Cmafja Tribüne, M'ttivoch, 26. April 1910. tritt 6.
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Set Rvman eine junge Mdchen von E.dlenftittn.W,ftrk.
tnte( au Nkk1eh, lch,a d VuitM ftuttn.
K, (22. F0!tskjUg.) .),
?kn guten ände.
Kein Polizist hatte in feinem
Dienst beharrlicher hin und her
schreiten können all Livenner vor
Gunvork Hauslure; hin und her, hin
und her, ohne Ungeduld zu zeigen,
ndlich kam Gunoor. Sie hatte ihre
uütt und Schwester auf die Bahn
begleitet, und e war jetjt nach sieden
Uhr. Rasch schrttt sie au, wie emem
ersehnten Ziele entgegen, Jlöennrc
enkvect sie schon au weiter Kerne
und ama eilig aus sie zu.
.Guten Abend. Fräulein d. Hari
big! Sehen Sie, ich hatte doch recht,
wir seven uns woer. ,
Sie neigte den Kopf und sagte
müde: .Ja, da ift ein merkwürdiger
Aufall."
.Man wird ei indes kaum einen
?,ufall nennen können, denn ich waile
fcier schon seit ein paar Stunden auf
Sie.'
.Warum denn?"
.Weil ich Ihnen etwa zu sagen
habe.'
.Ist tl so wichtig?"
.Ja. ti leidet keinen Aufschub
.Ab ehrlich gestanden. Herr
Kvenner.,ich glaube nicht, daß ich ti
jetjt hören möchte. Ich bin anderwei
Ng beschaN'gt.
Jch weiß eö.'
.Dann hindern Sie mich nicht
daran. Lassen Sie mich gehen!"
.Nicht gerne. Würden Sie ti für
kompromittierend halten, wenn ich
E in Ihr Zimmer begleitete? Tort
könnten wir ungestört sprechen, und
Sie sind unter so gutem Schutz,
als Sie sich nur wünschen können.
Ich habe nämlich die Photographie
meines TöchterchenS bei mir, und
dann versuche ich immer, daS Rechte
zu tun."
.Warum kümmern Sie sich eigeni
flch f viel um mich?"
.Zuerst tat ich S, weil Sie jung
nd lieb und glücklich waren. J;t
tue ich es, weil Sie einsam und un
glücklich sind. Ich habe Ihnen gesagt,
die Menschen seien mir ziemlich
gleichgültig, und daS ift ganz wahr.
Aber 'wenn ich einmal Teilnahm für
jemand empfinde, dann halt sie auch
vor. Und- deshalb. Kind, betrachten
Sie mich einfach als einen Freund,
dem Ihr Wohl am Herzen liegt." i
Widerstrebend ging Gunvor vor!
ihm ins HauS hinein, sagte . aber
noch: .Sie dürfen mich nicht lange
aufhalten."
.Nein, ich hoffe, eö wird nicht nB
tig sein." antwortete er ruhig.
Sobald sie in GunoorS Zimmer,
angekommen waren und Gunvor die
Lampe angezündet hatte, begann
Kvenner. ohne Pathos in der Snm
rne, 'aber mit tiefem Ernst: .Aus
dem, waS , Sie mir gesagt haben,
konnte ich erraten, dafj Sie die Ab
sicht haben, dem Schmerz, der Ihnen
zu schwer zu ertragen ist. jur immer
zu entfliehen. Sie meinen. Sie könn
ten daS Leben nicht' mehr ertragen."
.Ja. so ift es." sagte sie leise.
.Sie meinen natürlich. das Leben
habe keinen Zweck mehr.
.Ganz richtig, das Leben hat kei
nen Zweck mehr sür mich," wieder
holte s mechanisch.
.Aber wenn es wieder einen le
käme" '
.Ein Surrogat? Nein, nein!"
.Das , meiste im Leben ift ein
Surrogat sür das, was man sich am
innigsten gewünscht hat; aber von
uns hängt es ab, ob es zu etwas
Echtem wird."
.Verzeihen Sie, Herr Kvenner,
aber ich kann heute abend nicht dis
putieren. Sie sagten, Sie hätten mir
etwas zu sagen?"
.Ja,' ich möchte Ihnen etwas er
zählen. Darf ich?"
.Mtte, es darf aber nicht lemoe
sein."
.Nein;-aber Sie sind ja wie ein
ungeduldiges Kind. Nun beantw??'
ten Sie mir zuerst ein paar Frag?n.
Wollen Sie sich heute abend noch das
Leben nehmen?"
Gunvor zuckte zusammen und sah
Kvenner verwirrt an.
..Mit welchem Recht...?" begann
sie. '
' .Mit dem Recht, das in der Stun
de der Not ein Mensch an dem an
dern hat. Fräulein v. Hartvig," 'un
terbrach er sie. .Soll Ihnen die kleU
nt Chloralflasche auf dem Schreib
tisch dort dazu dienen? Sie sehen,
ich gehe ehrlich und rücksichtsvoll vor.
Ich hätte das Fläfchchen rasch grei
fen und am Ofen zerschlagen kön
gen; aber damit hätte ich nichts ge
wonnen als einen Aufschuo und
überdies Ihr Mißtrauen! So, nun
stellen Sie das Fläfchchen hier mit
!en auf den Tisch. Sie sollen es die
ganze Zeit vor Augen haben. Wol
len Sie es dann, wenn ich ausge
sprachen habe, noch anwenden, dann
ja dann habe ich nichts crusrich
ten können. Dann müssen Sie eben
den einzigen Weg gehen, den Sie
zu gehen vermögen." ' -
, Er schmieg und wischte sich große
klare Schweißperlen von der Stirne.
Gunvor drückte sich in die eine Sofa,
ecke. Sie wollte ihm sagen, seine Güte
krwärme sie, dachte aber dcmn,i
4 ch
v s v .
1 Worte seien hier ohne jeglichen Wert,
und außerdem warum sollte sie
:i vr : i . r . .
IV III lliL'U (j tCU!'UUU,Cl JüijUl, UCl.ll
sie schließlich doch gegen seinen Rat
handelte?
Tann sprach Georg Kvenner mit
inniger, leiser Stimme: .Ei war
einmal ein junger Mann, der sich in
König Midas Wäldern, wo die Bau
me und Sträucher und auch daS
Erdreich aus lauterem Golde besteht,
verirrt halte. Seine Augen wurden
von Um Golde geblendet, und er sah
nicht einmal mehr diejenige, die er
über alle in der Welt geliebt hotte
und die ihm warm und treuherzig
entgegenkam. Er erkannte sie erst
wieder, als sie als ein kleiner golde
ner Vogel vor ihm herflog. Ihre
Stimme hatte ; er , immer besonders
liebgihabt, und eines Tageö gebot er
dem Vogel zu singen. Aber die Kehle
deS Vogels hatte ihre Töne verloren
und krächzte nur noch: .Gold! Gold
Gold!" den die verwandelte Ge
liebte glaubte, dies sei daS einzige
Wort, das ,hr Herzensfreund noch
verstehe. AlS der junge Mann hört,
was aus der so sehr geliebten Stim
me geworden war, entsetzte er sich
und bat: .Böglein, Vöglein, zwit
schere deine ölten süßen Lieder!"
Aber der Vogel krächzte immer nur
wieder: .Gold!' Gold! Gold!" In
seinem Schmerz darüber beschloß der
junge Mann, den Vogel lieber zu
töten, als dies Gekrächze anzuhören.
Aber wie sehr er sich auch anstrengte,
den Vogel zu fangen, dieser ent
wischte ihm immer wieder, und so
gelangten sie schließlich bis an' den
Rand der goldenen Wälder. Doch der
junge Mann dachte an nichts weiter,
als des Vogels habhaft zu werden.
und so vergaß er all das schimmernde
Gold, daöer hinter sich ließ. Und
in dem Augenblick, wo er auf die
grünen Auen hinauskam, .wich der
Zauber, und er erkannte, daß er vor
her m der Irre gegangen und von
einem Blendwerk verlockt worden
war. Jetzt wollt? er das Vöglein
nicht mehr töten. Dieses aber war
in dem ' Wald zuruckaeblieben. Er
hoffte n'n immer, es werde noch
einmal .ich wieder derwandelt wer
den. wie er selbst, damit er die Ge
liebte wieder an sein Herz drücken
konnte. Aber er wartete vergebens.
Was er in seiner Verblendung, von
sich gescheucht hatte, Um nicht wieder.
nd eines Tages wurde ihm kundge-
tan, votz sein Warten vergeblich sen
ttxnt Braut hatte sich selbst das Le
ben genommen, sie hatte es damals
getan, als er in Ziönia Midas Wal-
dern umherirrte. Viele Jahre lang
grübelte er darüber nach, warum sie
damals nicht lieoer in ihrer wahren
Gestalt zu ibm gekommen war; sie
hätte ja wissen müssen, daß er sie
schließlich doch erkannt hätte. Und da
stieg der Gedanke in ihm auf: War
sie nicht am Ende auch in der Irre
gegangen? Von nun an gab er sich
alle Mühe im Leben, er wurde geoch
tet und geehrt, aber er konnte es nie
überwinden, daß sie fortgegangen
war, während sie doch gewußt hatte,
daß er auf einem falschen Weg war.
Der junge Mann würd? alt, und die
Leute redeten nicht mehr von seinem
merkwürdigen Schicksal, bis ein an
derer Fall wieder daran erinnerte.
Die Frau eines Gutsbesitzers, der,
wie es hieß. Tag und Nacht uner
müdlich darauf bedacht war. den
Reichtum der Seinigen zu vergrö
ßern, und die Mutter eines fiißen
Mädchens war aus freien Stücken
aus. dem Leben geschieden. Wissen
Sie. wer der Gutsbesitzer war, Frau
lein v. Hartvig? Und fragen Sie
noch, mit welchem Recht, ich Ihnen
noch einmal in den Weg trete? Ich
kenne Ihren Bräutigam nicht, aber
nach allem, was ich von ihm gehört
habe wir find nämlich zukünftige
Nachbarn in Norrland , ift er jetzt
vom Erfolg und von ehrgeizigen
Vorspiegelungen geblendet."
.Ich kann ihm nie, nie wieder et
was fein", schluchzte Gunvsr.
.Nein, nie. wenn Sie ihn in der
Stunde der Gefahr allein lassen."
.Ach, er wird schon mit einer an
dern glücklich werden."
.Und um dieser andern Platz zu
machen, gehen Sie? Nein, Kind, das
ist überspannt. Aber wenn meine
fechte Geschichte nichts ausgerichtet
hat. dann habe ich nur noch hinzu
zufügen: Mit dem Leben, das wir
bekommen haben, sollen wir für unsre
Lieben wirken. Mit dem, waS hin
ter oder vor uns liegt, haben wir
nichts zu tun, und der ift ein Ab
trünniger, der sich aus dem Kampfe
stiehlt, wenn dieser gerade am heiße
fett tobt. Glauben Sie ja nicht, ich
wolle damit eine Tote verurteilen,
nein, nein, aber ich will eine Lebende
warnen. Vergessen Sie eins nicht,
armes Kind, Lebcn ist Leben und
Tod ij Ungewißheit." , ,
Jetzt brach Gunvor in heftiges
Weinen aus; sie konnte .-nichts als
weinen, weinen, während sie doch in
dieser ganzen entsetzlichen Woche noch
keine Träne vergossen hatte. Georg
Kvenner stand auf und ftrich ihr
sanft übers Haar; dann legte er
ein Kissen unter ihre Kopf, bereitete
einen Schal iifer ihre Füße und
rückte die Lampe etwas zurück, damit
sie der helle Schein nicht belästige.
llal einem bitteren Seufzer dachte er,
wenn er es diimoli verstanden hätte,
ein kranke Gemüt so behutsam zu
behandeln, dann wäre es vielleicht zu
retten gewesen. Jetzt hatte er eine
teuer erkaufte Erfahrung, ober Gott
allein konnte wissen, ob er mit ihr
etwas über das junge Mädchen ver
mochte, das ihru das Schicksal in den
Weg geführt halte!
.Run werde ich Sie gleich in
Ruhe lassen", sagte er zu der noch
immer Schluchzenden.',Kann ich sonst
nichts sür Sie tun?"
.Nein, ich danke jetzt nicht."
.Jetzt nicht, aber morgen vielleicht,
wenn Sie über meine Worte nachge
dacht hab?. Und rnt wahr, di9
werden Sie tun? Nun gute Nacht,
und morgen gegen zehn Uhr können
Sie mich im Hotel Nadberg oufsu
chen. Nun noch einmal gute Nacht,
liebes Kind!"
Würde sie kommen? Würd, sie
nicht kommen? Georg Kvenner ging
unruhig in dem eleganten Hotelsalon
auf und ab. Wcis würde er hören
müssen? Eine angstvolle Vorstellung
jagte die andre Hätte er ihr das
todbringende Fläfchchen nehmen sol
len? Hatte er umsonst, geredet? Ach.
wenn sie doch käme! Endlich, zehn
Minuten nach zehn klopfte S fchüch
tern an seiner Tür. .
Rasch öffnet er. Kind! Gott sei
Dank, daß Sie kommen!" -
Er zog sie herein, drückte sie einen
Augenblick an sich und fein Gesicht
nahm den Ausdruck wahrhaft ver
klärter Freude an. Gunvor riß sich
nicht los. .Sie fühlte sich geborgen
an dieser starken Brust, in der so viel
Güte und warme Teilnahme wohn
ten. Und sie fühlte, auch instinktiv,
daß sie hier einen Freund gefunden
hatte, auf den sie sich Unbedingt der
lassen konnte.
.Setzen Sie sich jent! Haben Su
in der Nacht etwas geschlafen?" Sei
ne Stimme klang herzlich, fast Väter
lich. i
. Nein, ich chabe nachgedacht." ,
.So? ja. ich sehe es' Ihnen
übrigens caSt an."
.Inwiefern?"
.Sie sehen übernächtig ud anae
griffen aus. Aber wir müssen alle
durch die Wasser der Trübsal hin.
durch; nur sind diese Wasser für die
einen tiefer als für die andern, unr
da gilt es auszuhalten und die ganze
Karst einzusetzen. Und jetzt leben
Sie!"
.Ja."
.Und was wollen Sie weitn
tun?" ,
.Das weiß ich nicht." .
.Da möchte ich Ihnen einen Vor
schlag machen. Wollen Sie mein
Privaisekreiär werden? Wie Sie
wissen, ist mein rechter Arm sehr
schwach. Die Massaaekur. hier hat
bis jetzt nicht gebolscn. Nanna
schrieb ollerdinzK ab und zu für
mich; aber der Flederwisch ist nicht
zuverlässig, und bei mir gibt eS fehl
viele geschäftliche Korrespondenz zu
erledigen. Ja. Sie müßten allerdings
auch zugleich die Bibliothekarin
sein, eö sind eine Menge Bücher da.
die noch katalogisiert werden müssen.
Sagen Sie ja. Fräi'lein v. Hart
vig. ich bin beinabe sicher, daß c
Ihnen auf Granliden gefallen
wird."
.Aber
.Nun?"
.Sie haben selbst gesagt. .
.Was hab' ich gesagt?"
.Daß. . . daß.
.Ja so. ich muß Ihnen helfen.
Ja, ich habe allerdings gesagt, daß
das Forser Sägewerk in dichter
Nachbarschaft von Granliden ist und
daß Ingenieur Malmberg im Herbst
dort Direktor wird. Aber was tut
das? Sind Sie nicht hierhergekom
men, weil Sie noch immer hosfen
wollen? Weil Sie nicht die Ab
sicht haben, von dem Geliebten fort
zugehen, der sich in die Wälder des
Königs Midas verirrt hat? Mut!
Mut! Das ist das Adelsmort der
Liebe,"
(Fortsetzung folgt.)
Jmmerderselbe. Rentier
Lehmann wälzt sich unruhig träu
mend in seinem Bette umher. Da,
ein lauter Auffchrei und ganz wie
in Schweiß gebadet, erwacht er.
.Aber. Lehmann. was ist dir denn!"
ruft erschreckt seine Brigetj. .Ach.
gottlob, Brigette, daß ich hier bin.
ich träumte nämlich, ich käme nach
elf Uhr nach Hause!" ruft sichtlich er
leichtert der Pantoffelheld. . ;
Guter Rat. Es war zuk
Zeit, als die erstm Läuse ihren
Einzug in die demsckscn Stelliin
gen in Frankreich hielten. Die
Glücklichen", die solchen kleinen
Besuch bekamen, waren mit der
Behandlung solcher Gäste noch nicht
so vertraut, wie die Kcimrradcy
von der Ostfront, die mit den rus
sisch, Haustietchen sehr gut umzu
gehen wissen. , Als, nun ein .junge;
Kriegssreüvilliger in der Wäsche
Spirren jener kleinen Tierchen fand
und einen Wehnnanu um Rat an
ging, entgegnete dieser: .Treh daZ
Hemd um, dann . haben sie ciner
Tagemarsch, um wieder auf die an
deie Setze zu kcmml"
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SiVttiere nd lackieret "llZi Ä : Telephon Red 2727. ZimnÄ - --"
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