Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, June 05, 1916, Image 2

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Üglliße Cmai Trliuut
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Hl! ich erwacht,!, zerttc ein Soldat an
: meinen Beinen. E war der Wachtpgslkn,
bet, dreihundert schrille vorausgeschickt,
die Ausgabe hatte, in der dichten, fiiifte
ren Mitternacht mit uiirrmiidlicher Wach
samkeit die feindlichen 'Schützengräben im
Auqe zu behalten.
, .Aa gibt' V
t Er kauerte sich zu dem Abmalen Gin
gong der Deckung hinab und steckte feinen
Kops bor. Ei war finster, ich sah Nichts
fetm sciuem Gc ficht, benahm bl jiiit
glultern: v
I Melde gehorsamst, die Russe.! schicken
Immerzu (chlcichpatrouillkn aus. Ich
'glaube, sie rüsten zu einem Angriff."
! .Zum Teufel rüsten sie! Tu weißt ja,
'daß sie niemals in der Nacht angreifen."
i Ich bitte, mir doch zu glauben
beharrte der Soldat ich habe von ihrer
Deckung her die Menageschalen klirren
lgchört ..
' . Ein Schuß. . . .
.Hören Sie? Jetzt haben sie aus den
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uiivuii -t'Viwi yiiufL'u vv miuf
Teufel, wenn sie nicht angreifen wollen."
: .Wie spat ist es?" .
I ' Ich glaube, daß der Morgen bald an
bricht, denn unten im Torf bellen schon
d Hunde."
Ich werfe einen Blick aus meine Uhr:
Dreiviertel fünf Udr. Ich beqebe mich zum
! Telephon und gebe den Bericht ab:
i Nach Mitteilung der Horchpatrouillen
,rst bei den Nüssen eine verdächtige Unruhe.
Ei ist ein Angriff zu befürchten."
Nach wenigen Minuten geht an die
ganze Cckiwarmlinie der Befehl ab:
I Der Munitionsvorrat jede Mannes
ist von den Packpfcrden auf dreihundert
I Stück zu ergänzen. Patrouillen und
Posten einziehen. Bei jeder Kompagnie
jbat ein Mann unaufhörlich aufzupassen,
i Wenn der Feind angreift, darf kein ein
ziger Schuf; abgegeben werden, bevor ei
'nicht besonder; befohlen wird." :
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t Unsre Leuten krochen unter ihren
Decken hervor, streckten sich, gähnten ein
wenig, rieben sich die Gaukelbilder der
HeimatZträume aus den Augen und leg
ten die schleunigst verteilten Patronen
Pakete bor sich auf die Breiter der Deckung
hin. Noch ein wenig Bewegung, Zurecht
richten, einige Bissen Zwieback, und dann
- ahmen sie mit derselben Gewohnheit und
Ruhe neben ihren Waffen Aufstellung wie
die Fabriksarbeiter, die ihre Maschine
jeden Morgen mit dem gleichen Griff in
Schwung bringen. Jetzt beginnt der Be
trieb. Die Offiziere schreiten hinter der
Front entlang, belehren noch einmal die
Jungen; dann verschwindet jeder hinter
, der Deckung nur der beobachtende
, Unteroffizier zielt mit seinem Feldstecher
nach der , dunklen Linie d russischen
Schützengräben.
Im Osten beginnt der Horizont heller
, Zu werden, ein schmerzliches Kobaltblau
wölkt sich über dir zermarterten aufgerisse
?len Kartoffelfelder.-., Im Winde das
' duftige Versprechen eine heiteren, gen-
" losen, klaren Tages, dessen man sich Aiibe
dingt freuen' müßte. Und dennoch, als
' die Dunkelheit wich und die aufgeschrkck
im Schatten sich in den Wäldern und im
undurchdringlichen Dickicht der galizischen
Gestrüppe verkrschen, da dünkte uns jeder
berwaiste Wegweiser, ein Schmerzens
kreuz, jede Hugelchen ein frisch aufgewor
fene Massengrab.
Trüben am dämmernden Bergrücken
gerieten die Schatten in Bewegung. Als
hätte der Morgenwind sie in neckischen
Rhythmen, hin und herbewegt. Oder
haben sich vielleicht die Zahlen Schlehdorn
straucher aus dem Abhang in Bewegung
gesetzt und marschieren hinunter nach der
' windgeschützten Wasserquelle ? Jemand er
kannte sie:
. Die Russen!"
' .Die Russen kommen!" meldeten jetzt
. schon mehre Beobachter. . . -Die
Helligkeit nahm zu; irgendwo hin
ker den fernen Bergen war vielleicht schon
die Sonne auf den Himmel hinaufgeklet
tcrt. Man konnte die Gestalten ganz klar
zwischen den ineinander verwirrten Sträu
cberrc deZ Gestrüpps unterscheiden. In
dichter, unabsehbarer, breiter Linie ruckten
die gleichförmigen Schatten vorwärts: fh
Waren noch ziemlich weit, etwa tausend
Sckritte entfernt, und schon tauchte hinter
,hn ganz parallel eine zweite Linie auf;
bleicher und schmaler, als wäre sie bloß
' .bet Schatten der ersteren. Durch die Linse
'des Feldstechers nahm ich ganz rückwärts
'aus de Kamme des Hügelrückens auch
die dritte Linie der Reserven wahr, die der
Zweiten auf urigefLhr zweihundert Schritt
folgte. Ich rief in da? Telephon: .
z bandelt sich tatsächlich um emen
. anz trnsten Angriff. Die Russen dringen
' . mm: i . Hl V f.;!
cauji tu ich auiiit . - ...,a-,-.
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HujsenjZiMll.
von Sslian von Franys.
das; sie unl nach so vielen erfolglosen
Versuchen mit einem äußersten und ent
schlossenen Clan dennoch out der wichtigen
Position vertreiben wollen."
Ter Oberst lieh mir antworten:
Wenn wir fest eingegraben find, wird
auch dieser Angriff zerschellen. Die Korn
pzgniekommandanlen sind dafür verant
wortlich, daß kein Mann seine Waffe
früher abfeuert, al da Zeichen dazu ge
geben wird. Wir lassen sie auf hundert
chriite bkraniomuien und iwisdi baun
den Angriff mit einem gut gezielten, hef
tigen Feuer ab. Also: Ausdauer ki zur
letzten Patrone und bis zum lchten
Mann!"
Als die erste Schützenlinie die Wasser
rille, wo sie eine prächtige Deckung fand,
erreicht hatte, eröffnete sie da! Feuer ge
gen uns. Ueber unsern Köpfen brumm
ten. knatterten die Geschosse, eine wilde
Jagd der kleinen Stahllugeln, ein leben
digcZ Wimmeln, ein wirres und dishar-
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monisches Konzert von Logelzwitschern,
Schlangenzischen, Weinen. Kreischen und
Summen, wie das auf Stahl instrumen
tierte Fortissimo eines, Bienenschwarmes.
Eine . nicht so fürchterliche als vielmehr
einigermaßen beunruhigende Musik. Die
Soldaten kauerten sich in den Gruben
nieder, steckten hinter der Brustwehr die
Köpfe hervor und lauschten mit längst
ewohntem Bangen diesem Larm. Wie sie
o in der eaung kauenen uns oem
Feind nicht Auge ins Auge sehen konnten,
folgerten sie aus der Tonstärke des Ge
wehrgeknatters und aus der Schärfe des
Kugelsausens, wie weit die Russen sein
mochten.
Der Beobachter meldete:
.Du' Bataillon, das neben dem Kar
ioffelseld vordringt, ist schon kaum zwei
hundert Schritte von uns entfernt."
Mein Herz pocht vor Erregung. Ich
höre die Worte des benachbarten Kom
pagniekommandanten:, , ,
:. .Na jetzt, Jungens, Ächtung! Wenn ich
pfeife, beginnt ihr zü schießen. So heftig,
als ihr nur könnt. Nur keine Angst,
Jungens,. wenn Hr gut schießt, werden sie
sich bei dem Sturm die Köpfe emrennen!"
Doch die Soldaten waren trotz ter
Mahnung unruhig und nervös. Das sollte
nämlich ihr Debüt fein. Es war noch nie
geschehen, daß sie einen Sturmangriff bet
Russen abzuwarten und zurückzuschlagen
hatten. Welch ein sonderbares Gefühl
war es doch, in der Deckung zu stehen uno
die Flinten abzuschießen, während die
Russen in riesigen Massen sich heranwälz
ten. Zur Verteidigung gerüstet, ober doch
förmlich untätig, den nahenden Bajonet
ten entgegensehend, . die maßlos aufge
peitscht Erregung auf die kleinliche Hand
babung vergeuden, den Gewehrkolben, der
auf feindliche Schädel niedersausen
möchte, diszipliniert an die Schulter pres
fen und stehen, stehen und vom Befehl
gelähmt warten, ohne den göttlichen
Schwung und dsn tierischen Rausch des
Sturmes!
Die Russen gingen jetzt schon in be,
schleunigtem Tempo auf uns los. Sie
waren ' nunmehr hundert Schritte ent
ftrnt. J?tzt kommt der Sturm!, Obzwar
ich unersstütterliches Vertrauen zu unsern
Wasser? hatte, "ncchm ich es dennoch für
gewiß-an, daß diese fürchterliche Masse
menschlicher Knochen und verhärteter
Muskulaturen die furchterregend her
ndröhnte über uns hinwegfegen, uns
plattdrücken werde, ohne daß zwei feind
liche Bajonette aneinander stießen.
Ein scharfer, schneidender Psisf.
Aus diese Kommando geht das Schie
hen los. Die Gewehre speien förmlich
keuchend die Kugeln und in ihnen den Tod
aus. US wzr ein ivaonwikügci uim, ccu
für Augenblicke unsere Maschinengewehre
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Urra!" brüllte eine Stimme aus den
Reiben der Russen.
.Urra! Urra!. Urra! ertönte heiser aul
hundert Kehlen der Widerhall toi ein
teuflischer Ehor.
Und im nackistcn Augenblick sahen wir
schon, mit wclq verblüffender Präzision
unsre Waffen arbeiteten: fast jeder fünfte
sechste Mann wurde aus der Schwärm
linie gerissen und aus dem AbHange hin
gestreckt. Diese gleichmäßige, wenn auch
ganz unwWürllche Köiptk Bewegung
mußte auf die an starre Kommando
Worte gewöhnten Russen eine außerordcnt
liche suggestive Wirkung ausüben, denn in
der nächsten Minute warf sich die ganze
Schwarmlinie auf den Bauch. Wir hätten
aufjauchzen mögen, keuchten ober bloß:
.Der Sturm ist gebrochen!"
Die Ruffen konnten nicht in einem
einzigen, einheitlichen und unwiderfteh
lichen Schwung an unsre Deckung gelan
gen. Vor unserem verheerenden Kugel
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regelt duckten sie sich zu Boden; das war
kein Sturm mehr.
Unsre Jungen schössen mi5 wunderbarer
Ausdauer und Eile. Ich sah keine Ge
stalten und Gesichter mehr, nicht Ossi
ziere und Infanteristen, sondern bloß die
mechanischen Zuckungen von Armen, wie
sie die Verschlußkolben zurückziehen und
vorwärtsstoßen, bloß das Aufblitzen der
Patronenhülsen, wie sie in großem Bogen
unter d?m Verschluß herausspritzten. Und
in dem furchtbaren Aufbäumen von Em
pfiiidungen. in dem fiebernden Bewußtsein
des an einer Stelle errungenen Sieges
und der Möglichkeit der Riederringung
sehen wir die zweite Linie nahen, um die
erste erschöpfte und verblutete, gelichtete
und todkswunde Phalanx zu verdichten
und im verzweifelten Sturm der glühen
den Körper und Leidenschaften noch ein
mal vorwärts zu reißen. Unser elender,
nackter Berg scheint, eine wichtige und
heißersehnte Position gewesen zu sein, daß
sie die intakten Bataillone mit solch der
fchwenderischer Freigebigkeit ungezählt ge
gen diese f lammenlose Hölle trieben.
Als die zkrite russische Linie zwischen
dir jammernden Verwundeten und grotesk
hingestreckten Toten der ersten gelangt
war, sprang ein junger blonder Offizier
vor die Reihe." und fein blanker Säbel
blitzte im frischen Morgenstrahl auf. Ich
habe noch niemals vorher jemand in he
roischerer Aufrichtung und Mannhaftig
keit gesehen.
Urra!" schrie er aus Heller Kehle und
schwang sich mit Stahlnerven und Stahl
muskeln. Urra!" schienen die stürmen
den Beine, der vorgestreckte Oberkörper,
der himmelwärts erhobene Arm und Sa
bei zu schreien: .Urra! Urra!" schrie der
aufgerissene grünliche Waffenrock, und der
ganze Mann, der ganze Soldat erklang
und erbrauste im Delirium des Sturmes.
Trompete und Alarmsignal war dieser
russische Offizier, ein übermenschlicher Be,
fehl, der die dezimierten Kompagnien
aus ohnmächtiger Erstarrung emporritz,
die Verwundeten durchblitzte und selbst die
Sterbenden in ihrer Agonie erschütterte.
Wer noch einen Funken Leben in sich
hatte, sprang empor. - Rock ein tätlicher
Ansturm . , . doch unsere Gewehre speien
ihnen wild ihre Kugeln entgegen.
Heftig feuern! Schnell schießen, nur
schnell!" riefen die Offiziere, die gleich
falls Manlichergewchre in ihren Händen
hatten. Doch die Kommandoworte ver
klangen ungehört in diesem fürchterlichen
Wirrwarr. Auch ich schrie etwas, ich
weiß nicht mehr was; ich hörte meine
eigene Stimme nicht mehr, nicht das Ge
tose der Waffen, nur mein Herz, das
hämmerte und selbst da Stimmenchaos
dieses satanischen letzten GeriAte über
, .. ,
Der Elan der' ersten wilden Sprünge
hatte un alle erschüttert. Hier und dort
sprangen die Leute vielleicht vom Ent
fetzen, vielleicht von der unzurechnungl
fähig wilden Leidenschaft de Töten hin
gerissen au dem engen Graben hinauf
cnf die staubenden Rasenwllrfcl der
Brustwehr, die Bajonette aegrn da Na
hende warme Mcnschensleisch vorstreckend
Die Hände beschleunigte noch mit einer
letzten Kraftanstrengung den Takt der
Repetiervorrichtungea der Gewehre, die
Maschlnengkwthkt erschlangcn mit ge
fräßixer Gier die kieuen Patronengurte.
da Geknatter floß zu einem hysterische
Kreischen zusammen, und w!k mähten die
Russen jetzt in ganzen Massen nieder.
Kaum zwanzig Schnür vor unsern
Deckungen, unmittelbar vor dein Augen
blick dc dramalischcn An"n!,nd'rpral'
len. staute die ganze russische Phalanz
urplötzlich, wie in die Brust getroffen,
zurück. Einige schleuderten ihre Massen
fort und erhoben zum Zeickien der er
gebung ihre Hände gegen Himmel; die
übrigen häuften sich übereinander, gingen
verwirrt aufeinander lo. Fuß und
Fauststöße fielen hageldicht in da Chao
der erdfarbigen Mäntel. Und dann lief,
stürmte, toste diese ganze Mensckienmasse
abwart, rollte wie eine lockert, zer
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I (krwartuug des Feindes.
bröckelnde Lawine den Abhang hinab
bis zur Wasserrille, wo sie erschöpft hin
fiel.
Unsere Soldaten schössen ihnen nicht
nach." Ihre Gesichter flammten, sie schrien
unverständliche Worte. Welch eine er
hebende Wonne war es, so im frische
Morgengrauen zu stehen und dem flie
henden Feind nachzujauchzcn!
Wir versammelten die entwaffneten
Feinde hinter unsern Deckungen, als aus
dem gegenüberliegenden Hügel, dort, von
wo die Rüssen eben zum Angriff gestürmt
waren, die feindlichen Maschinengewehr
in scharfem Sopran zu knattern be
gannen.
Was wollen diese Narren?" fragten
wir uns überrascht. Die Maschinenge'
wehre knatterten in regelmäßigem Takt,
vier, sechs auf einmal. Doch, was sollte
das bedeuten? Keine, einzige Kugel flog
auf uns zu. Aber von dort unten, au
dem Gewimmel des braunen Menschen
Haufens in der Wasserrille gellte ein
furchtbares Stimmenchaos zu uns em
por, und im nächsten Augenblick stoben
die erdfarbigen Mäntel auseinander, lie
fen dort unier dem Schutz der steilen Ufer
wände fort und suchten hinter den großen
Steinen eine Zuflucht an der Stelle
aber, wo sie vorhin in einem Haufen zu
fammengckauert waren, blieben zwei, drei
Dutzend regungslos liegen.
Ein Oberleutnant, der sie durch seine
Feldstecher beobachtet hatte, rief:
.Die Russen beschießen ihre eigenen
Truppen!"
Wir wendeten alle unsere Blicke hin
und hielten vor Uebcrraschung den Mund
offen. Die von den Mitrailleufenkugeln
auseinandergesprengten Russen bewegten
ihre Köpfe erschrocken hin und her und
winkten verzweifelt, brüllten, fluchten den
im Gebüsch maskierten Mafchinengeweh
ken zu.' Doch dort oben arbeiteten die
Vormeister unerschrocken mit der perver
sen Wonne der Blutgier; sie- töteten und
verheerten, sendeten einen Kugelregen ach
der als Zuflucht gewählten. Rille und
schlugen die Soldaten wit ein. schwerer
Hagel die unreife Saat nieder.
Da plötzlich löste sich aus der zum Tode
verurteilten Masse der Russen eine ent
schlossene und erbitterte Gruppe los und
rannte, stürmte keuchend bergauf, direkt in
der Richtung, aus der da Knattern der
nehmbar war. Sie hielten ihre Bajo
nette ftoßbeieit.
Heiliger Gott! Russen stürmen gegen
russische Maschinengewehre! - Das rechts
feitige Maschinengewehr knatterte bereit
mit häufigen Auslassungen. Die wilde
Gruppe von der man unmöglich mehr
glaube konnte, daß sie noch vor einer
Stunde in geordnete, disziplinierte Kom
pagnien eingeteilt war stürmt mit be
siialischem Geheul gegen die Maschinen
gewehre. Eine Minute lang war nur da
erschauernde Ringen sichtbar. Die gi
waltsame und bereits hinsterbende Agonie
des Geknatters brach plötzlich ab. WaS
Nzürde jetzt folgen? Ter vehemente
Schwung reißt auch die Bemannung der
Maschinengewehre mit sich fort es war
ein grandioses Schauspiel in den kahlen
Bergen.
' Jetzt zieht sich, wickelt sich der lockere
Soldatenhaufen, die Gruppe der Stür
mer, zusammen und kriecht ganz langsam,
einer Ricsenraupe gleich, auf den Hügel
hinauf, wälzt sich über dessen Gipfel hin
weg. und nach wenigen, Augenblicken ist
nicbts mehr davon sichtbar.
Was ist wohl aus ihnen geworden?
Von dem ffüistengeschlecht in Palop
p glauben dic Untertanen, daß eö nicht
rotes, sondern weißes Blut in feinen
MWHave,
vpmrxrsir
Aelbherr und
Keneralßaös-ghes.
CLC
Da goldene Dienstjubiläum dcl Feld
niarsckiall v. Hiiidenburg hat die Gedan
ken des deutschen Bollkt auch wieder dem
genialen GeneralstadSches dk Märschall.
dem General von Ludcndorfs, zugewendet.
Hiiidenburg hat selbst auf die treue Mit
arbeit seine Gehilfen hingewicfen und da
mit auch die Bedeutung der Stellung eine
Generalstatchess bewertet. Aber die Auf
gabcx'eine Gcneralstabschef einer Armee
und die richtige Vorstellung von der Ad
grenzung der Tätigkeiten zwischen diesem
und seinem Armeeführer sind schwerlich so
allgemein bekannt, daß nicht einige erläu
tcri'.de Worte hierüber am Platze wären.
Die Rolle eine GcneralstabSchefs, wie
sie un heute vor Augen tritt, hat sich hi
storisch entwickelt und zwar erst in den
letzten Jahrhunderten. Zur Zeit als die
Heere noch so klein waren, daß man sie ge
wissermaßen mit dem Blick übersehen
tonnte, war die Bcsehlsgebung sehr ein
fach. Auch die Ernänrung und Versor
gung dc! Heere mit allem Nötigen erfor
derte noch nicht schwierigste Anordnungen
administrativer Natur. Die Armeen
Friedrich des Großen bewegen sich in die
ser Hinsicht noch im alten Rahmen. Es
war durchaus möglich, daß eine Person
lichkcit. in diesem Falle eben der König,
sie führte. Die auf Nebenkriegöschauplätze
abgezweigten Armeen wurden vom König
mit emer ziemlich allgemein gehaltenen
Direktive verschen, ihre Führer waren
dann bei den gänzlich unzureichenden Ver
kchrsmilteln der damaligen Zeit mehr oder
weniger aus sich selbst angewiescn oder
konnten, bei sehr lang dauernden Opera
tionen. doch nur hie und da wieder eine
neue Anweisung vom König bekommen. ,
Auch die ersten Feldzuge Napoleons zei
gen noch dies Bild. Im weiteren Verlaus
der napolconischen Kriege aber b'.Idct sich
eine höchst interessante Wandlung heraus,
die darin besteht, daß der Kaiser Napo
leon. trotz höckster Genialität, der trägen
Masse mechanischer Widerstände in der
Befehlsgebung nicht mehr recht Herr wird.
Die Armeen find zu groß geworden. Die
einzelnen Gruppen marschieren vielfach ge,
trennt. Die Schwierigkeit, sie einheitlich
zum Einsatz zu bringen, wächst bei den
schlechten Verkehrsmitteln ins Ungemcssene.
Napoleon hat nun eine Hülsskraft in der
Person des Marfchalls Bcrthier an seine
Stelle genommen. Abgesehen davon, daß
Berthier keinerlei strategisches Talent be
weist, verwendet ihn tfUch der Kaiser nicht
o, daß er durch ihn eine tatsachlich stark
ühlbare Entlastung erfährt. Er vermcn.
det ihn als Schreiber oder im besten Falle
als Adjutanten, nicht aber als General
stabschef. Die veränderten Verhältnisse
in der Größe der Armeen, in der Vielfach
heit der Kriegsschauplätze und innerhalb
des Hauptkriegsschauplatzes in einer Viel
fachheit der Operationsgebiete hätte e
schon in der napoleonisckcn Zeit ersorder
lich gemacht, daß ein Mann, mit den
grundlegende Absichten de Kaisers vcr
traut, diesem möglichst leben Tag durch
Bortrag ein klares Bild der Lage gegeben
hatte, dem Kaiser dann einen Vorschlag
für die nächsten Operationsbefchle gemacht
und die Entscheidung des Kaisers dann i
Befehlsform umgewandelt hätte. All ?a
war nicht der Fall. Napoleon diktiert
seine Befehle selbst und merkwürdigerweise
nicht einmal gut. Er unterbricht feine
Tätigkeit durch politische Schreiben, durch
mündliche Unterredungen, durch alle
Mögliche, was selbst einen so großen Geist
ablenken, stören und den Wert und die Ge
nauigkeit der zu gebenden Befehle beein
trächtigen mußte. Manche Operationen
Napoleons sind den auch an der Art der
Befehlsgebung und an der Tatsache, daß
Napoleon seine Marschalle nur komman
dierte und nicht strategisch erzog, geschci
tcrt.
Auch das berühmte Verhältnis von Vlü
cher zu Greisenau. in welch' letzterem wir
den ersten wirklichen Gencralstabschef er
blicken können, war in einer Hinsicht noch
nicht ideal . zu nennen. Gneiscnau war
nicht Nur Gkneralstabschef, indem er die
eben von uns skizzierten" Aufgaben des
selben erfüllte, er war noch mehr. Er war
theoretisch gesprochen, in der Summe:
Feldherr plus Generalsiabschef der größere
Summand. Er war der geistige Mittel
Punkt, und Blücher, dem zweifellos starke,
Feldherrneigenschaften zu Gebote standen,
beschränkte sich oft darauf, dem geistvollen
Gedanken Gneifenaus lediglich die Kraft
feines stürmischen Willens zu leihen. ,
Erst dem klar abwägenden, nüchternen
und dabei doch mit einer Fülle von Vor
ftellungskroft und Phantasie ausgerüste
ien Grase Moltke war es vorbehalten, die
Stellung eines Gcneralsiabschefs aus dem
spärlichen Material der vorhandenen Vor
bilder herauszumcißeln und mit den ent,
scheidenden Zügen moderner Auffassung
zu versehen. Die große Lehre, die er in
dieser- Hinsicht dem deutschen Heere gab,
wurde dadurch besonders lebensvoll, daß
er selbst in einer über 30 Jahre lang wäh
renden Tätigkeit als Gemralstabschef ein
unübertroffenes und wohl für alle Zeiten
niustergiltiges Beispiel gab.
' Heer und Armeeführer und General
stabschef bilden nach MoltkeS Lehre eine
Einheit. Zweifellos entft??t aus der Tak
sache. daß der Generalstabschef auf Grund
der Zusammenstellung der Lage vorschlägt,
und der Führer, der dem Bild der Lage
doch natürlich auch als eine Jndividuali
tät mit eigener Anschauung und eigenem
Willen gegenübersteht, entscheidet, die
Möglichkeit einer Divergenz beider An
fchauungen. Die Gefahr kann nur da
durch einigermaßen vermieden werden, daß
die beiden Persönlichkeiten, au gleicher
strategischer Schule hervorgegangen, sich
gegenkitig kennen und schätze, in den gro
ßen Grundzllgen das gleiche wollen . und
daß, wenn trotzdem der Führer etwa! an
dere will als der Generalsiabschef. dieser
letztere etwa folgende Ucberkkgung anstellt:
.Es handelt sich darum, daß e i n Gedanke
mit .olln Kraft durchgeführt triiK :t IS
habe al Generalstabsches die verantwor
tung de Rate. Ich muß also meine ab
weichende Anschauung dem Feldherr vor
tragen und begründen. Bleibt er dann bci
feiner Auffassung, so hat er die Berank
Wartung der Tat vor seinem höchsten
Nriegkheirn und vor der Geschichte. Ich
muß ihm dann helfen, seinen Willen so
durchzuführen, daß er du UnlUt bcstckl
Ergebnisse erzielt, also so, l wenn e
mein eigener Gedanke wart.
Diese, in solchen Fällen unbedingt nö
tige Vertauschen der Rolle eine Beraters
in die eine ausführenden Gehülfen for
dert eine enorme Stärke de Charakter,
eine selbstlose Hingabe an die Sache, eine
klare Erkenntnis absoluter Nolwcndigkei
ten. Darum sagt auch Moltke, daß der
Generalsiabschef nicht nach der Rangliste
ernannt werde sollte, sonder nach dem
Vertrauen des Führer. Bei der Aus
Wahl der als Generalsiabschef geeigneten
Persönlichkeiten ist die Charaktcisraize
eoenio preng zu sicuen, wie die JNicui
genzsrage.
Durch die geschilderte Tätigkeit dc Ge
ncralstabsches soll der Feldherr davor be
hütet werden, daß verschiedene Meinun
gen an ihn herantreten. Moltke erklärt
un die mit unnachahmlicher Deutlichkeit,
wenn er schreibt: .Man umgebe aber einen
Feldherrn mit einer Anzahl voneinander
unabhängiger Manner. je mehr, je orneh
mer. ja je gescheiter, um so schlimmer,
er höre bald den Rat de einen, bald des
andern; er führe eine an sich zweckmäßige
Maßregel bis zu einem gewissen Punkte,
eine noch zweckmäßigere in einer andern
Richtung aus, erkenne dann die durchaus
begründeten Einwürfe eines dritten, und
dann die Abhilfevorfchläge eine vierten
an, so ist hunhert gegen ein zu wetten,
daß er mit vielleicht lauter wohl motivier
ten Maßregeln seinen Feldzug verlieren
wird." v
Der Generalftabzchef bewahrt damit
Ibtn Feldherrn vor dem Kricgsrat, einer
Einrichtung, die. solange die Welt besteht,
nur schädlich gewirkt hat. In dieser Tat
sache können wir auch die größten Schwte
rigkeiten suchen, die unseren Feinden er
wachsen. Der Kriegsrat In Paris hat rein
operativ nichts geleistet und wird nie etwas
leisten. Denn in einer beratenden Ver
sammlung wird (ebenfalls nach den Au
führungen Moltkes) .da Für und Wider
mit so guten und unwiderlegbaren Grün
den belegt, daß eine das andere aufhebt.
Der positive Vorschlag hat die unzwcifcl
baftesten Bedenken gegen sich, die. Negation
bleibt im Recht, und alle vereinigt sich
aus dem neutralen Boden de Nichtstuns.
So gibt e in jedem Hauptquartier eine
Anzahl von Leuten, die mit großem
Scharfsinn, alle Schwierigkeiten bei jeder
vorgeschlagenen Unternehmung hervorzu,
heben wissen. Bei der erste eintretenden
Verwicklung weisen sie überzeugend nach,
daß sie alle dorhergesagt haben. Sie sind
immer im Recht, den da sie selbst nicht
leicht etwas Positive dorschlagen, viel we
niger noch ausführen, so kann der Erfolg
sie nie widerlegen. Tiefe Männer der
Negative sind da Verderben d Heer
fübrer."
Noch eine weitere unendlich wichtige
Aufgabe de! Generalstabsches tst all dem
bisher Gesagten anzufügen. Der operative
Entschluß ist bei modernen Massenheeren
nicht allein abhängig von der Lage der
fechtenden Truppen. Er wird in großem
Maße beeinflußt, von den Verhältnissen
der rückwärtigen Verbindungen, von der
Masse der vorhandenen Munition und des
vorhandenen Heeresbedarses und von der
Möglichkeit, daß sie im Lause der geplan
ten Operation dem Heere zur Verfügung
stehen. Auch der Generalsiabschef allein
kann da nicht übersehen. Er bedarf eines
großen Stabes von Mitarbeitern, die ihn
in jeder Hinsicht orientieren und ihm die
Möglichkeit verschaffen, sich ein klareZ.Vild
über da! Durchführbare und über das nicht
Durchführbare zu formen. Mit diesem
Urteil tritt er dann an seinen Feldherrn
heran. Bei den Beratungen zwischen ihm
und dem Führer werden diese" nüchternen
Erwägungen von größter Bedeutung fein
und in erster Linie dazu beitragen, den
Schwung de strategischen Gedankens mit
dem tragen Gewicht der Wirklichkeit in
Uebereinstimmung zu bringen.
Aus Mußkavd.
Au Stockholm wird gemeldet, daß der
Dumaabgeordneik DschataroM Mitteilun
gen über Hungcrunruhen in Baku gemacht
hat. die am 5. März stattgefunden haben.
Hungrigi Frauen haben den Lkbensmit
telmarkt gestürmt. Mit Texten und Knüt
teln bewaffnete Menschen haben die Lä
den, in denen Lebensmittel feil gehalten
werden,, geplündert. Am folgenden Tag
ist eine große Zahl anderer Läden gepllln
dert worden, so daß das ganze Geschäft
in Baku zum Stillstand gekommen ist.
Der Militärgouverneur hat den Soldaten
beföhle, mit Maschinengewehren auf das
Volk zu schießen, fo daß die Straßen vol
ler Toten waren. '
Dschatarom versicherte, die Polizei habe
dieses Pogrom ebenso organisiert wie das
in Moskau, und habe sogar angedeutet,
welche Läden geplündert werden sollten.
DaZ sei der Grund, weshalb alle Läden
monarchisch-gesinnter Geschäftsleute ver
schont geblieben sind. Die Polizei hat
ruhig zugesehen, als der Mob plünderte,
hat aber die bedrohten Ladeninhaber da
ran gehindert, sich zu verteidigen. De:
Sozialdcmokrat Skobelaw hat den Mini
per des Innern Chwostow scharf ange
griffen und ihn bezichtigt, der Urheber
des Pogrom! in Baku zu fein.
Ein bekannter ausländischer Arzt be
hauptet, daß die Geschwindigkeit der beim
Hu,rei ausgktriebenkn Lust doppelt so
groß sei, wie die Windgeschwindigkeit beim
ÄSlSwwt. ; " -
ViemuMakischenSngkänder.
Man schreibt in der .Täglich? Rund
schau":
, Da Thema vom .musikalischen Sag
länder" ist eigentlich unerschöpflich, und
fast jeder, der öfter und andauernd mit
dieser widcrspruchvollen Menschheitsciu
Prägung in Berührung gekommen ist,
dürfte eine sonderbare, meist komische E
fahrung gemacht haben. Die urkomischste,
die Ich selber gemacht, ist folgende:
Spatere ich da vor einer Reihe bo
Jahre auf dem Verdeck eine Lloyd
dampferi lSouthampton New Fork) mit
einem Engländer, einem außergewöhnlich
freundlich und umgänglich gearteten Herrn
von etwa LO Jahren aus und ab und
spreche schließlich mit ihm über Musik.
Gl'ich war er Feuer und Flamme"
soweit da bei einem Engländer überhaupt
möglich ist und erklärte sich für einen
begeisterten Vertreter der holden Kunst.
Diese Eigenschaft ist ja auch bet dem Eng
länder nichts Ungewöhnliche sie bildet
in der Tat eine feiner angenehmsten und
schätzenswertesten Seiten; leider ist sie nach
dem Formel: .Die rast ist schwach
allein die Lust ist groß' geraten, und noch
so große Mengen von Musik haben also
nicht vermocht, seine Sitten gegenüber
seinen nichtenglischcn Mitmenschen zu
mildern. (Während sie z. B. den Tiere
gegenüber fast durchweg vorbildlich find.)
Sich in eine fonnig-heitere Verzückung
hineinarbeitend, setzte mir mein Englän
der nun auseinander, daß er zwar kein
Ausilber" sei. dafür aber ein sehr guter
Zuhörer! Keine große Sinfonie, keine
gute Oper sei ihm unbekannt, in Van
reuth fei er schon mehrfach gewesen Usw.
Seine Lieblingsopcr allerdings, das sei
.Carmen", die er wohl schon fünfzigmal
gehört habe .und von der er jede Note
kenne, von der ersten bis zu, letzten.
Und aus dieser seiner Lieblingsoper fei
wieder sein Lieblingsstück da .Aus i den
Kamps, Toreador!" Und schon legte er
mit seiner schönsten Engländerkrächz
stimme lo: ,Ta ti delum tum usw." Ich
hörte und staunte war starr und ver
Müsst und glaubte dann an einen
faulen Witz des vergnügten älteren Herrn.
Demi was er da mit Hingabe und
Schwung und r.icht ohne heftiges Takt
schlagen vor sich hin trällerte, da hatte
gar nichts mit dem Ausklang des Torea
dorliede zu tun, sondern war ganz ein
fach der bekannte Gassenhauer: .Du bist
verrückt, mein Kind!" ...
Schon wollte ich unter verstäidnis
innigem Grinsen den famosen faulen
Witz beloben aber der heilige Eifer dc
schon wieder von dorn anfangenden Eng
lifchmanns lähmte und rührte mich. Ganz
zaghaft nur hob ich. als er endlich mit
einem ergriffenen "a sine picce rk
music" schloß, an: .Aber erlauben Sie
mal. mein lieber Herr, das was Sie da
eben geträllert haben, das hat gar nichts
mit dem Toreadorlied zu tun!...
Da ist..." Aber weiter kam ich nicht.
Mit einem wahren Gejohle der Ueber
legenheit, des Hohnes und der verzeihen
de Entrüstung platzte er heraus: .Das
nicht ::da; Toreadorlied!!!??? Aber
mein lieber Herr: von .Carmen" kenne ich
jede Note! Won der ersten bis zur letzte
usw." Ich trällerte ihm nun meinerseits
den Schluß des wirklichen Toreadorliedei
vor, wurde aber noch vor dem Ende von
feinem entrüsteten Ausruf unterbrochen:
,Na ja, da habe ich doch gesungen!"
Und kurz und gut: ich wandelte wohl
10 Minute mit ihm weiter aus und ab,
trällerte ihm abwechselnd das Toreador
lied und den Gassenhauer vor, gab die
notwendige Erklärungen und tat über
Haupt mein möglichstes, um ihn aufzu
kläre ich kam aber schließlich zu der
Erkenntnis, daß der gute Herr tatsächlich
und vollständig unfähig war, die beiden
Stücke Musik von einander zu unter
scheiden! Die Erkenntnis oder doch die
Vermutung, daß da Irgend etwa flicht
stimme, schien endlich bei ihm aufzudäm
mein; und ziemlich kleinlaut schob er
schließlich ab zu feinem Whisky", dem
gegenüber er sicherlich ein besserer Ken
ner" war. Das hinderte ihn aber nicht,
am nächsten Abend bei dem übliche
Schiffskonzert in der ersten Reihe der Zu
Hörer zu sitzen und strahlenden Antlitze!
jedem Vortrag begeisterten und lauten
Beifall, zu zollen ...
Ter japanische Schulmeister. EZ ist
ganz possierlich, zu beobachten, wie der
Japaner, kaum der Schulflube entwachsen,
sich zum Lehrer und Moralprediger derer
auswirft, denen er noch gestern so viel ab
sah. Er folgt mit Intelligenz und Jnter
esse den Vorgängen i diesem Krieg und
stellt fei Llcht keineswegs unter den
Scheffel, wen sich Gelegenheit bietet, es
leuchten zu lassen. Ein Japaner, der sich
eben in England aushielt, hat in einem
Aufsah über japanische militärische Ver
haltnlsse, den die .Times' veröffentlicht,
mit Vergnügen die Gelegenheit 'wahrge
nommen, den Engländern einige Wahrhei
ten in Gestalt von Vergleichen zu sagen,
die er zwischen sem und dem englische
Volk zieht. - Bei uns . sagt er. .ist die
allgemeine Wehrpflicht - keine schwere
Bürde, wir betrachten sie als ein glorrei
che Vorrecht, das zeder einzelne schätzt
als eine uns gesenkte Gelegenheit, ein
Samurai (Krieger) , zu werden und für
Bater und Mutter zu kämpfen. Es würde
uns nie einfallen, sie Zwang zu nenne.
Wir betrachten es als eine persönliche
Schande, wen wir wegen Untauglichkeit
abgewiesen werben. Wir eilen nicht aus
da! Standesamt, ehe wir Soldaten wer
den. Die. welche die Musterung nicht be
stehen, werden verachtet und bemitleidet
wegen ihrer Schwache oder Undollkom
menheit!"
Der Respekt vor dem Alten ist' vor
wiegend Mitleid mit seiner Schwäche, i
welcher man die eigene Zukunft erblickt,
also im Grunde genommen Mitleid mit
sich selbst.
Zur Herstellung dc! thoto'raphi
schen Bromsilber Papier verbraucht
Deutschland jährlich mehr als ein, Mil
lion Mark Silber..
Der Naupliu, die Larve de? Wur
zelkrebses (Sacerelina carcini) hat nur eis
einiaches. unpasres Auge, y
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