Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, May 29, 1916, Image 2

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Sfir Schöpfer nd sein Lcbcnölauf. Bcschlüsse der Zwittfcr Kom.
Mission. Tas Oberste Nation l-Komitee. T!e i Nufilands In
teresse arbeitende Nationrildemokra tische Partei. Berrat vereitelt
das Zlistandckommcn der Ost Legion. llncinigfrit unter den Polen.
Tk sich immer steigernden russischen Versprechungen.
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des gkgcnwärtigk Krieges
ousziibauen und dao gewaltige
Rinnen der Zcntralmachle
wahrheitzzkttcu zu schildern, werden ge
rviiz mit der größten Anerkennng der
hrlicrj: Arbeit der polnischen Legionen
gedenken und die heroischen Taten dieses
unter österreichischem Oberkommando kam
psenden 2rufp:nverbandeS entsprechend
Zvürigcn.
j Die EnistchunjZkgkschichte der doln!
ffchea Legionen, die Ausrufe ihrer Führer
zum Kampfe gegen den moskowilischen
Unterdrücker, erinnern lebhaft an die deut,
Ischen Heroen der Befreiungskrieg; von
1813 1815. Und wie vor hundert Iah
Iren ti der nationale Geist war, der die
Ziutsche Jugend zum Kampfe für deutsche
Freiheit anfeuerte, so ist ti heute ebenfalls
die nationale Besinnung und der heilige
jHah gegen Rußland, die eine kleine Schar
von pol.iischen Helden veranlaßte, freiwil
Zige Jägerabteilungcn zu errichte,,, deren
'Izerzerhcbende Leistungen bereits allseitige
Wnnkennung gefunden und den polnischen
Legionären zahlreiche österreichische Orden
Und deutsche eiserne Kreuze einbrachten.
I Ter intellektuelle Urheber dieser Point
sehen NationalgedankenZ, der Schöpfer der
polnischen Legionen, ist der gegenwärtige
LegionSbrigadier Josef Pil
u d i l i, eine geradezu legendäre Erschci
riung, dessen Namen jetzt überall, wo Po
!en leben, genannt wird. Es ist fast un
möglich die Entstehungsgeschichte der pol
Mischen Legionen zu skizzieren, ohne die
Lleraanaenkeit Äilludskis vorerst au ftrei
fen. weil das Leben und die Taten dieses
Mannes eben in dieser historischen Abrech-
nung mit Rußland gipfeln und mit der
Bildung dieser freiwilligen Kämpfcrscha
ren zusammenhangen, und weil die uner
hörten Verhältnisse, unter denen Pilsudski
lebte, in Polen typisch waren.
Josef Pilsudski war im November
3.867 auf dem Landguie Zulom in Litauen
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Minderjahre, obwobl seine Eltern und An
sgehörigen mit ganz Polen und Litauen
trauerten und zu trauern llraPe hauen.
Der polnische Aufstand von 1663 wurde
blutig unterdrückt und die furchtbaren
Greueltaten des Henkers Murawiem und
Mt feiner Kosatenhorden lebten noch in
.Jedermanns Erinnerung. Auf dem Land
igute fanden flüchtige und verwundete Auf
ständisch Unterkunft, die traurige 3c
schichten zu erzählen wußten. Andere
Verwandte und seine Großmutter schmach
tetrn in moskowitischen Kerkern. Seine
Mutter zog hierauf mit seinen Geschwi
ßtern nach Ailna. woselbst er das Gym
maslum besuchte, um später in Charkow die
Mniversität zu beziehen. Tort studierte er
ine Zeit lang Medizin, wurde aber bald,
!roegen politsicher Betätigung, im admini
jsirativen Wege von der Universität reis
feiert, wobei ihm auch das Recht benommen
Wurde, irgend eine andere Universität in
Mußland z u beziehen. Er kehrte nach
LSilni zurück und schloß sich einem damals
jSn der litauischen Hauptstadt ins Leben
igerufenen geheimen politischen Bunde an,
Scsscn Mitglieder sich aus akademisch ge
bildeten Menschen von freiheitlichen An
chauungen und aus intelligenten Arbei
tern rekrutierte. Die russischen revolutio
ären Organisationen, welche ein; Ber
tzrößerung ihrer Kräfte anstrebten, der
Zuchten diesen Wilnaer Bund für ihre
Zwecke dienlich zu machen und insbeson
gzere einige Mitglieder dieses Bundes für
ias beabsichtigte Attentat auf den Zaren
iu gewinnen. , Tiefer Plan wurde aber
Dald entdeckt, worauf zahlrei Verhaft
Sungen in Wilna erfolgten. Josef Pil
tudSli und fein Bruder Bronislas. ein
Ctudent der Petersburger Universität,
wurden ebenfalls au .kollegialen
Gründen verhaftet und in der bciüch
jtigten Peter-Paulösestung in Petersburg
interniert, obwohl beide von den Atten
äatsplänen nichts wußten. Beide hatten
V?gen die terroristische Propaganda der
hat eine Abneigung, aber nachdem die
Russisch Regierung tn solchen Fällen auch
jlvillige und unwillige Zeugen bestrafte,
'tvurde Josef Pilsudski. der nur als Zeuge
An Betracht kam, zur fünfjährigen Per
Ubannung nach Sibirien verurteilt und
nach Kirinsk an der Lena verschickt.
In Sibirien hat man Zut zum Nach
senken und Gelegenheit, russisch Grau
amleit, begangen an der schwer mißlan
elten Menschheit, zu studieren. Als Nil-
ssudski im Jahre 1892 nach Wilna heim
ehrte, war er bereits politisch reif; fein
Charakter war gestählt und sein' Ent
ffcklüsse, Rußland mit allen MitAn zu
bckämpf.n, unabänderlich. Er suchte wie
bei Anschluß an WkS und Alle, die mit
ier unterirdischen Arbeit für Freiheit und
Decht was zu tun hatten, wurde ein sehr
ktioes Mitglied der Polnischen Soziali
fftm-Parin us begann , im Geheimen ein
Flugblatt Robotnik" Arbeiter) heraus
?,,zkben. Er war Redalteur. Scher,
Drucker und Ausieiler in einer Person
und mußte durch Erteilung von Privat
Unterricht (natürlich auch geheim) seinen
Lebersunterkmlt werben. Unter der
Regierung Alezanders III. w.',r das Le
ben für Freiheilskämpfer in Rußland un
,rträa!ick und aualooll.. Es schien, als
kenn der Zar alles mit keiner ei erntn
'Hand erdrücken wollt-, die Willkür einer
Erpresserischen, wgeneriecien Beamten
tlique unter dem berüchtigten General
:Hurto ersann allcrband Grausamkeiten
und Tonern, zur v'.e 0 icrnv gcokmuiig-
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Ti persönlichen Verhältnisse Pilsudskis
wuroen immer sch,vierigek. Von der Po
lizei und Gendarmerie verfolgt, ward er
zu einem Vagabundenleben verurteilt, er
hatte kein ständiges Heim mehr, schli ' In
Eisenbahnwagens, in den zu früher
Morgenstunde eröffneten Kirchen, in lee
stchenden Hausern oder in den außerhalb
der Städte liegenden Ziegeleien. &n
solches Hundeleben führte ei Jahr
lang, bis es ihm wieder gelang, se'ne Zei
tung von Lipniki nach Wilna zu verlegen.
Er heiratete später eine junge Ingenieurs
Witwe, eine ebenso hochgebildete, wie von
edelstem Patriotismus beseelte Frau, die
damals in Petersburg studierte. Ta aber
die russischen Schergen stets hinter ihm
her waren, so konnte Pilsudski in den er
stcn Jahren seiner Ehe mit seiner gclieb
ten Frau nicht zusammenleben. Er wäre
sonst entdeckt worden. Erst im Jahre 1S96
vereinigte er sich mit feiner Frau in Lodz
wieder, woselbst sie ihm nicht nur eine lic
bende Gattin war. sondern ihm auch
in dieser so gefahrvollen politischen Ar
beit zur treuen Gehilfin wurde. Und wie
der gelang es dem geheimen Polizeidienste
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Rußlands. Pilsudiki aufzuspüren, in sei
ner Wohnung eine Truckermaschine und
den frischen Satz für den .Arbeiter' zu
entdecken, und Pilsudski war wieder der
haftet.
Er wurde nach dem berüchtigten X.
Pavillon der Warschauer Festung ge
bracht und alle glaubten schon, daß Pil
fudsti mit seinem Leben abschließen
müßte. Für die Veröffentlichung revolu
tionärer Druckschriften drohte ihm lebens
längliche Zwangsarbeit in der sibirische
Verbannung. Da zu jener Zeit die Kerker
Polens mit .politischen Verbrechern'
überfüllt waren, dauerte Pilsudskis Un
tcrsuchung lange. Es wurde ihnk daher
von befreundeter Seite suggeriert, den
Wahnfinnigen zu spielen, damit er nach
einem Spitale überführt werde, von wo
aus eine Flucht eventuell möglich wäre.
Unter unsäglichen QuÄen simulierte Pil
sudski den Wahnsinnigen, fastete und
quälte sich und, als er schon wirklich nahe
daran war, den Verstand zu verlieren und
sein gefährliches Spiel aufgab, gelangten
die Kriminal-Behörden zu der Ansicht,
daß Pilsudski wirklich geisteskrank war
und veranlaßten seine Ueberführung nach
Petersburg ins St. Nikolaus Spital.
Ein anderes Mitglied der Polnischen
Sozialistischen Partei, namens Ladislaus
Mazurliewicz. ein junger Arzt, bewarb
$ch im selben Spitale um eine Anstellung
und schon nach einige Wochen verhalf
Dr. Mazurkiewicz feinem Patienten zur
Flucht. Beide gingen iibcr RevebRiga
nach Kiew und von dort, durch die Wal
düngen des Grafen Zamojski in Polasie,
lach Galizien.
Während der russischen Revolution im
Jahre im weilte Pilsudski mit feiner
Frau in Krakau. Er nahm an dieser Rc
volution keinen aktiven Anteil, weil er
prinzipiell gegen Attentate und vereinzelte
Anschläge war. Er wollte einen Waffen
ausstand der unterdrückten Massen, einen
Konflikt mit russischen Truppen.
In den Balkankriegen sahen Pilsudski
und seine Gesinnungsgenossen den keim
zu einem europäischen Konflikt. Da hieß
eS, die Scharen jener zahlreichen, in Kra
kau und Lemberg studierenden Jugend,
die das Terrain in Russisch-Polen kannte,
militärisch zu organisieren, um in der
Schicksalssiunde. im Verein mit den seit
1303 existierenden polnischen Schützen
Organisationen in Galizien und mit Hilfe
der österreichischen Militärbehörden gegen
Rußland zu kämpfen.
Die polnisch Bevölkerung sowohl in
Galizien, wie in Russisch-Polen stand zu
Anfang diesen Plänen apalhsich gegen
über. Der Großgrundbesitz hatte im
Falle einer aktiven Beteiligung an einem
Ausstände viel zu verlieren; die Bauern
in Russisch-Polen, zum größten Teile
Analphabeten hatten für Politik und Frei
heit kein Verständnis; die mehr als hun
derijährige, russische Knechtschaft hatte
dem polnischen Bauern jede selbständige
Denkkraft benommen und die Mittelklas
sen sind zu materialistischen Opportun!
steil geworden,. deren Motto war: Geld
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verdienen' oder .Geld ist Macht'. Befon
ders erniedrigend wirkte in Polen die im
Solde Nußlands stehende sogen. .Ratio
nal-Temokratische Partei' unter Führung
eine! polnisch sprechenden Russen, namens
Roman Dmowski, eines Mitgliedes der
russischen Duma. Durch seine Bermitt
lung schickte Ruhland nach Polen und Ga
lizien viel Gold, korrumpierte mehrere
polnische Zeitungen in Warschau und das
.Slowo Polskie' in , Lemberg und demo
ralisierte sogar die polnische Staatsbeam
tenschaft in Galizien. Sein Buch: .Die
Gedanken eines modernen Polen' wurde
von einigen jungen polnischen Schmarot
zern mit allpolnischen Idealen mit großem
Behagen gelesen und so entstand sogar
sowohl in Russisch-Polen wie in Ostgali
zien eine russische Orientierungspolitik.
Pilsudski und seine Gefolgschaft ließen
sich indessen nicht beirren. Er organisierte
Schützen- und Jägerverbände, ezerzierte
und manövriert mit ihnen und trotzdem
er und sein Anhang um das tägliche Brot
zu kämpfen hatten, fand man doch etwas
G:!d für billige Waffen und Ausrüstung.
Es entstand sogar eine .Militarkasse'. die
von den freiheitlich und patriotisch gesinn
ten Polen in den Vereinigten Staaten er
giebig subventioniert wurde. ,
Mit Pilsudski arbeiteten dessen Gesin
nungsgenofsen Kasimir Sosukowski (jetzt
Oberst eines Legionen-Regimentes), die
Herren Kukiek, Sawa-Sawicki, Bohusie
wicz. Rozan und der derzeitige Oberst
leuinant und Chef des MilitärDeparte
ments des polnischen Obersten National
lomtees, Ladislaus Süorski. Da aber
auf die militärpflichtig polnische Jugend
in Galizien und in Russisch-Polen, die im
Falle eines Krieges den Militär-Verbän
den der beiden Staaten eingereiht würden,
nicht zu rechnen war, so mußte man sich
auf die Ausbildung solcher verlegen, die
entweder noch nicht militärpflichtig waren,
oder aus tfra einen oder anderem Grunde
vom Militärdienste enthoben worden sind,
bezw. nicht mehr im militärpflichtigen Al
ter standen. Jnsbesonders rechnete man
auf die salizischen 'Sokolvereine und auf
die in Galizien lebenden jungen und älte
ren Emigranten aus RussisliPokn.' So
entstanden in Galizien etwa zweihundert
Schühenvcreine und etwa hundert frciwil
lige kleine JägerbataiLone, die von Pil
sudski fortwährend inspiziert und unter
wiesen worden sind. Das Hauptquartier
wurde in OleondrSw bei Krakau oufge
schlagen. Als derWeltkrieg ai,zbrach,erging
an alle Schützen und Jager-Verbände die
Aufforrerung sich zu stellen. Schon am
3. August 1S14 trafen in Krakau mehrere
taufend Freiwillige ern, die fosort singe
kleidet wurden. Pilsudski wählte unter
ihnen 130 Mann aus, vornehmlich solche
aus Russisch-Polen und formierte aus
ihp.cn die sog. Kader-Kompagnie. Er
hielt an sie eine begeisterte Rede; alle er
kannten den tiefen Ernst des Augenblickes,
und die herumstehenden Verwandten und
Bekannte weinten bitte Tränen.
Am ß. Auaust 1914, um 3 morgens,
verließ die eißeAbteilung der Legionäre
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Krakau und überschritt am selben Tage
die russische Grenze. Die ersten Schüsse
wurden bei Slomniki mit den russische
Grenzwächtcrn gewechselt. Bald besetzten
die polnischen Legionäre die Stadt Mie
chöw. .Die polnische Bevölkerung in den
Grenzgebieten war beim ersten Anblick die
scs polnischen Militärs, mit dem weißen
Adler auf der .Czapka' (Kappe), direkt
verblendet. Man wollte seinen Augen
nicht trauen.
.'Auf Einladung des Geheimrates Dr.
Leo Oberbürgermeister der Stadt Kra
kau, versammelten sich am 15. August
1914 in Krakau die Vertreter aller, pol
Nischen Parteien Galiziens um gemeinsam
über die, in jener so ernsten Zeit dem pol-
Nischen Volke borgezeichneten Ziele zu be,
raten. Ein aus zwölf Mitgliedern gewähl
te Kommission faßte mehrer Beschlüsse.
weiche am darauffolgenden .age. vom
Präsidenten des reichsrätlichen Polen
klubS der Oeffentlichkeit iiberaeben wur
den und wie folgt lauteten:
,,Die tiefe Erkenntniß, vag tn vieler
geschichtlichen Stunde in Folge des ent
brannten Weltkrieges eine Vereinigung
aller polnischen Parteien deS Landes drin
aend geboten sei, hat unS hier zusammen
geführt. Nur der einmütige Ausdruck ganz
Polens wurde alle Polen, die im Stande
sind eine Waffe zu tragen, zum siegreichen
Kampfe gegen Rußland vereinen. Nur die
Einigkeit würde alle jene ' materiellen
Hilfsquellen schaffen, welche die Organisa
tiva einer polnischen bewasfneten Macht
erfordert, um die polnischen Lande vom
ruffischen Joche zu befreien
.Um diese nationalen Einheitsgedan
ken zur Tat werden zu lassen, werden sich
auf Ersuchen deS Polenllubz die bereits
bestehenden, verschiedenen Organisationen,
wie: .Das Central-National-Komitee',
die .Kommssion der KoNfödcrierten Un
abhangigkeit Parteien', sowie jene Grup
pen, die keiner von diesen Organisationen
angehören, zu 'einem Obersten Na
t i o n a l-K o m i t e t" vereinigen und
dieses Komitee als höchste Instanz für
militärische, finanzielle und politische An
gelegenheitcn der polnischen bewaffneten
Macht anerkennen. Me diese Gruppen
geben die deutliche uns ofsentliche Erkla
rung ab. daß in dem Moment der Schaf
funz eines Obersten National-Komitees,
die am 3. August 1914 proklamierte Na
ttonal-Negieiung zu existieren aufhört und
daß sie sich in Zukunft keinem ähnlichen
gchkimen Verbände unterwerfen, der nicht
vom Obersten, National-Komitee im Ein,
vernebmcn mit der Organisation in Ruf
stick Polen geschaffen wurde.
Beschlüsse in Bezug auf politische An
gelegenheiten Russisch-PolenS können nur
erfolgen im Einvernehmen mit den Orga
nisationen jenes Landes, die auf ahnliche
GrundZatze ausgebaut find, wie v,e ge
meinsame Organisation Galizien!.'
Auf Grund dieser Vereinigung wird
vorläufig zur Schaffung zweier polnischer
Leoionen geschritten. Eincr wcflgalizischeg
und einer ostgali zischen Legion, mit polni
schern .Kommando, gestützt auf diefchcn
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ezistierenden polnischen bewafsneten Or
ganisationcn. j
.Diese polnischen Abteilungen würden
im Verbände der östcrrcichisch-ungarischen
Monarchie, im Kampfe gegen Rußland
Verwendung finden.'
.Alle in den Reihen dieser polnischen
Truppenverbände Kämpfenden, müssen
alö Kombatantcn anerkannt werden und
gleich dem regulären Heere equipicrt und
mit modernen Waffen aller Gattunzen
versehen werden.'
Das Oberste Komitee wird sich dies
bezüglich mit der österreichisch-ungarischen
Regierung und - mit dem Oberkoni
mando der österreichischen Armee verstän
digen und um die Ernennung eines Kom
Mandanten aller Legtonen vitlen. e ver.
zeitigen Kommandanten, die in Russisch
Polen die dort bereits operierenden Le
gionen befehligen, verbleiben bis auf wei.
tcreS auf ihren Posten.'
.Alle zur Zeit existierenden Finanzin
stitute verschmelzen zu einem polnischen
Kriegsschatz', unier Leitung des Obersten
National Komitees."
Diese entschiedenen und weitgehend:
Beschlüsse der maßgebenden Vertreter der
polnischen Gesellschast wirkten eiettriste
siercnd auf alle. Die österr.ung. Regie
runz . begrüßte diese Bewegung, Kaiser
Franz Joseph erließ an die Machte eine
Proklamation, in welcher er die Polni
schen Legionen akS einen integrierenden
Teil feincL Hm bezeichnete und zum
Obersten Kommandanten der Legionen,
den Feldmarschalleutnant der österrei.
chisch-ungarischen Armee, Durst!, einen
Polen) ernannte. Erzherzog Friedrich, der
Oberbefehlshaber der Armee, ernannte
Josef Pilsudski. in Anerkennung feiner
hervorragenden Leistungen, zum Legions
brigadier; die Städte und Aczirksaus
fchüsse GalizienS bewilligten für die Le
gionen namhafte Beträge, so die Stadt
Krakau eine Million, die Stadt Lemberce
zwei Millionen Kronen usw. Sogar die
jüdischen Kultukgemeinden besteuerten sich
freiwillig sür diesen Zweck und die Kul
tusgemeinde in Lemberg sandte 50.000 Kr.
Alle Schichten des polnischen Volks
scharten sich nunmehr um die Legionen,
Bauern.' Universiiätzprofessoren, Dichter
bedeutende Schriftsteller. Advokaten, Leh
rer und Lankdirektoren traten als einfa
che Soldaten diesem Militärverbande bet.
Auch schr viel Juden. Der jüdische Eym
nalialprofessor Dr. Bertold Mcrwin. ein
Enkel des Lemberger orthodoren Rabbi
nerS Menkes; der 18jährige Sohn des jii
dischen Rcichsrowbgeordneten Steinhaus
und viele Andere wurden bald für Ta
pferkeit zu Offizinen gemacht. Katholische
Bischöfe und Rabbiner gaben ihren Se
gen und so entstand eine kleine, aber
opferfreudige und tapfere polnische Ar
mee.die immer zunimmt und größer wird.
Leider begingen einige polnische Politi
ker von der schon genannten, im ruffischen
Solde stehenden National-demokratischen
Partei (Allpolcn) an ihren patriotischen
Brüdern einen Infamen Verrat. Dieselbe
Partei, die unter dem Deckmantel, höhere
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polnische Interessen zu vertreten, schon
dor.dem Kriege tn Ostgalizien mit den
russophilen Ruthenen Hand in Hand ging,
um die ukrainische Idee auszurotten, die
selbe Partei brachte et zustande, die
Gruppierung und den Aukmaisck, der Lst
lichen Legion zu verhindern. Die Expo
nenten dieser Partei, der in unlautere Ge
schäste verwickelte Graf Slarbck und der
edcmallgt russische Professor Grabski, dem
es durch List und Betrug vor Jahren ge
lang, die österreichische Staatsbürgerschaft
,u erlangen,' bemächtigten sich der Leitung
der politisch nicht gewitzigten östlichen Mi
litärverbände und zogen die endziltige
Organisierung und Equippierung dieser
Freiwilligen unter verschiedenen Vorspie
lungen solange hinaus, bis es zu spät
wurde; bis die Russen vor den Toren
LcmbergZ standen. Wie eS sich wahrend
der russischen Invasion in Galizien zeigte,
hatten diese Allpolen nie die Absicht geg'n
Rußland zu kämpfen, sondern waren die
besten Stützen der russischen Verwaltung
und" deren RllssifizicrungsBes!redungcn
In Galizien. Sie gingen auch später mit
den Russen durch. Bor der Uebergade
Lembergs. gelang es noch etwa 5 6000
bereits militärisch geschulten, Lstlichen Le
gionären von Lemberg nach Sanok und
hierauf nach MSzana bei Krinica zu zie.
hen, sie mußten sich aber wegen Mangel
an Verpflegung, Ausrüstung und geeigne
ter Leitung auflösen. Ein Teil schloß sich
später der westlichen Legion an, Andere
führten ein Vagabundenleben und mußten
in Mähren wegen Vaganbundage vcrhaf
tet werden.
Heute hat sich fast die ganze polnische
Nation für die Legionen erklärt. Sie ,äh
len nunmehr zwei Divisionen, haben eige
ne Kavallerie, Artillerie und Maschinen
gewehk'Abteilungen und schlagen sich
wa! die Hauptsache ist mit größter To
dekverachtung. Schon in den ttsten fünf
Monaten ihre! Bestandes nahmen die Le
gionen, an drei große Schlachten (bei
Laski, Krzywoploty und Lowczöwek) an
29 Gefechten und an 50 kleineren Kam
pfen mit dem Feinde teil. Sie kämpften
mit großem Erfolge in den Karpathen, an
der beßarabischen Grenze, in Russisch-Po
len. inRasajlawla und Limanow. und find
jetzt vereint In Polasie. Dort halten sie
mit großer Bravour und Ausdauer den
Abschnitt um die Prypet und Rokitno
Sümpfe, wo viele von ihnen zu Grunde
gegangen sind. Als sie im setzten Herbste
einer vielfachen russischen Uebermacht in
jenem Abschnitt Stand hielten und einen
russischen Durchbruch verhinderten, zeich
nete der deutsche Kaiser viele von ihnen
aus mit dem eisernen Kreuze.
Diese! von den polnischen Legionären
vergossene Blut wird nicht umsonst sein.
Der deutsche Reichskanzler, der sonst feine
Pläne nicht verrät, hat bereits angekün.
digt, daß der gewisse .Tfchynownik' nicht
mehr nach Polen zurückkehren wird.. Da
ran glauben auch die Russen nicht mehr.
In Oesterreich find die Polen zu Hause,
dort haben sie alles erreicht.
Gewiß gab es und gibt eS vielleicht noch
heute galizische Polen, charakterlose Schufte
in Amt und Würden, die Oesterreich in
Wort und Tat verraten haben, oder von
dem Verrate ihrer Gesinnungsgenossen in
vorhinein wußten, ohn Maßnahmen zu
treffen, oder die Verräter bloßzustellen.
Mit diesen Schuften wird Oesterreich
schon fertig werden; obcr auch in einem
neuen Polen wird es für diese Gcscllschsst
keinen Platz geben. Dafür werden schon
die freiheitlichen Elemente folgen, die für
die Freiheit, für westliche Kultur und
Zivilisation Blut und Leben gaben.
Außerordentlich interessant ist die Hol
tung der russischen Regierung und ihrer
Alliierten zur Polenfrage. Nach der rück
sichtslosesten und erbarmungslosesten Aus
rottungspolitik Rußlands gegen die Po
len fetzte urplötzlich die russische Regie
rung, gleich bei Ausbruch des Krieges, mit
allerhand Versprechungen ein. die nach
Maßgabe der erlittenen Rückschläge der
russischen Waffen gewachsen sind. So
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surften Nikolaus, vom 14. August 1914.
in welcher er von einer Vereinigung aller
Teile des ehemaligen Königreiches unter
russischer Oberhoheit spricht und dafür den
Polen Glaubensfreiheit, die Erlaubnissich
ihrer Muttersprache zu bedienen, sowie
Selbstverwaltung in Aussicht stellte. Ein
Jahr später, nach der galizischen Kata
strophe und nach dem Auszüge der Russen
aus Russisch-Polen. am 1. August 1913.
erklärte der russische Sünisterpräsident
Eoremykin in der Duma, daß der Mini
sterrat, aus Grund Befehles des Aller
höchsten Herrn, ein Projekt für die Auto
nomie Polens unter russischem Szepter
ausarbeiten werde; am 22. Februar 1911
aber versicherte schon der Auslandsmini
er Sazonow, daß es da Ziel der russi
schen Regierung sei, die .Unabhängigkeit
Polens zu erwirken und daß er zu diesem
Zwecke bereits die Zustimmung der Alliier
ten erhalten habe. , , .;,,;.',-.,'. .
Tasselbe Rußland also, daß zur Zeit
seiner vollen Belrrschung Polen! für die
jenigen Polen, die nur von eincr Freiheit
in ihrem Lande zu sprechen wagten, nichts
anderes als Zwangsarbeit in den sibiri
schen Minen hatte, dasselbe Rußland
spricht heute von einer Unabhängigkeit Po
lenö, nachdem eS aus Polen herausgewor
fen wurde. Und während Sazonow van
der .Unabhängigkeit' Polen fprach. un,
ternahm Jswolski in Paris bei der fran
zöfsischen Regierung Schritte, um die
französische Presse zu hindern, von der
Befreiung Polens zu sprechen. Charakte
ristisch ist auch die Tatsache, daß bor kur
zem acht Polen aus Warschau, die abge
schoben wurdcn. in Smolcnsk zur mehr
jährigen Zwangsarbeit in Sibirien dafür
verurteilt worden sind, weil sie die Unab
hängigkeit PolenZ anstrebten, somit das,
was die russische Regierung officiell der
spricht. - .
Sazonow klagie in der Duma über das
LooS der armen Polen, die unter der
.eisernen Hand Deutschlands' so schwer
zu leiden haben, erwähnte aber nichts von
dem so traurigen Geschick jener Millionen
von unglücklichen Polen, die von den ruf
sischen Soldatenhorden nach Rußland '
schleppt wurden und heute in Sibirien
und Turkistan jämmerlich zu Grunde
gehen und deren Kinder in den russische
Klösterngezwungen werden, den schisma
tischen Glauben anzunehmen und so ge,
waltsam russifiziert werden.
Der sogenannte Polenklub der russischen,
Reichsduma besteht heute noch aus drei
Polen, (die Herren Jaronski. Harusiewicz
und Goscicki), alle im russischen Solde,?
alle drei .polnische Nationaldemolratenj
vom Schlage eines Roman Dmawski. I;
der Dumasitzung vom 8. August 1914'
sprach schon Jaronski von den .slavischen'
Gefühlen' der Polen, von der .gerechten
Sache' Rußlands u. f. w.. und am 9.'
Februar 1913 beschwor derselbe polnische,
Patriot die Geister seiner Vorahnen, die,
ebenfalls in der Vereinigung mit Rußlands
das Heil Polens erblickten, den Polen bei,'
zustehen. Wie das Polcntum diese Ohr
feige, die dem ganzen polnischen Volke an!
getane Schmach diesen seinen Abgeord
ncten einst vergelten wird, muß der fpä
teren Geschichte überlassen werden. Selbst,
der Russe Szebcko. ein ehemaliger rufst;
scher Beamter und Schutz-Kollege des
früheren Ministers Kokowkaw, dessen gut
russiscke Gesinnung bekannt ist, konnte
diese Infamie einer Handvoll Polni nicht
mehr cinsch:. Er erklärte im russischen
jNcicksratc am 22. Februar 1916: Es ist
unmöglich, . Nlit Stillschweigen zuzusehen
und sich der Vemcrlung zu enthalten, daß
die Erklärungen der russischen Regierung
und ihr Vorachen in der Polenfrage dem
ka'eor!schen Imperativ angesichts der sich
abspielende historischen Ereignisse nicht
entsprechen.'
Auch war es der Wunsch Rußlands,
daß England und Frankreich keine Nah
rungsmittcl aus Amerika für die Hunger
leidende polnische Zivilbevölkerung zulasse.'
Diese Grausamkcit und politische Lumpe',
rei der Alliierte sieht einziq in dcß CW
schichte dar,' ' - A. 6. 22-'
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