Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926 | View Entire Issue (March 30, 1914)
'.' . ( t;L,i I. f&BZi&hi isssggaaaeiggsisaBaj! Ochlid, min Land. G W V! I Nomnn von KS?ää2S333 S? Zum ersten zum zweiten zum dritten Keiner mehr? Herr Kantor Ihr habt'." Der Lehrer Hollmann stellte sich neben seinen ncuerworbenen Bksch e war ein schöne, wohlerhalteneS Pianino. Zärtlich strich seine Hand liber die glänzende Politur, die weißen 2a ten, die heimlich zu locken schienen. Wie würde sich sein lieber, nrn silnärrischer Junge, der Paul. Über da herrlicht Instrument freuen! , Bai schadete eö. daß ein paar hundert Mark Ersparnisse darausge gangen! V . Lächerlich billig hatte er daS Prachtstiick erstanden -r wie daS so geht -bei den Auktionen autj dem Lande. Einen Augenblick trübte der Ge danke an die Gutöherrschast, der man eben außer Hau. Hof und Vieh auch da letzte, die Mobilien. versteigert hatte, seine Freude. Er gedachte der Stunden hohen e nusse, wenn fein Sohn im Herren haus von Beekendorf Spiel und 0e sang der beiden Töchter mit seiner Geige begleitet hatte, er vergegenwär. tigte sich seines Pauls Verehrung für die ganze Familie und seine Trauer über den Zufammenbruch ih rer Existenz. Fünf Minuten war seine Freude eingedämmt. Heimatlos! So verließen sie diese Stätte, die liebenswerten, noch au! dem Narasten heraus stets hilfsberei. ten Menschen. ; Seit der Gutsherr dort drüben auf dem stillen kleinen Friedhof im ter dem Granitkreuz schlief, war eS mit dem seit langem überschuldeten Gut reißend schnell bergab geganzen. Seine Witwe war der schweren Aufgabe nicht gewachsen. Jnspetto. ren, deren Tüchtigkeit auch ein hohes Gehalt erforderte, konnte sie nicht be folden. So erhielt sie mit Hilfe deS Hofmeisters sich und ihren beiden Töchtern mit Mühe und Not noch einige Jahre die Heimat dann kam eS. wie es kommen mußte. Und heute, nach dem traurigen Schlußalt fiel der Borhang über der Beeken Ende in Beekendorf. Von den Ställen her kamen weh rere Herren. Sie gingen eilig und sehr beschäftigt mit sorgenvollen und ungeduldigen Gesichtern über den Hof die neuen Besitzer. Zwischen den verauktionierten Ge genständen und ihren Erwcrbern fclie ben sie stehen. ' Mißvergnügt überflogen ihre Blicke den Wirrwarr und die allerdings jetzt ziemlich zwecklos umherstehenden Besucher der beendeten Auktion. .Schafft das hier möglichst bald fort. Leute! Die Hoftore sollen ge schlössen werden". Leute! Sie sahen sich empört an. Was fiel denn dem ein. dem Prot zen auS der Stadt, der sich seinen Haufen Geld mit Bierbrauen verdient hatte, sie, die eingesessenen Bauern und Ortsangehörigen, anzureden und zu kommandieren, als wenn er ine Horde hergelaufener Fabrikar ieiter vor sich hätte! Da ging ja schön loS, noch ehe die früheren Eigentümer die Tür hinter sich zugemacht hatten. .Die Tagelöhner hat er wegge jagt. Alle Mann hoch müssen sie rau auS ihren Wohnungen. Will allen mit neuen, zugezogenen Leu ten machen. Na, meinswegen kann sich 'n Haufen Polacken oder Kaf fern verfch'-eiben. Aber wenn'S nicht einschlägt ' .mir soll er nicht kom men mit Aushilfe bei Erntezeiten ich hust'n was." ES war einer der größten Bauern fo Dorfes, der so mit finsterem Ge sicht sprach, und massenhaft flogen ihm zustimmende Bemerkungen von allen Seiten zu. .Man knapp Butter aufs Brot hatten sie noch, die Beecken. aber was waren sie freundlich und immer bei der Hand mit Helfen, wenn's auch mit dem Letzten war. Aber son'n fremder Protzenkopp. der denkt woll. kann hier Gutsherrschaft spielen mit unö Bauern und einheimischen Katnern! Jawoll! Flöttchenpiepenl Der soll sich noch wundern". Kantor Hollmann hörte schweigend diesen Meinungsäußerungen zu. Er wußte am besten, waö sie an den Beekens gehabt hatten, trotz ih 8 NuinS. Beinahe zärtlich strich er über die glanzende dunkle Politur des erwor denen Instrument. .Gut, daß ich dich hab' die da oben sollen nicht auf dir herumtrom mein". . Jene, denen dieser Nachruf der , Dorfleute galt, schritten indessen zum letztenmal die Treppe deS Herren hause hinunter. .EI war Frau von Beeken mit ih rer ältesten Tochter Molve. Ein paar Schritte über den Hof. vor dem Seiteneingang des ParkS hielt der Wagen, der sie zu ihrem neuen .Wohnsitz bringen sollte. j ' Wortlos nahmen die, beide Da r 'Sri Zäed..jZ2!ii. sSümr J W s VI (rlfa W.cb&trs, ÄMC!j4; men in den schlechten Polstern deS Mietfuhrwerks Platz. Aul ihren blassen Gesichtern grüß, ten die traurigen Augen noch einmal die Heimat. Der Wagen bog in den Schatten der Illmenallee ein, die vom Guts Hof auf die Chaussee mündete. Zu düstergrünem Dach wölbten sich über ihnen die Baumkronen weit hin am AuSgang aber schimmerte wie ein Silberstreif die Chaussee, rechts und links von ihr. iiberstrahlt von Sonnenlicht, grllndgoldige Fel der. ES war ein Bild . prangend in Sommerpracht und Lust, dem sie durch Cchattendunkel entgegenfuhren. Malveö Augen sahen brennend darauf hin. Erfüllt von Bitternis sen ganz und gar vermochte sie nicht. dieS leuchtende Bild da draußen als Symbol ihrer Zukunft zu nehmen. .Wenn wir hinkommen, wird die Tonne fort sein, und es ist dunkel wie hier". Sie wandte sich der blassen Frau an ihrer Seite zu. .Tu hättest dir diese Marier er sparen sollen. Mutter! Warum bliebst du bis zuletzt? Ich wäre doch auch allein fertig geworden." Frau von Becken schüttelte den Kopf. .Im Gegenteil. Kind! Ich mache mir Vorwürfe, daß ich deine Slnive senheit litt. Tu hattest wahrlich am eigenen Leid genug. Ich hätte dich fortschicken sollen". MalveS große, graublaue Augen wurden starr. Sie hielt sie unbe weglich geradeaus gerichtet in dem angstvollen Gefühl: .Zucke ich j.'tzt, so stürzen die Tränen hervor". Als ob das Leid nicht immer da wäre, hier und dort! Als ob in der Borstellung da Bittere des Schluß, akts in der verlorenen Heimat nicht ebenso geschmerzt hatte! Ihre Gedanken gingen zu Adelheid. Nicht mit Neid suchte sie die Schwe ster in ihrem jungen Glück. Es war ihr Trost und Befreiung gewesen, daß wenigstens eine von ihnen sich in den sicheren Hafen gerettet. Mit Purpur roten Segeln bespannt fuhr das Le bensschiff der jüngsten Tochter ter Beekens hinaus auf blaue, glatte, sonnenüberglänzte Flut und am Steuer standen die beiden jungen Gatten, siegesgewiß, glückssicher. Und für sie selbst alles vorbei! Hinab der holde Liebestraum! Ver loren die Heimat, deren Erde ihre Tränen getrunken. Bor ihr ein licht loser Weg und ihr zur Seite eine einzige Gefährtin, die wies fchwei gend, stillen Auges mit ruhig ausge streckte? Hand geradeaus die Pflicht. Sie war ihr nicht fremd, diese Weggenossin nur da sie bisher in der Heimat Seite an Seite gegan gen. Malve wandte sich plötzlich zurück. Abgewandt von der müden alten Frau umfaßte ihr Blick uoch einmal das Beekendorfer Herrenhaus. Auf dem fpitzen Schieferdach lag golden die Sonne. Ein Flug Tau ben flog eben emjwr, geradeswegs mit. dem schimmernden Gefieder in den blauen Himmel hinein. Wundervolle Dolden rankender Glyzinen umhingen die Fenster, hell glänzte die Bergoldung des Parkgit- ters, weiß und vornehm führte die Freitreppe zum Vestibül hinan. Die unverwischbare Solidität alten Familienbesitzes, und dennoch über Hof und Stallungen Spuren des Verfalls, der Vernachlässigung auS Geldnot! .Leb wohl! Leb wohl!" Malve faß wieder still und sehr aufrecht neben der alten Frau. Weiter ratterte der schlechtfeSernde Mietwagen jetzt mitten hinein in den Sonnenschein, der blieb, er wich nicht, wie das Lächeln vor dem Un glück weicht aber er tat Malves Augen weh und brannte wie tausend ungeweinte Tränen in ihrem Herzen. Dicht lag der Staub über dem kleinen Stationsgebäude der Halte- stelle. Weithin aus der Strecke blitz ten die Schienen. Der Beamte half eigenhändig das Gepäck besorgen, begleitete die Damen an ein Coupö und verabschiedete sich schließlich mit einem Gruß, in den er seine ganze Anteilnahme legte. Das verdammte Geld! Immer die Besten haben zu wenig davon. Mag der Deubel wissen, was für 'ne Sorte wir nun auf Beeken kriegen" sagte er sich. Der brave Mann sah noch eine Weil hinter dem entschwindenden Zug her, dann pfiff er feinem Hund und ging in die Kühle seines Dienst räum zurück. Gegen Abend waren sie m Hanna ver. Lange hatten sie hin und her über , legt, ob sie nicht lieber ihren Wohn sitz in dem kleinen Kreisstädtchen neh men sollten. Dort waren die Mieten noch rührend billig, man hatt ein Stückchen Garten und sah grüne Bäume ober die Großstadt M Aufsicht auf Verwertung von Kennt nissen und kleinen Talenten. Frau von Beeken sollte ihr reine Französisch und Italienisch zu Clun den verhelfen, Malve hatte langst in der Stille ihr Zeichentalent so weit schulgerecht ausgebildet, daß sie ei in den Tienst de Kunstgewerbe stellen konnte. Und .man kann dort besser unterkriechen." Sie sprachen ei nicht au, doch beide erfüllte nur da eine Verlangen nach Stille, nach fo wenig Geräusch, wie mans in dieser Welt dcZ einigen Lärmcns und Jagen haben kann. Erst einmal wieder zu Atem kom men. gewissermaßen Musterung halten über die Wunden und Mal, die man aus heißem Kampf davongetragen. Bei alledem war doch noch daö eine Gute: sie brauchten sich nicht zu trennen. Nach ollem Abschied nehmen blieb ihnen dieser letzte schwerste Äbichieo erlpart. Ter Zug lief in die Halle ein. Keine der Frauen warf einen- Blick auf den Perron e erwartete sie niemand. Malve belud sich mit dem Hand gcpäck und reichte dann den freien Arm der Mutter zur Stütze. Gerade als Frau von Beeken den Fuß auf das Trittbrett setzte, trat ein Herr neben sie und Malve. Erlaube, liebe Mutter" Er legte den Arm um die zarte Ge statt und hob sie sorgsam zur Erde. te ließ eS fassungslos ge cheben Zu Tode erschrocken sah sie an sei ner schlanken Höhe hinauf in fein kluges, mannlichschoneI Gesicht. .Harald um Gottes willen das hattest du ihr ersparen können! Ihr angstvoller Blick suchte die Tochter. Malve stand regungslos. AuS ihrem weißen Gesicht starrten die Augen dunkel auf da Antlitz, daS sie kannte wie keines sonst auf der Welt und das sie liebte, lieb te Sie preßte Schirme und Taschen so fest in ihre Arme, wie zum Halt, und fühlte nicht den schmerzhaften Druck. In einem Erzittern der in nersten Seele, in niegekannter Hilf losigkeit fühlte sie: ein Wahn war die ganze Entsagung gewesen. Nie und nimmer konnte etwas anderes als Zeit und Naum sie und den Ge liebten trennen die Zusammenge Hörigkeit blieb wie das Ewige in ih tun, das sie einst einander zugeführt. Traum war die Trennung. Wirk lichkcit, daß sie . ihn sah, diesen Mann, schlank und groß, klug und entschlossen, voll Energie und zarter Güte den Verlobten Verlore nen Erst in diesen Sekunden begriff sie, wie unsäglich ihre Sehnsucht ge wesen! Wie diese schweigende, dul dende Qual sie zerfressen bis inS in nerste Mark. Als sie noch im Kampf gestanden, um ihm seine Freiheit aufzuzwingen, war in dein ungeheuren Aufgebot al lcr Kraft doch Leben gewesen was dann kam. war stumpfe, entsetzliche Jnhaltlosigkeit, graue, endlose Leere Und aus allen peinigenden Gcdan ken sprang immer der eine auf: .Ich darf ihn nie, niemals wiedersehen, wenn ich s ertragen soll". Und nun, mitten im Lärm und Gedränge des Bahnhofs war er da Sie fuhr zusammen, bis zur Fas sungslosigkeit entsetzt, als si seine Stimme hörte, seine Hand sich um ihre klammernden, eisigen Finger schließen fühlte. .Malve ich konnte nicht ander bei Gott ich mußte dich se hen! Ich wär' sonst verrückt ge worden." Sie horchte auf seine Worte, horch te mit vergehenden Sinnen, in ver zehrender Spannung und daneben in der unklaren Angst: Herrgott, wo her soll ich die Kraft nehmen, um dies zu überstehen!" Mit dem Rest ihrer Uebcrlegung wandte sie sich ihrer Mutter zu. .Laß uns nach Hause. Mutter!" sprach sie. Zu dritt gingen sie dem Allsgang zu. Durch die bekannten Straßen, die noch die Jugend der Frau von Beeken und den letzten Glanz deS al ten WclfenhaufeS gesehen. Draußen in einem neuen Stadt teil vor einer Mietkaserne hielt de? Wagen. Immer während der Fahrt hatte Malve unter Pein und Zagen nur das eine denken können: .Wird er mit heraufkommen?" Sie wußte nicht mehr, war eS Qual oder Glück, was sie empfand, föi, lWiriff? kn böcbster Steigerung scheidet man es nicht mehr. Willen los. atemlos läßt man oen viurm iifir fi hfifiinislneit in Halber Be wußtlosigkeit für beide gleicherweise die eine ueöerzeugung Teiiqaucno; .fti.rnnrfi kann nickts mebr kommen. Dies kann nichts übertreffen. .Ver gessen, daß ich lebe!" Höchstes Glück preßt den Wunf aus ntitx V,e höchstes llnqiua aucy: (Fortsetzung folgt.) Erfolg. Papa hat zum kleinen Franz oft gesagt, er solle recht artig fe'n, dann 'werde ihm der Storch a::ch ein Brüderchen bringen. Nach einiger Zeit treffen Zwillinge in. .Papa", fragt der kleine Bursch, nun bin ich wohl zu artig gewe sen!?" ; Tnli.s,e Dimsjtt XriMpr. Montan, bru 30. ' LlMtl. Crzäljlmig von Klara Schclpct, Christel war teilweise das Ent zllcken und zum anderen Teil da Entsetzen des Hause Lindenslraße 17. Ihr sonnenblonde Köpfchen, ihre lachenden Llauaugcn und ihr muntere Geschwätz machte alle Leu te, die ihr begegneten, in sie verliebt, aber Christel hatte einen Fehler sie fang! Sie fang die wildesten, selbstersundenen Melodien mit über lauter Stimme in den höchsten Tö nen, und zwar immer im Treppen fliir de Hause Lindcnstraße 17. Und nicht alle Hausbewohner hatten di Milde und Ergebung von Fräu lein Lotte Hein, die im Parterre den kleinen Putzladen betrieb, und die dem fangeSlustigen Ding dann wohl zurief: .Singst Tu aber fein,, Ehristel!" Nein eS gab Men schen im ersten Stock und in denen darüber, die knallwütend über Klein Christel wurden. Der alte Major riß oft feine Korridortür auf und schrie erbost: .Wal schreist Du denn schon wieder, Du schrecklicher Brüll äffe?" Aber der Schelm schüttelte anftmütig seine Locken: .Ich schreie a gar ich, ich singe ja bloß fo fein." Jnt) dann zog der Alte sich brum mend zurück. Heute sang Christel wieder mit lauter, überzeugender Stimme in Schlummerlied für ihr einarmige Puppe Suse, und der hohe kahle Treppenflur gab die Töne mit emsi ger Geschäftigkeit in verzehnfachter Klangfülle wieder. Keine Mutter mischte sich mit vorwurfsvoller Stim me in die Konzert, denn die war mit der-schwärzen Ledertasche zum Markt gewandert und vermutete ihre Tochter in dem Putzstübchen von Fräulein Hein. aber da hatte Chrt stel längst mit reichgefüllten Taschen verlassen. Auch der Major unter brach die Kunstübungen heute nicht mit einem heiligen Donnerwetter, und di Puppenmama sang lauter und lauter und höher und höher. Aber jetzt öffnete sich im zweiten Stock eine Tür und eine vorwurfs volle, tiefe Männerstimme rief halb laut .Christel!" zu dem Blondkopf herab. .Ja!?" gab die Sängerin fröhlich zur Antwort, aber oben zog man die Tür nur leise wieder ins Schloß. Nun überlegte Christel ein Weil chen, nahm ihren Gesang nicht, wohl aber ihre Puppt wieder auf und klomm mit ihrer geliebten Suse inö zweite Stockwerk hinan. Dann bum berte sie laut und anhaltend an die Tür. zuerst ergebnislos, doch endlich kam man, um zu öffnen. Es war Herr Weichardt. der mit blassem, überwachtem Gesicht in. der Tür stand, ein auter Freund, der Ihr oft prachtvolle Reklamemarken mitge bracht hatte. Jetzt sah er erschrocken und ein we lg verständnislos auf das Kind und fragte mit müder Stimme: Was willst Du denn, Kleine?" Die hob die strahlenden Blauaugen zu ihm empor. Du hast mir ja gerufen." sagte sie lächelnd. Ich? Nein!" Herr Weichardt schüttelte den Kopf. Doch!" nickte Christel. .Du hast mir doch gerufen und nun komm' ich Dir besuchen!" und energisch drückte sie ihren schlanken Kinderkörper an dem jungen Mann vorbei und er zwang sich den Eingang. .Ich kann Dich aber gar nicht brauchen." sagte der Herr, wider Willen ein wenig lächelnd. .Ach, doch!" meinte Christel begü tigeno. ich erzähl' Dir was, oder ich bin auch ganz artig." .Na, schön." lachte Herr Weichardt. dann komm' ein Weilchen, kleiner Quälgeist!" Und seufzend nahm er seinen kleinen Gast an die Hand und ging mit ihm in sein Zimmer. Christel war sehr vergnügt. Sie ging gern auf Besuch, und kaum hat te der blasse Herr Weichardt sich hin gesetzt, so kletterte sie unternehmungs lustig auf seine Knie und stre.chelie sein Gesicht. .Bist Du krank. Onkel?" fragte sie zärtlich und lehnte ihren Blondkopf an feine Schulter. .Nein, nein mein Kind, ich bin nicht krank " .Bist Du denn traurig, Onkel?" forschte sie weiter und streichelte ihn wieder. Die zärtlichen Kinderhände taten Fritz Weichardt wohl und weh zu gleich, und er mußte ein paar herauf drängende Tränen mannhaft hinun terschlucken. Traurig bin ich ja, Christel" er seufzte tief auf und drücket sein Gesicht in ihr welches, duftiges Kin derhaar sehr, sehr traurig." .Mußt nicht!" sagte da zärtliche kleine Ding vorwurfsvoll, was fehlt Dir denn?" Geld fehlt mir, kleine Christel, viel, viel Geld " DaS kleine Mädchen machte große Augen. .Bloß Geld fehlt Dir? So'n al tes, dummes Geld bloß? Pa. 0n kel, dadrum brauchst Du doch nicht traurig sein! Mutti hat auch lein Geld, weil sie doch drei großen Jun Mär,, ÜHL genS und mir hat. Und Kinder tosten doch viel 0Mb!" setzte sie alt klug hinzu, .und Du hast doch nich mal Kinder!" i .Nein," sagte er. durch daö lebhaf te Gcplauder ein wenig von seinem Kummer abgelenkt, .Kinder habe ich nicht." .Na also! Du bist ja auch noch zu jung, Du hast ja noch nich mal 'n Bart. Und auch keine Frau wenn Du eine Frau heiratest, wirst Du auch schon Kinder kriegen." Herr Weichardt seufzte und ließ die Kleine von seinen Knien gleiten, um seinen Kopf in beiden Händen vergraben zu können. DaS Kind beschäftigte sich ein wenig mit einer illustrierten Zeitung, die auf dem Schreibtisch lag, kam aber dann wie der zu ihm zurück. .Onkel, sei doch nicht so traurig wegen daS alte Geld! Fräulein Hein unten in ihrem Putzladen hat so viel, soll ich von da welches rauf holen? Die gibt Dir welches. Die ist gut. Die schenkt mir immer fo 'ne viele Menge 'Masse Puppenlappenö." Der junge Mann zog das Mädel chen gerührt näher und strich ihm zart über den Blondkopf. .Du guteö, kleines Ding, Du!" sagte cr leise. .Du Englein Du, mir kann niemand mehr helfen, nicht mal Fräulein Hein!" Aber Christel nickte energisch. Doch, Du! Die hat ja so 'ne viele Menge Masse Geld geerbt, von ihrem Großvater, der ist gestorben schon lange. Da drüben hat er gewohnt. Und denn haben sie ihm in eine gro ße Schachtel gepackt, und denn haben sie viele Blümchen und Kränzer drauf getan, und denn haben sie ihm nach dem Kurchhof gefahren. Und nun ist er tot und all sein Geld hat er Fräulein Hein geschenkt und das heißt dann geerbt." So?" sagt Herr Weichardt, iiber diese traurige Geschichte nun doch ein wenig lächelnd, weil sie gar so drol l!g vorgetragen ward, nun, da hat Christel wohl sogar ein bißchen wei nen müssen über den Tod des alten Großpapas?" Ja," sagte es fchenll, .wenn Du nicht." Und wenn ich nun tot bin, wird mein Christlichen da auch weinen?" Nun sah das Kind aber ganz er fchrocken aus. xJa. sagte es schnell, .wenn Du sierbst, dann weine ich auch, aber Du bist ja nich krank oder oder doch?" Und ängstlich sah sie zu ihm auf, doch als sie ihn lächeln sah. be ruhigte sije sich bald wieder, sie wuß te ja noch nicht, daß auch Trauer und Hoffnungslosigkeit ihr Lächeln haben. Und als Herr Weichardt nun aufstand, sich reckte und dann zum Schreibtisch ging, sagte er mit ruhi ger. fester Stimme: Nein, Christel, ich bin nicht krank, aber ich habe wunderschöne neue Ncklamemarken, die geb' ich Dir, und dann mußt Du hinuntergehen!" Während er nun noch danach such te, stillte Christel ihre kleine weibliche Neugier an den anderen Sachen auf dem Schreiötifch. An wen schreibst Du da, Onkel?" An meine Mutter. Christel." Warum denn?" Nicht so viel fragen. Kind," lenkte Fritz Weichardt ab und suchte wei ter. Nein," sagte Christel, aber im sel ben Augenblick war das Versprechen vergessen, denn sie hatte etwas wun derschön Blankes unter einer Zeitung entdeckt. Waö ist denn das. Onkel?" Und sie hielt ihm in ihren unschuldigen Händen ihren Fund entgegen. Fritz Weichardt wurde aschfahl. Ein fcharfgeladcner Revolver in Kinderhand. Mit raschem Griff entriß er ihr die gefährliche Waffe und stöhnte auf, als sei er tödlich getroffen. .Um Gottes Willen. Christel, Kind Kind " Die Kleine begriff seine Aufregung natürlich nicht. Das ist ein kleines Schießgewehr, Onkel, nicht wahr? Was willst Du damit chie ßen. Onkel?" Der Onkel" gab keine Antwort, er schloß die Waffe sorg faltig fort für heute war's zu spät der Mut zu dem schwersten Schritt war verloren für heute durch dies törichte kleine Mädchen! Und da lagen auch die Reklamemarken. .Hier, Christel," sagte er ablen kend, hier sind sie endlich nun lauf aber auch " Und Christel ging, noch einen fröh lichen Dank und einen reizenden klci nen Knicks. Sie ging auf direktestem Wege zu Fräulein Hein, denn sie mußte ihr doch die wunderschönen neuen Rekla memarken zeigen, und da machte eS sich ganz von selbst, daß Christe! ihr von der Unterhaltung mit Herrn Weichardt Mitteilung machte, fast wortgetreu berichtete daS kleine Mäd chen, sie vergaß auch nicht, von dem kleinen, furchtbar niedlichen Schieß gewehr zu erzählen und Fräu lein Hein, die den blassen, jungen Herrn im zweiten Stock ein wenig kannte, machte sich im Herzen ein ganz richtiges Bild tan der Gemüts Verfassung "des jungen Mannes, der einen gcladknen Revolver auf seinem chreidtizch liegen hatte. Fräulein Lotte Hein war ein fri Kg, unerschrockenes Mädchen, da dem Leben fest inä Auge sah, und so wußte sie auch sofort, wa sie nun zu tun hatte. Sie wartete nur, bi Christel von ihrer Mutter geholt wurde, dann übergab sie ihrer Tante die Aufsicht über daS kleine Geschäft, band sich noch ein netteS weißes Cchleifchen um den Hals und ging dann mit einigem Herzklopfen die beiden Treppen zu Herrn Fritz Weichardts Wohnung empor. ' Sie läutete gleich Sturm, denn sie überlegte ganz richtig, daß er dann Im ersten Schreck ösfnen würde. Und richtig! Der junge Mann er- chicn mit blassem, erschrockenem Ge- !icht an der Korridortür. Fragend ah er Jraulem Lotte Hein an, aber die sagte mit recht aleichmütia freundlichem Gesicht: Ich möch'.e zu Ihnen!" Und da mußte Fritz Weichardt den ersten Damenöesuch seines Lebens in sein Zimmer büten. Nun war Frl. Hein zwar driimen, doch nun hieß es, einen Anfanz der sonderbaren Unterhaltung finden, und daö junge Mädchen ward ein wenig , verlegen und sah Herrn Weichardt einen Augenblick ohne zu sprechen an. Er bot ihr einen Stuhl an, und Lotte merkte wohl, daß eine qual volle Unruhe und Angst in dem jun gen Menschen lebte, und riß oll ihren Mut zusammen. Sie streckte ihm die Hand entgegen und rief fröhlich auö: .Nicht wahr, Herr Weichardt, so eine aufdringliche Dame, die sogar auf Ihre Bude steigt, haben Sie wohl noch nicht kennen gelernt aber Sie sind mir doch nicht böse?"- .Nein, mein liebes Fräulein, aber gar nicht, doch möchte ich wohl wis sen, womit ich Ihnen dienen kann." Lotte lachte ein mädchenhaft ver lcgencs und doch befreiendes Lachen. Sie können mir heute leider mit nichts dienen aber ich möchte Ih nen dienen. Ihnen helfen. Lie ber Herr Weichardt. wir sind Hauö genossen," fuhr si: fort, indem sie sich endlich seßte und ihm gleichzeitig ei nen Stuhl Zuwies und Sie dllr sen mir nicht zürnen, weil eine Fremd: Ihnen heute Hilfe bietet. Die kleine Christel hat geplaudert, das ist so Kinderart, und ich habe mir ei nen kleinen Roman zurechtgemacht, wo Not, Sorgen, auch ein wenig Leichtsinn und Schuld eine Rolle spielen. Wenn ich mich hereindrange, so tue ich es, weil ich helfen möchte, wenn daü mit ein paar tausend Ta lern zu machen geht. Und wenn ich helfen, durchaus helfen will, helfen muß, so ist es, weil ich einen Bruder in Ihrem Alter verloren habe, der um leidige hundert Taler zur Pistole griff. Meine Mutter ist an dem Gram zugrunde gegangen, mein Va ter ist ein verbitterter Sonderling geworden nach jenem Tage, und ich bin einsam und freudlos durch ihn geblieben." Der junge Mann hatte schweigend mit gesenktem Haupte zugehört; jetzt hob er den Blick und sah sie mit fei nen traurigen, dunklen Augen an. Fräulein Hein," sagte er mit lei scr, müder Stimme, Sie sind so gut und hilfsbereit aber wenn Sie wüßten " Nun?" fragte Lotte aufmunternd, ,,wenn ich was wüßte?" Daß ich daß ein Dieb " Lotte legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. Wollen Sie mir nicht alles er zählen? Ich habe Ihnen nichis zu verzeihen, da müssen Sie Ihr Herz erleichtern, ich weiß, daß Sie kein böser Mensch sind, aber ich möch:e al lcs verstehen können. Wir sind un fremd, wenn Sie wollen, sehen wir iftis niemals wieder, Sie nehmen ei ne andere Wohnung, und wa3 ich von Ihnen hören' soll, ist verklungen und vergessen." Und mit einem herzlichen, freundlichen Lächeln streck te sie ihm die Hand hin. Fritz nahm sie mit einem dankba ren Blick und drückte einen Kuß da rauf. Ich habe einen Freund, Fräulein Hein, aus der Schulzeit her, dessen Eltern meiner verwitweten Mutter viel Gutes getan haben. Er ist Of fizier und ich. der arme Buchhalter, ich war stolz auf diesen Verkehr, leb te feit einem halben Jahr schon etwas über meine Verhältnisse und habe Schulden gemacht. Aber die sind zu ertragen es kam schlimmer: EineZ Tages stürmte Hans zu mir ins Zimmer, beichtete mir, daß er Ehren schulden habe, daß ihm nur die Wahl bleibe, Kugel oder Gefängnis und ich ich habe die Kasse anegrifsen, die ich zu verwalten ha be um helfen zu können Und" fragte Lotte atemlos und Sie wurden entdeckt?" ; Das bleibt für morgen, Fräulein, morgen kommt der Chef zurück. Und wenn die Christel heut' nicht gckom men wäre, so wäre schon alles vor bei." Ja." sagte Lotte Hein leise mit zuckendenl Mund, .als ehrloser Mensch wären Sie in den Augen der Welt gestorben, und Ihre Mut ter " ' . , "l. Tribune, Di)jn4'"tj ll ur . ncoatd 0" T aUt meine tt08t jnjiue;m urt tat Gefangn! iug ta ßtht über meine Kraft. . ; .Und Ihr Freund. Herr Weichardt. der all die Unglück über Sie brachte, der läßt Sie im Stich?" .Der hat vor einer Woche die Stadt verlassen, er hat vier Wochen Urlaub, nach Tirol beantragt, ist aber in dem Aozcner Hotel, wohin ich die Briefe adressieren sollte, nicht angekommen, ich habe gcbenS teil graphiert ' und telephoniert." Aufgeregt sprang Fritz Weichardt vom Stuhl auf und raste ein paar mal durch Zimmer. , .Und ich sehe keine H'lse, keinen Ausweg, nur den einen schreckli chen -!" Doch wie ein freundlicher Fne densbote trat Lotte Hein lächelnd zu dem aufgeregten jungen ?Nenschen. .Nun aber bin ich gekommen, um zu helfen. Lieber Herr Weichardt, fagen Sie mir die Summ, und noch heute abend ist sie in Ihren Hän den. Mein Großvater hat mir zehn tausend Mark hinterlassen" und sie fügte etwa ängstlich hinzu; .wird die Summe wohl reichen?" Fritz Weichardt starrte seine, Ret tcrin ungläubig an. .Ich brauche nur zweitausend Mark," sagte er leise, wie im Traum, .und diese große, ungeheure Summe wollten Sie, die Fremde, mir wirk lich leihen?" .Gerade weil ich Ihnen fremd bin, dürfen Sie daö Geld nehmen. Sie holen es heute abend von mir, gegen Schuldschein, wie es sich gehört, und Sie zahlen ab. ganz geschäftsmäßig, wie es Brauch ist. Und nie dürfen Sie sich mir gegenüber verpflichtet fühlen wir bleiben unö Fremde wie bisher." .Nein," fuhr nun aber der junge Mann dazwischen, .auf alle Bedin gungen will ich eingehen, aber meiner Lebensretterin fremd bleiben, nein Fräulein Lotte, daS dürfen Sie nicht verlangen!" Und alle Trauer und vller Kummer war au feinem Ant litz verschwunden, wie er Lotte Hein tief in die Augen sah. DaS kleine Fräulein errötete vor Freude, und als er ihr die Hand entgegenstreckte mit der Bitte um gu te Kameradschaft, schlug sie fröhlich ein. Christel aber sang im Treppenflur ein Lied mit qualvoll lauter und be ängstigend hoher Stimme. -- L- -..1 Xi Wtivxzche". Einen der merkwürdigen Fast nachtöbräuche. der unö noch in ver fchiedenen Gauen Deutschlands begeg net, stellt die sogenannte Weiber zeche" , oder Weiberfastnacht" ' dar. Die Frauen beanspruchen an dem Tage der Weiberzeche die Vorrechte, die sonst die Männer ausüben, wie den Wirtshausbesuch u. s. w. für sich allein. In einigen Gegenden des Westens ist der Faftnachtsmontag der Tag der Weiberzeche, in anderen wieder, wie namentlich am Rhein, der Donnerstag vor Fastnacht und anderswo erst der Aschcrmittwovh. In den Dörfern der Pfalz kommen am Nachmittag des Aschermittwochs die Frauen in einemGasthaufe zusam men, laben sich an Kaffee und Wein Den Männern, die sich hier blicken lassen, werden die Mützen gepfänbet uno nur gegen eine anstandige Wein spende wieder ferigcgeben. In meh rcren württembergischen Dörfern stand früher fogar den Frauen am Tage der Weiberzeche das Recht zu, aus Kosten der Gemeinde einen Schoppen Wein zu trinken. In der Eifel gewährte die Wciverzeche den Frauen bis 'in die fünfziger Jahre deS vorigen Jahrhunderts die unum schränkte Herrschaft, sie zogen in den Gemeindewald, fällten dort mit v:r einten Kräften den schönsten Baum, den sie sich vorher hatten aussuchen dürfen, verkauften ihn an Ort und Stelle und veranstalteten aus dem Erlös eine solenne Weiberzeche. Die Forstverwaltung fetzte schließlich der Ausübung dieses uralten Brauchs ein Ziel. Auch in Köln kann man nock heute am Donnerstag vor Fastnacht (op Wieverfastelovend") in verschiedenen Lokalen die Abhaltung der Weiber zeche beobachten. In einigen Dörfern deS Unterelsaß dürfen zur Weiber fastnacht, die dort auf den Fast nachtsmontag fällt, überhaupt : nur Frauen das Wirtshaus besuchen. Dieser Brauch der Weiberzeche, de früher viel allgemeiner geubi rowk; klingt sehr an die römischen Satur naliey an, das Fest, an dem den Frauen und Sklaven die Vorrechte der Herren zukamen. Die Weiber zeche in Deutschland ist sicherlich als eine Nachahmung der Saturnalien llzusehen; wir haben es also dort, wo sie uns noch begegnet, mit den letzten Ausläufern . eines Jahrtau sende alten Brauche zu tun. Naive Erklärung. .Da hat mir jemand erzählt, er sti bet der Behörde um eine Namensänderung eingekommen. AuS welchem Grunde mag der sich eigentlich einen neuen Namen zulegen wollen?" .DaS ist doch sehr einfach ... um wieder Kredit zu ' kriegen. Cr wird halt auf den andern Namen zu viel Schulden gemacht haben.'" ".-itmjs'