Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, April 25, 1916, Image 7

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Jm allgkminm für eine auhkrordentlich
Gleichmäßige Fläche, auf der starke Biisch
ngen, wie sie da Festland in seinen Ge
" dtrgen hat, nicht vorhanden sind. Diese!
ist indessen don den Tiefsceforschunkikii mit
ihren ausgedehnten Lotungen gründlich
widerlegt. Die höheren Zeile bei Mee
resbodens, die Schwellen, Wilden und
PlatmuS, welche die ausgedehnten ozeanU
schen Räume gliedern, sind dielmehr von
lincr Vroßziigigkest. wie sie daS Festland
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Laternensisch.
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such nicht annähernd auszuweisen hat.
Tieft Lecken von kontinentaler Ausdeh
ung werden durch große, unterseeische
, Gebirge unterbrochen und Hochflächen
sieiqen auS der Tiefe auf, die von fast
senkrechten Mauern begrenzt sind. Das
Lot sinilt hier bis iiber tausende von Me
tern hinab. Die grökte Tiefe, die. bisher
gemessen wurde, beträgt 97L8 Meter, sie
wurdt zwischen der Insel Cebu und Ter
- nate. Im Sunda-Archipcl, festgestellt. Tie
fen von über 4kXX) Meter sind dagegen in
- den Weltmeeren durchaus keine Selten
heiterr. '
Die Tierwelt der Ozeane war bis vor,
?ar nicht langer Zeit nur tis zu den Tie
ea bekannt, biö zslvelchen die Fangge
täte de Fischers hinabreichkn, und diese
betrugen nur in den feltmsten Fällen iiber
200 Meter. Als Tiefsee indessen spricht
man erst diejenige Wassertiefe an, die
unter 600 Meter deS Wasserspiegels liegt.
Bereits in 100 Meter Tiefe herrscht
' eine starke Dämmerung, in 200 Meter
Tiefe ist daS Licht für unstr Auge ver-
fchwunden. Photographilche Platten. v,e
im Sargosso-Mcere versenkt wurden, zeig
ten bei 100 Meter Tiefe noch all, mög.
licken Farbenstrahlen, bei ZOO Meter Tiefe
ließen sich noch viele von ihnen an den vcr
senkten Platten nachweisen; m der Tiefe
von 1000 Meter wurden die P,atten auch
noch vom Licht, wenngleich nur schwach,
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veelnimnr; ca ltW WCKl vci jc,flc
fr lAnr (y.Yinr Bnn !kN?,ld einer Lickikin
Wirkung mehr.
Für die Möglichkeit deß Tierlebens hat
fcal Licht lange keine so groe Lcdeutung
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wie für bal Leben bet Pslanze. die eben
ohne Licht bsolui nicht bestehen kann.
AuS diesem ölrunde findet sich in den Sie
sei, der Weltmeere auch da noch ein reiche!
Ticrleben, wo ständige Dämmerung oder
ständige Dunkelheit herrscht. Fische und
Cchalticre. die In Tiefen von iiber 1000
Meter leben, sind fast alle schwarz; die,
jcnigen, die kurz oberhalb der Lichtgrcnze
ihre Lebensbcdingungen finden, sind sehr
dunkel, oft dunlelrot.
Weit wunderbarer, all die Abwesenheit
vanooeffeni.
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von Licht, scheint eS aus den ersten Blick
zu sein, duft Tiere in solchen Tiefen den
Wasserdruck der über ihnen befindlichen
Wassersäule aushalten können. 'Dieser
Wasserdruck läßt sich leicht berechnen, da
ein Gramm einem Kubikzentimeter Was
ser bei 4 Grad Celsius entspricht. Laßt
man die Tempcratuninterschiede und die
geringe Wasservcrdichiung i der Tiese
hierbei außer Frage, so erhält man ein für
die w'istcn Fälle genügendes Resultat.
Hiernach , beträgt der Bodendruck einer
Wassersäule auf 1 Ocm. in 10 Meter
Tiese 1 Kilogramm, In 5000 Meter Tiese
500 Kilogramm. Aber diese Bcrechnun
gen haben in unserem Falle nicht viel prak
tische Bedeutung, denn es handelt sich nicht
um einen einseitig auf die Organismen
der Tiefste ausgeübten Druck, der sie der
Nichten würde, sondern die Tiere leben
hier allseitig umgeben und erfüllt von dem
Druck der über ihnen liegenden Wasser
schichten. T-a alle inneren Höhlungen de!
TinkörperJ und olle Gewebe Wasser von
der gleichen Dichtigkeit führen, sind Druck
und Gegendruck überall gleich, und eö
kann von dcr Möglichkeit, daß die Orga
nismen-zcrpreht würden, keine Rede fein.
In keiner Weise macht sich an den Tief
seeorganismen . der hohe Wasserdruck
störend bemerkbar und daher vollführen
kleine Tiefseekcbse am Boden der Welt
meere mit thrm feinen, zierlichen Beinen
sonder Mühe ihre graziösen Sprünge.
Der ungeheure Wasserdruck wird nur dann
den Tiesscetieren verderblich, wenn sie Vcr
hälininmäig , schnell auk der Tiefe in
höhere Wasserschichte, gerissen werden.
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Sobald Fische auk diesen Tiefen in der)
stangnehen an die Wasseroberfläche gc
bracht werden, platzt ihre Schwimmblase;
Zunge, Scklund und Eingeweide quellen
tüt dem Maul heraus. Muskeln, Fleisch,
ja sogar die Knochen dieser Tiesseesische
sind vielfach so weich, dah sie bei der Be
rülzrung bereit! zerfallen, ja viele
schöpfe bringen die Tiefseenehe nur zerfetzt
und zerrissen in die Hände bei Forschers.
Der ungeheure Druck halt zwar in der
Tiefe die weichen Körperteile fest zusam
men, aber sobald er über ein bestimmtes
B!ah nachläßt, zerfällt 'der Körper.
Die Dunkelheit, in der die Fischwelt
der Tiess lebt, ist nicht ohne Einfluß
auf ibre Organisation gewesen. Bei eini
gen Ticsseefischen sind die Augen ganz
zuriickgebttst, si: haben ihre Funktion zur
Vermittelung von Lichteindriicken verloren,
Diese blinden Fische sind Bewohner der
tiessten Wasscrschichten, in die kein auch
noch so schmacher Lichtstrahl mehr dringt,
die in ewiger Dunkelheit leben. Bei ande
ren sind die Augen sehr klein und winzig,
bei noch anderen haben sie sich in entgegen
gesetzter Weise ausgebildet,, sind sehr groß,
röhrenartig verlängert worden, gleichsam
als ob die Tiere" mit ihnen jeden Lichtern
druck, der sich in die Tiefe verirrt, auf
anqsn wollten. Noch aunallender ist es,
dah diese in starkem Dämmerlicht oder
Dunkelheit übenden Fqche eine Beleuch
tung sich selbst geschaffen haben, denn
etwa 15 aller Tiefseefische ist mit Leucht
organen verschiedenster Art ausgestattet,
die sie an diesem oder jenem Körperteil
mit sich herumtragen. Ja sogar der ganze
Körper einiger leuchtet in einem matten
Lichte, wenn sie durch daS Wasser dahin
ziehen.
Solche Lmchtorgane sind nun durchaus
nicht allein nur bei Tiefscefischen dorhan
den, sie kommen auch bei solchen Arten
vor. die in der vom Sonnenlicht durch,
leuchteten Zone des MeereS leben. So b?'
wohnen z. B. zwei kleine Fisckprten, die
man Laternenfische nennt, und welche die
Familie dcr ,HncmIor!s?e" bilden. die
Umgebung der Banda-Jnseln tm Malaii
schen Archipel, wahrend eine dritte Art
kürzlich bei Jamaika entdeckt wurde. Diese
drei Fischarten sind eigentlich die einzigen,
an denen man daS Leuchten unter natür
lichtn Bedingungen beobachten kann. Die
Tiere besitzen ein großes, unter dem Auge
gelegenes Leuchtorgan, von dem ein grün
lich-wcißer Lichtstrahl ausgeht. In rhhth
Mischer Weise, kann das Leuchten unter
brachen werden, wobei das Leuchtorgan
durch eine vorgeschobene oder vorgezogene
Haut abgeblendet wird, durch welche keine
Leuchtsubstanz dringt. Wenn wir bei
anderen Ticsseefischen. die immer mebr
oder weniger stark verletzt in unsere Hände
kommen, von Leuchtorganen sprechen, ko
sind wir da,u berechtigt, indediese Fische
Organe besitzen, die den gleichen Bau der
bekannten Leuchtorgane zeigen, vielfacr
auch noch für kurze Zeit leuchteten, wenn
ihre "Träger vom Tiefseenctz zur Ober'
flächt gebracht wurden.
Wahrscheinlich haben sich die Leucht,
organe in der Dämmerzone ausgebildet,
sie verlieren sich wieder umso mehr, je
weiter die Tier in die dunklen Tiefen
deS Meeres eindringen.
Ganz gleich, wo sich die Leuchtorgane
bei den Fischen befinden, welcher Körper
teil sie auch tragen mag, ,tw!clli,gs
geschichtlich sind sie auf Trüsenzellen zu
rückzuführen, e sind im einfachsten Falle
Shakespeare in England.
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vsn Georg Arattde (Kopenhagen).
In und außerhalb SuglandS wurde
bis In dieses Jahr f uancher Sturmlauf
gegen Shakespeare unternommen. Wäh
rend 'des Krieges, der allem und jcdem
seine Spuren ausdrückt, hat in England
eine starke Bewegung eingesetzt, die daS
englische Wesen Shakespeares betont und
nachzuweisen versucht, daß die Deutschen,
die sich ihn durch Uebsetzi,ngen, Studien
und Aufführungen ,u eigen machten, ihn
nicht verstanden hätten, wie er war und
wie er angeblich nur auf englischem Boden
verstanden werde.
Der Gedanke, daß Lord Bacon der Ber
fasset von Shakespeares Schauspielen sei,
kann entschieden nur von Leute sestgchal
ten werden, die weder den einen noch den
anderen dieser beiden großen Männer
grundlich kennen. Dennoch hat diese An
nähme, obwohl von Amerika ausgegangen,
Tausende von Anhängern in England ge
sunden.
Die Baconianer rühmen die Schau,
spiele wenigstens, wenn auch auf Kosten
Shakespeares. Tolstoi hingcgen, der
Shakespeare als Schöpfer dcr Dramen an
erkennt, versuchte aus der Ehre, sie ge
schaffe zu haben, eine Schande zu machen.
Er erklärte Shakespeares Werke für
schlechte Kunst, bezeichnete seinen Stil alö
reine Uebertreibung, seine Tendenz als
niedrig und unmoralisch seinen Scherz
als witzlos und ermüden, fein Pathos als
hohk und , schal. Tolstois Urteile über
Shakespeare erschienen in England mit
einer Porrede von Bernard Shaw, dem
der berühmte Vorgänger seit jeher unbe
quem war und den er daher ungemeia nie,
drig einschätzte. Er äußerte sich denn auch
schon vor einem Jahrzehnt dahin, Tolstoi
habe Shakespeare zu viel Ehre angetan,
indem er über ihn schrieb.
Einen noch bezeichnenderen englischen
Versuch, Shakespeare herabzusetzen, unter
nahm ich vor ewigen fahren der be
kannte Schriftsteller und Herausgebe,
einer englischen Zeitschrift. Frank Harris,
der schon in den neunziger Jahren eine
Reihe Artikel über Shakespeare als Mensch
in der SaturdaY Rcview" veröffentlichte
und sodann 1909 seine Anschauungen m
einem großen Werke. "The man Shake
speare", zusammenfaßte. Schon in je
nen Artikeln vcrbreitese er sich über Shake
speares Snobismus, wie er es nannte.
und in seinem Buche verweilte er bei den
persönlichen Fehlern Shakespeares, als
hätte er tagtäglich mit ihm kameradschaft.
lich verkehrt. DaS gemahnt an die be
kannte Definition historischer Wahrheit:
ihre Grundlage sei das Schweigen der
Toten.
Frank Harris ist der muskulöscsti Kri
tiker der englischen Literatur; er ist so
sehr der Inbegriff männlicher Eigenschaf
ten, daß er bei jeder Gelegenheit seine
Mannhaftigkeit hervorkehrt und alle an
deren Schriftsteller weibisch und schwäch
lich findet, sogar zene, die er selbst hoch
stellt. Er hat Shakespeare im Verdacht,
nicht zum Dreinfchlagcn getaugt zu haben.
Bon einem Instinkt geleitet, der ihm selbst
so unfehlbar wie dcr des Zugvogels er
scheint, findet er Shakespeares geheimste
Schwächen heraus. So beweist,, daß
Shakespeare offenbar aus Unmännlichkcit,
weil er eS nicht verstand, feine Fäuste zu
gebrauchen, sich zwinger ließ, die Frau
auszugeben, die er heiraten wollte, und
statt ibrer Anne Sathawatz zu nehmen, die
er gern los gewesen wäre, ES findet sich
nämlich in dem Register deS Bischoss von
Worcester am 27. November 1582 eine
Ehebewilligung für William Shakespeare
mit Anne Whateley auS Temple Grafton.
Tags darauf verheiratete sich indes Wil
Iram Shakespeare mit Anne Hathaway.
Drüsensäcke, deren Wandzellen eine leuch
tende Absonderung abscheidet, die zum
Leuchten kommt, sowie sie in das Wasser,
entleert wird. Es handelt sich also hier,
bei um einen chemischen Borgang. Ande
rcrseits treten, aber auch geschlossene
Leuchtorgane auf und findet daS Auf
leuchten dann im Innern deS Körpers
selbst statt. Diese Leuchtorgane sind im
mer recht verwickelt gebaut. Sie besitzen
einen Pigmentmantel, um das Eindringen
des Lichtes m daS Innere deS Körper
zu verhüten, vor diesem Pigmentmantel
liegt eine silberne vder farbig glänzende
Reflektorenschicht, die ganz wie ein Schein
werfcr wirkt und das Licht nach außen
wirft. Oft Wird dabei dasselbe noch durch
eine Linse gesammelt und so in seiner
Wirkung verstärkt. Vielfach sind auch
noch Vorrichtungen zum Abblenden vor
Handen," sodaß Einschaltung und Aus
schaltung des LichtcS ganz vom Willen des
TienS abhängen.
Zu diesen Leuchtorganen treten bei die
len Tiefseefischen noch kleine, leuchtende,
die oft ine hübsche Musteranordnung zei
gen und im vielsarbigen Lichte erstrahlen.
Sie dürften bei ihren Trägern denselben
Zweck haben, wie die bunten Farben der
im Sonnenlichte sich tummelnden Tier
Welt, also zum Erkennen der Artcnge
nossen und zum Aufsuchen der Geschlech
ter dienen. Ueber die Bedeutung der
eigentlichen Leuchtorgane, die mit Reflek
tor, Linse und , Abblcndung ausgerüstet
sind, können nur Vermutungen ausgc
sprechen werden, denn die Beobachtung
deS Lebens dieser Tiesseesische ist uns
unmöglich. Manche sind sicher richtige
Laternen zur Erhellung der Umgebung,
andere dienen ev. zur Anlockung der Beute,
besonders in den Fällen, wo sie vorn am
Kopfe sitzen, oder wo da Leuchtorgan
auf einem beweglichen Stiel, gleich einer
Glühbirne, getragen wird; wieder andere
find vielleicht als Schreckmittel für an
greifende . Feinde zu deuten, sie leuchten
plötzlich auf, wenn ihr Träger angegriffen
wird. Alle strahlen ein vollständig kalteö
Lickt aus.
Wenn man von Tiefsekfischen' spricht,
so handelt eS sich bei diesen nicht um eine
besondere Fischgruppe, fondern die Fisch
fauna der Tiefsee setzt sich vopviegend
ouS Arten oder Abänderungen vön For
wen zusammen, deren Verwandte Ober
flächenfische der kalten oder der gemäßig,
ten Zone sind.
Liegt ei da nicht klar ,u Tage daß jener
selbe William Shakespeare sich durch die
Androhung von Prügel zu dieser letzteren
Eheschließung zwingen ließ?
Man sollte glauben, jeder Unbefangene
müßte erkennen, daß jener William, der
am 28. Anne Hathaway heiratete, nicht
derselbe war, dcr am 27. die Bewilligung
zur Ehe mit Anne Whateley einholte. .
Hach Harris' Grundaussassung war
Shklsp?areS Wesen indeS dvrch und durch
weibisA In HamletS und Macbeths Be
denken, einen Mord zu begehen, sieht er
sprechende Zeugnisse für deS Dichters
Weichlichkeit. Er klagt ihn an. wie ein
Weib vor Grausamkeiten zurückgeschreckt
zu haben. Wen in .TituS AndronicuS"
Un'at auf Untat gehäuft wird, wenn in
den Tragödien so häufig der 'Sieger mit
dem Haupt deS Erschlagenen in dcr Hand
die Bühne betritt, wenn Heinrich V. die
Tötung oller Kriegsgefangenen befiehlt,
wenn in .Lear" Glocester die Augen aus
gestochen werden, so genügt das alles der
strengen Männlichkeit dcS Kritikers nicht.
Bekanntlich war in Shakespeares Leb
zeitcn der Ausdruck "gentle" (liebens
würdig, sonst) die stets wiederkehrende Be
Zeichnung für sein Wesen. Der Kritiker
wendet daS Wort zivanziginal in halb ver
ächtlichem Ton an. Er versichert, niemals
wäre Shakespeare die Zeichnung eines
wirklichen Mannes gelungen. Nur die
Schwachen, die Nervösen, die Unentschlos
senen, die Träumer feien meisterhast dar
gestellt. Wenn der Dichter hie und da
eine wirklich männliche Gestalt zeichnet,
verdankt er dies seinen Vorgängern oder
dck' Chronik.
Natürlicherweise mußte Shakespeare in
letzter Instanz doch nur zu seinem eigenen
Innern Zuflucht nehmen, um daraus zu
schöpfen, und so muß eS auch möglich sein,
ihn in seinen Schöpfungen wiederzufinden.
Aber unmöglich kann man, wie Harris es
tut, eine ganze Reihe von Personen als
Selbstportraits erklären. Und das ge
fchieht mit solcher Plumpheit, daß Shake
speare mit Hamlet geradezu identifiziert
wird. Harris sagt von dem Dichter: Er
scheint von seinem 36. oder 37. Jahre an
fettleibig geworden zu sein und an Atem
not gelitten zu haben", und zwar, auf
Grund einer Replik der Königin, die diese
Worte von ihrem Sohn gebraucht, einer
Replik noch dazu, die sicherlich zur Cha
rakteristik eines Schauspieler! eingefügt
wurde, der zufällig den Hamlet gab.
Immer wieder lenkt Harris die Aufmörk
samkeit auf Shakespedres Eitelkeit und
Dünkel". Bom Sturm" sagt er: Shake
speare ist in diesem letzten Stück ganz von
sich selbst erfüllt, ganz überzeugt, wie es
scheint, die, wichtigste Person auf der Welt
zu fein ... Er war ungewöhnlich eitel
und von sich eingenommen (selfcentred)."
Hat es aber je einen großen Mann ge
geben, von dem man mit Sicherheit sa
gen kann, daß er nicht eitel gewesen ist,
so war die? Shakespeare, der sich solvenig
um seinen Ruhm kümmerte, daß er seine
Dramen nicht einmal drucken ließ. Be
kanntlich sind Dichter und Männer der
Wissenschaft jederzeit, mit Ausnahme des
letzten Jahrhunderts, in Verbindung mit
irgendeinem Mäzen gestanden. Da es
keine Honorare gab, von denen man hätte
leben können, so lebte man von Widmun
gen an den Gönner und den ihm darge
brachten Ehrenbezeigungen.' ,' "Darin lag
keinerlei Snobismus.
Es war dies ein bereits im Altertum
dollständig entwickeltes Verhältnis. Mä
cenas hielt seine Hand über Horaz. Als
Entgeld hat Horaz Mäcenas unsterblich
gemacht, sodaß sein Name als Wort in
alle Sprachen übergegangen ist. Shake,
speares Dedikationen seiner zwei kleinen
erzählenden Gedichte an Southampton
nennt Frank Harris widerlich". Und da
er vermutet, daß der Dichter von feinem
Beschützer eine bedeutende Geldsumme er
halten habe, sagt er: Er war von Natur
ein Schmarotzer
Die moderne Welt hat dem großen
Manne gegenüber eine wechselnde Haltung
eingenommen. Sehr viele Leute sind über
zeugt, er hätte nicht ein einziges der Werke,
die seinen Namen tragen, geschrieben.
Rußlands größter Autor und Englands
bekanntester Dramatiker behaupten, daß
diese Werke nur Anerkennung genießen,
weil sie den Lastern der oberen Klassen
schmeicheln. Ein so bedeutender amerika
nischer Kritiker wie Elmer Edgar Stoll
schraubt ihn auf sein Jahrhundert zurück,
leugnet, daß er sich darüber erhoben habe,
und schreibt ihm oll dessen Borurteile und
herkömmlichen Anschauungen zu. Der
neueste englische Versuch, seine Persönlich
keit und ihre Schicksale darzustellen, ver
weilte, wie wir sahen, mit Borliebe bei
seiner Eitelkeit, seiner Schwachheit und
seinem Snobismus, und gipfelt in der Er
klarung, daß man Shakespeare möglicher
weise ehren, aber unmöglich hochachten
könne.
Ich für meinen Teil tue das Unmög
lchc: ich achte ihn hoch, ja ich hege Ehr
furcht vor ihm und schäme mich dessen
nicht. Ich sehe in all diesen Urteilen nur
Zeugnisse des ungeheuren Widerwillens der
Menschheit, sich vor wahrhaft Großen zu
beugen.
Daß die Zeitgenossen. Shakespeares
außerstande waren, diese Größe zu erfas
sen. ist nur zu begreiflich, aber spätere
Zeiten hätten dies gutmachen sollen.
Soweit es sich beurteilen läßt, ist man
in England nunmehr auf gutem Wege,
das Versäumte nachzuholen. Man hat
sich eben angeschickt, im April den drei
hundertjährigen Todestag Shakespeares
mit großen Festlichkeiten zu begehen vor
mehr als einem Jahre ergingen bereits
die Einladungen. Unter dem Einfluß des
Krieges erheben die Engländer Shake
speare wieder und heben für sich selbst
den Anspruch, an Verständnis und Auf
fassung des Dichters hoch über dcn Deut
schen zu stehen.
So eisrig und umfassend die deutsche
Shakcspearc.Forschung ist, die heutigen
Engländer finden sie größtenteils wertlos
und begründen das damit, dast Shake
speare seine Schauspiele im Englisch der
Man ljat uns versprochen, uns
alle Hage zu eßen 'zu geben . . ."
Z,e Fsiien ber ruMschen MMchlrinnc.
ii .
von Peter Achevsky.
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lcirUiiiij Jlniltiile Ioipo" fci
Ctiukii, d' die ÜJi'.U iiuicii Uilgiiilk
I;.ikc tu erlraac bibcit, die boa
bett etßptien klwcdni ou ben tnltu
M'fti tt,niuilm'l)if!(ii Uieuailni'lH'tl
ctbfn. "Mir huili'nlUslHM! trn (ol
unioon cm toocUityt UtDe(tuiHi
M itltlcl.
Die Woze der Flüchtlinge überflutet
ganz Rußland bis an den Ural und er
gießt sich bis nach Sibirien. Ich habe aus
den Zeitunzen erfahren, wie es den Ge
flüchteten in Moskau ergangen ist. Dort
war eS furchtbar, aber eS war ein Pära
dieS verglichen mit dem, was sie hier er
wartete. In Moskau hatten die Armen
wenigstens ein Dach über ihrem Kopf und
ein Stück Brot für den Hunger, und das
Wichtigste ist, sie hatten das Bewußtsein,
daß für sie gesorgt würde. Ganz anders
ist es hier. Am Ende der Bahnhofsan
lagen von Ufa stehen endlose, mit Flücht,
lingen vollbesetzte Züge. Um die Wagen
herum spielen Kinder mitten unter schmu
tziger Wäsche, die da ausgebreitet liegt.
DaS Bild ist überall das gleiche; in wir,
ren Hausen liegen die Leute und ihre Hab
seligkeiten durcheinander. Greife, Kinder
Elisabethinischen Zeit geschrieben habe und
sich eines ungemeinen Wortschatzes be
diente. Seine Sprache sei nicht die Heu
tige. und in der Regel dem deutschen For,
scher nicht völlig zugänglich. Daher Fehl
griffe, die den Engländern komisch er,
scheinen. Es gebe unter den apokryphen
Stücken, die nicht Shakespeares Name
tragen, kaum eines, das nicht ein oder der
andere deutsche Kritiker ihm beigelegt hätte.
Ein Beispiel dafür sei das um 1650 von
zwei Buchhändlern herausgegebene Lust
spiel "The Merry Devil es Edmon
ton", das Tieck, der in Deutschland als
besonderer SHakespeare-Kenner galt, ohne
Bedenken, trotz des Einspruches englischer
Kritiker für echt shakespearisch erklärte.
Diese Ansicht unterstützten die zwei deut
schen Kritiker Horn und V. Friesen, denen
ebenfalls das feine Ohr dafür mangelte, in
dem dreihundert Jahre alten Englisch den
persönlichen Stil zu erkennen. In Wirk
lichkeit dürfte der Verfasser des Stückes
Kyd gewesen sein.
Was den Engländern und auch man
chen NichtkEngländern am sonderbarste,
dünkt, sind die phantastischen Annahmen,
zu denen deutsche Shakespeare-Kritiker sich
zuweilen hinreißen lassen. . Vor einigen
Jahren ging es wie ein Lauffeuer durch
das Land, der wahre Verfasser der Schau
spiele wäre nun endlich entdeckt. Und wer,
meint man, wäre es? Der Earl Von
Rutland, Roger Manners. Ein Forscher
namens Alvor schrieb ein Buch: Das
neue Shakespeare-Eoangelium", mit fünf?
unddreißig Beweisen für die Richtigkeit
dieser Annahme. Ein anderer Forscher,
Karl lhkeibtreu, schrieb 1903 Der wahre
Shakespeare" und zwei Jahre später Die
Lösung des Shakespeare Problems",
gleichfalls zu Rutlands Ehren. Rutland
war in Freund sowohl Southamptons als
auch Pembrokes, der zwei vornehmen Gön
ner Shakespeares. So sei ks denn Rut
land, der die Dramen geschrieben habe.
Denn er war einmal in Schottland, und
.Macbeth" spielt in Schottland; er war
einmal in Dänemark, und .Hamlet"- spielt
in Dänemark; er war einmal in Italien,
und .Romeo und Julia", Die beiden
Veroncser". Der Kaufmann von Vene
dig". Othello" u. s. w. spielen in, Italien.
WaJ wäre somit einleuchtender, als daß
Rutland der Verfasser all dieser Stücke ist,
zu denen der elende Shakespeare nur seinen
Namen hergab. -
Den Deutschen erscheint Shakespeare als
ein vollkommen naturalisierter Deutscher,
ia fast als ein moderner deutscher Dichter,
so daß sie in der Regel daran Anstoß neh
men, wenn sie ihn, von englischen Trup
pen dargestellt, in altenglischer Sprache
vernehmen. Da? kommt den Engländern
drollig vor, da doch Shakespeares moder,
nes Wesen im Deutschen einzig darauf be
ruhe, daß man ihn in modernes Deutsch
überseht und seine elifabethinische Derbheit
geglättet habe. Wenn Saft und Kraft auS
Shakespeares Sprache ausgepumpt sei,
werde er natürlich für den modernen Gau
men schmackhafter 'und gleite leichter hinab.
DaS dramatische Gerüst bleibe selbstver,
ständliL im deutschen Shakespeare wie im
englischen, doch die unübersetzbare Lyrik der
Sprache verdampfe. Keine Lyrik läßt sich
ja doch ohne Einbuße übersetzen, am we,
nigfien aus einer Sprache, die nicht mehr
gesprochen wird.
Andererseits haben die Deutschen eine
Art, Shakespeares Sprache zu studieren,
die für die Engländer etwas Lächerliches
hat. Es fehlt ihnen icdes Orgcrn für
Bücher, wie Scholz: Der absolute Jnfi
nitiv bei Shakespeare", oder Claus: DaS
Konjunktiv bei -Shakespeare."
Bedürfte es noch eines Beweises, daß
die Zeit aus den Fugen Ist, so fände man
ihn in der Leidenschaft, mit der der Krieg
von allen kriegführenden Völkern auf die
nicht länger geweihten Gebiete der Wissen,
schaft und Literatur übertragen wird. In
jeder englischen Zeitschrift, welche immer
man zur Hand nimmt, findet man, van
die künstlerischen und wissenschaftlichen
Leistungen des Feinde! voll Hohn herab,
gesetzt, die Geisteserzeugnisse der Berbün
beten aber mit freundlichen Blicken ver
folgt werden, und im übrigen jedes Volk
unerschöpflich an Selbstlob ist.
Selbst die Leidenschaft, die sonst stets
Einfalt oder Mißgunst dazu trieb, die
großen Persönlichkeiten ihres eigenen Vol,
kes, die durch ihren Ruhm den Aufstreben
den im Wege standen, herabzuziehen, selbst
diese Leidenschaft ist ausgestoiben, und
aller Hak und Abscheu, der sich in den
Mcnschcnscclcn birgt, ergießt sich nun mit
vollen Schalen über den Nachbar von dies-
fcits und lenfeits den Feind.
(Lutiriflerle Uesetzuni ko Erich Holm.)
und von der langen Fahrt erschöpfte
Kranke unter teilweise vollkommen n
nützen Gerätschaften und Möbeln, die zu
sällig In der Hast zusammengerasft wur
den, wie bet einer Feuersbrunst. Alle sind
in Lumpen gehüllt: eilt schaurrlicheZ Bild
des düstersten Elends. Ich gehe von
einem Wagen zum andern und versuche
mit den Leute zu sprechen. Niemand
aber versteht russisch. Die meisten sind
Litauer, Ukrainer, Juden. Man hört ganz
unverständliche Sprachen unter ihnen. Ich
wende mich an einen mit einer Frage,; er
antwortet nicht. Sein Nachbar erklärt
mir in gebrochenem Russisch: Er versteht
die Fremden nicht."
.Welche Sprache spricht er denn?"
Nur Ukrainisch. DaS ist ein ganzer
Wagen mit Fliichlingen aus Wolhynien."
Wohin reist ihr?"
Wir wissen eS nicht, man transportiert
uns, wohin, das wissen wir nicht."
Seit wann seid ihr Mtecwegs?"
Seit einem Monat," antwortet einer.
Seit sechs Wochen." sagt ein anderer.
Das ist auch ganz gleichgültig," meint der
erste resigniert, aber man sagt uns nicht,
warum und wohin man uns bringt."
Jemand sagte mir nach Sibirien,"
wirft ein dritter ein. Warum schasst man
uns nach Sibirien?" Was liegt daran,
wohin man unS bringt, wenn es nur dem
Tode näher ist," sagte dcr eiste in dum
pfer Ergebung.
Erschüttert frage ich die Unglücklichen
weiter: Habt ihr heute fchon gegessen?"
Noch nicht, wir warten noch . . . man
hat uns vcrfprochin, uns alle Tage zu
Essen zu geben ..."
Wann habt ihr das letzte Mal zu essen
bekommen?"
Vor zwei Tagen, in Samara . . ."
Der Hunger, dcr Schmutz und der Man
gel an Luft bereiten bei den Aermsten den
Boden für alle möglichen Krankheiten.
Sind Kranke unter euch?" fragte ich.
Man wies mir eine große Anzahl in jcdem
einzelnen Wagen. Hat dcr Arzt sie ge
sehen?" Nein." Ws ist ihre Krank
heit?" Gott weiß, alle haben sie Leib
weh." Ich trete an einen auf dem Fuß
boden liegenden Kranken heran. EM ist
nackt. Ganz gelb. Symptome: Durch
fall, Erbrechen, Krämpfe. Kein Zweifel, es
handelt sich um Cholera! In einem Wa
gen liegt hingestreckt auf schmutzigen Lum
pen ein Weib. Ihr Gesicht ist mit einem
Taschentuch bedeckt. Ist sie krank?" frage
ich Nein, tot." Seit wann?" Seit
heute früh." Ich sehe nach, meiner Uhr, es
ist vier Uhr nachmittags. Die Leiche ist
nicht entfernt, die Desinfektion nicht vor
genommen worden. Es kümmert sich nie
mand darum. Die Frau war gestern noch
gesund und besorgte ihre Kinder. Sie er
krankte in der Nacht. Sind noch mehr
Tote da?" Oh. es stirb viele. Alle sind
fast gleichzeitig und Plötzlich von dem
Uebel befallen worden."
Die meisten der Vertriebenen sind Land
arbeit; aber es gibt unter ihnen auch
Handwerker und Fabriksarbeiter. Da mir
bekannt ist, daß es in den Munitionssa-,
briken an Arbeitern fehlt, suche ich zu er
fahren, ob vielleicht ein Vertreter des Aus
schusseS für die Kriegsindustrie sich der
Mühe unterzogen habe, nachzuforschen, ob
etwa unter den Flüchtlingen für die Er
zeugung von Kriegsmaterial geeignete
Kräfte zu finden wären. Nein, niemand
habe danach gefragt, antwortete man mir.
Einer der Unglücklichen sagte unter Trä
nen: Ich bin Schlosser von Beruf, ich
habe in Fabriken gearbeitet. Gebt mir die
Freiheit wieder und ich werde schon Arbeit
finden."
Aber wer hindert euch wegzugehen?"
Mein Gott, man hat mich mit Gewalt
fortgeschleppt. Ich habe es nicht verlangt.
Ich kann mich nicht befreien, daS ist un
möglich. Man transportiert mich. Wo
hin? ... ich weiß es nicht. Man sagt
mir: Wir haben Dich in Empfang gwom
men, wix müssen Dich wieder abliefern."
Ich zitiere wörtlich, was der Mann sagte.
Es kennzeichnet die Lage dcr Vertriebenen.
Man behandelt sie wie eine Ware,' wie
ebensoviel Stück Vieh. Sie sind nume
riert und ein jeder hat sein Kennzeichen.
ES sind keine menschlichen Wesen mehr,
eS ist einfach eine Ladung. In Samara
zum Beispiel wurden so und so viele auf
gegeben. In Ufa kontrolliert man und
notiert als übernommen fo und so viele.
Bliebe der Schlosser irgendwo zurück, daS
hieße einen' Teil der Ladung" verlieren,
hieße seine .Pflicht" vernachlässigen.
Warum hat man nirgends für die Auf
nähme der Flüchtlinge gesorgt? Es ist
überall dasselbe. Ich schäme mich nur da
nach zu fragen. Man hat keine Flücht
linge erwartet. ES ist, als ob sie vom
Mond heruntergefallen wären. Man
wußte doch lange genug, daß die am dich
teste bevölkerten Teile deS Reiches bom
Feinde besetzt waren. Warum hat man
nicht Vorsorge getroffen, das Elend der
Unglücklichen zu mildern, welche von den
Behörden gezwungen wurden, ihre Heimat
zu verlassen? Weder die Regierung, noch
die private Hilfsiätigkeit nimmt sich ihrer
an. Man wundert sich höchstens, daß es
gar so viele solch elender Flüchtlinge gibt.
Die Vertreter der Regierung und der
öffentlichen Wohlfahrtsorganisationen und
eine große Stenge Neugieriger strömte her
bei, wie bei einem Feuer. Man drängt
sich, sie zu sehen, aber niemand tut etwas
für die Flüchtlinge,
Mö ich den Bahnhof verließ, setzte der
Zug sich in Bewegung. Wieder schleppte
man die Unglücklichen weiter, ohne ihnen
Nahrung zu reichen (eS war der dritte
Tag). Ich weiß nicht einmal, ob man den',
Leichnam dcr Frau entfernt hat, den ich
wenige Augenblicke vorher noch im Wagcn
gesehen hatte. Es schien mir, als rollte
dieser Zug der Ewigkeit zu. jener letzte
Station, an der wir alle euies Tages an
kommen müssen."
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