Omaha Tribüne, Doanrrstan. 23. Mai 191 fl.c rite ß.
siiv die
Roman von C
U
f
imw4wwwwM'-
U (l. Fortsetzung.)
. Fränze saß. die Hände im Echd
gefaltet, auf ihrem Platz, bereit, so.
fort aufzuspringen, wenn einer ,h:n
Schutzbefohlenen ihre Dienste brau
chen sollte. Aber tl blieb still
nicht, gte sich, nur ab und an
Hang ein leiser Seufzer, ei tieferer
Atemzug durch den Vtaum, nur ge
dämpft, wie ferne MneSbrausen.
tönte der Lärm der Eroßswdt durch
da halbgeöffnet Fenster.
! war grittze noch , immer wu
tin Traum, daß sie bereits seit Mo.
flöten das schwarze Ordenskleid trug.
tnan sie .Schwester Franziska
nannte, daß sie ein Rädchen diese
Uhrwerke geworden, da die Tage
xnd oft auch die Nachte regelte.
Noch stand der Abschied von Groß.
Vehlau lebhaft vor ihr Seele: das
bittere Scheiden von den ihr 'lieben
Menschen, von der alt Heimat.
Vber harte Arbeit, da Anspannen
tzlUer Körper und Geisteskräfte, da
pftlose Aufgehe in dem neuen Wir.
kungökreise hatten ihr schneller übn
hm Wbschied fortgeholfen, c s 3
für mögllch gehalten.
Die Oberin empfing sie gütig
Vroßmama Empfehlung mochte da
Zhr daz beigetragen haben man
Jan. ihr doa allen Seiten fteuudlich
xntgkgnr.
Easch hatte sie sich a da neue,
fremde Leben gewöhnt, sich t dir
strenge Zucht gefunden und die
jchlimmfte Zeit lag ja nun hinter ihr.
Von Station zu Station war sie ge
kommen, viel hatte sie lernen müssen,
nicht war ihr erspart geblieben, vom
Sode wischen bi zum Geschirr i
pigcn und Instrumente putzen.
Sfe; müssen von der Pike auf
dienen, Schwester Franziska.' hatte
ihr die Oberin gesagt, .wir dürfen
leine Ausnahme machen. ' Sie sind
jetzt nicht mehr Fräulein von Burg!
n och ine Schwester, wie alle
Mbcrrn ein Dienerin der leiden.
ha. Menschheit. ES ist ein schwerer
Oernt. dm Sie erwählt haben.'
Wer Franze hatte tapfer überall
tzgeg?seu, sich vor ' keiner Arbeit
gescheut, rkd die Aerzte erkannten
bald ihre vatiirlLhe Wkgabrmg zur
Kranksp-flege, lobten ihre' leichte, ge
schickte and und zogen sie gern zu
DiensLttstimgen heran, für die nicht
eine jede drauchbckr war.
Jetzt befand sie sich seU Wochen
auf der chirurgische Abteilung, lplf
beim Verbinden nd instrumentierte
bald so geschickt wie eine langjährige
Assistentin. In der ersten Zeit be
fiel sie zwar oft in kiseZ Graue,
wenn die scharfen Messer in den
Wunden wühlten, ' Uebelleit drohte
sie zu. befallen bei Blut, und Eiter,
geruch. der sie Ich die Zähne fest
aufemander Und' überwand tapfer
die aufsteigtnde Schwäche.
Sie lernte eö, ' Verbände kunstge
recht anzulegen, Instrumente zu i
chen. ohne fehl zu greifen, die ran.
Ira mit sicherem Griff zu heben und
zu stutzen.
Und sie fühlt rnt freudigem
Stolz, daß man zuftieden mit ihr
war, ohne daß viel Wvrte darüber
fielen. Sie empfand, daß die Aerzte
sie schätzte, die Kranken sie gerne
um sich sahen, und dies Bewußtfein
half ihr über alle Schwere fort.-
Heute morgen hatte man ihr inen
Brief au Groß.Dehlau ausgehan.
digt, aber biS zu diesem Augenblick
war es ihr unmöglich gewesen, ihn
zu lese. Jetzt wollte sie die kurze
Ruhepause dazu benutzen.' - - -
Die Aufschrift zeigte Marie Lui
sens Hand,' aber der Boden, den sie
entfaltete, enthielt nur wenige Worte:
.Geliebte Franze! Wir kommen
.' nächsten Mittwoch für einige ' Tage
nach Berlm; Papa hat allerlei Ge
schäftliches zu erledigen und nimmt
Mutti und mich mit. Ich freue mich
unbeschreiblich auf das Wiederfehen
mit Dir. Sieh doch z. daß Tu
einen freien Nachmittag und Abend
' für uns erübrigst. Wir steigen im
Hospiz ab, wie immer. Großmama
läßt Deine Oberin vielmals grüßen.
" Ja Eile mit Gruß und Kuß
. ' Deine Marie Luise."
Helle Freude überfiel Franze beim
Lesen der flüchtigen Zeilen, und ihr
Herz klopfte schneller bei dem Ge
dcnrkn an ein Wiedersehen mit ihren
Lieben das erste seit der Tren
ung. Sie war sofort entschlossen,
um Urlaub zu bitten, für einige
Stunden würde man sie gewiß gehen
lassen; geschah es doch zum erste,
mal, daß sie etwa für sich erbat.
Sowie die Ablösung kam, ging sie
ach dem Zimmer der Oderin und
ließ sich bei ihr melden.
Die einstige Gräfin Tingelstedt
war eirke stattliche -. Matrone mit
schweren, fast männlichen Zügen.
Die schwarze Haube ließ nur wenig
lon dem leicht ergrauten Haar frei;
unter der hohen, eckigen Stu ftan
den kluge, graue Augen, die mächtig?
Hakennase sprang weit vor,, aber den
schön geschweiften Mund' umspielte
ein güiigei Lächeln, Das mit dem
unschönen Gesicht versöhnte.
Sie bezrWe Franze Mit des ihr
trfyftt ttt
i
Hennat.
4 i
v. kvckwald.
ikigmen gemessenen Freundlichkeit und
deutete aus einen btutjl.
.Was führt Sie zu mn, liebe
Kind? Ist etwaS Besondere vor
gefallen?-
.Nein, Frau Oberin, ich komme
in persönlicher Angelegenheit."
Sprechen Sie ungeniert, Schwe
ster FranziSka. Was möchten Sie?
Haben Sie vielleicht über irgend et
wa zu klagen?"
Nein o nein Frau Oberin,
Ich komme nur mit einer Bitte."
Stockend brachte sie ihr Anliegen
vor, aber schon nach den ersten Wor
ten nickte die Oberin bereitwillig.
.Sie wollen Urlaub haben? Gern.
Sage wir für zwei Tage. Sie
können auch bei Ihren Freunden über
Nacht bleiben, wenn es Ihnen lieber
ist. Schwester Frieda mag sie der,
treten. Gehen Sie ruhig und amii
sie Sie sich nach Kräften, liebe
Kind; eine kleine Auffrischung wird
Ihnen gut tun."
Da war mehr, alt Franze er.
wartet hatte. Nicht nur einige Stun.
den zwei lange Tage logen vor
ihr. Dankbar küßte sie die Hand
der Oberin und eilte hinaus.
AI sie zwei Tage später durch die
heißen Straßen dem Hospiz zuschritt,
fühlte sie an dem ftoh bewegten Puls,
schlag ihre Herzen, wie sehr sie sich
auf da Wiedersehen freute, wie
schmerzlich sie ihre Lieben doch oft
entbehrt hatte.
Die Welt erschien ihr plötzlich in
einem anderen Lichte: et war. al
habe sie mit dem duftigen Sommer,
kleid, das sie umschloß, auch einen
anderen Menschen angezogen. Ver
gessen waren Krankenhau und Or.
devStracht, sie war nur noch ein jun
geS. ftöhliche Mädchen, da lachend
zwei forglo schönen Tagen entgegen,
ging.
Marie Luise empfing die lang
entbehrte Freundin mit lautem Ju
belschrei, von Arm zu Arm wan
derte Franze, jeder wollte sein Teil
an ihr haben. Sie mußte erzählen,
über alle sollte sie ausführlich be
richten, wa sie feit ihrer Abreise
von Sroß.Dehlau erlebt.
ut sieht da Mädel ernS," lobte
Düfsom, .ordmtstch rote Backen hat
sie bekommen, man merkt ihr wahr,
haftig die Stubenluft nicht an."
.Bist Du zuftieden. Franze?"
forschte die Tante. .Wird e Dir
nicht zuviel? Fühlst Du Dich wohl
und bekommst Du auch ordentlich zu
essen?"
Franze bejahte lachend und de
gan nun ihrerseits zu fragen.
Ueber alles wollte sie Bescheid haben,
jede Kleinigkeit war von höchster
Wichtigkeit.
Ueber dem Erzählen und Fragen
war es spät geworden, und als Düs.
sow schließlich auf die Uhr fah, rief
er: .
.Kinder etwa wollen wir doch
noch unternehme, da wir einmal in
Berlin sind wie denkt Ihr über
einen Besuch deS Zoo? Man könnte
auch Ella nebst Gatten und Jochen
hinbestellen was meint Ihr?"
Der Vorschlag wurde einstimmig
angenommen und bald darauf faßen
alle auf der Terrasse de Zoologi.
schen GartenS und blickten auf daS
bunte Gewoge der hin und her flu.
tenden Menge.
Ella hatte sich mit ihrem Manne
eingefunden, ebenso Jochen, der die
beide letzten Semester in Berlin
studierte. Die älteste Düssowsche
Tochter war noch, immer , die elegante,
schöne Modedame, vielleicht noch raf
finierter und gewählter in Toilette
und Auftreten.-,
Sie begrüßte Fränze mit kühler
Liebenswürdizkeit und erkundigte sich
wortreich nach ihrem Ergehen. Lei
der habe sie bisher noch nicht Zeit
gefunden, sich um sie zu kümmern.
.Tu weißt ja, wie es in Berlin
ht," feufzte sie. .Man ist hier
ge
immer abgehetzt, nie Herr feiner Zeit,
und jetzt hab ich alle Hände voll zu
tun mit Reisevorbereitungen.
23hi soll's denn diesen Som
mer gehen?" fragte der Bater.
.Ich bin noch nicht fest entschlos
sen, vb nach Sankt Moritz oder Sylt.
Der Arzt plädiert für einen Aufent
halt 'an der Nordsee, deS Jungen we.
gen. Heinz war im Winter oft er.
Met, aber für meine , angegriffenen
Nerven wäre Bergluft doch besser.
Wir werden sehen: vielleicht gehen
wir erst nach Sankt Moritz und dann
noch einige Wochen nach Sylt."
Der Bater lachte: ,
.Na, wenn ' Deine angegriffenen
Nerve den Berliner Spektakel und
alle geselligen Vergnügungen auZ,
halten, wird'S wohl fo schlimm nicht
fein."
Jochen hatte sich bisher ausschließ
lich Fränze gewidmet, die er lange
nicht gesehen, und die er- sehr vor
teilhast verändert fand. In , seiner
nachlässigen, etwaS blasierten Art be
gann er, ihr nach allen Regeln de?
Kunst den Hof zu machen, worauf
sie heiter und unbefangen einging.
Ein lLstiges Kreuzfeuer von Blik
ken und Neckereien, durchflochten von
einstigen Kindererinnerungen, flog
zwischen den jungen Lcuien hin und
her, an dem sich Marie Luise, die
dem Paar gkgeii'iber saß, nur feilen
mit einem Wort beteiligte.
Gegen ihre Gewohnheit war sie
still und .in sich gekehrt, ein nach
denklichcr Zug stand in ihrem sonst
so fröhlichen Gesicht."
Schließlich fiel ihre Schweigsam'
kcit Fränze auf. Sie bog sich übet
den Tisch und fragte leise:
.Wa hast Du. Marie Luise
Du bist so still, siehst auch blak aul
fehlt Dir etwaS?"
Spater wenn wir allein aus
meinem Zimmer sind," flüsterte si
der Freundin zu, .ich habe Dir viel
zu erzählen aber nicht hier
nicht jetzt."
Die Musik hatte eben einen be.
kannten Operettenwalzer angestimmt
den Kopf hin und hcr wiezeüd
summte Fränze leise die Melodie mit
Plötzlich verstummten die Klänge
mitten tm Takt brachen sie ab. '
Eine Bewegung entstand vor dem
Musikpavillon, die Menge staute sich.
erwartungsvoll hingen aller Blick,
am Kapellmeister, der den Dingen
tenstab senkte. ' WaS war geschehen
waS hatte daS zu bedeuten?
Mit einem Ruck sank die Fahm
auf der Kuppel deS Pavillons aus
Halbmast dann stiegen bit' seiet
liche Klänge deS Beethovenschen
Trauermarsche zu dem klaren Som
merhimmel auf.
Kaum waren die letzten Töne der
hallt, als der Dirigent abermals den
Stab hob: Gott erhalte Franz den
Kaiser" klang die österreichisch,
Bolkehymne zu der gespannt lau
schenken Menge hernieder.
Alle? sprang do den Sitzen
die Herren standen barhäuptig
ein angstdurchbebtel Flüstern ging
von Mund zu Mund: Der alte
Kaiser ist er abberufen worden
waS um Gottei willen ist ge
fchehen?"
Auch vom Düssowsche Tisch wa
ren alle anwesenden Herren aufge
standen, die breitschulterige Gestalt
deS Groh-Dehlauer Gutsherrn bahn
te sich eine Gasse durch die Men .
schenmauer, Sohn und Schwiege?
söhn dicht hinter ihm. Nach ' ge
raumer Zeit traten die drei Herren
wieder on den Tisch, too- die Da
men sie ängstlich erwarteten.
Düssow! gebräuntes Gesicht war
erblaßt, zornig funkelten die blauen
Augen.
, Ein unerhörte Bubenstück ist
geschehen eine Greueltat, wie die
Welt sie lange nicht erlebt der
ösierreichisch'ungarische Thronfolger
und feine Gemahlin sind in Sarai.
wo durch Meuchlerhand gefallen!"
Ausrufe deZ Entsetzens wurden
laut, man schrie und rief durchein
ander. Menschen, die sich nie vor.
her gesehen, redeten sich an, gaben
ihrer Empörung Worte. Düssow
Hühnengeftalt ragte aus einer Gruppe
p von Herren auf, die lebhaft auf
ihn einsprachen.
.Nun gibt'S bald Krieg!" rief
jemand. .Oesterreich-Ungarn kann
sich'S doch nicht gefallen lassen, daß
der Thronfolger totgeschlagen wird,
wie ein toller Hund!" stimmte ein
anderer bei Wie wird sich
Rußland zu der Sache stellen?"
meinte ein Tritter.
Krieg Krieg ging ek von
Mund zu Mund; hier in angstvollem
Flüstern, dort alS froher, kämpf!,
stiger AuSruf.
Alles drängte den AuSgängen zu.
die Stimmung war gestört, die Mu
sik verstummt.
Auch Herr von Düssow eilte, mit
den Seinen heim zu kommen.
.Wie denkst Tu über den Fall,
Heinrich?", wandte er sich an feine
Schwiegersohn.
Ich glaube und hoffe, eö komml
zum Losschlagen," erwiderte Graf
Dornbach. So wie die Sachen sie
hen, halte ich eine andere Löfung
für ausgeschlossen. Der Zeitpunkt
ist günstig für unS wir sind ge
rüstet." ,
Düssow nickte beifällig. , -, -
.Ganz meine Meinung. Hoffenti
lich geht'S loS dann wollen wir
dem russischen Bären zeigen. ' wie
pommersche Junker dreinschlagen
Ich wollte, eS wäre erst so weit."
Versündige Dich nicht, Kurt.
Detlef." mahnte' feine Frau, ,ew
Krieg ist unter allen Umständen et
waS Furchtbares."
Sei still. Mariechen, das verstehst
Du nicht, daS ist Männersache. '3
ist zwar schon lange her, daß ich
bei den Pasewalkern den Fahneneid
geleistet habe, aber er bindet mich,
solange meine Faust den Pallasch
zu führen vermag und soll! es
Ernst werden ich gehe mit. Wenn
daS Vaterland ruft, sind wir allt
da was JungenS?"
Begeistert stimmten , Sohn . und
Schwiegersohn ein.
Im Hospiz angelangt, saßen 's
noch lange beisammen und bespra
chen die Kriegsaussichten bis tief in
die Nacht hinein. Keiner dachte mehr
daran, daß Karten für die Vorfiel
lung im Opernhaus gelöst waren
mochten sich andere an .Madame'
Butterflö" erfreuen. (
(Fortsetzung folgt). , ,
Schade! Berliner (das Al.
ipenglühen bewundernd): Hm, hm.
j schade, daß man die Jeschlchte ich
i nach Berlin transferie kann! -'
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