Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, March 09, 1916, Image 6

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    Dmalja ZrMnt, Donnerstag, 9. Mär, 191. Sure V
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Wie in früheren Jahren Sticke,
rei", so ist ganz besonders jeszt
Häkeln" zuin Losungswort unserer
Frauenwelt geworden in der freien
Zeit, die sie ihren Pflichten abge,
winttt. Und darin hat sie auch Recht,
da man ja ohne große Mühe und
Kosten etwas Schöms und doch zu.
gleich Nützliches für seine . Freunde
oder sich selbst herstellen lernn. Da
6ci kommt ihr als guter Ratgeber
unier Buch ?!o. 3 zur Hilse. Außer
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Die beflere Stimme.
Von fietwüh.
Die Nikoline Wendruschat hat dem
aiser vier Söhne gegeben. Zwi.
schen den mooriqen Kesseln deS
Waldes lieqt ihr Hau, geduckt un
term Schilsdach. ganz einsam. Aber
der gellende 5ornstoß des Krieges
rief auch die vier Waldläufer.
Bier Söhne hat d!t Nikoline
Wendruschat dem Kaiser gegeben
und wird keinen davon wiedersehen.
Auf dr efangenenftrasze nach
Sibirien ist der eine im Fieber ver
tndet Mit ein weggetriebener Stier.
Den zweiten verzehrte das Feuer in
der Scheune, die die Kosalen umzin
gelt und angezündet hatten. Die
beiden Jüngsten liegen in der fchlam
migen Tiefe der Sümpfe vor War
schau.
Wenn der feuchte, glidernde Mor
gen sich hebt, wirbelt über 'der Wald
liiuserbütte noch immer der blaue
Rauchfade auf. und die Alte tutj
ihr Tagewerk wie fönst. Aber ihr
Blick ift ild und wirr und hart.
EZ kommen keine Nachbarn, mit ihr
Leid zu tragen. Sie haust allein mit
der Ziege, die flüchlig und furchtsam
ift wie eine Gemse, mit dem ftrup.
pizen Hund, mit der Katze, die noch
leinen fremden Menfchen gesehen hat
und in der raunenden Tiefe deS For
sie? wildern geht.
Ihrer Gedanken sind wenige ge
Korden und ihrer Worte noch weni
ger.
Aber manchmal, wenn ti s paöt,
daß sie durch den Wald rennen muß
w eine gehetzte Hirschkuh, schreit sie
lang und schrill in die unendliche
Einsamkeit hinein.
Einmal dringt der Pfarrer bis zu
ihr hinaus. Er will die arme See
trösten. Es ist, alz ob ein Bo-
gel am Urgestein hämmert. Das
abgestorbene Herz hört nichts von
seinen Worten. Doch als er von den
Gefangenen erzählt, die in der Kreis
ftadt eingebracht werden, lebt Niko
line Wendruschat jählings auf. Sie
fpeit aus mit verfärbten Lippen;
ihre Hände krallen sich ineinander.
.Eine möcht' ich haben! Einen
oder vier! Blut für Blut!" Und es
glimmt dabei in ihren welk umran
deten Auge, daß dem Pfarrer kalt
wird. Sie fpürt kaum, daß er geht.
Wie ein Fluch murmelt sie es immer
von neuem vor sich hin: Blut für
Llut!'...
, Aechzend kämpft sich der Sturm
durch de Wald. Der Himmel steht
schwarz-violett über dem sausenden
Wipfelmeer. Dann zischt der Regen
herab in nebelgrauer Flut: das
Dröhnen brechender Stämme hallt
us der Ferne.
Zwischen Seen und Süpfen geht
ein Mensch in der Irre. Sein Fuß
gleitet in glucksende Wasserlöcker:
die Zweige hauen in sein Gesicht,
wenn er schutzsuchrnd zwischen den
Sträuchern niederkauert. Auf den
Lichtungen aber wirft ihn der
Swrm zu Boden, uud der von Frost
und Fieber geschüt:elte Leib bleibt
immer länger liegen, ehe er wieder
weiterkriecht, zerstoßen, halb betäubt
und halb verhungert.
Wäre es nicht doch besser im Ge
fangenenlager. wo es ein Dach über
dem Kopfe gibt uns emen Napf war
mes Essen?
Warum hat das Heimweh so wu
tmd gebrannt, daß er den Tod nicht
scheute, um nur wieder hinzukommen
in das armselige, geliebte Dörfchen
an der Wolga, wo der Büffel vor
dem Pfluge geht!
Die Kugel, dt der Posten ihm
nachgesandt, sitzt in der Schulter
fest . . .
LlS das Unwetter nachgelassen hat
und Nikolme Wendruschat aus ihrer
dunklen, waxmen Hütte kommt, um
an der Quelle den Krug zu füllen,
! liegt einer zwischen den Wurzeln der
: Eiche, halb schon im sickernden Was
j fer. blaubleich, mit blutigen Lippen,
aber ledend.
Sie dreht den junge Körper ' um
in paar wunmernoe uuorte rn
einer fremden Sprache. Die Frau
aus dem Grenzlande weiß, wer fo
spricht: die da drüben im Osten, die
ihre vier Sohne getötet haben! Auf
heulend faßt sie den Leblosen bei den
Schultern. Eme Geisel, em Bhii
Pfand für viermal blühendes Leben
Einen einzigen, den das- Schicksal
ausliefert für d Rache einer Mut
ter!
' Aber er fiebert und röchelt und
weiß nichts von dem ungeheuren Ver
brechen, das fein Volt an Nikoline
Wendruschat begangen hat.
Er foll leben und erkennen, daß
ihn die Blutrache trifft! Mit osfe
nen Augen soll er den Tod sehen!
Sie hebt ihn empor, so leicht, wie
sie einstens ihre Säuglinge gehoben
hat, und wundert sich nicht, wo sie
noch die Kraft dvizu her hat.
ES ist gar nicht der Rede wert,
da er nicht gehe kann, muß sie ihn
tragen.
Dünn und abgezehrt ist dieser Leib,
und die Kleider kleben naß und käl
iend an den Gliedern.
Wie sie ihn in ihr Bett legt, sagt
sie verächtlich: Er kann Ions hei
ßen.'.
Den Aamen b immer der SugdRuge! box
geführt, der mit den Waldläufern
ging.
JonS ist sehr krank. Die Alte
legt ihm Umschläge auf die Schulter
und träufelt Ziegenmilch 'zwischen die
klappernden Zähne. Der rötliche
Schein des Neisigfeuers auf dem
Herde erlischt die ganze Nacht nicht.
Immer in drei zitternde Stöße
zerrissen, kommt der Atemzug au
der wunden Brust. Und der Kopf
glüht mehr und mehr.
Wenn daö fo weitergeht, wird
Ions sterben.
Grübelnd starrt die Alte vor sich
hin. Die weise Frau im Dorfe ist
ihre Anverwandte. Die kocht ein
Wundwasser und weih einen kräfti
gen Spruch. Wenn sie den über ei
nein Kranken spricht, kann er ge.
fund werden, falls er nicht stirbt.
Das kostet zwar schon ein Sil
berstück aber vielleicht, weil Niko
line ihre Muhme ist. tut sie es für
zwei frische Eier und daS Hasel
Huhn, das der Kater gest aus dem
Walde hereingeschleppt hat.
Gegen Morgen lagt der Regen
wieder vom Himmel, und der Sturm
brüllt um das Haus. Da F'.eder
steigt und steigt. '
Die Alte zieht sich hohe Schaftstie.
el an, schürzt die Röcke und nimmt
einen Sack über Kopf und Schultern.
Sie wird dre weise Frau Albina
holen, sonft brennt der Junge aus
wie ein Licht.
Der Kater sitzt auf der Herdeae
und faucht argwöhnisch" nach bem
remden Gesicht hinüber. Den sperrt
ie in die Kammer, damit r Ions
nicht kratzt, und die Ziege dazu, da
mit sie Ions nicht stoßt. Durch den
turzenden Reaen lauft sie aus Wegen,
die nur sie und das Wild kennen.
dem Torfe zu.
Nach drei Stunden komm sie mit
der weisen Frau wieder. Albina
chllt über den argen Gang. Aber
ür zwei frische Eier und das Hasel
Huhn macht sie ihn.
In der Hütte streift sie ihre trop
enden Hüllen ab und späht dem
Kranken ins Gesicht.'
.Um Jesu willen. Muhme, das ist
ia gewiß der Gefangene, der auf
dem Wege zum Lager entflohen ist!'
Die Gendarmen haben ihn m allen
Häusern und Hosen bn uns gesucht!
Nikoline Wendruschat schüttelt
'törrisch den Kopf. Er ist aus der
Freundschaft meiner Söhne an
der Grenze zu Hause. Die Mutter
ist eine Lettische gewesen. Du kannst
noch nnen Silbergroschen bekommen,
weil der Weg so weit ift. Aber re
de nicht von' dem Burschen."
Albina hat ihren Spruch gespro
chen und die Wunde mit dem heil
famen Wasser gewaschen. Im fal
ben Zwielicht des Reaens verfchwrn
det sie zwischeu den Stämmen.
Nun ist Nikoline wieder allein mit
dem Fremden, den sie Ions genannt
hat,' wie den Hund, und denkt sich
mit dunklen Blicken aus, was' seiner
wartet, wenn sie ihn ausliefert.
Sie kann es ja tun freilich: sie
muß es ja tun! Sünde und Schande
ist es, dem feinde Pflege und Her
berge zu gewähren, ihm, dem Sohne
des verfluchten Boltes, das sie zur
kinderlosen Mutter gemacht hat. Mit
iriaen gebunden sollen seine Ha
scher ihn fortschleifen!
Nein doch: ihn selber niednschie
ßen. das würde ihr Herz noch besser
sättigen!
JonS ächzt im . Fieberfchlaf, und
behutsam, mit federleichten Händen
netzt die Alte den Umschlag auf der
Schulter wieder mit dem Wundwas
ser der weisen Frau, für das sie das
Haselhuhn und zwei Eier und einen
Silbergroschen gegeben hat.
Ihren Söhnen hat keiner die letz
te Not erleichtert ... Durch Stun
den und Taae horcht sie auf das At
men des Todkranken und vergißt den
eigenen Schlaf, vergißt Essen und
Trinken darüber.'
Eine Mutter am Schwarzen Meer
weint und eine Mutter in den
masurischen Wäldern wacht.
Albinas Spruch scheint zu helfen.
Allmählich erlangt Ions das Be
wußtsein wieder. ' Aber schwach ist
er, schwächer als ein neugeborenes
Kind.
Durch den gelben Herbstnachmit
tag kommen zwei Männer auf die
Waldlauferhutte zu, Manner mi
dunkelgrünen Kollern und blanken
Helmen.
Albina hat doch von dem Burschen
geschwatzt, dem Nikolme Wendruschat
Herberge gibt. ,
In federnden Sprüngen stürmt die
Ziege über die Lichtung und flüchtet
ins Haus. Die Augen der Alten
werden groß vor Schreck.
Die Gendarmen sie kommen
Ions, den Flüchtling, holen! Im ftu
rollt der verschlissene Kattunvorhang
über das Fenster, fliegt das Reisig
neben dem Herde beiseite. Eine
Klappe erscheint darunter, ein
schwar?,aäknendes Loch. Tsrt ha!
bor Zeiten der alte Waldläufer man-che-
verborgen, was Förster und
Jagdherr nicht zu sehen brauchten.
Sie zerrt Ions aus dem Bett,
zerrt ihn zu der Falltür, in der
Härte der Hast ben Taumelnden
drängend. Er vralit zurück, als er
das Loch ficht; er wehrt sich Niko-
; line springt zur Tür und schiebt den
Da redet ihr angsterfülltes Gesicht
plötzlich so verständlich zu ihm wie
d Wort seiner Muttersprache. &f
fahr! Gefahr für ihn!
Er gleitet in das Versteck hinun
ter. Seine Sachen wirft sie ihm
nach und häuft wieder das Reisig
über die geschlossene Klappe, glättet
das jett, dessen warme Aerwuult
eit ihn verraten könnte.
Lautlos schiebt sich unter ihrer
Hand der Riegel wieder zurück. Die
Gendarmen finden ein offenes Haus;
ie Alte sitzt und spinnt.
Wortkarg und a!eiagultlg ans
wortet sie auf alle Fragen. Ja, in
Burscke t dagewesen, einer aui ih
rer , Verwandtschaft. Das Fieber
habe ihn unterwegs ergriffen. Wo
er jetzt fei? Weitergewandert. Die
Albina habe ihn gefundgehezt. Die
verfleye das ja:
S,e laßt die Männer aS gnn
zt HauS durchsuchen, 'das Ställchen
und de Heuboden und reicht, ihnen
zum Abschied mit grimmigem La
cheln einen Wacholderbranntwein.
Aber rhre Knie zittern oabei.
Gott sei gelobt, daß sie keinen Hund
mitgebracht haben!
Wie sie gehen, horcht sie erst lan
ge mit verhaltenem Atem hinter ih
nen her, daß sie nicht etwa unvermu
et wieder umkehren!
Erst nachdem sie Tur und Fenster
wieder, mißtrauisch verwahrt hat,
wagt sie es, den Bersteckten hervstr-
uholen. Halb ohnmachtiq mug
ie ihn aus der Höhlung heben.'
Mit zärtlichen Spottreim bringt
'ie ihn ins Bett, wärmt seine blut-
leeren Glieder, wäscht seine Schläfen
mit dem Branntwein. Ions . Ha-
enfuß! Er hat wohl gar geglaubt,
daß die Alte ihn in dem Loche ver-
kommen lassen wolle!
Wie danach der dri:te Tag zu En
de geht, ist Ions tot. Im letzten
Kampfe haben sich feine Finger fest
um die ihren geklammert, so wie das
Kind, das sich im Dunkeln fürchtet,
noch der Hand der Mutter hascht.
Nikoline Wendruschat lehnt aus-
recht am Türpfosten die ganze lange
Nacht und sieht in das Gesicht, über
daS der flackernde Schein der Kerze
zuckt.
Jener unbekannten Mutter Sohn
st im Arm einer fremden Liebe ge-
torben. .
Und sie sieht ihre eigenen Kinder
vor sich: den, den das Fieber nie
dergelegt hat auf der Gefangenen-
traße nach Sibirien, den, oen-Las
Feuer verzehrt . hat . in Feindesland,
den einen und den andern, den der
gurgelnde Sumpf verschlungen hat.
Und ihre Gesichter flukZen zusam-
men in den wachsweißen Zügen dks
Fremdlinas, den sie sich als Gusel
und Bulpfand, als Opfer ihrer lech
zenden Rache in die Hütte getragen
hat. ' f
In der zweiten Nacht grabt t ihm
das Grab zwischen den Wurzeln der
Eiche, neben der Ouelle, wo ,m Früh
ling Primeln und Anemonen blühen.
Sie grabt ernsthaft und stetig mit
dem feierlichen Gesicht des Einsamen,
der sich selber Priester sein muß.
Ohne Furcht und ohne Grauen tut
sie das Werk, von dem niemand wis-
sen oars, allein m der wripernden
Aaldnacht. Ihre Lippen sind silt
sam, fest geschlossen, als ob sie sich
nie wieder würden öffnen können;
eine schwere Stummheit ist in ihrem
Herzen.
So bettet sie den Leib des Ramen-
losen in die Erde.
Ein Leinentuch breitet sie über rhn
und dann Scholle um Sckiolle . . .
Dos Grad ist zu. Moos und Ei-
chenreistg überdecken seine Stätte.
Der. Wald schweigt und wartet
und zittert ...
Bis von Nikoline Wsndrusch-'tz
Lippen wieder jener lange, schrille
Schrei bricht der Schrei der Mut
ter, die -vier Söhne geboren und fünf
begraben hat.
Die Schreckenkhcrxschaft auf Fr
mgsa.
Ein Berliner Blatt erhielt folgen
den Bericht auf Umwegen aus Tokio;
In den ersten Monaten des Wahres
1915 wurde in Formofa eine Ber
schwörung gegen die japanische Re
gierung entdeckt, in deren Folge etwa
1000 Personen in Anklagezust-'iid
versetzt wurden. Vor kurzem wurde
nun berichtet, daß der Generaigou
verneur von Formosa dem Minister
des Innern einen amtlichen Bericht
über die Sachlage übersandt hat. Nach
diesem Bericht wurden im T.alnun
Provinzialgericht von 89 Jrsurgkn
ten 61 zum Tode verurteilt, sechs zu
zwölf Jahren Gefängnis und 22 zu
neun Jahren. Kurz darauf wurden
von demselben Gericht 103 Jnsurgen
ten 15g zum Tode verurteilt, drei
zu 15 Jahren Gefängnis, drei zu 12
Jahren und ein zu neun Jahren
Zwangsarbeit. In den nächsten Ta
gen darauf sind in der gleichen Sacht
55 Jnsurqenten zum Tode verurteilt
worden. Nach Blältermeldungen sind
eine große Anzahl dieser Todesurteile
bereits vollstreckt worden.
Macht der Gewohnheit.
Unteroffizier labnds im Quartier):
Puh. sünfig Kilometer. war
das 'n Marsch! Jetzt nur nickt die
Stiesel ouszieben. Junczens, ek?n lit
ftbkn wir riemals wieder. die
marsAikren jetzt . alle! weiter!
Unsere
SchltillWjlcr-Ossklle
5N2ntel,k sii, Kinder. tt. 15,84.
Da bequeme MarUelchen der Lbbildiing
war au bunigkmilstertem Eidndowa
fertigt. Dal'Mlidchkn hotte hille Tel
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