Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, April 09, 1914, Image 2

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Eulen.
Man hat sich im Lause der Zeiim so
recht daran gewöhnt, die Culcn als
'iachtraubvögel" im Gegensatze zu den
übrigen .Tagraubuögeln" zu stellen, daß
ti schwer verständlich ist, wenn die neuere
Forschung erwiesen hat, datz sie derwandt
sclsilich durchaus nichts mit den tchtercn
ii thun baden, sondern ihre näcKKen iöer-iv-indten
in den Raten, und in erster Linie
in den Nachtschwalden, haben. Aus die
Fragen, so interessant sie auch sind, hier
näher einzugehen, verbietet mir der Raum,
begnügen wir uns daher mit der Ttat
sacbe. .
Alle Eulen sind licht- und menschen
s,i?eue Geschöpfe. In Liäldnn, altem Ge
mäuer und in elölöchern sitzend, verbrin
pen sie die Stunden der Helligkeit im
Echlase. aber wenn die Dämmerung sich
üb die Lsndsast auebreitet, der Mond
sein geborgtes Licht über die Erde schüt
tct, dann ziehez sie auf Raub aus. Bor
wiegend besteht ihre Nahrung aus ttcinen
Täugethieren. aus Mäusen und Gpitz
mäusen, aus Ratten usw., daneben werden
Bügel und Käfer dcrzehrt. Die kleineren
Arten hatten sich bei ihrer Jagd mehr an
Insekten, die größeren schlagen Wirbel
thiere. Gesicht und Gehör sind gleich gut
bei diesen Nachträubem ausgebildet, aber
auck im hellen Mittagsonnenschein sieht
die Eule ebenso gut, wie z. B. die Katze,
ober das Eulenauge ist sehr empfindlich
gegm das Tageslicht. Tas Thier der
schließt in ihm das Auge bis zur Hälfte
und weiter, wendet sich auch vom Lichte
ganz ab. Die bei den Eulen sehr grofze
Ohröffnung ist in den meisten Füllen mit
Kulturassenthmn.
von Ernst von tvo lzogen.
Coxi,rigbl Heb Lund
Wer nack
längerer Abwesenheit von ,
rrgensKo im Ausmnse naq lewcm wi
fchm Vsterlemde zurückkehrt, der freut sich
zunächst einmal der musterhaften Ord
mm, die allenthalben herrscht, Und wer
drauizen vielleichl m vas augemeinr ur?,
IcchZN über die deutsch: Disziplin, die
Schneidigkeit des Beamtenthunis, den eif
vwn Gehorsam des Unterthanen", die
öbrigkcitliche Bevormundung erwachsener
Menschen und andere in die Augen fpnn
gendz Erscheinungen ernes 'MiluarstaateS
verlegen mit eingestimmt oder vitlleicht
gar grimmig geschimpft hat. txr leistet
innerlich Abbitte, sobald er wieder die
Segnungen dieser Ordnung und iiefge
wurzelten Disciplin am eigenen Leibe an
genehm verspürt. Aber e, wird ihm auch
auffallen, daß eine andere deutsche Eigen
ihiimlichkeit. die gleichfalls den Spott des
AuökänderS von jeher heraustorderte.
merklich im Schwinden begriffen sei. näm
lieh der deutsche Individualismus, wie er
sich in fect äußeren Erscheinung ausdrückt.
B's gegen Ende des vorigen Jahrhun
dertZ zeichnete sich der Teutsche vor schier
allen Zultivirten Völkern der Erde dadurch
au!- Uk Zeder feinen besonderen Bart,
Haarschnitt, Hut. Stiefel und Anzug
trvg. Die selben Deutschen, die von allen
mihm der Erde die höchste Ehrfurcht
vor der Uniform haben, zeigten als Eivi
l'tte die stärkste Abneigung gegen einhejt
T fikiBun. währen? mgekehrt die
Engländer, welche die Unijorm so sehr
vera i ten, daß silvst ihre Offiziere sie nur
Lienst tragen, wn j.'h die Gleich,
nnigt. it in der Kleidung trsteebten. Der
Rc.,e:',s5irm und der tarnte Ehevioian
lizz machten in der ganzen Welt den Eng
!äns?r kenntlich, wie der blanke Zylinder
in v düs x:V:,t Aändche im Knopfloch den
7.ic der weiche Filähni nd die
VAtxvAt den Italiener. FeS und Gehrock
.... Türken uno so fait. Bei den Deut
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einem lappenförmigen Teckel versehen, der
starre Federn trägt, und diese Einrickiung
bedingt ein sehr scharfes Gehör bei den
Tkieren. Daj leiseste Geräusch, das ein
schlafender Vogel durch Zucken im Tchlale,
macht, kommt den Eule während ihres
lautlosen Borüberfluaes zum Bewufztsein.
und das in der Dunkelheit, beim schwachen
Licht der Eterne scharf sehend Auge er,
späht dann leicht die Beute, Es ist nicht
in erster Linie das Auge, welches die Eulen
bei ihrem Räuberbandmerk leitet, fondern
das so fein adgestiifte Gehör, welches
ihnen die Beute verräth.
In der allgemeinen Gunst des Menschen
stehen die Eulen nickt. Ihr sonderbarer
Gesichtsausdruck. ihr nächtliches Wesen
und ihre unheimliche Stimme tragen hier
an die Hauptschuld. In der Nacht giebt
es euch wohl nur wenig schauerlichere
Laute, wie das Geheul der Eulen. Weift
aus tiefer Brust hervorgezogen und immer
stärker anschwellend wie pfeifendes Hu!
Hu! stimmt es sich auch zum zischenden
Fauchen oder zum Röcheln herab, das
selbst den Kundigen oft täuscht und lang
gezogen und oft wiederholt durch die Stille
der Nacht zieht. Andererseits sind wieder
wüthendes Knappen oder Klappern mit
dem spitzen, gebogenen Schnabel und hn
feres Fauchen der Ausdruck ihrer inneren
Stimmung.
Den Tagvögeln sind die Eulen verhaßt.
Sowie eine Eule sich am Tage bemerkbar
mackt. wird der ganze Wald rege. Wie
sinnlos gebärden sich die Tagraubvözel,
ein Vogel ruft den anderen herbei. Meisen,
Finken und wie das Kleingeflügel alles
heißt, umgiebt mit Schimpfen und Schel
ten den Nachträuber, als wollten sich alle
an ihn wegen der ihnen von seiner Seite
in der' Dunkelheit zugefügten Angriffe
und Meer, 191 4.)
Künstler blieben ihrem alten Vorrecht auf
iaziappyule, lange Haare, ammiiaaen
und flatternde Halsbinden treu, der Lehr
stand bewies feinen weltabgemandten
Idealismus durch hartnäckiges Weitertra
gen von Schaftstiefeln und andere längst
überwundenen AusrustungsGegenstanven
sowie durch unmögliche Zusammenstellun
gen von durchaus verschiedenen Zwecken
angemessenen Kleidungsstücken. Wer bei-
fpielsweise mit m die Stieselschatte ge
steckten Sommerhoftn und altem Braten
rock in den Bergen herumftieg oder an
heißen Sommertagen auf der Straße in
schwarzen Tuchbeinkleider , und Lüster
zäckchen erschien, der muhte unbedingt ein
Oberlehrer sein, während der Kaufmann
zu allen Tageszeiten im Schwatden-
schwänz und steifen Hütchen, der Beamte
ftlten ander als tn schwarzer Haisvinve
und Gehrock zu sehen war und der j-unge
Offizier überhaupt nur einen Zivilanzug
zu Reisezwecken besah. Auch an der
Barttrachj, in der sonst der deutsche In
dididualismus die wildesten Orgien
feierte, machte sich immerhin sin gemis-
B Selbstvewußtstin geltend, wenigstens
wrde die ausdrucksvolle Maurerfräfe nur
beim ehrfamen Handwerk, die snglischen
Kotteletten nur bei Diplomaten und Ober
kellnern, die ausrasirte Oberlippe nur bei
Leuten, die mit dem Seewesen zu thun
hatten, und der Kaiser-Wilhelms-Aart
vorzugsweise von alten Soldaten und
Beamten getragen. Individuell zu er
scheinen galt als das schöne Vorrecht des
deutschen Mannes, und auch die deutsche
Frau, die sich im Bewußtsein ihrer
Schwäche weniger den Geboten der Mode
zu entziehen wagte, folgte ihr doch be
dächtiger als ihre romanischen, slawischen
und snglogermanifchen Geschlechtszenos
sinnen.
Das zwanzigste Jahrhundert hat auch
mit diesem Rest deutscher Eigenart gründ
l'ch aufzuräumen begonnen sder müh
ten wir hie Wandlung so deuten, daß
das alte deutsche Erblaster der Nachäfferei
alle Ausländischen wieder üppiger m's
Urnut geschrien seif Ha am Erbt d"k
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Birginischer llliu.
rächen. Aber thatsächlich handgreiflich"
werden nur die stärkeren agoögel, das
Nlkingcflügel begnügt sich damit, möglichst
viel und lauten ilZadau zu machen.
Wäincnd die Eulen sonst ein unsckkin
bares cfieder tragen, ist die nordische
Schneeeule in ihrem weiß und schwarz
gefleckten Fcderklcioe ein hübsches Thier.
Am häufigsten wird sie in der Tundra
angetroffen, wo sie den Lemming, hr be
vorzugtcs !i!ahri!ngbthier. eifrig nachstellt.
Hier oben im Norden, wo der la,'ge Eom
mertag keine Nachtttnere schaffen kann,
wo auch keine reinen, iisa?sprochencn
Tagttiiere vorkommen, jagt die Schnee
eule auck während der Tagesftiiiiden. Im
Sommer sucht sie die nordischen ttcbirge
auf. im Winter streicht sie tiefer, hält sich
aber immer fern von dem Ätcnschen und
seinen Ansiedlunoen. Äaüz anders lebt
der zu dm Lhreulen gehörende Uhu
(Huhu), der in ctixa zwölf verschiedenen
Arten Über die alte und neue Welt der
breitet ist. Er giebt feinen Schlafplatz
erst auf. wenn die 5!achi vollkommen der
eingebrochen ist. Es ist ein wilder, unge
stümer Geselle, dessen eigentlichen Wohn
platze die rauhen ttebirgswaldungei mit
ibren schroffen Hängen ind Felsgeklüften
sind. Tief und schauerlich klingt in den
Nachtstunden sein Schrei durch hie Berg
wilonis. Bald holit, bald gedämpfter ist
sein Puhu puhu Pichu!" oft mit
einem jauchenden Hui" untermischt, von
schnaubendem ' Schnabelkappkn begleitet,
und tont im April, zur Paarungszeit, am
'wildesten. Und an dieses schauerlich
5cachttonzert knüpf sich die Sagen von
Hexentonzen, vom wilden Jäger usw.. mit
welchem die Phantasie in den Nachtstunden
die düstere Bergeinsamteit bevölZerte.
Dr. E. B a d t.
jener Teutschen findet, die zu den höhere
Ständen gelechnet werden wollen. Zahl
reiche Biedermänner, denen ein krauser
Vollbart oder ein flotter Schnurrbart
prächtig zu Gesicht stand, haben sich muth
willig entstellt, nur um nicht für alt.
modisch und rückständig zu gelten, und
wer es so weit zu Vcrmögm gebracht hat.
dah feine Mittel ,k)m eriauixn, aus mer-,
fen in Hotels erster Klasse abzusteigen
und weitere Seefahrten in der ersten Ka
jüt, zu unternehmen, der pflegt die eng-lisch-amerikanische
Sitte heimzubringen,
von sechs Uhr Abends an in Herrengesell,
schafi nicht anders denn im fälschlich so
genannten Smoking und in Damengefell
fchaft nicht anders denn im Frack zu er-
scheinen, i)tt iine eqajioime ,1
bisher ausschließlich auf die internatio
nale vornehme Gesellschaft, also auf Hof
liute, Diplomaten , und die obersten
Spitzen des Beamtenthums und des
Qfsizierkorps. soweit ihr Beruf sie tn stän
diger Beziehung z Hofkreises erhält. Es
hat ja auch einen vernünstigen Sinn, daß
Menschen, deren Daseinszweck vornehm
lich darin besteht, mit der Würde .ihrer
Person und dem Ansehen ihres Namens
oder Amtes einen Hof zu schmücken und
nach außenhin aristokratische Haltung, an
geborenes Herrenthum vorbildlich in Er
schcinung treten zu lassen, um allen mög
licken Verstößen, kleinen Beschämungen.
unfreiwilligen Lächcrlich'eiten zu entgehen,
sick selbst eine Kleiderordnung Vorschlei-
den. nach der sie sich ebenso gewissenhaft
richten wie nach dem hoflichen Zeremoniell.
Was der geschmackvolle Gentleman uro-
Koma Eduard VII., zu tragen be
liebte, das galt in der ganzen ristokra
tischen Herrenwelt als,Geetz, und von
ihm schreibt sich zcht die in der ganzen
eiiropaillrten Weit yerrschenoe orserzrisi
der. dak der Gent Borm'ttags m
Sattoanzug von gleichem Stoff, allen
flls mit farbig sich abhebender Weste,
vom Lunch bis zur Hauptmahlzeit im
dunkeln Cutaway" mit hellerem gemu-
stertem Beinkleid, vom Diner an jedoch
unter allen Umständen schwarz, und zwar
in kleinem Kreise er n Herrengesell
schgst im "sU Arem jacket" mit schwär-
zer Halsbinde, in grögere: Gesellschaft im
Frack mit iveiher Halsbinde und heller
Weste zu ersche?nen habe. ,
. Wie gesagt, für Leute, die tagtäglich
und ausschließlich in gut sngezogener Ge
f?llschaft verkehren und die nöthige Zeit
,ui dreimaligem (mm sie dazu cinen.
Sport treibe, als 0 öflrrei) hntA
tv l-n Siusiigui'.a l,ui-.:;, ) . sd'r un
flknehin. M imls üf die der Ge
legenwi giigemenene .Kleidung den lop
-ei bremsn ui iliiiittn. Auch d.'r dii:nn:it
Kammerdienkk wird jene Verschossen Zo
rrjsstsssssA'assrTS?
s'rt begreif!-?! wozu aber braucht der
Na tr WitielÜajZt, ja selbst der
eUtm JV-hnlauind ngt,ökiq Kopf
arbeit großen Stil, d?k Bankier, ffadri.
saut, Kaufmann, dessen Zeit doch nie sehr
viel wichtigeren Dingen aukgesüllt zu sein
pflegt, sich dreimal täglich umzuziehen?
5t ist noch nicht allzulange lr. daß man
tn Deullchland eine Frau, die Zich vn
biß viermal täglich urntleideJe, all Mode
närrin mit Spoit tibkrfiütet und
heute giebt ti foqar unter den Männern
kknster Arbeit diel,, bis sich liebe, auf
einer großen Dummheit alt mit Siöllchen
oder i dorschriflkwidrigem Anzug erlab
ten lassen. Selbst die akademische Ju
geiid. ekedem fo. stolz sus hre kecke Unge
bundenlit. hält heute, wenigstens soweit
sie de al feudal geltenden Verbindungen
angehört, jireng aus Jnnehaltung der
Eduardischen Kleiderordnung und, wiZ
vielleicht noch verwunderlicher ist, sogar
der Künstler und der j.unge Dicht wage
sich kaum mehr jmem Gebot zu uitziehen.
Ich glaube, es wäre falsch, dieses all
gemeine Sichducken der Männerwelt vor
der Etikette der englischen Gentry allein
ui der schon lange andauernden Vor
Herrschaft der englischen Herrenmodk der
der kidige deutsche Nachasserei alle
Aukläudischen zu erklären. Der Zug der
Zeit geht dahin, geistige Bildung zum
ÄllgemkingiU zu mödvn, Wissenschaft
und Kunst werden durch Berbilligung de,
Bücher und des AnfchauungZmateria' in
die breitesten Massen getragen, und bei
Lurus wird verpebrlt. Schon lange war
e eine dorzugsioeise deutsche Eigenthum
lichknt, daß unsre Industrie ihre AuHm
darin suchte, age kostspieligen, eigenarti
gen Erzeugnisse des Kunsthajidwerks und
selbst der hohen Kunst baldmöglichst in
minderwerthigem Plglerial durch 'Fassen
sadkikation villig unter die Leute zu
dringen. Was die wodlmeinenden B.'
mükungen deknünstiger Bolkserzieher für
die Bildung des Geschmacks und die Stei
gerung der geistigen Ansprüche erreichten,
das wird durch das Mafsenangebot billi
ger Nachahmunzen ur allzuleicht wieder
pndorben. Es brauckit nur eine starke
pnö eigenartig künstlerische Leistunz
irgendwelcher Art bei den oberen Zehn
tausend Erfolg zu haben, und sofort wird
sie durch eine fabrikmäßige veziehungs
weise dilettantische Nachahmung nt die
ÜKassen geschleudert und dadurch ent
werthet. In der Großstadt zumal, w
stets riesige Kapitalien im Fluß sind,
sucht die Spekulation aus dem Affen
instinkt der großen Masse ihren Vortheil
zu ziehen. Das krasseste Beispiel hierfür
liefert das moderne Berlin. Man sehe
sich einmal die dort jüngst entstandenen
Prachtcafcs, Llchtspleücmpel, Bitkpalaste
und Weinkirchen an. Hat es irgendeinen
vernünftigen Sinn, daß Marmor. Onyx,
Malachit, echte Vergoldung. Kristall. Ma
hagoni. Polisander und was noch alles
sür seltene Hölzer, gcwoktige Skulpturen
in Stein und Holz, prunkvolle Welereten
hervorragender Meister zum Schmucke j
von Räumlichkeiten aufgeboten werden
müssen, in denen die Familie Piefke ihren
Kaffee trinkt und Herr Schulze für 80
Pfennig fein Eisbein und Sauerkraut mit
etlichen Seideln Bier hinunterspült'
Warum muß man am Einganz irgend
einer .Flimmerkiste", die wie jede andre
graue Schatten auf einem Stück weißer
Leinwand zappeln läßt, von emem win
zigen Boy in grellbunter Livree durch eine
tiefe Verbeugung begrüßt werden?
Warum muß einem von protzig galonirtn
Dienern in weihen Strümpfen, Schnal
lcnschuhen und goldenen Fangfchnüren
Hut und Ueberrock abgenommen, das
Programm überreicht werden? Warum
muß man eine breite Marmortreppe, mit
kostbarem Läufeistosf belegt. In einen
Saal hinaufschreiten. der die Kapitelsäle
berühmter Fürstenschlösser an Pracht
überbietet, um sür eine Mark Eintritts
geld irgendeine Schauergeschichte im
Köchinnengeschmack, triefend von Blut
und Sentimentalität, oder eine harmlose,
alberne Posse, mit Akrobatentricks aufge
putzt, vorgeführt zu bekommen? Warum
in aller Welt muh man beider Rückkehr
ins Vestibül', nachdem man über eine
Stunde lang fast ununterbrochen Musik,
oaar recht gut ausgeführte Musik, ehort
hat, wiederum unter Musikbegleitung in
feinen Acantel schlupfen Warum muß
endlich, wenn ich nach dem Lichtspielgenuß
noch in dem Prunkcafs des Erdgeschosses
ein Pilsener trinken will, eine stark besetzte
Kapelle mir ausgerechnet das Tristanvor
spiel vorsetzen und zwar, wohlgemcrkt
so korrekt, llangschon und seinsuyttg. wie
ich es nur von einem guten Konzert
orchester verlangen darf? Alle diese Sen
sationen erlebt man zurzeit tn dem neuen
Lichtspieltempel am Potsdamer Bahnhof;
und am Nollendorfplad, in dem ehemals
der ernsten Musik geweihten Mozartsaal,
konnte man zur selben Zeit die schauder
hast sentimentale Kolportageromantik des
verfilmten Victor Hugoschen Romans
"Lei Mi6rabW sehen und dazu eine
von trefflichen Künstlern tadellos susge
führte und höchst geschmackvoll zufam
menqestellte Musik genießen, die in ihrem
Kunstmerth thurmhoch über der Platten
Ruhrsellgkeit des Dramas aus der letn-
wand stand.
Woher alle diese grotesken Mißverhäll
nisse zwischen Form und Inhalt, diese
lächerlichen Stillosiqkcitcq. diese saust
dicken Kultuiliigen? V r Piefke ' und
Schulze verbeugt sich font kein Mensch
b,s aus die Erde, tolaltch svhit er II an
genehm in seiner Eitelkeit ekitzelt, wenn
der eigens dafür angestellt BY solches
thut. Und folglich bezahlt er für dies
Verbeugung gern einige ?iickcl extra, wenn
er auch sonst tn dem Licht ptelpala t un
gesähr dasselbe zu sehen bekommt wie in
dem Kientopp in der Acker ftraße. Pieske,
der sich einen Sperrsitz im Opernhaus
nicht leisten kann, darf sich, wenn er nur
für feine Schale Kaffee oder sein Kpitz
aloS Bier zehn Pfennig mehr als ander!
wo bezahlt, aus Plüsch räkeln und sich die
Perlen aus dem Trist" vorwerfen
lassen. .Er darf für seine zehn Pfennig,
Färfcht" spielen. Und die Kerle da
oben, die absolvirten Konservatoristen
unter ter Führung eines femgebildeien
Kapellmeisters, werden dafür bezahlt, daß
sie lh, die beste ÄiU'ik der Weit autlpie
l.n müisen. während er über den Mar
mortisa, hinüber seinem Freunde Schulze
i.'ttiee Witze oder tödlliche Plattheiten zu
,lnüllt.
.Daß kann ich mir auch leisten.' ist
AuUutage dir Devise sämmtlicher Pro
lehn. 0 giebt aus dem ganzen ivetttn
föchte der KulM kaum noch gbp,eson
derte Bezirke, a.if denen allein die AuS
erwählten Genuß und Erbauung suchen
und finden dürften. Alle verlangen alle!,
und lofll sie nicht verlangen, da werft
ihnen die. Schleuderer oder die Nackzahmer
auch unveclangt umsonst nach: denn sie
leben vom rößenmavn de Pöbels, und
darum füttern sie diesen Größenwahn aus
jede erdeuklick Weise und verbeugen sich
vor Pieske b,s auf die Erde, wie jener
kanariengelb livrirte Boy vor dem Licht
spiclhause. Und während Piefke noch da
bei ist. sich iiber die Bedeutung de Wor
tel v'nt", dem jetzt so häufig in den
Zeitungen begegnet, den Kopf zu zer
brechen, schmeitert ihm die öieklainctrom
pete Ui Kulturschteuderel bereits Ins
Ohr: Kaufe deine Kleider bei Cohn &
Meyer, so bist du auch ein Gent; ine
gedruckte Anweisung, vas du zu jeder
Tageszeit anzuziehen hast, bekommst du
gratis mit. Willst du ein übrige! thun,
s Halle deine Wurstfinger alle vierzehn
Tage einer Maniküre bin. Jeder, d
deinen äußeren Menschen in solcher l5er
sassung im Onyisaale bei Tiarbach ckkr
in der schwarz polirten Mumienkiste Im
Rheingold trifft, wird dich alsrann sür
einen Gent halten solange du den
Mund nicht vusthuft. Und wenn du sonst
einen guten Affen abziehst, so kannst du
dir sogar die iXedeweise des Gent an
eignen. Beschränke thunlichst deinen Ge
sichtskruj auf Sport, ein enig Politik,
Theater und gefetlschastliche Ereignisse,
bezähme deine Begeisterung und deine ehr
lichen Leidenschaften, thue, als ob du alle
Genüsse bereits ausgekostet, alle Weisheit
überwunden hattest und, wenn du eine
Meinung äußern mußt und nicht Keist
genug besitzest, eine paradoxe Behauptung
glänzend zu vertheidigen, so meine, was
alle Welt meint. Die nach diesem Rezept
jurechtgemacht, Gents" sind heule de
reiti billig wir Brombeeren. Daß da
Bestreben, es. zumal in de Aeußerlichkei
ten, einer bevorzugten, eng begrenzte
Kaste gleichzuthun, aus dem leidenschaft
lichen Vorwärts und Auswärlidrängen
des Gegenwartsmenfchen zu erklären sei,
möchte ich ntschieden in Abrede stellen;
ti ist wohl nichts andres al eine leidige
Begleiterscheinung de überstürzten Tem
po der Entwicklung in diese letzte,
Jahrzehnte. Es ist so leicht geworden,
ohne Geste und ausdauernden Fleiß zu
Bkkmögen und zu Ansehen zu kommen.
nur durch Schlauheit und Fixigkeit, durch
alle jene Eigenschaften, die der Amerika
er in dem Worte "martruW infam
mensaßt. Da Emporkömmlingöthum hat
mit seiner eitlen Vordringlichkeit einen be
trüblich starte Einfluß auf da Wesen
der moderne Gesellschaft bekommen, nd
schließlich ist auch der vierte Stand, der
her Lohnarbeiter, durch den Sozialismui
ausgehetzt und ra Neid und Größenwahn
hineingetrieben worden. So drückt die
chmere Masse der Millionen von unten
auf die Hunderttausende und diese wieder-
um gegen die obersten Zehntausendez
jede! ifl'au feinem Bezirk Heraul in
den rächsthöheren. Und wem das nicht
dermsge seiner ungewöhnlichen , Kraft
und Begabungen gelingt, der sucht wenig
slen den äußeren schein der höheren
Kaste vorzutäuschen : der Proletarier
pjelt den Bourgeois, der Bourgeois den
Gent. Und e ist nur eine natürliche
Folge bei allgemeinen BorwLrtsdrän
gelns und taumelns, wenn einzelne der
zweifelte Erempluce der Gentklasse. weil
sie sich aus ihrem heiligen Bezirk der
drängt suhlen, das Besondere für sich ln
der Nachahmung des Serenisfimusstiles
uchen. und weil echte sürstlickies Wesen
angeboren sein muß und keineswegs auf-
allig wirkt, s halten sich dlefe ungluck
lichen Berdrängelten an den Serenifsi
musthp der Witzblätter. Kulturaffen aber
,nd sie alle von der unterste diS zur
bersten Stufe, sofern sie durch Nach
ahmung von Aeußerlichkeiten eine Tau
chung über ihre innere Wesenheit beab
sichtigen.
Es liegt mir fern, uner Art von deut
cher Gemüthlichkeit da Wort zu reden.
di, sich in der Schlamperei der äußeren
Gebarung kundthut. Jener mmer noch
vorhandene speckhafte deutsche Erzspießer.
der sich auf dem Spaziergang an heißem
Sommertage mählich entblättert, erst den
Rock über den Stock hängt, dann die
Weste - aufknöpft, den Hosenbund lockert
und endlich Kragen und rawalte abthut
und mittels einer Klammernadel vorn an
der Weste befestigt, er ist mit Recht der
Lächeklichkert verfallen, ebenso wie der
rücksichtslose Tourist, der in einem elegant
ten Alpenhoikl mit Nagelschuhen, hohen
Wollstrzimpfen und Lodenjoppe' an der
Wirthstafel erscheint, mit Recht den Un
willen der gut angezogenen Gesellschaft
erregt. Ich verstehe auch ganz wohl, daß
sich ein gewisses feine Schamgefühl darin
ausdruckt, wenn gerade Ausnahmemen
scheu sich bemühen, in ihrem Aeußeren
nicht auszufallen. Man darf es &w ge
radezu einen Fortschritt der Gesittung
nennen, wenn beispielsweise die Mehrzahl
der Künstler e nicht mehr darauf anlegt.
ihren Mitmenschen durch lange Haare.
ausschweifende Halsbinden und sonstige
Abnormitäten der Kleidung ihr Künstler
thum unter die Nase zu reiben, und es ist
schließlich auch begreiflich, wenn gerade
t.- . -rtt. cw ' 1 . - : 4.1-
ver gelinge rocnrr, ui vra oie orae
um Aeußerlichkeiten Zeitverschmendung
bedeutet, sich einfach der Uniform des
kxsseren Durchschnittscuropaer bedient.
Was. ich als Kulturaffenthum brand,
marke, ist lediglich jene plumpe .Vortäu,
schuna falscher Thatsachen", die beute in
der gcsammten Fortschritts im
Schwange ist. Wir sind doch Gott sei
Lob und Dank! kein gestaltlose Völ
kergemisch. keine Demokratie, in welcher
der Emporkömmling ven ion angievt,
Wenn man nach Amerika kommt, fällt
einem die Gleichartigkeit der Gesichter und
der Tracht bei der Männerwelt geradezu
auf die Rnven; man glaubt unter lauter
Schauspielern zu fein und freut sich iiber
jeden Nigger und Chinesen als über die
einzigen, die noch den Muth zu einer
nationalen Bisage haben. Ich war ein
sack, beskl!,,i. alt ich nach mehrwöchigem
Herumreisen im Lande zum erstenmal Im
Speisewagen eines ExpreßzugeS einem
i'rnehmeiz. alten Herrn mit schneeweißem
Henr,qualre beq.qnktei es war ein lana
dilckm Franzose. 0!! ein Kanadl'k. der
noch Amerika kitkesirte Höflichkeit nicht'
konnte. Vm Deutschen, die wir doch j'tzl
wohrllch eine Ursache hoben, aus unser
VolUthum ftrlj u fein, kellten doch end
lich aiisangkn. unsre Verehrung sür olles,
wa we Wr ist, tu bekamxsen. Im
Grunde genommen ist ja auch bei der Heu
tatst Schnelligkeit de Weltverkehr bald
gar nicht mehr .weit her". Wir bilden
un si viel ein aus den Triumph der Bei
nunft tn unsrer körperlichen Erziehung, tn
den Maßnahmen der Persönlichen und
öffentlichen Gesundheitspflege und schließ'
lich auch auf unsre freilich noch junge Ge
schmackekultur. Nun also, wenden wir
doch diese Vernunft ober diesen Geschmack
zunächst einmal aus unsern äußeren Men
schen an, ohne immer nach den höheren
Standen und den auswörtigm vorbil
dcrn zu schielen. Gebärde nd kleide sich
jeder unaufsallig nach dem guten Herkam
men feines Stande, so wie ihm in sei
nem Berufe am bequemsten und gcsün
beste ist. und vor ollen Dingen, wie e
seinem Eigcnwuch am besten iu Gesicht
steht. Und lasse wir e endlich einmal
unsern Stolz sein, wen die Ausländer
vo un sagen, ma erkenne in un auf
den ersten Blick den Deutschen, nicht weil
wir Röllchen zum Jagerhemd oder eine
schwarze Halsbinde ,um Frack trügen,
sondern weil wir die Uniform verschmäh
ten und jeder fei Eigengcsicht durch eine
Eigentracht geschmackvoll zur Geltung zu
bringen wisse.
MliilAkrlimK'llibs
Es kan nicht beftritten werden, daß
Berlin in der Enwickelung seine Club
Wesens nheblich hinter seinem grandiosen
Aufschwung zurückgeblieben ist. E war
bisher nicht möglich, Club noch eng
lifchem oder internationalem Muster ein,
zuführen. Wohl alle diese ZZersuche sind
gescheitert, zerschellt an de Klippen der
Verein meiere, oder gestrandet in den Un-
tiefen de Spiele. So hat im Laufe der
Zeit da Wort .Club" i Berlin eine
etwa merkwürdigen Beigeschmack erhab
ten, uud in den Anschauungen de große
Publikum wird sich der Begriff von Club
und Spiel in einem Gedanke trcnen.
Das ist allerdings recht bedauerlich und
gibt auch ein falsches Bild vom Berliner
Clubwesen, soweit I al solche über
Haupt eine Existenzbekechtigung hat. Die
vornehmsten Club, der Union Club,
der Kaiserliche Automobil-Club nd der
Aero-Club. du sich dir Pflege ganz be
sonderen Interessen de Pferdesport,
de Automobiliömu und de Flugwesen
zur Ausgabe gepellt haben, sind über
jeden Verdacht, dem Glücksspiel in nur
irgend elcher Form dienlich zu fein, er
haben. Immer und immer wieder wurde
vom hohen Spiel im Union-Club gesaselt,
l , einem der große spteierprozksie
chließli ein Mitglied de Bor tande
diesem Märchen durch eine eidliche Aus
age n Ende bereitete.
Diese großen Club und eine Reihe von
Ressourcen und Vereinen, bei denen im
Kreise der Mitglieder ein harmlose idpiel
willkommene Unterhaltung bietet,' haben
eine solche gut wirthschaftliche Basis, daß
e Nicht auf Eintunkte ouk dem Spiele,
auf das Kartengeld angewiesen sind. Da
sind nämlich, so sonderbar ti klingen mag,
eine Anzahl von Club, die aus Fachver
banden sich gebildet haben und nun ihr
Dasein ur mit der Einnahme u den
Kartengeldern ausrecht erhalten können.
Der Fehler, der gemacht wurde, wor der
übertriebene, durch nicht berechtigte und
erforderliche LuxuS. der beim Miethen
der Clubräume und bei deren Ausstattung
owie m Clubbetne selbst gemacht
wurde und wird. Hier hat sich die Ba
s der Gründungsnothmendigkeit verscho
den: au dem Geselligkeitsverein, dem
Heim für frohe Stunden von Berufsge
nofsen und Freunden, n vieisaa eine
Vereinigung entstanden, d in allererster
Linie dem Spiel, und dann erst anderen
geselligen Zwecken dient.
Ein Club ohne spiel (d. h. ohne ar
tengeld!) kann nicht leben!' heißt e zur
Entschuldigung. Natürlich! Um zu leben,
we e beliebt wird, retchen die Jahresdet
tröae der Mitglieder nicht ou. So man
ches einsichtsvolle Vorstandsmitglied hat
ich entsetzt an den Kops sesaßt, wenn e
,aS hohe Spiel von Leuten gesehen hat,
die weder durch Vemögen noch durch
Einkommen u solchen Sätzen berechtigt
,nd. Immer aber wird m diesen ret
en da Spiel sich stet in Art und Höhe
noch in gewissen Grenzen halten, denn
schließlich ist der Club ja doch die Haupt,
sache und da Spiel nur eine bittere Noth'
wendiakeit. Hier wird der .Poker im,
mer dominiren. da Spiel, bei dem jeder
einmal gewinnen kann man muß e
nur erleben, im Gegensatz zu anderen
Spielen, wo die Chancen der Bank im,
mer größer sind a! die der Pointeure,
Diese Spiele herrschen in gewissen anderen
Clubs, wo da Kartengeld der Zweck der
Gründung ist; au ihm wird der Betrieb
bezablt. da E en für vie ve onveren
Veranstaltungen al da siitd: Austern
Abend, Rtdyuyndtner, Weihnacyksseicr,
Bußtag-Five o'clock, (Abend g Uhr)
u. s. w, - ikliksert und der Ueberschuß
gezogen, tt so manchen Zeiten gewissen
Club-Gründern enorme Summen brachte.
Diese 2. 3 und 6 Mark, die selbst beim
Poker der Spieler zahlen muß, summlnn
sich zu ganz respektablen Summen, und
wenn der Tisch bei dem "(?nmia de
fer" nur halbwkg gut besetzt '.st. so
kommt nach einigen Stunden ein hübsche!
Sümmchen berou. Dazu mu man t ,
sen, wie dauerhaft solch' eine Pokerpartie
fein kann, und daß viele, viele Male der
Seil tten von Mitternacht vl zum na
ftcn Mittag ununterbrochen um den Tisch
seine Reise machte. Ma hat rechnet
daß die Kartengeldumsätz der bekannten
1215 Spielelud rund 4 Millionen
Mark betragen. Kein Wund, daß nach
Beendigung solcher Partie der Gewinner
in den meisten Fällen nur die Clubkasse
ist, aus der die Managet und Direktoren
bobe Gehälter und NepräsciitationsaeNier
pro form beziehen. Ditse Clubs
tauchen konielknhaft auf und verschwinde
nc,ck kurzer Xaatt im ratyielyaslen ,un
lel oft fejir plötzlich. Dann kommt daö
bewußte neue Schild an's HaüSii'.sr, ein
andere Name erZcheint, t?inadiingkn wer
r. in alle Winde -schickt und die FeeuU
ksinnt von neuem? d Spieler ist ji i
awrglölldilch und denkt im neue Club
veuk Mück zu finde.
Dieser Art von Club ist man in seh
tr Zeit st;! zu Leide gegangen, ade t
bat sich keine gesetzliche Handhabe zu einej
Bestrafung finde lassen. Die Club sind
oldiiuiigögkmskz gemeldet, und ei ff
wkibSmaszigk Glücksspiel ist nicht ach
weis bar.
Man hat t tiefen (J'uU ftanz sank
bare Gründungen erlebt: so war de
Jagdclub .,., der eine Jagd von lidtt
30,tX) Morgen gepachtet halte, die tm
östlichsten Ostpreußen lag und die nie ein
Mitglied betrat, wahrend im Berliner
Clublokal ollnächtlich di, Jagd nach dem
Glück im vollen Gange war. Die groß!
Sache aber sollte der .Travellerl.Club'
werden, der vor einigen Jahren am Kö
nigsplatz ausgemacht wurde. Man hatt,
allererste Namen gewonnen, iu wunder
volle Programm mit großen ethischen,
völkcrnahernden Zwecken und Zielen der
sandt, ein glänzende EröfsnungSfest ges
geben, ein Huldigungstelegramm ,dem
Kaiser gesandt und und doch war nach
wenigen Wochen alle Herrlichkeit u Ende,
denn der einzige reelle Zweck ar da
Spiel, und neben den Leuten von gutem
Name standen im Hintergrunde Män
ner, die ihren Namen besser verschwiegen,
aber die eigentlichen Unternehmer waren.
E gab einen ganz gewaltigen Krach, al
diese Gründung aufflog, da mit Recht,
den mit solcher Unverfrorenheit hatt, sich
biich och niemand an die gute reife
Berlin herangewagt.
In letzter Zeit wurde mehrfach von der
Aushebung vo Roulcttttlub berichtet.
Da sind nun ganz andere Verhältnisse.
Hier haben einzelne Aan.'"er für eigene
Rechnung Tripot ausgemacht und die
Roulette gedreht. Ma spielte in Privat.
Wohnungen am Nachmittag, bald hier,
bald dort. Der Krei der Theilnehmer
war fast sie! derselbe, so daß man am
Vormittag telephonisch den Vcrsamm
lungsort vom Nachmittag ansagen konnte.
Lange ging die Herrlichkeit nicht, und
daran war schuld, daß man Damen zum
Spiel heranzog. Die verehrten Dame
spielen sehr gern; Roulette ist so bequem
unbequem ist nur da Verlieren. Sehr
peinlich wirkt e, wenn da monatliche
WirthschaftSgeld bereit am fünften flL.
n gey. uno va war an der Tage
'ordnung.
De Damen konnten den Wer
lust schweigend nicht ertragen: So oder so
erfuhr die Kriminal-Polizei davon, die
mehrere Male im Nebel der Nacht die
Nester auöhob und schließlich, al immer
wieder ein neue Lokal gefunden wurde,
die Bankhalter einfach wegen gkwerbs
mäßigen Glücksspiels festnahm und dem
Richter zuführte. Damit sind diese ae
fährlichen weil fast jedem zugänglichen
Spielhöllen vorderhand beseitigt. Noch
eine fei erwähnt: in allen diesen Clubs,
selbst in de kleinen Tripots, wird ehrlich
gespielt, streng nach der Regel, dafür sor
gen schon die vielen Spieler, die man al
fast gewerbsmäßige bezeichnen muß der
Nebenberuf ist oft recht schwer Nachweis-
bar. Eine Unregelmäßigkeit, eine Unkor
rekiheit wird nicht geduldet, da Damok
lesschwert des polizeilichen Einschreiten
hangt drohend über dem runden Tisch.
Kommt der seltene Fall vor. da sich
Falschspieler im Club bethätigen, dann .
wird ei bald gemerkt und der Skandal ist
da. Jahre find bereit vergangen, feit
die Herren Szulka und Hertz in einem
Berliner Club mit gezinkten Karten or
betteten. Herr Szulka hat den höchsten
Einsatz, sein Leben, bezahlt: Hertz ober
hat sich mit freiem Geleite dem Berliner
Gerichte gestellt und will beweisen, daß
Szulka allein der Held der Zinken war
und daß r schweres Geld im Club ge.
lassen hak.
Der Söhne Verzweiflung.
Aus Petersburg wird geschrieben: Im
vorigen Jahre wurden die Söhne des
Reichsrathsmitgliedcs Denissow. die Stu
denten Nikolai und Jlja Denisstow, gegen
den UnterrichtSminister Casso in einem
Petersburger Restaurant thätlich, weil die
ser mit ihrer Mutter Beziehungen unter
hielt. Die Geschichte rief große Aufre
gung hervor, aber Casso biiev emisicr,
und man glaubte, e werde Gra über die
Sache wachsen. Am 7. Februar erschien
im Reicherath Detektivches Filippom, bat
Denissow herau und theilte ihm mit, daß
feine Sohne Selbstmord begehen wollten
und diese Absicht bereit in zahlreichen
Briefen ihren Bekannten mitteilten. De
nissow fuhr sofort nach Hause und traf
seinen Sohn. Nikolai an. der tym ve ta
tigte. daß er au verschiedenen Gründen,
vor allem ober wegen de Lebenswandels
der Mutter, nicht mehr leben könne. Der
Vater stellte ihm vor. dak die Mutter be
reit ihr Benehmen bereut habe und alle
wieder gut werde. Nikolai ließ sich der
nicht umstimmen, ging wahrend de Ge
sprach in Nebenzimmer und schoß sich
eine Kugel in die Brust. Er wurde ins
Hospital gebracht, start, ad nach kurzer
Zeit. E verlautet noch, daß er im letzten ,
Gespräch seinem Vater erklärt habe, er sei
mit dem Entschlüsse de Vaters, sich mit
der Mutter auSzuföhnen, nicht einverflan
den. Al der Vater erwiderte, sein Ent
schluß fei unabänderlich, stürzte der Sohn
mit den Worte .Nun dann gut' in Ne
benzlmmer und erschoß sich. Der zweite
Sohn. Jlja, hat erklärt, e sei seine
Pflicht, dem Bruder zu folgen. Frau De
nissow befindet sich in einer Heilanstalt
und weiß noch nicht von dem Selbstmord
ihre Sohne.
sshaft.
Ja, ich habe bei der Arm gedient,
habe sogar einen Krieg mitgemacht . . . ich
habe England geholfen, den Burenkrieg zu
aewinnen." . '
.Wa Sie nicht sagen! ' Auk
Seite haben Sie gekampft?'
Wiedergebe macht Freude.
.Sehen Sie die hübsche junge Dam,
da drüben? Die hat mich vorhin für
ihren Bruder gehalten und mir einen Kuf)
gegeben," ' . .
.Und Ivas haben Sie daraufhin
gethan?" ,
.Da der Kuß nicht für mich bestimmt
war, habe ich ihn als ehrlicher Mens.kz
ihr zlirücigkIeben."