Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 04, 1915, Image 5

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füll. Der Qkliiikk benat kick. Über Ikn
Kroße
Feldpostbrief von
Uni grauem Nordscrhlmmkl schient!!
die graue Kolonne von Dsiende gemächlich
wtftwärls. Seit der Bcwkung von
Antwttpen nur in kleineren Gefechten rnll
Versprengten und Nachzüglern tl,ätig.
glaubt sie erst jenseit der französischen
Wrnjftein ernste Kämpfe ihrer warten.
Hinten d,im . O. K, und oben bä den
Fliegern, deren einer unk den grauen
Wolken kreist, ist natürlich bekannt, wie
nahe der Feind sieht und schanzt. Doch
die Tnivpe ist sorgenfrei und ahnungslos,
oft sg ahnungslos, das, sie den Ffafl
, der uch von ihr umschlossenen Schilde
feste erst 48 Stunden nach der Ucbergabe
erfuhr! Sie lauscht dem Lang dr deut,
schcn Meere, dem Branden der Wogen
hinter der langen Dünenkette. Si singt,
sie lacht, macht halt und frühstückt gnade
ou der Hand, als ein dumpfer Knall die
schwere, feuchte Luft zerreißt und zu
Häupten ein wohlbekanntes, hohle Pfci
fen klingt. Von rechts, vom 5U!eer her,
schlägt die Granat zur Linken in' weicht
Ackerland. Sin Sticsenkegel von Erde.
Eisen und gelbem Qualm spritzt auf.
Schwere Schiffögeschütze". sagen Muske,
lier und Wkhrinaim die der Krieg längst
zu Sachverständigen I Artilleriesragen
gemacht hat. Eine zweite, dritte und end
lich die zwanzigste oder dreißigste Kra
nate schlägt berstend ein. Ohne Befehl
wird hastiger der Marsch über den drei
im, harten Damm der Noute Noyale. die
im Frieden Badegäste im Auto zum Ten
njäplatj trögt, ö ist nicht mehr fd ge
müthlich wie vorher, ober die Truppe
claubt nicht N baldigen Kampf. Sie
wird von der Straße nach links in'l Land
geschickt und marschirt iiber den von den
englischen Schiffegeschiitzen bestreuen Bo
den. . Doch das Gluck ist ir hold. Sie
k)it keine Verluste zu beklagen. Nur die
Quartiert der kommenden Nacht fallen in
Trümmer, und die Mieten mit Lagerstroh
gehen in Flammen auf. Unter dem Stet
ncnhimmcl schwingt die Kriegsfurie ihre
Brandfackel über Dörfern und Bauern'
Höfen. Belgischer Fleifi von Jahrzehnten
wird durch grausame Gleichgültigkeit des
verbündeten Britannien in Stunden zu
Asche und in den beginnenden Kamps
tagen ein wei's, reiches Land zur Wüste
ner. "
Ungläubig hört die Truppe anderen Ta
geS, bei Nieuport und südlich solle ein
starker Gegner in starker Stellung sieben.
Sie fühlt sich an einen zähen Feind heran,
hat neuem Eisenhaacl aus Geschützen zu
Lande und zu Wasser zu trotzen, ober
bleibt ahnungslos. Wähernd sie daheim
längst von einer Schlacht" bei Nieuport,
bei Fpern und Tizmuidcn lesen, glaubt
sich die Truppe einer feindlichen Nachhut
gegenüber, bis nach vicltögigcm, blutigem
Kampf ein Kriegsweiser in ihren Reihen
noch zweifelnd meint: Hören Sie
mal, die Sache scheint sich zu einer Schlacht
auszuwachsen!"
Wir liegen rnntlefe Zeit vor der ?)scr
im Kampf mit einem wundersam geichiclt
verschanzten Gegner. Bis über die Zahne
eingcgraben, durch Unterstände gkschiM
feuert seine Infanterie durch winzige Lö
cher in Stahlplattcn, wenn der Angreifer
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auch 'nur einen Finger hebt. Seine Ar
tillerie kennt die Entfernung zu allen
Punkten des Angrisfsgeländes, das mit
,inkk Walze glatt gemacht scheint, aber
von breiten Kanälen und Graben durch
schnitten ist. Wer endlich an der Z)scr 30
Meter vom Gegner am anderen Ufer stand,
blickte kopfschüttelnd zurück über das ten
nenflache Land mit der Frage wie in aller
Welt der Angriff Überhaupt bis zum Ufer
vorschreitcn konnte.
Heute sind die Ufer der Zyfer gesäumt
von Holzkreuen, die aufgestützte Hcl.ne
nii tm (flrtltlfH Viia VsUrttt sttcst
UllW llll (lllVltl lMMlllt WIV -WVV
ten für König und Vaterland" tragen.
Damals säumten zwei Reihen gluthheifzer
Gewehre den Wasserlauf zwischen hohe?.
Dämmen. Seine dunklk Fluth trug Zri
sende von todten Fischen, die der Lust,
druck unzähliger im Flufzbet! kcepirender
Granaikn gemordet hatte. Ueber sein sal
ziges Wasser flogen Tod oder Vcrsiiiin
melung, sobald kine Iiase sich über den
Teichkamm hob. Und doch gelang ts
Märkcrn, das jenseitige Ufer zu steifn,
Bon dein schmalen Laufsteg: im Granaten
Hagel geschlagen, breitete sich drüben lang
sam der Fächer der Angreifer aus.
Schritt für Schritt, nein Zoll für Zoll,
ging es vorwärts gegen den Damm der
Bahn voN Nieuport nach Timi.,iden.
Franzose, Englander und Belgier hielten
ihn mit einer bewundernswerthen zähen
Tapferkeit, geboten 'aus dem Wissen, daß
i Niederlage an 'der Küste der Anfang
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0. von Gottberss.'
vom End gar mancher Herrlichkeit sein
wird. Al verpumpte" Brigade zwischen
den tVidrn Divisionen eine Armeekorpi,
eiges,ht, dursten auch wir in vorderster
Linie den Angriff in langen kkznerisch'ki
und blutigen Kampftagen vorwärl tret
g?n. Die Gesechiökagage mit den faid
U1,kI Uicl hinter der i'jfer. V)it faßen
kalt und lag? kalt, den,, i den Schützen
gräten im selten Poldcrland sammellc sich
Wasser. Zu buddeln bra,ttc wir sie
nicht. Der tapfere (Meerner halte sie ge
graben und nach heldischer Vertheidig, irni,
ost gksiillt mit Todten, geräumt, Noch
gri,nm!gr als feine Infanterie verend
die Artillerie zu kämpfen. Den lieben
langen lag ud hi Wacht streute sie
tonnten oder lieft iiber der Angriff,
ftoiit ihre Schrapnell platzen. Wir lic
flfn Blut, und doch fragt nach Stunden so
höllischen Tyeuer der 'Uiensch, erstaunt, wie
e möglich, daß der ftifenonfifl nicht alle
Leben auf der rnfireiitcn Erd ermchhte.
!llir lagen für einen Tag seitlich der
Schuhen im Graben der Chaussee, 'jie der
Trfinb siir Stunden und Stunden mit Ge
schössen belegte. Rechts und links schlug
de Gegner h.'iße ffifenfeiiift so hart und
so nahe in den Boden, daß man das Zit
tern der empörten Erde spürte. Doch wir
leüten durch den lag und durch mchr als
einen nicht minder licifzcn, und ti ist merk
würdig, wie der Mansch sich an einem
Scl,lachtabend des ihm gefefjenkteto Leben
freut. Zu Beainn des Krieges glaubte ich.
e sei der herrliche, heiße Sommer und der
schone Wald Frankreich, -der Mich eine
ung-wobnlc. nie zuvor gekannte Freude
an dcr Natur und fcein All empfinden lie
tVn, wenn Abends die Soiine sank und
später die Sterne so wundersam fröhlich
glitzerten. Aber dazu gesellten sich andere
Freuden: in Wasser gelochte, trockene Sri)'
en oder Erbsen schmeckten wie Kaviar
oder Austern, und als auch in Belgien die
Freude an Ekistenz und Umgebung die
gleiche blieb, ergründeten wir zu zweien
die Frage einmal in ticsstnnia,ein Gespräch,
In stürmisch feuchter, kalter Viwalsnacht
aßen wir Pellkartoffeln und Oelsardiucn.
Stroh gab t'i reichlich. Bis an Hals und
Ellbogen hineingemickclt, fragte ich: Wie
kommt es, daß Sturm und biegen, über
die wir während des Tagis so gründlich
fluchten, jetzt fast mit der Melodie eines
traulichen Schlummerliedes an die Zelt
bahn fchlaam?' Der Nachbar und .Erikas,
weise, ein Vcruf-soldat von derbem Sol
datciiliumor, sah über den Bechr mit nach
deutlichem Schmunzeln auf' unsere .Kar
toffeln: Wir freuen uns. fcnfi wir leren
und auf gekochte Kartoffeln herabblickcn,
statt uns ungekochte von unten anzusehen!"
So schenkt der Krieg dem Menschen dke
intensive Ei)!cnzsreude und lehrt am
Abend der Schlacht, dem Herrgott für daZ
Geschenk des Lebens wie c!n?as Neues und
Unveroientes aus tiefster Seele, ich möchte
sagrn körperlich aus allen P?ren danlen.
Freilich gesellt sich z:,r Freude auch 5lum
wer, obwohl der L?ieq den Schüicrz um
liebe Todte lindert und adelt. Bei einem
Befehlsempfang hebt in der Pause zmi
sehen zwei Zeilen ein Adjutant den Blick
zum Nachbar und sagt mit schlichter, ern-
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Die überschwemmte ZZser nahe Zwmoncapelle.
ster Würde: Mein Bruder ist heute ge
fallen," Dang, schreibt er trockenen Auges
mit sicherer Hand weiter, was diktirt wird.
Auch kürzer als im Frieden 'scheint der
Schmerz um liebe Todte, und von ihrem
Grab in fremder Erde heben sich die
Augen niit Wehmuth, aber auch fast freu
digem Stolz mit dem Gedanken:
i Si'nS nefiiucn. sein! nickt wieder,
tb(t fiel es IftiAlpiib nieder,
ßciifttct' ttmgk iio aurlldl"
Freilich, iic Bravsten an Führern und
Leuten scheinen Immer verloren zu gehen.
Wir standen während des langsamen Vor
gehens gegen die Vser'Nnes .Nachmittags
in einem Dorfe bereit. In einer Gruppe
waren auf der Hauptstraße unsere Nad
fahret, die muntersten, kecksten und unter
nehmungslustigsten Leute des Bataillons
versammelt. Eine große Granate zer
sprengte die Gruppe. Da lag slekbend berJ
junge aktive Unteroffizier, ein lieber,
prächtiger, Feldzugssoldat. Mit schweren
Wunden im Bauch röchelten drei ältere
Leute und dem Barbier der Ttuppe wat
ein Bein zerschlagen. Herrlich aber, wie
deutsche Solvaken zu sterben und ohne
Klage zu bluten verstehen. Ein Offizier
bemüht sich als erster um. die Verletzten.
Der junge Unteroffizier schüttelt den Kopf
und winkt: Für mich kommt Hilfe zu
spät!" Zwei von den Schwerverwundeten
lassen sich helfen. Da meint ein Dritter
vorwurfsvoll: Aber Herr Leutnant!"
denn er glaubl, das) er vergessen werden
Slaiui ich ttwa jüt Sie thun, mein gu k
Irr lir.iiiff 'II) . I" "i i,tt Vn(.
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rnitit! Zai Kreuz zu verdienen habe ich
nun dschtciiik ttelkgeiiheit mehr. Wenn
ei mir nachgeschickt werben konnte!" ,Sl
lin Sie lun, M., ich verspreche t Jh
nen!" Tot Lächeln, da in, Gedanken an
da Kreuz von Eisen sein Gesicht der
klarte, ist sein 1,-fete gewesen. Der nächste
prefzle seine Hand in Schmerzen um die
de Ossizicr. wahrend der Assistenzarzt
ihn verbindet, Er lacht, erst schwach, ge
duldig. freundlich, aber prcsjt die Zähne in
?chmrkz jusziiin.ea. I, der jizier
verjucht. ihm zuzusprechen and meint: ,E
ist immer noch bester f. ol wenn die an
deren in unser Land, zu meiner Frau und
den beiden kleinen Mädchen kämen.'! Gott
Dank dasiir, das, er Frau und Kinder
wiedersehen wird! Pfiffig war der Bar
bicr. .Hier U' mer zu heiß," sagte er,
als er verlunden war. stieg aus sein Rad
und fuhr mit einem Bein zum Hauptver
baucplag rückwärts. Es war auch Zeit
gewesen, denn nun schlug wieder eine Gra
nate ein und löschte das Leben dreier eben
Berbuiidkiier aus. Aber ein Hcld waltete
auf dem Verbandplatz in Person des blut
i'mgen Arzte t!ne Berliner Krankenhau.
scS. feines Amtes. Er schleppte seine Bei.
wundelen in einen Keller. Oben krachte
das Eisen, und die Mauern stürzten, aber
seine Hand blieb stetig und sein Auge
klar, während er bei trübem Lampenlicht
die Verwundeten pflegte.
Wir hatten nach stundenlanger Veschie
siung des windigen Torfe einen Verlust
von etwa vierzig Todten und Verwunde,
teil zu beklagen, ewif; ein schmerzlicher,
schwerer, aber auch gering im Verhältnis
zur ungeheuren Masse verschleuderten
Eisens. Darum darf daheim Louife auch
beute noch zuversichtlich sagen: .Eine jede
Kugel trifft noch lange nicht ihren Mann!"
Doch zurück in die mählich vorschreitcn
den Siidengräben. auö denen wir lang,
sam gegen den Damm der Bahn Nieu
Port Tixinuiden Boden gewannen.
Brennpunkt des Kamofes wurde da
Torf ti'ervysk, an der Chaussee nach Tur
nes. Wir lagen mit den linken Ellbogen
an dieser Straszc und wurden Zeugen des
heldenmiithigcn Ringens um den Ort.
Jmn'.er und immer wieder drangen
märtische Bataillone in die ersten Häuser
und im, ner. immer wieder überwältigte sie
der Eifenhagkl des Gegners. Ein däm
mernder Morgen dieses Hin und Her,
wog'ns vieler Tagt hat sich mir namet
lich eing.'prägt. Hart links der Sttafze
steht ein einzelnes Haus und ein Stroh
schöbet dahinter. Das Haus ist von Gra
raten zertrümmert und täglich gar oft die
Zielscheibe feindlicher Artillerie, denn sie
weis; durch ihre Flieger, daß zwischen
HauS und Strohschober seit Beginn des
Ningeüs ein Gcneral mit seinem Brigade
stab steht. Es ist nebelig und doch nicht
taghell, also haben sich dort Offiziere der
umliegenden Truppen zur Besprechung zu
sammengcsunden. Sie liegen, ohne die
Möglichkeit, ihre Kleider zu wechseln, seit
nun zckn Tagen im nassen Schlamm bei
kaltem Essen und sind rhnc Schutz gegen
die Nässe von oben wie unten, aber zwei
Bekannte begegnen einander. Ein Major
fa,t den anderen um die Schulter und er
zählt, so sckiöne, so herrliche drei Monate
Mt es noch nicht erlebt. Dazu lachen die
Angm so frisch und so froh, daß man
ri, wie wahr ihm die Worte aus tief
ster Seele kommen.
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Dann kommt ein Adjutant und hebt
vor dem General die Hand: Leutnant v.
X. meldet Bataillon zten Regiments zur
Verfügung der zten Brigade im Anmarsch;
Führer Oberleutnant H.. Gefechtsstärke
Mann!" Das ist nicht viel." sagt
kopfschüttelnd der General. Nein." be
stäiigt der Leutnant, wir haben gestern
den Major, drei Kompagniesührcr und
. . . . Mann verloren, aber sind frisch und
munter und hoffen Verwendung zu sin
den!" Der General dickte freundlich aber
ernst: Daß Sie vorwärts mochten, glaube
ich Ihnen, lieber Herr v. aber ich
sürchte, es geht nicht mehr!"
Und es ging nicht mehr! Im Gefühl,
das; dem Angriff unserer Infanterie auf
die Dauer doch nicht zu widerstehen sei,
hatte der Gegner (wie wir sagten) die
Wasserleitung angedreht und das Polder
land im Bogen der Aper überschwemmt.
Aus den Schützengräben flog zunächst
rechts der Straße die Meldung zurück, es
ginge nicht mehr, weil das Wasser bis zu
den Hüften reiche. ' Von einer Division
kam notabene die gut preußische Antwort:
Wasser bis an die Hüften ist kein Grund,
um eine so wichtige Stellung zu räumen."
Doch es drohte big an die Kehlen zu stei
gen. Da wurde der mit viel Blut erstrit
tene Boden geräumt. Vortiuppen freilich
behaupteten sich jenseits der Aper, und
heute mufz der Gegner begriffen haben,
dasz er durch 'die Üeberfchwemmung sich
namentlich Schaden that.
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Der Ssnlaus
Von Carl A.
Zum trstenmal aus festländischem Boden
wird in diesem gewalligen Bvlkerringen
der Ski al ein Kricgils!mittel zur An
Wendung kommen. Ja, zur Stunde, da
dieser Artikel erscheint, ist der Krieg auf
Skiern Vielleicht f.!, im Gange, den
nach einer Mittheilung von Dr. Holl, dein
Vorsitzenden de Teutschen Skivcrbandes,
der al BataillonSadjulant in den Aogesen
sieht, find französische Soldaten schon
Ende Oktober aus dem Vogesenkamm mit
liiern erschienen, und die schweizerische
GrenzbewachungSarmee hat ihre Ski
Patrouillen zum Dienst im schneereichen
Jura herangeholt. In Banern, in Oester
reich, in Ungarn, in der Schweiz, ja selbst
in England sind Ausrufe zur Bildnng
freiwilliger Skiläuserlorpi erschienen. Die
Engländer, um sie gleich vorweg zu neh
wen, haben wir gewiß nicht zu fürchten,
denn erstens sind sie im Skilaus nach den
Aussagen ihrer eigenen Auioritätcn fkan
Kalos schlecht , und zweitens versugt die
französische Armee über so viel gute, tüch
tigc Sliläufcr. dafz sie für den Winter
feldzug in den Vogefen sicherlich englische
Hilfe nicht nothwendig hat.
Der MilitäSkilauf hat in der Kriegs
gefchichte Skandinaviens feit Jahrhundert
ten eine wichtige und 'vielfach auch eni
scheidende Rolle gespielt. Zum letzten
Male war das 'im Winter 180809 in der
Sckilacht von Trangen. Das deutsche Heer
beschäftigt sich seit etwa 25 Jahren mit
ihm; über Skisoldaten verfügen auch die
österreichische, die italienische, die schweize
lischt die französische und die russische
Armee.
Zur Stunde sind uns vor allem die
Rüstungen unserer Gegner wissenswerth.
Ueber den Skilauf in der französischen
Armee reden die nachfolgenden, knapp zu
fammengefaßten Angaben eine beredte
Sprache, ' Sie entstammen vorliegenden
authentischen Quellen, vor allem den Be
richten der mit dem französischen Militär
Skilaus besonders vertrauten Offiziere.
Im. Jahre 1ö02 führte Frankreich den
Militärfkilaus offiziell' ein, und schon im
nächsten Jahre wurde das kleine Städtchen
Briancon in.den Westalpen Ski-Garnison
und erhielt bis sog. L'ecole normal de
aki". In Briancon und später in Pau
Cauterets in den Pyrenäen und in Gerard
mer In den Vogefen sind durch norwcgi
sche und im norwegischen Skilauf geschulte
französische Offiziere Vertreter fämmt
lichcr französischer Gebirgsgarnifonen in
großer Zahl im Skilauf ausgebildet wor
den. vor allem die Bataillone der Ehaf
feurs alpins, deren Grenzposten In den
Weftalpen dienstlich ein ganzes halbe Jahr
skilausen müssen. Ganz besonders geübt
und vorzüglich ausgerüstet sind starke
Truppen und Kommandos des 5.. 10.,
11., 12.. 13.. 14.. 22.. 28. und 30. Ba
taillonS der Chasseurs alpins und deS 16..
18.. 23., 35., 44., 109, 139., 152. (in
Gcrardmer in den Vogefen). 157.. 158.
und 159. Jnf.Negmt. Auch das erste
Gcbirgsariillerie-Negiment In Grenoble
und Briancon verfügt, über ein starkes
S.kikommando.
Wiederholt übten auf Einladung des
französischen KriegsministeriumS nor
wegifche, schwedische und italienische Mlli
tärmannfchaf ten wochenlang mit den Chaf
seurS alpins zusammen.
Für die Kämpfe In den Vogefen Ist von
besonderer Bedeutung, daß die jugendliche
Gebirgsbevölkerung der Vogefen durch
französische Offiziere zu Ski-FranktireurS
regelrecht herangebildet wurde. ES ist fei
nene.it für diese - tadellos ausgebildete
nd ausgerüstete Skiläufcrarmee zur Ver
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Skilciuffr tu weis! llittfurrn. , P-J " . . j
im Kriege.
Suther.
thcidigung de dalerlä'ndischrn Bodens' kn
Frankreich gesammelt worden. Bezelch
nendeiweise betheiligten sich an dieser
Sammlung uch der Skiclub MUHlhausen
und fein Präsident Spießer, worüber die
veröffentlichte Tankfagnng vorliegt.
Ueber den russischen MiliiärSkilauf
sind wir mit bestimmten Angaben etwas
dürftiger versehen, Womit aber nicht gk
sagt ist. dafz die Russen diese Spczial
gebiet ktiva vernachlässigt haben. Zm
Gegentheil! Ein Land, da In seinen nörd
lichen Gebieten den Ski als tin volkö
thümliche Verkehrsmittel kennt. . da
monatelang In tiefem Schnee begraben
liegt, muh Skilaufertruppen haben. Bei
den alljährlich stattfindenden Wintermanö
vern der Russen treten sie in Aktion.
Schon vor mehr als 2" Jahren gab es in
Rußland skilaufende Kompagnien, die 0
genannten Iagdkommandos der russischen
Regimenter sind im Skilauf und im
Feuergefecht auf Skiern geübt. Im Jahre
1801 unternahmen z. B. die Jagdkom
mandos der 2. Infanteriedivision t
den Gouvernements Saratom, Samara
und Pensa große Streisziigc, bei denen sie
trotz ungünstigen Wetters und schlechter
stink Pitriuille ans dem Marsch.
i ..r sj ccitcrcichiichc Stt-Abtheilung.
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K''';5.i'';'CliP0',, l I
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Transport eines Verwundeten auf zwei Skiern.
Schncwerhältnisse in 10 Tagen 697 Kilo- j
meter zurücklegten. Vor 25 Jahren schon
warm im Militärbezirk Wilna Militär
Wettläufe zur Anregung der Mannfchaf
ten üblich. Die Wintermanöver des Iah
res 189293 d Petersburger Garnison
und anderer Truppentheile bewiesen schon
die Ueberlegenheit dn Skiläufer. Die
Truppen des Militärbezirks Petersburg
bilden sogar Kavalleristen als Skiläufer
aus, um sie als Skikjöringfahrer zu ver
wenden. Das Skikjöring, das Skifahren
hinterm Pferd, haben die norwegische und
schwedische Armee zur raschen Borführung
von Jnfanterieverstärkungen über harten
Schnee oder fcstgefrprene Straßen befon
ders ausgebildet, und die Russen haben
diese Vnwendungsart des Skiläufer
übernommen. Im besonderen gegen
Schweden, daS über starke, wohlausgebil
bete SkiBataillone verfügt, haben sich die
Russen In Finnland oben gut gerüstet.
Von den sinnischen Schühenbatailloncn
stehen ganze Kompagnien auf Skiern.
Als einen Beweis der Leistungsfähig
keit russischer Skisoldaten erwähnen wir
zum Schluß den im Winter 191314
durchgeführten Marsch einer 27 Mann
starken Abtheilung des Petersburger Js.
meilowGarde-Regiments über 1000 Kilo
meter in 23 Tagen. Von Archangelsk lief
diese Abtheilung in voller Militäraus.
rüstung In Tagesmärschen von 150 bis 60
Werst nach Petersburg.
Im Winkcrfeldzuz gn, Rußland dürf
ten unsere Erachten CkiUinfec in der
kritische Zeit von großem Werth sein,
wo die Russen Ihren ganzen Wagenpark
einen Schliltenparr verwandeln. Sie kön.
nen da ol wintergeübte Truppen mit
Selbstverständlichkeit thun, wir unsereiner
da Hemd wechselt, wogegen die Umwand
lung unsere Wagenparks In einen
Schlittenpark jiveisellol mit großen
Schwierigkeiten zu rechnen hat. In dieser
kritischen Zeit gerade dürfte der Skiläufer
im Borposteiidienst von großem Werthe
sein.
Kinter der srauzöflschen Front
Nach mancherlei Berichten herrscht dort
teilweise unsaabare Elend, da! oben
drein ton den Franzosen selbst verursacht
worden ist. Ein holländischer Mitarbei
in des Tag" beliebtet folgendes aus den
Erzählungen geflüchtet Einwohner von
Albert, die jetzt nach vielen Mühen hollän
bischen Boden erreicht hakn:
jn Albert verbrannten 1200 Menschen;
beim trsten 7lngriff deS StädtckienS gin
gen etwa 200 Häuser und mehrere Ge
höfte in Flammen auf. Vier Spinne
reien. die über M00 Menschen beschäftig
ten, wurden in Grund, und Boden ge
schössen. Und dai alle haben die Fran
zosen gethan!" rief der zum Bettler ge
wordene Familienvater aus; er verhehlt
nicht, daß von den französischen Soldaten
keine Rücksicht aus Privateigenthum ge
nommen wird. Es gibt keine Requisi
tionsbons, kein Bargeld. Sie führen das
Vich aus den Ställen, holen aus den
Kellern, was zu holen ist. Verlangt man
eine Entschädigung, so wird entweder auf
den Offizier, der bezahlen soll", gewie
fen (der Offizier bezahlt aber nichts),
oder es heißt, die Lebensmittel müßten
fortgeschafft werden, damit den Deutschen
nichts Genießbares in die Hände fällt.
Das Elend der gänzlich ausgeplünderten
Menschen Ist unsagbar. Sie leben von
den Abfällen der Feldküchen, von Hunden
und Katzen. Händler, die mit den ge
wisscnlosen Soldaten unter einer Decke
stecken, verkaufen Pferdeleichen an die noch
vorhandenen Bewohner der verwüsteten
Gegend. ' Viele folgen' den Truppen, um
nickt ganz zu verhungern.
Hinter der Schlachtlinie herrschen ab
fcheuliche Zustände. Ein verwahrlostes
Räubervolk umschleicht die Vcrpflegungs
kolonncn und Sanitätszüge. Es wird
straflos gemordet. Ich selbst hab ge-
sehen, wie ein franzo ischer Sergeant eine
Frau erwürgte, weil sie seiner! Wünschen
nicht nachgeben wollte," erzählte mir der
Mann, der bei der Schilderung seiner
Erlebnisse von Grauen geschüttelt wird.
Die Zahl der Soldaten-Apachen ist er
schreckend groß. Kein Minister verirrt
sich In dgs Gebiet. Vielleicht weiß man
nicht einmal, daß 24 Dörfer vom Erd
üoden gänzlich verschwunden sind. Der
Flüchtling theilt mir noch mit, deifz kurz
vor seinein Auig aus Albert Csi meu
ternde französische Soldaten kriegSrech!
lich rs hassen wurden; bei Blberi rxr
brannten die Franzosen haufenioeis Ihr
Todten, weil k n!,!,t möglich war, Mas
fengräder auszuwerfen.
t Milhelm billors.
Am 28. November starb in Münster In
Westfalen im 'A. Lebensjahre der Senior
der deutschen PbnliOr, jr-Nrn ""'";-!
Hitlors, der dtei Generationen phijsilali.
scher Entwicklung felbstschöpserisch mit
durchlebt hat. Im großen Publikum ist
es wenii bekannt, daß ein uSgedehnIrs
Gebiet der Physik, welche grade in den
letzte Jahrzehnten besonder ausgebaut
ist, auf ihn zurückgeht. Seit d,r Entdeck
ung Röntgen und der daran anschließen
den. Entwicklung ist der Begriff der Ka
thodenstrahlung zu einem sehr populären
geworden. Kn früheren Jahren kannte
man nur die Geislcrschen piökren, Glas
röhren in den verschiedensten fformen, in
denen sich verdünnt Lust oder andere
Gase In verdünntem Zustande befinden, die
unter dem Einfluß elektrischer EnUadun
gen prächtige Lichlwirkungen geben. Da
Studium dieser Erscheinung' gehl auf
Hittorf zurück. Schon im Jahr lH(i,
bald noch der Entdeckung der Speltralana,
lnsc, konnte er in Gemeinschaft mit
Plücker nachweisen, daß ein und derselbe, ,
Stoff unter gewissen Umständen verfchie
dene Spekkra besitzt. Im Jahre 1SC9
begann Hittork seine ausgedehnten Unter
suchijngen über die Vorgänge in verdünn
ten Gasen unter dem Einfluß elelirischex
Entladungen, die ihn zu einer Reihe neuer
und scköner Entdeckungen führten. Diese
Versuche, die bald darauf von dem Eng
länder Erookes ausgenommen wurden, ver
anlaßikr damals die Annahme eines be
sonderen neuen Zustandes der Materie, die
sogenannte straklende Materie. Fast
ämmtliche Erscheinungen, dir Erookes in
den siebziger Jahren unter diesem Namen
zusammenfaßte, sind bereits von Hiltorf
beobachtet und beschrieben worden. Hit
torf ist auch der erst gewesen, der bei
seinen Untersuchungen über die Entla
dungzerscheinungen die Verdünnung der
Gase so weit getrieben hat, daß Katboden
strahlen entstanden; er hat die Kathoden
strahlen zuerst beobachtet und beschrieben.
Wie fruchtbar gerade diese Seite der Thä
tigkeit Hittorfs gewesen ist, braucht man
in unserer Zeit, in der die Strablungser
scheinungen (Kathodenstrablen, Röntgen
strahlen, Uranstrahlen, Radinmstrahlen)
eine sg große Bedeutung gewonnen haberr,
nicht erst hervorzuheben.
. Nicht minder wertbvoll und folgereich
waren die Untersuchungen Hittorfs auf
dem Gebiet d?r Elektrolyse, die er bereits
im Jahre 1853 begann und fast bis zu
Beginn unseres Jahrhunderts fortführte.
Er knüpfte an die Untersuchungen des ge
nialen Faraday übn die Zersetzung von
Flüssigkeiten durch den elektrischen Strom
an, die stets in der Weise geschieht, daß
die Zerfetzungsprvduktc nicht innnerhalb
der ganzen Flüssigleitsstreckc, durch die der
Strom geht, austreten, sondern nur an
den beiden Stellen, wo die s cetall (die
Elektroden) in die Flüssigkeit eintauchen,
wo also der elektrische Strom in die Fliis
sigkeit eintritt und aus iqr austritt. Die
Zersetzungsprodukte oder Ionen, die an
den Elektroden aufsteigen, sid Lerschled
Die beiden Elektroden spielen also nicht
dieselbe Rolle, die Vorgänge an ihnen
müssen besonders unterschieden und durch
forscht werden. Es findet gewissermaßen
in der Flüssigkeit ein Wandern der einzel
nen Ionen nach diesen Ein- und Aus
trittsstellen (nach der Anode respektive
Kathode) statt. Die Schnelligkeit dies
Wanderns hat Hittorf bereits gemessen.
n feiner grundlegenden Abhandlung
Ueber die Wanderung der Ionen wäb
rend der Elektrolyse" sind diese Forschn
gen zusammengefaßt, die grundlegend ge
worden sind für einen ganz neuen und in
den letzten dreißig Jahren besonders auss.e
bauten Zweig dcr Wissenschaft, nämlich
der sogenannten physikalischen Chemie.
Acufzerltch verlief das Leben HittorfS
ziemlich einfach.. Er wurde am 27. März
1824 in Bonn geboren. Nach vollndetem
Studium ließ er sich 1846 in feiner Vater
stadt als Privatdozent nieder, wurde aber
bereits im Jahre 1852 an die Akademie,
die spätere Universität in Münster berufen,
wo er die Professur für- Chemie und
Physik erhielt. An dieser statte wirkte
et bis an sein Lebensende. Auch als er
Miite der neunziger Jahre vom Lehramt
zurücktrat, verlegte er seinen Aiifenthalts.
ort nicht von Münster und blieb noeh eine
Reihe von Jahren wisscnfchaktlich thäiig.
So veröffentlichte er noch 1398 Untersu
chiinen über das elektromotorische Verhak?
ten des Chroms und über die Passivität
des Eisens. Zahlreiche Ehrungen wurden
ibm zu Theil; die Stadt Münster ernannt
ihn zum Ehrenbürger. Eine große Freude
erlebte er vor zwei Jabren, al? die Ver
sammlung deutscher Naturforscher und
Aerzte in Münster tagte. Die bkMali
sche Abtheilung bereitete ihm eine bseon
der Ovation, an der auch ausländische
Gelehrte, die diese älteste und angesebens!e
wissenfchaftliebe Versammlung Deutsch
landS 'regelmäßig besuchen, gern thcilnah
inen.
es