Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, February 03, 1915, Image 3

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T8flf!(sif Ctnnfist Triliune.
Sl.'ittwoch, den X rCrwnr 1915.
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Die AalneradZtt.
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(ß. Fortsedung)
Unnniert warf sie sich mit einlß
ijuttit aus einen k.t(, cnn bti
Lberraschteit Polster unter der La
lyres Körpers unwillig ächten und
aulet chten.
. Regina sah den unerbe,enen Ve
such erstaunt an. Sie wußte nicht,
wo die iUiuonin mit ihrer unmotl
viert pattonisierenden Art hinaus
wollte.
All keine Antwort erfolgte.
ichwaKIe Nrau von ißerceld eisu
weiter. Sie machte ihre Bemerkung
darüber, wie bleich Regina oussehe,
sie arbeite jedenfalls zu viel und de
d"'ke der Zerstreuung. Dann be
(rni... sie von einem bevorstehenden
u,, ätigkeitsBasar zur Bekehrung
der Heidenkmder in Wcstasrika zu
sprechen.
.Unglücklicherweise", fuhr sie
lN
Ihren Mitteilungen sott, tu ora
nämlichen Abend auch eine Borstel
lung in dem Verein für VolkSbil
diina unter den erwerbenden Frauen"
woselbst ich den Vorsitz führe. Nun
wollte ich Sie bitten, meine liebe
Frau Regina, doch freundlichst tn
dem Basar meine Stelle zu vertre
ten."
Regina wollte etwa erwidern,
aber die Baronin ließ sie nicht zu
Worte kommen ,und fuhr tn quttt
gcm Äafkeeklatschtempo, fort:
Sogen Sie nichts dagegen, licbeS
Kind. (53 tst wirklich notwendig tu
Sie, daß Sie endlich einmal heraus
kommen aus dcr Enge. Außerdem
wird eZ auch für Ihre schriftstellerr
sche Tätigkeit von Ruthen sein, wenn
man Sie kennen lernt. Gerade dort
werden Sie Leuten begegnen, die Sie
lancieren können.
Regina war keineswegs gesonnen,
auf das Anerbieten einzugehen. Sie
griff daher zur ersten Ausrede, die
ihr gerade einfiel.
Ich bedaure lebhaft, gnädige
Frau, aber abgesehen davon, dak ich
noch keine Festlichkeit besuche, da ich
in Trauer bin, wurdeich rächt ein
mal eine passende Toilette dasür be
reit haben. Während der langen
Jahre, da ich meine kranke Mutter
pflegte, dabe ich keine lüeselUchast be
sucht, daher sehlt es mir an entspre
chender Garderobe.
Wie ein Aufleuchten ging eS über
das matte Gesicht der Baronin; ihre
Wangen färbten sich unter dem dicken
Puder. Sie strahlte vor Vergnügen
und rief freudig:
.Dacht' ich mir's doch, die ' im
praktische, kleine Frau hat nickt ein
mal ein Gesellschaftskleid! Kind."
meinte sie gönnerhaft, dem ist sofort
abzuhelfen! Sie haben ein unver
schämteS Glück!"
Regina blickte sie halb zerstreut.
halb erstaunt an, denn der ganze Be
such war ihr höchst lästig; und sie
wußte vor allem noch nicht, worauf
er hinzielte. Sie sollte es gleich er
fahren:
.Wirklich, liebste Frau Malten, ich
kann 'Ihnen da recht gut aus der
Verlegenheit helfen. Ich besitze ein
sehr kostbares, schwarzes Spitzenkleid,
ganz auf Seide gearbeitet, das mir
etwas zu eng geworden ist. Es sieh.'
noch wie neu aus, würde Ihnen 'gut
stehen und für Ihre Figur gerade
passen. Warten Sie. ich will es Jh
nen gleich zeigen!"
So schnell es ihre massiven Glieder
erlaubten, eilte sie hinaus. Und ehe
sich Regina von ihrem Erstaunen und
ihrer Empörung über daZ seltsam:
Trödelangebot erholt hatte, erschien
die Baronin wieder auf der Bild
fläche.
Sie schleppte ein, selbst im Zwie
licht der Dämmerung bereits grau
und fadenscheinig aussehendes, alteS
Spitzenkleid herein und breitete es
vor, Regina derart aus, daß sie die
defekten Stellen sorgfältig mit ge
nialem Faltenwurf bedeckte. Dann
pries sie der sprachlos und wie ver
sieinert dasitzenden Regina die Vor
züge des Gewandes und schloß mit
der kategorischen Erklärung, Regina
brauche daS Kostüm äußerst notwen
big, da sie Sonn und Feiertag nicht
mehr in den schwarzen Wollkleidern
im Salon der Pension erscheinen kön
ne. Und sie schloß ihre Ausführung
pathetisch:
Sehen Sie, liebe Kleine, ich weiß
recht gut, daß Sie sehr sparsam leben
müssen, um sich durchzuschlagen, und
daß Sie keine großen Aufwendungen
für Gnroervbe machen können. Ich
will Ihnen das kostbare Kleid für
sechzig Mark überlassen. Sie können
eS gleich hierbehalten. Dann haben
Sie die geringen Aenderungen, die
Sie jedenfalls selbst ausführen wer
den Sie sind ja so geschickt biS
Sonntag fertig geste t. Und zu Tisch
erscheinen Sie dann in dem eleganten
jTTeide. SS' eine Prinzessin werden
Sie aussehen und Doktor Rüst wird
die Augen aufreißen. Nun ja, man
rneig ja, schloß sie mit einem schel
misch sein sollenden Lächeln und mit
beschwichtigender Gebärde, als Regina
eine Bewegung der Entrüstung machte.
Regina Malten war starr. So et
wag bcitte denn doch für unmöglich j
u
j ..'j-sitaaeyjMi,
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W
Vi
Juliul Knopf,
gehalten. , Erst dieser schäbige Prell
versuch mit dem wertlosen alten
Kleide, dünn die plumpe 'iUfoielurnj
das alle wegen einer Bagatelle
von echzig Markt
Im ersten Moment wußt. sie nicht.
wa st der dreisten Person erwidern
sollte. Sie war geradezu sprachlos
über eine derartige Unverfrorenheit,
Ihr schwebte eine lebhafte Entgegnung
auf der Zunge. AIs sie indessen den
gequälten und, gespannten Ausdrul
in den Gesichtszügen der Frau von
Bergseld wahrnahm, die atemlos dei
Erfolg ihres ErperimenteS ablvartete,
als sie die zerschlissenen Samtstiefei
bemerkte und den oft gewaschenen
eilst ausge arbten, gelbsndenen Ein
salz ihres nach Benzin duftenden
Tuchtleides, da schluckte Reg'na ihren
Zorn herunter und ein leichtes Be
dauern mit der unglücklichen Aristo
kratin. die zu derartigen degradie
renden Mitteln ihre Zuflucht nehmen
mußte, stieg in ihr auf. Sie machte
nur eine abwehrende Bewegung und
fa'e ruhig, aoer bestimmt:
.Ich danke 'Ihnen für Ihr In
terefie, liebe Frau Baronin, aber ich
bedaure sehr, keinen Gebrauch von
dem Kleide machen zu können.
Das Lauten der Tlschglocke machtt
der peinlichen zene ein Ende.
Die Baromn verließ mit zorn
flammenden Blicken, ohne Regina noch
weiter eines Wortes zu würdigen, daZ
Virnrnif .
mannt
Nach dem Essen zog sich Reams
sogleich zurück. Diesmal verriegelte
sie jhr Zimmer sorgfältig. Sie
hatte kein Verlangen mehr, mit ihren
Penstonsgenossen tn nähere Beruh
rung zu treten. Der Appetit dazu
war ihr nachgerade vergangen.
Zeitig begab sie sich zur Ruhe, da
sie sich außerstande suhlte, noch u
gend eine Beschäftigung vorzunehmen.
Doch trog ihrer schweren Mudigkei
konnte sie lange leinen Schlaf finden
Als sie endlich in später Nachtstunde
eingeschlafen war, führten in ihren
Träumen die Pensionäre im Verein
mit dem Gerichtsvollzieher wilde Sze
nen auf, dramatisch und burlesk, die
sie erregten und ,hr eine unzuhig
Nacht bereiteten.
Sechstes Kapitel.
Am anderen Morgen sar.d Regina
beim Frühstück neben ihrem Gedeck
zwei Briefe. Der eine trug die krik'
ligen Schristzuge des Obersten, der
andere war von unbekannter Hand.
Sie Lssnete den zweiten zuerst uno
las:
Verehrte Frau Malten?
Da Sie vor einigen Tagen ge
prächsweise erwähnten, ihre Klavier
iudien wieder aufnehmen zu wollen,
o erlaube ich mir, Ihnen mein Jn
trument, einen vorzüglichen Bechstcin
lugel, zum Kauf anzubieten. Ich
gedenke in kommender Woche eine
längere Konzertreise anzutreten und
bedarf vorläufig de? Flügels nicht.
Der Wert des Instrumentes ließe sich
ja leicht von einem unparteiischen
Kenner feststellen.
Wenn Sie geneigt sind, auf mein
Anerbieten einzugehen, so bitte ich um
Ihre gesällige Rückäußerung.
Wollen Sie gutigst meine geplante
Reise im Pensionat nicht erwähnen.
Es empfiehlt sich Ihnen hochach
tungsvoll und ergebenst
Harald Jarnstrom.
Regina schüttelte den Kopf. Sie
war starr. Der Aufenthalt in dieser
Pension Roeder begann ihr nachge
rade unheimlich zu werden. Wahr,
haftig. das war keine Fremdenpension
mehr, das konnte' sich eher die inter
nationale Pension der Ertrinkenden
nennen, die sie. wie' es schien, als den
Strohhalm betrachteten, dcr sie iiber
Wasser halten sollten. Je nun, wenn
ie schon einen Beruf ergreifen wollte.
zu dem eines Strohhalms verspürte sie
denn doch nicht das geringste Verlan
gen.
Sie nahm den zweiten Brief in du
Hand und sah ihn unschlüssig an.
Was mochte der Oberst nur wieder
von ihr wollen? Sie hatte ihn bet
der nächsten Zusammenkunft nach je
nem stürmischen Austritt am Begrab,
nistage in aller Form um Entschuldi-
gung gebeten, indem sie ihre aufgereg
ten Nerven als Ursache ihrer gereizten
Worte vorschützte. Aber die Versöh
nung war von ihrer Seite wenig"
tens eine rein äußerliche gewesen,
um nur den unvermeidlichen Zusam
menkünften, die die Erbregulierung
notwendig machte, eine erträgliche
Form gesellschaftlichen Verkehrs zu
geben.
Weder mit dem Onkel, noch mit ih.
ren Brüdern hatte sie freundschaftliche
Beziehungen gesucht. Denn stets,
wenn sie von den Verwandten' etwas
hörte, richteten sie irgendwelche Wlln
che und Anforderungen an sie. denen
die junge Frau lieber auswich.
Regina hatte den Umschlag deS
Briefes geöffnet. Einige getrocknete
m r -r 1t n .
iüergiBineinnimi jicicn heraus, ang
am las sie:
LiebeS Kind!" Regina zog die
Stirne kraus. Natürlich war sie dem
arämlickcn Pedanten und selH'
wußten Militär nur ein Kind, ml
dem man spielte, und da beileibe sei
nen elgkiien Willen haben durste.
Sie Ial weiter:
Wir müssen übermorgen nachmit.
tag behusz einer gemeinsamen Unter
schuft nochmals beim Notar erschei
r.cn. Willst Du wir da Vergnügen
machen, vorher mit mir im Lraiserhof
zu speisen? Ich denke. Tu wirst noch
keine bindenden Dispositionen für den
Tag gttrvsjen hbe und erwarte Dich
um zwei Uhr im Vestibül deS Hotels.
ES grüßt Dich herzlich in Treuen
Dein
Eberhard von Linker
Von einem Onkel keine Spur,'
sagte sich Regina bitter. .Also wieder
eine Annäherung, womöglich mit
neuer Liebeserklärung in .verbesserter
Auslage! Wollen doch sehen, ob wir
den Herrn nicht in verwandtschaftli
chen Schranken halten können." Ihre
Antwort an den Obersten lautete denn
auch sehr kühl Sie schrieb:
Lieber Onkel Eberhard!
Deine freundliche Aufforderung
zum gemeinsamen Mittagessen vor der
notariellen Besprechung nehme ich
dankend an. Wäre eS nicht vielleickk
wünschenswert, wenn sich auch Ernst
und Rolf an unserem Diner beteili
gen würden? Tann hätten wir doch
die Gewißheit, daß sie rechtzeitig zum
Anwalt kämen, während andernfalls
die Konferenz möglicherweise wieder
einmal wie dies schon öfter gesche,
hen wegen unpünktlichen Erschei
nens der jungen Herren vertagt wer.
den mußte.
Wenn Tu mit memem Vorschlag
einverstanden bist, hast Du wohl die
Güte, meine Brüder in diesem Sinne
zu benachrichtigen.
Mit freundlichen Grüßen bin ich
Deine Nichte
Regina Malten."
Ganz wie es Regina vermutet kjat
te, sah sie em anderen Tage den Zweck
ihres Briefes erreicht. Die drei Her
ren erwarteten sie bereits im Hotel
Der Oberst mit einem Veilchenstrauß
bewaffnet, den er mit einer ritterlichen
Verbeugung seiner schönen Nichte
überreichte.
Regina brauchte nun wenigstens
nicht die Mahlzeit mit dem Onkel al
lctn einzunehmen. Daß er während
des Tmers. trog der Anwesenheit dcr
Brüder, mehrmals versuchte, die Hand
seiner .llebiverten Nichte zu streicheln
und lbr öfter, als eS unbedingt not.
wendig war, zutrank, beobachiete sie
nicht weiter.
Das kleine, aber gewählte Diner.
auf dessen Komposition sich der Oberst
trefflich verstand, verlief ohne Stö-
rung. Nur Rolf hatte dem alten
Burgunder etwas reichlich zugespro-
chen und der Oberst veranlaßte den
Neffen, v.ir dem Aufbruch eine große
lasche Sauerbrunnen zu leeren.
Beim Notar ging es diesmal f rieb
licher zu, als sonst bei derlei Bespre
chungen, bei denen Ernst und Rols
meist allerhand eigensinnige Wünsche
auszukramen pflegten.
Als sich der Oberst nach Beend!,
gung des Notariatsaktes verabschiedet
hatte, lud Ernst, zu Reginas Wer
wunderung, die Geschwister noch zu
einer iat Kaffee ein.
Regina, die den Bruder nicht der
etzten wollte, schloß sich an, trotzdem
ie irgendeine Unannehmlichkeit hin.
ter dieser ungewöhnlichen Höflichkeit
vermutete.
Ihr Gefühl hatte sie nicht betro.
gen.
Kaum hatten sie in der nahen Kon
ditorei Platz genommen und die Ge-
ranke bestellt, als Ernst begann, die
guten Eigenschaften des Obersten her
vorzuheben. von Rolf dabei eifrig un
terstützt.
Regina, die erfolglos versucht hatte.
dem Gespräch eine andere Nichtunz
zä geben, fühlte sich aufs peinlichst?
berührt.
Nach einigen plänkelnden Bemer
kungen, sagte Ernst gerade heraus :
Du, Regina, Onkel Eberhard
cheint sich übrigens für Dich mächtig
zu interessieren. Es würde Dir ein
leichtes sein, den guten, alten Herrn
zu kapern."
Jawohl,' bestätigte olf. .Regina,
der Onkel ist total in Dich verknallt!
Du könntest Dir auch izar nichts Bes,
eres wünschen, als Frau Oberst von
Linker zu werden. Donnerwetter!
Sache!"
Und Ernst fuhr fort: DaS Bermö
gcn der Familie siele dann wieder
auf unsere Linie zurück. Es könnte
pater m unserem Bankhaus? verwal
et werden und man wüßte doch, daß
das schöne Geld nicht in alle Winde
fliegen wurde.
Rolf, dem noch fmmer der Wein
im Kopf spukte, hob seine Kaffeetasse
und rief ungeniert:
.Prost ! Frau Oberst in epe!
Darf man daraufhin einen kleinen
Pump bei Dir anlegen?"
DaS war Regina, die bisher zer
streut und schweigend zugehört hatte,
zu stark. Sie brauste auf:
Nun ist'S aber genug deS Unsinns!
Ich wünsche nichts weiter davon zu
hören! Unterlaßt, bitte, derartige al
berne Bemerkungen."
Sei doch nicht gleich so Iragbür
stig, Regi," meinte Rolf mit gutmüti
gem Lächeln, .eS ist ja nicht bös ge
meint."
(Fortsetzung folgt.)
Das Geburtstagsgeschenk.
Hiimorcöke von Friedrich Thicme.
ES ist einige Tage vor meinem
Geburtstage. Mein Mann läuft mit
einem geycimni!vollkn Lächeln au
den Lippen umher, schließt aeräusch
voll und ostentativ seinen Schrank zu,
wenn tch in die Nähe komme, und
antwortet auf jede dritte Frage
Darnach fragt man vor seinem e
burtstage nicht. Die Herren Man
ner können doch gar nichts in stiller
Heimlichkeit abmachen. Xa ist Lies
chen anders, unscre Adteste. Sie geht
so ruhig und unberührt ihren leisen
Weg, dok ich manchmal denke: Ja,
vergißt denn da Mädchen deinen
Geburtötag ganz? Ich mag noch o
sehr auspaisen. ich sehe sie nichts, gar
nichts tn! Und doch, wenn der Tag
dcr Freude kommt, sei's Geourtötag
oder Weihnachten, überrascht sie mich
stets m:t einer reizvollen Arbeit, an
die ich gar nicht gedacht habe, und
die mir doch großes Vergnügen de
reitet!
Anders unser Horst. Ich will
gleich von vornherein mildernde Um
stände für ihn in Anspruch nehmen
er ist in den Flegcljahrcn. (Engel
jähre hat er überhaupt gar nicht ge,
hatt!) Es ist nicht zu erwarten, daß
Horst von ftlbcr an eine so neben
sächliche Sache wie einen Geburtstag
denkt (seinem eigenen auögenonimen,
den er mit großer Promptheit und
äußerst frühzeitig in Erinnerung
bringt). Seine Schwester muß ihn
allemal erst aufmerksam machen. So
auch diesmal. Was ist nun die Folge?
Horst scheuchte die weltstürmenoen
Gedanken, die fein Gehirn bewohnen,
für eine halbe Stunde von sich und
überlegte. Das Resultat ist offenbar
ein unzemein sesrievigenves.
Wcnn Lieschen sich erkundigt
Nun. Horst, was willst du der Mut,
ter schenken?" lächelt er triumphie
rend und entgeznet in der ihm eige
nen zärtlichen Weise: Nich etwa so
'ne lumpige Decke wie du mit
solchem Zeug .schämt ich mich.
Damit beweist er, daß er einen
seiner Beachtung und Teilnahme wur
digen Gegenstand gefunden hat. Nun
kommt aber der wahre Jakob
nämlich die finanzielle Seite dcr An-
gelegenheit. Horst besitzt niemals Geld,
Lieschen immer, obgleich beide das
selbe Taschengeld erhalten. Da ist
Holland in ?!ot, und er wandelt
mehrere Stunden umher wie ein
Staatsminister, der neue Steuern für
em Defizit von hundert Mulurnw
entdecken soll. Er brauchte eigentlich
nicht so umherzuwandcrn, denn er
kommt stets zu dem gleichen Ergeb
ms uno könnte das im voraus wis-
sen. Plötzlich steht er vor mir: Mut
ter, ich brauche einen Franken."
Wozu denn. Horst?" .
Ein unwilliges Blitzen auf seinem
Gesicht. Zu irgendwas."
.Du vertust zu viel Geld. Ist denn
dein Talchengelo schon wieder alle?
Er grinst. Lieschen macht mir ein
bedeutsames Zeichen. Gib ihm den
Franken nur. Mtti. Er braucht ihn
wirklich. Wozu, erfährst du später."
Jetzt weiß ich Bescheid. Horst er
hält seinen Franken und verschwindet
damit augenblicklich. Nach einer
Stund: lehrt er zurück, von der Be
deutung seines Vorhabens geschwellt.
Vom Tag an ist seine Stube fest
verschlossen. Nicht einmal Lieschen
darf hirein. Er ist der Meinung,
Weib?r könnten nicht schweigen, aber
niemand kann o wenig etwas auf
dem Herzen behalten als gerade Horst.
Was mag er eigentlich vorhaben?
Manchmal wird mir die Sache ganz
unheimlich. Auf alle Falle ist es eine
sehr lärmende Arbeit, die er in An
griff genommen hat andere als
laute Tätigkeiten liebt er nicht. Auch
erfordert sie eine Menge Hilfsmittel.
Alke möglichen Töpfe, Teller. Tiegel
trägt n nach und nach aus der Kü
che fort, den Werkzeugkasten hat er
überhaupt ständig mit Beschlag be,
legt, alle Bretter schleppt er zusam,
men. Wenn man ihn bei einer dieser
Eskamotationen ertappt und zur
Rede setzt, wird er noch sehr unge
mütlich und raisonniert, man wolle
ihm bloß wieder wie gewöhnlich die
Freude verderben.'
So wird das Geburtstagsgeschenk
für ihn zu einer Carte blanche" für
alle möglichen Usurpationen, für uns
der Anlaß geheimen Grauens und
Schreckens. Uederall entdecken wir
rätselhafte Schmutzstellen, die unge
heuer schlecht wegzubringen sind.
Töpfe kommen zurück mit unerklärli'
chem B1g, an feinen Kleidern und
Fingern tauchen allerhand mysteriöse
Flecken auf. An, Kragen zeigen sich
Leimspuren, in den Haaren Säge
späne dabei geht er einher mit
Schritten eines Unbesiegbaren und
hat für die Anstrengungen seiner
Schwester lediglich ein überlegenes,
geringschätziges Lächeln. Und der Ein-
tritt tn sein Zimmer tst bet Todes
strafe untersagt. Sogar sein Bett
ordnet er sich angeblich selber,
denn auch dem Mädchen traut er
nicht.
Doch sonderbar! Nach einigen Ta,
aen erscheint sein Ausdruck plötzlich
weniger zuversichtlich. Der kühne Sie
gerblick ist einer mehr elegischen Mie
ne gewichen. In feinen doppelt kräf
tigen Anfchnauzungen gegenüber sei
f
ner Schwester ossenbart sich der Miß
mut einer grausam enttäuschten See
le. Je mehr der Geburlktag heran
naht, je mehr steigert sich seine Un,
qcberdlgteit. Zwei Tage vorher je
doch sazeint ein neuer Entschluß in
ihm entkeimt. Bevor er zur Schule
s,eht. tritt er heimlich zu Lieschen in
die Kuch. Licsel, sei so gut, pump'
mir eine,, Franken.
Wozu. Horst?"
Ich brauch' ihn noch. 'S iS für
die Mutler. Ich zanl' ihn dir gleich
von nic.nein Taschengeld zurück."
Lieschen lächelt still und borgt ihm
das Geld, obwohl sie aus unertrugli
chcr Erjahrunq weiß, daß ein Dar
lehen an Horst nicht mehr Aussicht
auf Rückzahlung hat als eine moder
ne Staatefchuld, Nun beginnt der
ganze Hezknprozcß noch einmal. Das
ganze Haus scheint in ein Laborato
rium vcrwandclj. Horst läuft pol
tcrnd treppauf und ab, schleppt inS
Haus und hinauf, hat keine Zeit für
die kleinste Besorgung im Haushalt,
ficht Kimpfe mit dem Mädchen aus
und failmpft mächtig auf LicSchen,
die er aller denkbaren Berbrechen be,
zichiigt indessen, der Sieger ist
wieder fertig, der Triumphator mit
den hochgezogcncn Augenbrauen, der
sclbjtoc.-vußle Stirn,, dem Lächeln
des genialen Erfinders.
WaS mag di wohl herauskommen?
Lärm. Schmutz, Unordnung, Ver
brauch, Anmaßung genug zur Her
stellung eines Elefanten oder heißt
es hier: Ein großer Aufwand unnütz
ist verlan?
Nicht doch: Horst sammelt feurige
Kohlen auf mein Haupt. Die zwei
Gipsbilder, die er mir mit Prahlen
dem Lächeln überreicht, sind wirklich
kleine Kunstwerke! Auf runden Tab
leiten ein paar wundervolle Frauen
köpfe und wie mühsam die Her
stellung! Erst hat er die Gemälde in
heißem Wasser vorsichtig von den
Künstlcrkartcn gelöst, auf denen sie
sich ursprünglich befanden, sie dann
in einen geeigneten Teller gepreßt
und eine Gipsmasse darauf ausgebrei
tet o, es ist wirklich ein genialer
Junge! Ich erkenne, ich habe ihm im
Herzen schweres Unrecht getan. Trä
ncn der Wonne perlen von meinen
Augen ich drücke ihn gerührt, selig
ans Herz! Sein Ehrgeiz erntet den
erwarteten und verdienten Erfolg,
und er selbst hält nicht zurück mit
Selbstlob und fließt über der unge,
heuren Schwierigkeiten, die er zu
überwinden hatte, um so ein bewun
derungswürdiges Kunstwerk hervor
zubringen. Für Lieschens ebenfalls
wunderhübsche Decke hat er nur einen
gnädigen Blick und ein nachlässiges
Sehr nett mehr, als ich ihr
zugetraut hätte!" Aber was besagt
dieses Produkt weiblichen Fleißes
und weiblicher Geschicklichkeit gegen
über seiner großartigen Idee? Man
kann es ihm nachfühlen.
Horst ist und er liebt das
wieder einmal der Held des Tages.
Alle Freunde, Verwandten und Gra
tulanten bewundern die Bilder ge
bührend und preisen den Bildner.
Das Tabu seines Zimmers ist von
nun an wieder aufgehoben.
Am nächsten Morgen sage ich zu
Horst: Warum ziehst du denn bei
der Wärme deinen weißen Anzug
nicht an?"
Ach, der ls schon zu schmutzig.
Bitte, der ist erst frisch gewaschen
worden," du hast ihn kaum zweimal
getragen."
So? Hm." Horst sieht einigerma
ßen benppert aus. Ich kann ihn
nicht finden. LieZchen oder Verta ha
ben ihn verräumt." Damit trollt er.
Da muß ich wirklich einmal selber
nachsehen, denke ich, der Anzug muß
doch oben liegen. Ahnungsloser En
gel, der ich bin, offne ich die Tur
emes Zimmers aber der Schreck!
So etwas von Wirrwarr, Unordnung
und Besudelung haben meine Augen
noch nicht geschaut! Der Fußboden
ein wahres Mosaik von Gips- und
Farbenklecksen auf allen Sachen
dicke Lagen von Sägespänen
überall Abfälle, Holz stucke und Pa
Pierschnitzel! Ein paar zerbrochene
Töpfe und Teller im Winkel, der
neue Tisch an mehreren Stellen ange
aqt und zerschrumpft; auf dem
Ofen liegt die zerbrochene Laubsäge,
darunter der aus dem Leim gegan
gene Himmer, daneben ein mitten
durchgeschnittenes ganz neues Gardi
nenbrett. Die Tapete ist förmlich ta
owiert und auch die Bettdecke: sogar
die Vorhänge weisen starke Spuren
von Leim und Farbe auf, und das
Fensterbrett hat einen regelrechten
Gipsüberzug erhalten. Entsetzlich!
Aber wo ist der weiße Anzug? Nir
gend zu entdecken nur ein Bündel
alter, über und über befleckter Lap
pen erblicke ich unter dem Bett. Die
müssen unter die Lumpen! Ich bücke
mich und hebe sie auf o, du ge
rechtes Schicksal! )as ist ja ge
Miß. das ist Horsts feiner weißer
Tennisanzug! Und in welchem Zu
lande! Bedeckt mit Flecken und allen
möglichen Farben und Formen, mit
Gips besudelt und durch einen miß
lungenen Waschversuch völlig fasson
los und kläglich geworden! Und was
ur seltsame längliche braune Strer,
:en an den Aermeln? Das sieht aus
wie Brandflecken auch in die Hose
hat er sich ein talergroßes Loch ge
brannt und nein, ist's zu
glauben: bei dem Anzug finde ich
auch noch mehrere weiße .oder viel
mehr weiß gewesene Taschentücher so
wie die prächtige Tischdecke, die ihm
LieSchen zu Weihnachten sür sein
Zimmer gehäkelt hat: sie hat offen
bar ebenso wie die Tücher zum Auf
wischen einer farbigen Miitur gedient
und so wie der Anzug ihre Rolle für
immer ausgespielt. O kläglickjkS
Schicksal, o jammervoller Anblick!
Ich rufe Lieschen herbei. Kochend
in mütterlichem Zorn frage ich sie:
.Was hat denn der Bengel eigentlich
gemacht? Tag übersteigt ta alle Be
griffe!"
.Ach. Mutti," versetzte Lieschen bit
tend, sei nicht gar zu böö! Er hat
mir schon halb und hlb alles reue
voll gestunden. Er wollte erst einen
schonen Kammkasten für dich auösa
gen, und als der fertig war, gedachte
er ihn zu brennen. Ta er nun keinen
Brenna'parat besaß, versuchte er eS
mit einer Stecknadel. Dabei hat er
sich nicht nur eklich verbrannt, son
dern auch daS Käsich? verdorben.
Darauf wollte er es braun und als
das nicht ging, schwarz ansireichen,
aber es machte sich nicht gut. Dabei
fiel das Kastchen vom Tische und
zerbrach, und als er sich danach bückt,
reißt er die Farbentopse mit herun
ter "
Ach so und beim Versuch, die
Farbe zu beseitigen, hat er tch
verstehe
Ich war außer mir. Ich weinte.
.Wenn mir doch der Bengel nichts
schenken wollte!" rief ich wütend,
und bezahlen muß ich es auch noch
selber!" Da trat Horst gerade herein:
O, wie weh und demütig sah der
Sieger von Marathon beute aus!
.Jetzt bricht's los. das längst ge
fürchtete Gewitter, dachte er und
blickte mich an wie ein sterbender
Schwan seinen Mörder.
Aufgeregt, zornbebend stürze ich
auf ihn zu da fallen mir plötz
lich seine strahlende Augen ein, die
strahlenden Augen, mit denen er mir,
von Stolz, Liebe und Freude ge
schwellt, gestern 'sein Geschenk über
reichte, l'.nd verschwunden ist auf ein
mal all mein Zorn, und eine Träne
wäscht den Unmut aus meinen Au
gen. Mit diesen strahlenden Augen
vor mir kann ich ihm nicht böse sein
er hat es ja gut gemeint und
je größer das Unheil, je mehr be
zeugt es seine Liebe zu mir!
.Na, Horst, du hast ja was schönes
angerichtet," sage ich bloß und mache
mich, als Ware all das Unglück umher
mein Werk, eilig aus dem Staube.
Weil sein Mutter die Sehnsucht
war.
Weil seine Mutter die Sehnsucht war,
Ta niutzte er Dichter werden. . .
Und ivar ts nicht jug und wunderbar
Auf weiter btühenöer Erdenk
Cprmigcn nicht Quellen wie Silbertand
So oiel in jubelnder Wonne?
SSsslt denn nickt überall vjlückesland.
Und jeder Feldrain voll Sonnet
Weil seine Mutter die Sehnsucht war,
Da ging er und ging mit Lachen,
Schüttelte lustig sein Rinjiclhaar
Und träumte ach, ... .tolle Sachen. .
Er würde einmal ein König sein,
Ein Tichterkonig aus Erden.
Und Lorbeer und Liebe, Glanz u. Schein,
Tie müßten sein eigen werden. . .
Tann ging er und sänge an Rain und
Ried,
Von allem Hohen und Schönen, i
Und würde mit inbrunstinnigcm Lied,
Ach alles entsühnend' versöhnen. . .
Und wie er io träumte die Sorge kam.
Brach leise Träume und Blüten, ' ,
Und seine Runen grub ein dcr Gram,
Und alle Quellen versprühten. . .
Nur schräges Halblicht malt mattcö
Geblüm
An kahlem, kaltem Gewände,
Und öfter noch kommt die Sorge zu ihm,
Und nimmt seine bebenden Hanoe.
Schon reist es sich olcichend umS blonde
' Haar.
Die Saiten beginnen zu springen,
Doch weil seine Mutter die Sehnsucht
war,
Muß singen er singen singen.
E ?! g e n Stangen
Gefangennahme us demechlackt
feld.
Die vielen Kriegsgefangenen, die
von den Deutschen in dem gegenwär
tigen Kriege schon gemacht worden
sind und noch täglich gemacht werden,
haben einem italienischen Offizier
Veranlassung gegeben, sich im ,Cor
riere della Sera" mit der Frage zu
beschäftigen, ob das freiwillige Erge
ben größerer Truppenteile oder ein
zelner Soldaten an einen stärkeren
Feind durch internationale Bestim
mungen geregelt sei oder nicht. Er
kommt dabei zu dem Schluß, daß
es zwar gewisse Bräuche gebe, die
auf den Willen zur Ergebung schlie
ßen ließen, wie das Hissen einer wei
ßen' Fahne, das Umkehren des Ge
Wehres mit dem Laufe nach unten,
das Wegwerfen der Waffen usw.,
daß aber keinerlei internationale Ab
machungen beständen, die von allen
kriegführenden Parteien beobachtet
werden müßten. Infolge des Feh
lens solcher Bestimmungen wären
nicht nur Mißverständnisse möglich,
sondern man brauche auch keines der
angeführten Zeichen zu verstehen,
wenn man nicht wolle. Auf diese
Weise würden viele Soldaten getötet,
die unker anderen Umständen am Le
ben geblieben seien. Der ungenannte
Offizier empfiehlt daher, nach Schluß
des Krieges Beratungen über diese
Frage zu eröffnen, denn sie sei nicht
weniger wichtig e als die der Parla
mentäre und die des Noten Kreuzes.
Englische Coldatrnfraueu.
le rtfU eil Ibnktt ist ein traurige
ilti b'sanrden.
Die schlechten Erfolge der engli
schen Rekrutierung kommen zum
größten Teile daher, daß man für
die Frauen und Angehörigen der
Soldaten in England bisher nur n
höchst dürstir Wise gesorgr hat
WaS für Elend unter diesen Frauen
herrscht, deren Männer Ihr Blut für
ihr Vaterland hingeben, zeigt ein
Aufsatz einer englischen Aristokratin.
dcr Lady Biolet Greville. die auf dem
in England so vielfach vernachlässig
ten Gebiet der praktischcn Wohltä
tigkeit arbeitet und viele Besuche bei
den Soldatenfrauen gemacht hat. Die
Klagen über die Trunksucht dieser
Frauen fand sie bestätigt; aber es ist
erklärlich, daß sie sich zu betäuben fu
chen in ihrer grenzenlosen Einsam
keit, Unwissenheit uud Not. Die
stumpfe Gleichgültigkeit, in der sich
die meisten befinden, geht Hand in
Hand mit einer völligen Unkenntnis
dessen, worum der Krieg geführt
wird; sie haben keine Ahnung, wo
ihre Männer sind, gegen wen sie
tämpsen und warum sie kämpfen.
.Eine Frau erzählte mir, ihr
Mann wäre wohl in Windsor Castle
oder an so einem ähnlichen schönen
Ort. Sie glauben die wildesten Ge
schichten und halten sich an die merk
würdigsten Lügen. Tie Kopfzahl man
cher Familien ist erstaunlich groß.
Manche Frauen wissen nicht einmal
die Namen und das Alter ihrer Kin
der und mischen die gestorbenen mit
den noch lebenden in einer beunruhi
senden Weise durcheinander. Eine al
te Frau wußte nicht einmal die Num
mcr des Hauses, in dem sie wohnte.
Unter den jungen Frauen ist die
Gleichgültigkeit aegen die Ehe sehr
bemerkenswert. Viele. Paare, die seit
vielen Jahren zusammenlebten, waren
nicht verheiratet, aber eine Heirats
epidemie brach aus, als bekannt wur
de, daß nur die Ehefrauen der Sol
daten Unterstützungen erhalten wür
dcn. Die Schulbildung scheint noch
laicht sehr in die unteren Klassen ge
drungcn zu sein. Die Aussprache und
die Handschrift dcr Rekruten und ih
rcr Frauen sind sehr schlecht. Mit der
Nadel wissen in der Regel nur die
älteren Frauen umzugehen; die jün
gcren Mütter halten wenig von Haus
arbeiten überhaupt. Unter solchen
Umständen ist es überflüssig, den Zu
stand von Unordnung und Unfauber
keit besonders hervorzuheben, der i
vielen Familien herrscht. Wie ver
schaden ist der schmucke kleine Raum,
der der Stolz der franzosischen und
belgischen Frau ist, von dem rauchi
gen schwarzen, an Ungeziefer reichen
Loch, das die Engländer ihre Küche
nennt."
Nach diesem Urteil, daS hier über
die englische Soldaten
wird, berührt der Vor
rau gesaut
chlag eigen
tümlich, den
Lady
Greville zum
Schluß macht, um der Not zu steu
ern. Sie meint, daß die Frauen
mehr zu häußlichen Arbeiten, zur
Näherei und zum Stricken herange
ogen wurden. Bct dem großen Man.
oel an Dienstmädchen und dem Ve
darf von weiblichen Handarbeiten al
ler Art würde den zahllosen hungern
den Weibern der Soldaten und Re
kruten dadurch eine Verdienstmöa
lichkeit eröffnet werden.
Staubwolke do Heeren.
Auch wer niemals eine große Ars
mee auf dem Marsche gesehen hat,
kann sich leicht vorstellen, daß dieselbe
auf trockenen Wegen mächtige Staub,
wölken aufwirft. Und für ein nicht
geübtes Auge sieht jede solche Staub
wölke so ziemlich jeder anderen gleich;
aber ein geschulter Soldat kann auS
derartigen Staubwolken manche Din
ge, welche sür die andere Partei wich
tig sind, deutlich lesen, obwohl man,
che andere durch die Staubwolke zeik
weilig verborgen werden.
Der Staub, welcher z. B. von
Infanterie aufgeworfen wird, hängt
in einer niedrigen, dicken Wolke. Je
länger diese Wolke ist, desto mehr
Leute sind unter ihr; und ein guter
Späher kann auf solche Weise die
Größe des Heeres, welches auf dem
Marsch ist, ziemlich genau abschätzn.
Andererseits sendet Reitervolk,
welches unterwegs ist, eine diel hö
here und dünnere Staubwolke em
por. als das Fußvolk. Tie auffal
lendste, am leichtesten zu unterschei
dende Staubwolke aber wird durch
Wagen und schwere Geschütze hervor
gerufen; und hier erhebt sich dcr
Staub in kleinere Gruppen von Wol
ken, statt der langen Wolke, welche
durch Kavallerie oder durch Jnfan
terie hervorgerufen wird. Auch in
diesem Fall kann daS Auge und Uk
keil des Kenners aus gewissen Ein
zelheiten wertvolle Auskunft gewin
nen. '
Und so vermag der geübte Späher,
auch ohne irgend etwas von der tat
sächlichen Ursache des Staubes zu
sehen, schon aus viele Meilen Entfer
nung erkennen, wie große und welche
Arten von Streitkräften des Weges
daherkommen. Der Staub ist ein
Verhüll, aber zugleich ein Wer
räter, gegen den sich wohl wenig oder
gar riichtS tun I"äjjt!