Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, September 24, 1914, Image 2

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V.Ii.nöüticn li.U't)iiiiiig reiitncn und litten
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mttlcl. in-b W.ifTefDrrbaltnii'fn. la
ratet find nun Ialtie Deraaniiii,
?1U ich rnuft in dc;t erneu lagen bei
Mai auf einen bet uktendampf. die
den Veikehr jitnfiNn Scranghai und den
anderen vitasiatifchen Hasfiiplätzen bis
Wladiirsstok Kinaus permitteln. dem
Zchutzghiete narrte. Kellte fi mir
- Tßnaiau im ?lS'gIi.n l'ichte der tbtu
aufgehenden Sonne als eine freundliche,
weihe clabl dar. die im Jinicn von
Höden.,iigfN begrenzt ist, und deren cUx
, bis hart an das 0ic!i:e l'Ua Kradreichen.
Wa tapfere. tiiAtitir Mannir, rrai un
. eimiiblichtt deutschst 7t le t fe leisten können.
bü4 bade ich in 2smf tau cttftchm. Aus
dem bescheidenen chinesicken Handelsplatz?
war in weniqen Jahren eine iadt pe
skken woröen mit (5icttr',i!ä!!i?erk,
Aasserlcilung. mit einem arnn Hasen,
mit sschioirntndpcf uns Werksanlagen,
nit zu crücfffn die SUfttnen, Das Wcrn
Bt'Tnniif)its!j(iue;t) n'iv. ös hat viel
Mühe. Arbeit und ?,rtei(i, all das
zu sichert mit dem ,',i!0. unerfahrenen
efiinefifchtn A:bki!s?krsvnal, aber d:t
trkolg Ttant die Ihat. Go fand ich
2s,s,Iau. die Perle von Ostasien".
B.i meiner ersten ahrt vom Hasen,
der ungesiihr dreivieriel stunden Von der
2taöt entfernt liezt. bis in meine liloh
nung wurden meine ersten tfinbiiide be
statt reit- Man war sleitzia, i wimmelte
auf den Bauplätzen von etnnestscken 5iu
lti, iidet die der weißaekleidete Euroraer
als Leiter der Ärdeiien die Äussicht
führte. AVer nun hatte auch alle Ur
fache, fleißig zu sein, denn was! von 2tt
aus nickt zu bemerken war, das sah ich
nun. Tas gan;e Ged,et zwischen den
Hasenanlaaen und dem chinesischen
Eiadttheil 2a pau tau war damals noch
unbebaut. , avine loon Rezenwasser
autgewaschme Schluchten) reihte sich an
lüavine. und dativischen gad'i verwiüer
teZ Settein, Geröll und harte Granitfel.
fen. In dem chinesischen Ctadtth.ile
2a pau tau selbst herrschte trotz der frü
hen Stunde schon lebhafter Verkehr. Vi:l
neugieric Blicke treffen die Europäerin,
aber sie oewöhnt sich bald an daö Ange
ftarrtwerden, wie sich die Chinesen an die
großen üße der weihen ?srau gewöhnen.
Die Europäerstadt 2sing!au selbst laz
roch im ti.sNen Frieden. An der
Schwelle meiner Wohnung, dem Echau
' platze meines Lebens und Wirkens als
deutsche Hausfrau in Ostasien, begrügte
mich mezn Boy Wu-ischun mit einem
freundlichen: .Guten Morgen. Mifsi!"
Auf diesen Morgen, der witklichein
guter gewesen ist. "folgten viele frohe,
glückliche und viele mühevolle, traurige
2age. Ich hatte mich sehr bald in China
eingelebt und fand mich schnell zurechi in
der Stadt und ihrer näheren Umgebung,
schwieriger war eS schon, sich an die cht-
Nifische Bedienung, an den Boy, den u,i, :
listn zu gewöhnen. Zuerst konnte ich mich
absolut nicht mit meinem Wu-tschun, den
mein Mann Peter' getauft hatte, der
ständigen, denn ich sprach Teutsch und
er ein wuftes Gemisch von Chinesich.
Teutsch und Englisch. Wie oft kam er zu
mir ia den ersten Tagen und sagte mir
etwas oder fragte mich, und ich stand ihm
dann völlig rath- und hülflos gegenüber.
Tas einzige, was ich sofort verstand,
war: Missi Du nich machen, ich schon
machen Er war ein Jahr lang unbe
schränktet Alleinherrscher im Hause ge
Wesen und wachte nun eifersüchtig über
mein Thun. Aber auch er gewöhnte sich
' sehr bald an seine Her.in und war sogar
nachher sehr begeistert von fein Master
Missi". Das Boykapitel ist ebenso um.
fangreich Kit in Teutschland das über sie
,' Dienstboten und bildet leider nur zu oft
das einzige Gesprächsthema in Damenge
. sellschapen. Was kann man abet auch alles
erleben mit den Langgezopften! Mein
Peter war ein fixes kleines Kerlchen, be
' reit zu allen Dienstleistungen und beseelt
von einem brennenden Interesse für die
Kocherei. Das Ideal des dienenden Chi
, nesen ist die Stellung eines Kochman" in
irgendeiner größeren Messe oder in einem
Hotel. Dort verdienen sie außer einem
. ziemlich hohen Gehalt (oft MO Mark mo
natlich und mehr) auch noch an den Ein-
kaufen, die sie möglichst ohne den euro
päischen Kuchcnverwalter bei ihr?n
Landsleuien zu machen suchen. Solch'
eine Stellung erfordert aber eine genaue
Kenntnis der deutschen und englischen
Küche, und um diese zu erlangen, muß
der Chinese fleißig aufpassen und lernen.
Es hat mir viel Vergnügen gemacht, mei
mm Boy einiges beizubringen, aber ich
, fobe eigentlich nicht gewagt, ihm das Re-
fzt in der Küche, sei es auch nur auf
Stunden, ganz allein zu überlassen, weil
tu Puncts Sauberkeit nur soweit
krauen konnte, wie ich ihn sah. In dem
ersten Jahre meines Aufenthaltes rn
Ehina litt jeder Haushalt an chronischen
Wassermangel, denn damals waren die
Häuser zum Theil noch ohne direkte Was
. serverssrgung, und man mußte das
Wasser von KuliS aus den einzelnen
Brunnen in leeren .Petroleumtinz', die
an einem BambuS auf der Schulter g:
tragen wurden, in die Hauser schaffen
lassen. Solch ein Petroleumtin faßt un.
gefähr zwei Eimer Wasser, und da die
Brunnen deZ ringen Wasserzuflussek
. wegen nur am Morgen und Abend auf
. einige Stunde freigegeben wurden,
mußte man sich mit vier Encrn Msser
, möglichst für dcn ganz? Tag einzurich
ten suchen. DaS ist it der glühenden
Hitze, die einig' kalte Abreibungen am
' Tage erfordert, und bei dem ja gar nickt
umgehenden Verbrauch an Wafchwaffer
i fett Audis, oft sehr schwirr ig, und eil
dabei fiit den Boy nicht slliuvikl uin
Hunt, und cfichiwasitikn abfallt, ift k
I.t.ließlich zu BeiHrhca, das kr mit
(chnwrseti Handen heiinnlüuft, ab b'
sendest appf tit!kft ift , nicht. Ich h,i!!k
, hiet also erntn ziemlich swkien "Stand
inta war fliuJluf), q1 wir endlich zua
fuleituiiji bekamen und bei lästige Ladt
wakkergeplantfche über Treppen und flöt
r,dre Wtfitl Peter befleißigte sich nun
auch gtüfzetet Sauberkeit, ja et ging so
qetr dni I fit, dajj et tiähron9 meinet
lewesenheit febReU in meiner Badewanne
sin 'bad nahm und sich zum Schutze
(eines Haares rnrine blank Puddings,
ans Bni Kopf stülpte. Pit) nxn ja fiit
Um, daß wir ihn dabei überraschten, und
da wir mit dieser Art bei Aemiung nieti
einotrstaiiben nxncn, verlief dif it für
ihn nicht ganz fel.metzlos. Mfin stuü,
der fast zur Unkenntlichkeit durch ine
Schmutzkrufte im Gesicht kiitsttllt war, szh
die kgnungen des 2i3afchrii schon ßnr
nicht (in. Ich senkte ihm einmal in
eine: Auswallung von Mitleid ein Stück
deutsche Seife. Grinkend und glücklich
nahm er ei entgegen, roch erft daran und
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leckte dann sogar. Es schmeckte ihm nicht,
und er wußte offenbar nicht, was er da
mit anfangen sollte. Mit großer Mühe
meinerseits wurde ihm dann klar gemacht,
wozu die Seife sei, und verklärt vor
Freude zog er von bannen, um am
nächsten 2age wieder genau so schmutzig
auf der Bildfläche zu erscheinen. Er halle
es vorgezogen, die Seife für einige Cents
in Ta pau tau an einen Landsmann zu
verkaufen und den Erwerb sofort in Ci
gareiten anzulegen. Mein Mann lachte
mich aus, und ich habe nie wieder ver
sucht, die Kulis zur Sauberkeit zu be
kehren. Ich kann der chinesischen Be-
dienung wirklich viel Gutes nachsagen,
habe ja allerdings auch viel Aeraer ge
habt, konnte aber nicht verstehen, wie euro
päische Damen nur zu klagen hatten. Es
liegt auch an der Art der Behandlung.
Ist man freundlich zum Boy, so ist er
bereit und willig zu allem. Er lacht ja
zwar auch, wenn man inn tadelt, aber
dieses Grinsen ist nicht Niedertracht und
Verhöhnung, sondern weiter nichts wie
chinesische Höflichkeit.
Es giebt in einem deutschen Haushalte
tn i.yina meyr zu tdun als in
Deutschland. Das liegt zum Theil in den
Witterungsverhältnissen. In der Regen
zeit, die Ansang Mai beginnt und bis
Ende September dauert, werden alle
Woll- und Wintcrsachen, Stiesel, Betten
usw. eingelötet, um sie vor dem Berstocktn
zu hüten. Wer aber einen großen Haus
h..lt hat und nicht über genügend Zink
listen und Tropenkoffer verfügt, ist g?
zwungen, die Sachen auf andere Werfe zu
schützen. O diese grauenhafte Regenzeit!
Sie beginnt, wie schon erwähnt, Anfang
Mai und setzt meist mit undurchdring
lichem Nebel ein, der meist von heftigen
Südwest- und Westwinden begleitet ist,
die sich im Auoust und Sevtember in
Ostasien oft zu Taifunen auswachsen. In
den Sommermonaten steigert sich die
Hitze dabei bis zur Unertraglichkeit, und
wir haben Jahre gehabt, in denen wir
tatsächlich wochenlang die Sonne nicht z
sehen bekamen. Erschien sie aber doch
einmal, dann rannte und stürzte alles.
und im Handumdrehen waren die Zäune
dckorirt mit Anzügen, Kleidern, Filz
hüten und anderen Wollsachen, und auf
den Balkons und in den offenen Fenstern
standen sämmtliche Lederftiefel, bedeckt
mit einer dicken Schimmelschicht in Reih
und Glied aufmarschirt im trauten Bei
einander mit Cigarren, Cigarctten, Brief
Papier und Photographien usw. Wehe
aber, wenn man den Zeitpunkt des Wte
dereintretens der dichten, feuchten See
nebelmassen verpaßte, dann waren die
Sachen oft nasser wie vorher, und .nan
konnt darauf gefaßt fein, sie spater kn
unglaublichem Zustande in den Schränken
vorzufinden. Da nun die Chinesen nicht
iui zuverla ig sind, o ist es mir ziem
lich oft so gegangen, daß ich nach Hause
kam und eine dampfbadähnliche Luft in
meinen Zimmern vorfand. Es war dann
eben versäumt worden, rechtzeitig die
Fenster 'zu schließen. Auf den Tischdecken
und Polstermöbeln standen Wassertropfen.
und ich war gezwungen, bei 28 Grad R
im Zimmer zu Hetzen, m wenigstens eini
germaßen trockene Betten zu haben. Die
Schale meines Zornes ergoß sich aber
dann über das schuldige Haupt meines
B0YS. . . '
ttein hab Ich ihn U eiuenllich nie allein
gelassen, denn seine vchklichkei! liest leidet
ouii zu loünfchen Ul'Ng. Ich habt ihn
freilich ni direkt heim Stehlen ertappt,
aber ich hibe wich st genug übet den
große Bcibrauch a jlehlen und Petto
lcum gewundeti und einmal sogar mit
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Schrecken wahrnehmen müssen, daß tonn
sämmtlichen Weinflaschen, die im kell
lagerten, die Zinkkapseln abgeschnitten
waren. Zink ist ein sehr begehrter Ar
tikel in China, und sicher baben meine
Chinesen das Gestohlene zu Geld gemacht.
Peter leugnete natürlich leidenschaftlich,
arer welcher Gauner täte das nicht, ja
er ging sogar in der Beteuerung seiner
Unschuld so weit, daß er an uns das
Ansinnen stellte, mir sollten einen chine
sischen Weisheitsmann" nennen wir
ihn Zauderer" holen, und er wolle
seine Hände in ein von diesem Mann;
entzündetes ffeuer legen, eine Hände
würden nur brennen, wenn er schuldig
wäre. Na. darauf wollten wir es lieber
nicht ankommen lassen, denn wir brauch
ten ihn, wie er war, und hätten ihn ohne
Hände nicht brauchen können. Später tat
es mir eigentlich leid, daß ich nicht auf
feinen Vorschlag eingegangen bin, denn es
wäre doch sicher interessant gewesctr zu se-
hen. wie et sich aus dieser Atjare ge-
zogen hätte.
Den Gebrauch von Taschentüchern
kannten die Chinesen vor dem Eintreffen
der Europäer nicht. Sie wischten und
wischen auch heute noch -ihre Nasen mit
den langen Rockärmeln, die, trotzdem sie
viermal eingekrempelt sind, doch noch die
Halste- der Hand bedecken. Diese selben
langen Aermel dienen, auch vielfach zum
Abtrocknen und Poliren der Teller und
Schüsseln, die dann aber erft, um erhöh
ten Glanz z erzielen, kräftig angehaucht
werden müssen. Ich habe meine Gelben,
wenn ich sie dabei ertappte, ebenso kräftig
angehaucht; ja mein Mann polirte"
sie sogar manchmal, aber nickt mit dem
Rockärmel. Die Taschtüch" spielen nun,
seitdem man in China davon weiß, eine
große Rolle, und jeder deckt zunächst sei
nen Bedarf hierin aus den Aorräth?
feines Masters oder seiner Missi. Er
nimmt sie nicht etwa sauber aus den
Kommoden der Schranlkästen. sondern
besorgt" sie sich aus der schmutzigen
Wäsche, ehe diese dem Waschmann über-
geben wird. Auch Kragm besorgen" sie
sich von dem Master, ober diese sauber
und sein geplättet aus den Kasten, und
verlausen sie sofort für einige Cents an
den Freund (oder Fleund", denn kein
Chinese kann das deutsche r" ausspre
chcn) in Tau pau tau, der sie dann wie
derum für billiges Geld an Militär, das
mal in Zivil gehen will, an Japaner oder
ganz zivilisterte Chinesen absetzt. Metn
Mann brachte einmal fünf tadellose weiße
.tehumlegekragen. die er zu einem Spott
preise in einem Schaufenster gesehen hatte,
mit nach Hause, und zu unserem unb:-
schreiblichen Staunen und Vergnügen ent
deckten wir in ihnen da Fabrikzeichen von
Rudolf Hertzog und die Anfangsbuchsta
ben unseres Namens, die von uns selbst
mit Wajwtinte htne,tnaezeichnet waren
Der Händler verrieth nicht. to er sie her
hatte, und die Polizei hätte auch nichts
ausrichten können. Boy oder Kuli: einer
war der Dieb. Keiner von beiden wollte
sich diesmal auf das Handfeuer-Theater
einlassen, trotzdem wir eifrig zuredeten.
Die Polizei hat in Tsingtau ,ic schr
segensretche ' Einrichtung getroffen.
Sämmtliche Boys. Mafui (Kutscher)
Kulis um. tonnen aus Wunsch der be
treffenden Herrschaft aus dem sogenan
ich . .Sirandlager , aus chinesisch
.:eimi si.ii.le, eingetragen wer
den. Ihr Personalien stellt min dort fest,
und sie bekommen eine nummerlkte ?,tris
karte, aus der sich oben link d Photo
gtaphik des Jnhabert befindet. 11 ist
dfN so bekannte tfhinefyi nun nicht kickt
möglich, dem Arme der Gerechtigkeit zu
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entgehen.' Sie sind infolgedessen auch
gar nicht gern bereit, sich abnehmen zu
lassen, und manch einer ist nur mit Lift
dazu zu bringen, indem man ihm einen
geschlossenen Brief giebt, den er an einen
Herrn auf der Polizei abzugeben hat, mit
der Weisung, auf Antwort zu warten. In
diesem Schreiben stehen dann die Wünsche
des Master". Dct Boy wird sofort
dabehalten und bekommt eine Dienst
Nummer usw.
In den neueren Europaerwohnhäusern
giebt es keine Räume mehr sür die BoyZ,
und das i!t ein wahres Gluck, denn ich
kannte Wohüunaen, die durch den viel
Besuch, den dir Chinesen bekamen und der
nicht immer asnz einwandfrei war, der
artig von Ungeziefer, Wanzen und Läu-
sen usw. beimgesucht waren, daß sie fast
unbewohnbar wurden. Man baut nun
allgemein Bchhäuser, die völlig isolirt
von unseren stehen und in denen jeder
Mieter zwei Betten, d. h. Bretterdänkc, zu
beanspruchen hat. Diese Boyhäuser sind
natürlich auch belagert von der Iteben
Verwandtschaft, ja es giebt Kerle, die
einen Plag in ihrem Bette für einige
Käsch lkleine Kupfermünze) an einen
ftleund für die Nacht vermiethen. Vi.'l
geschlafen wird dann allerdings nicht.
Das Thurknallen geht die ganze Nacht,
und oft spielen sich die wüstesten Scenen
in diesen Räumen ab. Die Chinese
sind nämlich leidenschaftliche Spieler und
betrügen sich dabei in der schlimmsten
Weise. Natürlich giebt es dann bald
Händel, und die Nachtruhe der Umwoh
nenden ist gestört. Wenn man nicht fei
bei handelnd eingreifen will, muß man
die Hülfe der t.iiimk,i" in Anspruch
nehmen. Solch ein unter Polizeiaussicht
stehendes Bohyaus ist eine schöne, ruhige
Cache, aber leider nie für lange. Es
kommt eigentlich nur sehr selten vor, daß
der chinesische Bediente handgreiflich
wird gegen seinen Herrn. Nur auf eimn
WaU kann ich mich besinnen. Da ?r
tappte der Master den Boy beim Holz
stehlen und schlug ihn. Tet Boy gab
den Schlag mit der Art zurück. Er wurde
noch hingerichtet, ehe sein, durch den Azt
hieb tödtlich verwundeter Herr starb.
Ich bin überzeugt, daß sich die Chinesen
auf eine ganz andere Art an ihrem Ar
beitgeber für jede Züchtigung rächen, und
ich möchte jeden Europäer, besonders
Junggesellen, die auf den chinesisck)?
Koch angewiesen sind, vot der allzustten
gen oder gat ungerechten Behandlung ihrer
Tkenerschast warnen. Es ist bei der be
kannten Unsauberkcit der Bevölkerung für
diese ein leichtes, Speisen, Wasch- und
Trinkwasser zu insiziren, und viele
Ruhr und Typhuserkrankungen sind
zweifellos darauf zurückzuführen.
Die Boys bekommen außer ihrem
Movatslohne. der zwischen zehn .und
zwanzig Dollars schwankt, nichts als
höchstens einen Jschang", das ist
ein langes, hellblaues, weißes der
graues, hemdahnliches Gewand im ki
monoschnitt, das ich meinem Boy hielt,
damit er immer sauber aussah. Die gan
zen Kleider, einschließlich der weißen
Zeugstrumpse, muß der Waschmann gratis
mitwaschen. Der Waschmann ist auch eine
außerordentlich beaueme Zugabe in
China. Et kommt in jeder Woche einmal,
Hol! die Wäsche ab und bringt sie schrank
fertig, tadellos geplättet noch 5 bis 6 Ta
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gen triebet. Die Wäsche selber ist blen
dend weiß, natürlich mit scharfe Sachen
gaschen, und halt infolgedessen leidet
nicht lange. Besonders die bunten Ober
Hunden sind einer schrecklichen Behandlung
in der Wäsche ausgesetzt. Ich sah einmal,
wie ein Waschluli die Manschetten z:vi
schen zwei Steine gelegt hatte und den oder
ften hin- und herrieb. Kein Wundet. daß
es bald Fäden giebt, die dann von den
Waschleuten kunstvoll wegrasirt werde.
Man braucht in China, besonders im
Sommer, unendlich viel Wäsche, und es ift
ein wahres Gllck. daß das Waschgeld der
hältnismäßig billig ist. Jedes kostet 3 bis
T Cents, ob Taschentuch oder ttleidungs
stück. So bezahlte ich für Waschen und
Plätten eines weißen Anzugcs oder Klei
des nur 3 Cents beim langen .Tschang"
in Tei shifchen, den ich jedem Tsingtauet
empfehlen kann. Es ist klar, daß man
sich bei den Waschpreisen täglich den
Luzus blendend weißer Anzüge und Klei
der gestatten konnte. Es muß doch
trotzdem auch dabei noch tüchtig zu der
dienen sein, denn viele Boys werden
schließlich Waschleute. In manchen Häu
sein. besonders in solchen, wo Kinder sind,
wird die Wäsche von det chinesischen Kin
derfrau gewaschen, die in vielen Fällen
den Hausfrauen durch ihre Unzuverlässig
keit und Unsauberkeit das Leben in Ost
asten verleidet. Diese Amahs", wie man
sie nennt, haben eine Affenliebe zu weißen
Kindern, bevorzugen besonders Knaben
und unterhalten sich mit ihnen in chinesi
scher Sprache, was sich oft sehr putzig von
den Kleinen anhört. Sie bringen ihnen
aber . leider häufig Schmähteden und
Tpottliedet auf die Teutschen bei, die von
den wenigsten Etwachsenen vetstanden
werden, Wohl aber dazu beitragen, das
reine Gemüth des Kindeö zu verderben.
Mit Vorliebe bedienen sich die deutschen
Mutier einer japanischen Wärterin für
ihre Kinder, denn diese sind nicht nur
sauber, bescheiden und infolge ihrer nor,
malen Füße auch flinker, foudern auch im
Verkehr mit der männlichen Bedienung
außerordentlich zurückhaltend, was man
von der Amah absolut nicht behaupten
kann. '
Die asiatischen Angestellten eines Hau
ses verpslkgen sich selber, d. h. ganz auf
eigene Kosten, was sie natürlich durchaus
nicht hindert, von den Voträthen ihrer
Herrschast mehr oder weniger zu .klauen",
wie sie das in China selber nennen. Ich
kaufte mir mal in einem wildarmen
Jahre zwei Hafen und lud mir dazu einige
Leute zum Abend ein. Die beiden
Krummen" hatte Peter kunstvoll mit
einer Tschungse" (Bindfaden) am Fen
ster nach außen hin aufgehängt. Gegen
Mittag wurde dieses geschlossen, und dabei
muß die Schnur durchaeknisfen worden
sein, denn meine Hasen waren und blieben
spurlos verschwunden. Für mich als
Hausfrau war di Sache sehr peinlich.
,n nächste Tage zogen liebliche Braten
dufte vom Boyhaufe herauf in meine
Fenster. Die Sache wurde untersucht,
aber nie ganz geklärt, weil der Chinese,
der lik alle Boy kochte, dabei blieb, er
habe zwei Kanin" in Ta p!u tau ge-
kaust. Ob er nun wirklich Kanin und
ntcht Hasen rn seiner alten Konserven
bllchse schmorte, ließ sich auch nicht fest
stellen, und so mußten wir uns in den
Perluft unftrcr beiden Lampcs fügen.
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In der Hauptsache leben die besseren Chi
nesen von Reis. Hirse, Schantungkohl
usw., den sie mit einem winzig kleinen
Stückchen Schweinefett kochen.
Für die Eutopäer ist der Lebensuntet
halt verhältnismäßig theuer, Mari be
kommt ja eigentlich alles, frisches Gemüse
bringen die chinesischen Händler täglich
ins Haus, auch lebendes Geflügel und
Eier, aber man muh sehr handeln und
manches dann doch noch recht theuer be
zeihlen. Tie Lkbenmiitelpreise p:iqen von
Jahr zu Jahr. Sobald sremde Kriegs
sj'ifse im Hasen liegen und sich serpro
vicmtiten, müssen wir mehr le.iahl.'N. und
dann wird auch viel von d n Erugnis
sen des Landes an der hinaus iiJ
nach Wiadiicostok gebracht. D.is Fliisch
tt billig. 7,i,r 20 EentS hat man ein
Pfund Rindfleisch. Ader ?s gilt von die-
sem Fleische dasselvo we von dem in
Afrila, man kenn au e:.ii-"t Pfunde kaum
eine kräftige Brühe kochen. Kalbfleisch
ist fast genau so dunkel wie Rindfleisch,
nur im Geschmack etwaS seiner. Weiße
Schweine kommen meist lebend von
Schanghai, schwarze werden aus der Pro
vinz Cchantung an die Küste getrieben.
Ihr Fleisch ist wässerig, etivas süßlich,
und wird sehr viel gegessen, meist unbe
wußt, denn viele Europäer haben ein; Ab
Neigung dagegen. Aus dem Schlachthofe
geschlachtet, werden die gebrühten schwor
zen Schweine genau so weiß wie die on
deren es von Hause aus sind, und die
Schlachtet verwenden das gute Fleisch
selbstverständlich in ihren Werkstätten und
zum Verkauf. Wurstwaaren uns Sclin
ken läßt man sich vielfach aus Deutschland
kommen, desgleichen Getränke, wie Bier
und Wein, und einige Konserven, als da
sind Pilze. Spargel. Rosenkohl und Mar
mcladen usto. Es giebt Faiilll'en. di? sich
außer Fleisch, ihre sämmtlichen Lebens
Mittel kommen lassen, sogar den R,!S und
das Salz. Ob sie dabei gut gefahren sind,
bezweifle ich stark, d?:! ei ist uiht lacht,
die größeren Vorräthe unverdorben durch
die Regenzeit zu bringen, besonders Salz,
Mehl und Zucker, die jede Feuchtigkeit auf
fangen und sich zum Theil völlig auslösen.
Außerdem giebt es gerade in Tsingtau
einige sehr gute, leistungsfähige Kauf
häufer, in denen man alles haben kann,
was im Haushalte gebraucht wird, aller
diugs sür hohe Preise und nicht immer
ganz nach Wunsch, aber defü: ist man in
Asien und nicht in Deutschland. Frisch:
Butter kommt auö Australien. Das
verteuert sehr den Preis. zu
mal man ohne Butter nicht sein kann.
Die Viichsenbutier ist thciltvcis: ungenieß
bar. Irische, allerdings nur tote Seefische.
Krabben, Tintenfische usw. gab es bei r
higem Wetter täglich früh in der unter po
lizeilicher Aufsicht flehenden Markthalle in
Ta pau tau zi kaufen. Salzheringe aß
man vielfach aus Büchsen. Solchem Ge
nusse steb? ich verständnislos gegenüber.
Kafsee wird verhältnismäßig wenig ge
trunken, weil er allgemein als schädlich
füc das Herz gilt, was auf Wahrheit be
ruht, wie jeder Deutsche in den Tropen am
eigenen Leibe erfahren haben wird. Ta
für sind Kakao und Thee um so beliebter,
letzterer wird von soliden Leuten in jeder
Gestalt mit Weißwein, mit Milch und mit
Zucket. zu jeder Tages- und Nachtzeit gf
trunken, ist ja auch wie bekannt das
Hauptgettänk det Chinesen. An schärferen
j:
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J.i Al,'
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Jk&
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W'-X.
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Sachen wird leidek auch unendlich diel in
Tsingtau konsumirt. An der Spitze ste
hen Sekt, Whisky und alle möglichen
Schnäpse. Bier liefert Deutschland . in
großen dreiviertel Literflascben, ollerdmaz
zur Erhöhung der Haltbarkeit stark mit
Glycerin versetzt und daher trübe. Aber et
schmeckt trotzdem, wenn es gut gekühlt ift,
recht gut. Ttaußcn witd auch viel Bier
aus der Germania-Brauerei in Tai tung
ischen bei Tsingtau getrunken, doch gilt ti
allgemein als nicht sonderlich bekömmlich.
Am Jltisdcrge giebt es sogar eine Mi
ncralwafierfabrik, die sogenannte .Iltis,
brunnen" fabrizirt und den ganzen Ofte
damit überschwemmt. Tie Milchvet
bältnisse sind nicht gerade glänzend im
Schutzgebiete. Tie verschiedensten Per
suche deutscher Firmen, europäische! Bieh
drüben einzuführen, sind eigentlich stets
mißgliiekt. Für gewöhnlich bringe die
Chinesen die Milch in leeten, nicht immer
ganz sauberen Weinflaschen (ä Flasche 20
bis Zj Cents) in die Häuser, nachdem sie
schon von dcn entfernt liegenden Dörfern
oft stundenlang auf dem Rücken, im Som
wer durch die glühende Sonne getragen
wurde. Natürlich gelangt sie meist in ge
kästem Zustande an. Unter diesen recht
ungünstigen Verhältnissen ist es keine
Kleinigkeit, die Kinder vorschriftsmäßig
zu ernähren. Man bedient sich dabei und
auch für die Küche der kondensitte und
Büchsenmilch, von denen am meisten be
liebt neben englischen Etzeugnissen die su '
Waren in Mecklenburg war. Backmaate
liefern zwei deutsche Bäckereien, und dal
Brot und die frischen Brötchen werden
Morgens von den Boys geholt. Auch
Kuchen, sowie alle Arten von Konditor
Waaren wie Torten, Eis usw. kann man
aus Bestellung bekommen. In dieser Be
ziehung leiden wir wirklich keine Noth.
Wenn nur die Lebensmittel besser zu hal
ten gewesen wären, aber damit hatten wir
am meisten zu kämpsen. DaS iörot. das
Morgens frisch abgeschnitten war. zeigte
in der Regenzeit schon Mittag! eine
Schimmelschicht. Der Inhalt der Salz,
fässer wurde zu Wasser, und Jleischdor
rathe konnte man ohne Eis überhaupt nicht"
von einem Tage zum anderen halten. Ich
hatte mir aus Hamburg einen Eisschrank
kommen lassen und kaufte mir täglich sük
20-,' Cents Eis. Diese wurde von
einer deutschen Firma vermittels EiSms
schinen fabrizirt. Es gab ja herzlich wk
nig fürZ Geld, aber es genügte mir. Trotz
aller angewandten Vorsicht habe ich vst
Borräthe und Reste fortwerfen müssen,
weil sie mir nicht mehr ganz einwandsfrei
erschienen. Besonders Reis säuert draußen
auffallend schnell, was aber die Chinesen
nicht hindert, ihn nochmals ausgekocht iu
lassen. Im große und ganzen empfiehlt
es sich überhaupt, mit der Wahl der Spei
sen in der heißen Zeit recht vorsichtig ,u
sein, und es wird auch von älteren Ko
lonisten. von Aerzten usw. stets gewarnt,
leidet nicht immer mit Erfolg, wie der un
Svminet recht wenig günstige Gesund
heitszustand in et Kolonie schon oft ge
zeigt hat. Bot den, Genuß von unabge
kochten, Wasset. frischen, Obst, Pfirsiche
und Weintrauben muß man sich ganz be.
sonders in Acht nehmen. Tie Versuchung
ist groß, denn die eben erwähnten Obst,
tnlen gedeihen irundervoll und sind s,
bittig, baß man oft wirklich nicht wid.
stehen kann.
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