Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 13, 1915, Image 3

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    IZ glicht Omaha Irlfjun
längst preisgaben und dik Attslhkiluna
diese Gebiete Spanien und Frankreich
zIksIadkn, in schreiendem 'Widerspruch
JU dcn feierlichen intsTiiaf ionalert Vetttä
gen. Jiir diese britische Politik gab und
giebt tt keine andere Erklärung o! die
de bestäiidigen, man mochte sagen, pro
ftrammmöbigen Haffe Teutsch
land. In den Tienst dirs, Hasse, der
ffineifnl durch Konkurrenzneid und
sionliitKnzfiirch! erzeus,! war, wurde jede
Handlung und Unikklassung der Polilik
Großbritannien oline weitere gestillt.
Allein der We&nnkt, Teutstjland tonne in
MaroHo, besonder on dessen atlantischer
lt Lift Fuß fassen, genügte, um im ganzen
britischen Volk eine an wiilhendk 'Raserei
grenzende Erregung hervorzurusen. 'Nicht
minder 011 fyr sich war die britische Be
volkcriing mit ihren Führern darüber, daß
da. Teutsche Sieicf) in '!iti)lasrika im
Ciiivciständnisse mit Frankreich Aiolonial
gebiete con erhet'lichcin Werthe und dem
ntreidlunflärnöfllMiiriten für die Zukunft
erhalten könnte. Wahrend jenes Herbstes
und Früfirointer des Jahre INI mit
der M'arrklofpanniina, und den langwie
rigen diplvmaüschcn Verhandlungen,
welche mehrere Male in akute slrieaifjc
fahr ausmündeten, war da tonangebende
Element immer rofihritannicn. Ohne
die haßerfüllte Hetze der britischen Negie
riing und ihrer auswärtigen diplcma
tischen Vertreter und der großbritan
Nischen Presse heilen die deutschsranzö
fischen Bcrhandlllngen einen ruhiaen.
schnellen und bis zu einem gewissen Grade
freundschaftlichen Verlauf genommen.
England lag efleS daran, einen solchen
Ucrlaus nicht eintreten zu lassen, sondern
Frankreich durch B!cumduna der deut
schen Absichten in Furcht und Entrüstung
zu versetzen. Tie britischen Staatsmän
ner betrachteten es als ein Lcbensinteresse
Großbritanniens, auch nickt die leisesten
Ailfänze einer deuisch sransösischen Bcr
standigung auf irgend einem politischen
Gebiete Platz greislir z lassen. Teutsch
land sollte auf dem Fesilande nicht iso
lirt, sondern vom Hasse seiner Nachbarn
umgeben sein. Das zeigte sich in dcn
nächsten Innren am Beispiel Rußlands.
Hier war es der deutsche Regierung ge
lungen, ein Abkommen mit der russischen
zu treffen, dessen hauptsächlicher Zweck
War. gewisse Hindernisse sür dcn Bau der
jougouotaiii zu iicurngin. ,azii iam
die allgemeine politische AuLs,leichSwir
kunz für die Stimmung zwischen dcn Sie
girrungen, Großbritannien hatte dieses
Abkommen -nicht hindern können; setzte
aber im Verein mit Frankreich alles da
ran. um wieder Rcibungöslnchen zwischen
Tcutschland und Rußland zu schaffen.
Ta gclanz länzend in den Balkankrie
sen und nachher gelegentlich des Streites
um die deutsche Militärmission in Kon
stantinopcl.
Ungeachtet dessen trat mit dem Zjinter
IN 2, also beinahe unmittelbar nach
der großen Marokfolrip, scheinbar
ein ga-,?', neues Moment in die eng,
lisch.'dtUtschtn Beziehung ein. Lord
Haldane, der damaligc,Nrii,gZminisie: und
spätere Grorjfagdbeirnhrer, erschien in
Benin. Tcr Besuch dieses für besonders
deutschfecundlich geltenden Ministers und
auch andere fixere Anzeichen ließen darauf
tj.r..t. wr. v:, -t-iiisj.- t,.-
U)!it!',en, ug vw uiiiiujc cgictung vt
'rbsschtigtk, die pielbccüfenc cngliim-deut-fche
Verständigung nunmehr wirklich und
ernstlich zu föroern. Autheutisches ist über
jene Verhandlungen und Besprechungen
niemals veröffentlicht worden. Nur das
Eine wissen wir: Lord Haldane. seine
Mission und die daran sich anknüpfenden
diplomaliscbcn Besprechungen zwischen den
beiderseitigen Ztegierungsorganen ergaben
in der Folge eine Neugc'laltung des alten,
die portugiesischen Kolonien betresjenden
knglischdeutschen GcheimvcrtrageS. Diese
Verhandlungen ung die tatsächliche Aus
führung des Vertrages sind dann auch ein
geleite' worden und. haben sich .bis zum
Äusbruche des Krieges fortgesponnen.
Was daraus geworden wäre, laßt sich mit
Bestimmtheit ebensowenig sagen, wie das
Ergebnis der deutsch-englifchen Bagdad
bahn'Verhandlungen.Was dicse jedoch be
trifft,und zwar im Rahmen der gcsamm
ten verwickelten Verhandlungen über die
Bahnen in Kleinasien, so war Groszbri
tannien hier sich mittlerweile bewußt ge
worden, das; der alte direkte Widersland
nicht mehr praktisch sei. Dafür trug man
aber eifrig und geschickt Sorge, das ruf
sischc Mißtrauen gegen angebliche deutsche
Orientpläne immer mehr zum Hasse zu
entflammen und so auch die diplomati
fchen wie politischen Gegensätze zu der
, schärfen. Als schließlich im vergangenen
Wintcr jener Streit um die deutsche Mi
litärmission zu Zlonstantinopel entstand,
und zwar in einer Periode, als in Teutsch
land wie in England stets hervorgehoben
wurde, wie vertrauensvoll und freund
fchaftlich die Beziehungen zwischen den
beidcn Regierungen jetzt seien, that die bri.
tische Regierung Alles, um Rußland und
Deutsebland gegeneinander auszuspielen.
Sir Edward ttrey schloß sich Frankreich
und Rußland mit einem Proteste gegen
das deutsche Vorgehen in Ztonstantinopel
an. Das ist nur ein Beispiel, aber es
zeigt, wie' die Grundnote der englischen
Politik immer, die alte bleibt: Deutsch
land zu schädigen, gegen jede positive Be
strcbung der deutschen Politik anzuarbei
ten, ihr möglichst viele und möglichst er
bitterte Feinde zu schassen.
Doch kehren wir zu jenen Verhandkun
gen. welche durch den Besuch Lord Ha!
dcme's eingeleitet worden waren: Lord
Haldane brachte viele schöne Anerbieten
mit. nicht nur für gemeinsame Kolonial
Politik, sondern auch für das allgemeine
politische Verhältnis zwischen den beiden
Ländern. England wollte sogar berspre
chen, daß es an einem Angriffskriege ge
gen Deutschland nicht theilnchmen werde,
und Anderes mehr. Die Bedingung aber
hierfür war. daß Deutschland aufhören
sollte, ik Macht seiner Flotte in Konse
quenz der Verhältnisse und' nach eigenem
Ermessen auszugestalten. Man wünschte
in Großbritannien, daß das jährliche deut
sche Flottenbauprogramm nicht über zwei
große Panzerschiffe hinausgehe, außerdem
Überhaupt keine Erweiterung des deut
schert Flottenbauprogramm in Zukunft
eintrete. Bon der deutschen Seite ist ein
Reutralitätsvertrag mit England gefor
dcrt worden, also daß Großbritannien .sich
verpflichte, in einem Kriege Deutschland's
mit dritten Mächten neutral zu bleiben.
Daraus lieh die britische Regierung sich
nicht ein, wie die britische Regierung noch
nach Auibruch de Kriege Verlautbart
hat. Die deutsche Flotenvorlage de Iah,
re 1012 wurde gleichwohl eingebracht,
freilich erheblich verstümmelt.
Tamit war der eigentliche Awecl jener
Haldane'scken Mission al gcsitert an
zusehen. E war den fcritifefien Staats
männern nicht gelunUN, durch diese letzte
aller Ihrer dorlxr angewandten zahlreichen
Mittel die Entwicklung der deutschen
ttriegsslotte In die Hand zu bekommen
und ihre Zukunstsentwicklung zu leihmen.
Die ollein aber war der Zweck jener gan
zen freundschaftlichen Aktion gewesen.
Tieser gleiche Zweck verbarg sich auch wäh.
rend der folgenden Jahre unter den deutsch
englischen Kolonial und Orient Verhind
lungcn, unter den fortgesetzten Versuche
rungen der Freundschaft und de Ver
trauen. Wozu bedürfte denn, so hieß e,
da Teutsche Reich einer starken Flöte
einer .Luxusflott', wie Mr. Churchill
geschmackvoll sagte wo e mit Groß
britannien in Freundschaft und fortschrei,
tender Verständigung lebte. Tie viclbe
sprochenen albernen und ungehörigen Vor
schlage Ehurchill' mit dem Flottcnseier
jähr" und anderen Methoden, um den
Flottenbau einzuschränken, hatten natür
lich alle nur denselben Zweck. Zu dcn
früheren Motiven war im Lause der
Jahre freilich noch ein hinzugekommen:
die wachsende Kostspieligkeit der neuen
Ricsenkriegsschiffe machte es für die
englische Regierung höchst unbequem,
wenn Teutschland, wie e spater der
Fall gewesen sein würde, jährlich drei
große Schiffe auf Stapel gelegt hätte.
Tie britische Admiralität war nämlich
der Auffassung, daß sie immer das
doppelte Quantum jährlich in Angriff
nehmen müsse. Sech große Schiffe be
deuteten ober jährlich einen sehr tiefen
Griff in das Portemonnaie der britischen
Steuerzahler. Dazu kamen Erwägungen
dex Technik und des Mangels an geeignc
tem Personal, kurz, hätte der Friede auch
nur noch ein halbe Jahrzehnt gedauert,
so würde Großbritannien ein deutsches
Bautcmpho von drei Schissen geldlich
höchst unangenehm empfunden haben.
Später wäre dieses aber das program
matische Bautempo der deutschen Flotte
geblieben. Das britische Volk, seine Presse
und seine Regierung betrachteten natürlich
diese von langer Hand her festgelegte und
ebenso lange der Welt bekannte gesetzliche
deutsche Maßnohme als eine unerhörte
Unvecschämtheit, die Kroßbritannien sich
nicht gefallen lassen dürfe. Die Versuche,
die deutsche Regierung zu einer Aenderung
des Programms zu bringen, sind bis kurz
voe dem Ausbruche des Krieges von Lon
von aus fortgesetzt worden, und die briti
scke Regierung glaubte bestimmt, sie werde
schließlich ihr Ziel erreichen, insbesondere
durch Einwirkung auf dcn deutschen
Reichskanzler, mit Hülfe des - derzeitigen
deutschen Botschafters zu London.
Eben während dieser beiden letzten
Jahre der gebesserten Beziehungen zwischen
dcn beiden Regierungen bereiteten unter
Führung der britischen Regierung die mi
litärischen' und diplomatischen Behörden
Frankreichs, Rußlands,, Großbritanniens
und Belgien? ein immer engeres militäri
scheö Zusammenwirken für den über kurz
oder lang zu erwartenden großen Krieg
mit Deutschland vor. Eine Reihe von
Enthüllungen der deutschen Regierung nach
Ausbruch des Krieges hat hierüber nicht
dcn geringsten Zweifel gelassen. Die Neu
tralität Belgiens, als deren Schützer Groß
britannien sich seit dem Kriegsausbrüche
vor dcr Welt zeigen möchte, ist mithin be
rcils seit Jahren vernichtet worden, und
zwar durch Belgien, Großbritannien und
Frankreich, als sie durch sorgfältig aus
gearbeitete Konventionen und militärische
Äufmarschpläne den großen Schlag gegen
Teutschland vorbereiteten. .
Ebenso wie dieser rasche Ueberblick, so
giebt auch eine-gründliche Prüfung der
politischen Geschichte dcr letzten anderthalb
Jahrzehnte: Großbriiannien ist immer der
erbitterte Feind des Deutschen Reiches und
seiner Zukunft gewesen,' sowohl jenes
Theiles der deutschen Zukunft, die auf und
über den Ozeanen liegt, als auch der deut
fchen Machtstellung auf dem europäischen
Festlands. Bezeichnend genug war es, als
vor Jahr und Tag mitten In den herzlich
sten Freundschaftsversicherungkn Deutsch
land gegenüber die britische Regierung in
einem dem Staatssekretär Sir Edward
Gret, besonders nahestehenden Organ eine
Reihe von Aufsätzen erscheinen ließ: die
brennende - Frage von Europa sei die
Frage von Alsace-Lorraine". Sie zu
lösen also natürlich auf Kosten
Deutschlak i müsse das Ziel der
europäischen Politik unter britischer Füh
rung fortan fein. Dann erst könne von
einer Sicherung des europäischen Friedens
mit Recht gesprochen werden. Die anze
Doppelzüngigkeit dcr großbritannischcn
Politik wird durch solche und unzählige
andere Aeußerungen schlaglichtarlig erhellt.
Zur Beurtheilung dieser Politik muß man
außerdem in Betracht ziehen, daß es nicht
nur doppelzüngig, fondern auch in sich
doppelt war. Sir Edward Grey hatte für
seine Politik stets zwei Wege osfen. Einer,
der dcn Frieden erhalten sollte, der andere,
der zum Kriege führte. Dem britischen
Minister war der Friedensweg immer
dann recht, wenn es gelang, Deutschland
auf die eine oder andere Weise den briti
schen Wünschen gefügig zu machen oder
indirekt für sie zu benutzen. So war es
mit dem britischen Entgegenkommen im
Orient, dessen Folgen die russische Wuth
gegen' Teutschland erregen sollte und er
regt haben. Kamen solche Erwägungen
nicht in Betracht, dann diente das britische
Entgegenkommen dazu, Teutschland der
trauenssclig zu machen und vor Allem im
deutschen Volke eine Stimmung zu erzcu
gen. die einen konsequenten Ausbau der
deutschen Flotte für unnöthig hielt. Die
britische Regierung, die Presse, die kauf
männische,. Korporationen u. s. w. haben
gerade dicse Propaganda mit proßer Ge
schicklichkcit und Ausdauer betrieben. Die
deutsche Flotte war und blieb ein Stein
de Anstoßes, obgleich man gut genug
wußte, daß die britische eine gewaltige
Uebermacht besaß und immer besitzen
würde und daß Deutschland an einen An
grisftkrieg nicht entfernt dachte. Als die
großen militärischen Rüstungen der euro
paischen Fesllandmächte zu Stande kamen,
da hieß Großbritannien besonder du: rus
fische Heereevermehrung ant! sie würde, so
meinte man in der britischen Presse,
Deutschland zu immer größeren Ansiren
gungcn zwingen und dadurch wiederum
den Deutschen unmöglich machen, ihre
Flotte, dem gesetzlichen Programme gemäß,
auszubauen. Immer drehten sich die Ge
danken um die Flotte.
1014 kam der Krieg den britischen
Wünschen wohl t!va zu früh. Frankreich
und Rußland waren mit ihren Armeen
noch nicht so weit, wie sie zwei Jahre spä
tcr gewesen wären. 1011 würde, so war
der Gedanke der Mächte der Tripleen
tcule, der Augenblick zum Kriege da sein.
Dann kam im vergangenen Sommer rne
Ermordung de österreichisch'Ungcjrischen
Thronsolger und seiner Gemahlin, ein
Ereignis, da von vornherein schwerste,
politische Folgen zeitigen mußte. In
England Hand lag e von da an'bi zur
britischen Kriegserklärung an Deutsch
land, den Krieg zu verhinderen. Die
großbritannische Regierung hatte die Ent
schcidung über Krieg und Frieden. Hätte
sie Rußland und Frankreich mit Be
stimmtheit versichert, und eme Gewähr
dafür gegeben, daß Großbritannien sich in
keiner Weise, weder direkt noch indirekt,
am Kriege betheiligen werde, dann wäre
dcr ttricg nicht ausgebrochcn. Ta steht
jetzt schon aklknmäßig, fest und die Folge
zeit wird noch ungezählte Beweise hinzu
fugen, daß Großbritanniens thätiger An
schluß an den Zweibund erst die Erhal
tung des Frieden unmöglich machte.
Taß es so gekommen ist, darüber konnte
sich Niemand wundern, welcher den tiefen,
öritischen Haß und seine Grundmotive
Deutschland gegenüber kennt, und wer in
der politischen Geschichte dcr letzten Jahr
zehnte die politische Methode Großbritan
nien vcrsolgt und verstanden hat. Nur
wenn die britische Regierung mit Sicher
heit eine deutsche Niederlage Frankreich
und Rußland gegenüber angenommen
hätte, wäre sie neutral geblieben. .Jede
Vermehrung und Stärkung der deutschen
Jcstlandstellung jedoch chat Großbritan
nien immer als einen Gedanken angcsc
hcn, dessen Verwirklichung mit den briti
schen Lcchensintcressen nicht vereinbar sei.
Ob cö sich um Angriff, ob um Vcrthcidi
gung handelte, das ist für diesen briti
schen Gesichtspunkt vollkommen gleichgül
tig. Deshalb hat England auch mit äu
ßerster Anstrengung seiner Kräfte den
Franzosen auf dem Lande Hülfe geleistet.
Tas andere Hauptmotiv, die Wuth über
dcn deutschen Ucbersechandel, über die
Blüthe des deutschen Wirthschaftslebens,
über die deutschen Kolonien bethätigt
Großbritannien seit dem Beginne des
Krieges in denkbar niedriger und gchässi
gcr Weise. Eine Zeit unerhörter Blüthe
für den britischen Handel werde nach dem
Kriege beginnen, so jubelten die britischen
Blätter, und das britische Kolonialreich
sei nunmehr durch die meisten der deut
schen Kolonien vervollständigt worden.
Wir wollen den Kriegsereignissen nicht
vorgreifen, auch nicht versuchen, unS die
Zustände, die nachher kommen können,
auszumalen. Das eine aber steht fest,
und muß jedem Deutschen die Richtschnur
für fein Denken und Wollen sein: Groß
britannien ist der Feind. , Hätten wir
Rußland und Frankreich besiegt, so würde
dcr Krieg fortdauern und Deutschland
nichts von allem dem wiederbekommen
können, was Großbritannien ihm an der
See und über der See geraubt hat. Ge
länge es, Großbritannien niederzuwerfen,
so würde damit eo ipso auch Frankreich
und Rußland außer Betracht sein. That
sächlich liegen die Dinge ja so, daß die
Bekämpfung Großbritanniens mindestens
die vorherige Niederwerfung Frankreichs
zur Voraussetzung hat. sie muß also nach
her an die Reihe kommen. Wie dem aber
auch fei: ohne daß Großbritannien nie
dcrgeworfen wird, ist ein dauerhafter
Friede, ist eine gesicherte und ruhige Ezi
stenz des Deutschen Reiches und Volkes
unmöglich.
Weder Rußland noch Frankreich hätten
die friedliche Entwicklung des. Deutschen
Reiches ud Volkes als eine Kriegsfrage
und einen Kriegsgrund angesehen, wenn
dieses nicht die grundlegende Auffassung
der großbritannischen Politik gewesen
wäre. Erst nachdem diese beiden Mächte
erkannt hatten, daß die Thatsache der
Handclscifersucht vgen Deutschland das
Leitmotiv der ,oßbritannischen Politik
bildete erst dann hat Frankreich die
Zuversicht bekommen und den Entschluß
gefaßt, zur Revanche für 1870 und zur
Wiedcrcroöerung von Elsaß-Lothringen
sich in einen Daseinskrieg zu stürzen;
seitdem erst rüstete Rußland zielbewußt
auf einen Eroberungskrieg, um Oester
reich-Ungarn 'zu zerschmettern und
Deutschland zu schwächen, um den Balkan
zu beherrschen und seine Hand auf Kon
stantinopel zu legen. Weder die eine noch
die andere der beiden Festlandmächte hat
ihren Kriegsgrund wirklich als eine Le
bensfrage für sich in Gegenwart oder Zu
kunft betrachtet. Jede von ihnen hätte,
ohne diesen Krieg zu führen, geachtet,
mächtig und wachsend im Vereine mit
dem Deutschen Reiche weiterleben können.
Großbritannien allein hat , dem russischen
Reiche und dcr französischen Republik
durch eine konsequente, geschickt arbeitende
und von langer Hand her zielbewußt an
gelegte Politik den Willen und die Rich
tung auf den vereint zu führenden Ver
nichtungskrieg gegen das Deutsche Reich
gegeben. Das ist der Kernpunkt der tu
ropaischen Politik dcr langen, unruhevol
len Jahre, die jetzt mit dem Beginne des
Kriege ihren Abschluß gefunden haben.
Hat man das nach den vorstehenden Aus
führungcn als wahr und als unwiderleg
lich erkannt, so werden daneben alle Fra
gen, alle Interpretationen politischer Re
den und Notenaustausche zu bedeutungs
losen Äußerlichkeiten, die entlvcder Ara
beske oder Schleier bilden sollten. Die
Wendung, Großbritannien habe den
Krieg nicht gewollt, ist eine irreführende
Phrafe. Es hat diesen Krieg durch feine
planmäßige, elfjährige politische Arbeit
und Stellungnahme unvermeidlich ge
macht, aber nach den alten Regeln seiner
Politik zu vermeiden gesucht, als dcr vor
angehende Woller zu erscheinen. Groß
britannien hat die europäische Politik seit
einem Jahrzehnt unter seine Leitung ge
bucht, um diesen Krieg herbeizuführen
oder herbeiführen zu lassen, bei günstigem
Anlasse unter möglichst giiustigen Bcr
hältnissen. Krirg oder Nachgeben! da
war die Alternative, vor der sich da
Teutsche Reich jede Mal bei Auftauche
irgendeiner . bedeutenderen auswärtigen
Frage sah. Diese Alternative wurde ohne
Ausnahme, sei e unmittelbar, sei e mit
telbar von Großbritannien sormulirt und
gestellt. Und ebenso allönh,nIo, log
dieser Politik der hemmenden und ver
betenden Alternative in irsiendeiner
Form und unter irgendeinem Gesichts
punkte die britisck Haiiöllveisersucht zu
G.unde, mochte der Anlaß nun durch die
deutsche JwUe. dur,', koloniale Wünsche
Teutchland. durch Orientsragen, durch
M5?5M5M5M5?5MM5ll
Die Wainen und
die deutsche "Aerwallung.
Bon lag zu Tag kehrt in Antwerpen
mehr' Leben ein. Tie Hotels und Gast
Häuser sind geöffnet und in den frühen
Adendslundkn stark besucht; auch die mci
sten GcschäftSläden haben die Thüren wie
der anfgcthan. Wären nicht zerschossene
Häuser in allen Stadtthcilen und die Rui
ncn der Häuscrgruppcn, die zur Eindäm
mung der Feuersbrünste niedergelegt wur
den, so könnte man nicht glauben, in einer
erst vor sieben Wochen nach hftigcr Be
lagcrung eroberten Festung zu sein.
Von irgendwelcher Unsicherheit in den
Straßen ist nicht zu reden. Tie Be
schicßung dcr Stadt und die Schrecken des
Kriege haben erzieherisch aus die Vevöl
. . "
'
- J- '-r,
l JU-'
mi .
1. Rathhaus von Autioerpen, Sitz der
deutschen Regierung. - 2. Bor dcr
Kommnridantur. 3. Von Holland zu
riickgckchrte Belgier in Antwerpen.
kcrung gewirkt, während im Gegensatz
dazu die Bevölkerung, die am eigenen Leibe
nicht Wunden durch den Krieg erlitten hat,
innerlich noch recht aufsässigist. Andcrcr
seits ist auch die deutsche Verwaltung ein
wandfrcr und das Betragen des deutschen
Militärs.
Interessant ist nun zu- beobachten, wie
die vlämische Bevölkerung sich der deut
schen Verwaltung gegenüber verhält. Ant
werpen ist in ihrem Kerne ja eine durch
auS germanische Stadt; der französische
Einfluß hat nur oberflächlich den Firnis
einer scheinbar höheren Kultur aufgelegt.
Jetzt fehlen, die feinen" (leider vielfach
aus deutschen Renegaten gebildeten) fran
zößrenden Kreise zum großen Theil, und
dcr eigentliche Kern des Volkes kommt
zur Geltung. Freilich' Ware es gefährlich,
hinter dem höflichen und korrekten Ber
halten der Vlämen gegen die deutsche Ver
waltung etwa deutschfreundliche Gefühle
blicken zu wollen. Und doch darf man
sagen, daß das Verhalten der Vlämen
recht erfreulich ist, im Gegensatz zu dem
während der Zeit der Belagerung die
Situation beherrschenden und in der Presse
(insbesondere der Mötropole" und dem
Nouveau PrScurseur") die Bevölkerung
aufreizenden und verhetzenden Franzosen
thum. Wäre dieser französische Einfluß
nicht gewesen, der die wahren Gefühle dcr
Vlämen zum Theil verfälscht, zum Theil
unterdrückt hat, so wäre die Berührung
zwischen Deutschthum und Vlamenthum
sicherlich schon vor dem Kriege eine viel
freundlichere gewesen, als e der Fall war.
Leider haben sich, das müssen wir jetzt
osfen eingestehen, die eingewanderten Deut
schen viez mehr zu den die französische Kul
tur verbreitenden Kreisen hingezogen
gefühlt und das Vlamenthum, die Stärke
der Stadt, nicht genügend berücksichtigt.
Jetzt besteht die sichere Hoffnung, daß
sich da Verhältnis der Vlämen zu den
Deutschen in nicht zu langer Zeit günstig
gestalten wird. Zunächst sei festgestellt,
daß die Erbitterung gegen die Engländer
mit ihren leeren Versprechungen in allen
Kreisen der Bevölkerung außerordentlich
scharf ist. Einen ihrer Freunde" hoben
die Antwerpen also schon erkannt, und
der andere Freund", eben die Franzosen,
bat bei den Vlawcn nicht auf dauernde
Beliebtheit zu rechnen; er ist jedenfalls
durch den Krieg nicht beliebter geworden.
So sind die Vlämen jetzt auf sich allein
gestellt; sie wollen weder von ihren Freun
den, dcn Franzosen und Engländern, noch
von ihren Feinden, die wir Deutsche in
diesem Kriege nun einmal geworden sind,
etwas wissen. Aber es kann nicht Zweifel
haft sein, wohin sich nach dem Kriege die
Sympathien der vlämischen Bevölkerung
wenden werden. Schon jetzt hört man in
Unterhaltungen mit gebildeten Vlämen
den leisen Üntcrton der Klage, daß man
zwar die Stärke der deutschen Bcgeiste
rung. die Kraft der deutschen Organisa
tion, die Tüchtigkeit der deutschen Verwal
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solche der ossinen ?!ir oder durch Ein
Mischung i deulsch französische oder
deutsch, russische Auscinandersktzungen ge
geben werben.
Tethalb mufyt dieser Krieg kommen,
wenn da Teutlche Reich sich nicht in eine
Rolle grundsihlicher Botmäßigkeit gegen
über den britischen Wünschen fügen wollte.
Deshalb ist England dcr Feind, nämlich
die verkörperte Verneinung eine frei und
fiiedlich sich bethätigenden Teutschen Rei
che und Volke; die verkörperte Vcrnei
nung seiner Gegenwart und Zukunft.
Ihill muß bi(it Tvainiiia uiifa.ä
Dasein, dieser haßerfüllte Feind unserer
Art und unserer Arbeit unschädlich ge
macht werden.
tung bewundern müsse, aber daß nach Lo
wen und dem begangenen R.-chtebruchc die
lebende Generation nicht mehr mit den
Teutschen gut Freund werden könne; odcr
daß man zwar mit dem einzelnen Deut
schcn wie zuvor freundschaftlich verkehren
und ihn hochschätzen könne, daß man
aber leider aus einem Freunde zu
einem Feinde de deutschen Volks
thumZ habe werden müssen. Solche
Stimmungen müssen wir achten;
der Besiegte wird nie den Sieger lieben
können; erst wenn dieser die Wunden,
welche die Waffen schlagen mußten, auch
wieder zu heilen versteht, wird Zutrauen
und Liebe entstehen können.
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Da ist nun die schwierige Aufgabe der
deutschen Verwaltung, dem arg verwüste
len und iiisolge der englischen Politik der
Armuth entgegensteuernden Lande wieder
Arbeit und Verdienst zu bringen. Sie
hat schon Bcwundernswcrthcs geleistet und
sich das Zutrauen der vorher verhetzten
flämischen Bevölkerung erlvorben. Möge
sie sich nun vor dem Mißgriff hüten, den
nach französischer Bildung neigenden Krei
sen zu sehr nachzugeben; denn dicse sind
doch nicht zu gewinnen, die Vlämen aber
würden sich mit Recht vor dem Kopf ge
stoßen fühlen, wenn die Kreise, welche
sehr zum Schaden des Landes die belgische
Politik ins französifch-englische Fahrwasser
gelenkt hatten, wieder die Führung in die
Hand bekämen. Die Zukunft Antwerpens
beruht auf der Entwickelung der Kraft
des Vlamenthums; ihm zu helfen ist jetzt
deutsche Pflicht. Nur daraus kaiin die
Wirklich innerliche und dauernde Versöh
nung der belgischen Bevölkerung mit dem
Teiitschihum entstehen. Wohin Nachgie,
li ik' ii geg'milicr den Kreisen, welche stau
l'silche itjmpalljifn hegen, führt, hat
Brüssel zur Genüge gelehrt.
Uebrige hat die große Masse der Be
viilkming zurzeit gar keinen and,ren
Wniisch al nach tht, Arbit und Ver
dienst. Diesen Schichten ist , ziemlich
gleichmütig, ob sie unter deutscher oder
englischer Verwaltung stehen; von eine-n
eigentlichen, Patkiolisinn k.inn in diesen
Kreisen überkaui't kaum aesvrovn wer
den, ebensowenig von wahrer Anhänglich
U'd an ihr KömMauö. Dazu fibü dem
belgischen VolMhum doch zu sehr dik jähr
hundertclange historische Entwicklung, wie
sie da preußische Volk eng on da Hohen,
zollcrnhau geknüpft hat.
Schon beginnen die wohlhabenden beul
schen Familien wieder nach Antwerpen
zurückzukehren und geben damit dcn sich
noch fern haltenden reichen belgischen Krei
sen ein gutes Beispiel. Auch die deutsche
Schule, wclckze als ein Werk de Frieden
74 Jahre lang in Antwerpen segensreich
gewirkt hat und deshalb den Franzosen
ganz besonder ein Dorn im Auge gewesen
ist. soll im Januar wicdcr ihre Pfortm
össncn.
M Schcltt-cl-Lraö.
Au! dem für dcn Ausfuhrhandel Mcso
potamiens wichtigen Mündungsgebiet
von Euphrat und Tigris werden Kämpfe
zwischen dcn Türken und den Engländern
k meldet. Noch kurz vor ihrer Verein!
gung fließen beide Ströme durch eine ein
förmigc. unbelebte Gegend dahin. Nur
hier und da werden die Ufer don dichtem,
niedrigem Tamariskengcbüfch bedeckt und
zuweilen ist die Mündung eineS vertrock
ncten Kanals oder Entwässerungsgrabens
sichtbar. Auch die zahlreichen wilden
Thiere, vor allem der mähnenlose Löwe,
die noch vor wenig Jahrzehnten die Ufer
bevölkerten, sind durch das Geräusch .der
Dampfer verscheucht worden. Das einzige
Kulturzcichcn am Tigris bildet der Tele
graph. dcr auf seinem linken Ufer die
Krümmungen des Stromes in gerader
Linie abschneidet. Jm Frühjahr ist das
umliegende Land weit überschwemmt und
die Moslitoplage sehr groß. Doch schon
beginnt das Wasser salzhaltig zu werden
und die Einwirkung von Ebbe und Fluth
des Persischen Golfes macht sich bemerk
bar. Noch wenige Kilometer Fahrt und
bei Gurne, das heißt auf arabisch Win
kcl", fliehen Euphrat und Tigris zusam
men. Die ärmlichen Häuser des Dorfes,
die von weithin sichtbaren Palmen be
schattet werden, drängen sich auf dcr von
den beiden Flüssen gebildeten schmalen
Landzunge. , Hierher verlegt der Bolks-
1 1
I
glaube da alte Paradic und geschäftig
zeigen die Dorfbewohner dein Reisenden
üi awMichfN Baum dcr Erkenntnit
einen Akiilri.baum, der ober seit Esa
Zeiten schon ost erneuert worden ist.
Jetzt nimmt die Landschaft einen der
Luderten Eharakter an. Ueppige Palmen
wälder und reiche Vegetation von bezau
berndek Schönheit bedeckt die Ufer de
Schalt el.Arab. Ein Heller und ein dunk
lcr Strom fließen im Flußbett neben ein
ander dahin; auf dem Ostufer da dunkle,
durchsichtige und külile Wasser de Tigris.
auf dcr Westseite die tMz-lben ?!uth:n
de Euphrat, und noch in BaSra b-'gicbt
man sich mit Vorliebe auf die der Stadt
gegenüber liegende Seite des Stromes,
um dort ka reinere Tigriswasscr zu
schöpfen. Ein bunte Gewimmel von.
Schissen und Kähnen aller Art drängt sich
vor dem Ankegeplat; von Baöra. Ein
inastig. arabische Segelschiffe, die , trotz
ihres gebrechlichen Baue den ganzen per!
fischen Meerbusen befahren und den Tig,
ris big Bagdad, den Euphrat bi Mufcri'
jib hinaufgehen, liegen neben europäische
Secdampfern und Schiffen der türkischen
Strompolizei. Der Schatt.el'Arab ist
von seine? Mündung bis Baöra für di
größten Seedampfcr tief gcnust, nur
müsscn dicse mit Eintrctcn der Fluth ge
schell über die große Mllndungsbarrt hin
weggesteueit werden. Die Stadt BaSra
liegs nicht unmittelbar am Strom, fon
dein etwa eine halbe Stunde davon ent
fernt an einem Kanal, auf dem Dampf
bartasscn und die von den Arabern bevor
zugtcn Gondeln ein ständiges Hin und
Her bilden. DichtcS Palmengebiisch mit
träumerisch geneigten Wipfeln drängt sich
zu beidcn Usern, und die die Stadt durch
ziehenden Seitenkanäle mit ihren Gondel
erinnern unwillkürlich an Venedig. D
Stadt selbst ist freilich weniger schön. Die
Gebäude bestehen größtentheils guS Zie
geln und machen mit Ausnahme der Han,
delSniedeilasfungen und Paläste reicher
Türken einen verfallenen Eindruck. Die
Straßen stoßen sich eng und winklig und
münden nur hin und wieder auf größerh
Platze.
BaSra ist arm an Moscheen und strich,
und von den Prachtbauten auS der Glanz
zeit der S"tol, als sie ein geistiger Mittel
punkt des Islams war und der Dichter
Harrn hier wohnte, ist nichts erhalten.
Nur die BaMre sind groß und hieniuS
kann man auf die Bedeutung Basras olS
Handelsplatz schließen. In ihnen drängen
sich zwischen Arabern und Türken viele,
Perser, Inder und Neger, wie auch Chri '
sten und Juden einen auffallend hohen'
Prozentsatz dcr Bevölkerung ausmachen
Seitdem Basra als Endstation der Bag
dadbahn in Frage kommt, hat eS eine nicht
unbedeutende Wandlung 'erfahren. Im
Westen der Stadt, wo hinter dem dichten
Palmengebllfch bereits die flache, eintönige
Steppe beginnt, ist ein neuer großer Ba
zar entstanden und am Kanal werden
große Lagerhäuser und Handclsnieder
lassungen errichtet.. Der früher fast aus
schließlich in den Händen der Engländer
liegende Handel hat sich erweitert und
auch Deutschland hat. besonders seitdem
seine Interessen durch einen besondere
Konsul wahrgenommen werden, Anihe
daran erlangt. Sanitäre EinrichiungrA
aller Art versuchen Mrä ungesunde Klima
des Schatt-el-Arab zu bekämpfen. Wenn
Basra auch bei weitem noch nicht wieder
die Bedeutung ' erlangt hat, die es im
Mittelaltcr als Haupt dcS Irak Arabi be
saß, darf eZ doch mit seiner heute fchon
wicdcr auf 60,000 Menschen bezifferten
Einwohnerschaft einer neuen Blüthe e?.
gegenschen, die sich nicht zum wenigsten
auf da? deutsche Werk der Bagdadbahn
stützt. , ' .
Fünftausend Juden in Palästina,
die noch ausländische Staatsbürgerschaft
besaßen, haben, wie die Neue Jüdische
Korrespondenz" mittheilt, um ihre Auf
nähme in den türkischen Staatsocrbcmd
nachgesucht. (Es handelt sich offenbar um
Juden russischer und rufsisch-polnischcr
Herkunft.) ,