Omaha Tribune, Montag, K. Mai 1!)10. Seite . t Filv die Nonttm von (4. Jortfedung). An einem großen Mi'teltisch ging t, besonder, lebhaft und lustig zu: da faft lauter lunneS Volk betsum men: eine Anzahl Leutnant!, junge brauen und Mädchen, alle ansckei xicnö gut mttcmanver veianni. x;u war ein beständige Gekicher, In schein und Flirten. Neckworte. Svfe namm flogen hin und her, ab kmd an eine allgemeine übermütige Sach salve. Dazwischen glitten vetsländ r.iSlnr.ia. 2Iick: herüber und hwüber, geflüsterte halbk Worte, nur dfm ver stündlich, für den sie bestimmt waren. Man tauschte ungeniert seine S3e vbachtungen über die anwesenden Fremden auS. erzählte sich Tagesneu. igkeiten. Gesellschaftsklatsch. Unter den Anwesenden befanden sich sowohl Knifft und Arved von Düfsow. als auch Graf und Gräfin Dornbach. Sie kamen au dem Tat'rsall. Ella noch im ReitZleid. wie sie, vom Pferd gestiegen, waren sie. einer Eingebung folgend, bei Adlon eingze!ret?n. Um diese Tageszeit konn:e man sicher sein, dort Bekannt z4 treffen, und eine Tasse Tee wav bei dem lal len regnerischen JvühlingZwctter nicht zu verachten. DaZ Reitkleid der Gräfin fiel unter den meisten dunk len Strabenioiletten der anderen Damen nicht weiter auf; ti wäre Ella Dornbach auch gleichgültig ge Wesen. Sie wußte, daß die knappe schwarze Reitjacke ihre schlanke, eben mäßige Gestalt besonders vorteilhaft hervorhob und der schmucklose, kleine Herrenhut ihr gui zu Gesicht stand. In ihrem feinen, etwas hochmüii gen Gesicht siand stets deutlich zu le fen: .Wem ich nicht gefalle, der braucht mich nicht anzusehen ich bin. die ich bin.' Aber heute lächelte sie freundlich, gab sich ungezwungen, ohne Reserve. man war ja unter sich. An ihrem Tisch wußte jeder, wer sie war. und m die anderen die Fremden kümmerte sie sich nicht, die waren einfach nicht für sie vorhanden. Eben sprach sie mit Hauptmann von Enckehurt, einetn Regimentska meraden ihres Mannes, über das be vorstehende Wohttäkigkeitsfest. wo sie in den lebenden Bildern mitwirken sollte, als noch zwei Herren an den Tisch traten. Der elfte trug die Uni form der Wanöike? Husaren, der andere bürgerliche Kleidung. Während Leutnant :- von Harstrow lebhaft b-zkrüfzt wurde, richteten sich aller Augen mit leichtem ' Befremden auf den unbekannten- Zivilisten. Der Husar, ein häßlicher kleiner Mensch mit leichten geschmeidigen Bewegun gen, machte den Anwesenden eine all gemeine Verbeugung und aus seinen .... . - ft rr Begleiter deutend, sagte er: .bestatten die Herrschaften, daß ich Ihnen Herrn Hansen auS - Hamburg vor stelle. Wir sind alte Bekannte vom Horner Rennplatz und trafen uns eben zufällig am Pariser Platz. Du1 sow. ziehen Sie mal Ihre Überlebens' großen Gliedmaßsn ein bißchen ein, damit andere Sterbliche auch noch Platz finden. Setzen Sie sich hier- her, Hansen? ' Krafft kam der Aufforderung Be reitwillig nach. Gräfin Dornbach gab ihrem Sessel ebenfalls einen Ruck, fo daß zwischen den Geschwistern . eine Lücke entstand, groß genug, um zwei Stühle einzuschieben. . Strafst, der bis jetzt, .it. seiner Nachbarin, einem hübsche brünetten Mädchen, auf Tod und Leben eflir tet hatte, wandt , sich , mit , leichter Lerbeugung zu, dem Fremde: .von Düssow." ;.' . ,; . . Der junge Hamburger erwiderte die Vorstellung, ein wenig. .steif, ober seh? korrekt und sah sich, in. .dem. ihm unbekannten KreiZ um. Verzeihe Sie daß ich hier ein dringe. Leutnant Harstrow tragt die Verantwortung." , , Seine spitzige deutliche .Aussprache verriet bey Hanseaten, Gestalt und Gesichtsausschmtt zeigten auszespro chenen niedersächsischen Typ. Krafft begann fogleich in Ker ihm eigenen liebenswürdigen Weise 'eine Unterhaltung. .Sie interessieren sich für den Nennsport, Herr Hansen? Harst rowS Bemerkung läßt darauf schlie ße." . - ,Na öS schaltete der Husar ein, ehe Hansen die Frage beantworten konnte, er hat selbst einen kapitalen Gaul bei dem letzten Horner Rennen gesteuert. Mit- Cocktail errang er einen glänzenden Sieg." Krafft drehte sich lebhaft um. .Was. Cocktail gehört Ihnen? Famoser Steepler." ' . Sie kennen daZ Pferd, Herr ton-1 Düssow?" .Aber gewiß Cocktail ging doch unlängst i in Karlshorft über die Bahn? ich vermute, es ist daö am liche?" , . .- Hansen bejahte, und Krafft, froh, einen Anknüpfungspunkt gefunden zu haben, blieb, bei dem angefchlagenm Thema. Hamburg kannte er nicht, und die kaufmännischen Kreise, denen 2 'Z?sckbs? doch wshl angehorte, V . Üjciiitrtt v. ruifumiB. j, j , wann tine' unbekannt, Welt für ihn. Der junge Cffijicr halte da; Öe Ml. sich des Fremden annehmen zu müssen, den ein Kamewd eingeführt, lund da die übrige Tafelrunde sich wenig um ihn kümmerte, widmete er i :t, j..ri .sj,f:..r:x sich ihm fast ausschließlich. Das ruhige, sichere, dabei durchaus bescheidene Wesen des Hamburgers gc fiel ihm. In HakisenS kühlen blauen Augen, die an die Farbe Ml Mcer Wassers erinnerten, lag etroeJ, das ihn sympathisch berührte, ihm Wer trauen einflößte. Gewiß, deshalb bin ich in Ver lin. Ich möchte diese! Mal zwei Pferde herausbringen, außer Cock tail noch meinen Rapi Hengst Diava lo. Beide selbst zu reiten, ist mir aber doch etwas zu viel: Tiavolo ist für mein Gewicht nicht ganz geeignet, er ist ein schwieriges Pferd, der eine kräftigere Faust verlangt als die mti ne. Ich möchte ihn am liebsten von einem anderen reiten lassen. Für Sie zum Beispiel, Herr v. Tüssow, Ware er wie geschaffen. Sie betatigen sich doch gewiß auch selbst als Rennrer terZ" .Natürlich bei mir haperts nur stets, den passenden Gal für meine lange Gliedmaßen zu finden. Ich trainiere jeden dienstfreien Augenblick im Gelände, hoffe bis zum Beginn der Rennen auch noch einige Kilo fr zunehmen. Dürfte ich mir das Pferd einmal ansehen, es probieren; .Gern vielleicht morgen, wenn Ihre Zeit es erlaubt? Ich besprach den Fall bereits mit Harstrow, er nannte mir Ihren Namen, bezeichnete Sie als firmen Reiter. Ich möchte das fehr wertvolle Tier natürlich nur einer guten sicheren Hand arwertrau en. Harstrow selbst kommt nicht in Frage, er ist zu leicht, aber er mein te, Sie würden vielleicht nicht ab geneigt sein. Ich wollte Sie kennen lernen, Herr von Dussow, 'dies st ehrlich gestanden, auch der Grund, weshalb ich Harstrow hierher begle, tete." Krafft war mit Leib und Seele bei der Sache, das Kavalleristenblut erwachte in ihm. er hatte letzt für nichts anderes mehr Sinn und Jnter esse als für das bevorstehende Ren nen. Selbst die braunen Augen feiner Nachbarin zur Rechten besaßen keine Macht mehr über ihn. Sie drehte ihm schmollend halb den Rücken und nnd mete sich Arved, den sie bisher nur wenig beachtet hatte. .Diese ewigen Pfndegeschichten sind zu ledern,' sagte sie laut genug, um von rafft gehört zu werden. .Wenn Gäule aufs Tapet kommen, ist's fast noch schlimmer, as wenn Ihr beim Kommiß angelangt seid. Es sollte eigentlich verboten sein, in Damengesellschaft davon zu sprechen. Daß ein Pferd fchneller laust als das andere, weiß man doch." .Sie haben ganz recht. Gräfin, aber was wollen Sie es gehört nun emmal zum Handwerk wenigstens für meinen Bruder Krafft.' .Und für den andern diesen Hamburger Kaufmann, den Harstrow unö da eingeschleppt hat etwa auch? Ihr Ton klang schnippisch, ein hochmütiger Zug erschien auf ihrem feinen bräunlichen 'Kesicht. Arved zuckte die Achfeln. .Es scheint so heutzutage wol len die jungen Handelsherren nicht nur den väterlichen Kontorschemel rei, ten ihr Ehrgeiz fliegt höher, sie wollen es uns gleich tun und auch mal auf dem Rücken eines Vollblü ters . sitzen. Dieser da scheint übri gens ganz nett zu fein, er hat merk würdig gute Manieren. .Er sieht gut aus.' gab die kleine Gräfin widerwillig zu, und tadel los angezogen ist er auch.', - An der anderen Seite des Tisches wurde der Hamburger ebenfalls sie sprochen. Gräfin Dornbach die es nicht lieb te, fremde Eelemente in ihrem streng exklusiven Kreise zu sehen, unterzog Leutnant von Harstrow einem- ein gehenden Examen: . .Was ist dieser Hanseate. den Sie da mitgebracht haben, eigentlich für ein Mensch? Wie in aller Weltkom men Sie zu dem?" Der kleine Husar klemmte sein rie ges Monokel ins linke Auge, was sei nem häßlichen, beweglichen Gesicht ei nen arroganten, blasierten Ausdruck gab, und sagte: .Name: Robert Hansen. Heimats ort: Hamburg. Einziger Sohn und Erbe von S. P. Hansen. Seide en gros. Evangelisch. Ledig. Gericht lich noch nicht bestraft. , Genügt die ser Steckbrief Ihrem Wissensdurst. gnädigste Gräfin?' ... Ella schlug ihm leicht mit dem Handschuh auf die Hände. .Sie find-ein abscheulicher Mensch können Sie denn nicht vernünftig antworten?" . - . .Ichr Wunsch ist mir Besehl. Pfalz gräfin, schönste der Frauen. Was wollen Sie sonst noch wissen?' , ,DaS habe ich doch bereits gesagt.'! um ernstU zu reden: Die sei Hansen ist ein ganz palentek Kerl chen. Ich lernte ihn In Hamburg kennen, wir Wandsbcler verkehren dort viel, auch bei den Hörner Ren en sah ich ihn häusig; er ist ein brillanter Reiter und hit erstklassiges Pferdematerial. Sein Vater Senator Hansen gehört zu den angesehensten Großkaufleuten Hain burgs. seine Firma ist eine der groß ten dort, 'In Shanghai besitzt er ausgedehnte Seidenspinnereien, die dortige Filiale gibt dem Hainburger Hauptgeschäft nichts nach. Der alte Herr hat klobigen Mammon! Der jährliche Umsatz wird wohl so 'n paar Milliönchen betragen, taxiere ich, die Firma beschäftigt Hunderte von Angestellten. Der Aereter in Shanghai bezieht einen Ge.It, des fett sich ein bessere? Minister nicht zu schämen brauchte.' .Ach! Ist so etwas möglich?' .Na ob die Sache lohnt sich. Wenn ich diese bunte Jacke hier nicht so liebte,' fuhr der Husar lachend fort, indem er liebkosend über den Aermel seiner Atiila strich .ich hätte längst umgesatielt und wäre bei I. P. Hansen eingetreten, denn heut zutage kann man nur in der Jndu strie auf einen grünen Zweig kom men. Wir andern verdienen doch alle nischt. für uns gilt noch immer das schöne Wort: .Wer nichts erheirat' nichts ererbt, bleibt ein arme? Luder, bis er sterbt!" Ella Dornbach warf ihm einen mißbilligenden Blick zu. .Sie vertreten wirklich unqlaubli che Grundsätze. Herr v. Harstrow förmlich demokratisch woher haben Sie daS nur?' Der Husar zog eine Grimasse, wo bei ihm das Monokel auS dem Auge flog, und zuckte bedauernd die Ach sein. .Vielleicht bin ich erblich belastet. gnädigste Gräfin. Meine Gioßmut ter mütterlicherseits war eme gebore ne Lehmann. wie Sie aus dem Go tha ersehen können daher lommt's wohl. Ich bin an dieser bedauern chen Tatfache vollkommen schuldlos.' Ella schüttelte den Kopf, sie ver stand Harstrow nicht. Warum zog er plötzlich die geborene Lehmann ans Licht?, Ueber so etwas geht man doch stillschweichend fort! Sie mochte den lustigen kleinen Husaren trotz seiner Häßlichkeit und seiner spitzen Zunge sonst gern leiden, aber heute ärgerte sie sich über ihn. Wai würde man in Groß.Dehlau zu solchen Ansichten sagen! Sie wollte doch Krafft gelegentlich .einen Wink geben, nicht zu viel mit Har strow zu verkehren. Krost war eine fo impulsive Natur, viel zu ver traucnsselig er schloß sich so leicht an, er würde sich am Ende von Har strow beeinflussen lassen. Wie kordial er auch jetzt wieder mit diesem jungen Menschen aus Hamburg sprach! Sie lauschte an geftrengt, um etwas von der Unter Haltung der beiden zu erhascheu. Eben sagte Krafft: .Also, es bleibt bei unserer Ver abredung. Herr Hansen morgen früh um neun bin ich draußen in Karlshorst und sehe mir Diavolo an.' ' Ella fuhr förmlich erschrocken zu sammen. Sie gab ihrem Mann ein energisches Zeichen, daß sie aufzubre chen wünschte. Graf Tornbach erhob sich sofort und trat hinter ihren Stuhl. .Willst du schon gehen. Ella?' .Ja bitte eö ist die höchste Zeit, ich muß mich noch vor dem Theater umkleiden. Kommst du nicht mit uns. Krafft?' Aber der wehrte etwas ungeduldig ab: ' .Gleich, gleich, Ella, ich habe mit Herrn Hansen noch eiwaS zu te sprechen.' So , nun dann auf Wiederse hen.' Sie raffte ,hr Rerikleid auf. ver abschiedete sich von den übrigen und verließ, von ihrem Manne gefolgt, das Vestibül. Die einmal unterbrochene Tafel runde löste sich jetzt rasch auf?, einzeln oder gruppenweise drängte sich alle? dem Ausgang zu. Man ließ sich chnme und Ueberzieher reichen und trat in den unaufhörlich niederrau schcnden Regen Hittaus. Als letzte folgten Krafft, Harstrow und Hansen. Ti: Laternen fpiegel len ich m dem triefend nassen Asphalt, der Schmutz spritzte unter vorüerrollendem Wagen und AutoS. schneidend blies der scharfe Ostwind durch die Straßen. Berliner Frühling!' rief der Hu sar lachend und schlug den Kragen seines Uniformmantels hoch, .Die Bahn wird morgen schlecht sein.' meinte Krafft. ; .Vielleicht wählen wir .lieber einen anderen Tag,' fchlug der Hamburger höflich vor; ober der Kürassier wehr te lachend ab. I wo ich brenne darauf. Dia dolos Bekanntschaft zu machen." Mit Handschlag und freundlichem Gruß verabschiedete er sich vo"l seinen Begleitern, winkte einem vorüberfah renden Auto und war im nächsten Augenblick verschwunden. (Fortsetzung folgt). 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