Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, September 21, 1914, Image 3

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trt beispiellos nroßartiac5 Schauspiel: ein e'miz Volk von
vrüdern. von vcsticn umheult, bält Deutschland das
vann der Humanität hoch." Der Geist deutscher Ord
' nung feiert seine höchsten Triumphe in ?(riezszciten.
von Zlngttst Spanuth.
" Berlin. Mitte August.
' 'Jy'tnn wir jetzt aufwogn unfc
F FH 1 uni Den ganzen Jlnra wie
-V einen bfänflfiifltnben Traum
' flul den Auoen wischen köitn
tcn: eine wunderbare Erinnerung würde
. voiz, jetiuoens iviften bleiben, die Utinne
tung an die Festigkeit. Unerschütterlichkcit.
mit der dieses deutle Holt eine ganze
ISest in Wasft gegen sich ausstehen sieht,
ohne mit der Wimper zu zucken, ohne auch
nut hfl kleinsten BruchlHeil seine 2kr
kcani in die eigene straft zu verlieren,
Im Gegentheil, die unglaubliche Nachricht
von Englands Kriegserklärung anstatt
lähmend zu wirken scheint dii Selbst
vertrauen, den philosophischen Gleichmulh
noch gesteigert zu hofxn. Wenn schon,
denn schon" Hort man von allen Seiten. Und
dol sogte man nicht et,, au Unterschäd
unj Englands, sondern im Hinblick aus
die, vunmelir erkannte llnvermeidlichkeit
eincl deutschnglischen Krieges. Tasj
unsere ,, deutschen Staatsmänner, unsere
Marine und Militärbehörden von born
herein mit diesem englischen Kriege ge
. rechnet haben, wird mir nun immer wahr
peinlicher.
Dagegen kann ich mir bei unserer
gänzlichen , Abgeschnittenheit. don der
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.'.uu jjuuijui - lern ho düopu niunjrn,
wie da englische Volk über diesen Krieg
urtheilt. ' Begreiflich wäre es schon, wenn
es über die thatsächlichen Vorgänge nur
solche Nachrichten, erhalten hätte, wie Sir
Edward Grey sie ihm hat vorsetzen lassen,
wenn ti als? Deutschland für das Kar
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Nickel hielte. Hier lebende Engländer Tön
nen sich aber kaum genug thun im V
dämmen dieser Kriegserklärung. Ob sie's
vi!kkicht auch nur aus Politik thun? Eie
wisseik ja. die Engländer sind das politisch
reifste Volk. Aber die ich darüber ge
sprachen habe, machten den Eindruck 'ehr
licher Ueberzeugung. Und ich habe eine
ganze Reihe gesprochen, denn während der
letzten Tage bin ich viel aus der anierika
Nischen Botschaft gewesen, um Landsleu-
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If(l cci ti-uunsjurnj tuit luiit utyunuu)
zu sein; und da die amerikanische Bot
schast den Schutz der Engländer übernom
meri hat, fanden sich dort auch gar?c
Schaaren von "Enplkh ubjfctä" ein.
Eine BollblutEngländerin erklärte mir,
daß England sich auf die Seite der russi
schen. Barbaren gegen Deutschland schlage,
fei eine Cchmach für ihr Baterland, das
fie nie wiederzusehen wünsche. Sie werde
sich so schnell wie möglich in Deutschland
naturalisiren lassen. Vielleicht hat sie in
der' Erregung etwas zu viel gesagt, viel
leicht wird sie doch im Frieden nach ihrem
Geburtslande zurückgehen; ober dann war
doch die Erregung eine grundehrliche.
Lassen Sie sich auch nicht durch Be
richte aus englischen und aus England
(reundlicken Quellen eivrcden, die Deut
cheu hätten sich Ausschreitungen gegen
Angehörige jener Mächte zu schulden kam
rnen lassen,, mit denen wir im Kriege
stehen. - Gewih, es war nicht recht, daß
man im englischen Botschaftsgebäude drei
Fenster eingeworsen hat, das; man Per
.sogen ohne weiteres als Spione verhaftete,
die diesem oder jenem aufgefallen waren.
Aber du lieber Himmel: kann denn die
ganze Menge in jedem einzelnen ndivi
dllui ein solches Muster voy Wohlcr,;o
grnheit und Würde darstellen, dasj selbst
in Zeiten einer beispiellosen Erregung
nichts, aber such ein rein garnics vor
kommt, das mtr bemoR moros der
ftöhi? Im Eifer, dem Vatcrlande zu
nügen, hat man ja auch zu Dutzenden
königlich preußische Offiziere als Spione
verhaftet, manche bloß deshalb, weil die
Feldnnisorm der Menge noch nicht bekannt
war andere wieder, weil man ihre Uni
form für eine Verkleidung hielt. Daß
man im Hotel Adlon einige amerikanische
nd englische Zeirungskorrespondcnten als
i?pioue einlochte, ward schon nach zehn
Sirate auf Intervention der omerika
nischen Votschaft als Irrthum erkannt.
Vrwih .war's ein bedauernswerther Vcr
stoß! Angeber aber war der Chauffeur
gewesen, der die Herren von einem Tele
giaphenamt zum anderen gefahren hatte.
Und sie hatten natürlich englisch gcspro.
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' Was sind aber derlei Kleinigkeiten ge
aniin' der barbarischen Art. wie kürz
1,3 Deutsche und Oestcrreicher in. Frank
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reich und Äi'lgicn behandelt worden sind,
Wie Bestien bat sich dort die Menge aus
die unglücklichen Flüchtlinge geworfen.
Und da erzählen unl die Kriegssantasten
immer och, ein Krieg mache die Menschen
erst stark und frei'.
Garnicht denken mag man an die kei
den. denen die in Rußland eingekapselten
Deutschen anZgesedt sein weiden. Da soll
man sich nun einmal fcal Nuffenlager hier
in Döbcrib ansehen. Tort werden etwa
zweitausend Russen aller Stände, vom
Bettler bis zum Fürsten, ersargt und
Speisung-
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Russenlager in den Militärbaracken von Döberitz. ,
emsgchoben, mit tresflichem Essen, guten
Schlafstellen und erheblicher Bewcgungs
sreiheit unter grünen Bäumen versehen.
Von Bestien umheult, hält Deutschland
dennoch das Banner der Humanität hoch.
Ds nenn ich Kultur, das Andere aber
ist nur Tünche. .
Welche Triumphe aber feiert jetzt der
Geist der Ordnung in diesem arg bedroh
ten Reiche! Wie ist die Fürsorge für
die in's Feld Ziehenden wirksam organi
sirt, wie greifen die Räder ineinander!
Selbst von der berüchtigten bureaukrati
scheu UmstäkdlKhkeit ist Vieles gefallen,
hoffentlich wird davon im Laufe der
Ereignisse noch iel Mehr fallen. Auch die
Geheimhaltung aller militärischen Neuig
leiten wird, nach meinem Gefühl, zu radi
kal geübt. Natürlich braucht nichts gesagt
zu werden, dessen Veröffentlichung gegen
die Ctaatsraiss verstoßen würde, und
daß die Angehörige selbst oft keine
Ahnung dvvon habin, wo ihr Cvhn, Va
ter, Bruder. ai!ti (reibe steht, ist viel
leicht niäit eh all ne Härte, die aus
patriotisctj Gründkg ohne Murren er
tragen werden muß. Aber über Statt-
gefundenes dürften die Nachrichten wirk
lich etwas Hisführlicher sein. Bisher ha
bin wir zwar nichts als killkommene
Botschaften von den Kriegsschauplätzen
erhalten, aber viel zu knappe. Es geht
doch nicht an, daß das Volk, dem die
Bürde dieses ungehcuren Krieges obliegt,
wie ein artiges Kind immer nur warten
und warten muß, bis man sich im Bureau
darauf geeinigt hat, einen Neuigkcitstro
pfcn durchzulassen. Die Nachricht von
dem Minendampfer .Königin Luise"
z. B., die uns den gestrigen Sonntag
Morgen verschönte die That war schon
zwei Tage vorher geschehen! war in
ihrer Unbestimmtheit und Unvollständig
keit doch peinigend. Jeder intelligente Le
ser konnte begreifen, warum man einen
kleinen Bäder-Tampfer mit der heiklen
Arbeit des Minenlegen! beauftragt hatte,
denn jedes Kriegsschiff wurde doch ohne
weiteres attalirt worden sein. Aber man
fragte sich doch.' ok denn nicht ein paar
tüchtige deutsche Kriegsschiffe den toll
kühnen Minenlegern zum Schutze beigege
ben worden seien, und ob es bei dieser
Gelegenheit nicht zu einem ernstlichen Ren
contre zwischen englischen und deutschen
Kriegsschiffen gekommen fei. Zudem
wurde uns die offizielle Mittheilung nur
ziemlich sicheren Gerüchten zufolge" ge
macht.
' Aber selbst wenn diese Unbestimmtheit
und UnVollständigkeit ofizicller , Kriegs
Nachrichten nicht Anlaß zu allerlei, viel
leiÄ ganz grundlosen Befürchtungen
giebt, der wird dann aus Hunger nach
Neuigkeiten ein Opfer der gewissenlosen
Verbreiter von falschen Sensationsnach
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richten. Ich halte es für richtig, die Er
sinder und wissentlichen 'Verbreiter
solcher erlogenen Sensationen wenigstens
für die Dauer des Krieges unschädlich zu
machen, nämlich in's Gefängnis zu fetzen.
Eine richtige Sensations-Lllgen-Fabrik
scheinen wir gleich hier am Kurfürsten
dämm, im Hotel Tumberlatid (dem frühe
ren Boarding Palast") zu haben. Am
vorletzten Sonntag wurde von dort aus
ich weiß nicht durch wen die Lüge
verbreitet, daß Japan an Rußland den
Krieg erklärt habe. Tarauf muß wohl
ein außerordentliches Verlangen nach
Champagner unter den Gästen des Cafös
und der Terrasse au'sgcbrochcn sein, denn
gestern, am letzten Sonntage, wurde die
damalige Scnsationslüge noch weiter über
boten. Das Hurra-Geschrei hatte sich bis
auf die Strake verbklanzt und . schallte
vom Kurfürstendamm so stark zu meiner
nicht eben sehr nahen Wohnung
herüber, daß ich um halb 12 Uhr
nachts den Kopf zumHenster hinaus
streckte und den Portier nach der Veran
lassung zu dem Jubel fragte. Die, Ant
wort lautete: im Hotel Cumbcrland fei
verkündet worden, daß ganz Belgien' sich
oem Iraner aus nave unv ungnaoe er,
geben habe und daß Belfort mit 60,000
Mann Franzosen in unsere Hände gefallen
sei. Das war nun allerdings ein bis
chen klobig, aber daß die Mär von Vie
len geglaubt und reichlich begossen wurde,
ließ der Jubel vom Cumbcrland Hotel
her errathen.
Ucbrigeus werden unsere Wirthe jetzt
auch bald über die Kriegszciten zu jam
mein beginnen. Bisher, so lange die Mo
bilmachung noch im vollen Zuge war.
ging's ja noch, aber jetzt kann man selbst
in den sonst überfüllten Lokalen zu jeder
Zeit einen beciucmen Platz haben. Und
wer denkt denn jetzt noch an das Berliner
Nachtleben und an seine Bekämpfung?
Es mag hier und da noch einige bevor
zugte Plätze geben, die einen Betrieb"
vorzutäuschen im Stande sind, aber im
Allgemeinen fehlt für die Nachtschwärme
rei das lebende und das rollende Material,
womit ich die sogenannten Lebemänner
und das rollende Gold meine. Sind wirk
lich noch ein paar Lebcleute übrig geblie
ben ein Hauptkontigeut stellten ja stets
die Ausländer so fehlt ihnen jetzt das
Nothwendigste zum Nachtleben, das un
selige Geld. So kommt es. daß schon
viele von den bisherigen Genossinnen ihrer
nächtlichen Freuden sich dem Kranken
schwestcrndicnst gewidmet haben. Das
ist noch längst nicht das Dümmste, was
sie thun konnten, auch wenn sie nicht 8e
mit dem erträumten verwundeten Grafen
und Leutnant., aus dem , Kriege heimkehren
werden. . '
Wenn das Oberkommando dafür sorgt,
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daß die Lcbensmittelpreisc in mäßigen
Grenzen bleiben, so habe ich bislang auch
noch keine Klage darüber vernommen, daß
die Restaurateure und Hotclwirthe ihre
Preise ungebührlich hinaufschrauben.
Trotzdem mag es jetzt vorkommen, daß
man seinen Hunger in einem eleganten
Restaurant nicht mehr zu stillen vermag.
Hat doch gleich nach der Kriegserklärung
eine Agitation für Ausmerzung aller
französischen und englischen Namen und
Redewendungen eingesetzt. Wie soll man
also jetzt errathen, was für ein Gericht
sich hinter der meist verunglückten deut
schcn Ucbersrtzung verbirgt. So bin ich
von vornherein gewiß, daß ich die löst
liche Mayonnaise" nicht unter irgend
einem, noch so geschickt ersonnenen deut
schen Namen erkennen würde. Hat man
sich fein ganzes Leben lang vom Roast
beef ernährt, dann wird es einem gar
nicht einfallen, sich gebratenen Ochsen
zu bestellen. Auch kann ich mit dem besten
Willen nicht einsehen, .was es mit der
patriotischen Gesinnung zu thun haben
soll, wenn man Benennungen bcibehält,
die thörichter oder verständiger Weise
seit Generationen im (Gebrauch gewesen
sind. Es ist doch wirklich mehr als bloß
eine spaßhafte, Bemerkung, daß Ea de
Cologne der deutsche Ausdruck fit Köln
Wasser ist.
Ein Anderes ist's, wenn man zum
Beispiel über ein Piccadillq Easö" am
Potsdamerplatz spottet; abeauch da
bei kommt doch weniger de? Patriotismus
als der gute Geschmack in Frage, Besagt
tes Cafö heißt jetzt Cafö Vaterland".
Warum war man denn nicht etwas konse
quenter und nennt es Kaffce-Haus oder
Kaffee-Stube Vaterland?
Es ist auch auf den Straßen Berlins
feit kurzem viel stiller geworden. Frei
lich stehen an manchen Ecken stets viele
Leute und warten auf neue Kunde von
den Kriegsschauplätzen. Kommt dann eine
frohe Botschaft, dann drängt und wogt
das Volk wieder auf und ab und kann
den Weg nach Hause nicht finden. Aber
sonst verhält sich Berlin recht still, die
Tennisplätze liegen verödet, und die TFuisi
lauschen Geräusche find nicht halb so aus
dringlich wie zuvor.
Bei der Nachricht vom Fall Lüttichs
ging es wie ein tiefes Aufathmen durch
die gesammte Bevölkerung; man hatte
diese Bestätigung nöthig,. daß es noch die
selbe alte zuverlässige Armee war, die den
Zuhauscgebliebcnen im Sommer 1870
solch' unglaubliche Uebcrra schlingen berei
teie. .
.Es wird erzählt, der .berühmte 78jäh
rige General Graf Häseler hätte sich mit
den Worten vom Kaiser erabschiedet:
Majestät, wir sehen uns also erst am
28. August in Paris wieder; aber zum
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Frühstück'." Nun wenn's auch schon Zeit
sur's Abendessen geworden sei 7. sollte, das
würde hier weiter nicht enttäuschen.
Wir sind von aller Welt abgeschlossen
und müssen uns mit den spärlichen Reuig
leiten begnügen, die uns der Genera lstab
und der Marincstab bewilligen. Zwar
haben wir die Gewähr, daß diese Nach
richten nie widerrufen zu werden brauchen,
daß wir auf ihre Richtigkeit schwören kön
neu, aber die Ungeduld läßt uns nianch
mal vergessen, daß unsere sämmtlichen
Feinde so viel schlimmer daran sind, daß
sie sich von der Agcnce Havas und dem
Neuter'schcn Bureau eine Unzahl Nach
richten erstatten lassen, die sich nachher
als freie Erfindungen oder grobe Ent
stellungen herausstellen. Da aber eine
Nachricht, die nicht zutrifft, überhaupt
leine Nachricht ist. dürfen wir uns denn
doch wohl als bevorzugt ansehen.
Auf welche Weise es geschieht, weiß ich
nicht, aber es kommen doch manche engli
sche und französische, ja sogar russische
Zeitungen in das eingekapselte Teutsch
land hinein. Und sie sind meist recht
amüsant. Uh je, in was für einer Vcr
fassung müssen sich unsere Gegner befin
den, wenn sie sich durch so viele, zum
Theil ganz groteske Lügen Muth zu ma
chen suchen! Was ist da alles über Lüt
tich zusammenphantasirt worden! Und
die Unklarheit, der höchsten Autoritäten
über den Zustand der eroberten Festung!
Der französische Präsident verleiht der
ibtadt, ba sie sich schon, in deutsclM Hän
den befindet, das Grvßkrcuz der Ehren
legion! Diese Auszeichnung konnte sich
nicht einmal General Emmich träumen
lassen. Und was sagen bloß die Boule
vardleute dazu, daß ihr vortrefflicher Herr
Poincarö eine deutscl Stadt dckorirt?
Indessen regen doch nicht alle die heil
losen Lügen zum Lachen an, man findet
in dieser ausländischen Presse auch Nach
richten aus Deutschland, die einem die
Zornesader schwellen, die einen wünschen
lassen, den Verbreitern eine Tracht deut
scher Hiebe zu verabreichen. Das sind
nämlich die Lügen aber die Stimmung,
die in Dnitschland herrscht, daß Deutsch-
land garnicht so recht einig sei, daß die
Sezialdcmokratcn widerwillig in den
Krieg marschirtcn, daß der Abgeordnete
Dr. Liebknecht wegen seiner Weigerung
standchtlich erschossen worden fei. Solche
Nachrichten können nicht auf Grund von
Mißverständnissen oder aus Neigung zur
Uebertreibung entstehen, sie sind frei er
funden, sie sind bewußte, beabsichtigte LU
gen. Ich glaube, ich habe es schon vor
einer Woche gesagt, daß, so gewaltig im
mer die Eindrücke der kommenden großen
Schlachten sein mögen, so heftig sie uns
erschüttern mögen, den bleibendsten und
tiefsten Eindruck wird doch jeder, der hier
mit dabei war, von der absoluten Ein
müthigkeit sämmtlicher VolkSklasscn, die
Sozialisten eingeschlossen, von der abso
luten Begeisterung der Kombattanten und
Nichtkombattanten im Herzen behalten.
Hier kann man ohne die geringste Ueber
treibung sagen: Millionen Herzen und
ein Hchlag. Man hat das erst erleben
müssen, um so etwas für möglich zu hal
tn Fragen Sie doch Ihre Landsclutc,
d ihn europäische Sommerreise unter
brechen mußten, nd nun theclöffel-
.rncil zu Ihnen zurusieyren, ?osem
s in Berlin, oder München, ode? Drej
den. oder sonst in irgend einer anderen
' . ' '
deutschen Stadt waren, werden sie deken
nen, daß ein Volk von solcher Haltung
und Zuversicht fünffachen Feinden gegen
über ihnen noch nicht vorgekommen ist.
Sie wissen ja, wie wenig ich mich genire
zu rügen, was mir hier nicht gefällt, aber
jetzt bin ich thatsächlich um die rechten
Worte verlegen, mit denen ich meine Ve
wunderung für die Kriegsouverture, die
ich hier erlebt, zum Ausdruck bringen soll.
Aber Ihnen würde ja wohl, wenn Ihre
Verleumder recht hätten, wenn Amerika
eine Nation von Dollarjagern wäre, am
meisten imponiren, daß Deutschland es
sich leisten konnte, kein Moratorium zu
erklären. Man bedenke, daß England,
dieses reichste Land der Welt, sofort mit
dem Moratorium bei der Hand war, wäh-
rend Deutschland trotz der ungeheuren
Kriegskosten und trotz des unvermeidlichen
Stillstandes im Geschäftslcben dabei
bleibt, daß jeder Geschäftsmann seinen
Verpflichtungen wie immer nachzukommen
hat. .Man appellirt zwar an den guten
Willen der Gläubiger, ihre Forderungen
Nicht mit? 'Gewalt einzutreiben, zugleich
ober auch an das Ehrgefühl der Scknild
ner, zu zahlen, was irgend in ihren Kräf
ten steht. Miethen und Hhpothekcnzinsen
müssen unweigerlich bezahlt werden, da
mit nicht das. Fundament eines soliden
Geschäftsbetriebes erschüttert wird. Da!
WelMiegs.
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Abfahrt zum Kriegsschauplätze.
für aber werden don der Reichsbank und
mit Hülfe anderer Großbanken Dar
lehenskassen eingerichtet, die auf Effekten
und auf gesicherte Forderungen Kapitalien
vorstrecken. Damit will man dem Wu
eher begegnen. Ich habe wohl manchmal
das Gefühl gehabt, deutsche Geschäftsleute
seien zumal wenn man an die riesige
Ausdehnung des deutschen Handels denkt
doch ein bischen zu kleinlich, zu vor
sichtig; jetzt lernen wir nun von dieser
Eigenart die höchst angenehme Kehrseite
kennen.
' Also auch Hungersnoth soll hier bereits
herrschen. Nun, ich glaube, seit der
Kriegserklärung ist hier noch niemand we
niger satt zu Bett gegangen, als vorher,
und gar mancher Wohl gar mit besser ge
fülltem Magen. Das kommt von der
wie im Fluge organisirten Wohlthätigkeit,
von der nun auch Leute profitiren mögen,
die sonst keine Gelegenheit dazu bekamen.
Sogar die Feinde, die wir beherbergen,
erhalten reichliche Mahlzeiten. Man gehe
einmal zum Barackenlager in Döberitz
hinaus, wo 'etwa zweitausend Militär
Pflichtige Russen untergebracht worden
sind. Es befinden sich darunter sehr ver
wohnte Luzusmenschen ebenso, wie ärmste
Hausirer und Hungerleider. Selbst die
ersteren weisen die Kost nicht zurück, die
ihnen dort unentgeltlich gereicht wird, und
die letzteren sreuen sich diebisch darüber,
zum ersten Male in ihrem Leben nahr
hafte regelmäßige Mahlzeiten zu erhalten.
Wie mögen dagegen di militärpflichtigen
Deutschen rn Rußland unurgebkacht fern!
Daß die Lebensrnittel ein klein wmi
theurer geworden sind, soll nicht bestritten
werden; so zahlt man für Fleisch durch
schnittlich zehn Pfenige pro Pfund mehr,
für Mehl fünf Pfennige. Sieht so die
Hungersnoth aus?- Uebrigens hat der
Berliner Magistrat eine Kommission ein
gesetzt, die dafi zu sorgen hat. daß jeder
Versuch zum .waltsamen Hinauftreiben
der Nahrungsmittelpreise auf der Stelle
geahndet wird. So sehen denn unsere
Hausfrauen bereits ein, daß es thöricht
war, am Tage der Kriegserklärung Waa
renvorräthe einzulegen, als hätten wir
eine sechsmonatliche Belagerung zu absol-
Viren
Niemand klagt und murrt, oder wenn
er's doch thut, besorgt er das in seinem
stillen Kämmerlein. Gestern sprach ich
mit einer Mutter, deren drei Söhne
sämmtlich vor dem Feinde stehen. Wohl
wurde ihr Auge feucht, als sie davon
sprach, aber es flog auch ein Lächeln wie
milder Sonnenschein über ihr Antlitz,
Dieses stumme, feste Tragen des Unab-
wendbaren fetzt eine Seelen-Zucht vor
aus, von deren Vorhandensein sich doch
die meisten von uns kerne rechte Borste!
luna gemacht haben. Gern gestehe ich ein,
daß ich in diesen , beiden Wochen gar
manche meiner fest eingewurzelten An
sichten einer gründlichen Revision unter
worfen habe.
Neulich beobachtete ich im Straßenbahn
wagen eine kleine, schwächliche Conduc
teuse, die ihres Gatten Posten übernom
men hatte, weil er zum Heere eingezogen
war. Da waren sicherlich Kinderchen im
Hause, an die sie ebenso sicherlich denken
mußte. Aber brav und, unauffällig kam
sie, ihren ungewohnten Pflichten nach, rief
mit dünner Stimme die Straßennamen
aus, half den Kindern beim Absteigen
ruch'macke in jeder Beziehung den Ein-
vruck. alswenn sie nicht bemitleidet zu
i i l. t. . . r i GAnttst Alt f., i i
werden wünschte. - Heroisch sah sie gewiß
nicht aus. aber ich 'fühlte doch, daß sie
eine kleine Sparlanerin sein mußte.
Offen gestanden, diese stillen und festen
Dulder imponiren mir viel mehr, als die
laut Begeisterten, und die einzige unange
nehme Begleiterscheinung dieser großen
Tage ist für mich die Thatsache, daß es
so viele mit dem , Dichten gekriegt haben.
Man brauchte ja nicht alle die Verse zu
lesen, thut's aber doch, weil man denkt,
es müßte doch endlich einmal ein Treffer
darunter sein. Aber selbst Gerhart Haupt
mann's Reiterlied" hat nach meinem Ge
fühl etwas Gezwungenes; Hermann Su
dermann's WaS wir waren?" ist . ein
echter Sudermann und wird darum man
chen entzücken. Ich möchte es wenigstens
einen schönen Anlauf nennen. Die bis
herigen Kutschke-NachahmungeN und an
dere populär gestimmten Sachen haben
zum theil ganz Erträgliches,' aber kaum
etwas Scl)laqendes geliefert.
Der Kaiser ist also in der Rich
tung nach Mainz" abgereist. Man
ist sich also' auch hierbei - konsequent
geblieben, hat die Abreise' geheim
gehalten und sagt auch jetzt nur
etwas' über die 'Richtung", verschweigt
aber, wo der Kaiser zuerst sem Haupt
quartier ftTagsjDirb. JDc 8 st im rnt
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genau mit der übrigen knappen Bericht
tlstattung zusammen. Militärische Ein.'
zclheiten dürfen eben nicht ausposaunt
werden, und die Bewegungen des obersten
Kriegsherrn sind militärische Einzel
heiten" von höchstem Werth. Natürlich
wird es auch den Feinden nicht
lange geheim bleiben können, wo sich der
deutsche Kaiser befindet: das werden sie
schon, und zwar sehr bald, aus den Tha
ten der Deutschen merken; aber es ist
sicherer, sie nicht im Voraus davon in
Kenntnis zu setzen.
Nun, da er fort ist, wird man in Ber
lin noch stärker das Gefühl der Einsam
keit erhalten als bisher. Die Gestellung,
ordcr für den Landsturm hat am letzten
Samstag nicht, etwa Beunruhigung, son
dern Befriedigung bei den Betroffenen
wach gerufen. Unbefriedigt und nahezu
überflüssig fühlen sich eigentlich nur alle
jene, die aus diesen oder jenen Gründen
nicht mitmachen können. Ich glaube, cS
giebt kaum einen unter uns, und wäre
er auch sonst ei überzeugter Gegner und
Hasser aller Kriege der nicht sofort
als Freiwilliger einträte, wenn nur irgend
Aussicht vorhanden wäre, daß er ange.
nommen wird. Ueber eine Million frei,
williger Kämpfer haben sich gemeldet, aber
wie wenige konnten angenommen werden!
Einstweilen glaubt man genug zu haben
mik den secks Millionen, di friti im
Felde stehen. Darum werden auch die
Landsturmlcute keineswegs nscirfi ,n.
Dienst genommen, sie sollen sich blos mel
den rrnh Lethaltnugsmaßregeln erhalten.
Ausdrücklich wird ihnen mitgetheilt, daß
sie keineswegs ihren bürgerlichen Beruf
sogleich aufzugeben haben. Man will sie
blos in Bereitschaft halten. - Wer nun
noch Hierbleiben muß, nachdem auch der
Kaiser gegangen, bekommt das Gefühl,
er gehöre nicht recht mit dazu, zu dieser
großen. ., beispiellosen Bewegung.. Sich
aber gewaltsam herausreihen, sich in einen
ganz anderen Jdeenkreis versetzen, ist?
schlechterdings unmöglich; dafür fehlt!
einem eben die Konzentrationsmöglichkeiti
Uebrigens sah man den Kaiser in im
letzten Wochen täglich auf der Strohes
fast jeden Nachmittag fuhr er mit der
Kaiserin über den Kurfürstendamm ach
dem Jagdschloß Grunewald, oder. auch
nach Potsdam und zurück. Er zeigte im
Gesicht jene eigene ernste Blässe, die man
bei bedeutungsvollen Momenten stets o
ihm wahrnehmen kann. ,
Im Vorausaebenden sraat? iA wr
jetzt noch an dem Berliner Nachtleben und
an lerne Bekämpfung denke. Tag war
voreilia. denn kaum bat dir StnHer W
Rücken gewandt, so lassen jene dunklen
cacyre von lich yorcn, vie wohl einen
Haß gegen die mächtige Entwicklung Ber
lins babe lüssen. (Sie mnihien W
Verkehr d Straßenbahnen und der Hoch. .
oayn um zwois uyr nachts zum Still,
stand brinaen. angeblich weil es nickt
wünschenswert!, sei. daß sich der Bürger
in solch ernsten Zeiten noch spät nachts
herumtreibe. Es bat sich nun nher fies
den Geschäftsleuten ein derartiger Sturm,
der Entrüstung gegen diese Maßregel .
hoben, daß dieVerkehrsgesellfchaften kaum!
den Muth, baben dürften, sie ,ur Au'
führung zu bringen. i
Aber es ist nicht leicht, in dieser völlig
ungcwoynrcn Viruanon oas Ricorrge uno,
das .Praktischere zu finden. Da sind nicht'
wenige eure, vie verlangen, vag way!
rend deS Krieges sämmtliche Theater gej
schlössen bleiben müßten; andere, auch
nickt UNVatriotilcke Stuie tintnnnrn nrnnn'
das Gegentheil. Thatsächlich hat der Ver
band der Berliner Theaterleiter kschknll,
den Betrieb zu eröffnen, wenn ihnen die
nacyiisallige 'Miethen und Hypotheken
rate erlassen wird und die öauSbeliker
damit einverstanden sind, sich prozentua
iirer an oen innaymen zu oeryeiugen.
DaSwird freilich wohl von der Höhe de
Prozentsatzes abhängen. Den Anfangs
machte übrigens am 30. August daS Deut'
sche Opernhaus in Cyarlottcnburg. Um
die secksbundert Anaestellren nickt htal'
los zu machen, wird man mit reduzirteDl
Gagen ipreien, nachvem vie E?tavk
talhniurn die Nackt usw. laZst Kfli.
Ich halte daS entschieden für nachahmrnö
werty.
DaS sog. 10 Meter-Meßgerath für
Entfernungsschätzungen der Firma Avh
hat auf 15,000 Meter Entfernung ei
Genauigkeit von 32,6 Meter.
Der neapolitanische Poiizeimmister
ließ verbotene Bücher nachdrucken und
unter der Hand für seine eigene Nechnnna
verkaufen.. , ..'., j-' .
Gabrielle d'EstrZeZ, die Geliebte .
HeiichS bezahlte für ein artiges
Taschentuch die damals (1504) ivhrrt
Sustm, von 1900 Thalern. '