Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, April 27, 1916, Image 7

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Wewarll's Werdegang.
Zum L50jahrige Gr!'mdungSJubiläum der rührigrn New 3x
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G8 sind verhältnismäßig nur wenige
Städte im Lande, welche auf ein 2ö0jcit)
rigeS Bestehen zurückblicken können, und
irren kann es den Bürgern der New Jet
sey'ct Fabrikstadt am Passaic nicht der
denken, wenn sie eine vom 1. Mai bis Sep
tember währende Jubelfeier anläßlich der
vor 250 Jahren erfolgten Gründung im
großen Stile arrangierten. Als die kleine
Schar von Puritanern, etwa 20 an Zahl,
im Jahre 1666, geführt von Robert Treat,
Lbadiah Bruen. Samuel K itchell, John
Lrown, Michael TompkinZ und Robert
DknnisopuS Wilford, Conn., abfegelte
und von den Hackenfack'Jndianern beinahe
aanz Esser County für $200 kauften, lie.
en sie es sich gewiß nicht träumen, vak
e die Grundlage Zu einer der wichtigsten
Industriestädte des Landes legten, (sie
waren nach bei Ufern des Passaic durch
die einladende Erscheinung , des Landes
hingezogen, und so gründeten die (tast
vollen Ansiedler, umgeben von Gefahren
und Nachteilen aller Art. das kleine Dorf.
welches sich durch den Fleiß und Unter-
nehmungsgeist nachfolgender Geschlechter
zu dem heutigen großen Vedölkerungs
Mittelpunkt und feinen ungeheuren Hilfs
quelle für Handel, Verkehr und Fabrik
Wesen entwickelt hat. Weder Geschichte
noch Ueberlieferung haben die Namen der
Schiffe bewahrt, in welchen die kühnen
Pioniere durch den Kill van Kull in die
'heutig? Nemarker Bai hinausfuhren, um
auf den von den Indianern Passayk ge
nannten Fluß vor einem Landschaftsbilde,
dessen Hintergrund die Orange-Aerge bil
deten, vor Anker zu gehen. Auch ist der
genaue Tag der Landung nicht bekannt,
doch muß es wohl mitte Mai gewesen sein,
da das MZährige Bestehe der Stadt am
17. Mai 1866 in würdiger Weise gefeiert
wurde. Elizabcth Swain, die 19 Iahn
alte Tochter des Kapitäns Samuel Swain,
war die erste der Ansiedler, welche den.
Boden New Jerseys betrat. ES war den
Ansiedlern von Agenten deS Gouverneurs
Earteret gesagt worden, daß Unterhemd
lungen zum Ankauf eineS entspreckzenden
Landkomplczes mit den Indianern singe
leitet und der Preis dafür entrichtet wor
den fei. Diese Angabe erwicfen sich jedoch
olS unwahr, und die Indianer vertrieben
die Weißen. Nach mehrfachen Unterhand
lungen gelang es jedoch, ein Uebereinkom
rnen zu treffen und das Land zu kaufen
Der so erworbene Komplcr umfaßt das
heutige Newark, sowie das Gebiet biS
Springfield, Livingstone, den Oranges,
Bloomfield und Caldwell. also beinahe
ganz Esser County. Der Kaufpreis, wel
eher der damaligen Mode gemäß teile in
bar, teils in Waren als Tauschartikel ent
richtet wurde, betrug 130 Pfund New
England Münze, ein Dutzend Gewehre
und Teppiche. Einerlei wie ungerecht an
anderen Orte mit den Eigentümern der
Ländereicn verfahre wurde, den Bor
fahre der Ncwarker kann auch nicht der
leiseste Borwurf bei dem mit den Jndia
ner abgeschlossenen Handel gemacht wer
den.
Wie der Name Newark dem neuen Orte
gegeben wurde, ist nicht ganz klar; Zuerst
hieß der Ort New Wort", doch wurde der
Name nach Ankunft des ersten Geistlichen,
eineS Rev. Abraham Pierfon au! Newark
on Trent in England, in Newark abge
ändert. Am 21. Mai 1666 beschlossen die
Ansiedler. Gesetze für Regierung der Ort
schaft zu entwerfen, und ein Elfer-Komitee
wurde mit diefer Aufgabe betraut. Bc
zeichnend für den religiöse Geist, welcher
diese Ansiedler beseelte, ist der Paragraph,
daß keine Person Freeholdcr oder Bürger
meister werden, auch nicht wählen oder ein
militärisches Amt bekleiden kann, die nicht
Mitglied einer der Congregationglisten
Kirchengemeinden ist.
Unter diesen Bestimmungen bauten die
ersten Ansiedler für sich selbst Wohnstcitten
und setzten bestimmte Teile ihres Besitze
für Handlverke und Gewerbetreibende auS.
Der Erste feines Handwerkes, der sich hier
niederließ, erhielt einen Bonus und es
wurde Hm eine Heimstätte eröffnet, sowie
in brüderlicher Weise unter die Arne ge,
griffen. Die Entwicklung deS OrieS machte
leine besonders raschen Fortschritte. Zwei
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Jahre nach der, Gründung wurden von den
Kommissären die Grenzen festgelegt, in
das Jahr 1668 fiel auch der Bau der er
sten Grützmühle und in 1673 hatte Newark
erst eine männliche Bevölkerung von 86
Köpfen. Drei Jahre später wurde die
erste Schule eingerichtet, aber erst in 1714
da! erste Schulhaus erbaut. Im Jahre
1776 war Washington mit 5000 Mann
seiner Armee fünf Tage lang in Newark
stationiert. Die erste Newark Zeitung.
.Wood's Gazette", erschien in 1701 und
seit dem Jahre 1801 entwickelte sich New
arkS JukiXtier-Jndufirie: achtzehn Jahre
später wurde auch der Anfang zu Ncwarks
Patcntleder-Jndustrie gemacht. Im Jahre
1820 war die Bevölkerung auf 6507 ge
stiegen und iu die nächsten IS Jahre fällt
die Eröffnung der New Jersey Railroad
und Marris & Esscz-Bahn. sowie Ceth
Boyden'S Entdeckung des Verfahrens.
Schmiedeeisen herzustellen.
Im Jahre 1836. als? 170 Jahre nach
der Gründung, wurde aus der Town eine
Stadt, und am 11. April 1836 fand die
erste Charterivahl statt. Wm. Halfey
wurde der erste Mayor, und er wurde
ebenso bekannt, wie einige seine,? Nachfol
er, darunter Picnic Jot" Haynes und
Jakob Häußling, Halfey, der beinahe ein
stimmig erwählt worden, wurde später
Countyrichter und starb im August 1843
im Alter von 73 Jahren. Damals hatte
Newark 18,201 Einwohner, davon etwa
6000 Jrländcr und nur 800 Deutsche.
AuS bem Landstädtchen hatte sich eine Fa
brikstadt entwickelt, die N. I. Railroad
and Transportation Co. (jetzige Pennsyl
vanit-Bahn) beförderte viele Tausende von
Passagieren, und der MorriS-Kanal, der
im Jahre 1837 vollendet wurde, brachte
Kohlen und Eisen nach Newark. Die
Flußschiffahrt war derart gestiegen, daß
Newark vom Kongreß im Jahre 1833 zu
einem Zollhafen ernannt wurde. Diesel
industrielle Aufblühen hielt bis zum Heu
tige Tage an, und eS gibt jetzt beinahe
keine Industrie, die nicht in Newark ver
treten ist. Im Jahre 1836 wurde auch
die Straßen zum ersten Male durch Oel
lampe beleuchtet, zwei Jahre später wur
den die erste Hochschule, das CountyGe
richlshaul und das Rathaus eröffnet, aber
erst elf Jahre spater die erste Pferdebahn
Gesellschaft inkorporiert. ila war miti,
lerweile auch an die Anlage von Waffn
werken gegangen, und in 1869 wurden die
Belleviller Werke eröffnet. Bon nun an
machte die Entwicklung Riesenschritte; die
Handelskammer etablierte in 1885 die erste
TechnikerSchule. eö wurde im selben
Jahre mit der Anlage von County Parks
begonnen, drei Jahre spater die erste Frei
bibliothck eröffnet; in daS Jahr.18SS fiel
die Enthüllung deS Monuments für den
Erfinder Boyden, der nicht nur die Her
stellung deS SchmiedeifenS, sondern auch
des PatcnlederS erfunden b.
Jk?t hat Newark eine Bevölkerung von
339.000 Seelen, Inen Flächeninhalt von
23.40 Quadratmeilen, davon sind 6.6
Marschland; fünf Bahnen, Pennsylvania,
Lackawanna, Erie, Lchigh Valley und N.
j). Central, haben Passagier und Fracht
Depots. 900 Personcnzüge halten täglich
an, und die Frachtzllge bringen jährlich
3,905,48 und versenden 1,350,980 Ton
nen Fracht. Die im Jahre 1911 eröffnete
Hudson & Manhattan Tunnelbahn nach
New York und 663 CarS der 28 Trolley
Linien der Public Service Corporation
befördern jährlich 165,000.000 Passagiere.
Newarks fteuerbarei Eigentum hat einen
Wert von $420,311,342, das Munizipal
Eigentum wird auf kp30.000.000 veran
schlagt, die fundierte Schuld beträgt $39.
556,200, die Netto.Schuld $21,902,471,
die Steuerrate $22.80 pro $1000. Die
Stadt hat 301.90 Meilen gepflasterte
Straßen, 79.3 Meilen gebauter Abzuqö
kanale. Die Polizei besteht aus 739
Mann, die Feuerwehr hat 471 Mann.
Zwanzig Parks, von denen der Branch
Brook und der Weequahic-Park die
schönsten und größte smd, haben einen
Flächeninhalt von 19.89 Acker; dazu kom
mcn noch die Spielplätze und County
Parks. Zahlreiche Banken und 103 Bais'
vereine mit 21M5 Mitgliedern zeigen
Shakespeare
von Albert pnlvexmacher.
I5MV?WMM?
Wenn man heut, da der große Chake
speareGedenklag (die 300. Wiederkehr H
TageS. an dem Shakespeare gestorben) ge
kommen ist, otr die verschikdenar'igen
Shakespeare-Feier gewahrt, die f'attfan
den, stattfinden und noch stattfinden sol
len, lann könnte ein eben erst Gelandeter
leicht auf die Vermutung kommen, Ame
rika sei daS Land der bardMoIaiW'.
Ist doch dieS Bedürfnis, den Manen vck
großen Dichter! zu huldigen, jetzt fast zu
einem "ad", u einem Rummel" au
geortet. Nicht nur, daß die Stadt New
gork offiziell im Mai ihren Shakespeare
geweihten "Ommuiit,j Maque" im
Stadion bei City College geben wird, auch
in den kommerzielle Theatern, in denen
Shakespeare als ein selten und ungern ge
wagte Risiko angeschen wurde, werden
die Dramen deS Barden vom Avon unter
grixßer'k oderaeringerer Teilnahme deS
Publikums, stellenweise unter dem fi 'anz
kräftigen Patronat der Wall Street'Mag
naten wieder belebt. Einzelne Stadtteil
Berbönde, wie die Chelsea Association rü
sten sich für eine eigene großzügige Ehake
speare-Feier, Gesellschaften wie die Drama
Society und die Proftssional Wsn-en's
League suchen entweder, wie die erstere,
was löblich ist. Shakespeare n einer Mu
sterau'fllhrung zu billigen Eintrittsprei
sen populär zu machen oder, !?ie letztere,
ein eigene? Benefiz mit dem Sha.espeare
Banner herauszuputzen. Ja selbst eine
Mittelschule nach der anderen wagt sich in
von Schulknaben oder Mädchen gemimten
Dilettaoten-Aufführungen an Shakespeare
heran ...
Mit einem Wort, Shakespeare iP in
diesem Winier fast so sehr im Schwang
wi? der Eislauf.
Woher aus einmal diese große amerika
nische Shakespearebegeistcrung? Niemand
kann leugnen, daß sie plötzlich gekommen
von dem Wohlstand, und wenn man die
Liste der Industrien sieht, zeigt sich, daß
die Leder-Jndustrie durch 90, die Fabri
kation von Juwelen durch ebensoviele Fir
men vertreten ist; 30 Maschinenwcrkstät
ten, 23 Hutfabriken., 16 Brauereien, viele
Eisengießereien, Chemikalien und Far
den, Koffer und Reisetaschen, Knopf,
Eiscnwaren, Metalwaren-, Silberwarcn
Fabriken, kurzum jede Industrie bis aus
die Seidenfsbrikation ist in Newark n
präsentiert. .
TaS Deutschtum
war in Newark seit den 50er Jahren recht
stark vertreten und trug dazu bck. daß die
Bevölkerung nicht den engherzigen An
sichten der puritanischen Vorsahren hul
digte. Schon im Jahre 1853 wurde die
erste-der deutschen Schulen gegründet,
von denen jetzt noch einige, allerdings un
ter Schwierigkeiten, bestehen. In das
Jahr 1852 fiel die Gründung des ersten
Gesangvereins, der .Aurora", im Jahre
1865 entstanden die Vereine .Germania"
und .Phocniz", in 1857 die Concordia"
und in 1859 der Arion". Einige Turn
vereine und Schiitzcngesellschafte bestehen
auch seit vielen Jahren. Mehrere deutsche
Kirchen wie die lutherische Gemeinde an
Halsey Str.. wurden in den 50er und
60er Jahren gegründet. Viele deutsche
Bürge, Newarls. wie Hermann Lehlbach.
der Mitglied des Kongresse war und
dessen Neffe jetzt Newark im Kongreß
vertritt. Wm. H. F. Fiedler, der auch
Kongreßmitglied war, Gottfried Krüger,
der Brauherr und Gründer deß nach ihm
benannten Altenheims, der Mitglied deS
höchsten StaatsgerichtcS. Laienrichter des
ApPellhofeS ' war, der KriegS-Veteran
Major Carl Lentz. der langjährige Prasi
dent deS Nordöstlichen Sängerbundes und
früheres Mitglied der Staats-Steuer
kommission, Jakob Häußling. der fünf
mal Mayor der Stadt war, sind über die
Grenzen der Stadt hinaus bekannt. Von
den deutschen Zeitungen ist die demokra
tische Newarker Deutsche Zeitung" vor
einer Reihe von Jahren eingegangen, und
die Stadt hat nur eine tägliche ' deut,
sche Zeitung, die von der Witwe B.
PriethS herausgegebene .New Jersey Freie
Presse".
Wichtige Ereignissö .
waren für Newark der Besuch Ludwig
KossuthZ, deS Führer? der ungarischen
Revolution im Jahre 1849. der am 21.
April 1851 in großartiger Weise empfan,
gen wurde; die JndustricAusstcllung im
Jahre 1872. welcher auch Präsident' Grant
und Hora Ereeley beiwohnten; das
Schützenfest deS Internationalen Schllt
zenbundeS im Sommer des JahreS 1888;
die Eängerfefte deS Nordöstlichen Sän
gerbundeS in den Jahren 1891 und 1906.
Die Besichtigung der im Bau begriffenen
Dockanlageg am 20. Oktobn 191S war
auch ein Festtag für Newark.
V6n Brand und UeberschwemmungS
Katastrophen, wie Paterfon und Hoboken
heimgesucht wurden, ist Newark verschont
geblieben, , und der Newark Evening
Ncws".Chroniker David L. Pierson bc
richtet von einem Brande im Jahre 1836,
der $125,000 Schaden anrichtete und das
größte Schadenfeuer in der Geschichte der
Stadt war. Bei einem Fabriksbrande vor
acht Jahren kamen 17 Personen um! Le,
ben und die Kollision eines BahnzugeS
mit einer Ear hatte de Tod von 3 und
die Verletzung von. 20 Personen, meist
Mädchen auS der Hochschule, zur Folge.
Während meiner 46jährigen Tätigkeit
an der TageSftresse habe ich manche Iu
belfeier von Beumzipalitäten mitgemocht,
wie daSSes?ui Eentennial der Städte
Baltimore (1880) und Jersey City
(1910). die .Jubiläen der Städte Hoboken
(1905) und Egg Harbor City (1905).
wie West Hobokens Jubiläum, aber nir
gendswo hat man so große Boibereitun
gen für eine Feier getrosscn, und man
hofft dadurch das Angenchme mit dem
Nützlichen zu verbinden.
';.: X 5. Reftte
m Amerika.
ist, denn vor einigen Jchre verlief die
yaicipeare Mvurisiog, . Jahrhundert
seiet ohne Sang und Klang, hier sowohl
wie in England. In England blamierte
w sich damals mit der im Sand stecken
gebliebenen Bewegung, dem Dichter zum
tlclbkndm Angedenken ein großes Natio
rialtheater In Stratsord z weihen. Nur
ine groß, Spende lief ein, welche die
Erwerbung von Grund und t' ,:n für
ein solche Theater sicherte, und diese
S.pende kam von einem Deutschen. Bcr
närd Shaw erllärte anläßlich dielcS FiaS
koS. die Brite hätten keinen Anspruch auf
.ihren" Shakespeare, um den sie sich ja
auch sonst nicht gekümmert; sie sollten den
Shakcspeare'KultuS getrost den Deutschen
überlassen, denen er Herzenssache fei . . .
Also nochmals: woher plötzlich diese an
geschminkte amerikanische Shalespeare-Be
geisterung?
Die Antwort- ist, so sondnbar daS
klingt, 'daß man eS mit einem der Vielen
merkwürdigen Nebenprodukte des großen
Weltkrieges zu tun hat. Co bitter man
nän.ch in England gegen die deutsche
Kultur" loszog, lonnte man doch gewisse
Tatsachen nicht bestreiken, die einsichtsvolle
Engländer immer wieder ihren Landsleu
ten zu Gemüte geführt hatten; vor allem
nicht die um vieles höhere Theatcrkultur
der Deutschen. Leugnen half nicht, so
verlegte man sich auf das jetzt in England
Übliche hämische Verkleinern des Gegners.
Ihre vielgerllhmte Theaterkultur," er
klärte man mit immerhin halber Berech
tigung, datiert auS der Mitte des acht,
zehnte. Jahrhunderts, von der Zeit an,
da Shakespeare auf den ständigen deut
sche Bühnen heimisch wurde. Also ver
danken sie ihr Theater uns," So d,!e
Herren Briten, gelehrte Professoren dar
unter, die natürlich nicht erwähnten, daß
Shakespeare zwar im Globe Theater mit
seinen Stücken das zeitgenössische Londo
ner Publikum theatertoll gemacht hatte
und daher zu recht beträchtlichem Wohl
stand gelangt war, daß er aber das Pri
vileg", den Engländern unsterbliche Büh
ncndichtungen vorzuspielen, mit Liebedie
nerei und einmal sogar mit kurzer Ge
fängnishaft erkaufen mußte. Er war so
eine Art höherer LcNai bei einem der vie,
len (von ihr in eifersüchtigen Stunden
mit der knochigen Faust bearbeiteten) Lieb
bader der jungfräulichen" Königin Elisa
beth und spater bei dem ekelhaften ersten
Stlvirt, dem der Speichel über die dicke
Unterlippe floß.' Nach seinem Tode wurde
Shakespeare um der aufkommenden Zoten
dichter willen vergessen oder wirtlich an
standslos" plagiiert. Als die Deutschen
ihn in vorerst ungelenken, aber doch wort
getreuen und pietätvollen Uebcrsetzungen
zü würdigen begannen,, entriß ihn Collie
Cibbcr auch in England der Vergessenheit,
führte aber auch die geschmacklosen Ver
stiimineklliigen und Verballhornierungen
des Shakcspeare-Tcrles ein, öie auf den
englischen und amerikanischen Bühnen bei
nahe bis ins zwanzigste Jahrhundert hin
ein grassiert Haben .. . '
Indeß man hatte also doch einen gro
ßen Namen gesunden, den man den Deut
schen gegenüber ausspielen konnte. Daher
auf einmal die Shakcspeare-PopularitLt
in England, die natürlich schnell nach
Amerika hinübergetragen wurde. In Eng
land werden zwar auch allerlei Feiern ver
anstaltet werden, aber allzu viel will man
sich selbst den plötzlichen Shakespeare
Enthusiasmus nicht kosten lassen. Denn
Kriegführen kostet Geld und auch sonst
hat man dort mehr Sinn dafür, den Neu
tralen das Stückchen Welthandel, das noch
existiert, abspenstig zu machen, als tote
Dichter zu ehren. Die englischen Schau
spieler sind seit den Zeppelin-Besuchen zu
der Anficht gekommen, daß es sich entschie
den gemütlicher in New Aork leben und
feiern" küßt als in London. Die noch
nicht hier sind, um amerikanische Dollars
zu verdiene oder sich der allgemeinen
Wehrpflicht zu entziehen, kommen bald
nach. Amerika ist jetzt ein wieder freiwil
liger Vasallenstaat Englands, und die
Herrschaften werden mit offenen Armen
aufgenommen.
Zwar wären erstklassige Shakespeare
Aufführungen mit amerikanischen Schau
spielern nicht nur denkbar, sondern auch
leicht in's Werk zu setzen. Beweis dafür
die glänzende, rein amerikanische Julius
Caesar" Aufführung unter freiem Him
mel, die im Mai in Hollywood, Kalifor
nia. veranstaltet werden soll. Beweis da
für auch die Aufführungen von Macbeth"
und den Lustigen Weibern", die jüngst
Wm. K. Hacket! und Viola Allen im Cri
teriog Theater gaben.'. Sie waren kurz
lebig. unverdient kurzlebig, obwohl man
dort ThomaS Wisc einen Falstaff spielen
sah, den man in dauernder Erinnerung
behalten wird. Dagegen erfreuen sich die
allerdings auch in vieler Beziehung ruh
menswerte Vorstellungen von H.nry
VIII." im New Amsterdam Theater eines
großen Zulaufs, vornehmlich, weil sie mit
dem Glanz . eines großen esellschasts
ereignisses einem von König George ge
adelten englischen Mimen zu Liebe heraus
gebracht worden sind. Denn Sir Herbert
Tree ist wohl ein außerordekitlich fähiger
Regisseur, eine Qualität, die er einer lan
gen Ahnenreihe, die den biederen Platt
deutschen Namen Beerbohm trug, zu dan
kcn haben mag, aber als Schauspieler ist
er in der veralteten Possart-Klasse-ohne
die sprachkllnstlerischeg Vorzüge deS hier
so wohlbekannten ehemaligen Münchener
Generalintendanten.
Immerhin ist gerade den hochmögenden
kapitalkräftigen Hern gegenüber, die
BeerbohmTree die fürstliche Summe von
$50,000 für seine Shakespearc-Stagione
zur Verfügung gestellt haben, ein ironi
schcs Naserümpfen wahrlich nicht am
Platz. Sie schufen vor einigen Jahren
den Musentempel, in dem die besten An
sätze zur Gründung eines amerikanischen
NationältheaterS mit ambitiöser Pflege
det Klassiker gemacht wurden: das leider
verflossene New Theatie.v ES ist jammer
schade, daß dal schmucke NiesenhauS we
gen schnöder Tcilnahmslostgkeit dcö Publi
kumS seiner Bestimmung entzogen werden
und seitlr sllr Allotria wie große muss
kaiische Revuen, AuLstaltungsstücke und
russische. Ballet herhalten mußte. Jetzt,
da die Drama Society dort "Tho
7mlt"' aufführen will, scheint, tem
porär wenigstens, der Rückweg zu und die
Anknüpfung an die alten Bestrebungen
wiedergefunden z fein. Zumal da in . .n
Personen deS Regisseur Schauspielers
Louis Calvert und des bekannten Kritikers
John Corbin di: nämlichen Leiter daS
neue Unternehmen bcvatern, die sich in
dem ältere durch löblichen und talkrof
tigen Eifer ausgezeichnet haben.
Dieser Ucbcrblick über daS, waS g?gen,
wärtig das Shakespeare-Jahr in New
gork an interessanten Wiederbelebungs
versuchen deS Interesses an den Bühnen
werken des großen Dichter zeitigt, ist on
gebracht, weil ich den Lesern deS Sonn
tagsblatts" bot zwei Jahren anläßlich des
350. Geburtstag Shakespeare'S ausführ
lieh all' daS bereits i der Nückblicksper
spektive gezeigt habe. waS die Shake
speare-Pflege in Amerika in vergangenen
Zeiten bedeutete. Ich brauche daher nur
mehr daran zu erinnern, daß Shakespeare
von der Mitte des achtzehnten Jahrhun
derts an, da die aus England eingewan
derten Truppen in Amerika, namentlich
in den Seestädten, heimisch zu werden be
gannen, in Amerika, nach dem berühmten
Muster der beiden großen rivalisierenden
Bühnen Londons, des Covent Garden
und deS Drury Lane, der meistgespielte
Bühnenschriftsteller wurde, schon weil di;
großen Mimen Englands, die, mit weni,
gen Ausnahmen, den Weg über's Welt
meer fanden, dem Barden die Glanzrol
len ihres Gastspielrepertoires verdankten.
Der gebildete Amerikaner konnte damals
seinen Shakespeare auswendig (und das
war noch in den 70er Jahren der Fall)
wie der Deutsche seinen Goethe und Schil
ler. Da verschlug es nicht allzu viel,
wenn die Aufführungen nicht ein ganzes
Drama Shakespeare's, sondern gewöhn
lich nur so und so viele Szenen aus einem
solchen Drama bedeuteten. Ausschreitun,
gen kamen ja vor, so wenn Th Tem
pcst" (wie eS noch Augustin Daly tat)
als Oper, Ti Merchant of Venice"
als Schaustück mit szenischem Gepräge ge
geben wurde. Aber es konsolidierte und
kristallisierte sich doch gerade aus dieser
Shakespeare Spielerei die große amen
konische Schauspielkunst heraus, die vom
Anfang des neunzehnten Jahrhunderts ern
bis In die neunziger Jahre hinein, im al
ten Park Theater, im Bowery Theater, im
Booth Theater und, immer weiter in die
obere Stadt ziehend, zuletzt im Daly's
Theater jahrzehntelang eine bleibende'
Stätte hatte. George Frederick Cooke,
James Fennell, Charles Kemble und seine
Tochter Fanny, Juliu- Brutus Booth,
William Charles Maemady, John Ed
ward MacCullough, der ältere Hackett,
später Adclaide Ncilson. Henry Jrving
und Ellen Terry befruchteten durch ihre
Shakespeare-Gastspiele in Amerika auch
den Ehrgeiz des nicht minder begabten
großen amerikanischen Schauspielert
lents. So kam es, daß Amerika Shake
speare-Stars wie Thomas Aythorpe Coo
per, Charlotte Cushman, Edwin Forrest,
Lawrence Barrett, E. L. Davcnport, Geo.
Vandenhoff und vor allem Edwin Booth
hervorbrachte. Edwin Booth mit Mary
McVicker und später Helene Modjeska als
erste weibliche Kraft bedeutete den Gipfel
Punkt der Shakespeare-Darstellung in
Amerika.
In den achtziger Jahre belebte Zary
Änderson, in den neunziger Ada Rehan
bei Augustine Duly nochmals, allerdings
nicht mehr so stark wie Booth und seine
Mustertruppen das Interesse am Shake
speare-RePertoire. Seither waren recht
gute Namen, aber doch nicht mehr so über
ragende Künstler mit dem, sehr sporad!
schen, Kult verknüpft. Richard Mans
field. Ben Great und Edith Wynne Ma
thisson, Henriette Croßman, der wahrlich
nicht bedeutende Robert Mantell. E. H.
Sothcrn und Julia Marlowe, Wm. Fa
.ttsham. Viola Allen, Wm. K. Hackett.
Man lobte den Eifer der Herrschaften,
aber vor den großen Erinnerungen von
einst mußten sie verblassen.
Auch wahrend der letzten fünfzig Jahre
war es großenteils das Auslands das
Amerika Gastspieler schickte, die es daran
erinnerten, daß Shakespeare kein leerer
Wahn, obwohl mit dem Schwinden der
ständigen Truppen und dem Ueberhand
nehmen M Siar-UnwefcnS die banal:
Managerweisheit "Shakeweare Bnella
uin" allgemeinen Kurs erlangte. Bogu
mu Dawison, Marie Seebach, Friedrich
Haase, Fanny Janauschck, Tomaso Sal-
vini, Ernefto Rosst, Jrving und Terry,
Barnay, Possart, Kainz, Sonnental und
Forbes-Robertson, jüngst sogar eine denk
würdige Aufführung im Jrving Plack
Theater ohne berühmte Gäste hinterließen
dem amerikanischen Publikum mehr oder
minder große Shakespeare-Erinnerungen.
Daß jetzt so viel aus Shakespeare ge
macht wird, mag eine vorübergehende Zeit
erscheinung, mag vielleicht nur Modesache
sein, es ist immerhin eine erfreulich Ent
Wicklung, und ihre Spuren mögen doch
vielleicht nicht allzu schnell verwischt wer
den. Die breiten Masse des amerikani
schen Kolkes, speziell der noch nicht lange
eingewanderten und noch nicht durch Base
ball verblödeten Bevölkerungsschicht der
Großstädte waren immer für Shakespeare
empfänglich. Gerade daß die Richtlinie
der großen Shakespearefeiern dieses Win
ters und Frühjahrs dahin zu gehen scheint,
Shakespeare den Minderbemittelten zu
gänglich zu machen, bedeutet schon einen
Gewinn. Das nichtenglische Blut in
Amerika bedeutet die Hoffnung auf das
Kultur, auch einer selbständigen amerika
Kultur, auch eine selbständigen arncrikani
Nischen Theaterkultur. So viel England
nachäffender Snobismus auch in dem heu
rigen plötzlichen Shakcspeare-Rummel stek-
ken mag; da die populären Eintrittspreise
der meisten dieser Veranstaltungen eine
rege Beteiligung des eingewanderten Ele
menis verbürgen, steckt darin ein guter,
lebensfähiger Keim für dauernde Neubil
dung. Selbst der größte Fluß Australiens,
der Murray, ist nun: im Winter und nur
für sehr flach, Schiff, schiffbar.
rfffrJI"rmf"1'- A.tWa.Ji,W'y v-vV'Tt'r
Wdv.lT,lh. diXü S.U AU AU AU AU Ali Ah .
Das Lide der englischen
Fsseinherrjchajt zur See.
von Schttltze.vahlke.
l.vmt wimw tv.irr tv n"k?i? wct totpct!
BiS zum Ausbruch des Weltkriege war
Alleinherrschaft zur See" (Raval Sup.
remach) daS volkstümlichste politische
Schlagwort in England; und jetzt nach
zwanzig KriegmoiatkN ziikrt AlUuu um
diesen Grundpfeiler englischer Politik. In
unzähligen Flugschriften, und Reden war
eS zu lese und zu hören, daß der Verlust
der unbedingten Alleinherrschaft aus dem
Meere Englands Wirtschaftsleben, seine
politische Sonderstellung, seine Weltherr
schast aufs schwerste gefährdet. Und nun
muß es dai stolze Albion erleben, daß diese
Alleinherrschaft, um deren Befestigung und
absolute Sicherstcllung es diesen Weltkrieg
entfesselte, nach zwanzig Kricgsmonaten
durchlöchert und - arg erschüttert ist. Die
Tragweite dieses Umschwunges wird man
um so mehr ermessen, wenn man bedenkt,
was die Engländer unier Alleinherrschaft
zur See verstanden.
Nach einer besonders authentischen eng
tischen Quelle versteht man in England
unter Alleinherrschaft zur See die Herr
schast über olle Verbindungswege auf dem
Meere. Es heißt dort: Wir müssen unge
hindert Nahrungsmittel, Rohprodukte und
Jndustnewaren von außen erhalten ton
nen, wir müssen exportieren können, was
wir für nötig halten, Truppen entsenden
können, wohin es uns beliebt, kurz: wir
müsse unbestritten Herr über die Verwen
dung unserer militärischen Machtmittel
ein. Anderer eils mu en wir leoen A
genblick die Verbindungswege etwaiger
Gegner unterbrechen können." Als Mittel
für die Aufrechterhaltung einer solch.' Al
leinherrschaft galt biS vor kurzem die
stärkste Kriegsflotte der Welt. Und je nach
den wechselnden Anschauungen m En
land besaß die englische Flotte feit 1815
bald die Stärke mehrerer Maünen zusam
men, bald die doppelte Stärke des jeweilig
gefährlichsten Gegners. So hat Großbri
tannien, durch seine insulare Lage jedem
direkten Angriff entzogen, feit 100 Jahren
eine vorherrschende und vielfach ausschlag
uebende politische Rolle in der Welt ge
spielt, die sich militärisch einzig und allein.
aus die starke Kriegsflotte stutzte.
Bis in die neueste Zeit betrachtete die
englische Politik das Strebe anderer Vol
ker, das Meer ihrem Handel und Verkehr
nutzbar zu maeben, als einen Angriff auf
Englanos Vorherrschaft, den im Kerme zu
ersticken sie sich für berechtigt hielt. Dar
um sind die englischen Machenschaften zur
Entfesselung dieses Weltkrieges im Lichte
der englischen Geschichte durchaus folge
richtig. So oft auch die englische Politik
Schwankungen unterworfen gewesen ist,
immer ist sie doch zu ihrem ' ureigensten
Prinzip zurückgekehrt: Stets gegen den yt
weilig gefährlichsten Gegner heute
Deutschland möglichst zusammen mit
schwächeren, ihm selbst ungefährliche Ion
tincntalen Staaten als Bundesgenossen
vorzugehen. "
England hat das Ende feiner Mein
Herrschaft kommen sehen. Darum seine von
Jahr zu Jahr sich steigernde Furcht vor
der Katastrophe, seine verzweifelten An
strengungen zur Einkreisung Deutschlands
und seiner Abschlicßung vom Weltmeere.
Den opferfreudigen Bemühungen für
die Schaffung einer Flotte Preußens um
die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts
konnte von England noch mit kaltem und
herablassendem Spott begegnet werden.
Damals ließ Palmersion die berühmt ge
wordenen Woret veröffentlichen: Die
Deutschen mögen den Boden pflügen, mit
den Wolken segeln oder Luftschlösser bauen.
Ader nie feit Beginn der Zeiten hatten sie
den Genius, das Weltmeer zu durchmesscn
oder die hohe See oder auch nur die Kü
stengewässer zu durchfahren." Der hochmll
tige Palmersion mag in feinem britischen
Eigendünkel an die Wahrheit der echt eng
lisch verlogene Worte wohl geglaubt ha
ben. Der Anfang vom Ende der englischen
Alleinherrschaft zur See fällt aber in jene
Zeit. Denn nie mehr ist der Gedanke an
eine starke deutsche Flotte bei uns . zur
Ruhe gekommen; in steigendem Maße hat
sich vielmehr von Jahr zu Jahr die Er
kenntnis Bahn gebrochen, daß zum Schutze
unseres Vaterlandes und unserer Seein
teressen eine so starke deutsche Flotte er
forderlich ist, daß auch England sich hüten
wird, feine eigene aufs Spiel zu fetzen.
Daß nun England dennoch den Kampf
heraufbeschwor, ist eben ein Beweis dafür.
daß es sich selbst nicht mehr im Vollbesitz
seiner unumschränkten Herrschaft zur See
suyiie.
Oft genug hat England deutsche Unier
nehmunaen in aller Welt zu hindern ae-
sucht, weil es 'in dem deutschen Kaufmann
und Industriellen eine Konkurrenten sah,
dessen Zurückdrängung kraft seiner alles
überragenden Seemachtstellung noch mög
lich schien, weil es suhlte, daß diese Wein-
Herrschaft zeitlich begrenzt fein würde.
Zum letzten Male stand es in seiner Ge-
schichte glänzend allein", brauchte es we-
cn".c 'rr. t. . . . r .
vcr unouic Nvq ENienicn, lveoer oeon
dere diplomatische noch politische Mittel,
als es, gesichert durch die Stärke seiner
schlagfertigen Floite, im Frühjahr 1900
die Buren unterjochte. Dann aber kam die
Zeit der Abkommen, Bündnisse und Enten-
ten sur das stolze England, und nur zum
Zweck der Einkreisung und Zurückdrün-
gung Deutschlands, aber schon das stille
Eingeständnis verratend, daß es sich selbst
nicht mehr stark genug fühlte, dem einzigen
gefährlichen Gegner allein entgegenzutreten.'
Das durch du stolze Tradition briti-
scher Geschichte allgemin berechtigte Gefühl
Englands, daß seine vollkommen unzeitge
mäße absolute Alleinherrschaft zur See zw
Ende geht, verschärfte den Gegensatz zwi
schen Deutschland und England von Tag
zu Tag. Es wußte, daß ihm in Deutsch
land der ernsteste Mitbewerber auf allen
Gebieten erwachsen war, dem es mit den
bisher bewahrten politische Mktöodin auf
die Dauer auch durch einen Angriffskrieg
nicht begegne tonnte, weil u militärisch
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stark zu Lande und zu Wasser eine Summe
nationaler Stoßkräste ausweist, die ihn
zum gefährlichsten Gegner macht, den
Großbritannien je besessen hat. Dgrum
das Hilsc.Werb.n unv die große Eile zum
Losschlagen auf feiten Englands; den je
der Tag brachte die zahlenmäßig mate
rielle Zunahme der deutschen Kriegsflotte
und beschleunigte damit daS Ende der ng
lifchcn Vorherrschaft.
Noch einmal versuchte England ein
Friedensmittel. daS erstarkende Deutsch
land einzuschüchtern, als eS die größeren
schisfbautechnische Möglickikciten seines
Landes und seine vermeintlich heiseren Fi
nanzen ausnutzte, um im Bau von Dread
noughts Deutschland endgültig im Flotten,
Wettbewerbe zurückzudrängen. Doch der
Plan schlug fehl; Englands Alleinherr
schafr zur See wurde dadurch nicht gerettet
und für alle Zeiten sicher gestellt, fonder
im Gegenteil ernstlicher bedroht als je zu,
vor. Der von uns ständig seit Ausbau un
sercr Flottengesetze betonte Risikogedanke"
hat Englands Ueberlegenheit mehr und
mehr herabgedrückt, so daß die Aufrechter
Haltung der unbedingten englischen Naval
Supremacy sür die Zukunft unmöglich ge
worden ist.
Was England durch die Entsachung de
Weltbrandes verhüte wollte, hat es da
durch beschleunigt; denn das Ende seiner
Alleinherrschaft zur See ist gekommen.
Nach zwanzig Kriegsmonaten ist England
weniger denn je im Besitz der Herrfchaft
über alle Verbindungswege auf dem Meere.
Seine Flußmündungen werden durch Mi
nen gesperrt, feine Seehäfen bombardiert,
seine Docks und Werften in Schutt und
Asche gelegt, seine Flotte verkriecht sich,
und wogen sich seine Schifft hervor, so
werden' sie torpediert, torpediert in der
Nordsee, im Sllde Englands, 'Irlands,
im Norden Irlands, in der Thcmsemün
dung, im Mittelmeer. Wo ist angesichts
dieser Tatsachen die unbestrittene Verwen
dung feiner militärischen Machtmittel?
Seine Truppentransporte werden versenkt,
die Frachtraumnot ist kaum noch zu ftei
gern, die Preise für Nahrungs und Ge
nußmittel steigen derart bei de Briten,
daß sie vielfach bei ihnen höher sind als
bei unS. Und felbst unsere VerbindungS
wege zur Se habe sie nicht gänzlich un
terbrechen können. Ja, hatte England nicht
das von ihm jetzt ausgeübte Piratentum
einer nach den Regeln des Völkerrechts ge
leiteten Kriegführung vorgezogen, so hatte
eS feinen militärisch' und moralische
Niedergang noch aufhallen können.
So aber werden weder feine Feinde och
seine Freunde und Verbündeten Englands
Alleinherrschaft zur See mehr anerkennen.
Nicht nur, daß es der Hilfe der verbünde
ten Flotten bedürfte, um unser siegreiches
kleines, dem Material nach den Feinden
unterlegenes Kreuzergcschwader zu vernich
ten, nicht nur die kühne Fahrten unserer
Hilfskreuzer ,d!e die englische Riesenflotte
nicht verhindern konnte, nicht nur das bla
male Ende der Dardancllen-Eipedition
haben die Vorherrschaft Englands illufo
rifch gemacht. DaS Ende der englischen Al
leinherrschaft zur See hat das stolze Al
bion selbst herbeigeführt, als eS feine Flag
ge vom Mäste herunterholte und durch
Hissen neutraler Flamen seine Schiffe
unter den Schutz der neutralen Staaten
stellte, weil die eigene Flagge sie nicht mehr
zu schützen vermochte.
Der wirklich Starke wird sich meist auf
den Boden deS Rechts stellen und nicht
wie England es macht sich zum gemein
sten Seeräuber erniedrigen. S hat den
die Stunde für das perfide Albion geschla
geil. Mag der Kriege ausgehen, wie er will,
das Ende der englischen Alleinherrschaft
zur See ist .schon jetzt gekommen, es läßt
sich weder aufhalten noch abwenden. Dar
an werden auch Englands silberne Kugeln
nichts mehr zu ändern vermögen.
Hine deutsche
Kautschukpssanze?
Im Promoiheus weift Dr. I. Schiller
auf eine Pflanze, eine Komposite, hin, die
einige der meist angebauten tropischen
Pflanzen an Kautschukgehalt übertrifft.
Es ist dies der Rutenlattich, der im Elb
täte bis nach Dresden, an der Donau
ebensalls ziemlich weit nach Westen aus
der ungarischen und nicderösterreichischen
Ebene vordringt. Die zweijährige Pflanze
kann auf geeignetem Boden eine Höhe von
zwei Meter erreichen. In allen oberirdi
schen Teilen wie auch in der dicken Pfahl
wurzel führt sie sogenannte Milchröhren,
aus denen bei einer Verletzung ein gelber
Saft herausquillt, der erst gelb, klebrig
und fadenziehend ist, dann aber sich zu
einer dunkelbraunen, fast plastischen Masse
zusammenzieht. Der Gehalt an Reinkaut
schul beträgt 19,06 Prozent des Milch
faftes und 0,49 Prozent des getrockneten
Pflanzengewichtes, während die meistkul
tivierten Pflanzen ungefähr 0,3 Prozent
hres Trockengewichtes liefern. Be! der
kultivierten Pflanze lassen sich noch größere
Ausdeuten erzielen, besonders, wenn man
bei größerer Erfahrung erst die Zeiten der
höchsten Saftproduktion ermittelt haben
wird. Wie weit freilich im übrige die
Pflanze für die Kultur geeignet ist, und
welches die Gute des auS thr gewonnenen
5iatschuks ist, läßt sich bisher noch nicht
mit Bestimmtheit feststellen.
' Ein Farnkraut wird über 10 Meter
hoch.
Ganbaldt heiratete in seinem Alter
die Amme seiner Enkelin.
Egypten war das erstc Land, das
bei Krupp Gußstahlgesehütze bestellte.
' Ein Gramm Radium gibt in jeder,
Sekunde 35,7 Milliarden Hcliumatome ab.
Ein Kompliment ist das, was man
nicht glaubt und doch gerne hört.
Die Obcrtcrtig wurde früher i
Preußen Großtertia genannt. , .