Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, July 15, 1914, Image 3
! 'I : M THnliifie Cm6 Jriiüae Mittwoch, de i.V Juli 1911. A r r k! lil K VA lv i -U r il i W .! f." h 7 '4 . V Ut ,n l S wea.-1' jr? frr;: I Sfeij?' Der Schlüssel. ü U n Rc'iiian von '2C.ZLZZl .Meine geliebte Martha! Für Deine trosirkichcn Worie zum ?odt meiner lieben Mutter innigen Tonk. Ich weiß I. wie Du mit mir sohlst, und daß wkine Leiden, meine Freuden ouch die Deinen sind. List Du nun doch die einzige vertraut Seele, die mir auf der 20rlt vcrblie len ist. So Heike Tränen ich veraossen habe, sa habe ich mich doch un in den Ratschluß Gölte gefügt und spreche mir selber allerlei Trost zu. ?ticht nur, daß der Tod sie vor viel leicht jahrelangem Siechtum bewahrt hat ouch in anderer Beziehung in er eine Wohltat sur sie gewesen. chon damals, olZ wir noch in Dresden wohnten, als Mama aenö tigt war, von unseren Räumen ein Zimmer abzuvermieten, schon d.imalS stand eS ja mit unseren Vermögens Verhältnissen übel. Und doch darf ich darum noch mit dem schick sal hadern? Wer unsere HauSzeiios. sin. wer unsere Freundin dadurch wurde daS warst Tu! Mama und unser aller Unglück war, dasz der , gute Aaler so jung starb. Nicht nur, daß er nicht genügend für unsere Zukunft hatte sorgen können och, euch In anderer, nicht nur in pekuniä ter, Hinsicht hätte Mama wohl eine kräftige Stütze bedürft, die sie ja lei der ein mir unmündigem, schwachem Geschöpf oder gar an meinem Bru der nicht hat finden können. Mein Bruder! Tu hast ihn gekannt, aber Tu weißt, welchen Kummer er uns bereitet, welche Summen er Mama gekostet hat. Ob er ti durch die Zei lungen erfahren hat. daß sie gestorben ist? Ich habe es ihm a nicht einma schreiben können. Ich weiß ja nicht. wo er herumim in der Welt. Ich weiß nicht einmal, ob er noch am Le den ist. Ach und wie schwer er sich auch vergangen hat in meinem schwesterlichen Herzen hat er noch ,m ner seinen Platz. (fr ist leichtsinnig, ober er ,st nicht schlecht gewesen. Meine Hoffnung soll sein, dafz ich ihn noch einmal und dann als gebes serten Menschen wiedersehe. Damals, gleich nachdem wir Dich Nieder verlieren mußten, nachdem Du wieder von uns gingst, um mit einem Mute, den ich nicht genug an Dir de wundern konnte, ganz allein die Äeise rberS Meer zu machen und in unbe kanntet Ferne Dir Deine künftige lzzlstenz zu suchen gerade damals nehmen- unsere Verhältnisse, durch eine kleine uns zufallende Erbschaft wieder einen kurzen Aufschwung. Es war dieselbe Zett, als Mamas kor perlichcs Leiden begann. Wir verlie ßen Dresden und zogen nun von er mm Badeort zum andern auch im Winter. Cv es für Mamas Ge sundheit einen Zweck hatte? Ich will nicht danach fragen. Sorgen um die Zukunft machte sie sich doch nicht Das lag nicht in ihrer trotz Prüfun een sich immer gleichbleibenden glück, lichen und optimistischen Natur. Und darum war es gut, daß sie die Augen schloß, bevor Mangel und Entbeh rungen an sie herangetreten wären, dnn auch mit jener letzten Hilfe, die uns noch einmal geworden war, ging es bei ihrem Hinscheiden zu Ende. 'Was für mich übrig blieb, war nur soviel, um ein paar Monate lang davon mein Leben fristen und mir einen Broterwerb suchen zu können. Freilich, um eine Stellung zu finden, waö hatte ich gelernt? Nichts. Denn das bißchen Französisch, Englisch und Klavierspiel war natürlich nicht zu 'rechnen. Mama hatte sich um meine Zukünft ja auch niemals Sorge ge wacht. Mit meinem bißchen Larve und unserem adeligen Namen des sen war sie in ihrem unvertilgbaren Optimismus sicher konnte es mir cn reichen Bewerbern ja nicht man fiel. Wozu befanden wir uns auch soviel auf Reisen, wo doch reichliche Gelegenheit vorhanden war, um ge eignete, Bekanntschaften zu machen? Ich selber war ja damals noch ein Kind, ein unerfahrenes Ding was konnte ich von solchen Plänen viel verstehen? Im Segenteil, ich freute mich ja dieses HerumreisenS, dieses Sotellebenö, dieser beständigen Abwechselung bis der Tod, dieser fürchterliche Lehrmeister, mich mit ei riem Schlage aus einem Kinde zum .reifen und ernsten Menschen machen sollte. . Wozu Dir deZ langen und breiten erzählen, wie es mir auf meiner Suche nach einer Stellung, nach einer özistenz ergangen ist. Wie ich erst jefet das Leben kennen lernte, wie eö mir jetzt erst sein hartes grausames t Antlitz zeigte. Du hast das alles ja ' selber kennen gelernt, nur daß Du von Hause den Kampf schon ge wöhnt warst und seine Bitterkeiten weniger empfunden haben wirst rij ich. Genug, daß mich mein Suchen ndlich zum Ziel geführt hat, und daß ich mich seit ein paar Tagen hier in Berlin, wo ich mich hinbegeben habe und wo ich durch Mama ja von früher her bekannt bin, in Stellung bkfinde und zwar als Gesellschafts , fräulcin.' Die Stellung habe ich durch ein Lermittlungsbureau rhal Un. Meine Gebieterin ist eine vor- , f u u u u r-f,n.tn -r.v- j K Heinrich f s.ehme Dame, eine Gräfin Prockau. Wie k, beißt, ist sie sehr reich, wir wohnen in einem sehr stillen noblen Hause dicht om Tiergarten, und auch viel Dienerschaft ist vorhanden, was für mich insofern angenehm ist, als ich dadurch von meiner Herrin nicht sehr in Anspruch genommen werde. Um Dir sonst noch ein Bild von. ihr zu geben, so ist sie noch jung und eine sehr tlegonlt schöne Erscheinung. Prachtvoll ist ihr hellblonde, Haar, obwohl ich ja nicht weiß, waö daran echt ist. Bon Eharakter ist sie stolz und streng, sie verkehrt mit mir in dem Tone wie mit den übrigen Dienstboten, doch habe ich mich sonst über meine Behandlung einstweilen nicht zu beklagen. Ihr Deutsch hat einen etwa! fremden Akzent, und sie soll eint Engländerin oder eine Ame. rikanerin sein. Auch verheiratet ist sie, doch habt ich ihren Mann, da er verreist ist. noch nicht kennen gelernt. Wie kS aber im Hause heistt. wird der Graf noch im Laufe des heutigen Zageö von seiner 'Reise zurücker'zar tet. Und nun noch ein kleiner Zufall, von dem ich Dir zu erzählen habe. Du erinnerst Dich vielleicht, daß Mama auf ihren Reisen mit mir vor zwei Jahren in Monsieur war. 'linier den Herren, die wir dort len nen lernten, befand sich ouch ein jun gkr ras. Er führte denselben Na. nien wie meine jetzige Gebieterin ein ras Prockau. Unsere Bekannt i i f r t m , iwa i rnn iqm er oia aus einer Reunion. Es muß wohl ein beson derer Zufall oder fönst ein bestimm. ler vzruno gewesen sein, der ihn dort hin geführt hatte, denn sonst kielt er iq von oen gejellizen Vergnügungen des Kurorts geflissentlich fern. Aus seinem Wesen sprach ein stiller Ernst. eine leise Melancholie, die aber im verein mit der Aufmerksamkeit, die t: mir im Lause unserer weitkren Bekanntschaft erwies, auf mich uner fahrenes Ding damals einen größeren Eindruck hervorbrachten als die Schmeicheleien und Huldigungen, welche weiß Gott, warum die cndern Herren an mich dummes, noch fast halbwüchsiges Jöhr verschwende, ten. Mama, die es a atm sah wenn ich Gefallen erregte, und die in ihrer Unbekümmertheit einen ganzen Hofstaat von sogenannten Berehrern um mich geduldet hätte (Gott behüte mich, daß ich ihr im Grabe noch einen Borwurf mache!) Mama knüpfte an diese gräfliche Bekanntschaft wohl schon ihre geheimen Hoffnungen für mich. Welche Empfindungen ich fei ler für den Grafen damals hegte ich weiß es heute nicht mehr. Sie werden töricht und unreif wie ich damals noch war wohl ziemlich verworren gewesen sein und aus ei. nem Gemisch von Mitleid. Neugier und Eitelkeit bestanden haben, die mir mein ungewöhnlicher Kurmacker einflößte. Doch nein. .Kurmacher" ist ein falsches Wort. Nie drängte sich in die wenigen Unterhaltungen. die ich überhaupt mit ihm hatte, etwas, was dieses Wort hätte berech, tigen können. Er sprach nur von sei nen Ausflügen, die er ganz allein in die Umgegend machte von den Büchern, die er gerade las auch von Kunstwerken, von denen ich aber nichts verstand. Einigemal schloß er ch wohl auch größeren Gesellschaften an, in denen ich mich mit Mama bc. anö, dann aber verhielt er sich noch chweigsamer, und die anderen fchie nen ihm geradezu lästig zu sein. Wie diese Bekanntschaft für mich enden oute ich hatte nie darüber nach. gesonnen. Da, eines Morgens Mama hatte sich damals gerade eine chwere typhöse Erkaltung zugezogen und lag zu Bett war Graf Prok kau plöklich aus Montreur ver chwunden. An niemand hatte er eine Nachricht zurückgelassen, auch nicht an uns. Mamas Enttäuschung darüber, als sie wieder soweit gesund geworden war, daß sie eS erfahren konnte, kannst Du Dir denken. Biel. leicht, so tröstete sie sich indessen, kam der Herr Graf in einigen Tagen zu rück. Doch nein, er war und blieb verschwunden, und wir haben nie mehr etwas von ihm gehört. Und nun stelle Dir vor, wie .ich auf dem Bermittlungsbureau den Namen meiner jetzigen Herrschaft vernahm, auch meine schon beinahe ganz ver blaßte Erinnerung an diese Neisebe, tanntschast wieder wachgerufen wurde. Wenn meine künftige Dienst, geberin eine Verwandte dieses Grasen Prockau war? Und daran konnte doch eigentlich kein Zweifel bestehen. Wenn er eines Tages zu ihr kam wenn ich ihm dann wieder begegnete? Konnte ich unter solchen Umstanden die Stellung bei der Grasin über Haupt annehmen? Aber eö hatte mich tei meinem Mangel an Kenntnissen Mühe genug gekostet, eine Stellung überhaupt zu finden, und nun wollte ch auch noch so skrupulös und wah krisch sein? Angenommen, daß ich wirklich mit einer solchen Begegnung zu rechnen hatte würde der Herr Gras sich nach so langer Zeit des un btdcutenden Geschöpses, daS einmal einen Weg gekreuzt hatte, überhaupt noch erinnern? Ja. selbst wenn dicS der Fall war waS konnte es zvi slcn einem armen Gesellschaftsräu lein, zwischen einem Dienstboten und e.nem Grafen Prockau noch für Be Ziehungen geben? Und ich dachte auch an Dich. Du Liebe, an Deinen Mut, an Deine Tapferkeit. Wie oft hast Du mir in den bösen Tagen de Suchen; als leuchtendes Muster vor geschwebt. Nein, ich wollte vor die ser Begegnung keine Furcht mehr caben. Mit Ruhe bin ich nun dar auf gefaßt. Und nun für heute genug! Die Gräfin ist ouSgefahren, aver sie kann tn jedem Augenblick hcimkchren. dann habe ich zu ihrer Verfügung zu sein, und da will ich noch rasch den Brief zum Kasten tragen. Also leb' wohl, und wenn Du mich lieb hast, so läßt Tu baldigst wieder etwas von Dir hören. Tausend Glückwünsche noch z Deiner neuen Wurde. Wie zu frieden muß Dein Chef mit Dir sein, wenn er Dir eine solche Vertrauens stellung überträgt. Aber Du bist ja auch die Tüchtigste, die Klügste, die Beste. Mit herzlichen Grüfcn und Küssen tn steter Liebe und True Deine Ilse von Lvck.' ES war ein Sonntoznachmittaa im Frühherbst. Die Dämmerung stahl sich schon in daS kleine, bescheidene. nach dem Hose zu gelegene Ctübchen, als daS junge Madchen, dal schrei bend am Fenster saß, diesen Brief beendete. Es war ein anmutiges, zierliches Geschöpf. Ueber den auf oen Zisch herabgebeugten Kopf legte sich eine Krone von schwerem braunen Haar, während die zarte, jugendlich schwellende Gestalt in ein einfaches, dunkelblaues Wollkleid gehüllt war, wie es der Stellung, welche seine Trägerin in diesem Hause einnahm, entsprach. Jetzt steckte sie den Brief in einen llintchlag und schrieb dar auf: An Fräulein Martha Korngie bel New York, Kolumbia Street. Bryants School Tann suchte sie in ihrem Portemonnaie nach zwei Zehn pfennigmarken, aber es war keine mehr darin vorhanden. Wie gern hätte sie den Brief noch heute abgeschickt. Ohnehin hatte sie die Freundin schon so lange darauf warten lassen. Auf der Post sich die Marken besorgen? Tie Post war heute am Sonntag geschlossen. Aber etwas anderes fiel ihr ein. Sie trat auf den langen, schmalen, erleuchteten Korridor hinaus, der hier durch den rückwärts liegenden, für die Dienerschaft bestimmten Teil der großen Wohnung entlang führte, und klopfte am Ende des Ganges an die dort befindliche Tür zur Küche. Wer ist da?" ließ sich, als sich diese gleich darauf ösfnete, eine fette Stimme vernehmen, und das gut mütige. rote, gesunde Vollmondgesicht der Beherrscherin dieses Reiches, Augustcns, kam zum Borschein. Noch eine andere Gestalt wurde von Ilse in dem von den blanken Kacheln und blitzenden Gerätschaften sauber fun kelnden großen Raum, in dem schon die Gasflamme über dem Herd brannte, bemerkt. Das war eine fest llch aufgeputzte Dame. Sie saß am Küchentifch, auf dem eine dickbäuchige Kaffeekanne und ein mächtiger Napf, kuchen standen und ihre aromatischen iift fcrsinMn itiV hrstt P4a nn WUjV VklUVtlll, UIV VlVllliib, ViHv sich um die fremde Erscheinung zu kümmern, mit sachlichem Ernste ge rade eine ansehnliche Scheibe dieses einladenden Gebäckes in ihre Tasse. Auguste hatte Sonntags Nachmit tagsbesuch. le sinds, Frauleinchen, be grüßte sie mit Vergnügen und Wohl wollen ihren Besuch .aber da brauchen Sie doch nicht anzuklopfen. So ete petete sind wir doch nicht. Kommen Sie doch rein. Da? ist meine Schwester. Und wenn Sie noch ein Täßken mittrinken wollen? Doch nich mehr wie jerne. Na. waS soll'S denn sind?" Ilse brachte bescheiden ihr Anlie gen vor. Zwei .Zehnpfennlgmarken? Nee. die hab' ich nicht. Minchen, hast Du vielleicht welche?" Ein undeutliches Murmeln auS der großen Tasse, in welcher der Kopf der estlichen Dame fast verschwand, chien eine Verneinung dieser Frage anzudeuten. DaS tut mir wirklich leid, Frau leinchen. Ich helf' Ihnen doch yerne. Schonweil Sie nicht so sind wie die vonge. Die bildete sich wunder ein, was sie Besseres als unsereins ist. Aber wissen Sie was? Wir wollen mal beim Herrn Grafen in dem Arbeitszimmer nachsehen. Der wird wohl welche auf dem Schreibtisch haben. Tu' mir den Wärmer über!" wandte sie sich an die Schwester und g'ng Ilse voran. (Fortsetzung folgt.) us sliUen Pfa Bon Marie Troxler. Ich ging auf stillen Pfaden, ilrn schroffen Vergeshang; Ringsum ein teei Schweigt, Nur fern die Glocke klang. Ich fand hier stille Vlumcn, Eiusam am Wcae blUH'n. Eah jie i reiner Frische Und sclt'ne starben alutj'. Ich traf auch stille Btenschen. Auf dornenvollei: Bahn; Sie schritten trotz der Sorgen Zur lichten Loh' hinan. Schöne Augkn. L?lle!te Von Wilhclm Ccjin girrst. Im Schnellzug Benedig-Wien saß in einem Abteil zweiler Klasse eine etwas verschiedenartige Reisige sellschaft: ein gemütliche und sehr redseliges Wiener Ehepaar, ein iün gerer italienischer Arzt, ein ganz jun ger in uns eine xarn und ein Herr von unbestimmbarer Natonali tät, aber von recht vornehmem Aus sehen. Diese beiden sprachen vortress lich Teutsch und Französisch: auch das Italienische war ihnen recht ge läufig, und schließlich wechselten sie auch noch untereinander Bemerkungen in der tschechischen Sprache, die wohl kaum einer ihrer Mitreisenden ver stand. Diese Paar ob M.inn und Frau oder nur Bruder und Schwester, wußte man nicht war in Udine eingestiegen, tiner Station, die die Verbindung mit der Bahn von Trieft vermittelt. Die übrigen Reisenden waren mit dem Zuge direkt von Ve nedig gekommen, und die ersten Stun den der Reise hatten sich recht müh sam hingeschlichen, ohne daß. trotz der einladenden Gemütlichkeit der Wie ner, sich eine lebhaftere Unterhaüung entwickelt hätte. Der Italiener hatte sich in seine Zeitungen verliest, und der junge Russe saß meistens schlum mernd in seiner Ecke und mischte sich nur in daS Gespräch, um hin und wieder einmal zu fragen, wann man diese oder jene Station erreichen und um welche Stunde man am nächsten Morgen in Wien sein werde. Der Russe war, wie gesagt, ein ganz junger Mann, kaum mehr als neunzehn oder zwanzig Jahre alt. DaS bartlose Gesicht hatte einen nai ven, gutmütigen Ausdruck, aber ei gentlich schön war er nicht. DaS Haar trug er ganz kurz geschoren, die Züge waren etwas grob geschni! ten, über seiner Haltung lag eine ge wisse militärische Etrammheit. AIS der Zug in Udine hielt und die neuen Passagiere einstiegen, schlum. merte der Russe eben sanft und süß in einer Ecke deS Abteils? der Zug setzte sich wieder in Beivegung. und die Vergrößerung der Reisegesellschaft brachte eine lebhafte Unterhaltung in Gang, ohne daß der junge Russe Mie ne mochte, aufzuwachen. Das fremde Paar hatte sich so nie dergelassen, daß die Dame in der entgegengesetzten Ecke, dem Russen schräg gegenübersaß. Ihr Blick hatte ihn ein paarmal gestreift, und es sah aus. als belustige es sie, feinen gesun. den, sorglosen Schlaf zu beobachten. Sie war sehr schön, blond, mit fei nen, weichen Zügen, das Haar dicht und sanft gewellt, mit einer warmen, lichten Färbung, die gut zu dem fri sehen Teint paßte. Aber besonders die Augen waren es, die den Be schauer fesselten. Es waren lachende, sprechende Augen, gleichzeitig klug und schelmisch. Die Gestalt paßte gut zu dem anziehenden Kopf, geschmeidig und elegant, die Bewegungen unge zwungen und anmutig. Die schonen Augen hefteten sich im mer anhaltender auf den jungen Ruf sen, und ihre Besitzerin gab sich keine Mühe mehr, daS Lächeln zu unter drücken, mit dem sie ihn betrachtete, während sie gleichzeitig eifrig mit der übrigen Reisegesellschaft plauderte. Aber plötzlich erwachte er, und ihre Blicke trafen sich; er errötete heftig, und sie lächelte dazu. Er bemerkte es wohl und errötete noch tiefer, dann sagte er in gebro chenem Teutsch: Habe ich geschnarcht? Die Frage klang so naiv, daß man anfing zu lachen, und sie lachte am herzlichsten ein helles, frisches Ge lächter, daS ihr allerliebst stand. Sie müssen entschuldigen aber ich schnarche immer, wenn ich schlafe. . . . Es ist eine verflucht lange Rei se.". . . Er wandte sich an den ge mütlichen Wiener: Wann sagten Sie doch, daß wir in Wien sein wür den?" Der Wiener zog diensteifrig einen. dicken Fahrplan aui der Brusttasche und erklärte zum dritten oder vierten Male, daß der Zug am nächsten Mor gen um siebei Uhr in Wien sein werde. .Gibt e! Schlafmagen in diesem Zuge?" fragte der Russe weiter. In Pontebba werden Schlaf und Speisewagen angehängt," versicherte der wohlunterrichtete Wiener. Aber der Schlafwagen ist immer überfüllt, Sie müssen sich schon beizeiten einen Platz bestellen." Der Russe sah immer noch mißver gnügt aus, und die schönen Augen lächelten wieder. Er schielte erst ver stöhlen nach ihr hinüber, dann fing auch an zu lächeln. Der Begleiter der Dame schien ebenso belustigt über dies stumme Spiel wie die beiden an deren, und der Wiener flüsterte feiner gemütlich aussehenden Frau zu, daß der fremde Herr wenn er der Gatte der Dame wäre offenbar keine Neigung zur Eifersucht habe. Die Unterhaltung wurde allmählich lebhafter, und man streifte die ver schiedensten Fragen. Der Russe er zählte, daß er Offizier sei. Er hatte vor kurzem die Offiziersschule in Petersburg verlassen und war drei Wochen auf Urlaub bei seinen Eltern gewesen, die in Wiesbaden wohnten; dann .hatte er ine kurze Rundreise! durch Tirol und Norditalien gemacht, nun wolle er Wien sehen und nach dreimal vierundzwanzig Stunden wieder in Peterkburg sein. Der Wie ner machte eine allgemeine Bemerkung üb militärische Disziplin, und ein anderer der Reisegesellschaft äußerte di Ansicht, daß die Disziplin im rus sischen Heer, namentlich im Offiziers korp!, sich mit der allgemein aner kannten preußischen messen könne. Tie Dame mit den schönen Augen glaubte ihrerseits nicht so unbedingt an dai militärische Pflichtgefühl und ließ scherzend ein Wort darüber fallen, daß selbst der Pflichttreueste Offizier gelegentlich einmal der Aerfuchung er liegen und In die Lage kommen könne, die strenge Tisziplin zu vergessen. Endlich hielt der Zug in Pontebba, der osttueichifchen Grenzstation, wo das Gepäck den österreichischen Zoll passieren mußte. Als dies besorgt war. beeilten sich die meisten Reisen den, den Speisewagen aufzusuchen DaS Wiener Ehepaar kehrte in sein Abteil zurück, da es in Villach den Zug verlassen wollte, und der Italic ner verschwand auf Niinmerwieder sehen. Der Schnellzug fuhr weiter. Man war in Kärnten. Wie kleine Spiel zeugl)äuöchen lagen die Dörfer ver streut an den Berghängen. Aber ab und zu veränderte die Landschaft ih. ren Eharakter, und die idyllischen Alpendörfer wechselten mit öden Strecken, wo die Klippen steil und drohend aus dem ausgetrockneten Flußbett aufragten und man kein le bendek Geschöpf sah außer ein paar Vögeln, die wie kleine, schwarze Punkte hoch oben an den Felsspitzen kreisten. Im Speisewagen wurde Licht aw gezündet. Ter Russe und seine neuen Bekannten hatten Karten ausgetauscht und am selben Tisch Platz genommen. Auf der Karte des fremden, vorneh wen Herrn stand ein böhmischer R' me: Stcpan Wenzelaw. Auf der des Russen: Georg Pedrowitfch. Aber ihre verschiedene Nationalität schien kein Hindernis für gegenseitige Sympathie. Die Unterhaltung wurde franzosisch geführt, und die kleine Ge sellschaft schien sich vortrefflich zu amüsieren. Nach dem Kaffee zündele sich auch die Dame mit den schönen Augen eine Zigarette an, und Herr Georg Pedrowitsch betrachtete seine anziehende Reisegefährtin mit immer wachsendem Interesse. Als der Zug Wien erreichte, war man sich einig geworden, im selben Hotel einzukehren und gemeinschaftlich bei Leidinger zu frühstücken. Leut nant Pedrowitsch wollte dann noch denselben Abend mit dem Zuge nach Warschau fahren, um nach St. Pe terkburg zurückzukehren. Er war et was nervös bei dem Gedanken, daß sein Urlaub fast abgelaufen war und daß er feine Zeit sehr genau einten len müßte, wenn er rechtzeitig daheim fein wollte. Die heitere Stimmung beim Früh stück half ihm jedoch seine Nervosität zu überwinden. Die schönen Augen waren bei Tageslicht ebenso fesselnd wie im Halbduntel des Eisenbahn abteils, und Herr Stepan Wenzelaw war ohne Zweifel ein unterhaltender und liebenswürdiger Gesellschafter. Auf jeden Fall war noch Zeit genug für eine Fahrt durch den Prater und für ein gemütliche! Mittagessen bei Leidinger, wo man sich am Vormittag so wohl gefühlt hatte, und Leutnant Pedrowitsch konnte nicht einsehen, warum er sich diese kleine Zerstreuung versagen sollte. Reiste er nur noch an diesem Abend ab und wurde unterwegs nicht aufgehalten konnte er noch bei guter Zeit in St. Peters. bürg eintreffen. Die schonen Augen waren viel zu anziehend, als daß er sich früher, als unbedingt notwendig, von ihnen losgerissen hätten. Es war eine Stunde vor der Zeit, da man sich bei Leidinger treffen sollte, um zu Mittag zu essen. Herr stepan Wenzelaw und seine schone Begleiterin waren bei der Toilette, und die Tür zwischen ihren Zimmern stand offen. Madame saß vor dem großen Toilettespiegel und knöpfte mit eigener Hand einen kleinen, feinen Ziegenlederstiefel über ihren schlanken Fuß; sie hatte auf die angebotene Hilf des Zimmermädchens verzichtet. Herr Wenzelaw stand ebenfalls vor dem Spiegel in seinem Zimmer und schlang einen Knoten in seine Kra watte. Er wandte den Kopf nach der offenen Tür und fagte: DaS sind Kinderstreiche. Elsa! Du bist ja nicht verliebt in den Rus. sen was ich mir auch allen Ernstek verbeten haben würde und darum ist S mir ganz unbegreiflich, wie dies Spiel dir Spaß machen kann!" Er ist so hinreißend jung und naiv!" antwortete Madame aus dem anstoßenden Zimmer. Und es macht mir solchen Spaß, mit ihm zu spre. chen ja, ihn bloß sprechen zu hören ... Er ist wie ein junger Bär, vollständig ungezähmt. Ich will ein wenig mit ihm experimentieren." Narrenstreiche!" brummte Herr Wenzelaw. WaS sagtest du?" fragten die schönen Augeu. Ich sagte, das sind Narren sireiche." Aber du hattest doch selbst den Einfall, mich als deine Schwester vorzustellen, weil ti dich lxlustigte, seine verliebten Wrimassen zu sehen. Und da ist ti nicht mehr oll billig, daß ich den Spnh fortsetze. Ich habe mir in den Kopf geseht. i'n nicht nach ti. Petersburg zurückkehren zu lassen, bi! er seinen Urlaub überschritten hat. Er spricht von feinein Groß fürsten und seinem Regiment, all wäre Z für ihn bal Allerheilig sle auf tkrden. Ich will doch dir und ihm beweisen, was Pflichtgefühl und mili tärifch Disziplin einem Paar schöner Augen gegenüber bedeuten." Torheiten! Ich bitte dich, bei zeilen innezuhalten, Elschen! Ei ist durchaus nicht möglich, daß der junge Mann sich schon wahnsinniz in dich verliebt hat . . . Aber trotzdem be zweifle ich, daß du ihn dazu bringst, seine Pflicht als Soldat und Offizier zu vrgesen. . . . ,!lllt vu mit mir wetten?' er klang die zwitschernde Stimme au! dem Nebenzimmer. Nun fing auch Herr Wenzelaw an zu lachen. Nun. warum denn nicht! Wenn eS dir wirklich so diel Spaß macht so mag eö immerhin sein! . . . Aber ich setze natürlich voraus, daß du keine anderen Mittel anwendest, als Als welche? fronten die schönen Augen. Hm ich meine natürlich als solche, die sich für dich pajien. ... Diesmal lachte Frau Elfe aus vollem Halse. Ach nein, du kannst ganz ru sein. Du weißt, ich mißbrauche nie die Freiheit, die mein vortrefflicher Gatte mir zugestanden hat. . . . Und um waS wetten wir denn? Bekomme ich daS kleine Amethyftarmband, das ich dir heute beim Juwelier in der Kärntner Straße zeigte? Ra ja und ich?" Ach. du?" . . . Frau Elfe sah recht kokett aus, wie sie da vor ihrem Toilettespicgel saß Ich ver spreche dir, während der ganzen Reis sehr liebenswürdig zu sein. - Ein Monat war vergangen, und Frau Elsa und ihr Mann waren längst wieder nach Prag zurückgekehrt, Da kam eines Tages ein Brief an Fräulein Elsa Wenzelaw: aber da sich in ihrem Hause keine unver heiratete Person dieses Namens be fand, öffnete Frau Elsa den Brief, sicher, dan er für sie bestimmt wäre und zugleich mit einer Ahnung, wer der Briefschreioer sein würde. Der Brief lautete folgendermaßen: Fräulein! Als wir unS in Wien trennten, sagten Sie mir, wir wurden uns vielleicht wieder begegnen. Aber wenn das nicht sein sollte, wurde es Sie freuen, von mir zu hören. Es würde Ihnen eine Beruhigung sein zu hö ren. daß unser Narrenstreich" in Wien ich glaube, so drückten Sie sich aus und meine verspätete Heimreise keine ernstlich unangeneh- mcn folgen für mich gehabt hatten. Gnädiges Fräulein! Ich benutze hiermit Ihre Erlaubnis, Ihnen zu schreiben. Ich würde es nicht tun, wenn ich von Ihnen glauben konnte, daß Sie so viel Unglück über mich gebracht hätten, nur um eine Laune zu befriedigen oder Ihrer Eitelkeit schmeicheln zu lassen; dann mußten Sie ia ein schlechter, verächtlicher Mensch sein. Ich habe mir wohl hundertmal selbst gesagt, daß Sie in jugendlicher Unbesonnenheit oder Leichtsinn gehandelt haben. Aber Ihre Koketterie denn Koketterie war es doch ist ohne Folgen für Sie geblieben mir hat sie meine ganze Zukunft gekostet. Ich bin sehr iuna, gnädiges Frau lem. Und bis vor einem Monat glaubten meine Eltern, sie könnten sehr zufrieden mit mir sein: rch hatte ihnen noch nre Schande oder Kummer gemacht. Der Leichtsinn eines ein zigen Augenblicks hat alles verändert. Ich traf 24 Stunden zu spät bei meinem Regiment ein und hätte mich mit einer Notluge retten können. Ich hätte z. B. sagen können, ich wäre unterwegs krank geworden. Aber ein Offizier und Gentleman lügt nicht. Ich mußte wahrheitsgemäß die Er klärung abgeben, daß ich mich recht zeitig bei meinem Oberst hätte melden können; aber ich war 24 Stunden länger in Wien geblieben, als ich durfte, weil eine Dame mich darum gebeten hatte. Mit diesem Geständnis hatte 'ch mir selbst das Urteil gesprochen, und ch wußte, was mich erwartete. Kaum noch in daS Offizierkorps ein getreten, hatte ich ein so grobes Ver gehen gegen die Disziplin begangen damit war meine Karriere ver loren. Auch in meinen eigenen Augen war meine Pflichtvergessenheit unver zeihlich. Ich habe meine Strafe ver büßt und meinen Abschied aus der Armee nachgesucht. Ich habe meinem Vater den größten Kummer gemacht. der ihn treffen konnte: Sem Sohn hat sich als schlechter und unzuver lässiger Soldat erwiesen. Mir kommt es selbst so vor, als seien all Wege mir verschlossen, mein Leben von Grund aus gestört. Gnädiges " Fräulein! Ich muß wohl sehr unbedeutend in Ihren Augen sein; sonst würden Sie nicht so schonungslos mit mir umgegangen sein. Aber ich liebe Si liebe Sie von ganzer Seele! Vielleicht können Si dies Gefühl nicht erwidern, weil ich noch fo jung und unerfahren bin Unsere Schiiilliülijlcr -Gsfcllc Tpsrtblvse in Nngkan.Css.kt. i S!,. Ml. Tit In ihrem Zweck UMntft Sinfach lit der Cporibluse S'siattct nur wkniz Variation. Sine Adwcchselung kinzt nun der Na!,!a.Tii,r, der biZhkk nur an Minteln und Lingttikbluskn sn?ewendkt Wurde. Tie eisigsskyle Cchultkk gkbt abr der Middydluse ein bksondkkl floitkl Auisehen. wozu noch der aparte tlraM kommt, der, i?!e an der Illustration zu rskbkn ist. an beibfn Teilen In scharst j?&!!(ti aujliiusl. Eine voll, Ceibcnfta ;al!e verdeckt den kleinen (chnürzug, der msjg . V ' .V ii ,, 0151 T" l das Anziehen erleichtert und bildet so dk Abschluß des Visörmigen Halsausschnitts. Tie Bluse ist über Un Husten säst glockenförmig, und ein sehr aparter breiter Äuitel hält die Weite ein. Für Terinil, Wolf, Rudern dürftkn unsre jungen Mat chen kum ein kldsamereS Modell al üieskS hirr finden. Neben Leinen sind Longee, Crepe und Natine zur Verarbei ung am geeignetstkn, und weiß und beige ie besten ssarb?n. Gebraucht werden für .litil're Größe 2 Fart, bei 42 Zoll drei, n Stcff. Da Muster ist in Größen zn 22 "2 drrrälhis. VestellungZanweisung. . Diese Muster werden an irgend eine Adresse gege: Einsendung deS Preises geschickt. Man gebe Nummer und Größe und die volle Adresse deutlich geschrieben an und schicke den Coupon nebst 15 ?. n t S für jedeS bestellte Muster an das Om&ha Tribüne Pattern Dept 1311 Howard St. U) im Vergleich mit Ihnen: aber ich lehe Sie darum an, trotzdem meine Frau zu werden, es ist die letzte, ein zige Rettung für mich, die einzige Möglichkeit, neuen Mut zu fassen und mir vielleicht einen neuen Lebens weg zu bahnen. Ich schreibe gleich zeitig mit diesen Zeilen an Ihren Bruder, und halte um Ihre Hand an. Noch eins: Bedenken Sie sich wohl, he Sie mir antworten! Ein unglücklicher, verzweifelter Mensch ist es, der jetzt seine letzte Zuflucht bei Ihnen sucht. , Georg Pedrowitsch.' j Frau Elsa fand den Brief unbe halfen, naiv und eigentlich ganz rüh rend. Aber ane faire? Sie setzt ich und schrieb die folgende Antwort: Mein lieber junger Freund! 1 Ihr Brief hat mich betrübt. Ich gestehe, daß ich leichtsinnig gewesen bin, denn es ist mir nicht eingefallen, daß mein bißchen Koketterie so ernste Folgen für Sie haben könnte. Ich meine eö wirklich gut mit Ihnen, aber ich bin verheiratet. Herr Wenze law ist nicht mein Bruder, sondern mein Mann. Damit i st alleZ ae agt! In der aufrichtigen Hoffnung, daß Sie Ihre Ruhe und Zufrieden heit noch wiedererlangen Ihre traurige E." ; Der Brief wurde abaeschickt. und Frau Elsa hörte nichts wieder vom jungen Russen, weder von ihm selbst noch auf anderem Wege. Zuweilen kam es vor, daß Herr Wenzelaw sein chone Frau fragte, warum sie nie mehr oas kleine Amethystarmband trüge, das er ihr beim Juwelier in der Kärntner Straße kaufte, wie sie hre Wette gewann. Aber Frau Elsa ' zuckte dann nur die Achseln und meinte, daö Armband gefalle ihr eben nicht mehr. Es lag in einem Schiebfach, wohlverwahrt . neben dem Brief von Herrn Geora Pedro witsch. 8 1 i ' I! j l 11 m i ! : b s : k : 2 U e k ,, : - Z ,1 "2 w i c? ' : j E : 2 & -ö : M s s g : ö Q ff) ! " s : : i - rr fc i T ! -SS fl 1 ? : S : S .. i , i