fischerdampfer"
kommt in Sicht. Er ist mit einer
mächtige Kanone bewaffnet. Schon im
Anrücken feuert er. Das wird dem Tor
pedoboot zu gefährlich. Es zieht vor, zu
verschwinden. Die beiden Panzerturme
werden kleiner, und gleich darauf hat die
Flut da Boot verschluckt.
Eine Stunde später steuern patrouillie
rende Torpedojägcr auf den .Colbert" zu.
Man zählt die Okfer: einen Toten,
zwanzig Verwundete, sieben davon lebens
gefährlich. .An Bord eines schnellen.
Dampfers gebracht, werden die Verletzten'
in aller Eile nach Toulon befördert."
Die KriegS-Bolkekiichen.
Die Städtischen Kollegien in Uelzen
hielten eine Sitzung ob, in der der Vor
sitzende, Senator Mensching, Mitteilung
über die seit dem 15. November im Be
triebe befindliche Volksküche machte; es
sind pro Woche rund 960 Portionen Essen
zum Preise von 30 Pfennig geholt wor
den, und es wird angenommen, daß fich
der Betrieb noch steigern wird. An arme
Schulkinder wird ein warmes Milchfrüh
stück verabreicht.
' .
Schwedische Liebestätigkeit.
Ein Bild von der schwedischen Liebes
tätigkeit gegenüber den deutschen Gesan
genen in Rußland gibt ein warmherziger
Aufruf aus Leserkreisen im Stockholms
Dagblad". Aus dem Innern Rußlands
ist dieser Tage im hiesigen Lehrerverein
eine Karle eingetroffen, aus der hervor
geht, daß die Insassen des dortigen Ge
fangcnenlagers bisher keinerlei deutsche
Bücher erhalten haben. Der einzige Weg,
deutsche Bücher den Gefangenen zukom
men zu lassen, geht durch das schwedische
.Rote-Kreuz-Komitre, das sich auch sofort
vereitwtllig m den Dienst dieser Sache ge
stellt hat. Verschiedene Bedingungen, wie
z. B.. daß die Bücher vor 1913 gedruckt
sein müssen, sind zu beachten.
Ein deutscher Offizier.
Die Hinterbliebenen eines auf dem
Felde der Ehre gefallenen Bonner Offi
zierS haben auf dessen Wunsch der Stadt
Bonn 3000 Mark überwiesen; davon sol
len 1000 Mark zur Unterstützung von im
Felde erblindeten Kriegern auö Bonn,
eventuell der Rheinprovinz, dienen. 2000
Mark zum Besten in Not geratener Fa
m!ln gefallener Bonner Krieger. Der
in Köln verstorbene Leonhard Sauerbier
hat der städtischen Armenverwaltung i?
Bonn 3000 Mark vermacht.
.
Bertha" von Konstantinopel.
Der türkische Kriegsminister ergriff die
Initiative für die Aufstellung eines Rie
sen-GeschützeS entS Holz auf dem Bajosid
Platze vor dem Kriegsministerium. Das
Geschütz wurde in Deutschland bestellt.
Nach dem Vorbild deS Eisernen Hinden
bürg kann die Bevölkerung gen Geldbe
träge, die für Soldatcnwaisen verwendet
werden, kupferne, silberne und goldene Nä
g(l einMaak.