Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, December 15, 1914, Image 3

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1
tJnliifjf Dmafia Tri52i Tienötag, dkg 13. Dezember 1911.
.
B !!!
N !
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j t
li I
Der Fall
(JUiminalrcmisln von Tavid Chrislie Murron.)
(
ce-
(13. Fortsetzung.) .
.O Ja, mein Freund, du wir
nrnien, und zimir nmt tu nuiu
ordentlich lana.e waren. Tu bedrohst
mich einsäet) und denkst, du konntest
wir VMnoft kiN!'"n. H ist t v'ch
Tu nmiiictfl mich nur. Laufe, mein
Freund, (strenge nur deine Bein
chen ein wenig an und sich zu, wie
du mich London zuruckkoiiimjl!
.l'ifii! yanle! Ich kann ge
jährlich sein. l'mids sank'!"
, Xu? Geiährlich? ctannülf!"
Die Lauscher Körten einen bump
fen Schlag und einen Zchwecen Fall,
und ein surchlerlichkr schrei gellte in
den Abend hinein, 'Noch zwei duinpse
Echläae drei vier. . . . Und
rasch davieilendk Schritte.
M' sort!" schrie Truscott sei.
rer Frau zu. Laus ins fyni zu
rück. Hilse! Mörder!! Hilfe!!!""
Glimmen wurden laut, Menschen
eilten aus allen Dichtungen herbe,,
die Tienliboten stürmten auS de,n
Haus. Truscott rannte auS Leibe-
alten ouich oen Pari ocr jor;c
ZU und au die Strafte. E8 war
Vollmond und die Maiennacht säst
tageshell.
Miüen aus der Landstrahe lag der
Körper eines Manne mit weit aus.
, gebreiteten Armen. Tie Augen starr-
ten gl gen Himmel. In wenigen
Minuten waren fast alle Einwohner
X des Törschens zur Stel'e; Bauern,
t Gärtner, Dienstboten, Arbeiter, der
K Pfarrer, der Toktor.
.Alles vorüber", sagte der Arzt
nach kurzer Untersuchung. , Der
Mann ist tot.'
Tie Reiche wurde nach dem Wirts
Hause des Törschens getragen. Ter
Ermordete war ein unierseyter, kräf
tiger Mann in mittleren fahren, gu:
gekleidet. In seiner Westentasch
land man eine goldene Uhr, an de:
noch einige Glieder einer goldenen
Kette baumelten. Tie Kette selbst
hatte der Mörder weggerissen. Das
Portefeuille des Toten, das neb?a
ihm auf der Landstraße gelegen hatt,
war geleert worden. ' In den Hosen
laschen fanden sich einige Cilberstück,'.
Toch kein Brief, keine Legitimation,
kein beschriebener Feigen Papier wmd.
an dem Toten gesunden, und eS wai
borläufig unmöglich, seine Person zu
identifizieren.
Ter Polizeiwachtmeistcr des Ortes
Ajbegann die Untersuchung sofort
Truscolt sagte aus, daß er streitend
(Stimmen gehört, aber das rasch ge
fprcchene Französisch nur zum g:
lingste Teil verstanden hätte, da
es Pariser, Jargon gewesen wäre
Beide Männer, der Ermordete und
der Mörder. , seien-zweifellos Iran
zosen gewesen. Er schilderte, was er
von-bem Gespräch verstanden hatte.
Die Polizei der Nachbardörferuns
Ccotland Aard in London wurden
telephonisch verständigt. Männer mit
Laternen und Hunden an der Lein:
suchten die Gegend ab. Die Eisen
bahr.stionen der Umgebung wurden
verständigt, und man paßte dort
' scharf auf. Tie ganze Nacht hin
durch dauerte die Suche, die jedoch
, nicht das geringste Resultat bracht?.
Ter Hergang war der folgende ge
Wesen: Ter Ermordete hatte ein
Fahrrad zu seinem Besuch im Themse
dörfchen benutzt, und es eben vor sich
her den steilen Hügel bei Manor
) V Wantage hinaufgeschoben, als de?
Mayn ihm gefolgt war. Wahrenö
des erregten Gesprächs hatte er das
Fahrrad gegen einen Meilenstein ge
lehnt. Als der Mord begangen war
durch Stiche mit einem Dolch in
Herz und Lungen hatte der Mör
der die Leiche ausgeraubt und sich auf
daS Fahrrad geschwungen, als
Truscott um Hilfe jchrie und Men
scheu herbeieilten. In wahnsinnigem
Tempo war er den steilen Hügel
hinabgerast. Auf dem Kies der frisch
aufgeschütteten Straße hinterließ das
Nad keine Spuren.
Bis in den grauen Morgen hin
ein fuhr der Mörder aufs Gerat?
wohl weiter und war fünfzig Meilen
von der Szene des Mordes entfernt,
. als er Halt machte. Er sah sich um.
Zu seiner Nechtm lagen die zerstreu,
ten Häuser eines kleinen Dörfchen!
und zu seiner Linken, ganz in der
Näh der Straße, ein .' Pferdeteich,
schlammig, völlig überwachsen mit
grünlichem Unkraut. Kein Mensch
oar zu sehen. -Der Mann wischte
sich den Schweiß von der Stirne,
stand nachdenklich da und stürzte
dann mit raschem Entschluß daS
Fahrrad in den Teich.
.So ist es am besten," murmelte
kr. Das Nad könnte gefährlich
werden." , Dann warf er nach einigem
?,üqern auch die goldene Kette in den
V Teich. Sicher ist, sicher!" ,
l 1 Dann zählte er die Banknoten.
Dreihundert und etliche Pfund",
h Vtifhrt tr nor sick bin. ..Das dürste
1 ' L. ' . "
genügen, wem streunv epmklier.
um dir vorläufig auf die Beine zu
helfen hm ja und für die
Zukunft werde ich mich ,als Erbe
Grimauds betrachten und mich von
einem gewissen bornehmen Herrn er
nähren lassend
Brilliglvhil.
u
5
' Zu Fuß schritt er weiter und sah
sich dabei sorgfältig nach Wegweisern
um, denn er hatte keine Ahnung, wg
er war. Endlich kam er zu einer
kleineren, seitwärts führenden Land,
straße und buchstabierte cni einem
verwitterten Wegweiser bnl Wort
Xaver heraus.
.Dober?" brummte er. .Nun.
weshalb denn nicht!"
Er zündete sich seine Pfeife an und
chritt vorwärts. Als es hell wurde,
sah er prüfend an sich hinab. Der
Mann trug einen einfachen grauen
Anzug und sah auS wie ein Arbeiter
der besseren Klasse.
.Ich bin hungrig." lächelte er vor
sich hin. .Aber eS ist durchaus nicfcl
angenehm, hungrig zu sein, wenn
man vreiyunvert Pfund in der Tasche
hat. Man wird in etwa zwei Stun.
den in Tover sein, mein Freund Le
pelletier. Man wird sich dort mit
einiger Borsicht als Gentleman auS
staffieren. Und dann nach London!
Für unsere. Zukunft, wird ein ge.
wisscr Herr Brangw.M sorgen. Welch
angenehmer Gedanke'!" . . .
Tie Leiche dcS Ermordeten wae
cm Sonntag schon nach London ge
schasst und sofort durch daS photZ.
graphische Bureau der Kriminalpo.
lizei photographiert worden. Ehe die
Äervleisaltigungkn des Bildes an die
Plakatdruckcrei und die Zeitungen
weitergegeben wurden, sahen sich am
Montagmorgen die Sergeanten und
Detektivs von Scotland Fard die
Avzuge im Journnlzlmmer. an. wie
das üblich war. Sergeant Holt war
einet der ersten. Kaum hatte er
einen Blick auf das Bild des Toten
geworfen, als er überrascht einen
Schritt zurücktrat. Noch einmal sah
er nch vie Photographie an.
.Grimaud!" murmelte er. .Es
ist zweifellos Grimaud!"
Wie ein Schleier siel es ihm von
oen Augen. Er erinnerte sich
(sein Personengedächtnis war so vor
züglich, wie fein Gedächtnis für Na
men) sofort an jene Szene in der
Agar-AIlee. an das schäbige Jndivi
cuum, an Billerns Verdacht.
.Endlich!" flüsterte Holt.
Er ging in sein Tienstzimmer und
dachte angestrengt nach, um die Trag
weite der Meldung genau zu iiberle.
gen. die er seinem Chef zu erstatten
hatte. Ter Mord, der Mörder kilm.
merten ihn augenblicklich wenig. AuS
der ganzen Situation leuchtete für
ihn nur scharf und klar die Tatsach:
hervor, daß Grimaud in der Nähe
von Manor Wantage ermordet wor
den war! In der Nähe der Billa
von Aloysius Brangwyn! Damit war
ihm der Beweis gegeben, der alle
inderen Beweise ergänzte und der
stärkte der Beweis, daß Grimaud
mit Aloystus Brangwhn in Verbin
dung gestanden hatte, denn wen sonst
hätte er aufsuchen sollen in jenem
Themfedörschen! Die Bruchteile der
Unterhaltung zwischen Grimaud und
seinem Mörder, die Truscott in sei
ner Aussage hatte wiedergeben kön
nen und die Holt, wie jedem anderen
Detektiv der Zentrale bekannt waren,
wiesen doch auf ganz bestimmte Tat
sachen hin! Holt überlegte:
Grimaud war in Streit geraten
mit einem Individuum, das Geld
von ihm verlangte, und zwar unter
der Vorgabe. Mitwisser eines Ge
heimnisscs zu sein.
Dieses Geheimnis brachte Grimaud
Geld ein!
Billery schon hatte den Verdacht
geäußert, daß Grimaud im, Fall
Vrangwyn auf Erpressung ausginge!
Es konnte sich also nur um Aloy
stus Brangwyn handeln!
Soweit war Holt in seinem Ge
dankengang gekommen, als der Zu
fall ihm zu Hife kam. ES klopfte
.Herein!" rief der Sergeant.
Es war Nibot, der eintrat, in
enganliegendem Gehrock, eine Blum?
im Knopfloch, in Lackstiefeln der
elegante Pariser wie immer.
.Hallo, Rissot und was führt
Sie nach London, Geschäft oder Ber.
gnügen?"
Geschäft, natürlich," lächelte der
französische Detektiv. .Ein unge
wohnlich interessantes Geschäft. Ich
habe zwar meinen Mann so gut wie
sicher, aber es handelt sich darum,
durch einige Schläue ihm noch vor
feiner Verhaftung verschiedene wich
tige Dinge zu entlocken. Später wird
kein Wort auS ihm herauszubekommen
sein Die Sache eilt. Würden Sie
mir gestatten,, Monsieur Holt, mich
bei Ihnen umzuziehen?"
Natürlich. Um waS handelt eS
sich denn?" -
Um einen alten Verbrecher. Mör
der. Gestern traf bei uns in Paris
die telegraphische Meldung eines UN'
serer Londoner Unteragenten ein, daß
er nach der ihm vor einiger Zeit zm
gesandten Photographie zufällig ans
der Straße ein Individuum erkannt
habe, das aus Cayenne entflohen ist.
Der Mann war wegen eines Morde?
zu lebenslänglicher Deportation und
Zwangsarbeit verurteilt worden. Er
entfloh, nachdem er einen Wärter und
den on ihn angeketteten Milstraflinz
ermordet hatte."
Holt pfisf durch die Zähne. .Groß?
Sache!"
.O ja. Mein Mann wird über,
wacht. Ich will versuchen, an ihn
heranzukommen ei, dien, interes.
sante Arbeit, wie gesagt. Was ha
den Sie denn da?" .
Ter französische Detektiv ahm den
photographischen Abzug vom Schreib
tisch deS Sergeanten und sah ihn sich
genau an.
.Wer ist denn daS. Monsieur
Holt? Xu Gesicht kommt mir sehr
bekannt vor."
Holt erklärte.
.Grimaud, he?" rief der franz'ösi.
sch Detektiv, und in. seinen Augen
leuchtete eS auf. .Fall Brangwyn
he? Jawohl, ich erinnere mich ganz
genau. Eh, ei geht doch nichts über
ein guteS Gedächtnis! Holt, ich glaube
in der Lage zu sein, mich für manches
Entgegenkommen und diele Lieben!
Würdigkeiten von Ihrer Seite zu re
vanchieren. Was ich Ihnen legt sage,
beruht vorläufig noch auf Kombina
tion, hat aber außerordentlich viel
Wahrscheinlichkeit für slch. Ich möch.
te nämlich fast glauben, daß mein
guter Lepelletier (so heißt meinMann)
Ihren guten Grimaud umgebracht
hat. Tenez ' donc Freund G?i
maud war vor etlichen vier oder fünf
Jahren eines NaubeS wegen zu drei
jähriger Zwangsarbeit in Echenne
verurteilt worden und hat die Strafe
abgebüßt".
.Was?" schrie der Tetektivser.
geant.
.Ich nehme nun an nom d'un
pötard, wie einfach die komplicierte.
sien Fälle sich doch oft lösen daß
Freund Gnmnud in Cayenne meinen
Freund Lepelletier kennen lernte
(kennen lernte ist gut, he, Sergeant)
und so klug war, darüber zu plau
dern, daß er über Ihren guten
Brangwyn ' allerlei wisse. Monsieur
Lepelletier nun erinnerte sich daran,
als er in London (ich möchte nur
wissen, wie mein Freund Lepelletier
eS angestellt hat, London zu erreichen
alS Kohlenarbeiier auf einem eng
lischen Schiff wahrscheinlich oder so
was ), erinnerte sich also on diese
kleine Geschichte, als er Grimaud zu
seiner wahrscheinlich sehr angenehmen
Ueberraschung in London traf und
kam prompt auf die Idee, Grimaud
zu zwingen, den Raub mit ihm zu
teilen. Na, und das andere haben ja
Sie selbst mir erzählt!"
.Mann! Glauben Sie wir!
Iich?"
.Tut tut eine Kombination,
für deren Richtigkeit wir vorläufig
noch voraussetzen müssen, däß Ihr
Monsieur Brangwyn wirklich ein
Mörder ist, und daß Grimaud es
wußte und so weiter und so weiter.
Bezeichnend ,st jedoch immerhin, daß
Grimaud und Lepelletier zur gleichen
Zeit Sträflinge in Cayenne waren,
Nun verpfuschen Sie mir meine klei
nen Plänchen nicht. Holt. Für den
Mann garantiere ich Ihnen. Ich wer.
de sogar in meinem kleinen Gespräch
mit ihm in der Lage sein, auch über
den Fall Brangwyn etwas von ihm
zu hören, denn ich gedenke, ein biß.
chen den Erpresser zu spielen. 'In
unserem Beruf heiligt ja der Zw'ck
die Mittel bis zu einem gewissen
Grade".
.Bei Gott, ich glaube, Sie haben
recht!" schrie Holt.
ES ist wenigstens sehr gut mög.
lich. Und nun möchte ich eine kleine
äußere Veränderung vornehmen.
Ich habe das Erforderliche in die
fem Portmanteau hier mitgebracht!"
Zehn Minuten später ließ sich De
tektivsergeant Holt beim Chef der
Kriminalpolizei, melden.
.Jawohl", entschied der Chef,
nachdem er Holt sehr aufmerksam
angehört hatte. Sollte sich Ihre
Kombination bestätigen, so halte ich
mich für berechtigt, gegen Brangwyn
vorzugehen. Ich erinnere miS an
alle Einzelheiten der Affäre. Können
wir auch nur Bestechung bc8 ManneS
Grimaud oder vielmehr Zahlung von
Erpressungsgeldern nachweisen, so ist
eine Verhaftung gerechtfertigt, wenn
auch noch allerlei aufzuklären sein
dürfte. Sie werden mit Nibot Hand
in Hand arbeiten, Holt. Hin, ja
ich werd schon jetzt eine strenge
Ueberwachuna. deS Verdächtigen an
ordnen. Bei einem Manne, seiner
Stellung müssen wir vorsichtig sein,
aber immerhin interessanter
Fall. Sergeant!"
Hochinteressant", stimmte Holt
bei. !'
Klappt alles, so werden Sie sich
diesmal Ihre Beförderung verdient
haben, Sergeant. Also vorläufige
Ueberwachung. Das wäre alles,
Sergeant!" '
(Fortsetzung folgt.)
Die Eisenbahnen wurden
im Jahre 1843 zum erstenmale für
Kriegszwecke, benutzt,, und zwar von
fardinischen Truppen in Oberitali
en im Feldzuge Oesterreichs gegen
Italien. In 'Deutschland - wurden
die Eisenbahnen dagegen zum er
stenmal , im Feldzuge 1848 1850
nach Schleswig Holstein von deut
schen Bundestruppen benutzt
5e! Ndsck!eSssrt.
Cki von Cls strafst.
.Ist et fort?"....
Sie nickte und zog ihn aui dem
Korridor, wo sie ihm selbst die Tür
geössnet, in daß erste beste Zimmer
hinein. DaS war Robert!, Zimmer,
und noch nicht aufgeräumt, seitdem
er so schnell gepackt. Allerlei lag
noch umher, das von dem schlanken,
eleganten Manne mit sarkastische,!,
Lächeln betrachtet wurde. Ticke, wol.
lkne Wäschestücke .... graue Mili
tärsocken .... Seife .... Insekten
Pulver und Tabakpseifen .... alles,
waS nicht in den Tornister hineinge
gangen war.
Sie sah seinen Spott und schob
ihn hastig durch die nächste Tür in
den Salon.
Da war alles wie sonst .... die
kleinen Goldstühle .... die weichen,
seidenen Sessel .... daS mit bun
ten Persern überdachte Plaudereckchen
und der Stutzflügel, an dem die
junge Frau fo ost ihre Zigeunerlie
der gesungen....
.Ach laß doch, du mußt nicht so
ein komisches Gesicht machen .... fei
doch nett, Herbert. Was haben wir
denn voneinander gehabt, seit Krieg
ist? Jedes Wort drehle sich um Blut
und Mord, und Robert war noch un.
ausstehlicher als sonst. Ich habe ihm
schließlich selber zugeredet, daß er
sich stellen sollte. Er war ja rein
wie toll in der letzten Zeit. Wie ein
Löwe im Käfig ging er hier umher,
wenn die vielen Kriegsnachrichten ka
men. Geflucht hat er .... und über
die Engländer am allermeisten! Gar
keine Rücksicht hat er auf dich ge
nommen .... wo man doch richtig
vervettert ist .... nein das
Haus wollte er dir verbieten, weil du
eine englische Mutter hattest .... na
.... ich kann dir sagen.'....
Sie stockte und warf sich erschöpft
in einen der kleinen, weichen Sessel,
vor dem er stehen geblieben war.
Er lächelte nur. Lächelte sein me
lancholisches, verwöhntes Lächeln, das
bisher immer so großen Eindruck
auf Frauen gemacht, und sah prüfend
in das junge, erregte ' Gesicht, das in
diesem Augenblick noch schöne: war
als sonst.
.Well! .... Sei froh, daß er fort
ist! Ein Bauer. war er immer, daS
wissen wir ja! Und er paßt auch
besser in die Schützengräben als hier
in deinen entzückenden Salon. Er
ist sicher sehr leicht fortgegangen. Mir
fiel ein Stein vom Herzen, als du
mich heute früh anklingeltest. Aber
waS ist denn hast du Angst vor
mir, Darling?"
Ihre Hand, die seine fortwährend
streichelte, hatte sich ihm jäh entzo
gen. .Sage doch nicht immer Darling,"
weinte sie beinahe, .doL'klingt genau
so väterlich, als wenn Robert .Kind
zu mir sagte. Ich dachte auch nicht,
daß du sofort kommen würdest, alZ
ich dich anrief. Wir wollten uns
doch draußen -irgendwo treffen. Ich
kann doch schon wegen des Mädchens
nicht dulden, daß du herkommst. Er
ist gar nicht so leicht fortgegangen, wie
du denkst. Ganz komisch war er
gestern. Ganz anders wie sonst. Auch
geschimpft hat er nicht mehr. Nur
mich immer so still angesehen es
war gruselig. Und sein Testament
hat er gemacht.
Jetzt litt sie sein Streicheln doch
wieder. Das, war so süß, so ganz
anders, als wenn Roberts große,
starke Fäuste zupackten. Heute mor
gen erst, als er beim Abschied sie
plötzlich an sich riß. Sie wollte
nicht er wußte doch, daß sie nicht
wollte. Aber da sagte er etwas,
was sie stillhalten ließ in der letzten
Stunde auf dem Bahnhof. Wenn
ich nicht wiederkomme, so denke ein
bißchen besser von mir alS sonst,
Ilse, Und wenn ich oft hart schien,
Kind, so hat es mir selber am wehe
sten getan. Du brauchst jetzt weiter
nichts tun, als dich auf dein Deutsch
sein zu besinnen .... daS macht stark
und treu!"....,
Sie hatte gelacht gar nicht
nachgedacht über seine Worte. Und
bei seinem Kuß hatte sie an Herbert
gedacht, den sie nun endlich wieder
sehen konnte, so oft sie wollte. Ganz
deutlich hatte sie sich seine hohe ele
gante Gestalt ausgemalt, seine mo
derne Art, sich zu kleiden, sein mü
des Lachen, das weiche, lockende Flll
stern Und ordentlich erleichtert
sah sie dem Zug nach, der ihren Mann
nach seinem Regiment im Westen
entführte, an dem er endlich, trotz
seines Herzfehlers, der ihn damals,
gleich nach dem einen Militärjahr,
untauglich zu weiteren Uebungen
machte, wieder als Kriegsfreiwilliger
angekommen war.
Nun stand er vor ihr, nach dem
sie heimlich gezittert und verlangt,
sie war vogelfrei in ihren Wünschen,
ihrem Verkehr stand vor ihr, und
seine Hand suchte die ihre.
.Sei doch artig, Ilse warum
zitterst du denn? Weil er sein Te
stament gemacht hat? Oö, ich meinte.
dich und mich" hier verstärkte sich
daS Streicheln soll daS wenig
kummern. Wir wollen ja nichts von
ihm. IS uns selber. Mein Gott.
Ilse . . . ., bist du heute aber aufge
regtl" ' "
Er war erschrocken jurgketen,
alS sie hastig von ihrem Sessel hoch
gesprungen war.
.Ich bitte dich komm mit mir
hinaus auf die Straße, ich ersticke in
dem geheizten Raum,". sagte sie er
schöpst. .Ich weiß nicht, waß das
plötzlich mit mir ist, aber ich kann
hier nicht allein mit dir bleiben, wo
er er eben erst sorl ist. Ich bin
nervös geworden von diesem schreck
lichen Krieg. Ich will nichts mehr
davon hören! Robert hat von nichts
anderem gesprochen in den letzten
Wochen. Tat Mädchen in der Küche
sitzt und weint um irgend so einen
dummen Rekruten, der sonst immer
unser HauS unsicher machte
lud wenn man mit anderen Men
chen zusammenkommt, werden die
chauerlichsten Tinge erörtert. Ich
will nicht .... nein .... ich will
Schönheit sehen .... ja . ... ja doch,
Herbert .... ich bin ja auch froh,
daß wir uns endlich mal wiederhaben
sollen .... aber heut, komm und sei
mir nicht böse, aber wir wollen zu
fammen fortgehen, ich ersticke hier
oben."....
Er verbeugte sich in seiner gewöhn
ten eleganten Art.
.Wie du willst, Darling .... aber
eS regnet!"
Sie war ober schon draußen und
nahm Hut und Mantel.
Da half er ihr schweigend , hinein
und schritt still neben ihr die Trep
ven hinunter. Auf der Straße bot
'er ihr den Arm und hielt den Schirm
über sie. ' ,
Sie nahm den Arm nicht, drängte
sich aber wieder dicht an ihn heran.
So gingen sie über daö nasse Pfla
ster der stillen Straße, über die
Potsdamer Brücke und dann weiter
durch die Fülle der Menschen, ohne
links und rechts zu fehen.
Einmal drängte ein Knabe mit
einer Büchse vom Roten Kreuz an sie
heran.
.Für Kricgsnot," sagte er bittend.
- Aergerlich über die Störung, schob
der Mann den kleinen Burschen zur
Seite.
Wie lästig!" meinte er. .Diese
Bettelei müßte polizeilich verboten
werden. ES scheint doch höllisch
knapp mit dem Geld in Deutschland
zu sein."
Ilse, die vor dem blassen Gesicht
des naßgeregneten Jungen schon 'nach
dem Geldtäschchen, gegriffen hatte, lie'.i
die Hand langsam wieder sinken. Jr
gend etwas ließ sie gegen die Worte
des Verwandten protestieren.
.Im Gegenteil massenhaft ha
ben wir!" sagte sie trotzig. .Allein
die Kriegsanleihen! Hast du nicht
gelesen? Beinah fünf Milliarden,
sagt Robert. Er hat auch zehntau
send Mark gezeichnet."
Ter Mann, in dessen Adern eng
lisches Blut rollte, lächelte.
Ist bewundernswert! Wohl von
deinem Geld - was?" . - , ,
Darauf sagte Ilse nichts. Dicht
vor ihr ging ein verwundeter Soldat,
der den Arm in der Binde hatte. Ne
bcn ihm ein Mädcl, stolz, glücklich,
als ob alle Sonnen der Welt bei
diesem Regenwetter in dem jungen
Gesicht leuchteten.
So einen feldgrauen Rock trug Ro
bert jetzt auch .... und so eine Mütze
mit dem roten Streifen. Und im
mn ohne Schirm bei Regen und
Wind .... vielleicht nicht mal einen
Mantel an, wie dieser hier. Und
der Herbst kam so früh in diesem
Jahr, und die Tage und Nachte wa
ren kalt ,
Komisch was sie heute alles
dachte! Sie hörte gar nicht, waö
Herbert alles erzählte. Wie er Glos
sen machte über die schreienden Zei
tungsverkäufer, über die bunt und
patriotisch geschmückten Schaufenster,
über die vielen Kriegsbilder.
Und auch sie stimmte in seinen
Ton ein. Ich kann auch nichts hö
ren von diesem Krieg, Herbert
und will auch nichts mehr hören. Da
.... sieh mal .... da drüben geht
schon wieder ein verwundeter Sol
dat! Oder ist daS ein Offizier? Der
halbe Kopf verbunden Brr!
Bringe mich doch fort irgendwo
hin, wo ich gar nicht erinnert werde
an all das Furchtbare. Was
was rufen die Leute aus? Zehn
tausend Belgier und Engländer ge
fangen kaufe doch mal so ein
Blatt, ich"....
Sie sprach nicht aus. Sein feiner
Mund war ganz kraus und häßlich
geworden.
Lügen alles Lügen! .... Eng
landet fängt man nicht so leicht, die
nehmen selber gefangen. Aber, was
kümmert's dich und mich .... Ilse,
du machst mich heute ganz verrückt
mit deiner Art. Entweder du willst
oder du willst nicht". Du kennst
mich, und ich habe nicht Lust, hier
stundenlang auf den nassen Straßen
herumzulaufen, wo ich dich endlich
für mich allein habe Du hast
recht, wir gehen ganz fort aus Ber
lin. Irgendwohin, wo man nichts
merkt von dem Welttheater: am lieb
sten ginge ich ja 'rüber über den Ka'
nal mit dir, aber ,s jetzt 'ne ver
flucht riskante Sache, und fo gut
wie ausgeschlossen." ,
Ilse war plötzlich stehen' geblieben.
Mitten auf der Straße, dicht vor
einem Händler mit fchwarzweißroten
Fahnen und allerlei patriotischen Ab
zeichen. Und von irgendwo kam eine
Stimme die sagte: Du brauchst
nichts weiter zu tun, als dich auf
dein Teulschsein zu besinnen. Dat
macht start und treu, Kind,"
Sie blickte aus und sah daS der
zerrte Gciicht. daS sie bisher so ae
, liebt. Ein Schauer flog über ihren
.Körper. So nein, so hatte der
m i , . t . f.
euer ovcq noo) niemals geipcoqen;
er war doch aus deutscher Erde gebo.
ren, und seines BaterS Handelsschisfe
halten auch die schwarzweißrote Fah
ne getragen.....
.Nein!" sagte sie ganz kaut und
angstvoll, und noch einmal, alS er
erstaunt zu ihr nicdciblickle. Tu'uü"
.WaS nein?" fragte er ver
wirrt.
.Alles." stotterte sie. .wai mit dir
zusammenhängt. Ich kann nicht
mehr! Nenne eS, wie du willst....
aber gehe du da und ich hier. AlS
ich von Robert fort wollte, habe ich
ganz andere Zuflucht bei dir gesucht.
So .... nein .... so kannte ich
dich noch nicht. DaS macht wohl auch
der Krieg .... ich .... ich wünschte,
ich wäre tot!"....
Sie weinte plötzlich und konnte eS
nicht hindern, daß er sie mit sich
fort zog, einem Auto winkte, und sie
da hineinsetzte. Als er sich neben ihr
auf daS Polster niederlassen wollte,
schüttelte sie so heftig den Kopf, daß
der Chaufseur unwillkürlich zögerte,
abzufahren.
Mit ihrer letzten Kraft sagte sie
ihre Straße und Hausnummer und
drängte den Vetter aus dem Wagen.
Da gehorchte er. Da sich schon
ein paar Menschen neugierig umblick
tcn, fürchtete er wohl auch, sich lä
cherlich zu machen. Korrekt, lächelnd,
als sei nichts vorgefallen, zog er den
Hut.
Ilse sah eS nicht mehr. Zufam
mengeduckt saß sie in dem weichen
Lcderpolfter und fuhr den Weg zu
rück, den sie mit ganz anderen Hoff
nungen gegangen war. Was nun?
.... Was war ihr denn geschehen?
Als ob man sie beschimpft, als ob
man sie entehrt hätte, so war ihr
zumute gewesen, alS der Vetter so
verächtlich gesprochen hatte. Und wie
eine riesengroße Schutzwchr waren
Worte dagewesen .... riefen ....
mahnten, so daß sie wie vor einem
Feind geflohen war. Etwas ganz
Unbeschreibliches hatten diese Worte
in ihr geweckt, etwas so Großes, daß
dagegen ihr eigenes kleines Schicksal,
das sich doch auch in dieser Stunde
entscheiden sollte, zu einem wertlosen
Nichts zusammensank.
Als Ilse die Korridortür auf
schloß, trat ihr das Mädchen schon
entgegen. Es hatte schon wieder ver
weinte Augen. Sonst hatte die junge
Frau gescholten, wenn sie das gese
hen. Heute mußte sie plötzlich an
den verwundeten Soldaten denken, der
vor ihr hergefchritten war, und an
andere, die durch den Regen mußten,
immer ohne Schirm und Dach ....
links und rechts der Tod am Wege...
Beinahe ungewollt strich ihre Hand
über den blauen Kattunärmel.
.Na .... nur tapfer, Anna....
es geht uns Frauen ja allen gleich.". .
Das Mädchen nickte dankbar. Sie
sah plötzlich, daß die gnädige Frau
auch geweint hatte.
.Ja ja, gewiß doch." meinte
es schnell getröstet, und wenn ich
bisher immer bloß for mein Will,
gebet't habe, fo bete ich nu auch noch
für unsern Herrn mit."....
Ja" nickte die junge Frau mecha
nisch, indem sie weiterschritt. Das
Blut war ihr plötzlich wie Flammen
ins Gesicht gestiegen. War das nicht
Scham?
Sie lief durch alle Zimmer, die
grau und düster waren. Und so to
tenstill. Sie starrte auf den kleinen,
roten Sessel, vor dem Herbert ge
standen und ihre Hände gestreichelt
hatte. Sie hatte es geduldet, hatt:
sich mit englischen Kosenamen von
ihm nennen lassen, dieweil ihr Mann
und ihre Brüder gegen alles, was
englisch war, ihr Leben einsetzten ....
Woher kam ihr plötzlich diese Er
kenntnis? Von Roberts Abschieds
Worten. Sie hatte immer verglichen,
hatte es peinlich empfunden, daß Ro
bert nicht halb so vornehme Manieren
wie Herbert hatte, sich mit viel wen:
ger Geschmack kleidete, und so wenig
süße Worte für sie fand.
Die junge Frau saß mit gesenktem
Kopf und lauschte auf die verworre
nen Stimmen in ihrer Brust. Ein
bißchen weh tat es doch, plötzlich so
ganz allein zu sein Und vor
wenigen Stunden erst war ihre
Sehnsucht so süße, weite Wege ge
gangen.....
Sie wußte . nicht, was sie nun
tun sollte. Robert war nicht mehr da,
der Rausch für den Vetter war ver
flogen.
Im Korridor läutete eS, und das
Mädchen meldete den. Besuch eine:
Dame. ,
Nein!" wollte Ilse sagen. Ich
will, ich kann jetze nicht andere Men
fchen sehen." Aber der Besuch war
schon im Zimmer und nahm die jung:
Frau fest und herzlich in die Arme.
Ich habe gehört, daß Ihr Mann
auch fort ist, und keine Ruhe gehabt,
bis ich Sie sehen konnte. Kopf hoch,
liebste Frau Ilse, und immer den
Stolz über die Verzweiflung siegen
lassen, den Stolz, weil Sie auch Ihr
Opfer bringen zum großen Werk."
Ja," sagte Ilse mechanisch, und
ließ sich küssen. Diese hier hatte drei
Söhne im Feld und konnte lachen.
Aber .... aber man man ist
doch recht -einsam."
Tie alte Dame nickte.
.DaS ging wohl vielen kinderlos
sei, Frauen so im Anfang, mir auch
.... olS meine Jungen einer nach
dem anderen hinauszogen inS Feld.
Aber, gottlob! dauerte daS nicht lange.
Ich habe mir was zu sorgen geholt
Ostpreußen .... braten Sie mall
Eint ganze Familie liinpiett bei mir.
Und ein Kleines ist dabei .... ES
gibt noch so viele solcher bedauernö
werter Kinder. Wollen Sie nicht
auch eins .... oder zwei?".....
Die junge Frau sah ganz erschrok
ken auS. War das Ernst .... sie
.... ob sie auch so ein, oder ga?
zwei fremde Kinder wollte?...
Die alte Dame fah das Erschrecken
und legte gütig den Arm um die
kindliche Gestalt.
.Ich meinte daS nur so, weil ich
ihnen selbst helfen ttollte, liebe Frau
Ilse. So ein Werk der Barmherzig
keit hilft nicht allein über 5!riegSnot,
sondern sehr oft auch über Herzens
not fort. Und da habe ich an Ihre ,
große Wohnung gedacht und an vie
leS mehr, waS jetzt auf Sie einstür
men wird, wo Ihr Liebstes da drou
ßen in Tod und Gefahr für unser
Vaterland kämpft. ES war nur fo
ein plötzlicher Einfall von mir, weil
Sie von Ihrer Einsamkeit spra,
chen."
.Ihr Liebstes" hatte die an
dere gesagt
Ilse weinte schon wieder und hielt
die Hand der mütterlichen Freundin
fest.
Ich will auch so ein Kleine',
vom Krieg auS der Heimat Verweh
tes .... ja. Oder auch zwei. Oh
.... ich habe so viel Zeit!" stotterte
sie. .Und ich wäre Ihnen dankbar,
wenn Sie mir dazu verhelfen wllr
den!"
Der Krieg öffnet uns Frauen ja
so viel neue Wege zum Guten!" sagte
die alte Dame leise.
.Ja." sagte Ilse, den gesenkten
Kopf hebend.
Und das Wort war wie ein Gebet
und ein Gelübde. - ,
tai erste Lftbmbrdemet.
Eine der neuesten Kriegswaffcn
sind die vom Flugzeug oder Luftschiff
auf die Gegner herabgefchlcuderten
Bomben. Und doch haben die Oester
reicher schon vor über emem halben
Jahrhundert im Kriege gegen die ve
nezianische Republik ähnliche Geschos
se verwendet. Als Radetzky 1843 Be
nedig belagerte, dermochien die öster
reichichen Geschütze bei ihrer kurzen
Reichweite nur geringen Schaden an
zurichten. Da kam ein Artillerieof
fizier auf den Gedanken, von einer
Montgolfiere Bomben auf die Stadt
herabzuschleudern. Eine Anzahl gro
ßer PapierballonS wurde angefertigt,
von denen jeder, wenn er luftleer ge
macht war, eine Last von 70 Pfund
tragen konnte. Mehrere Probeflüge
ergaben, daß er mit einer Bombe von
30 Pfund 35 Minuten in der Luft
weilen konnte. Nun wurde von der,
jenigen Seite der belagerten Stadt,
von der gerade der Wind kam, ein
Probeballon losgelassen und man
stellte' fest, nach wieviel Minuten er
sich über Venedig befand. Auf Grund
dieses Versuches stiegen dann mehrere
Montgolfieren auf, deren Bomben
durch einen Zeitzünder gerade in dem
Augenblick vom Ballon losgelöst wur
den, als dieser über dem Marktplätze
dahinfchwebte. , Berichte aus jener
Zeit lassen erkennen, daß ihr Schaden
zwar gering, ihre moralische Wir
kung auf die Venezianer dagegen sehr
groß war.
Belagerungöpraktike aS lter
Zeit.
Ganz anderer Mittel als heute,
wo - die Geschosse der modernen Be.
lagerungsgeschütze den Widerstand
auch der dicksten und festesten Ba
stionen ohne weiteres überwinden,
mußten sich in früheren Zeiten, als
ihnen noch keine Geschütze zur Ver
fügung standen, die Angreifer de
dienen, um zum Ziele zu gelangen
Zur Eroberung von Burgen und
festen Städten verwandte man die
schon seit dem Altertum bekannten
Sturmböcke und Widder, mit denen
die Mauern eingestoßen wurden.
Auch Brandpfeile und Steine wur
den in die Stadt hineingeschleudert,
um sie anzuzünden oder sie zu zer
stören. Wo die Maßnahmen nicht
den gewünschten Erfolg erzielte,
griff man bisweilen zu ganz gro
teskcn Aushilfen. So erzwängen die
Führer der Berner und Straßbur
ger im Jahre 1333 die Uebergabe
der belagerten Burg Schwanau da
durch, daß sie aus Katapulten mit
Unrat ' gefüllte Tonnen in die
Burg warfen, die dort bei der beste
henden Hitze ein solches Miasmct
verbreiteten, daß die Besatzung ka
pitulieren mußte. Klüger waren die
in der. Burg Karlstein i. I. 1422
Eingeschlossenen. Als Belagerer zur
Erzwingung der Uebergabe ihnen
ebenfalls Unrattonnen und zwar
fallen eS 1800 gewesen sein -- über
die Mauer warfen, desinfizierten sie
diese mit ungelöschtem Kalk und
machten damit die Absichten dee
Feinde zunichte. '
1
il
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