Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, September 04, 1914, Image 5

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Das Moidele.
Novelletts von Zllbert v. ZvaxiinU
?! wkir Wo neun Uhr. das Abendessen
tken zu E'.ldk. Di? Greisin Lilly, seiden-
lauschenden Schritts, ging ra,a, nerz
klopfend durch die lichtstroende Halle, mit.
tcn durch all dies junge Lachen und wer
txnde flirten ti Alpenhotels hinaus in
den Abend. Bor dem Hotel angekommen,
blickte sie sich.-Plötzlich erbleichend und wie
im Fieber, um. Doch! Sr war da! Sie
lächelte. Sie schmiegte sich in den Herme
linmantek. Geben Sie mit?" fragte sie.
ohne ich anzuschauen, .ich will zum See
hinab!" Und er, als ob er kein Wort
hernnzbr'nthtt. nickte nur, aber gerade dies
demüthige Nicken des schönen, vornehmen
Kopses, die wortlose, unbedingte Jyrroi
gen lieble sie so sehr. ja. liebte sie so sehr;
wonnig schmiede sie sich in den weißen
Mantel und ging.
Die grotze dunkelgrüne Malte umä Haus
ßeium war still. Die Wälder ringsherum
schwarz; kühl kam es aus ihnen herüber;
sie waren auch still. Die Dolomiten, aus
der Nacht dieser schweigsamen Walder
wachsend, schimmerten blas, und wie iodt
im Nachglühen. , unv ver ran,, euiif
wie Lapis, und ebenso goldzesprenkelt wie
Lapis, und wolkenlos, war über all dies
Ruhe voll von Dust und Geheimnis.
Am User, bei Sees, aus dessen Himmel'
spiegelnder Glätte keine Bewegung kam,
ließen sie sich auf dem Stamm einer ge
fällten Tanne nieder. Der Weißt Mantel
der Gräfin Lilly bebte. Das Auge des
Manne flackerte. Ringsum war die Im
fternis. Ringsum kein Laut wach. Hier
konnte man' unendlich müde sein! Aber,
wenn hier jemand den Muth hätte, zu le
ben. wie n noch niemals gelebt hatte,
könnte er unendlich selig werden, weil
Dunkelheit und Stille nichts, nichts, nichts
anderes vcrhiefzen als Seligkeit!
Die Gräfin Lilly, so denkend, Plötzlich
erschauernd,, lehnte, sich in die kühlen
Zweige zurück, eö verlieh sie das Bewußt
sein, ein Seufzer kam ganz, ganz leise aus
ihrer Brust . . w in diesem Augenblick et
haschte der Mann ihre Hand. .Lilly!'
flüsterte er heiß, zitterend, kniete schon vor
ihr: Siwg, mn,. . i:iucj; ...
ta sprang sie wild auf, eine Wo?
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in 1 Lilly war trostlos, ihn durch
vie GrsVe, unnothwendig zornige Wort
zgrnidntfcrnt zu haben; er verzwei
v-.r immer den plumpen Angriff für
Ml sie dur zu haben. Eie ging ruhe.
' verlotewr den Fenstern die Nacht
'j während IVr und schmeichelnder
immer sÄzseitt-alon auf und nieder.
l.M in ihr .mein der welligen
t t'tnui:, auf j ' igsanl le'L
kBlÄ!
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In der DEUTSCHEN HALLE zu PAPILLION
Der Zweck ist einen CountyGerband im Staatsverband 3!ebraska zu gründen und gleichfalls Schritte
zu thun, das Hülsswerk für die Kriegsnothleidenden zu fördern.
Mehrere Redner werden auftreten, darunter Herr Val. I. Peter, Präsident, und John Mattes, jr.,
Sekretär des Staatsverbandes Nebraska.
Kein Dttttscher sollte in dieser Versammlung fehlen!
Das Konnte.
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tcndcn Himmel. .Wie ich Dich liebe!' raste
sein nicht genug eingeschüchtertes Herz. All
ire Schönheit sah er aus dem schlum
mernden Land auf ihn zukommen, -- oh,
wie es süß sein mühte, einmal diese weihe
Schönheit in den Armen zu halten! Seine
ganze, liebe, gütige, verständige Seele
schwebte mit dem Dust der endlos aus
gebreileten Matte ihren Thränen entgegen,
ach, wie es erlösend sein müßte, ein
mal, einmal sich einhüllen zu lassen vo
der Wolke dieser ftumm sich verschenkenden
Zärtlichkeit! .Paul, Paul.. . . Paul,'
weinte lie. an allen Gliedern zitternd, end
lich in die Verschwiegenheit der Kissen.
Lilly. Lilly, Tu!' rief er. ais ver :wr
nn miä d,m C !ea, m Die rvieoer
lockende Verheißung dieft neuen Tage.
Und blieb, plötzlich, wie verändert, stehen,
die Augen starr in die aufflammende Hel
ligkeit hinter den tintenschwarz ragenden
Berzzacken geheftet, too, wie mys äu
gen, kaum daß der erste Lichtstrahs ihr
qimm?r Mrfilir6- kick aus dem belauben
den Zauber der Phantasien rissen und er-
staunt in diese Lichtstrahl legren. Da
w i alle? Unsinn!, Spielerei. 21-
heit und, Verbrechen! . ;
Sa dackt tu M1 Satt I Nicht MS'
7i qnd die Kinder zu Hause? Hatte er
nicht Lucy ' und w Kinder zu an,e t
War ihre , Ehe . nicht eine Mujtcr
ehe? War, seine Ehe nicht eine Ausnahms
ehe? War sie nicht !ne makellos? Frau?
War ck nicht ein Gentleman? War sie
nicht schon dreiunddreißig? Harre er ichk
schon ein paar graue Haare? Macht man
in ihrem Alter, i ihrer Stellung.- in
ihrem Glück noch solche Dummheiten?
TiliMt' ein Sektiousrotb noch wie ein.
Leutnant? Und war sie etwa des Ver-
gnügens halbes d her gekommen? Und
war er etwa nicht' einzig und allem fetner
Nerven halber da herauf geklettert? -
Lächerlich! Zuerst, acht Tc.a, lang nach
der unvermeidlichen Bekanntschaft im
Speiscsaal, hatten sie prachtvoll über diesc
s Nerven reden können. Und die zweiten
-,cht.Tage, weil eS ihnen da schon vl bes
,er aina. so ausgezeichnet sich über Musik,,
Literatur. Natur ... ach, über alle Dinge
unterhalten, von denen gesellschaftsfähige,
durchschnittlich kluge, aber einander fremd,
Menschen harmlos miteinander zu sprechen
pflegen Und Plötzlich, nach dieser zwe,i
ten Woche, war ihnen kein !Uiorr meyr w
gefallen, kein einzige. Und warum? Weil
er plötzlich wußte, daß sie so grenMos
schöne Augen hatte. -Schwarze, große,
liebe, tiefe . . . ach, Augen! Und weil sie
plötzlich entdeckte, daß er so schön: Hände
hatte. und e,ine so wohlthuende, ach,
so wohlthuende Stimme! Und deswe
gen .. . ' '
.Nein! - Ich werde keine solche Frau!'
sagte Lilly, auf di Boden stampfend, zu
sich, als sie sich nach dieser ernüchternden
, erknb. Und Daul, als er endlich
List IÄ?' ömmerraufjtikg, bestimmt und
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troig: .Nein, Lucy. Du kanm!i Dich der
lasseu!" Und so saßen sie sich kühl und
wie zwei vollkommen Fremde Zllittagi bei
Tische gegenüber. Und als - Lilly am
Abend. g,gen Sechs, au dem Hause ging,
weiß voor oben bis unten, und alle die
alten und iungen Herren ihr aufgeregt
nachgafsten, stand nicht, wie Mwöhnlich,
Paul am Portal, um sie zu empfangen;
und als Paul vor dem Souper in Kla
vierzimmer trat, saß nicht, wie gewöhnlich,
Lilly. Brillanten im Haar, vor dem Flll
gel und lachte ihm entgegen.
Und auch am nächsten, auch am üba
nächsten, ja auch am dritten Tag mieden
sie sich! Eine Schande, sagten sie sich,
wenn man mcht soviel Besonnenheit und
Willenskraft aufbrächte!
Und auch am vierte Tag haiteu sie
diese Willenskraft noch, bis' bis um
vier Uhr Nachmittags. Da sah Lilly vom
Tennisplatz aS Paul mit einer jungen
Engländerin über die Wiesen gehen .
und ein paar Minuten später sah Paul,
wik Lilli, dem bildhübschen Franzosen, mit
dem sie Tenni spielt, Augen machte.
Augen! ... Und da erst, in dieser
Sekunde erst, wußten si, daß, wa sie da
zuerst zueinander getrieben und dann aus
einander gerissen hatte, vielleicht von allen
andern Spielerei genannt werden konnte,
aber nichts anderes war alA Liebe Lei.
denschaft Schicksal! Und wußten
sich nicht mehr zu helfen!
Nach einer neuen schlaflose Nacht, in
deren Qualen sowohl Lilly als Paul den
Entschluß faßte, abzureisen, begegneten sie
sich, ganz gegen Wille. un Erwartun. Vor
dem Hotel. Im Augenblick wurden sie
hochroth wie ertappte Kinder. Im nach
sten bleich. Betreten standen sie voveinan
der, die Augen gesenkt, wartend.
Ein schöner Morgen!" bracht Mich
Paul heraus, ollkommen heiser.
.Ja.' flüsterte Lilly; sie war aufch hei
scr. .
Eine peinliche Paus entstand. WaS
würd, nun aekckieben?
Aber wieder war eö Paul, der sie be
siegte. .Was machen Sie Nachmittags?'
sagte er und versuchte, Lilly anzublicken.
Dabei hämmerte sein Herz, daß fie.e hö
rm mußte! ,
.Nachmittags? Nichts'.'
Er schluckte da Eis dieses Ton tapfet
hinab. .Ich gehe in die Zima hinauf!'
sagt er, dcu Blick Siedet tus gesenkt, un.
sicher. Es war ihm daS gerade eingefal
len.
,Jn die Zima? So?" Lilly nahm ent
schlössen den Stock Viel Vergnügen!'
Und. blitzschnell sich umdrehend, ohne wei
tern Gruß, lief sie davon. ,
Wie ein Verrückter stante ,yr Paui
nach. Jetzt war ja alles noch schlimmer
als vorher!
Aber Nachmittags, als daS ganze HauS
Siesta hielt, und die Sonne sengend nie
verbrannte, machte er sich wirklich us den
Weg nach der Zima. Und nur auf fcjm
einzigen Grund, weil er den Gedanken
nicht losbracht?: vielleicht . . . vielleicht . . .
kommt sie doch! Während er dem Wald
zuschritt, konnte er e nicht bemerken, daß
ihm Lillv,- von den, Jalousien ihres Jen
sters verborgen, nachblickte. In ihr tobte
dcrtzte flamjrU, aitw wrte
m
I
ILAA
ata
,U,M,
wollte sie ihm hinabrufen, .ich komme
mit!' Denn eine glühende Vorstellung be
täubte sie und löschte alle Vorsätze in ihr
aus: oben, im Schatten der schweigenden
Felsen, an seiner Brust alle vergessen!
Alles! Wunschlos, gedankenlos werden!
Aber, als er nun im Waldrand der
schwand, hatte die Vernunft über den
Traum gesiegt. Aufathmend, seufzend, trat
Lilly vom Fenster weg, strich im Schreiten
über einen Brief, der auf dem Tisch lag
und sagte: Nein!'
Eine Stunde lang, oben in der kleinen
Almwiese angelangt, zweifelte Paul noch.
Da heißt: er hoffte noch. DaS heißt: er
redete sich mit allem Eifer zu: sie kommt
gewiß nicht! Und das war süß. so auf
regend es war. Denn es machte dies hoff
nnngslose Hoffen aus der Wiese ein Pa
radies, aus dem Wald rundum ein Mär
chen, aus dem weihblauen Himmel darüber
ein Wunder. Aber nach dieser Stunde
legte sich in sein nicht mehr erträgliches
Fieber plötzliche Ernüchterung. Bon sei
ne Augen sank ein Schleier. Er em
Pfand sich als lächerlich. Geradezu läp
pifch! Und Lilly als vollkommen unnah
bar! Er hatte sich etwas eingebildet! Ein
einziget nüchterner Blick zerstörte die Vi
sion dieser Einbildung. Da. auf dieser
Wiese, stand der Scktiansrath von Eidt,
vom Ministerium des Aeuhern, den Alt
nien nervös gemacht hatte, und nicht ein
thörichter Schwärmer! Punktum!
Er zog, aufathmend, die Uhr, und er
hob sich. Es war fünf. Und blieb, ge
rade im Begriff, in, den Wald eiiizubre
chen, wie ein Stein stehen, denn da, ihm
gegenüber, keine zehn Schritte von ihm
entfernt, aus dem Wald tauchend, weiß,
glänzend weiß, lächelnd . . . Wie ein ab
geschossener Pfeil schnellte er au? dem
Gras. Jagte, raste, rannte, breitete die
Arme aus, weit. hell. .Lilly!' schrie er.
daß es rings widerhallte. .Lilly! Lilly!'
Dann wurde es todtenstill in der Wiese.
Und immer stiller. Und immer noch ftil
ler. Paul wußte nicht mehr, wo die Welt
war. Und Lilly auch nicht. Sie sahen
nebeneinander im Gras, an der Tannen
mauer; unbeweglich. Sie redeten auch
nichts. Nur die Augen, die sich groß, bren
nend, grenzenlos liebkosend anblickten,
verriethen ihr heimliches Leben. Und das
fast kindliche Lachen. daS um beider Wund
lag; denn daS staunte, staunte und
bewunderte.
Daß Du gekommen bist!' sagte end
lich, die Seligkeit nimmer verschweigen
könnend, Paul. Und als er da seine
Stimme hörte, erschrak er. Aber sogleich
verschwand alle Angst wieder.' Lilly war
wirklich das Da! Neben ihm! Ganz! . . .
Daß Du mich so glücklich gemacht hast!'
sagte er, Lilly verzaubert anschauend, ein
bißchen lauter. .So glücklich!' Und seine
Augen waren voll von blauem Stolz.
Diese Frau licUe ihn! Diese. Frau! Ihn!
. . . .Und so schön bist Du!' sagte er.
nun ganz umloht vom Feuer seiner Liebe,
noch lauter. Denn nun kam sie langsam,
langsam, riesengroß aus dem kopfschüt
telnden Staunen hervor, diese Liebe, und
mit ihr, neu und wundersam, die ganze
Welt! . , '
Und als nun L'vq, bebend, ganz, ganz
Mi MM Sjtbk.ti
adtamitffcags
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wahrnehmen konnte, feine Hand nahm,
und sich ganz, ganz leise, unbeschreiblich
lächelnd. Seligkeit in den groß aufgeschla
genen Augen, an ihn lehnte, ward es gol
den, schimmernd und flimmernd vor sei
nem Gesicht, er wußte plötzlich, daß er sie
noch gar nicht geküßt hatte, nein, denke
Dir! noch nicht, aber jetzt, jetzt, oh, in der
nächsten Sekunde, darf er es tbun. alles,
alles darf er thun, alles gehört ihm, sie,
ganz sie, die ganze, süße, schöne, weihe
Lilly gehört ihm. Lilly" flüsterte er trun
kcn und wollte sie an sich herüberziehen,
.Lilly . . .'
Da fuhr sie entsetzt empor, Schreck in
allen Gliedern: .Es kommt jemand!'
Paul sprang auf. Wild, zitternd.
.Wo?'
.Da!' zeigte Lilly, regungslos gc
spannt, nach dem Wald hinab.
Wahrhaftig! Paul erbleichte. Da kam
jemand! Da schlüpfte jemand aus den
Zweigen. Teufel! Gerade jetzt! Noch sah
man nicht, wer es war; aber nun . . .
nun . . . Nun sah man es: es war ein
Kind!
Paul lachte wie ein froher Junge. Ein
Kind!' Nun war alleS wieder gut! Aber
überhaupt: was gab eS denn jetzt noch zu
verlieren! Ein Kind. Lilly! Nur ein
Kind!" lachte er wie toll.
Aber Lilly antwortete nicht. Es geschah
etwaS Eigenthümliches in ihr. Mit un
bewegten Äugen sah sie zu, wie das Kind
in die Wiese trat. Barfuß war es; ein
Bauernkind. Einen Beerenkorb trug es
im Händchen. Und jetzt, mitten in der
Wiese angelangt, blieb es stehen, hob das
Gesichtchen und sah die beiden.
Ein schönes Kind!" sagte, über die
Schulter zu Paul zurück, Lilly. Ja."
stimmte er, vergnügt nähertretend, zu, ein
schönes Kind!"
Beide, eng nebeneinander stehend, be
trachteten nun das Kind. Lange, schweig
sam. Dann trat Lilly von Paul weg,
näherte sich dem Kinde, beugte sich zu ihm
herab und sagte: .Wie heißt Du denn,
Kleine?' - '
Das Kind, scheu, senkte das Gesichichen.
.Moidele," sagte es endlich leise.
Moidele? Und wie alt bist Du denn?"
Das Kind, die Händchen in der Schürze
verbergend: .Sechs Jahr!"
Und so groh?" Lilly kniete nieder. Ihr
Herz tobte zum Zerspringen, ihr Gesicht
brannte, ihre Hände zitterten. .Und so
lieb? Und so putzig? Und schon allein
Beeren suchen gehen?'
Paul fuhr sich mit wirrer Hand über
die Stirne. Er wollte nicht, nein, weiß
Gott, er wollte das Kind nicht anschauen!
Aber er mußte! Mußte! Es hatte so
seltsam blaue Augen; und so seltsam
blonde Löckchen!
.Kommen Sie her da!' sagte da plötz
lich Lilly, wieder übe, die Schult zu ihm
zurück. Und oivt) da wollte er nicht fol
gen! Aber auch da muhte er! Sehen
Sie einmal." fuhr Lilly leidenschaftlich
fort, und kümmerte sich gar nicht darum,
daß cS ihm wehthat, weil sie ihm nun
immer .Du' sagte, sehen Sie einmal
dies entzückende, unschuldige Gesichichen!
Nicht? Ist ej nicht rührend?"
Er kniete sich neben Lilly nieder. Bleich.
m&LffittJii SS vM' . Dieses Äe.
SWMZlMZL
sichtchen ist nicht rührend! Aber, merk
würdig, er vermochte nicht, das zu sagen.
.Ja", sagte er, wie in einem erzwungenen,
unerbittlichen Erwachen. Rührend!"
Lilly erhob sich, schaute ihn fest an.
Gehen wir!" sagte sie. fast befehlend.
Aber noch ehe er das hörte, hatte sie sich
wieder zum Kinde niedergebeugt, und nun
pichte sie es heih, gierig an ihre Brust,
und kühte es. Lebwohl, kleines Moi
dele," sagte sie zitternd, mit den Thränen
kämpfend. kleines, braves Moidele!"
Das Kind blickte verständnislos, wie
träumend, zu ihr auf. als sie es freilieh.
Da," sagte Lilly, und zog ohne Ueber
lcgung ihren schönsten Ring vom Finger
und lachte Las Kind an, dieses Ringlein
nimmst Du mit! Magst Du?"
Jetzt ward der Zwiespalt Paul uner
träglich! Sie wollten ja geben?" sagte
er fragend wie um Lilly zu wecken, wie
um sie zurückzurufen.
.Ja.' lachte Lilly, sich fröhlich erhebend,
aber ich an Ihrer Stelle würde vorher
dem Moidele auch einen Kuß geben!"
Nein! Er sah sie widerspenstig an.
Nein, das that er nicht! Nein! wollte er
sagen, das thue ich nicht! Aber da
hatte er sich schon niedergebeugt. Und nun
kühte er das Kind. Und kaum hatte er
das gethan, da lachte auch er, und sogar
zu Lilly empor lachte er; und sagte herzig
zum Moidele: Magst Du von mir am
Ende auch ein Ringlein?"
DaS Moidele, feuerroth, daS erste Ring
lein krampfhaft fest in die Faust bergend,
sagte ganz, ganz verschämt und derschreckt:
.Bitt' schön!"
Ja?" Paul lachte, lachte, lachte. Jetzt
verstand er! Oh, wie schön war jetzt das!
Da,' sagte er und nestelte den Ring in
das zweite, schmutzige Händchen, jetzt hast
Du gar zwei, kleines Moidele!"
Das Kind stand wie ein Englcin, roth
wangig und wirr. Die beiden Fäustchen
so fest, fest geballt. Und immer noch
traumbefangen.
.Lebwohl. Moidele!" winkte Lilly, und
schritt nun dem Wald zu. .Lebwohl!'
Lebwohl. Moidele!" winkte Paul, im
mer noch zurückschallend, lachend, .Leb
wohl!"
Es kam der Aubachmald. Das Felsen.
Wiesel kam dann. Dann der Steg über
die Zimasturzklamm. Dann der Kletten
thalwald. Und immer abendlicher, immer
schweigsamer wurde es um die abwärts
Schreitenden. Und immer serner kamen
sie dem Moidcle. Nicht Einmal mehr ru
seit hätten sie ihm können! Aber immer
näher kamen sie dem Moidele; trotzdem!
Immer näher! Wortlos gingen sie.
Lilly! weiße, schlanke, junge Gestalt voran.
Er, aufrecht, Heller Stirne, hinterdrein.
Drei Schritte hinterdrein. Und es wur
den nie weniger! Sie lieh sich nicht mehr
einholen! Aber er wollte sie auch gar nicht
mehr einholen. Aber sie floh auch gar nicht
vor ihm.' Aber er fürchtete sich auch gar
nicht vor ihr. Es war jetzt wundersamer
weise ganz anders. Ein wundersam fchö
nes Nachhaufegehcn war's!
Als sie aus dem letzten Waldstreifen in
die goldenen Wiesen hinaustraten, blieb
Lilly einen Augenblick stehen, nur einen
Augenblick lang, schaute Paul voll ins Ge
W läMnö. binrtincnd ,fcöa. und -faatf;
l !j
LJilF
I
'MW-g
isga
Sie haben auch zwei Kinder zu Hause?
Nicht?"
Er wurde roth, brennend r?th. Nach
einer langen Pause, unsicher, leise, sagte
er: Ja!"
.Und auch Bub und Mädel, wie ich?"
Ja; auch Bub und Mädcl!"
Dann ging Lilly wieder weiter. Sie
schritt, einem jähen Einfall nachlaufend,
fröhlich der Hanswurst, Lebkuchen und
Kuhglockenbude zu, die neben dem Hotel
mit allerlei Farben bunt herüberwinkte.
Aber lustig redete sie im Gehen weiter:
Und auch so hübsche Kinder, wie z. B.
das Moidele?"
.Oh, noch viel, viel hübschere!'
.Ich auch!" Wie ein Jauchzer klangZ,
und Lilly lachte.
Kinder sind überhaupt etwas Ent
zückendes!" rief Paul leidenschaftlich, be
geistert über diesen Jauchzer, hinterdrein.
Nicht? Etwas Unvergeßliche!!' ju
bclte Lilly zurück.
Etwas ..."
Sie blieb blitzschnell stehen. EtwaS . .?"
Sie schauten sich, die Sonne in den Ge
sichtern, glückselig an. Nun war alles,
alles gut! .Etnzas Himmlisches,' sagt!
Paul.
Etwa! furchtbar Himmlisches sagte
Lilly.
Dann wie leicht nun das alks gng!
waren sie in bet Bude, und kauften.
Sie kauften so fast alles, was da war.
Das alte Weib in der Bude datte eine
Mordsfreude. Reitet, Pralinen, Sennerin
nen, Kühe,' Edelweiß, Hufeisen, Schwai
gen, alleS kauften sie! Dann stapften
sie, mit riesigen Paketen bepackt, beide roth
vor Eifer und Glück, dem Hotel zu.
Und dann, knapp vor dem Portal,
machte Lilly halt. Und sofort stand Paul
still. Sie muhten nun lachen. Aber ei
war nicht nur Heiterkeit, und nicht nur
Dankbarkeit, und nicht nur Befreiung in
diesem Lachen, ek war die lieblichste
Innigkeit darin!
.Als dies Paket da," begann Lilly, die
Riesentüte ihm hinüberreichend, .schicke
Sie Ihren . . .'
.Und dies Paket da," unierbrach er sie,
als ob es noch etwas zu versäumen gäbe,
schicken Sie Ihren Kindern!"
Und zwar,' Lilly trat auf die letzte
Stufe der Treppe, und der Sonnenschein
War wie ein Goldreif in ihrem Haar
mit einem wunderschönen Gruh von , .
Vom Moidele!' sagte Paul und riß.
sich tief, tief verbeugend, daS Thor auf.
Di Borsichtige. " 7 "'
Mandy, eine farbige Köchin, war mit
einem Rassegenossen verlobt und in vier
Wochen sollte die Hochzeit stattfinden.
Sie sparte jeden Cent und als der Hoch
zeitstag endlich da war. hatte sie eine
ansehnliche Summe beisammen. Kurz
vor der Trauung kam sie zu ihrer Herrin:
.Madame, wollen Sie das Geld für
mich aufbewahren?"
Gewiß. Mandy, aber ich dachte, du
wurdest c auf die Hochzeitsreise mit
nehmen.'
Was denken Sie! Glauben Sie. ich
würde mit all diesem Geld und einsin
Kkwdc Mnne, af e-M Lnz'