Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, June 14, 1916, Image 3
Wls Keij'el nach Sibirien verschlepp!. Im Narfmski Kraj. von Vr. phlllpp ZNettczel. . n. Cchwb,, s Drei Wochen war ich schon In Parabell. II ich vom BJokoft", dcr fmeinbftrdS. dkiwallung. die in Parabcll ihren Sitz, hat, in Telegramm und einen Brief zugestellt hielt. TaZ Telegramm war nach iinf Monaten die erste Nachricht au der Hei ' mat. Ich konnte sie entziffern, trotzdem sie arg verstümmelt war, und mußte eine Viertelstunde innehalten, um . . . schließ' lich mußte ich mich doch auch einmal aus weinen. Dann loS ich den Brief. Er .stammte von meinen Schicksalsgenossen. ie teilten mir mit, dafj man sie auf tele graphischem Wege nach Zomsk berufen statt, von wo sie nach stiern reisen werd?. 3ie drückten sich, offenbar um mich nicht mu wuiiien, ovr,,a,iig au uns Mieden, roR ue niait tonnten, oh ihr Rs, kZmecke eines Auetausche erfolge ... Ich ar auk der Aktion ausgeschlossen und blieb in Sibirien. Aber um mir Gewih beit zu verschaffen, beschloß Ich. zum Pri staw nach Narym zu reisen. Der Starschy gab mir einen PafsiiJschein und mit die. Jem ausgerüstet fuhr ich am anderen Mor. gen weiter nordwärts, nach der Haupt standt Narym. Der Prisiaw war ein mächtiger Mann. E gibt in Rußland Pristaw!. die sich vom Schreiber zum Poleizeileutnant irgendwie hinaufgedient haben, und ti gibt solche, welche ihrem Feldwebels oder Unterteilt nantsrang ade sagen, um als Pomotschnig des Pristaws oder je nach dem Grad der Protektion 'als Pristaw einen lltschastok Polizeirayon zu erhalten, Ei gibt ab.r auch russische Kapitäne, Obersten und Generalmajore, welche ihren dienst, et ti sreiwillig. sei ei gezwungen verlassen, um als Pristaw mit Aussicht auf Karriere bis zum Jsprawnik oder .Polizeimeijter ein gesicherte; Nebenan kommen von 30,000 bis 40,000 Rubel , jährlich zu suchen und zu finden. Sehr begehrt sind in Rußland UtschastokZ, wo viele Juden wohnen, weil aus der Ausle gung des Wohn und AnstedlungSrechteZ der Juden für den Pristaw regelmäßige und steigerungSfähiIe Einkünfte fließem Als die Ru en in Galizien einmarschier ten und dort die sogenannte Verwaltung einrichteten, wurden galizische Pristawstel, Im von unternehmungslustigen Leuten finanziert und mit 5,0,000 bis 100,000 Rubel bezahlt. Sie sollen nicht an, au: ihre Rechnung gekommen fein, weil sowohl die Herren Vorgesetzten als auch die Her, ren untergebenen der Pristaws bei der Er langung der Stellen gleichfalls hohe Kapi talien investiert hatten, die mit einigem Gewinn autorisiert werden mußten, und weil der Tunaiecdurchbruch unerwartet früh kam. Der Pristaw in Narym gilt als armer Wfinnn . Gr ift fi-sfitt ,!n wl. J3VIW.,V.MIU0iH Vil. Verschickter und unterscheidet sich von den Verschleppten nur darin, daß er nicht per Etappe in das gesegnete Land am Ob kommt. Im Sommer schlich der Pristaw Wie wir alle, vom Sumpfsicber und der Ruh erfaßt, tritt eingefallenen, fahlen Wangen und brenndcnden Augen umher ' und wartete mit Sehnsucht auf den mn ter. der ihm ermöglicht, sich in den gro- ßen, großen Pelz zu stecken und reines Amtes als oberster Chef aller Nazoraltis und Verbannten zu walten. Die sibirischen Bauern kummern sich um den Pristaw nicht und wenn von Zeit zu Zeit eine ein heimische Bäuerin verhaftet wurde, weil sie trotz des Alkoholverbotcs irgendein selbst gebrautes Schnapsgetränk, Samosatka ge nannt, in Umlauf gebracht hatte, lachten die anderen und brauten weiter. Im Herbst 1915 horte ich von einem Manne, der es wissen muß, daß ein Jahr Alkohol verbot dem russischen Reiche 300,000 Men schenleben gekostet hat. So viele starben an Vergiftungen,' die sie sich durch den Ge nuß alkoholhaltiger Surrogate zugezogen hatten. Daß alle Duftwässer, Kölnisches Wasser und Parfums, soweit sie nur Evuren von A lodoi auimu en. den unae. wohnlichen Weg durch die Gurgel und Speiseröhre der russischen Bauern nah wen, ist auch außerhalb Rußland bekannt geworden. Doch nun ist es hohe Zeit, zu meinem Priftaw zurückzukehren, bei dem ich in Narym vorsprach, um mich zu erkundigen, weswegen ich in Sibirien geblieben fei, Während meine Genossen beinahe als freie Männer, will heißen, ohne Etappe nach Kiew zurückkehren durften. Der Pristaw war verlegen und fragte mich zögernd: .Welcher Konfession gehören Sie an?" .Das ist in diesem Falle gleichgültig." sagte ich. Ich fragte Sie als Lsterreichi scher Staatsangehöriger, weshalb Sie meine Genossen, mit denen ich gleichzeitig und unter der gleichen Beschuldigung der russischen Behörden vcrhastet wurde, zu rückbesördert haben, wahrend ich im Na rysmki Kraj bleiben muß." Machen Sie ein Gesuch und überschicken Sie es durch mich an den Gouverneur." Ich lehnte ab. Ich habe bis jetzt keine Ge suche an die russischen Behörden überreicht und will es auch fürderhin nicht hm," sagte ick. Dann fragen Sie beim Gouverneur in 2omtt telegraphisch an, mit der gleichen telegraphischen Anfrage können Sie sich auch an den amerikanischen BotAastcr in Pelersburg wenden. . Ich hab: den Rat des Pristaws befolgt und beide Telegramme abgehen lassen. Bom Gouverneur (schielt ich nach zwei Portalen den Bescheid, daß das russische Ministerium d.Z Innern nur meine vier Grossen nach Kuw zutüclbefördern ließ, während mein Name in dem betreffenden Erlasse nicht erwähnt gewesen fei. Der omrriianische Botschafter antwortete mir überhaupt nicht. Bei der Antwort des ctiwrm'url ließ ich es nicht bewenden, Ick' fragte bcim damaligen Minist.r des Indern Mclla!üw int einem Briefe an. w:snegcn ich von dcr 'Altion audgeichlas scn worden fei. Im Spätsommer 1015, knapp vor meiner infolge Abtaust. er folgten Heimreise, teilte mir der Pristaw die Antwort des Ministers mit. Der Gcneralgouverneur Galiyiens, Gras ovrinöki, yieg ti in dieser Antwort, habe meine Genossen zum Austausch gegen die Angehörigen der Brüder GerowSkt bc stimmt und zur Erleichterung des Vor ganges ihre Ueberstellung nach Kiew vcr langt. Ich aber sei vom Grafen Bobrinski in diese Austauschassäre nicht einbezogen worden. Bei dieser Gelegenheit sagte mir der Pristaw: 0, die russischen Behörden sind sehr gut informiert. Ihre Genossen wurden als österreichische Zschinowr.iki von Rang verhaftet und nach Sibirien verschleppt. Sie aber sind nach den ,ns vorliegenden Berichten der allergefähr lichste Oesterreich." Ich erwiderte lachend: .Ich kann Ihnen darauf nur dasjenige sagen, daß ich dem oorilkgenden Berichten dcr alleraesar. Gendarmerieoffizier in Winica geantwr tct habe, als er mir mitteilte, da lie russische Polizei auf mich ein besondere Augenmerk richten müsse. Der Pristaw sah mich fragend an, und ich fuhr fort: Ich sagte damals: ES ist mir eine hohe Auszeichnung, wenn das gewollige Ruß land und die allmächtige russische Polizei gerade mich kleinen Mann er? der Bulo wina so sehr fürchten." Ich blieb mit Bewilligung der Behörde zunächst einige Wochen in Narym. In diesem Zentrum des Narymski Kraj lerne ich einige deutsche Familien aus dem In nein Rußlands kennen, die bald nach Kriegsausbrnch unter den nichtigsten Vor wänden administrativ nach Sibirien ter schickt worden waren. Sie waren tief de primiert. Mit ihrem persönlichen Schick sal, das ihnen die entsetzlichsten Entbeh rungen in dieser von Gott und Menschen verlassenen Gegend auferlegt hatte, hatten sie sich schon irgendwie abgefunden. Aber die Lektüre russischer Zeitungen mit den prahlerischen Ankündigungen des Vor Marsches nach Berlin und Wien erfüllte sie mit schwerster Sorge. Es gelanz mir, sie seelisch wieder aufzurichten. Ich war von der Ucberlegenheit der deutschen und östcrreichisch-unaarischen Waffen so sehr überzeugt, daß es mir ein Leichtes war, in meine Worte jenen Ton hineinzulegen, der suggerierend wirkt. Die Russen wa ren damals tief in den Karpathen und In Ostpreußen, ober mein Optimismus wirkte Wunder. Ich wurde zum Prophc ten. In den nächsten Taaen." sagte ich, werden die Russen, die siuj über die ost preußische Front oussallend c tsschweigen, dort ihre Katastrophe erleben." Als in ter nächsten Woche die Post neue Zeitungen brachte und wir das verschämte Eingc ständnis des russischen Gencralstabcs von dem Unglück, das der zehnten Armee zu gestoßen sei, lasen, wobei allerdings ofsi ziell mitgemeldet wnrde, dcr russische Oberst Messajedow habe den Deutschen alles verraten und werde dafür gehenkt werden, waren meine deutschen Freunde von meinem strategischen Scharfblick so schr überzeugt, daß sie aufrichtig - be dauerten, daß meine großen militärischen Kenntnisse in Sibirien aufs Eis gelegt weiden mußten. Als Ich, noch immer ge- tragen von meiner durch, nichts zu erschut ternden Zuversicht, die große Offensive in Galizien prophezeite, hörte inar. mir mit Rücksicht auf das wiederholt kundgegebene Gutachten der russischen militärischen Autoritäten, die Dunajecfront sei unein nehmbar, mit bangen Zweifeln zu. Ich aber stieg zur ersten außer Wettbewerb stehenden militärischen Autorität des Narymski Kraj samt Umgebung auf, als unsere Offensive in Galizien kam und die Zerschmetterung dcr russischen Karpathen- armee zur nicht mehr abzuleugnenden Tatsache wurde. Da ich auch gegenüber den russischen Polizeibeamten aus meiner Siegeszuversicht, kein Hehl machte. tagte . . . . M fW t V L. mir einer vieler yerren oeim Avicmco Ende August 1915 mit herablassender Vertraulichkeit ins Ohr: Da haben die russischen Behörden wieder eine richtige Dummheit gemacht: gerade , Sie mit bren gewaltigen mimar, cyen Zienni nissen geben wir im Austauschwege hinaus." Ich kann ihn letzt endgültig beruhigen. Geich nach meiner Rückkehr ins Vaterland konnte ich konatieren, daß die erforderlichen Militärischen Stellen recht gut besetzt sind und daß unser Con. rad aller menschlichen Voraussicht nach nicht in die Lage kommen wird, auf meine strategisch-militarische Mitwirkung zu re lektieren. Ich bin damit zusricven. und mein Polizeivoraesetzter in Narym wird, wenn ihm diese Zeilen irgendwie in die Hand kommen, seine Nächt. nicht mehr schlaflos verbringen. In dieser Beziehung kann sein russisches Vaterland ruhig sein. Unser Kreis Erweiterte sich von Tag zu Tag. Nicht nur aus den russischen Grenz aebieten brachte man neue Verbannte, deutsche Kolonisten und haupisächlich Ju den, sondern auch aus Galizien, aus der Bukomina und aus Ostpreußen kam neuer Zuzug. Narym war oft nur Durchzugs station. Viele gingen nach kurzer Rast der Etappe weiter nach Norden, nach Kar- gasog. Timskoje und Kalguak. Letzteres war die Strafkolonie unter den lratroio nien. Durch persönliche Intervention bei dcr Narnmer Polizeibehörde gelang es mir. einige Ocsterreicher vor Kalgujak zu bewahren, und wenn ich an dieser Stelle davon auch Erwähnung tue, daß ich not leidenden Oesterreichern und Deutschen mit Geld, mit Wäsche und Kleidungs stücken beifprang, so bitte ich dringend, darin keine unbescheidene Heivorkehrung meines Wohltätigkeitssiniies zu erblicken. Wohlhabende Verwandte, die ich in Ruß land habe, stellten mir die Geldmittel reichlich zur Verfügung, und es war mein einziger Trost und mein Lebenehalt in dieser schwersten Zeit meines Lebens, mci- ncn unglücklichen Schicksalsgenossen bei springen zu können. Wenn ich materielle und seelische Not lindern konnte, half ich mir selbst über das Qualvolle dieser Tage hinweg. - Damals lernte ich das bc glückende GesiiHl verstehen, das in die Wildnis wandernde Missionäre empfin den können, die nicht mit Feuer und Schwert, sondern mit Wort- und hilf reicher Tat Ihrem Glauben neue Anhän ger werben. Wie man sich in der sibirischen Einöde finde,, Ein alte Wort: Die Erde ist groß uno vocy o liein. vinel Abends hatte ich mein durstiges Gemach aus .Kamlschatla , einem Vororte Narym, mehrere deutsche Familien zu einem Abendessen" eingeladen. Ich hatte mit H e etner der Damen und meiner Oau Wirtin ein schönes Fischgericht. Tee und Butterbrot vorbereitet, und so faßen wir um da kleine Petroleumlampchen, das ich durch zwei Kerzen verstärkt hatte, und agen, tranken, rauchten und plauderten. Einer ver Walte entfernte sich wegen Un Wohlseins schon um 10 Uhr ends. Eine Stunde später riß er wieder die Tür cnf unn erzaniie aiemio: Eine interessante Neuigkeit für Sie. Herr Doktor! Mein Sohn, der 1 Jahre alt geworden ist und e vorzog, freiwillig zu mir nacy Kbtrien zu kommen, um nicht per Etappe hergeschickt zu werden, ist eben angekommen. Er hat unterwegs mehrere Landsleute getrossen. Unter ihnen ist auch der Czernomitzer Advokat, Dr. Ebner, der nach Parabcll verschickt wurde und ganz verzweifelt war, als er Sie dort nicht antraf. Einen Augenblick war ri starr vor Uebcrraschung. Dann faßte ich mich nd fuhr schon am nächsten Morgen nach Pa rabell zurück, um meine Landslcute u be grüßen. Außer Dr. Ebner war ein Gym nasiast aus Czernowitz da, den die Russen auf der Straße aufgegriffen und nach Sibirien verschickt hatten, dann ein Fi nanzbeamter und ein junger Bauer aus einem Dorfe bei Czernowitz. Oder der folgende Fall: Ich bin auf dem Postamte in Narym, um zum so und so vielten Male vergeblich nach Post aus der Heimat u fragen, da öffnet sich die Tür und herein tritt der Administrationsrat des Bukowinaer griechisch-orientalischen Religionsfonds Dr. Adelsberger. Trotz der entsetzlichen Ver Wüstungen, welche die eben absolvierte Etappe an feinem Aeußern hervcrgerufcn hatte, erkenne ich ihn sofort, trete auf ihn zu und drücke ihm stumm die Hand. Er erwidert den Druck herzlich. Zu Hause waren wir trotz ehemaliger inniger Schul kameradschaft aus politischen Gründen auseinander gekommen, hier erwachte die alte Freundschaft wie mit einem Schlage, und wie wenn zwischen uns nie etwas vor gefallen wäre. Eines Tages kam ein Transport un garischer Zigeuner, die sich in Rußland aufgehalten hatten und nach Sibirien ab geschoben worden waren. Sie hörten von mir und ohne staatsrechtliche Bedenken stellten sie sich sofort IS Landsleute vor, denen ich helfen müsse. Tiefe Zigeuner belebten das einförmige Bildnis Naryms. Sie bezogen eine halbverfallene Holzhütte am Rande des Dorfes und dort richteten j sie einen jungen Baren ab, dcr aus einer Höhle ausqehoben wirdcn war und tu Narym gemütlich spazieren ging. Dieser Bär wurde erst einige Monate spater an die Kette gelegt, nachdem er einem, Baucrnjungcn, der ihm ein Stück Brot reichte, die Hand bis an die Wurzel weg gerissen hatte. In dichten Gruppen wohnten die jüdi schcn Verbannten in Narym. Sie, such ten sich irgendwie zu bctätigen: als Tisch ler, Bäcker, Schneider und Schlächter. Sie waren von ihren Familien in Rußland gewaltsam getrennt worden und mußten ihren Unterhaltsbeitrag von monatlich Rubel 50 Kopeken per Kopf durch einen ZIebenerwcrb vergrößern, damit Frau und unmündige Kinder zu Hause nicht ver hungern. Ihre mündigen :ohne waren in den Krieg gezogen. Diese Juden er- zählten mir viel von ihrem Leid. An fänglich konnte ich mich in ihren litwa tisch-dcutsch.'jüdischen Jcrrgon nicht hiner.i finden. Aber den immer wiederkehrenden Refrain verstand ich' bald: Für uns rus- sische Juden ist das kein Weltkrieg, son dein ein Wcltpogronk." Dennoch kam bald die Zeit, in der die nach Sibirien verschickten Juden von ihren Stammesge nosscn in Polen, Litauen und in den von den Russen noch okkupierten Teilen llst galiziens als glücklich Entronnene beneidet wurden. Es war zur Zeit. alsdie zurück- weichende Kosakcnhorden die Juden zu vielen Tausenden vor sich hcrtrieben ud Hunderte und Hunderte von am Wege Gestorbenen in den Straßengräben ver moderten, den Aosvögcln'zur Speise. Meine Hauswirtin .aiif Kamtschatka war mir zugetan. Die Mutter führte mich einmal stolz in das Erdgeschoß, wo sie mir aus einem Ehrenplatz an der Wand einen eingerahmten Brief zeigte. Es war ein an ,l,re Tochter gerichteter Hciratsantrag eines russischen Verbann- ten, dcr bald daraus im Ob ertrank. .Dieser Tod." fügte die Mutter geheim nisvoll hinzu, 'war kein zufälliger, denn meine Tochter hat den Antrag abgelehnt." Einmal bekam sie den Besuch eines kran ken Bruders, der die Nachte hindurch stöhnte und hustete und mich im Schlaf störte. Eines Morgens ich war noch zu Bett trat die Wirtin in mein Zim- mer nd bat mich, nach ihrem kranken Bruder zu sehen, da ich doch ein Doktor sei. Ich suchte ihr begreiflich zu machen. daß ich Doktor dcr Rechte wäre und von dcr Medizin nichts verstände. Es half nichts. Dcktor ist Doktor.' meinte meine Wirtin. Ich kleidete mich an und stieg die Treppe hinunter. Da lag ihr armer Bruder und seufzte nicht und stöhnte nicht mehr. Er hatte ausgerungen., Habe ich's dir nicht gesagt", sagte der Gatte In schreiendem Tone. Jetzt muß man ihn eben begraben", fügte der HauS- Herr hinzu. Dcr Tod ruft keine beton- bettn Emotionen hervor bei diesen Jca turmenschcn. Ehe man ihn bestattete, wurde der Tode noch photographiert. Zu Lebzeiten photographieren sich die Bauern im Narymski Kraj nicht. Wohl aber gilt eS als die schönste Ehrung dcr Leiche, sie im Bildnis festzuhalten. Alle 'Familie H. d. K. Yiklor Aanlck. Trr Ticgkr von Kra.nik und LandkövkrtcidignngS , von Tirol. Kommandant Die frische, natürliche, liebenswürdig kraftvolle Art, die au der österreichischen Volksseele ebenso. wie au der österrcicht scheu Landschaft spricht, kennzeichnet ausS glücklichste den LandeSverteidigungskom Mandanten von Tirol. Hochgewachsen und ebenmäßig, über einem sehnigen, durch trainierten Körper ein Kopf voll männ, lichen Ausdrucke, au dem hinter den Zwickergläsern her die Augen klar, scharf und doch gülig drcinschaucn, verrät General Tankl schon im Aeußeren die charakteristische Mischung von Tempera ment und Maß. Kraft und Beherrsckmng. Geist und Bescheidenheit. AuS solchem Holz sind die Männer geschnitzt, denen In schweren Stunden da Herz de Volke! zufliegt, als gehörte e zu ihrem natür lichen Besitzstand. Ist e nicht daS Holz, au dem auch TanklS Vorfahr, der Sandwirt an der Passer, gemacht war? Der moderne Krieg ist anders geworden, nicht mehr die einzelne Jaust entscheidet, Technik, Wissenschaft und Maschine haben das Ringen zu einem beinahe gedanklichen Problem umgestaltet. Viktor Tankl er-I zwischen Berg und Gletscher da Edel, weiß de Ruhme gepflückt. Er ist der Sieger von KraSnik" und wie er jetzt au der Tiroler Volksseele herau schasst und fuhrt, fa verstand er ei Im Beginn de Kriege, seine Soldaten zum Kamps gegen bat russische Riesenungctüm wie kaum in zweiter zu begeistern. Mit prachtvollem Elan im Feindesland vor stoßend, ein Reiterofsizier von echtem Schrot und Korn, richtete er gleich am Anfang deS Ringens, gewissermaßen an der Schwelle dcr geschichtlichen Begeben heilen, den Sieg von Krasnik wie ein Wahrzeichen osterreichifch ungarischer Kraft aus, und den russischen Draht ziehcrn. die von einer kecken Herausfor derung" gesprochen hatten, mag eine bange Ahnung aufgestiegen, sein ange sichts des Tagesbefehls, in dem General Dankl als erster zu feinen Soldaten sagen konnte: Ihr habt den an Zahl überlege nen Feind aufs Haupt, geschlagen." Auch hier vereinte dieser geniale Führer unbe wußt rein Militärisches mit Politischem, schuf er, ohne eS zu wollen, dem,allge r c , F . . . msyi:,???. . . v , . "'' ' ' 5 14 , i .,1 ii," , , A ' ri . . ; ; , f 'W? " i i t ' - - ' "v,L'' f ? y i . ' '' ' l .. f ' n ' " ' ' $ , f i " " I 5 , i . ' ,A f t , . ,- v - ' y - !rt z ? , , , ' X U2rv -'?.... ;j . r , " , - - -' ' f.-.v , V" ,' . : ' -; . r" ' " .r ' ?y f 'V ' i- ' V t U ' ' ,4," ?i ' ' . V " c ' ( "i" i ' - , 1 , . , 4 A . ' ' ' ' l fc , - - .- : ;( , l .- y .f. v..; .- . -s.- '" :-' ,,.: , .. ?&,' ki & j v u ''. '-:' ., i ' "v: h U'J ' ' " ;1 !i " , i ' y 1 4 ' j ' yi'- ' t y V & " ii , 1"f - -, - : 4 i x . , ' :' . ÄtäH;- . i ' tfr,rtf - t i ( !,''. ,1-vf ' ' "l ' ' ' ' f v t 'i ." JHMW'A 4M ib1' , 1-i ft,- & V I ttcncralobcrst Viktor Tankl. füllt die an ihn gestellte Forderung lief aus seinem prächtigen Wesen heraus: er ist des Volkes Mann ganz und gar, er gehört zu Landschaft und Leuten wie der Kopf zum Körper. Wenn er die Stand schützen in entscheidender Minute anredet, wenn er in der Tiroler Soldatcnzcitung sich vernehmen läßt, wenn er die Unter stände besucht, die dort zuweilen wie Vogelnester in blauer Höhe hängen dann verschwindet dcr Kriegswissenschaft ler, der moderne General hinter dem schlichten, vollblütigen Menschen, er ist dann nur mehr ihr Kamerad, ihr Bruder, mit einem Wort ihr Dankl", den sie lieben, obzwar sie seine Überlegenheit auch verehren müssen. Dieser psycho logische Zusammenhang kann nicht hoch genug eingeschätzt werden in einem Lande, wo der Krieg mehr als anderwärts als Volkskrieg in des Wortes echterer Bcdeu tung geführt wird. Viktor Dankl hat freilich nicht erst meinen Gcsühl eine Bahn. Denn ' dcr grandiose Auftakt von Krasnik ließ die Monarchie, die sich langer? Fnedensiahre erfreut hatte, erkennen, wie blank das Instrument der Volkswehr einstweilen gehalten worden war, und aus dem mächtig emporquellenden, unwillkürlichen Selbstvertrauen wuchsen in der Folge die bleibenden Leistungen von Armee und Bürgerschaft. Radetzky-Geist, Radctzky-Tradition so möchte man die gutcn Feen benennen, die von dcr Wiege an, Viktor Dankls Weg schirmend begleitet haben. Wie so mancher unserer jetzigen Helden gegen Italien, ist auch er jenseits der Alpen geboren worden. 1834 in Undine, als Sohn eines österreichischen Majors. Das Elternhaus, in dem eine Mutter von feinen Gaben waltete, ließ dem Knaben eine sorgfältige Erziehung angedeihen und vertraute ihn, nachdem er in Görz und Tricst Gymnasialfludien getrieben hatte, angehörigcn setzen sich um den Sarz und lassen sich mitphotographieren. Die Kunst des Photographiercns bat ein Bauer in Narym von einem Verbannten erlernt. ;ch mußte mich bei dieser Leiche mit aus- nehmen lassen. Da aber meine Hauslcute mich auf einen erhöhten Ehrcnsitz zwang- ten, kamen auf dieser Photographie nur meine Filzstiefel heraus. Meine Wirtin tröstete mich mit dcn Worten: Sie sind zwar nicht herausgekommen, aoer vie Stiefel sind zum Sprechen ahnlich. Am anderen Morgen wurde der Mann de graben. Aus dem Fricdhosea Waldes rand wurde eine ziemlich seichte Vcrtic fung ins Eis schlagen und ohne jede kirchliche Zeremonie senkte man dcn roh gezimmerten Sarg mit der Leiche hinein. Der Hausherr erklärte mir den weitcreit Borgang folgendermaßen: Das Eis taut im Sommer auf. der Sarg fcnlt sich tie- fer hinunter und bald bedeckt ihn der Schlamm ..." Ich wurde leidend. Mein Magen wollte sich nicht fügen und kündete der schlechten Kost den Lohndertra. Es w-r eine böse Sache, ich sah mich nach einem Mittagstisch um. In Lugowskoje, das bloß vier Werst von Narym entfernt ist, war eine Lehrcriy aus dcr Bukowina in terniert. Bei ihr bestellte ich mit noch zwei anderen Genossen den MittagStisch. und deswegen nahmen wir auch in Lu- gowskoje Wohnung. Der April alten Stils war inzwischen ycrangclommen, und die sibirische Frühlingsahnung zog durch den Narymski Krai. Anfangs konnte ich mich noch in den Urwald, der dickt bei Luaowskojc beginnt und nach der! Meinung der Einheimischen sich etwa 300 Werst lang erstreckt, lies yincinwagen. cr hart gefrorene Schnee brach unter meinen Tritten noch nicht ein. Aber schon eine Woche später versank ich bis an die Ach sein. Mit schwerer Mühe arbeitete ich mich heraus und gab die Spazicrgänge selbstverständlich aus. Noch barst das Eis nicht, aber wenn ich über den Bach schritt, der von Lugowskoje nach Narym fließt, hörte ich schon deutlich die gurgelnden Ge- rausche, welche das unter dcr Eisdecke wühlende Wasser erzeugte. Dann waren wir fünf Wochen lang von jeglichem Ver kehre abgeschnitten. Briefe und Zeitungen blieben aus, denn die Post konnte aus Tvmsk nicht mehr befördert loerdcn. In den ersten Maitagen, alten Stils, began nen die Bauern ihre buckligen Kühlcin und Oechslein, die nicht größcr sind als gutgewachsene Hunde, über schwimmende Eisschollen in dcn Wald zu ireibrn, damit sie in den aus dem schmelzenden Schnee lrvorlugcndcn Gräsern ihre Nahrung suchen. Tie großen Kähne und die kleinen Oblasoks" aus Baumrinden hergestellte kleine Wasserfahrzeuge wurden geleert und bereitgestellt. In den eisten Maita gen unternahm ich meine erste Kahnfahrt nach Narym, wobei mir allerdings mein Hauswirt in der Weise behilflich war, daß er an Stellen, wo die mächtigen Eis schollen den Wasserweg verstauten, aus dem Kahn hinaus aufs Eis sprang und ihn eine halbe Werst lang hinter sich her zog, bis der Wasserweg die Weiterfahrt ermöglichte. Vom Altai herunter wälzten sich die ge schmolzenen Cchneemassen in die sibirische Tiefebene hinein, rissen Eis und Schnee, die am Wcge lagen auf, und erzeugten ungeheure Wasscrmassen, die Bäume und Sträuche, aber auch Häuser und Kirchen beinahe ganz verschlangen . . . Am 20. Mai, neuen Stils, weckte mich ein schriller, langgcdehnter Pfiff um vier Uhr morgcns aus dem Schlaf. Der erste Dampfer war aus Tomsk gekommen und schaukelte, etwa hundert Schritt vor meinem Fenster, nach Narym hin. Der sibirische Sommer war da. dem St. Pöltncr Nadeitenlnstitut an. Hier erst fühlte der junge Dankl sich recht am Orte, denn er war mit aller Sehn sucht seine fKtyn Soldat. Und al er VÜU die Theresianische Militärakademie in Wiener.Neustadt al Leutnant bei den Sackten Dragonern verließ, ' stürzte er sich mit jener wahren Lust, die immer auch die wahrhaft gute Laune mit sich bringt, in feinen Beruf. Nach der Kriegsschule kam er al Gcneralstab osfizier nach Prag und Budapest, dann im HauptmannSrang zur ersten Jnfan terietruppendivision nach Sarajevo. Durch Oesterreich und Ungarn kreuz und quer verschlagen so ließ der lebhafte, geistig regsame Offizier mit offenen Augen die Menschen und Gegenden feine Vater lande aus sich einwirken, und vielleicht ist eS darum, daß nun ,auZ jedem feiner Worte, au jeder seiner Taten un etwas w innert Hcrzcnszugehorigkeit anspricht, Er diente in Bozen al Unterdirektor der Militärmoppierung. nahm, mehrere Jahre zur Bispoutlon des Ehcss de General tadeö Gra en Beck gestellt, reich. An regung In sich auf. und wurde 18S1 zum Major und GeneralstabSchcf der Wiener Kcwallerietruppendivision ernannt. Ob bei den Elfer-lllanen in Radymno, ob als Oberst und Generalstabschef beim Agramcr 13. KorpS, ob an der Spike des DirektionSbureau im Gcneralstab uverau war Dankl der rechte Mann am rechten Ort, geschätzt von seinen Vor letzten, geliepl von dcn Kameraden, aus richtig verehrt von allen Untergebenen Ueber Komorn führte die bunte zis und transleitanische, Wanderschaft den in,,wi schen zum Generalmajor Vorgerückten als Brigadier nach Trient, von da als Kom Mandanten der 36. Jnfantcrietruppen division und Fcldmarschalleutnant nach Agram, endlich 1D12 an jene Statte, mit der mnlli Vlamt für die Ewigkeit rühm von verknüpft bleiben wird: nach Tirol, Hauptstadt als Kommandant des 14, Korps und kommandierenden General in Innsbruck. Als der ftt'un nuZhrnrh (unr nsl zunachjt an die Spitze der ersten Armee gesellt, feie oiloete den linken Flügel der zwischen Weichsel und russischem Bug nordwärts dirigierten Stoßgruppe Dankl Auffcnbcrg. In unwiderstehlichem Elan loste sie die großen Aufgaben des Offen sivbeginns. Links der Weichsel durch die Gruppe Kummer und die schlesischen Landwehrleute von Woyrsch gesichert, führte Dankl seine Korps über San- und Tanew-Sllmpse siegreich nordwärts, gab den Russen bei Krasnik den ersten gewal tigen Denkzettel und sah die Turme Lud lins vor sich, zu dessen Toren sich seine Armee in hartnäckigen Kämpfen heran gearbeitet hatte. Die Ereignisse weiter östlich zwangen einstweilen zur Umkehr vor der immer breiter heranschwellenden russischen Uebermacht und auch in dieser schwierigen, verantwortungsvollen Aktion, in der Sicherheit hinter dem San im späteren Vormarsch zur zweiten Of fenswc, in den Schloten bei Jwangorod und Krakau, im, Bcwegungs- und lang wicrigen Positionskrieg, in Angriff und heroischer Verteidigung gegen die ihre Totenopfer nicht zahlenden Russenkolon nen, überall bewährte General Dankl sich als Feldherr und Mensch von höchster Stuse, als großzügiger, klarblickender Führer seiner Truppen und zugleich in Leid und Freud als ihr echtester Kamerad. Dann schlug die Stunde des italieni schen TreubrucheS und am 23.' Mai 1315 ging Tankl als Landcsverteidi gungskommandant nach Tirol, in sein Tirol , das er kennt wie kein zweiter, und an dem er hängt mit allem Feuer seines jung gebliebenen Herzens. Das .Vertrauen dcr ganzen Monarchie folgte ihm auf diesen Posten in sein Revier der Weltgeschichte". Wie er diesem Vertrauen gerecht ward, wie unter seinem genialen Kommando, das auch in der Auswahl der Mitarbeiter unübertrefflich ist, die Berge selbst mit den Söhnen Oesterreich- Ungarns sich verbrüderten, um die Herr liche Alpenwohnung vor den Fußspuren deS ungebetenen, frechen Gastes zu be- wahren das bedarf als unmittelbare, heißeste Gegenwart vorläufig keinerlei ausschmückender Bciworte. Noch wachsen ja die Ereignisse um den tatfrohen Mann, noch ist, wo er gebietet, alles im Werden und Geschehen. Wann immer aber Gene ral Dankl den Ruf zu neuer Tat erheben mag. nicht nur seine Offiziere und Sol baten, auch die Bürger ganz , Oesterreichs Ungarns werden ihm vertrauensstark und willig folgen als einem der größten und besten Söhne dieser Zeit. Karl Eoetvoes t. Im 75. Lebenszahre ist der bekannte Verteidiger und Abgeordnete Karl Eoet- voes am 14. April gestorben. Einem Zola gleich Hai Eoetvoes vor über dreißig Iah- ren gelegentlich des Tisza-Eßlaer Ritual Prozesses durch feinen juristischen Scharf inn, seine unentwegte Ucberzcugungstreue und seine Ausdauer im Kampfe gegen Lüge und Böswilligkeit der gerechten Sache des ungarischen und damit des internationalen Judentums zu einem glänzenden Siege verholfcn. Als Wge ordneter Mitglied der Kossuthpartei war er stets ein scharfer Kritiker der Regierung der jedoch nie ausartete, oder politische Parteikonspirationen mitmachte. Eoetvoes war auch sehr erfolgreich journalistisch und schriftstellerisch tätig, und von seinen Werken sind einige mehrbändige auch in deutscher Sprache erschienen. Ein schwedischer Student, Anders Torsten Ljungberg in Lund, will entdetzt haben, daß die drawidischen Sprachen (unter Drawide versteht man die Sprach gruppe der Vorarabischen Bevölkerung In diens und die ural-altaischen Sprachen ur verwandt sind und einen einzigen Sprach- lamm bilden. Sollte das Ergebnis seiner Forschungen bestätigt werden, so würden wohl für die noch immer schwankende Be timmuna der ural-altaischcn Volker, der Ugrofinnen, Samojeden, Türken, Mongo len, Tungcfen, vielleicht auch "der Magya ren, neue Anhaltspunkte gewonnen sein. , Wusflslye Krausamkelttn ge gen tschechische gefangene. Au Prag wird gemeldet: Unter der Ucöerschrift Befreier" schreibt da heutige tschechische Pravo Lidu": Für un, alle, die die asiatische Moral der Petersburger RegierungSkreise und deren Anhänger kennen, war e sicher keinerlei Gehcimni, und wir haben e auch schon au der Ge schichte kennen gelernt, wie e de Völkern erging, die so unglücklich waren, daß sie die Petersburger Regierung befreite" und dann unterdrückte. Dcr jetzige Welt krieg, dcr viele unrichtige Anschauungen umgestoßen hat und dort reinigend wirkte, wo man schlechten Theorien gehuldigt hatte, hat auch gründlich die Anschau ungen aller Europäer westlicher Kultur über die russische Regicrungspolitik ge-, ändert. Dcr dünne Kulturanstrich, der in Rußland Europa gegenüber gezeigt war dcn war, verschwand sofort nach Aus bruch dc Krieges, und es verblieb dort nur die Abscheulichkeit der asiatischen Willkür und Grausamkeit. Am meisten und bittersten rsuhrcn die unsere Stammesgenossen. die so unglücklich waren, in russische Gefangenschaft zu fallen. Zur Charakteristik der Stimmung dieser Armen mögen der Oesfentlichkeit einige Stellen aus deren Briefen mitge teilt werden, damit sie die Größe und die Tiefe der russischen Gemeinheit und Niedertracht erkenne. Die Befreier" der kleinen slawischen Nationen verfahren mit den tschechischen Gefangenen folgen dermaßen: Ein Gefangener, dessen Name verschwiegen werden muß, damit er nicht der Rache der russischen Machthaber aus geliefert werde, schreibt: So habe ich mir die slawische Liebe und die slawische Brüderlichkeit nie vorgestellt." Andere Briefe lauten: Sie verfahren mit uns Tschechen schändlich." Ich hoffe, daß die slawische Liebe nach dem Kriege ver schwindet." Ein gefangener Soldat, ein Tscheche, schreibt auS Rußland: ,Ver Lffentlicht in den Zcitungcn, wie man mit unS umspringt. Wenn ich nach Hause zurückkehre, werde ich erst erzählen, und jeder Russe muß aus ' unserem Lande hinaus." Ferner: Danach, waS ich be merken konnte, verhält es sich mit dcn Sympathien umgekehrt, als es bei uns verkündet wurde." Die durch uns ver- öffentlichtcn Stellen aus den Zuschriften unserer Gefangenen in Rußland sind nur ein unbedeutender Bruchteil dessen, WaS wir auS Rußland erfahren. Es genügt aber, daß sich unsere Ueberzeugung noch festige, und daß wir dem Allmächtigen danken, daß er unsere Heimat vor dem Einfall dieser Befreier" bewahrt hat. Die Doggeröank. Die Nordsee ist ein erst in jüngster Zeit überfluteter Teil des europäischen Fest landsockels. Mit der geringen Tiese von durchschnittlich nur 89 Metern stellt sie eine ausgeiprochene Flachs ee dar, von deren Grunde im Westen eine große An zahl schmaler und langgestreckter Rücken sich erheben, , mit dazwischen liegenden Kuhlen oder PitS, von denen die größte die am Südwestende der Doggerbank lie gende Silberkuhle ist. Die Doggerbank elbst hat eine Lange, die der Entfernung von Köln nach Bafel etwa gleichkommt; sie ist dem Washbusen an der englischen Küste vorgelagert und stellt eine solche unter secische Erhebung bar, die nur 15 bis 30 Meter hoch vom Wasser bedeckt ist. Be konnt ist sie vor allem durch die Fisch , gründe, die sie beherbergt. Ueber die Ent tehunq dieser langen Bänke hat man sich lange den Kopf zerbrochen; die Engländer glauben, daß die Gezeiten die Bänke und Rillen geschaffen hätten, aber sie sind wohl älter als die Nordsee selbst und den eis zeitlichen Diluvialbildungen gleichzusetzen, die sich so vielfach im norddeutschen Flach lande finden und dort ganz ähnliche, mit Seen bedeckte Oberflachensormen geschas seit haben. Dafür spricht vor allem die Tatsache, daß die Fischnetze häufig aus dem oroben Kies der Doaaerbank Knochen vom Mammut, vom irischen Riesenhirsch, ferner vom Renntier, Elch, Pferd und wollhaarigen Nashorn heraufbringen. Alle diese Tiere lebten in dem Gebiete, bevor es unter Wasser gesetzt wurde, und Strö munqen und Gezeiten spulen ihre Reste aus dem Untergründe heraus. Das glücklich verlaufene Gefecht an der Doggerbank, das vor einiger Zeit geliefert wurde, ruft nicht nur das tragikomische Ereignis aus dem russisch-japanischen Krieg in die Erinnerung, wo der Admiral Roshjcstwenski in die friedlich ihrer Arbeit nachgehende englische Fischerflotte hinein pfefferte, in der Meinung, japanische Tor pedoboote vor sich zu haben, sondern auch an das erste Seegefecht an der Doggcrbank zwischen Holland und England im Jahre 1781. Letzteres befand sich im Kampfe mit den abgefallenen amerikanischen Kolonien, und da es sich von jeher seine Kastanien von andern aus dem Feuer holen ließ und die eigenen Truppen gern schonte, stellte es an die Niederlande das Ansinnen, ihm Hilfs- truppen zu stellen. Es berief sich bei dieser Forderung auf ein altes Abkommen, er hielt aber eine glatte Absage. So kam es im Jahre 1780 zur Kriigserklärung. Die Holländer waren zwar wenig vorbereitet, aber sie kämpften mit Schneid und Zähig keit, da die Erbitterung gegen die Anma ßung Englands zu groß wgr. Die See schlacht gn der Doggcrbank verlief zwar unentschieden; die holländische Flotte stand unter Zontmann, die englische unter Hhde Parker. Erst im Jahre 1784. als das bis her befreundete Frankreich die Niederlande im Stich ließ, kam es zum Frieden, in dem lctztcrn sehr schmerzliche Bedingungen auf gezwungen wurden. Ob man im Haag in diesen Tagen wohl einmal an jene Zci ten zurückgedacht hat? Das Glück dcr meisten besteht darin, rasch vergessen zu können. Der eine chüttelt sich und daS Widrige ist abge- allen und vorbei, der andere hegt e und legt es und kommt immer wieder dar auf zurück.