Nebraska Newspapers

    Omaha Tribüe, Montag, Ist. Mai 1010, Seite 6.
!
die
hman von
(10. Fortsetzung.)
Je langer er sprach, um ss füllet
wurde der CNtibrn. Nun er sich
aZgetobt, hürte rr aufmerksam zu.
.Sa also ' Kofmich wollen
Sie aus dem Jungen da machen
na ob Ihnen dai gelingen wird,
bester Herr, scheint mir mehr aU
fraglich. Ein pommerscher Junker
hat zum Düichendrehn verflucht we
x,g Talent."
Lansen entaknete etwa! scharf:
Sie unterschätzen denn dock woh
die Stellung, d hevtzutuae ein an
gesehener Landelöherr in der Welt
einnimmt
.Maz sein verzeihen Cie. Herr
Hansen verletzen wollte ich Sie
gewiß nicht, ch bin noch aul der
alten Schult, d jüngere Beneration
denkt wohl anders über vergleichen.
Ihr habt edt daZ Heft in der Hand,
denn Ihr habt' Geld, Ihr haltet
Euch Nennpferde. Die unsere öyne
reiten dürfen, bringt die Güter der
alten Familien in Euren Besitz. In
früherer Zeit machte unsereins nicht
viel Umstände mit den Pfetter acken,
heut geht daö nicht mehr. Na ja
die Welt ist rund und muß sich
drehn. Jedenfalls meinen Sie's gu;
mit dem da besser, als der um
mel ei verdient daZ sehe ich und
danke Ihnen olZ Later herzlich und
aufrichtia dafür. Geben Sie mir die
Hand. Herr Hansen."
Er renkte dem jungen Mann fast
den Arm auS der Kugel, und dabei
lauerte sein alteZ, joviales Lächeln
schon wieder in den Mundwinkeln.
.Ich denke, wir unterbrechen jetz!
erst mal die Gerichtsverhandlung und
gehen essen; nachher reden wir weiter.
Meine Mutter kommt heute ,u Ti.
fche, ich werde Sie ihr vorstellen.
Vorbereitet habe ich Sie schon, denn
ohne die Hilfe meiner alten Dame
kann ich die verflme Gudangelegen
heit nicht in Ordnung bringen. Bitte
hier hinnn meine Damen werden
sich sehr freuen, und Du kannst Dich
auch freuen", wandte er sich an
Krafft, .Grofzchen wird wohl nach
her ein Wort Deutsch mit Dir re
den."
Aber eS verlief , glimpflicher, als
Krafft gefürchtet hatte.. Er, verstand
eS nun einmal, die . Großmutter zu
nehmen, sie einzuwickeln", wie Erik
eZ nannte.
Zudem gefiel ihr Hansen. Seine
ruhiae. kühle Art. sein sicheres, da
bei bescheidenes Wesen berührten die
alte Dame angenehm und sei Stach
turn imponierte ihr. die Geld und
Gut selbst hoch schätzte.
, Etwas von der einstigen Hofdame
erwachte in ihr: sie hatte in Gegen
wart dieses korrekten, wohlerzogenen
ManneS kein derbes Wort gebraucht.
Mit der liebensmurdigM Miene et
ner gnädigen Fürstin präsidierte sie
bei der Familieniafel, nahm sie Han
sens Artigkeiten entgegen und hörte
ihm freundlich zu.
Er verstand zu sprechen, zu fesseln,
kenn er wollte, und heute wollte er.
Vielleicht trugen auch Marie Luisens
blaue Kmderaugm dazu bet, die halo
staunend, halb bewundernd an sei
nen Lippen hingen.
Obgleich er fast ausschließlich das
Wort an die alte Dame oder den
Hausherrn richtete, fühlte er doch,
daß das junge Mädchen seinen Aus
einanderfetzungen - aufmerksam folgte.
Eben sagte er zu Herrn von Dussow:
.Tm glaube, sie machen nch e:n
ganz falsches Bild von dem Leben
eines modernen Großkaufmanns. Sie
denken dabn gewiß an dumpfe e
wölbe mit Säcke:, voll Reis und Tee,
aus denen wir die Kunden eigenhän
dig bedienen nicht?"
Ja ja so ungefähr wird das
Wohl sein."
Hansen lächelte.
.Doch nicht; ich habe allerdings
von der Pieke auf gedient. Mein
Batet war ein Hamburger Kauf
mann alten Schlages, mir wurde
nichts geschenkt, und das war gut.
Ich drang dadurch in den weitver
zweigten Betrieb ieä Geschäftes ein,
lernte die gewaltige Maschine kennen,
die das Räderwerk treibt. Und ne
den der Arbeit in Kontor und Lager
hieß es doppelte Buchführung, fremde
Sprachen lernen. Bereits mit zwan
zig trat ich in unsere Filiale in
Schanghai ein, wo sich Kopf und
Hände in die Arbeit teilen mußten."
.Donnerwetter", , murmelte der
Gutsherr '.da hatten Sie freilich
keine Zeit zum Jeuen."
.Nein, dazu ließ mir mein Beruf,
den ich liebe, keine Zeit. ' Ja, ich liebe
ihn, denn er ist unsern sauern
Schmeiß wert, er belohnt alle Mü
hen, r gibt uns nicht nur Geld, son
dern auch ' Selbstbewußtsein und
Macht. Auf meinen Vater blicken
Ijeitie Hunderte von Arbeitern, denen
er das tägliche Brot gibt. , Ein Fe
dersirich von sein Hand und
Hunderttausend! rollen. In der Welt
des Handels hat der Name Hansen ei
neu guten Klang. Für wen wir
bürgen, dem öffnen sich bereitwillig
die Türen, nicht nur in meiner 53a
terstadt auch in fernen Weltteilen.
4s ist etwas Großes um Hamburger
-44441
ennat.
C. . Luckioald.
Handel, der mitarbeitet an Teutsch
land Ruhm und Macht. Auch wir
dienen Kaiser und Neich, wenn auch
nicht mit dem Schwert in der Hand.
Kommen Sie einmal zu uns nach
Hamburg lernen Sie die Man
ner des Urwerbö kennen in ihrem ei
aenften Reich. Dort herrscht nicht
der Kaufmann sondern der Kauf
Herr. Und ein solcher soll dereinst
mein Freuno Kraf t werden.
Da blasse, schmale Gesicht Han
seng hatte sich beim Sprechen lang
km gerötet', seine sonst kühlen blauen
Attzen glänzten, etwa Männliches,
Straffe lag in seiner Haltung.
Nun er schwieg, trat lautlofe
Stille ein, die beredten Worte hatten
bei allen einen tiefen Eindruck hinter
lassen.
EZ war ein Klang auS einer fer
nen Welt, fremde Laute, wie sie da
alte Landhaus wohl noch nie der
nommen. v
Marie Luise war die erste, die
den Bann brach. Sie schlang die
Hände ineinander und rief in ju
gendlicher Begeisterung:
Schade, daß ich kein Junge bin!
Ich träte sofort bei Ihrem Papa,
ali Lehrling ein und ließe mich über
See schicken. FamoS denke ich mir
das: reisen, fremde Lander sehen,
Abenteuer bestehen, und nebenbe
noch riesig viel Geld verdienen! Da
hätte man doch etwas vom Leben!
Krafft. Du bist 'n Glückspilz."
Hansen lachte, aber Großmama
warf ihr einen verweisenden Blick
zu. so daß sie verstummte und be
schämt den blonden Kopf senkte,
Frau von Dussow erhob sich und
sagte:
Bitte. Herr Hansen, folgen Sie
mn ms Nebenzimmer. auch Du,
Kurt'Detleff und Krafft. Ich bin
im Prinzip mit Ihren Plänen, die
Zukunft memeS Enkels betreffend,
einverstanden. Der kleine Naseweis
dort drüben hat ganz recht Krafft
kann froh sein. Ihre Freundschaft
gewonnen zu haben. Und jetzt wol,
len wir die leidigen Geldgeschäfte
abwickeln.
Die Unterredung währte nicht
lange. ,D:e alte Dame erwies sich
entgegenkommender, als Düssow für
möglich gehalten. Nach Verlauf ei
ner skunoe rrar er wiever dei seiner
Frau ein. die ihn ängstlich fragend
ansah. Er strich ihr beruhigend über
den braunen Scheitel.
.Sorge Dich nicht. Mariechen
S ist alles in Ordnung. Mama wird
zahlen in vierteljährlichen Ra
ten dieser Hamburger is Wirt
sich 'n famoser Mensch läßt mit
ich reden. Ich glaube, am liebsten
hätte er Krafft den ganzen Krem
pel geschenkt das geht natürlich
nicht Spielschulden Ehren
chulden. Die Summe wird ihm
vom Erbteil abgezogen das muß
ein Ware sonst unrecht unseren
anderen Kindern 'gegenüber."
.Es ist viel Geld." seufzte sie.
.der arme Junge!"
Dussow lachte rauh:
Armer Junge is gut! Du hast
wohl gar noch Mitleid mit dem
uchtsinnigen Bengel? Recht ge
chieht ihm er soll sich nur den
Wind um die Nase gehen lassen
und versuchen, auf eigenen Füßen
zu flehen. Von zetzt an ist er ganz
auf das angewiesen, waS er sich da
drüben in China verdient oder
richtiger gesagt was ihm der
alte Hansen geben will von mir
kriegt er nifcht mehr. Schulden über
chulden habe ich bereits für ihn
bezahlt jetzt hat's geschnappt
woher nehmen und nicht stehlen!"
.Ach Gott mir ist das Her,
echt schwer, Kurt-Detlef," sagte
Frau von Düssow und wischte sich
die Augen. .Wenn eZ ihm in der
Fremde nun nicht glückt! "i Er hat
doch gar kerne Vorkenntmsse für
feinen neuen Beruf, und eine leicht
finnige Ader besitzt er nun einmal.
Denke nur. wenn er da draußen et
wa in schlechte Gesellschaft geriete. . ."
Tann geht er eben vor die Hun
de! Wir haben daZ unsere getan.
hm zu helfen, ihn zu halten, mehr
können wir nicht tun. Vielleicht
endet er als Kellner oder Cowbou
wie andere, aus der Reihe Gefallene
vor ,ym. Herr Gott wer mir
gesagt hätte, einer meiner Söhne
werde mal um die Ecke gehen! Aul
gelacht hätte ich den oder , ihm eins
inter die Löffel gegeben "
Die dröhnende Stimme deZ Guis
Herrn war immer leiser geworden,
letzt verstummte sie ganz. Frau v.
Düssow weinte ftill in ihr Taschen
tuch.
Laß daZ, Mariechen flennen
macht'S nicht besser wir müssen
eben tragen. waS Gott unS aufer
legt. Meinst Du, mir wird ei
leicht, den Jungen kjerpgcoen
hn so herzugeben? Ich würde ihn
wahrhaftig lieber frn weißen Kol
ler, den Pallasch Z der Faust, in
en Krieg Ziehen sehen, anstatt ihn
als Angestellten einer Seidenfirma
in unbekannte fremde Verhältnisse
zu schicken. Und dabei muk man
nech frch sein, daß er N ein s?j
anständigen Kerl wie diese Ham
burger gekommen ist." '
Frau von Dussow siedle ihr Ta
schenluch ein, Sie schlang den Arm
um seine breiten Schultern und
lehnte sich an ihn.
Wir wollen unseren Jungen bei
der heutigen Abendindacht dem
Schutz de Höchsten befehlen, Kurt
Detlef. Er wird seine Hand über
ihm hallen, auch wenn er in srem
den Ländern ist."
Düssow drückte die treue Leben!
gefährtin scst an sich und küßte sie
schweigend auf die rundliche blühende
Wange. Sie machte sich auö seinem
umschlingenden Arm frei und strich
den Scheitel glatt. In ihren eiern
ken braunen Augen standen noch
Tränen, aber sie war bereit wieder
voll hausmütterlicher Sorgen.
Ich werde mich gleich daran ma
chen. KcafftS Sachen Instand zu sei
zen. Seine Oberhemden sind in ei
nem kläglichen Zustand, und ein
Dutzend Taschentücher sehlt ganz
lich. Wann wann wird er
denn abreisen?"
Sobald wie möglich. Der junge
Hansen sährt mcrgen früh, er will
direkt nach Hamburg, um mit sei
nem Vater zu sprechen. Er wird
telegraphieren, wann Krafft nach
kommen soll. Bis daS Abschiedsae
such bewilligt ist. bleibt er natürlich
in Hamburg. Er 'muß doch auch
erst mit seinem Prinzipal etwas Füh
lung gewinnen, sich ein bißchen ein
arbeiten, ehe er nach China geht.
Und wie lange dauert das, bis
der Abschied herauskommt?
Na, ich denke, so fünf biS sech
Wochen."
Frau von Düssow atmete erleich
tert auf. Ihrem Muttnherzen war
es ein tröstlicher Gedanke, daß der
endgültige Abschied noch ein wenig
herausgeschoben wurde.
Willst Du mir eine Bitte erfül
len. Kurt.Detlef?"
.Wenn ich kann, gern. WaS möch
test Tu denn, Mariechen?'
Du fährst doch gewiß nach Ham
bürg, wenn wenn das Schiff
abgeht?"
Selbstverständlich.- '
.Nimm mich mit!
Aber Kind wozu da! e!
verlängert nur den Abschiedsfchmcrz
wäre e nicht besser, Du ließest
mich ollein fahren?"
.Nimm mich mit! Wenn Du e?
nicht tust, komm ich mit dem nach
sten Zuge nach.
Na schön in Gct!eö Na
men. Tu sollst Tkinen Willen ha
bcn. Aber das sage ich Dir, Marie
chen, geflennt wird nicht das bitt'
ich mir auS."
Der Schnellzug durcheilte da!
platte Land. Schwarzgrauer Damps
entquoll dem Tender, entfaltete seine
wehende Fahne, um als weiße
Wölkchen in der klaren, warmen
Mailuft zu zerflatiern.
Bisweilen zerriß ein gellender
Pfiff die ländliche Stille, wie ein
Triumphgeschrei. .
Krafft lehnte still und nachdenk
lich in der Ecke seines Abteils. Sein
Blick ruhte auf üppig grünenden
Wiesen und Feldern, dunklen Wäl
dern und blauen Seen. Langge
streckte Herrenhäuser, von hohen
Bäumen umhegt, Dörfer. Gehöfte,
verträumte kleine Landstadtchen glit
ten schattenhaft vorüber.
Immer mehr entschwand der Fleck
Erde, der ihm Heimat gewesen. so
lange er denken konnte. Jede Um
drehung der gewaltigen Schwung
rüder brachte ihn der dunklen, un
gewissen Zukunft näher.
Noch zitterte der Abschied vom
Elternhaus in ihm nach, schwer wii
Blei lag ihm daS Herz in der Brufi.
Würde er je wieder über die Hei
materde schreiten, die blau-weiße
Flagge vom hohen Ziegeldach des
Groß-Dehlauer Herrenhauses flat
tern sehen?
Er glaubte noch den Kuß de,
Mutter zu fühlen, wie sie heute
morgen weinend an seiner Brust lag,
ha immer wieder umklammernd.
bis der Vater sse ' fast gewaltsam
fortzog. '
Und dann war er von einem Arnt
n den anderen gewandert, selbst
Großmama war weich geworden.
Sie hatte ihm verstohlen ein paar
blaue Scheine in die Hand gedrückt
.Für Hamburg und damit Du
ur die Fremde einen Notpfennig
hast hatte sie ihm zugeflüstert.
T:e Geschwister waren olle ge
kommen, nur Jochem fehlte, der fein
Studium in Heidelberg nicht unters
brechen wollte, und Asta die ei
nem frohen Familienereignis entge
gensah.
Sie hatten sich ja nicht immer
untereinander vertragen, aber nun
sich einer auS ihrer Schar löste,
sprach doch die Stimme des Blute!
laut und gebieterisch.
Noch einmal ließ Krafft die letz
en Stunden im Elternhau! an sich
vorüberziehen.
In der Halle war die ganze Fa
milie, Dienerschaft und Arbeiter
versammelt, den weiten Raum di!
in die entferntesten Winkel füllend.
ES war nach der Msrgenandacht
der Bater gedachte in kurßk,' lern!1
gen Worten des scheidenden Sehnes
er hatte ihn Sksegnet. ihm EMck
aus den neuen Lebensweg gewünscht.
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