Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, April 22, 1913, Image 3

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3m warmen Nest.
Noinan von E. von
(3, Fortfetzung.)
Ich bin fein frans'! ftinb, da
Man mit beruhigende-, Wort still
macht. Meinst du. ich wüßte nicht,
toi alles gekommen ist? Ja. wir
wollen un ausspkkchen. Xltx nicht
tu, Ich will sprechen. Meinst du.
Ich wüßte nicht, weshalb du mich nicht
von Berlin kommen liegest? WeS
, halb du mir Bater letzten Segen
vorenthalten hast? Weil du mich hier
nicht mehr gebrauchen konniest! Du
wärest Baters Beste! Du mutest MI
zuletzt um ihn sein du hast auch
um die Testament gewußt! Um bei
netwillcn ist es gemacht worden! Da
mit du auch fernerhin die führende
Nclle bei uns spielen könntest!" Sie
lachte höhnisch auf. .Ziegeleibesitzerin
ich! Wenn wir unser Barvermö
gen bekommen hätten wie die anderen,
dann ginge ich jetzt wieder nach Wer
lin. ließe meine Stimme ausbilden
und würde Opernsängerin. Im
warmen Nest fitze, das paßt für dich,
ober nicht für mich. Meine ersten
Iugendjahre sind schon dahin, obn
!i daß mein heißer Wunsch in Erflll
4 lung gehen konnte. Bater haßte di
zuynenlausoayn tur eine leiner ioen
ter. t Gut, ich habe gehorcht, solange
Vater lebte. Jetzt endlich wollte ich
frei sein und nun bindet er mich
noch nach dem Tode!"
. Gilfe!"
Klara schrie es auf in Entsetzen.
Warum schreist du so? Meinst du.
Ich liebte Vater nicht? Meinst dn.
ich betrauerte ihn nicht? Wer ihn
heißer von uns geliebt hat, du oder
Ich. wer weiß das! Denn ich habe ihn
vergöttert. Sein fester Sinn, sein
Jielbewußtsein waren mein Ideal.
Ich fühlte mich ihm innerlich der
wandt, wenn ich auch äußerlich ganz
Mutter Ebenbild sein soll. Und
. deshalb fügte ich mich ihm. Aber
' jetzt will ich frei sein ich will nicht
unter deiner Oberhoheit hier vegetie
ren. ich will leben, leben und euch
allen zeigen, was ich kann!"
Sie stand auf und reckte sich in
die flöhe. Z't schlanke Gestalt wirk
, ' t' k größer und stattlicher in dem
- ,,eri Schwarz der Trauerkleidung.
Da blonde Haar stand wie eine Kro
. ne Über dem totenbleichen Gesicht, in
dem die großen Augen in düsterem
Feuer brannten.
Gilfe", flehte Klara, .höre mich
doch, du tust mir unrecht. Ich habe
keine Ahnung von dem Testament ge
, habt. Ich war genau so erschrocken
'darüber wie du! Ich hätte dich ja
kommen lassen, aber Vater wollte doch
nichts davon hören. Er wurde auf
geregt, wenn ich davon anfing; er
fragte dann gleich, ob Doktor Ewald
es verlangt habe, ob es zu Ende ge
he. Wilhelm kam doch täglich, er
, wird dir dasselbe sagen. Wi' . oft
habe ich mit Wilhelm davon b.,pro
chen, daß ich dich rufen wollte. Er
meint aber auch, wir dürften es nicht
. tun, um Vater nicht zu erregen."
. Und du willst auch behaupten, daß
du nichts von diesem Testament ge
wußt habest? Wenn ich alles glaube,
das glaube ich nicht!"
Klara trat der Schwester wieder
Näher. ,
Und du mußt mir glauben!" sagte
s.e, nun auch in Erregung. Wie
kannst du denken, ich bätte damit euch
allen einen Zwang antun, euch in
Verhältnisse hineindrängen wollen,
denen ich mich selbst nicht einmal ge
wachsen fühle! Ich hatte mich jetzt
eben zu dem festen Entschluß durch
gerungen, Vaters Bestimmungen mit
freudigem Herzen zu erfüllen. eS we
nigstens mit dem besten Willen zu
versuchen. Nun machst du es mir
- wieder so schwer!"
, 'Gilfe lackte abermals höhnisch. Ich
i mache es dir schwer das ist wirklich
;5um Lachen! Leicht mit icn es v,r
machen, ich will oir vas tfeiv tau
men. alles will ich dir überlassen!
Da kannst du allein regieren undGeld
zusammenscharren. Ich ich gehe
fort, ich lasse alles im Stich, auf tu
erntn Füßen will ich stehen, und wenn
Ich dabei verhimgern soll! Und wenn
ick auf der kleinsten Schmierenbühne
anfangen soll, ich werde euch allen
giften, was ich kann. Im warmen
ä sitzen ha, ha. ha! Mich friert.
v, wenn ich an die Langeweile und die
ebe dieses warmen Nestes denke!"
-Sie'chte schrill auf. lachte wie
wild und toll, bis sie auf den Kla
vlerstuhl zurücksank, auf dem sie ge
stsscn hatte. Sie warf die Arme auf
das harte Holz des Flügels, der Kopf
fiel schwer darauf nieder, und st
lackte weiter, bis das Lachen im Wei
, nen, in mildes Schreien umschlug.
Ein Weinkrampf. wie ihn Eberhard
gefürchtet und vorausgesehen hatte!
Klara wollte sie sanft umfassen.
Aber Gilfe fchlua nach ihr. und daS
.Schreien wurde .stärker.
Da wußte sich Klara keinen Na!
nikhr. ste flog zur Klingel und lau
UH hcstig.
Tem eintretenden Mädchen riet sie
Ji 5:'? z.i: Holen Sie meinen Bru
, Smr 1" ,
Eberhard hatte schon in
'?.-, 5 atroatiei, oan nie ungr umn-
ii v. 1 1s
itx Schwestern enoen mocyie.
: ij.ille fris Klingeln gehört und
s
V
W
köiiiersklb. Warn,. .
TnTwmvrrTffrwv'i' r sir-rr
dann auch die lauten Schreie. Er war
in demselben Augenblick zur Stell
und hob mit fester Hand den Ober
körper der Schwester.
. In Gilfe Zimmer", sagte er nur
über die Schultern zu Klira.
Sie öffnete die Türe., und ging
voran. Dann nahm er Gilfe mit
sanfter Gewalt in den Arm und trug
sie mehr, als er sie führie. zu ihrem
Zimmer. Hier sagte er nur wieder
kurz: Hilf mir!"
Er legte die jetzt gan, Willenlose
auf Bett und entkleidete sie mit
Klara Hilfe.
Etwas Wasser
Klara holte ein Glas. Der junge
Arzt schüttelte ein Pulver, da er mit
gebracht hatte, hinein und sagte nur
wieder kurz und ernst- zu Gilfe:
.Trink!"
Sie wollte ihm das Glas ouS der
Hand schlagen.
Bist Du ein Kind. G!lfe? Trink."
Er hielt ihr da GlaS an die Lip
pen, hob ihren zurückgesunkenen Kopf
mit seiner freien Hand ein wenig und
flößte ihr die ersten Tropfen ein.
Plötzlich faßte sie zu und trank
gierig daS ganze GlaS auS.
.Befriedigt nickte er der Schwester
zu. sagte aber nur wieder fest und
ernst: .Jetzt wirst Du schlafen!" Sie
zuckte empor. E war. als wolle
sie sich noch einmal gegen ihn auf
lehnen. Doch der Kopf sank zurück,
die Augen schlössen sich in halber Be
iäubung. So lag sie eine Weile.
Eberhard beobachtete sie scharf. Die
zuckenden Atemzüge wurden gleich
mäßiger, die Brust hob sich ruhiger,
die verzerrten Gesichtizuze glätteten
sich. Sie schlief.
Klara stand mit ängstlich gefalte
ten Händen daneben. Beruhigend strich
er über diese zitternden Finger. Er
lächelte.
Schwesterlein. 'bist du wieder
ganz die sorgende Mutter für unö
alle? Du brauchst Dich nicht mehr
zu ängstigen. Der Anfall ist vor
über, wenigstens für heute. Setze
jetzt Trubel hierher als Wache und
später unsere alte Rieke. Dich darf
sie vorläufig nicht sehen, da ist bes
ser. Sonst aber scheint die Gefahr
vorüber zu sein."
Vorüber? Ja. aber wie soll eS
werden. Eberhard? Ach. Vater. Vater,
daß Du unS so allein gelassen hatt!"
Bitterlich schluchzend, barg sie ihr
Antlitz in den Händen. Er zog sie
liebevoll an sich und ließ sie wei
nen. Dan'l hob er ihren Kopf,, ss
daß sie ihn ansehen mußte, und sagte:
So -verzagt, liebe Schwester? Ist
das VaterS tapfere Aelteste? Mut.
Klara. VaterS Segen wird Dir hel
fen."
'
Die Heftigkeit des Anfalles hatte
den Körper erschöpft, und das Mor
phiumpulver tat daS Seine. So lag
Gilfe jetzt wirklich für Stunden in
tiefem Schlaf. Manchmal zuckte sie
noch zusammen, aber dcr Paroxis
mus hatte ausgetobt, feine . Kraft
war für den Augenblick gebrochen.
Aber Klara fürchtete , daS Erwa
chen.
Und sie hatte recht gehabt. MS
Gilfe am nächsten Morgen die Augen
aufschlug, sah sie die alte Rieke, die
in ihrem Lehnstuhl eingenickt war,
verständnislos an. Für die gute AI
te waren die Ereignisse der jüngsten
Zeit ein bischen zu diel gewesen.
Der Tod ihres geliebten Herrn, bei
dem sie 27 Jahre in Dienst gestanden
hatte, die Beerdigung und die Un
ruhe, die die Versorgung der Logier
gaste mit sich gebracht hatte, das
olles hatte sie müde gemacht. Jetzt
fuhr sie aber mit einem Blick in die
Höhe und setzte sich aufrecht hin. '
Sie nannte offiziell ihre Pflege
befohlene natürlich Sie und Fräu
lein Gilfe. Aber wenn sie allein
waren, und wenn sie, wie jetzt, keine
stolze, schöne Dame, sondern eine
Kranke vor sich - hatte, dann vergaß
sie, daß diese daS Fräulein Gilfe
war. Dann war Gilfe wieder daS
Kind, das sie einst auf dem Arm ge
tragen hatte, dessen Pflege ihr ve
sonderö anvertraut gewesen war.
Sie strich liebkosend über die wei
ßen, nervösen Finger, die auf der
Bettdecke hin und her griffen.
Gilsechen, bist Du nun wieder zu
frieden mein Herz? Ist Dir nun wie
der gut?" .
Gut? WaS war denn mit mir?
Mein Kopf ist so schwer! Rieke.
wo bin ich denn gewesen?"
Na. wo sollst du denn gewesen
sein? In deinem Zimmer, Herzchen,
in deinem eigenen Bett!"
.Und vorher?"
Da junge Mädchen suchte sichtlich
in ihrem Gedächtnis. Ei wollte ihr
nicht gelingen. Klarheit in ihr Denken
zu bringen. Sie schüttelte den Kopf.
Dann sagte sie: Rieke, ich möchte
trinken."
Die Alte reichte ihr ein bereitstehen
deö Glas und sagte: Willst Du nicht
schlafen, mein Herzchen? ES ist noch
so früh. Sie schlafen alle noch! Ich
bin auch noch arg müde. Schlafe noch
ein bischen." '
Gilfe drehte den Kopf gegen die
Wand, lag ganz still und schien wieder j
IJftüJje
einzuschlafen. In AiikÜchkelt schlief
sie nicht, sie grübelte und mühte sich,
ihre Gedanken zusammenzubringen.
Wni war denn geschehen? Weßhalt
lag sie hier und war nicht In Berlins
Weöhalb hielt die alte Rieke Wacht
cn ihrem Bett? Weshalb war ihr
Kopf fo fchwer und ihre Stirn se
heiß? Und die Hänre zuckten immer
fort. War sie krank? Sie wollt
doch morgen die Elisabeth im Tann
bäuser" singen! Sie war doch en
gagiert im Königlichen Opernhaus
iiir große, tragische Heldinnen
len!
Plötzlich versuchte sie zu singen. Lei
se, mit gebrockzenen Lauten sekte si
ein: .Dich, teure Halle, grüß ich wie
der."
Entsetzt horchte Nieke auf.
Mein Gott, sie sang ihr Fräu
lein sang?
Erschrocken beugte sie sich über si
und legte ihre kühle Hand auf di
brennend heiße Stirn der Kranken.
Gilfe schüttelte sie ab.
.Laß mich, Rieke, ljtlf mir lie
der, ich muß mich doch anziehen! Da
liegt da Kostüm. Ist e nicht schön?
Alle blau mit Silberstickerel. Und
daö Diadem! Gib her die Krone
so gibt doch!"
Ihre Hand griff in die Luft und
wühlte dann in ihren blonde
Haaren.
Siehst Du nicht, daß die Krön
fo noch nicht richtig sitzt?. Rücke si
doch mal gerade ich muß doch
hinaus auf die Bühne. Horst Du?
ES fängt schon an!"
Sie intonierte schon wieder: .Dich,
teure Halle, grüß ich" . . .
' Der Gesang brach ab.
' Rieke." flehte die müde Stimme,
..Rieke, ich kann doch nicht weiter.
So sag' es doch, wie eS weiter geht.
Sie werden mich anspfeifen, ich fall
durch. Horch, sie zischen schon, und
nun pfeifen sie auch noch. Klara,
Klara." schrie sie plötzlich gellend auf,
..ich fürchte mich vor den Menschen,
ich wollte Dir doch zeigen, wa ich
kann! So hilf Du mir doch weiter:
Dich, teure Halle . . . Klara!"
sie starrte mit völlig glanzlosen
Blicken zur Tür.
Du sagst, Vater will e nicht.
Aber wenn du ihn bittest! Klara,
wirst Du ihn bitten? Aber du meinst,
ich kann es nicht ich würde doch
ausgelacht?!"
Leise ging die Tür auf, und Ger
trud trat herein.
Was ist denn, Rieke. schläft Gilfe
nicht? Ich hörte fortwährend fort
chen!" '
Die Alte stand auf und trat zu
dem jungen Mädchen.
.Trudelchen, ach Gott, ich glaube,
die Gilfe ist krank. Sie muß wohl
Fieber haben, sie ist so heik
und schwatzt so dummeö Zeug un
gesungen hat sie auch! 'Immer fängt
sie an, und dann hört sie wieder auf.
Es klingt gräßlich. Geb doch und
wecke den Eberhard."
Gertrud blieb lauschend stehen.
Da hörte sie Gilfe wieder sprechen!
Rieke. wo bleibst du denn? Mit
wem redest du da? Ist der Regisseur
schon da? Horch, wie sie im Publi
kum stampfen und trampeln! Mein
Kopf, mein armer Kopf, sie trampeln
auf ihm herum - und daS grell
Licht von der Bühne blendet fol
Gib acht, ich werde fallen, wenn ich
hinaustrete. Ach. nun falle ich doch,
halte mich!"
Rieke trat rasch an daS Bett unv
schlang schützend ihre alten Arm
um den jungen, bebenden Körper.
Gertrud warf noch einen scheue
Blick hinüber und lief dann wi
gejagt auS dem Zimmer davon, um
den Bruder zu wecken.
Schwere Wochen folgten. Die btt
beirateten Geschwister konnten nicht
länger bleiben, auch Eberhard mußt
wieder fort. Sein Schisf sollte i
acht. Tagen in See gehen. Sein Ur
laub war zu Ende.Er mutzte del
halb den jungen Ceefelder Arzt, der
seit kurzem in die Praxis deS alten
Doktor Ewald eingetreten war. die
Behandlung seiner Schwester über
lassen. Gilfe litt an einer schweren
Gehirnhautentzündung, die durch di
Ausregungen eer letzten Tagen her
vorgerufen wordm war. Sie lag
tagelang ohne Besinnung, und Klara
wußte kaum, wie sie alle Anforde
rungen, die an sie herantraten: di
Pflege, die Ordnung bti Nachlasse
nd die Uebernahme der Ziegelei
vewaltigen sollte.
Aber eS ging besser. olS sie gefürch
tet hatte. Sie fand gar keine Zeit
um Denken und Grübeln, so drängt
die Arbeit. Und sie tat immer da,
tvaZ der Augenblick von ihr forderte.
DaS half ihr, den schweren Verlust
des VaterS leichter zu ertragen. Da
Gefühl der Einsamkeit, da sie so
sehr gefürchtet hatte, konnt sich bei
der Fülle der Pflichten, die aus ihr
lagen, gar nicht einstellen. ,
Sie hatte Besprechungen , mit
Justizrat Salburg. Sie ließ sich
vom alten Zieglcr Thieme in der Zie
gelei herumführen. Und ihr war, all
ob sie heute zum ersten Male sähe.
Die Plätze, an denen sie schon al
Kind mit den Geschwistern ihr
Spiele getrieben hatte.erschienen ihr
neu und fremd, weil sie sie nun mit
den Augen der verantwortlichen
Herrin ansah.
.(Fortsetzung fotyl). ""
CmtU Tribune'.'
Eine ttpetnvrobk.
Von Josef Lewinöky.
.Um 11 Uhs Przbe mit Orchester
von. . So stand am schwarzen
Brett be Opernha, sei. und die An
kündigung bezog sh auf eine neue
Oper, deren Erstaufführung eben vor
bereitet wurde.
Längst schon war e mein Wunsch,
in die dem piofana Auge verborge
nen Mysterien der holden Welt de
Schein!" im Bne!che einer großen
Buhne eingeweiht zu werden. Nun
sollte mein Wunsch in Erfüllung ge
hen. Vor der mir bezeichneten
Stunde erwartete ich meinen Führer
am Opernhau. '..'!it militärischer
Pünktlichkeir schirr er und geleitete
mich, allerdings eiwcs verstohlen,
über die Bühne tveg, in den Zuschau
erraum.
E macht einen eiientümlichen Ein
druck, diesen Saal, den wir in hell
ster Beleuchtung zu sehen gewohnt
sind, in Finstern! skhüilt, die Logen,
die wir nur im !lan,e blendender
Toiletten kennen, von grauen Decken
verhängt, und die übrigen Riume,
die wir so oft in be-oeglicher Fülle ge
schaut, gänzlich verlassen zu sehen.
Dort oben aus der Bühne, die hell
erleuchtet ist. geht es um so lebhafter
zu. Solisten. Chnistcn, Statisten.
Theaterarbeiter, Jnfpeltaren. Nequi
siteur, Inspizient. Souffleur, Kapell
meister, Mafchinendirektor da
wirbelt bunt durcheinander. Wie der
Leuchtturm im lrandenden Meer,
überall sichtbar der kluge Kopf des
OberregisseurS.
Doch selbst in diesem Tohuwabohu
vermögen wir einzelne kaleidoskopische
Bilder festzuhalten, die allerdings in
den Nahmen der aufzuführenden Oper
nicht gehören.
Der luftig blickende Kapellmeister
dort an der ersten Kulisse wie er
mit der reizenden Soubrette schäkert!
Nun ja, auch daS ferz eines Kapell
meisterS ist in seinen Schlägen unab
hängig vom Taktstzck. . . Die Ta
baksdose in der Ha:'.d, bietet der Ba
ritonist der Primadonna mit schelmi
schen Lächeln ein, natürlich mit komi
scher Entrüstung zurückgewiesenes
Prieschen an. Mit charakteristischem
Gebardenspiel erzalilt der Baßbuffo
einigen Kollegen unter schallendem
Gelächter vermutlich ein artiges Ku
lissengeschichtchen. Im Hintergründe
wird inzwischen im Handumdrehen
eine ganze Stadt aufgebaut, Bäume
sehen wir m voller Blute aus dem
Loden wachsen und riesige Felsblöcke
werden vor unseren Augen mit spie
lender Leichtigkeit auf die Bühne ge
walzt.
Da unterbricht die Glocke des In
spizienten den Lärin. .Anfangen,
meine Herrschaften!" rüst der Oberre
gisseur. Wer nicht in dcr ersten
Szene beschäftigt ist, bitte ich. sich
zurückzuziehen."
Der hoflerenoe Jpellmetster veg'.vt
sich in Orchester, der Souffleur mit
seinem Buch in den Kasten, das zu
Anfang nicht beschäftigte Personal
hinter die Kulissen.
.Ich bitte, gleich die Einleitung,
lieber Kapellmeister", bemerkt der
iberregisseur. Die Ouvertüre werden
Sie wohl morgen probieren."
Die Oper beginnt mit einem Män
nerchor. Der leitende Genius mit
dem Regiebuch in der Hand, instru
irrt die .Ritter", in welcher Weise
sie aukutreten haben. Mehrfache Un
terbrechungen, bis diele .Stützen des
Thrones" sicher geworden. Nun tritt
der Held der Oper auf. Auch er
muß die höhe Gewalt des Ober
regisseurs anerkennen, der mit be
vundernswerter Geduld gute Miene
lbst zum bösesten Spiel macht und
n Belehrungen und Unterweisungen,
besonders der jüngeren Kräfte, sich
unermüdlich zeigt. Ein Auftreten.
in Bewegung, eine Stellung, ein Ge
samtbud. eine ganze kzene es
wird eben alles bis zur künstlerischen
Vollendung herausgearbeitet und di
Wirkung des einzelnen in öfteren Wie
derholungen erprobt.
Mehr 'Hoheit, lieber vergessen
Sie nicht, daß Sie König sind."
.Wenn Sie die Gitarre in dieser
forcierten Weise behandeln, liebe Ä..
erkennt ja daS Publikum sofort die
Heuchelei JhnS öspiel." Mehr
Fisch, weniger Sauce, lieber Z.. keine
überflüssige Sentimentalität."
.WaS ist denn das, lieber Theater
meister. Sie haben ja die Dekorativ
nen verwechselt;, statt deS KerkerL"
haben Sie den .Tanzsaal" herunter
gelassen." .Aber wo sind denn die
Edlen des Relcvesk" Die Edlen
deS Reiches!" hallt es unter lebhafter
Leiterkeit wieder. Von spöttischen
Bemerkungen begrüßt, finden sich
die Vermißten einzeln auf der
Szene zusammen. , .Nochmals auf
treten, meine Herren, aber wenn ich
bitten darf, unisono".
Die .Edlen deS NeicheS" folgen der
Weisung des OberregisseurS. doch
immer noch nicht der Situation ange
messen. Sie müssen hereinstürzen,
meine Herren, und nicht hincinfchlei
chen". ruft der Oberregisseur. Wen
Sie in dieser gemütlichen Weise den
Fürsten ermorden wollen, toerden Sie
ausgelacht. Bitte. Herr Kapellmeister,
wir wollen die Szeiie gleich nochmals
probieren."
Der Kapellmeister, der mit dem
Orchester bereits mehrere Cztrapro
ben abaebalten und besonders diese
jaie schon oft Probiert hat. ist nicht
'lock von neuem auf Pult. Halt,
nieine Herren! Viel zu sta:k! Sie er
Lücken mir ja. die Flöte. Wenn die
'Note in dem Allegts nicht durch
dringt, können wir un helmgeigen
lassen."
Doch auch an anderer Stelle wird
tm kritischen Ohre M Kapellmei
s!er noch nicht Genüge geleistet. Die
Zriolenfiguren in den Violinen noch
viel sauberer, und auch daZ Passage
wxt der Oboe und Klarinette viel
reinlicher, meine Herren! DaZ ist ein
tteröusch. al cb ein Sack Erbsen
.'.uSgcschüttet wird."
Man kommt zur Arie M Leonar
do. Dürfte Ich Sie bitien, meine
:tt etwas diskreter zu begleitn?"
'istuliert der Fsanprinz ini Orche
sler hinunter. Ist nur zu Ihrem
Vorteil", erwidert der Angeredete, we
"iger zart als aufrichtig.
Nun kommt auch die Primadonna
iOesterreicherin). Röt wahr, Kapell
s'ieisterf. bei dir Stell? grausamer
s:hr 'erbaut von den häufigen Wie
Erholungen. Vom Buchstaben I)
nochmals probieren meine Herren",
szgt er, ärgerlich zu dem Orche
'tr.
Die betreffende Stelle wird wieder
holt? doch nach wenigen Takten klopft
t mit dem Taktstock cb. Aber wo
und die Hörner, meine Herren?" Län
,'?re Pause, während welcher die an
,?rufenen Künstler in ihren Stim
inen sich zurechizusindcn suchen. Ta.
i-.un haben wir die Geschichte sch?n
so rft probiert, meine Herren, d.iß
Zt die Hörner längst im Kopf ha
l'cn müßten", bemerkte der Kapell
m?ister in feinem Eifer völlig ob
sichtsloZ.
Man ist endlich über den Buchsta
bcn,0 und die angrenzenden Enkla
ven glücklich hinausgekommen, da
'rommelt der Dirigent mit dem Takt
Zierbier" im Duett, Werdens mir a
! isserl nachgeben." .Euch Weibern
nutz man immer nachgeben," brummt
das .Kapellmeisterl". und wir ver
nehmen noch, wie die hübsche Wiene
rin ihm mit komischer Miene zuruft:
..Oller Bär!" , '
Verwandlung!" rust der Jnspi
',ient. Eine kleine Pause tritt ein,
!.ährend der Intendant zu flüchtigem
'besuch auf der Bühne erscheint, eine
ohe Gestalt von aristokratischem We
s:n. Ein Kopf, der selbstbewußt
cuf stolzen Nacken ruht, mit Augen,
uie freundlich blicken, und einem
.-.chnurrbart, der in seiner martlali
schen Fassung auf Energie hinzudeu
!cn scheint.
Ohne durch persönliches Eingrei
fcn an dem Gange der Probe teil
zunehmen (ein solches erfolgt erst
in der Generalprobe), verläßt der
Chef nach kurzem Verweilen das
Haus.
In den die Aufführung vorberei
tenden Proben ist der Oberrcgisseur
Herr der Situation und es entgeht
uns nicht, wie das Räderwerk dieses
großen und komplizierten Apparates
auf einen Wink von ihm sich in Be
wegung setzt. Beobachten wir den
Lenker dieser Welt" in seiner dem
Außenstehenden unsichtbaren Tätig
seit, so erkennen wir mit Bewunde
rung einen kleinen Herrgott, einen
Schöpfer cn Miniatur in ihm. Wir
schen seinen Finger in den Werken
der Ober- und der Unterwelt, des
Schnürbodens und der Versenkung.
Alles was da leuchtet, glänzt, kreucht,
fleucht, singt und spielt, ist ihm un
lertan. Alle Fäden dieses Univer
sums ruhen in seiner Hand. Und
ivenn auch seine Wege, wie die der
Äorsehung in der Probe, manchmal
etwas dunkel sind in der Auffüh
rung wird es sicherlich desto Heller
tagen.
Der zweite Akt ist zu Ende. . .
Morgen die Fortsetzung!" ruft der
Oberregisseur. .Mahlzeit!" ertönt
cS von allen Seiten, und da eine ,,ia
nere Stimme" auch an uns die glei
che Mahnung richtet, so verlassen
mir mit den übrigen möglichst befrie
digt von dem. was war gesehen, daS
Haus.
La Gludice.
Cin Bild von Sizilien. Von Max
Krell. '
Weder daS Kaminfeuer noch der
fabelhafte Reisebericht einer Ticket
lady hielten unö im Hotel zurück:
stille, milde Märzluft lag vor den
Türen.
Die Gasse war ohne Bewegung.
Wie ehrsamer Philister nächtliches
Schreiten in einer alten deutschen
Stadt klang daS Echo unseres Ge
hens. Elektrische Lämpchen hingen
melancholisch an den Straßenecken.
Hin und wieder ließen Ruinen einen
Ausdruck frei au? den auZgestirn
!cn Himel, odel auf die obsidian
schwarze 3c; von der manöveriercnde
ziriegsschiffe Scheinwerferstrahlen ge
oen die Häuser heraufjagten.
" Im Caf6 Nuovo spielte jemand
Mandoline. Studieren wir also das
Nachtleben von Taormina. Das klei
ne Caf6 ist sehr sauber. Hellbraune
Holzschnitzereien mit großen Spiegel
cinlagen täseln die Wände. Die War
mortische sind massiv und blank. Ein
aztekenfchädeligcr Kellner bringt einen
5kaffce von undefinierbarer Färbung.
Die .Analyse des BiereS würde in
Bayern Zuchthaus nicht unter 2 Iah
ren beschwören.' ' Der Whisky endlich
kann genosscn werden.
Und zu dem Whiöky vie
Um UMmjkr Ueck.
j-s
V. r ,. VS
V- L 1iWd)
h : iv
9222.
Cine einfache xraktische Taille. "
Tamcn-TaiKe sgeschlosscn hinten in der Mitte) mit zwei Moden bon Kragen
und Aermeln. Blau und weih gestreifte waschbare Seide, mit dem Kragen und
den Manschetten aus wciszcm Pique, wurde für dieses Trssin benutzt. Das Mu
ster eignet sich für alle waschbare Stoffe. Es kommt in 6 Gröhe: 32. 34. . S.
4 und 42 ZollDrustweite und benötigt 3& gardS 27M,gcn Stoff für die
Jgzöllige Grösze.
Preis des MustuZ 10 Cents.
Neuer Frühjahrs nd SommerKatalag mit allen neuesten Mode
fertig. Jeder Leserin der OmahaTribnne" für 10 Cent zugesandt."
Be st ellungs Anweisungen
Tiese Musier werden an irgend eine Zittt gegen Einsendung bei
Preise? geschickt. Man gebe ftumm und rrfce und die Helle Adresse deut
lich n und schicke den Coupon nebst dem oben erwädnten Preil an da
?attorn Department, Omaha Tribüne,
1311 Liward Lt.
Dcr SmatZa Triöünö" Fattern ßoupon.
Ich wünsche Muster 91....... '
.... Zolli Bruft oder TaiÄemoeite
(Iahn bei Kindersachen.)
Name....
$lx Straße
Ich stelle den Maestro vor: er heißt
Mico Lo Giudice. Ganz Sizilien,
von Trapani bis Toarmina, kennt
ihn. Die Weiber laufen ihm nach.
Er hat zwei hübsche blonde Bengels
und ist selbst ein stattlicher Mensch
mit lebendigen Augen. Eigentlich
betreibt er das GastwirtZgewerbe im
Caf6 Nuovo. Jemand hat ihm die
Wirtschaft eingerichtet, die ein alter
Trottel führt. Mico Lo Giudice sitzt
auf dem kleinen Podium und fpielt.
Er zupft die Mandoline nicht. Er
fpielt sie. Als Birutose Und mit
der liebenswürdigen Bescheidenheit ei
neö großen Künstlers. Der Haar
schöpf, der in Schwabing daheim
sem konnte, zottelt um die braun
Stirn. Der link: Fuß klopft lautlos
den Takt mit, der rechte hat sich ir
gendwie in das Gebälk des Stuhles
verknäulc.
Drei, vier Musikanten sitzen neben
ihm, di Hände an der Guitarre oder
am Brummbaß. Komparsen aus Lei
denschaft, willige Begleiter des mei
sierlich geführten Spiels. Ein Beam
ter aus der Stadt ist dabei. Sie
sammeln nicht ein. Und ihr Musi
sikantendurst trink den Gästen nicht
den Beutel leer. Wenn man ihr Spiel
würdigt, sind sie zufrieden.
Und sie spielen frei oder schlank
vom Blatt. Giudices Augenwink be
lebt das Tempo und dirigiert das
Crescendo. Er selbst greift einen
wunderbaren Ton. schmelzend und
unheimlich zart, rein und selbst im
Flageolett noch strahlend. Nicht
schmalzig italienisch. Fast nordisch
spielt er die Boheme", weich und
wieder herb. Er spielt nicht süß,
nicht melancholisch, nicht sentimen
tal. Mehr, als man oft von einem
Reiter sagt: er sei verwachsen mit sei
nem Pferd, kann man ihn ein leben
diges Eins mit feinem Instrument
nennen. Das leiseste Vibrieren der
Hand geht gleicherweise in die Phiz
siognomie wie in den Ton. Und wie
auf einer festgefügten Basis ruht sein
Spiel über der Begleitung der
Freunde. Auch sie bewegen Leben
in ihren Klängen, aber fast nur wie
ein unbewußtes Schwingen, daS nicht
in die Freiheit des LärmS hinauf
will.
Sie alle geben ihr Spiel mit der
Anmut wahrhafter Granfeigneurs.
Ich horte zu San Carlo in Neapel
daZ Publikum die Opernsänger kor
rigieren und mit Glossen, ihr Spiel
bcwersen. Jcy yorke m Palermo
...
statt
Tassen und Gläser vom Taktschla
gen der Konzertbesucher tönen. In
Taormina verstummen die Kramer,
wenn Lo Giudice spielt. Nur Freun
de lachen anfangs einmal in den Ak
kord.
Lo Giudice wird fein Siel nicht
in die Taschen eines Impresarios
jonglieren. Er zieht es vor, auf
den Felsen Taorminas der erste zu
sein, statt in der römischen Arena ein
zweiter.
Bor den offenen Türen ist die wei
che Nacht, der fchlcierlose Himmel,
sind die tausendjährigen Mauern,
die Limonenhänge, der wallende Samt
des Meeres und die weiße Stirn
des Mongibello". Die kleine Glocke
von San Domenico hallt hell in die
Berge.
Zo Giudice spielt. ..y
in Tri.
In Newjork wettete unlängst ein
Herr mit einem andern, daß er bin
nen einer Stunde eine junge Dame,
die man eben im Hotel ankommen sah,
freien, erobern und heiraten würde.
Die amerikanischer, Ehegesetze machen
daS durchaus möglich. Der Mann
machte sich also mit der Dame be
kannt, bald war btt Antrag gestellt,
die Dame sagte freundlich ja, der
Geistliche wurde gerufen, und die
beiden wurden innerhalb der gesetzten
Frist Mann und Frau. Die Wette
war gewonnen. . . . Andern Tags rei
sten die Neuermählten ab, um
ihren Trick von neuem zu versuchen;
denn di, beiden waren seit langem
vermählt und hatten sich diesen ein
träglichen Schwindel zurechtgelegt. . . .
Sprüche.
Won Dietmar Jsendorf. ;
Was dem einen im Auge ein Torn,
Ein öenimnis, dem 't muh weichen
TaS m für einen andern ein Evorn,
Nur schneller sein iel zu ..!.
Siebst du voll Ruhe über den Dingen.
Wirst mit Geduld du das Schwerste be
zwingen;
Läßt du bon Kleinigkeiten dich knechten.
!irst d oft gegen Windmühlen fechten.,
Die Jndustr'iehalle der
Chicagoer Ausstellung war daö groß
te Einzelgebäude der Welt; sie bedeck
te 123400 Quadratmeter.
Quarz kann nur in Iridium
gefäßen geschmolzen werden, weil P'.f
se allein die erforderliche Temra
tur von 1850. Grad Selten.